(SZ) Vieles ist ja überhaupt nicht mehr zu verstehen. Die Frauen zum
  Beispiel, aber das führt vom Thema fort. Denn dieses berührt
  Erscheinungsformen unserer wirren Zeit - wie etwa die
  Rürup-Kommission. Frauen sind zwar interessanter, Rürup aber ist
  mindestens ebenso schwer zu verstehen. Was ist das für eine
  Kommission, fragen sich die Fernsehzuschauer, und was will sie? Das
  lässt sich nicht leicht beantworten, schon weil es sich ihre
  Mitglieder zur lieben Gewohnheit gemacht haben, vor laufender Kamera
  täglich etwa sieben Vorschläge zur Sanierung der Sozialsysteme
  vorzubringen, wobei jedem dieser Vorschläge zu Eigen ist, dass er
  nicht im geringsten zu den anderen passt. Der eine fordert Beugehaft
  für Kassenpatienten, dem nächsten würde es schon genügen, ihnen das
  Recht auf ein eigenes Bett im Krankenhaus aus dem Leistungskatalog zu
  streichen, der dritte verlangt, den Privatbesitz von Zähnen
  abzuschaffen. An solchen Dingen liegt es, dass sich mancher schon beim
  Wetterbericht fragt, was er da eben in der Tagesschau eigentlich
  gesehen und was er vor allem davon zu halten hat.

  Die schönsten Meldungen beginnen ja mit dem Satz: "Die Wissenschaft
  hat festgestellt ..." Anschließend weiß man, warum Nilpferde im Traum
  mit den Ohren wackeln oder dass der Tyrannosaurus Rex in Wahrheit ein
  wehleidiger Feigling mit Pudding in den Knien war. Darüber hinaus hat
  die Wissenschaft soeben festgestellt, dass 88 Prozent der Zuschauer
  die Tagesschau an sich vorüber ziehen lassen, ohne das darin Gezeigte
  zu begreifen. Hören sie vom Dax, denken die meisten immer noch an das
  struppige Tier, das nächtens durch den Wald humpelt - und immer wieder
  zu Fall kommt! Hören sie "Konvergenzkriterien" oder "Leitzinssenkung",
  hören sie "Ich folge der Logik von Vierzehnviereins" (Fischer) oder
  "thermobarische Bomben" (Rumsfeld), denken sie bei sich bloß ein
  simples "Kannitverstan". Vorteil: Wer nicht recht weiß, was nochmal
  diese Pisa-Studie ist, muss sich auch nicht darüber aufregen. Wenn die
  Wirrnis wächst, ist auch das Internet keine Hilfe, obwohl es angeblich
  die Welt zum Dorf macht, in dem jeder jeden versteht. Man muss -
  Gegenprobe zum Kannitverstan - nur die Homepage der kanadischen
  Mounties aufrufen und "Diese Seite übersetzen" anklicken, um zu lesen:
  "Königliche Kanadische Angebrachte Polizei. Klicken Sie hier für
  drastische goldene Ohrrettungsfotos!"

  Ähnlich drastisch klickt es offensichtlich in der Tagesschau. In
  diesem Fall liegt die Verwirrung aber vielleicht doch nicht bei den
  Zuschauern, sondern in der Sache selbst. Sie wollen ja mehr begreifen,
  die Position der CDU zu einem Irakkrieg zum Beispiel oder warum
  überhaupt ein Krieg kommen muss, den fast niemand will. Aber es gibt
  eben Dinge, die leider gar nicht zu verstehen sind, nicht einmal in
  der Tagesschau.