(SZ)Aufhören, wenn es am schönsten ist, wer will das schon. Dazu raten
meist diejenigen, die mangels Masse oder Mut gar nicht erst anfangen
oder nicht mehr mittun können oder Lust und Genuss nur vom Hörensagen
kennen. Einmal ging Meister Dschuang Tse mit seinen Schülern im Winter
spazieren. Zur Erinnerung: Winter ist jene nahezu vergessene, unmodern
gewordene Jahreszeit, in der es - seltsam anmutende Wörter - regnet,
schneit und friert, also kalt ist. KALT! Zurück zu Dschuang Tse. Als
er mit seinen Studenten von einer Brücke auf den zugefrorenen Bach
sah, wo sich unter dem Eis einige Fische bewegten, bedauerte einer
jener Schüler, die sich stets beim Fleißkärtchensammeln hervortun, die
Tiere und ihr Dasein als trostlos, traurig und eintönig. Meister
Dschuang Tse schaute den Eifernden an und fragte nur:"Kennst du die
Freuden der Fische?"
Um diese Frage im übertragenen Sinn bei diversen Gelegenheiten jeweils
richtig beantworten zu können, ließ ein gewisser Odysseus, obwohl er
nach eigenen Angaben immer nur nach Hause wollte, kein Abenteuer aus.
So erlebte er die Freuden, mit denen ihn die Zauberin Kirke
abwechslungsreich überraschte, oder lernte die Kunststücke der Nymphe
Kalypso schätzen, und die Schrecken, die der Zyklop Polyphem
bereitete, kennen. Aber er wollte mehr. Von den Sirenen hieß es, sie
sängen so schön von ihren steilen Uferfelsen herab, dass die Schiffer
eine unstillbare Sehnsucht nach ihnen befiel und sie wider alle
Vernunft ihre Boote gegen die Küste der Wundersängerinnen steuerten
und daran zerschellten. Odysseus wollte beides haben, Genuss und
Überlebenssicherheit. Also ließ er sich an den Mast ketten und seiner
Mannschaft die Ohren mit Ohropax verschließen, damit sie, unberührt
vom singenden Verderben, das Schiff auf Kurs hielten und außerdem sein
Bitten und Flehen, ihn loszubinden, um zu den Sirenen zu gelangen,
nicht hörten.
Den listenreichen Odysseus nennt ihn sein Dichter Homer, doch
solcherart Genuss ohne Reue und Strafe wirkt eher gutbürgerlich. Ein
Unternehmer aus Kärnten hat es jetzt dem göttlichen Dulder fast
nachgemacht, liebte das Spielen über die Maßen, erkannte seine
Suchtgefahr und flehte daher die Casinobetreiber an, ihn doch fern zu
halten von Roulettekugeln und Pokertischen. Deren Ohren aber waren mit
den Gewinnaussichten aus den Verlusten des Süchtigen verstopft. Jetzt
hat er, nachdem er rund zweieinhalb Millionen Euro verspielte,
geklagt. Und siehe, das Gericht erwies sich als rettender Mast: 499000
Euro müssen die Spielbanker als Schadenersatz an ihn zahlen, weil sie
seine Konten und Kredite nicht prüften wie in Österreich
vorgeschrieben. Dennoch bleibt ein Rest von Asbest: Ob sich mit
rückversichertem Genuss, gefahrlosem Abenteuer wohl je die Freuden der
Fische erfahren lassen?