(SZ) Die Weisen lehren, dass es immer mehrere Wege gibt, die Dinge zu
betrachten. Nehmen wir zum Beispiel ein Sujet aus dem Urgrund unseres
Gemüts, von dem es im vielfach aufgelegten "Buch vom deutschen Wald"
einst hieß: "Es geht eine magische Kraft aus vom Walde, ein
unbestimmbares Weißnichtwas, das sänftigend auf Gemüt und Seele und
anregend auf die Sinne wirkt." Dann aber: "Vollinhaltlich gilt das
indessen nur für den deutschen Menschen im deutschen Wald." So
begrüßenswert es ohne Zweifel ist, dass sich diese Sicht der Dinge
dank des Wirkens der alliierten Streitkräfte letztlich nicht
durchgesetzt hat, so beklagenswert prosaisch erscheint indessen der
heutige Glaube an die unbedingte Bestimmbarkeit aller Dinge und damit
auch des Waldesgrüns. Um nur das Verwaltungsgericht Magdeburg zu
zitieren: "Gemäß § 2 Abs.1 LwaldG ist Wald jede mit Forstbäumen
bestückte Grundfläche, wobei als Forstpflanzen Waldbäume und
Waldsträucher gelten."
Global betrachtet, wird die Angelegenheit trotz der Klarheit des § 2
Abs. 1 LwaldG an dieser Stelle kompliziert. Weltweit geht es den
Wäldern nämlich an den Wipfel, und nur einer wuchert und wächst noch,
treibt wilde Blüten und gedeiht dank intensiver täglicher Pflege: der
Paragrafendschungel, und das ist, bitte sehr, kein Kalauer, sondern
die Auffassung höchster Repräsentanten des Staates, dieser Tage
mahnend vorgetragen auf dem Deutschen Juristentag in Berlin. Diesen
§§-Dschungel gelte es nämlich dringend zu beschneiden, um die Zahl der
Verirrten und darin Verlorenen zu reduzieren. Man mag nun zweifeln, ob
dieser große Rat der Rechtsgelehrten das geeignete Forum ist, da schon
der Umfang der Tagungsunterlagen sogar jenen der gesammelten
Presseerklärungen Jürgen W. Möllemanns mühelos übertrifft.
Andererseits weisen die Juristen zu Recht darauf hin, dass allein der
jüngste Bundestag 992 Gesetzesvorhaben behandelte. Bei Lichte besehen
sowie auf Jahr und Tag gerechnet, bedeutet das, dass das Parlament
schneller neue Paragrafen in die Welt setzt, als sie der
Rechtsgelehrte nachlesen oder gar verarbeiten kann.
Trotzdem bleiben wesentliche Fragen des menschlichen Zusammenlebens un
geklärt. Zum Beispiel jene, ob dauerndes Quaken von Fröschen im Teich
des Nachbarn als Bereicherung der Sinne oder als nicht hinzunehmende
Zumutung durch die Ökospinner zu betrachten ist. Ebenso muss offen
bleiben, ob der Muttermörder erbberechtigt ist, und falls ja, welches
Ausmaß seiner geistigen Umnachtung Voraussetzung für den Erhalt des
Pflichtteils seitens der Erschlagenen ist. Und wir werden leider auch
niemals wissen, ob ein Landes- Umnachtungs-Gesetz, ein LUnachtG, dem
Treiben gewisser Landesvorsitzender gemäß § 2 Abs. 1 Einhalt gebieten
könnte.