(SZ)Der Winter war sehr groß. Jetzt, da die letzten Eisschollen
  schmelzen, steigt schon Sehnsucht auf nach gerade verklungenen
  Geräuschen. Wie hell noch letzte Woche der Schlittschuh aufs Eis
  klopfte, wie hart der Puck an den Hockeyschläger ploppte, und das
  geheimnisvolle Ächzen des Sees unter dem Eis - war da wer? irgendein
  Wesen? jemand muss da gewesen sein -, und die Torschreie der Söhne und
  der Freunde der Söhne und der Väter der Freunde der Söhne, und das
  Glucksen des Thermoskannentees in den mitgeführten Zahnputzbechern,
  und das Pfeifen des aufkommenden Windes in der Dämmerung, und ...

  Und nun? Soll aber schnell Frühling werden, ohne Zögern, ohne diesen
  kalten Nebel dazwischen, der alle Geräusche schluckt, ja, neue
  unverwechselbare Töne wären jetzt schön, Fenster auf, um sie nicht zu
  verpassen, die ersten neuen unverwechselbaren Töne entstehen gerade,
  ein kaum vernehmliches Summen hebt an, das sind die Bienen, die zu
  ihrem jährlichen Reinigungsflug starten, sie sondern etwas ab,
  befreien sich von den Exkrementen, die sie in der Kälte hatten
  ansammeln müssen, damit beginnt der Frühling, mit einem feinen, nicht
  sichtbaren Regen von, nun ja, von Bienenscheiße, aber was heißt nicht
  sichtbar, jetzt, da wir alle wissen, dass die Bienen sich reinigen,
  bevor ihre Königin mit der üblichen Eiablage beginnt, jetzt sehen wir
  es auch, sehen süße Kacke regnen, die natürlich sofort auf der Haut
  kribbelt...

  Oder nein, wahrscheinlich kribbelt die Haut nicht deswegen. Sondern
  wegen des ersten Liebesliedes der neuen Saison. Frühling ist erst,
  wenn einem das erste Liebeslied unter die Haut gefahren ist, und immer
  kommt es überraschend, und immer ist es neu, wie heißt es wohl
  diesmal? Di Wajahmu Kulihat Bulan, Ich sehe den Mond auf deinem
  Gesicht, gerade hat das Megawati Sukarnoputri gesungen, weit weg von
  hier, und wer weiß, wen sie gemeint hat, welchen ihrer Millionen
  Liebhaber, ja, sie hat garantiert Millionen Liebhaber, denn sie ist
  die indonesische Präsidentin, und einer Präsidentin, die öffentlich
  ein Liebeslied singt, müssen alle zu Füßen liegen, was denn sonst. Wie
  wäre es eigentlich, wenn sämtliche Präsidenten es ihr nachtäten, alle,
  eingeschlossen George W., ist das utopisch? Na und, "eine schöne
  Utopie ist bestimmt besser als eine traurige Tatsache", sagt Gidon
  Kremer, und keine traurige Tatsache soll jetzt mehr gelten, und wenn
  George W. nicht singen mag, wenn er seinen Mund nur öffnet, um Fire zu
  rufen, dann tun wir folgendes: Wir holen, ein letztes Mal, unseren
  Schläger hervor. Bücken uns. Fassen das Ding professionell mit der
  linken Hand überm Blatt und mit der rechten oben am Schaft. Holen aus.
  Treffen den Puck voll. Sehen ihm nach, wie er über den Teich fliegt,
  übern großen Teich, in jenen Schlund hinein, ach, Bienenkacke, geht
  nicht, oder?