(SZ)Das Jahr 2003 ist auf dem besten Wege, ein Jahr der Angst zu
  werden, und das hat mit ihrem Singen die Loreley getan respektive die
  FAZ, die kürzlich zwei ihrer sonst für DNA-Sequenzen reservierten
  Feuilletonseiten aufbot, um uns die 426 Namen der Angst zu lehren. Das
  hatte etwas durchaus Apokalyptisches, vergleichbar dem Tier in der
  Offenbarung Johannis, das aus dem Meer kommt und auf seinen sieben
  Köpfen Namen der Lästerung trägt. Es waren aber unter den 426 Ängsten
  ein paar sehr deutsche: die Angst vor der Freude (Cherophobie), die
  vor dem Ruin (Atephobie), die vor der Arbeit (Ergophobie), die vor
  verrottender Materie (Seplophobie), die vor dem Gegessenwerden
  (Phagophobie) und die vor der Verstopfung (Koprastasophobie). In der
  ganzen Liste gab es eigentlich nur eine Angst, vor der wir
  einigermaßen frei sind, und das ist die
  Hippopotomonstrosesquippedaliophobie, also die Angst vor langen
  Wörtern.

  Wie steht es mit der Spinnenangst, der Arachnophobie? Sollen
  Alltagsbeobachtungen etwas gelten, dann ist sie bei den meisten von
  uns keine echte, aus neurotisch gestörter Tiefe stammende Phobie,
  sondern eine leicht hysterische Spielart des Sauberkeitsfimmels. Man
  fällt, wenn man Spinnen im Haus vorfindet, nicht in Krämpfe oder
  sonstige Zustände, sondern greift nach dem Staubsauger - ein trockenes
  "krrt!", und die Störung ist behoben. Nur ganz Sensible träumen später
  von Spinnen, die überlebt haben und, mit dem Inhalt des Staubbeutels
  grausig gemästet, dem Gerät entsteigen, um Rache zu üben. Die
  Arachnologische Gesellschaft hat jetzt die Große Zitterspinne, Pholcus
  phalangioides, zur Spinne des Jahres 2003 erklärt. Wir sollen sie,
  mahnen die Spinnenkundler, möglichst nicht aufsaugen, sondern ein Glas
  über sie stülpen, ein Blatt Papier darunter schieben und sie in die
  freie Natur entlassen. Noch besser: Im Haus behalten, denn sie frisst
  allerlei Schädlinge weg.

  Bereits im alten Jahr wurde der Wolf, Canis lupus oder auch Isegrimm,
  von der Schutzgemeinschaft Deutsches Wild als Tier des Jahres 2003
  präsentiert, und es ist wohl so, dass das Tier des Jahres die Spinne
  des Jahres nicht nur nicht ausschließt, sondern dass beide Nennungen
  Teil einer sozusagen konzertierten Aktion sind. Deren Tenor: Mehr
  Respekt bitte vor unseren vier- beziehungsweise achtbeinigen Freunden!
  Dass wir darüber hinaus von Wolf und Zitterspinne lernen sollen, ist
  unausgesprochene Absicht der Jahreswidmungen. Die Wolfs-Botschaft
  kennen wir seit langem: Bleib beim Rudel, leg dich nicht mit dem
  Leitwolf an und friss, was der Tag gibt. Die Zitterspinne heißt so,
  weil sie bei Gefahren derart zittert und zappelt, dass sie von ihrem
  Feind nicht oder nur sehr schwer ausgemacht werden kann. Ob uns das
  bei unseren 425 Ängsten weiterbringt? Nützen wir 2003, um das
  herauszufinden!