(SZ)Die Debatte um eine Neuordnung der Bundesländer erinnert an
Gerhard Polts Monolog vom Hundebesitzer. Dieser erzählt von seinem
Schäferhund, der eine Seele wie pures Gold hat und zum Frühstück
gedünstete Leber mag, manchmal auch ein "Marmeladenbrot mit
Konfitüre". Notfalls könne er freilich fürchterlich scharf sein. Er,
der Besitzer, müsse nur "Fass!" sagen, "dann packt er Sie, und net zu
schlecht", doch davor brauche man keine Angst zu haben, denn er werde
ja nicht "Fass!" sagen, jedenfalls nicht gleich. Generell gelte:
"Finger weg, ein Schäfer ist kein Spielzeug!" Damit jetzt keiner auf
die Idee kommt, hier sollten deutsche Länder womöglich mit Hitlers
Schäferhund verglichen werden: Tertium comparationis ist der Umstand,
dass einige von ihnen sofort zusammengelegt werden könnten, wenn nur
jemand sinngemäß "Fass!" sagen würde. Natürlich sagt keiner "Fass!"
Ein Bundesland ist schließlich auch kein Spielzeug.
Dabei macht das heutige Deutschland, verglichen etwa mit dem von 1648
ff., eh den Eindruck, als sei die Flurbereinigung drübergegangen.
Seinerzeit war es zwar um einiges größer, dafür aber ein
Fleckerlteppich und Sauhaufen, dass Gott erbarm und der Kaiser in Wien
sich fragen mochte, wozu er eigentlich noch herumsitze. Rund 350
Territorien hatten die volle Landeshoheit einschließlich des
Bündnisrechts mit ausländischen Mächten - nicht auszudenken, wenn es
damals schon einen Bundesrat wie den jetzigen gegeben hätte, und Klaus
Wowereit hätte darin die Voten für oder gegen das Einwanderungsgesetz
sammeln müssen. Dagegen bietet die Bundesrepublik ein fast
harmonisches Bild. Mit den unterschiedlich großen und durchaus lustig
verteilten Farbflecken der Länder sieht sie aus wie eines der
Patchwork-Gebilde, die in engagierten Pfarrgemeinden gegen den Hunger
in der Welt genäht werden. Man steht davor und freut sich, auch und
besonders über verborgene Details: "Siehst du dort oben, halblinks,
das winzige Tüpferl? Könnte Bremen sein." - "In der Tat, kaum zu
erkennen. Na ja, sind trotzdem auch Menschen, irgendwie..."
Leopold Kohr, der österreichische Philosoph und Staatsökonom, hielt
die zweiundzwanzig Kilometer, die seinen Geburtsort Oberndorf von
Salzburg trennen, für das Maß aller Entfernungen, wie er ja überhaupt
der Erfinder der Devise "Small is beautiful" war und die These
vertrat, dass, wo immer etwas falsch ist, das einfach zu groß ist. So
gesehen, wären Berlin, Hamburg, Bremen und das Saarland echte
Schönheiten, und die an sie angrenzenden Bundesländer müssten sich die
Finger nach ihnen abschlecken. Dass sie es trotzdem nicht tun, liegt
an dem großen Fuß, auf dem diese leben und der sie auf Dauer ruinieren
wird. Sie haben sich auf diese Weise um ihr Heiratsgut gebracht und
werden uns wohl für immer auf der Tasche liegen.