(SZ) Wenn man Menschen besser verstehen will, ist es immer gut zu
wissen, wann sie geboren wurden. Der 9. Juli zum Beispiel ist,
zumindest auf der nördlichen Halbkugel, für gewöhnlich ein schöner
Sommertag, an dem die Wärme einen freundlich stimmt, die Schwalben
unter dem Firmament ihre fröhlichen Kapriolen treiben und der Duft
reifenden Getreides als die Sinne anregendes Parfüm der Schöpfung über
die Fluren weht. Der 9. Juli also ist ein friedlicher, angenehmer Tag.
Er ist so idyllisch, dass offenbar viele Menschen, die an diesem Tag
aus der Mutter in die Welt purzeln, von Anfang an die Schnauze voll
haben von der Idylle. Je weiter ihr Leben fortschreitet, desto mehr
entwickeln sie sich zu griesgrämigen, mindestens aber zynischen
Krakeelern, die den Sommer und die Freundlichkeit hassen. Wenn sie
Getreide sehen, denken sie ans Niedertrampeln, Schwalben mögen sie am
liebsten in Weißweinsauce, und der blaue Himmel erweckt bei ihnen die
Assoziation an Jagdbomber. Am 9. Juli wurden zum Beispiel geboren:
Gustav Noske ("Einer muss den Bluthund machen"), Courtney Love ("The
bitch is back"), O. J. Simpson ("Ich habe meine Frau nicht
umgebracht") und Donald Rumsfeld.
Ach ja, Rumsfeld. Gibt es denn irgendeinen Amerikaner, der
amerikanischer wäre als The Secretary of Defense Donald Henry
Rumsfeld? In wunderbarer Weise bestätigt er alle Vorurteile über
Amerika, die zwischen Yokohama und Freiburg existieren. Er war
Navy-Pilot, hat seit Richard Nixon irgendwie allen rechtgläubigen,
also republikanischen Präsidenten gedient, ist wohlhabend aus eigener
Leistung und verspottet (9. Juli!) alle Weicheier dieser Welt. Mit den
Deutschen, geführt von dem ungedienten Sozialisten Schröder, hat es
der ausgerechnet deutschstämmige Donald zurzeit besonders. Der Herr
des Pentagons sieht das Land seiner Vorfahren gemeinsam mit Kuba und
Libyen in einer Achse der Widerständigen. Immerhin genießen wir ein
gewisses Privileg unter diesen Achsenmächten. Anstatt eine Invasion zu
probieren (Kuba, 1962) oder die Hauptstadt zu bombardieren (Tripolis,
1986), hält es Rumsfeld noch für angebracht, dieses Deutschland aus
Anlass der Münchner Sicherheitskonferenz selbst zu besuchen.
In zu großer Sicherheit sollte dies den Bundeskanzler indessen nicht
wiegen, denn als Sonderbotschafter von Ronald Reagan hat Rumsfeld 1983
auch schon Saddam Hussein in Bagdad die Hand geschüttelt. Damals
allerdings galt für Saddam noch jene Charakterisierung, die Präsident
Roosevelt in rumsfeldischer Diktion einmal über einen
mittelamerikanischen Diktator abgegeben hat: "Er ist ein Bastard, aber
er ist unser Bastard." Für Schröder trifft Letzteres in den Augen der
pentagonesischen Donaldisten schon nicht mehr zu.