(SZ) Alles schwankt: die Benzinpreise, die Blutzuckerwerte, selbst die
Erdachse. Angesichts solch schwankender Gestalten kehrt mancher das
verirrte Auge zur Sonne, in der Hoffnung, darüber sei ein Ohr, zu
hören seine Frage: "Wie soll das alles weitergehen?" Der Mensch bedarf
halt irgendeiner Sicherheit, einer in der Naturwissenschaft
verankerten, gewiss; ein bisschen metaphysisch sollte sie aber schon
auch sein, die Sicherheit. Und da wir eben nicht sicher wissen, wie
das alles weitergeht, wär's interessant, wenigstens zu erfahren, wann
alles zu Ende geht, auf dass wir zuvor ein letztes Mal unser Gärtlein
bestellen und den Schreibtisch aufräumen können. Was aber, wenn der
Herr der Heerscharen uns in Sachen Weltende bereits harte Zahlen
vorgelegt hätte und wir nur zu beschränkt wären, sie zu lesen?
Zum Glück gibt es für so etwas Genies. Isaac Newton, spiritus rector
nüchterner Physik, hat nicht nur das Naturgesetz der gegenseitigen
Anziehung von Massen entdeckt. Er wertete in seiner Freizeit auch die
mathematischen Informationen aus, welche die Bibel liefert. Aus jüngst
in Jerusalem entdeckten Aufzeichnungen des Weisen von Cambridge geht
hervor, zu welchem Ergebnis er kam. Im Buch Daniel las Newton, "dass
es eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit währen soll; und wenn
die Zerstreuung des heiligen Volkes ein Ende hat, soll solches alles
geschehen". Das heißt: Solches alles wird geschehen nach dreieinhalb
Jahren, was 1260 Tage ergäbe. Damit korrespondiert die Offenbarung
Johannis. Ihr entnahm Newton, dass dem Tier, welches dem Meer
entstieg, "gegeben ward ein Mund, zu reden große Dinge und
Lästerungen, und ward ihm gegeben, dass es mit ihm währte
zweiundvierzig Monate lang", also ebenfalls 1260 Tage. Newton legte
die Tage in Jahre um und addierte sie zum Jahr des Herrn 800, in dem
nach seiner Berechnung die Kirche vom wahren Glauben abgefallen war.
Resultat: Im Jahr 2060 geht die Welt unter.
Nun behaupten jedoch einige radikalprotestantische Exegeten in
Amerika, die gleiche Bibel, die Newton vorlag, sage einen
Weltuntergang schon für die nächsten Tage voraus. Die große Hure
Babylon, also der Irak, werde Armageddon über die Menschheit bringen.
Sie müssen sich allerdings fragen lassen: Welches Naturgesetz habt ihr
denn entdeckt, das euch Glaubwürdigkeit verleiht, über euer
apokalyptisches Gekreische hinaus? Na? Eben. Da könnten wir ja gleich
jenem - ebenfalls amerikanischen - Karpfen glauben, der laut
Medienberichten letzthin einem Fischhändler auf Hebräisch verkündete:
"Das Ende ist nahe!" Der Fischhändler hackte dem Karpfen daraufhin den
Kopf ab, was wohl das Beste für alle war. Nein, wenn überhaupt, dann
glauben wir lieber dem Propheten Isaac Newton. Bis 2060 ist es
wenigstens noch ein Weilchen hin.