(SZ)In Gerhart Hauptmanns Bauernkriegsdrama "Florian Geyer" sagt gegen
  Ende einer ungefähr: Wie prächtig hat sich der ganze Handel angelassen
  und wie gar gewaltig, aber wie kläglich ist er geendet. So weit ist es
  noch nicht, aber auf die hochgemuten Erwartungen, die ein rasches Ende
  des Irak-Kriegs prognostizierten, hat sich mittlerweile der Mehltau
  einer gewissen Ernüchterung gelegt. Damit wird eine zumindest im
  "alten Europa" längst geläufige Erfahrung bestätigt, dass Kriege meist
  nur deshalb geführt werden, weil man dazu neigt, die eigenen Kräfte
  weit zu über- und die des Gegners ebenso weit zu unterschätzen. Hätte
  man, so lässt sich daraus folgern, von Anfang an eine einigermaßen
  realistische Sicht gehabt, wären vermutlich sehr viele Kriege gar
  nicht erst begonnen worden.

  Im Zeitalter von Hightech schien jegliche kriegerische
  Auseinandersetzung beherrsch- und kalkulierbar zu sein. Wer über
  lasergesteuerte "smart-bombs" sowie eine von Anfang an bestehende
  totale Luftüberlegenheit gebot, der konnte guten Mutes in den Krieg
  ziehen. Für die eigene Siegesgewissheit lieferte überdies der in jeder
  Hinsicht weit unterlegene Gegner jede nur wünschbare Garantie. Also
  konnte man das Vorhaben als eine bloß chirurgische Operation
  verharmlosen, die zwar mit einem unvermeidlichen Minimum an Verlusten,
  aber ohne politische Kollateralschäden das beabsichtigte Ergebnis
  bescherte. In dieser Perspektive hatte der Irak- Konflikt für manchen
  die zwar perverse, aber dennoch beruhigende Anmutung jener
  Kolonialkriege, wie sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts gang und gäbe
  waren. Damals kämpften beispielsweise die Franzosen mit Hotchkiss-
  Maschinengewehren überaus erfolgreich gegen allerlei Völkerstämme im
  nördlichen Indochina, die sich mit Stinkbomben, Böllern und
  Papierdrachen gegen die Segnungen der Zivilisation zur Wehr setzten.

  Trotz der weiterhin tapferen Siegeszuversicht, die der
  Oberbefehlshaber der US-Truppen, Präsident George W. Bush, wie sein
  notorischer Verteidigungsminister Donald Rumsfeld unverdrossen zur
  Schau stellen, wird den amerikanischen Volksvertretern in Senat und
  Kongress bange. Deshalb haben sie sich jetzt mit großer Mehrheit dafür
  ausgesprochen, zu einem Tag der nationalen Einkehr aufzurufen. Mit
  Fasten und Beten soll Segen und Schutz "der göttlichen Vorsehung für
  das Volk der Vereinigten Staaten" wie dessen Streitkräfte während des
  Irak-Konflikts erfleht werden. Das historische Vorbild für dieses
  Verlangen, auf das man sich dabei beruft, ist ein Appell von Präsident
  Abraham Lincoln, der während des amerikanischen Bürgerkriegs 1863 das
  Volk aufgefordert hatte, "vor Gott Buße für die Sünden der Nation" zu
  tun. Wie so oft, so ist auch hier das Gleiche aber nicht das Selbe.