(SZ) Neulich ereignete sich in Berlin eine hübsche Geschichte, die zur
  Erbauung des Jahresendlesers hier erzählt werden soll. Eines schönen
  Nachmittages kurz vor Weihnachten kam das Gerücht auf, die Bild-
  Zeitung werde am nächsten Tag eine Enthüllungsstory über das, ähem,
  nun ja, Privatleben des Bundeskanzlers drucken. Ein Kollege munkelte,
  die Boulevardisten hätten genug "harte Fakten" recherchiert, ein
  anderer wollte gehört haben, dass "das Kanzleramt" schon bei Bild
  interveniert habe. Ein Dritter wusste, dass Doris bereits tobe; ein
  Vierter wollte sich rückversichern, wie denn "die seriöse Presse" mit
  dem Skandal, würde er denn losbrechen, umgehen wolle. Alles wartete
  gespannt auf den nächsten Tag; diverse Fernsehsender schickten schon
  mal präventiv Kamerateams vor das Reiheneckhaus in Hannover. Leider,
  oder vielleicht auch: glücklicherweise, erschien die Story am nächsten
  Tag dann nicht. Bis heute wird in den ungewöhnlich gut informierten
  Kreisen darüber gerätselt, ob die Geschichte mangels Masse oder
  mangels Mut nicht gedruckt wurde. Manche meinen sogar, im
  Springer-Hochhaus habe einer (oder eine) gesagt: "Das tut man nicht."
  Was allerdings eher unwahrscheinlich ist.

  Es ist schon ein rechtes Kreuz mit der Popularität. Einerseits hat
  sich der Kanzler, zumindest als er noch der Gerd aus Hannover war, nie
  davor gescheut, mit seinem Privatleben auch im weitesten Sinne Politik
  zu machen. Wir alle erinnern uns noch gerne an die Currywurst-Affäre
  (Hillu) oder auch an die unnachahmliche Begründung, mit der Schröder
  die Vorwürfe entkräftete, er habe in der schicksalhaften Nacht vor dem
  Sturz Scharpings auf dem Mannheimer Parteitag eine aktive Rolle
  gespielt ("ging nicht, da war ich doch mit Doris zusammen").
  Andererseits möchte der größte derzeit amtierende Bundeskanzler in
  seiner Eigenschaft als Weltstaatsmann heute von alledem nichts mehr
  wissen und schon gar nichts mehr öffentlich darüber hören. Das ist ein
  gewisses Problem, auch weil Schröder einer in der deutschen Geschichte
  einmaligen Regierung vorsteht, in der Kanzler und Vizekanzler
  insgesamt achtmal verheiratet waren/sind, wenn auch nie miteinander.

  Jedenfalls hat Schröder jetzt sogar bei Gericht eine eidesstattliche
  Erklärung niedergelegt, dass er weder einen lautstarken Ehekrach
  gehabt habe, noch dass er in Hannover anderswo als zuhause übernachte.
  Die Erfahrung allerdings lehrt, dass Männer sonderbare, völlig
  irrationale Dinge tun, wenn sie in der Gefahr schweben, ertappt zu
  werden. Auf den Kanzler trifft dies bestimmt nicht zu, denn wie
  jedermann weiß, neigt Gerhard Schröder nicht zu sprunghaftem,
  irrationalem Handeln, und wenn, dann ist der Müntefering oder der
  Eichel schuld, für deren Privatleben sich aus guten Gründen niemand
  interessiert.