(SZ)Vertrauen! Was für ein großes Wort. Das
  beginnt in der Wiege und höret jenseits der Bahre
  nimmer auf. Kinder vertrauen ihren Eltern, bis diese sie
  bitten, von einer Leiter herunterzuspringen, sie
  würden sie gewiss auffangen. Der Kleine hat Angst,
  aber der Vater lockt mit den süßen Worten:
  "Vertrau mir, wem außer deinem Vater willst du
  denn sonst vertrauen?" Der Knabe springt und lernt die
  wichtigste Lektion in Realität und Zynismus. Vater
  fängt ihn nämlich nicht auf, der Bub liegt im
  Dreck, und Papa belehrt grinsend: "Siehst du, nicht
  einmal deinem Vater kannst du vertrauen." Das ist
  natürlich ein wenig übertrieben, ist aber nicht
  so ähnlich jedermanns eigene Erfahrung? Mit solchen
  Enttäuschungen schwellen Skepsis, Verdacht und Zweifel
  an, bis man erwachsen ist. Wem kann man trauen? Selbst der
  Blick in den Spiegel verheißt nichts Gutes:
  Würde man von diesem abgeschlafften Typen oder jener
  trüben Schönheit ein Auto kaufen?

  Nun scheint das Verkaufen, nicht nur von Autos, als
  menschliche Tätigkeit überhaupt mit dem
  unlöschbaren Odium behaftet, hier gehe es immer nur um
  den Löffel, über den der Käufer balbiert
  werden solle. Sind nicht alle Autoverkäufer
  mafiös, schmierig, falsche Fuffziger? Nur noch
  unterboten von den Herren im Halbpelz, wie man früher
  sagte, die es fertig bringen, eine feuchte, dunkle
  Höhle als komfortable, freundliche Wohnung anzupreisen
  oder costaricanische Sümpfe in eine
  unübertrefflich lukrative Kapitalanlage zu verwandeln.
  Immobilienmakler, Autoverkäufer - diese Welt ist
  ein Haifischbecken. Und die, die ihre Landeskinder vor
  Ungemach und Ungetier schützen sollten und deswegen
  ihr Vertrauen besonders verdienten, gelten als die
  zweifelhaftesten von allen: die Politiker. Diese drei
  stehen am untersten Ende einer Liste, die der Reader's
  Digest aus einer Umfrage in achtzehn europäischen
  Ländern erstellt hat. Auf aber schauen alle zu
  Feuerwehrleuten, Krankenschwestern und Piloten, Halleluja.

  Den Guten da oben, denen das "sehr hohe" oder
  "ziemlich hohe" Vertrauen geschenkt wird, ist man
  ja mehr oder minder ausgeliefert. Aber diese
  Verkäufer, die scheuen doch vor nichts zurück,
  deren Erfolg misst sich nur an ihrem Gewinn. Aber warum die
  Schmähung? Die müssen doch auch leben,
  müssen deshalb ihre Ladenhüter loswerden, ihre
  Agenden und Programme, ihre Klitschen und Chaisen. Sie
  brauchen kein Vertrauen, sondern nur Vertrauensseligkeit.
  Bei denen steht unsereiner, man weiß es doch, immer
  auf der Leiter. Misstrauen macht die Knie weich, der
  Zweifel frisst die Leber, die Skepsis würgt die Kehle,
  der Verdacht schnürt den Magen ab. Wenn wir
  kopfschüttelnd endlich doch springen, dann meistens
  mit dem wieder nicht befolgten Satz auf den Lippen:
  Vertrauen ist gut, Kontrolle besser.