(SZ) Urquhart Castle, Loch Ness, Ortsunterkunft. (korr.) Typisch
schottischer Drei-Wetter-Himmel, westliche Winde. Ein Hauch Bonnie
Prince Charlie schwängert die Highlands. Wir kampieren dicht am Castle
in unserer lieblingskleinen Bucht. Der Kontrolleur des "National
Trust" verlangte "pro Sonnenaufgang", wie er sich ausdrückte, den
Gegenwert einer Bayreuther Schwarz-Karte für den "Ring", in
schottischen Pfunden. Gestern erwies Prince of Wales der geologisch
extravagantesten Erdspalte dieses Planeten seine Reverenz und
eröffnete, ehe er nach Salzburg abdampfte, The original
Loch-Ness-Monster-Festival. Ein kleiner Zwischenfall vermochte unseren
korrekten Jubel nicht zu trüben. Gerald McSorley, 67, pöbelte im
Schlick; tröstete sich, wahrer Highlander, aus einem Fässchen
Inchmurrin-Maltwhisky, welches sein schottischer Schäferhund am
Halsband hatte. Letzte Woche noch war McSorley ein Held.
Plesiosaurus-Wirbel gefunden! Die gewesene Existenz urzeitlicher
Kreatur schien bewiesen. Aber die Knochen waren untergeschoben. Von
wem?
So weit das Auge reicht: Zeltlager an Zeltlager entlang der 36
Kilometer des Lochs. Spitzzelte! Die gesamte Weltpresse. Keiner, der
nicht zwischen Inverness und Fort Augustus sorgfältige Schulung
genossen, darf Geheimnisse des mythischen Gewässers ausplaudern. Oft
starren wir Loch-Korrespondenten gemeinsam und gleichzeitig auf die
ereignislosen, unheimlich trüben (Schwebstoffe!) Fluten. Vier bis
fünfmal tiefer als der blanke Hans. Oft auch und immer wieder
verfluchen wir den irischen Missionar St. Columba, welcher dem
verschlingungslustigen Wasser-Monster (aquitalis bestia) Einhalt
gebot: Go thou no further, nor touch the man. Quick! Go back! Dies
geschah im Jahre fünfhundertfünfundsechzig. Erschreckt durch den
unguten Ton des Heiligen ließ die Bestie seitdem lediglich undeutliche
Sichtungen zu. Nebenan übrigens locken die schottisch-buntkarierten
Camps der vermischten Redakteurinnen. Wie gern würden wir
fraternisieren, aber...soeben die Sensation des Tages!
Satelliten-Sonare der BBC empfingen keine Signale von Luftbläschen in
irgendwelchen riesigen Lungen. Daraufhin meldet dpa: Im Loch Ness ist
NICHTS. Gelangweilt winken wir ab. BBC sollte ein bisschen aufpassen,
derzeit. Ebenso könnten sie senden: Gott ist tot! Das aber wagen sie
nicht.
Werner Herzog wird eintreffen, in wenigen Tagen. Der Deutsche. Der
Filmer. Einst, in Fitzcarraldo, ließ er einen Flussdampfer durch
Amazoniens Dschungel wuchten. Und von Klaus Kinski sich beschimpfen
("faulender Abfallhaufen"). Nun fasziniert Herzog am Loch Ness dessen
"Enigma" - das Rätsel. Wir hier glauben allerdings, dass er sein
persönliches Monster wiederzufinden hofft. Klaus Kinski. Wir
berichten.