(SZ)Nicht jeder Hamlet ist bereit, sein Leben zwischen Vatermord und
  freier Liebe zu verzaudern. Sein minderer Bruder Jo Hamlett zum
  Beispiel ist von keinerlei blassen Gedanken angekränkelt, vielmehr
  neigt er der frischen Tat zu und ist auch in der Wahl seiner Mittel
  nicht zimperlich. Neulich hat es Bürgermeister Hamlett zu einem
  Viertel Weltruhm gebracht, weil er Angler- und Jägerlatein unter
  Strafe stellen will. Dieses ganze Männer- Geprahle von Blattschüssen
  auf Achtzehnender oder dass einer in mehrstündigem Kampf einen
  unglaublich langen und fetten Fisch aus dem Wasser gezogen haben will,
  geht dem guten Hamlett so gewaltig auf die Nerven, dass derlei
  Aufschneiderei bei ihm künftig gebührenpflichtig ist. Wer den anderen
  in der Wirtschaft gar zu maßlos von seinen Erfolgen vorschwindelt,
  soll dafür zahlen. Wie jedes bessere Feuilleton leistet sich auch der
  Herr Bürgermeister eine "Agenda", und die seine lautet stramm und
  bündig: "Ich glaube an Gott, Mutterschaft, Apfelkuchen und
  Ehrlichkeit."

  Howgh!, hätte da die eine oder andre alte Rothaut vielleicht
  hinzugefügt, aber sonst passt Bürgermeister Hamlett fugendicht ins
  Klischeebild vom alten Westen, wo lieber erst geschossen und auch
  hinterher nicht mehr groß gefackelt wurde. Und wirklich regiert
  Hamlett mit seiner eisernen Faust eine Stadt im Mittleren Westen. In
  Iowa steht sie, heißt Mount Sterling und beherbergt (hier schwanken
  die Angaben) 40 oder sogar 53 Seelen. Auch anderswo fliegen einem die
  gebratenen Hühner nicht umsonst ins Maul, wird sich Hamlett überlegt
  haben, warum also nicht die Ortsdurchfahrt neu teeren lassen mit dem
  Lügenlohn? Der Vorwurf der Humorlosigkeit ficht ihn daher schon gar
  nicht an. Zusammen mit seinem Fundamentalismus steht der gestrenge
  Mann in der denkbar besten Tradition. Schließlich ist bereits von
  George Washington, dem ersten Präsidenten der USA, die größte aller
  Lügen überliefert: "Ich habe nie gelogen."

  Weit wird Bürgermeister Hamlett mit seinem ehrbaren Begehr allerdings
  nicht kommen, steht ihm doch Natur- wie Menschenrecht entgegen. Oder,
  wie es ein Mount Sterlinger formulierte: "Das ist, als wollte man Sex
  im Bordell verbieten." Seien wir doch ehrlich: Wo, wenn nicht draußen
  im feindlichen Leben, wäre der Mann noch ein Mann und das Wild bereit,
  sich daherschießen zu lassen, gleich wie es besagtem Mann gefällt?
  Mutterschaft gut und schön, aber überzeugt der vom Nahrungserwerb
  heimkehrende Jäger die gegenwärtige ebenso wie die künftige Mutter
  nicht erst recht von seinen männlichen Qualitäten, wenn er seine
  Abenteuer immer gefährlicher und seine Beute immer noch größer macht?
  So und nicht anders find't sich Herz zu Herzen: Die Frau freut sich an
  dem kindischen Mann, taut den Apfelkuchen auf, und die Jagd ist aus.