(SZ)Einst war es politischer Alltag, Meinungsverschiedenheiten im
  Zweikampf zu klären. Wer nach Beispielen sucht, greife zu Sir Walter
  Scotts "Ivanhoe", der in folgender Szene gipfelt: Die Jüdin Rebecca
  harrt ihres Endes auf dem Scheiterhaufen, denn der Templer Brian de
  Bois-Guilbert ist von der Schönen zurückgewiesen worden und hat sie
  deshalb der Hexerei angeklagt. Als man im Begriff ist, das Reisig zu
  entfachen, sprengt ein Ritter in die Schranken. Er will für Rebeccas
  Leben streiten. Davor muss er den höfischen Regeln Genüge tun und sich
  zu erkennen geben. Der Ritter lüftet sein Visier. Dahinter kommt das
  Antlitz des Titelhelden Wilfred of Ivanhoe zum Vorschein. Obwohl seine
  Lanze im anschließenden Waffengang den Schild de Bois-Guilberts kaum
  berührt, stürzt dieser tot vom Ross.

  Zwar handelt es sich hier eher um ein Gottesurteil als um ein Duell,
  aber als Mittel der Politik haben sie beide ausgedient. Es ist noch
  nicht lange her, da schlug George W. Bush die Anregung des damals noch
  etwas auffälliger agierenden Saddam Hussein aus, auf neutralem Boden
  persönlich gegen ihn, Saddam, anzutreten, möglichst mit dem Schwert.
  Anscheinend war Bush oder seinen Beratern die alte Spruchweisheit
  "Weit vom Streite macht alte Kriegsleute" bekannt. Erhalten haben sich
  dagegen Rudimente des Visierlüpfens. Selbst wenn die mittelalterlichen
  Recken einander vor dem Kampf "trotzmütiges Belfermaul" oder
  "hundsföttischer Gauderhahn" schimpften, so gebot es doch die
  Höflichkeit, den Helm bis zum Beginn des Schlagabtausches offen zu
  lassen. Eine ritterliche Geste, die bedeutete: Ich habe nichts zu
  verbergen. Sie begegnet uns heute in sublimierter Form bei ein paar
  Hut-Trägern als Lüften der Kopfbedeckung sowie, etwas zackiger, als
  Salut bei Militärs und Traumschiffkapitänen.

  Legt man Ivanhoes Maßstäbe an, dann handelt Manasori Murakawa
  unritterlich. Der Profi-Wrestler, der jetzt unter seinem Künstlernamen
  "Der große Sasuke" ins Regionalparlament der japanischen Präfektur
  Iwate gewählt wurde, will auch bei Ausübung seiner politischen
  Pflichten nicht die schwarz- weiße Fallschirmseiden-Maske abnehmen,
  welche er im Ring zu tragen pflegt. Er geht also mit stets
  geschlossenem Visier in die parlamentarischen Auseinandersetzungen.
  Hat Sasuke, der Große, etwas zu verbergen? Nun, vielleicht hat er nur
  erkannt, dass in der Politik das offene Visier ebenso überholt wirken
  kann wie der Zweikampf. Möglicherweise hat er sich den Karriereverlauf
  Rudolf Scharpings eine Lehre sein lassen. Der trug lange Zeit Bart,
  ein natürlich gesprossenes Haarvisier, von dem viele vermuteten, sein
  Träger wolle dahinter etwas verbergen. Scharping bemühte sich, offener
  zu wirken, und rasierte sich glatt. Von da an ging's bergab.