\subheading{Arbeitsschritte beim manuellen Notensatz}
Der Proze\3, eine handgeschriebene Komposition
in eine druckreife Partitur umzuformen, ist eine zeitaufwendige und
fehleranf"allige Arbeit, denn es ist im Laufe der Zeit
ein umfangreiches Notations- und Satzregelwerk
entstanden.
Ein klares und gleichm"a\3iges Notenbild hilft schlie\3lich
dem Musiker, die Notenschrift schnell zu erfassen.
Die Aufgabe eines Systems zum automatisierten Notensatz sollte es
deshalb sein, eine
Ausgabequalit"at zu erreichen, die dem Handnotensatz nahe kommt. Dabei
ist es nicht notwendig, die Arbeitsweise des Setzers nachzuahmen,
sondern das Ergebnis ist entscheidend.
Die wesentlichen Arbeitschritte sind gleich, jedoch die
Reihenfolge kann ge"andert werden. Deshalb sei hier der
Arbeitsablauf skizziert.
Der erste und wichtigste Schritt ist die grobe Aufteilung des
Manuskripts in Seiten und Zeilen, das sogenannte \disp{Abstecken}. Dabei
wird die vertikale Position der einzelnen
Notenschriftzeilen festgelegt, abh"angig
von der H"ohe oder Tiefe des Zeileninhaltes. Diese Einteilung geschieht
oft unter "okonomischen Aspekten -- die Gesamtzahl der Seiten soll ein
Vielfaches von acht oder sechzehn ergeben -- , aber auch aus
auf{}f"uhrungstechnischen Gr"unden.
Eine Pause auf der rechten Seite unten
soll das Wenden der Seite erm"oglichen, ohne das Spiel zu verz"ogern.
Als n"achstes erfolgt die
\disp{genaue} vertikale Einteilung der einzelnen
Zeilen, so da\3 sp"ater beim Ausf"ullen der Zeilen keine "Uberlappungen
auftreten k"onnen. Diese Voreinteilung ist besonders sorgf"altig
auszuf"uhren, da im Fehlerfall die ganze Seite erneut bearbeitet werden
mu\3.
Nach dem Abstecken erfolgt das
\disp{Punktieren}. Dies ist die pr"azise
horizontale Einteilung der Noten und Takte in jeder Zeile.
Dann erst werden die Balken und Notenh"alse angebracht.
Im f"unften
Schritt werden Akzente und sonstige Verzierungen eingeschlagen, die
keinen zus"atz\-lichen horizontalen Raum ben"otigen.
Zum Schlu\3 werden die
Phrasierungs-, Ligatur- und Haltebogen, die restlichen Zeichen, die
Information "uber Spielanweisungen enthalten, sowie Vortragsbezeichnungen
gestochen.
\subheading{Anforderungen f"ur den automatisierten Notensatz}
Die oben beschriebene Vorgehensweise
ist direkt abh"angig von den mechanischen Mitteln,
die dem Setzer zu Verf"ugung stehen, d.h. der Stichplatte, den Stempeln
und "ahnlichen Instrumenten.
Beim automatisierten Notensatz kann daher eine andere Vorgehensweise
gew"ahlt werden.
Da die einzelnen Elemente der Notenschrift nicht sofort auf einer Platte
plaziert werden m"ussen, ist es m"oglich, sowohl
die vertikale Verteilung als
auch die Seiteneinteilung erst nach der Zeileneinteilung vorzunehmen.
Man wird demnach erst global punktieren, danach in Abh"angigkeit vom zur
Verf"ugung stehenden Platz eine Einteilung in die einzelnen Zeilen
vornehmen, d.h. den Zeilenumbruch durchf"uhren. Gleichzeitig k"onnen die
Zeichen lokal punktiert werden und diejenigen Zeichen hinzugef"ugt
werden, die
keinen zus"atzlichen horizontalen Raum ben"otigen, und
die vertikale Einteilung der Seite ist erst am Schlu\3 erforderlich.
Die wesentlichen von einem Notensatzsystem
zu l"osenden Aufgaben sind also:
\item{1)} das Abstecken und die Darstellung des Liniensystems,
\item{2)} die Darstellung der Notenschriftelemente,
\item{3)} die L"osung des Punktierungsproblems,
\item{4)} die Darstellung und Positionierung der Balken und Bogen,
\item{5)} das Einf"ugen von zus"atzlichen Texten und Spielanweisungen
aller Art,
\item{6)} die mehrstimmige Notation
Ein Versuch der L"osung dieser Probleme mit dem Textsatzsystem \TeX\
soll im folgenden dargelegt werden.
Dabei wurde so vorgegangen, da\3 zu Beginn eines Kapitels zun"achst die
Forderungen an das System, die durch die Notensatzregeln (soweit
vorhanden) gegeben sind, beschrieben werden.
Dazu werden L"osungs\-m"og\-lichkeiten f"ur den automatisierten Notensatz
angegeben, die teilweise allgemeiner Natur sind, teilweise jedoch nur
speziell f"ur das Textsatzsystem \TeX\ G"ultigkeit besitzen.
%
\subheading{Vor"uberlegungen}
Zun"achst seien einige Voraussetzungen, die als Grundlage f"ur alle
folgenden Kapitel gelten, angef"uhrt.
\subsubheading{Umgebungen}
Die Schwierigkeiten, die beim automatisierten Notensatz
auftreten, sind anderer Natur als die der internen Darstellung von T"onen
z.B. f"ur die Musikanalyse, denn es m"ussen
gleichartige T"one in verschiedenen Umgebungen im
Notenbild unterschiedlich dargestellt werden.
\Beispiel
Betrachte {\tt c'} als Achtelnote in verschiedenen Umgebungen:
Die Gestalt einer Note h"angt nicht von ihrer absoluten Tonh"ohe ab,
sondern von ihrer Position im Liniensystem sowie den Umgebungen, in
denen sie auftritt.
Es gibt im wesentlichen vier verschiedene Umgebungen:
\item{a)} eine alleinstehende Note,
\item{b)} eine Note als Teil eines Akkordes,
\item{c)} eine Note als Teil einer Gruppe von Noten, die durch einen
oder mehrere Balken verbunden sind,
\item{d)} eine Note im zwei- (oder mehr-)stimmigen Satz in einem
Liniensystem.
Nat"urlich kann die Note gleichzeitig mehreren Umgebungen zugeordnet
sein.
\Beispiel
{\loose\hsize=5.5cm
\advance\hsize2\iindent
\parindent=2\iindent
\beginsong
\vio\C
\group{\\{\lchord\a{-2}\a0\endchord}\\{\a0}}{\\{0}\\{0}}\ubeam12\go
\two{\group{\\{\a6}\\{\a8}}{\\{6}\\{8}}\ubeam12\go}{\v2}%
\two{\group{\\{\a8}\\{\a{10}}}{\\{8}\\{10}}\ubeam12\go}
{\rchord\v2\v4\endchord}\=%
\endsong
}
\endBeispiel
\vskip-1cm\par
Die Positionierung aller weiteren Informationen, die einer Note
zugewiesen werden, z.B. Versetzungszeichen, Wertpunkte, Spielanweisungen
oder Artikulationsbezeichnungen, ist abh"angig von der jeweiligen
Umgebung sowie der Position der Note im Liniensystem.
\par\vfill\eject
\Beispiel
\subsubheading{Aufbau des Systems}
Die bildliche Wiedergabe von T"onen und Kl"angen l"a\3t sich an einem
Koordinatensystem verdeutlichen, wobei die horizontale
Achse den zeitlichen Ablauf des Musikst"uckes, den Rhythmus,
wiedergibt und die vertikale
die Tonh"ohe fixiert (\lit{\ziegen}).
Da alle Noten die gleiche Breite besitzen, mu\3 der Raum,
den sie einnehmen, zus"atzlich ihre zeitliche Dauer ausdr"ucken, d.h.
der Notenwert mu\3 durch die "au\3ere Gestalt der Note \disp{und} den
horizontalen Raum dargestellt werden.
\Beispiel
Das hier erarbeitete Notensatzsystem ist daher
so angelegt, da\3 die Einteilung in die Notenzeilen
bzw. in die Seiten nach optimalen Gesichtspunkten vorgenommen wird.
Dazu werden zun"achst die Notenschrift\-elemente des Musikst"uckes
intern in \disp{einer} beliebig langen Zeile angeordnet,
die dann gleichm"a\3ig so auf Zeilen einer bestimmten L"ange
verteilt werden, da\3 die Einteilung des Raumes erhalten bleibt.
Die Einteilung in die einzelnen Zeilen ist also
nicht vom Benutzer vorgegeben.
Dies ergibt die Schwierigkeit, da\3 das Notensatzsystem f"ur die Angabe
des aktuellen Notenschl"ussels und der aktuellen
Tonart am Anfang jeder Zeile zust"andig ist.
Dieses Problem mu\3 von jedem Notensatzsystem
individuell gel"ost werden. Deshalb soll in dieser Arbeit nur eine
L"osungsm"oglichkeit f"ur \TeX\ angeben werden.
\subsubheading{Ma\3einheiten}
Allen Berechnungen liegen einige wenige voneinander unabh"angige
Ma\3einheiten zugrunde.
Als Berechnungsgrundlage f"ur alle Abstandsberechnungen, die die
vertikale Richtung betreffen, gilt die H"ohe des ausgef"ullten
Notenkopfes (\disp{noteheadheight}) des verwendeten Zeichensatzes,
im folgenden mit dem \TeX-Parameter |\nhh| bezeichnet.
Dadurch wird vor allem der vertikale Abstand der Notenlinien
festgelegt.
Allen horizontalen Berechnungen liegt die Breite des ausgef"ullten
Notenkopfes (\disp{noteheadwidth}) --- im folgenden |\nhw| genannt
--- zugrunde.
Die St"arke aller d"unnen Linien (Notenlinien, Hilfslinien und
Notenh"alse) ist unabh"angig von den obengenannten Ma\3einheiten und
somit unabh"angig vom ausgew"ahlten Zeichensatz (\disp{Font}), da sie
das Notenlesen nur unterst"utzen und nicht dominieren sollen. Sie
sollten so schmal sein, wie das Ausgabeger"at es zul"a\3t.
F"ur den Drucker
AGFA - P400 konnte eine St"arke von 0.15 \pt\ gew"ahlt werden.
F"ur die Hilfslinien wurde jedoch
die doppelte Linienst"arke verwendet. Dies wurde von
K. Hader (\lit{\hader}) als "ubliche St"arke f"ur den Handnotensatz
angegeben.
W"ahrend die St"arke der d"unnen Linien unabh"angig vom ausgew"ahlten
Font ist, gilt dies nicht f"ur die dickeren Linien (Balken und
Schlu\3striche).
K. Hader gibt als Schema f"ur die St"arke der Balken an:
{\leftskip=30pt\rightskip=\leftskip\sl Sie ist dann richtig,
wenn drei Balken mit ihren
Spatien (Zwischenr"aumen) zusammen genau drei Zwischenr"aume der
Notenzeile ausf"ullen.\par}
W"ahlt man die Dicke der Spatien so gro\3 wie
die Balkendicke, so ergibt sich $\frac35$ |\nhh|
als Ma\3 f"ur die Balkendicke.
Dieser Wert wurde auch f"ur alle Arten von Schlu\3strichen
( \gleich ) "ubernommen.