(SZ) Oh ja, früher waren Kühe weiß und schwarz, sahen aus wie ein
  Körper, dem der Wind ein geschmolzenes Schachbrett übergeworfen hat.
  Ein Satz Hörner dran, fertig! Früher hatte jedes Ding sein natürliches
  Design, aber dann kamen die Männer von der Werbung mit ihren
  Farbtöpfen, und was schwarz- weiß gescheckt gewesen war, wurde lila,
  schokoladenpapierlila. Früher, lesen wir in dem alten Buch
  Knickerbockers Geschichten aus New York, erschienen 1809, hatte der
  Weihnachtsmann einen "Hut mit breiter Krempe, eine flämische Kniehose
  und eine lange Pfeife". Er sah also ein bisschen aus wie Luis Trenker.
  Oder wie Norbert Blüm: In dem Gedicht "A Visit From St. Nicholas" von
  Clement Moore aus dem Jahr 1822 steht, der Weihnachtsmann sei ein
  "pausbäckiger, pummeliger, alter Kobold". So war das damals, als der
  Weihnachtsmann noch eine Idee war, eine romantische Idee mit tausend
  Gesichtern.

  Wie der Weihnachtsmann rot wurde, rot und weiß? Ein Werbezeichner hat
  ihn so bemalt, nicht rot und weiß wie Blut und Schnee, sondern wie die
  Dosen von Coca Cola. Und das Gesicht hat er abgemalt von einem dicken
  Lieferwagen- Fahrer, der Cola-Kisten durch die Straßen Manhattans
  kutschierte, damals, 1931. Jetzt, in Zeiten der Diät-Welle, wird
  bestimmt ein zweiter Weihnachtsmann durch Amerika gondeln, gestylt wie
  die zuckerfreien Cola-Dosen, mit weißem Mantel und rotem Bart: Santa
  Claus light. Wir aber warten Heiligabend darauf, dass einer mit einer
  Herde verschreckter Rentiere durch den Kamin rumpelt, um uns zu
  beschenken oder zu bestrafen, je nachdem. Wir warten auf einen, der
  die Weisheit besitzt, Bilanz eines Jahres oder unseres Lebens ziehen
  zu können. Doch, ho-ho-ho, es erscheint: ein amerikanischer
  Getränkefahrer, der aussieht wie ein fetter Gartenzwerg.

  Diesmal wird alles anders sein. Die Anti-Weihnachtsmann-Bewegung hat
  sich längst formiert, in Innsbruck, wo der Verein Pro Christkind sich
  einsetzt gegen die Verdrängung des heimischen Christkindes durch einen
  talibanesk frisierten Mann - den es gar nicht geben kann. Im Verein
  haben sie das genau ausgerechnet. Er hätte, besuchte er jedes
  Christenhaus, nur 1/1000 Sekunde Zeit pro Schenkung. Bekäme jedes Kind
  ein Sechserpack Cola, oder, sagen wir, ein mittelgroßes Lego-Set (ca.
  1 kg), wöge der Schlitten 378000 Tonnen, den Weihnachtsmann noch nicht
  mal mit gerechnet. Ein handelsübliches Rentier kann aber nicht mehr
  als 175 Kilo ziehen, würde es nicht durch das Zusammenwirken von
  Trag-last, Reisetempo und Luftwiderstand augenblicklich atomisiert.
  Also: Es gibt ihn nicht, den Weihnachtsmann, er wird nicht kommen, nie
  mehr. Aber vielleicht donnern an Weihnachten eh schon genug Amis auf
  dem Weg nach Bagdad über unsere Schornsteine, da können wir auf diesen
  einen gut verzichten.