(SZ)Dieser Sommer, wie ruhig er dahinfließt. Keine Schritte hallen auf
dem Asphalt der Städte, kein spitzer Ton wird zurückgeworfen, obwohl
doch die Menschen, wie immer, den harten Boden berühren, ohne Zweifel,
sie bewegen sich, wie man es von ihnen kennt. Und doch laufen sie
lautlos, als entstammten sie einem gigantischen Stummfilm, ja, wir
befinden uns in diesem Sommer im längsten, geheimnisvollsten Stummfilm
aller Zeiten. Nur wer genau hinhört, wer seine Ohren ganz weit
aufsperrt, vernimmt ein leises, wie aus der Ferne herüberwehendes
Schmatzen, ein sanftes, köstliches Schnalzen. Dringt es aus
ätherischen Mündern? Ach Gott, nein, profaner Gummi ist das Material,
aus dem jene feine Musik gemacht wird; die größten Geheimnisse bergen
oft den simpelsten Kern, die Menschen spazieren auf Flip-Flops, auf
Badelatschen durch die Städte. Sie laufen auf Arbeit, in die Behörden
und in die Geschäfte, als streiften sie durch den Ostseesand, als
kraulten sie den Karibikstrand, leicht und entspannt, so scheinen sie
sich über die einstmals mühevollen Verrichtungen, über alle Qualen zu
erheben, denn wo kein Geräusch ist, wo soll da noch Schwere sein?
Welch Trugschluss! Welch Illusion! Wie bei jeder Illusion ist es nur
eine Frage der Zeit, bis sie auffliegt, bis sie sich erledigt hat. Die
Menschen müssen ja nach wie vor Maschinen bedienen, müssen
Steuererklärungen ausfüllen, müssen Büroklammern und Klopapier kaufen.
Und gleichen sie, die eben noch feenhaft über die Straße huschten, in
ihrer Geräuschlosigkeit nicht doch eher Gespenstern, armseligen
blutleeren Gestalten, die keine Abdrücke, keine Spuren hinterlassen?
Ja, genau, wir wollen Blut, wollen Abdrücke, Spuren, Töne,
Dissonanzen, wir wollen, wieder einmal, nach Italien, denn dort sind
gerade Sandalen mit dicker Holzsohle Mode, dort bebt das Pflaster, wie
schön, dort unterscheiden sich die Menschen mit jedem Tritt, den sie
setzen. Man kann die Augen schließen und ihre Geschichten hören: Diese
Frau hier, dem Gang nach muss es eine Frau sein, entlädt irgendeinen
Zorn, so hämmert sie. Und diese da, sie zieht ihre Schritte genussvoll
in die Länge, etwas muss sie durchströmen, Liebe vielleicht?
Unsere Wahl ist getroffen. Jeder, der halbwegs bei Troste ist, wählt
die Liebe und nicht das Klopapier. Wählt jetzt und immerfort Italien.
Bloß nach Scario darf er nicht fahren, vor Scario, Badeort im Süden,
muss gewarnt werden! Gerade lesen wir, der Bürgermeister habe dort das
abendliche Tragen von Schuhen mit Holzsohlen verboten, da es zu viel
Lärm verursache. Zuwiderhandlungen werden von ihm mit Bußgeldern
geahndet. Wie heißt der Mann? Wer ist er? Ein seltsamer Leisetreter,
ein Zwitter dem Vernehmen nach, ein Wesen zwischen Mensch und
Badelatsch, mit Fußsohlen aus Gummi, sein Name sei Filippo Floppo.