(SZ)Was macht Deutschland? Deutschland sucht. Und zwar das ganze Jahr
schon. Zuerst suchte Deutschland den Superstar. Dann den Kompromiss in
der Gesundheitsreform. Als der Sommer begann, suchten die Deutschen
einen Platz an der Sonne, kurz danach aber schon wieder, wehklagend,
einen Platz im Schatten. Zum Ruhme der ZDF-Herren Knopp und Kerner
sucht Deutschland jetzt "Unsere Besten", das heißt, den größten
Deutschen schlechthin. Nach jüngsten Prognosen wird es hierbei zu
einem Kopf-an-Kopf-Rennen oder auch Herzschlag-Finale zwischen den
begnadeten Tonkünstlern Mozart (Amadeus) und Bohlen (Dieter) kommen.
Schließlich sucht Deutschland auch einen neuen Bundespräsidenten.
Diese Suche ist die am wenigsten lustige. Sie begann mit der
Forderung, der neue Präsident möge bitte eine Frau sein und aus dem
Osten kommen. Und sie ist mittlerweile, was vollkommen logisch ist,
beim Namen Wolfgang Gerhardt angelangt. Weil nämlich in der nächsten
Bundesversammlung die Guidopartei, wie es so niedlich heißt, das
Zünglein an der Waage ist.
Wer ist Wolfgang Gerhardt, werden nun wieder viele sagen, "dieser
Politiker ist mir unbekannt". Und so fragt man sich beklommen, wieso
die Deutschen, das Volk der Denker und Sucher, zwar einige gute
Bundespräsidenten hatten und einige erträgliche, aber nur einen
wirklichen Weltmeister der präsidialen Kunst: Richard von Weizsäcker
natürlich. Der zwar nicht, wie es die Heldenlegende erzählt, in der
Villa Hammerschmidt geboren wurde, der aber schon auf Jugendfotos
aussieht wie einer, der Präsident werden will - und sich dem Amte
lässig gewachsen fühlt. Heutzutage, und vielleicht ist auch das ein
Grund für unser ratloses, trostloses Suchen nach einem Kandidaten,
heutzutage will keiner, der jung ist, Bundespräsident werden. Popstar
heißt der aktuelle Traumberuf, oder Mittelstürmer beim FC Bayern, oder
gar irgendetwas Abartiges, Schumi-Artiges. Der Erste Mann im Staate
werden, oder auch die erste Erste Frau? Das ist ja wohl das Letzte,
was man sich wünscht. Also doch Gerhardt? Warum nicht?
Rettung vor der politischen, der professionellen, der zuverlässig
sterbenslangweiligen Lösung bringt jetzt nur noch ein Kopfsprung ins
Verwegene (das Modell Schwarzenegger also). Einen Deutschen nämlich
gibt es, der wieder weltmeisterlichen Glanz im Amt verbreiten würde.
Einen, dem schier alles gelingt, was er anfängt. Ein bayerischer
Märchenfürst, ein deutsches Sonnenkind: Franz Freiherr von
Beckenbauer. Der Mann redet gern und viel und manchmal auch Unsinn,
aber seltsamerweise nimmt ihm das niemand übel. Warum also nicht
Franz, why not the best? Zwar ist Beckenbauer möglicherweise keine
Frau. Dafür aber kommt er aus Giesing. Und das heißt, zumindest in
München: Er kommt aus dem Osten.