(SZ) Es ist ein Irrtum, gelegentlich in Bierhallen und Destillen
  verbrachte Abende seien stets hedonistischer Selbstzweck. Für viele
  sind sie nur Vorbereitung des eigentlichen Tageshöhepunktes. Über
  Stunden schwemmt man am Tresen nahezu alle Mineralien aus, die der
  Körper für ein katerfreies Erwachen benötigt, und schafft auf diese
  Weise die Rechtfertigung für den letzten Gang des Abends: Tritt der
  Zecher in die kühle Nacht, locken allüberall die goldenen Bögen jener
  Gaststättenkette, deren Produkte eine Wiederzufuhr genau der Salze und
  Nährstoffe garantieren, welche er zuvor in harter Trinkarbeit
  losgeworden ist. Hinein also ins aseptische Gleißen des
  Schnellrestaurants. Ohne Lallen ein BigMäc-Menü bestellt und dieses
  schnellstmöglich (sowie guten Gewissens) verzehrt.

  Für diesen zielstrebig angetrunkenen Heißhunger hat sich das
  Hybridwort "Fressflash" eingebürgert. In seiner Zweisprachigkeit
  vermittelt es nicht nur sehr schön die transatlantische Verbindung
  deutschen Bieres mit amerikanischer cuisine de bistro. Es suggeriert
  zugleich auch das Exzessive solcher Schlingereien. Und gelegentliche
  Exzesse schaden ja bekanntlich nicht. Das tun nur Gewohnheiten. Wie
  zum Beispiel die, immer und ausnahmslos bei McDonald's einzukehren.
  Wer immer und ausnahmslos bei McDonald's einkehrt, sieht am Ende aus
  wie die junge New Yorkerin Jazlyn Bradley. Sie hat das zwanzigste
  Lebensjahr noch nicht erreicht, bringt aber bei einer Körpergröße von
  1,67 Metern 122 Kilogramm auf die Waage. Jazlyns Vater hat nun die
  Firma McDonald's wegen des Übergewichts seiner Tochter verklagt. In
  der Annahme, McDonald's sei "gesund für seine Kinder", zog er sie mit
  Burgern, Chicken-Nuggets und Milkshakes groß, um schließlich
  schockiert festzustellen, dass solches Essverhalten stracks in die
  Adipositas führt.

  Nun liegt es nahe, derartige Unbedarftheit - gepaart mit dem
  unbedingten Willen, Geld abzugreifen - amüsiert als "typisch
  amerikanisch" abzutun. Doch wer darüber die Nase rümpft, der prüfe
  zunächst seinen eigenen Burger-Konsum. Stellt er dabei fest, dass
  seine Gier auf industriell Kurzgebratenes sich nur gelegentlich in
  einem Fressflash Bahn bricht, so preise er sich glücklich und spotte
  nicht derer, die nun mal nichts anderes kennen als die Aktionswochen
  "Los Wochos" und das Happymeal. Wer dann noch immer glaubt, so etwas
  wie die dicken Kinder von New York könne es nur in den USA geben, der
  sei an einen Spruch Andy Warhols erinnert. Der sagte vor vielen
  Jahren, das Schönste an Tokyo, Stockholm und Florenz sei McDonald's.
  In Peking und Moskau gebe es noch nichts Schönes. Leider erlebte
  Warhol das nicht mehr: Die McDonald's-Filialen in Peking und Moskau
  gehören zu den meistbesuchten der Welt.