(SZ) Dass die Götter verrückt sind, partiell oder schubweise
wenigstens, ist seit der Antike gut belegt und in den meisten
Religionen auch stillschweigend anerkannt. Zur Allerweltsweisheit
wurde es freilich erst 1980, als der südafrikanische Regisseur Jamie
Uys den Film "Die Götter müssen verrückt sein" herausbrachte. Darin
war zwar weniger von der Verrücktheit der Götter als von jener der
Menschen die Rede, aber in der Rückkopplung konnte man sehr wohl die
Theorie vertreten, dass, wo die Menschen derart spinnen, auch ihre
Götter ein Rad abhaben. Wie immer, wenn das Publikum vor Gaudi fast
umkommt, hatte die Kritik ein Problem, ließ dann jedoch Gnade vor
Recht ergehen und stufte den Film in der Gegend von "doof, aber gut
doof" ein. Einer, den all das nie gekratzt haben dürfte, war Xao alias
N!xau, und jetzt steht er völlig über diesen Dingen, denn er ist
gestorben.
N!xau, um bei der schöneren und richtigeren Version seines Namens zu
bleiben, war der Hauptdarsteller des Films, jener Buschmann also, der
die aus heiterem Himmel gefallene und trotzdem Unfrieden stiftende
Colaflasche ans Ende der Welt tragen und den Göttern zurückgeben
sollte. Es ist eine heikle Sache, so einem Mann über die Kulturen und
Kontinente hinweg ein paar Worte nachzurufen: Allzu leicht könnte man
als Rassist enttarnt werden, der sich für das urtümliche Leben in der
Kalahari begeistert und auf diese Weise von den Verbrechen des weißen
Mannes ablenkt. Als Grabredner muss man das indessen riskieren, und so
sei denn zumindest daran erinnert, dass N!xau und seine Sippe für den
Film nur im Hinblick auf das dabei verwendete "Spielzeug", die
Kameras, Autos und so fort, gewonnen werden konnten; der Begriff
"Arbeit" ist ihnen völlig fremd. Was N!xau selbst anging, so wird
kolportiert, dass er den elektronischen Krimskrams, den ihm die
Japaner zur Premiere schenkten, unverzüglich wieder "verlor" - eine
naive Art der Kulturkritik, bei der den Japanern ihr Lächeln
möglicherweise noch schwerer gefallen ist als sonst.
Wer nun einwendet, dass das alles gut und schön sei, man aber selbst
in der tiefsten Kalahari doch wohl nicht "N!xau" heiße, der sei kurz
über die Sprache der Buschmänner aufgeklärt. Sie zählt unter die
Khoisan-Sprachen, die sich vor anderen durch ein unerhört reiches
Inventar von Schnalz- oder Klicklauten auszeichnen. Einer von ihnen
gleicht dem dumpfen Knall beim Entkorken einer Flasche, und der gehört
in Herr N!xaus Namen an die Stelle, wo behelfsweise das Rufzeichen
steht. Sonst noch was? Doch: N!xau lebte nach seinem Ausflug in die
Welt des Films wieder im namibischen Busch, als Schafhirt. Man
vermutet, dass Freund Hein (wie immer der auf Khoisan heißen mag) ihn
beim Holzsammeln antraf. Hoffentlich fand N!xau "drüben" halbwegs
vernünftige Götter vor.