(SZ)Dass man mit dem Kopf Geld verdienen kann, ist an und für sich
keine revolutionäre Erkenntnis. Neu ist, dass es auch mit der Stirn
allein geht, ohne Strapazen für die graue Masse, die in günstigeren
Fällen dahinter liegt. Eine englische Werbeagentur sucht Studenten,
die bereit sind, ihr Gesicht als Reklamefläche zu vermieten. Gezahlt
werden dafür umgerechnet 23Euro für drei Stunden. Natürlich sollen die
mobilen Werbeträger diese Zeit nicht zu Haus oder in der Bibliothek
verbringen. Und sie dürfen an die Botschaft nicht Hand legen. Weiter
droht ihnen kein Schaden, denn das Logo des Inserenten sieht zwar wie
eine Tätowierung aus, wird aber bloß mit Pflanzenfarben aufgetragen
und ist am Ende der Vertragsfrist leicht zu entfernen. Für eine ganze
Woche sind sogar 650Euro ausgesetzt, doch dafür dürften nur Anbieter
in Frage kommen, die nicht unter Waschzwang leiden.
Sport-Fans, Karnevalsbummler, Demonstranten tragen ihre bunte Haut
seit langem gratis zu Markte. Da ist es erstaunlich, dass der
Geistesblitz bei der sonst so agilen PR-Branche recht langsam zuckte.
Noch dazu ist die Idee ausbaufähig. Wieso nur die Kopf-Vorderseite?
Schon Glatzen verfügen über ein viel größeres Potential. Ein Dekolleté
mit seinem bewährten Sexappeal erlaubt dreidimensionale Anzeigen. Wenn
der Sommer kommt und die Hüllen fallen, ergeben sich noch ganz andere
Möglichkeiten. Für Blickfängerinnen, die mehr zu bieten haben als ein
bemaltes Antlitz, wird es bei lumpigen sieben Euro pro Stunde kaum
bleiben. Mindestens für die totale Flächennutzung, wenn nicht sogar
für die Tarife, können die Trikots von Star-Athleten, die Bemalung von
Formel-Eins-Rennwagen oder die Gestaltung von Stadien und Pisten
richtungweisend werden. Den "Arbeiter der Stirn" hatten sich
totalitäre Regime ausgedacht. Die Publizitäts-Visage kommt
sinnigerweise aus Manchester, der Heimat des schrankenlosen
Kapitalismus.
Auf der Suche nach immer neuen Werbeflächen wurde schon vieles
probiert. Möglichst sollen sie nichts kosten, weil sie niemandem
gehören, so wie der Himmel, an dem die guten alten Spruchbandflieger
über Ballungsgebieten kreisen durften, solange es noch keine
Terroristen gab. Das überfallartige Anstrahlen öffentlicher Gebäude
mit einem Markennamen, auch schon versucht, hat sich als Bumerang
erwiesen, weil die Begünstigten leicht fassbar sind. Jetzt schauen
Fachleute voll Hoffnung auf eine Projektionsscheibe, die weltweit
sichtbar und noch herrenlos wäre - den Mond. Von einem Satelliten
könnte er theoretisch mittels Laserstrahlen zur globalen Plakatwand
degradiert werden: der Mann im Mond - ein aufdringlicher Klon des
ausgemusterten Sandwich- Mannes mit seinen Umhängetafeln, von dem man
einfach wegschauen konnte.