(SZ)Heute nach Jahrmillionen wieder einmal den Staub vom Schreibtisch
gewischt. Auch von den Utensilien, die dort stehen. Ein grünes
Männlein aus Knete. Ein Clown, dem eine Hand abgebrochen ist. Die drei
Affen. Männlein und Clown zeigten keine Reaktion. Affen aber fingen
an, sich zu recken und zu strecken. Als erster bewegte sich der Affe,
der sich die Augen zuhält. Dann der, der sich die Ohren bedeckt. Und
schließlich jener, der nicht sprechen mag. Der erste schaute
durchdringend. Der zweite wackelte mit dem Kopf und zeigte seine
Gehörgänge. Der dritte aber sagte mit ungeübter krächzender Stimme,
sie, die drei Affen, hätten sich geregt, um endlich etwas loszuwerden,
einen heiligen Zorn. Der Mensch nämlich benutze sie ständig als Symbol
für seine Eigenschaft, unangenehme Dinge nicht wahrnehmen zu wollen,
und davon hätten sie die Nase voll.
"So negativ sind wir nie gewesen", rief er mit zitternder Stimme,
"nie, nie, nie." Dann beruhigte er sich halbwegs. Er sagte, ein wenig
lauter noch als nötig, er heiße Mazaru, und nannte die Namen der
anderen: Mizaru und Mikazaru. Und nun, als ob er mit dem Aussprechen
der Namen sich seiner selbst versichert hätte, wirkte er vollkommen
ausgeglichen. Lächelnd erzählte Mazaru, "wir alle stammen von den drei
hölzernen Affen im Tempel Nikko ab" - er stockte -, "das liegt auf
Honschu, und Honschu liegt in Japan natürlich. Dem buddhistischen
Glauben zufolge sollten wir den Göttern über die Menschen berichten,
aber das fanden wir ungehörig, wir wollten keine informellen
Mitarbeiter sein" - er verzog das Gesicht -, "nein, um nichts in der
Welt wollten wir das, und so entwickelten wir eine Art Abwehrzauber.
Wir verständigten uns, nichts Böses sehen, nicht Böses hören, nichts
Böses sprechen zu wollen. Und das", schloss er stolz, "hielten wir bis
heute ein, und deshalb gelten wir in Japan als Glücksbringer."
Mizaru und Mikazaru nahmen wieder ihre alte Stellung ein. Mazaru
gähnte, wahrscheinlich hatte ihn das viele Reden ermüdet. Dann folgte
er den beiden anderen. Starr, als wäre nichts gewesen, standen sie da,
drei glänzende Affen. Wir aber, wir schämen uns seitdem für unsere
Angewohnheit, immer nur das Böse zu sehen und zu schreiben, und nehmen
uns vor, das nicht mehr zu tun. Wir beginnen schon, uns zu zu ändern,
ruhig wie Buddha hören wir dem Schlagersänger R. Blanco zu, der gerade
in einem Interview sagte, er habe Fragen nach Rassismus in Deutschland
immer gehasst, und wenn er Deutscher wäre, würde er sich schämen,
überhaupt so etwas zu fragen, er habe nie Probleme gehabt in dieser
Hinsicht, sogar von Skinheads sei er schon um Autogramme gebeten
worden. Da nicken wir beglückt und streichen dem Blanco sanft über
sein Haupt, natürlich nicht, ohne vorher das Staubtuch aus der Hand
gelegt zu haben.