(SZ) Die Meldung war knapp und prägnant, und typisch für das Volk der
  Dichter und der Sänger: Mit 240000 Gebets- und Gesangbüchern, so hieß
  es, wollten die Kirchen die Soldaten der Bundeswehr beglücken, auf
  Kosten der Steuerzahler, 418000 Mark waren für diese Aktion
  veranschlagt im Etat des Bundesverteidigungsministeriums. Das war vor
  25 Jahren, im Oktober 1977. Inzwischen ist die Stimmung in der
  Steuer-Truppe so mies wie in den Kasernen, und dank dem
  niedersächsischen Sturschädel Schröder sind wir halt mal wieder die
  weltpolitischen Dummen, müssen zurückbleiben, wenn es gen Bagdad geht
  . .. allenfalls beim Wiederaufbau wird man uns vielleicht wieder
  ranlassen, wenn die US-Kolonnen unter munteren Klängen weiterziehen im
  Mittleren Osten.

  Kameraden singt! Dass eine wahrhaft enge Beziehung besteht zwischen
  dem Musizieren und dem Marschieren, zwischen dem Trommeln und dem
  Dreinschlagen, das ist eine alte Erfahrungstatsache. "Vergesst mir die
  Musike nicht", hatte schon good old Adenauer gemahnt, "das ist eine
  wichtige Sache für die Soldaten." Das erste Liederbuch der Bundeswehr
  erschien 1958, die bislang letzte Ausgabe 1991, unter dem Titel:
  "Singt Kameraden". Das alles ist also nun Geschichte und wird als
  solche in einer Ausstellung präsentiert in der Evangelischen
  Tagungsstätte Löwenstein: "150 Jahre deutsche Militärgesangbücher",
  zwischen Depression und "Dulce et decorum est pro patria
  mori"-Euphorie. Der Rhythmus blieb ziemlich gleich über die
  Jahrzehnte, die minimalen Veränderungen waren kaum der Rede wert. Man
  ersetzte den Kaiser durch den Führer, sang 1933 "Ja, wir sind die
  Fürsten der Welt" und schwenkte 1939 um auf "Ja, wir sind die Herren
  der Welt", und damit die Konfusion nicht noch größer wurde, hat die
  Bundeswehr es in ihrem Liedgut nach dem Krieg bei dieser Version
  belassen.

  Ein bisschen Ernüchterung war zwar angesagt, statt "Gebete vor der
  Schlacht" hieß es nun "Gebete vor einem gefährlichen Auftrag", aber
  tief im Herzen brauste der gute alte Geist, "wilde Gesellen vom
  Sturmwind durchweht". Und die Bücher wechselten perfekt vom Marsch zur
  Meditation, von der Extroversion zur Introversion. Für die Rituale vor
  dem Kampf kommen die stärksten Beispiele zurzeit leider von der
  falschen Seite: "Reinige dein Herz und säubere es von allen irdischen
  Dingen. Die Zeit des Spaßes und der Verschwendung ist vorüber ... Du
  musst überzeugt sein, dass diese wenigen Stunden, die dir in deinem
  Leben geblieben sind, sehr kurz sind. Von dort wirst du das glückliche
  Leben zu leben beginnen, das unendliche Paradies. Sei optimistisch.
  Der Prophet war immer optimistisch." Mit solchen Worten im Herzen
  bestiegen die Männer um Mohammed Atta die US-Flugzeuge, auf dem Weg zu
  ihrer mörderischen Mission.