(SZ) Die Botschaft richtet sich an jüngere Mitbürgerinnen und
Mitbürger, jene vor allem, welche nicht ein noch aus wüssten, wenn sie
unsynchronisierte Getriebe schalten sollten. Es ist auch letzte
Gelegenheit, begreiflich zu machen, warum die Alten dieses Landes
fürchterlich krumm sind. Durch Assimilation nämlich. Und es ist,
heiliges Versprechen, der allerletzte Nachruf, nachdem in Mexiko, dem
fernen Lande (und eigentlich dort im Exil), jenes einzigartige, durch
und durch deutsche Produkt aus der Produktion genommen wurde, welches
an Weltbekanntheit in seinen besten Tagen Coca Cola beinahe erreichte.
Ja, er lief und lief und lief. Der VW-Käfer. Bald siebzigjährig, ist
er nun gar nicht mehr!
Greifen wir also hinein ins kollektive Unbewusste, wo jene Millionen
Geschichten abgelagert sind, welche um den Volkswagen kreisen,
seinerzeit einziges Modell dieses Namens. Ein klassenloses,
prestigefreies Fortbewegungsmittel und wie geschaffen für die
Nachkriegs-Aufbau-Zeit. Waren es Jahre? Nein, Jahrzehnte, in denen der
Käfer gleichsam zur Familie zählte, ein Auto, das nach einem geheimen
Wort des zuständigen Generaldirektors Nordhoff so viele Fehler hatte
wie ein Hund Flöhe. Machte nichts, in Adenauers Ära war man nicht
pingelig. Das Auto namens Käfer war im Grunde nichts anderes als ein
niemals sich entwertender Trabbi des Westens. Die jährlichen
"Verbesserungen"? Ein Witz oft, aber das Prinzip sollte unangetastet
sein. Weißt du noch, wie urplötzlich das hintere Brezelfenster
entfiel? 1953? Eine Revolution. Wie wir am Fallstromvergaser
schraubten, damit das Gemisch fetter werde! Wie wir stolz waren, als
wir, dreißig PS unterm Hintern, mit hundertzwanzig losbretterten -
bergab! Wie wir die Luftheizung verfluchten, den unglaublichen
Stadtverbrauch. Wie ein typisches Volkswagen-Hohlkreuz die ertaubten
Hamburg-München-Fahrer zeichnete. Und wie tückisch er ins Schleudern
geriet, unser Käfer der frühen Jahre, wenn er ein feuchtes Blatt
witterte. Aber immer sprang er an (Legende). Und wer die hintere
Stoßstange mit zwei Reisenden besetzte, schaffte vereiste Pässe
anstandslos (Mythos).
Da war noch ein bisschen was. Zunächst einmal ein geheimer, ein
sagenhafter Diskurs, wie "es" wohl ginge im schrecklich engen Käfer.
(Das deutsche Volk hat damals g'schamig "es" gesagt, jawohl). Außerdem
war der Käfer, geboren auf Anregung Hitlers als KdF-, also
Kraft-durch-Freude-Wagen, eigentlich ein Nazi-Auto. Hunderttausende
Volksgenossen sparten monatlich sieben Mark für ein Phantom.
Stattdessen gab's Krieg. Weil aber ein Stück Technik seiner Genesis
zum Trotz wohl nicht schuldig sein kann (?), lief das vermaledeite
Ding zwanzig Millionen Mal irgendwo vom Band. Bis gestern. Und wann
reden wir über das herrliche Käfer-Cabriolet?