(SZ)Es war in grauester Vorzeit, als sich ein Mann namens Eto im
  Niederbayerischen ansiedelte, am Oberlauf der Rott, und bei sich
  sprach: Mal sehen, was die Zeiten bringen und wie das alles weitergeht
  hier bei uns. Den Flecken, wo er sich niederließ, nannte man
  praktischerweise Etn velt, also Feld oder Land des Eto. Daraus
  entwickelte sich, als Eto in Vergessenheit geriet, der Ort Ekenvelden
  alias Eggenfelden, und der ist, wie die Schrift sagt, nicht der
  geringste unter den bayerischen Städten: 14000 Einwohner,
  Partnerschaft mit Carcassonne, ambitioniertes Theater, und in der
  Stadtpfarrkirche eine spätgotische Marienkrönung (Lands huter
  Arbeit?), die insofern aus der Reihe schlägt, als sie den Heiligen
  Geist nicht als Taube darstellt, sondern als männliche Figur. Nur
  schade, dass der alte Eto nicht mehr erleben konnte, was die Zeiten
  brachten. Um die markantesten Ereignisse zu nennen: 1809 kam Napoleon
  vorbei und machte Rast in der "Post", und 2003 ging der Komet Daniel
  Küblböck auf über der Stadt.

  Auch Orte haben ihre Schicksale, und nicht selten bestehen diese aus
  nichts anderem als der Tatsache, dass ein nachmals bedeutender Mensch
  hier geboren wurde oder gewirkt hat. Derlei lässt sich touristisch
  verwerten und im Einzelfall sogar in den Ortsnamen einbauen:
  Fritz-Reuter-Stadt Stavenhagen, Lutherstadt
  Eisleben/Wittenberg/Mansfeld usw., Rattenfängerstadt Hameln oder
  Eulenspiegelstadt Mölln. Wie klänge das: "Daniel-Küblböck-Stadt
  Eggenfelden"? Das klänge nicht schlecht, obwohl man in diesem
  Landstrich eher Apfelbeck als Küblböck heißt und obwohl Daniel
  Küblböck kein Eggenfeldener im engeren patenschaftlichen Sinn ist.
  Weder ist er hier geboren (er stammt vielmehr aus Hutthurm bei
  Passau), noch hat er die Werke seiner Reifezeit hier vollendet (das
  tat er in Köln respektive in den RTL-Studios). Ob sein Œuvre zu
  Eggenfelden passt, wäre bei einer Umbenennung unerheblich: Schließlich
  bordet auch Mölln nicht gerade über von Eulenspiegeleien.

  Wesentlicher ist die Frage, was nun, da der Schweifstern Küblböck aus
  seiner Bahn geworfen wurde und nur noch taumelnd durch den
  Medienhimmel zieht, aus "seinem" Eggenfelden wird. Die kleine Stadt
  hat sich ja in einer Weise an das schrille Phantom gehängt, wie man
  das in Niederbayern nicht macht, am wenigsten im nüchtern abwägenden
  Rottal, und es ist höchst verwunderlich, dass der Bürgermeister sagen
  konnte, ein bisschen Daniel stecke in jedem von uns, ohne dafür die
  Antwort "In dir vielleicht!" zu bekommen. Die Welt zitierte eine Frau
  mit diesem Satz: "Daniel würde nicht wollen, dass wir lange trauern."
  Das hat, ob gewollt oder ungewollt, etwas vorgezogen Österliches - als
  sagte ein Engel: Der Küblböck ist euch entrückt und an einen besseren
  Ort vorausgegangen. Hoffentlich muss da keiner von uns hin.