(SZ) Ein halbes Jahr waren sie nahe dran an uns Menschen; die CSU
sogar "näher als jede andere Partei, mit weitem Abstand". (E.
Stoiber). Sie sind uns auf den Schoß gehüpft, haben uns abgeschleckt
und Liebe vorgetäuscht, Fernsehabend für Fernsehabend. Übers Land
helikoptert, behängt mit Reportern, und Solidarität gepredigt von den
Kronen puddingweicher Deiche. Sie, die approbierten Chefkandidaten
jedenfalls, trafen sich auf zwanghafter Wahlstatt zum so genannten
Duell. Siegerin aber Sabine Christiansen, deren Ablösesumme nun 100
Mio übersteigt. Eins tiefer. Grüppchenweise sind die Talkrunden
besetzt worden. Frau Müller, Herr Eichel, wahlweise Merz, Münti, Meyer
oder Späth. Natürlich Anschi, in einer Nebenrolle, unfreiwillig.
Immerzu beisammen. Bis Mitternacht. Wir dachten, sie kämen noch auf
ein Pils bei uns vorbei. Lass gut sein, Eichel, würde man gesagt
haben.
Draußen, im beinahe richtigen Leben, füllten sie Plätze und Hallen.
Wenn es der eine war, der Schröderkandidat, der flutschte
zwischendurch nach Johannesburg, für fünf Minuten. Elf Stunden hin,
elf zurück. Wahnsinn, die Tränensäcke hinterher! Dann ab nach Kassel
oder Gelsenkirchen, wo Frauen, außer sich vor Hingabe, der Spaßwelt
des 21. Jahrhunderts ein zünftig- zukünftiges Motto zulieferten (frei
nach Jürgen von Manger): "Ich wähl der Doris ihren Mann seine Partei."
Glückselig lächelte der Kumpelkanzler. Und nicht halb so
handgeschnitzt, wie wenn er seine rhetorischen Versatzstückchen unters
Volk rumpelte. Weltpolitische Verwerfung... mit mir zu machen / nicht
zu machen... alles auf den Weg gebracht...geschultert ohne Wenn und
Aber. War nicht demzufolge auch jenes riesige Plakat von ihm selbst
beschriftet, vom Kanzler des Augenblicks, welches lautete: WIR
SCHAFFEN DAS. Das? Dat? Wat? Wird man so oder ist man so?
Vergeben & Vergessen? Nein. Aber jetzt wird's still, wunderbar still.
Also runter, Leute, von unseren Schößen. Nun wird wieder normal
gearbeitet, regiert, opponiert - könnte man humorlos hinzufügen.
Etlichen Gliedern der politischen Klasse, berauscht von sich selbst,
von einer Überdosis Öffentlichkeit - war nämlich der Verstand
durchgebrannt. Zurück bleibt ein Edmund Stoiber, welcher sein fürderes
Leben lang grübeln wird, wie er sich rächen könnte an dem
Niedersachsen, der ihn solcherart angeherrscht hatte: ". ..wollen
vielleicht Kanzler werden, haben aber nicht die Fähigkeiten dazu."
Unter satisfaktionsfähigen Juristen alter Schule wäre der präpotente
Furz allein durch ein echtes Duell abzuwaschen gewesen. Im
Morgengrauen? Ohne Kamera? Nein danke! Es verabschiedet sich ferner
das Kompetenzteam des Streiflichts; es tritt zurück ins Glied, nicht
ohne dem Sieger zu huldigen, einerseits murrend, andererseits
knurrend.