Zermatt Inside - Dezember 2021                                 Seite 8/9


                    Mehrzweckspeicher "Gornerli"


Die Gletscherschmelze im Zusammenhang mit dem Klimawandel und somit den
moeglichen Hochwasserereignissen sowie die anstehende Problematik der
sichereren Stromversorgung im Winter, ohne die Wichtigkeit der
zukuenftigen Trinkwasserversorgung zu vergessen, hat die Gemeinde
Zermatt zusammen mit der Grande Dixence SA veranlasst, die Studien fuer
ein Mehrzweckspeicher "Gornerli" zu lancieren und voranzutreiben.


Grundidee

  Die Grande Dixence SA "verliert" seit geraumer Zeit viel Wasser im
  Gornergletscherbereich, welches besser genutzt werden koennte. Die
  ersten Ueberlegungen eines Tagesspeichers an der Gornera wurden
  seitens der Grande Dixence schon 2003 evaluiert, dies jedoch nur zum
  Zweck einer Tagesoptimierung der Wasserfassung Gornera, was die
  Wasserverluste reduzieren und entsprechend die Stromerzeugung
  erhoehen koennte. Dieses Wasser wird in der Pumpstation Zmutt
  verarbeitet und in den Lac des Dix abgeleitet.

  Die Gemeinde Zermatt ist seit langer Zeit am Ausarbeiten
  verschiedener Projekte betreffend Schutz gegen Hochwasser.
  Verschiedene Varianten wurden bis heute analysiert, ohne jedoch eine
  befriedigende Loesung gefunden zu haben.

Allianz Grande Dixence SA - Gemeinde Zermatt

  2018, nach abstimmenden Gespraechen zwischen der Direktion der Grande
  Dixence SA und der Gemeindepraesidentin von Zermatt, wurde eine
  Machbarkeitsstudie eines Mehrzweck-Projektes "Gornerli" lanciert.
  Diese Studie umfasst insbesondere die Aspekte Hochwasserschutz,
  Energieoptimierung und Trink- bzw. Bewaesserungsversorgung der
  Gemeinde und des Mattertals.

  Zur Erreichung dieser Aspekte waere eine Staumauer von rund 85 m
  Hoehe mit einem Stauvolumen von ca. 170 Mio m3 vorgesehen.

Gletscherschwund und Klimawandel

  Gemaess verschiedenen Studien und Szenarien werden die Gletscher bis
  Ende des 21. Jahrhunderts weitgehend verschwinden.

  Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Abflussmengen in Form von
  Starkgewittern und erhoehter Schneeschmelze zunehmen werden und das
  Hochwasserrisiko steigen wird.

Hochwasserschutz

  Mit dem Rueckgang der Gletscher und vor allem mit dem anstehenden
  Klimawandel wird somit die Gefahr von Hochwasserereignissen steigen.

  Ein Rueckhaltebecken in Form eines Stausees am Ausgang des
  Einzugsgebietes des Gornergletschers kann diese Gefahr stark
  reduzieren. Ein Jahrhundertereignis durch Zermatt koennte heute um
  die Haelfte abgeschwaecht werden und in Zukunft unter
  Beruecksichtigung des Klimawandels sogar um 60 % reduziert werden.
  Ein entsprechendes Reservevolumen wuerde im Staubecken vorgesehen
  werden.

Energieoptimierung

  Die heute zugefuehrte Wassermenge in den Stausee der Grande Dixence
  (Lac des Dix) betraegt rund 550 Mio m3, dies bei einem Stauvolumen
  von 400 Mio m3. Dies hat zur Folge, dass eine teilweise Turbinierung
  dieses Wassers bereits im Sommer erfolgen muss, um den Seestand im
  Lac des Dix regulieren zu koennen.

  Das anfallende Wasservolumen aus dem Einzuggebiet des
  Gornergletschers betraegt rund 145 Mio m3. Mit dem Bau eines
  Rueckhaltebeckens koennte diese Wassermenge waehrend des Sommers
  zurueckgehalten und anschliessend im Winter dem Lac des Dix
  zugefuehrt werden, wo dieses in den Produktionsanlagen der Grande
  Dixence in Form von Winterenergie verwertet werden kann. Diese
  Umlagerung entspricht 650 GWh oder dem Verbrauch von rund 150 000
  Haushalten. Durch eine Verminderung der heutigen Wasserverluste
  koennten noch zusaetzliche 200 GWh produziert werden.

  Der Stausee befaende sich in unmittelbarer Naehe der bestehenden
  Stollen der Grande Dixence. Das Wasser koennte mit minimalem
  Aufwand durch eine Pumpstation direkt in das Stollensystem
  eingeleitet und dem Lac des Dix zugefuehrt werden.

Trinkwasser und Bewaesserung

  Durch den Schwund der Gletscher als Wasserspeicher wird in Zukunft
  das Thema einer sicheren Trinkwasserversorgung deutlich an Bedeutung
  gewinnen. Mithilfe eines Staubeckens im Sinne eines
  Mehrzweckspeichers koennte dieser Problematik weitgehend
  entgegengewirkt werden, dies nicht nur fuer die Gemeinde Zermatt,
  sondern fuer die gesamte Talschaft. Dieselben Aspekte gelten fuer
  eine zukuenftige Bewaesserungssicherheit in der gesamten Region.

Tourismus

  Das Mehrzweckbecken koennte ebenfalls zu touristischen Zwecken
  genutzt werden, sei es als Reservebecken fuer die Beschneiungsanlagen
  der Bergbahnen und/oder als Naherholungsgebiet im Wandernetz rund
  um Zermatt. Die Vielfalt der Gletscher bietet im Winter ein
  attraktives und beliebtes Touren- und Skiangebot. Dieser Aspekt
  wird in der Gesamtbetrachtung beruecksichtigt. Dass sich die aktuelle
  Situation veraendern wird, laesst sich nicht vermeiden, jedoch ist
  man im Austausch mit SAC und Bergfuehrern, um genau dieses
  Outdoor-Erlebnis auch weiter anbieten zu koennen.

Umweltaspekte

  Das vorgesehene Staubecken befaende sich im BLN-Gebiet. Auf
  Bundesebene bestehen heute positive Vormeinungen seitens des Amtes
  fuer Energie wie auch des Amtes fuer Umwelt. Auch ist eine
  Unterstuetzung der kantonalen Dienststellen vorhanden. Vor der
  definitiven Ausarbeitung der Projektstudie ist es fuer uns
  selbstverstaendlich, dass die Gespraeche mit den
  Umweltorganisationen gefuehrt werden, damit die allfaelligen Inputs
  im Projekt integriert werden koennen.

  Es obliegt nun der politischen Ebene, eine entsprechende
  Interessenabwaegung zu taetigen, damit dieses einmalige Projekt
  vorangetrieben werden kann.


Romy Biner-Hauser                                          Amedee Kronig
Gemeindepraesidentin Zermatt              Direktor der Grande Dixence SA


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https://inside.zermatt.ch/2021/6/04.pdf