The Project Gutenberg EBook of Wallensteins Tod, by Friedrich Schiller

Copyright laws are changing all over the world. Be sure to check the
copyright laws for your country before downloading or redistributing
this or any other Project Gutenberg eBook.

This header should be the first thing seen when viewing this Project
Gutenberg file.  Please do not remove it.  Do not change or edit the
header without written permission.

Please read the "legal small print," and other information about the
eBook and Project Gutenberg at the bottom of this file.  Included is
important information about your specific rights and restrictions in
how the file may be used.  You can also find out about how to make a
donation to Project Gutenberg, and how to get involved.


**Welcome To The World of Free Plain Vanilla Electronic Texts**

**eBooks Readable By Both Humans and By Computers, Since 1971**

*****These eBooks Were Prepared By Thousands of Volunteers!*****


Title: Wallensteins Tod

Author: Friedrich Schiller

Release Date: September, 2004  [EBook #6549]
[This file was first posted on February 11, 2003]

Edition: 10

Language: German

Character set encoding: ISO-8859-1

*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, WALLENSTEINS TOD ***





This book content was graciously contributed by the Gutenberg
Projekt-DE. That project is reachable at the web site
http://gutenberg2000.de.

Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE" zur
Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adresse
http://gutenberg2000.de erreichbar.





Wallensteins Tod

Friedrich Schiller

Ein Trauerspiel in Fünf Aufzügen

Personen:

Wallenstein
Octavio Piccolomini
Max Piccolomini
Terzky
Illo
Isolani
Buttler
Rittmeister Neumann
Ein Adjutant
Oberst Wrangel von Schweden gesendet
Gordon Kommandant von Eger
Major Geraldin
Deveroux
Macdonald
Hauptleute in der Wallensteinischen Armee
Schwedischer Hauptmann
Eine Gesandtschaft von
Kürassieren
Bürgermeister von Eger
Seni
Herzogin von Friedland
Gräfin Terzky
Thekla
Fräulein Neubrunn Hofdame der Prinzessin
von Rosenberg Stallmeister der Prinzessin
Dragoner
Bediente.  Pagen.  Volk.

Die Szene ist in den drei ersten Aufzügen zu Pilsen, in den
zwei letzten zu Eger.




Erster Aufzug

Ein Zimmer, zu astrologischen Arbeiten eingerichtet und mit
Sphären, Karten, Quadranten und anderm astronomischen Geräte
versehen.  Der Vorhang von einer Rotunde ist aufgezogen, in
welcher die sieben Planetenbilder, jedes in einer Nische,
seltsam beleuchtet, zu sehen sind.  Seni beobachtet die Sterne,
Wallenstein steht vor einer großen schwarzen Tafel, auf welcher
der Planetenaspekt gezeichnet ist.



Erster Auftritt

Wallenstein.  Seni.


Wallenstein.
    Laß es jetzt gut sein, Seni.  Komm herab.
    Der Tag bricht an, und Mars regiert die Stunde.
    Es ist nicht gut mehr operieren.  Komm!
    Wir wissen g'nug.

Seni.
    Nur noch die Venus laß mich
    Betrachten, Hoheit.  Eben geht sie auf.
    Wie eine Sonne glänzt sie in dem Osten.

Wallenstein.
    Ja, sie ist jetzt in ihrer Erdennäh'
    Und wirkt herab mit allen ihren Stärken.
(Die Figur auf der Tafel betrachtend.)
    Glückseliger Aspekt!  So stellt sich endlich
    Die große Drei verhängnisvoll zusammen,
    Und beide Segenssterne, Jupiter
    Und Venus, nehmen den verderblichen,
    Den tück'schen Mars in ihre Mitte, zwingen
    Den alten Schadenstifter, mir zu dienen.
    Denn lange war er feindlich mir gesinnt
    Und schoß mit senkrecht- oder schräger Strahlung,
    Bald im Gevierten, bald im Doppelschein,
    Die roten Blitze meinen Sternen zu
    Und störte ihre segenvollen Kräfte.
    Jetzt haben sie den alten Feind besiegt
    Und bringen ihn am Himmel mir gefangen.

Seni.
    Und beide große Lumina von keinem
    Malefico beleidigt!  der Saturn
    Unschädlich, machtlos, in cadente domo.

Wallenstein.
    Saturnus' Reich ist aus, der die geheime
    Geburt der Dinge in dem Erdenschoß
    Und in den Tiefen des Gemüts beherrscht
    Und über allem, was das Licht scheut, waltet.
    Nicht Zeit ist's mehr, zu brüten und zu sinnen,
    Denn Jupiter, der glänzende, regiert
    Und zieht das dunkel zubereitete Werk
    Gewaltig in das Reich des Lichts--Jetzt muß
    Gehandelt werden, schleunig, eh' die Glücks-
    Gestalt mir wieder wegflieht überm Haupt,
    Denn stets in Wandlung ist der Himmelsbogen.
(Es geschehen Schläge an die Tür.)
    Man pocht.  Sieh, wer es ist.

Terzky.  (draußen).
    Laß öffnen!

Wallenstein.
    Es ist Terzky.
    Was gibt's so Dringendes?  Wir sind beschäftigt.

Terzky.  (draußen)
    Leg alles jetzt beiseit', ich bitte dich,
    Es leidet keinen Aufschub.

Wallenstein.
    Öffne, Seni.
(Indem jener dem Terzky aufmacht, zieht Wallenstein den Vorhang
vor die Bilder.)



Zweiter Auftritt

Wallenstein.  Graf Terzky.


Terzky.  (tritt ein).
    Vernahmst du's schon?  Er ist gefangen, ist
    Vom Gallas schon dem Kaiser ausgeliefert!

Wallenstein.  (zu Terzky)
    Wer ist gefangen?  Wer ist ausgeliefert?

Terzky.
    Wer unser ganz Geheimnis weiß, um jede
    Verhandlung mit den Schweden weiß und Sachsen,
    Durch dessen Hände alles ist gegangen--

Wallenstein.  (zurückfahrend)
    Sesin doch nicht?  Sag nein, ich bitte dich.

Terzky.
    Grad auf dem Weg nach Regenspurg zum Schweden
    Ergriffen ihn des Gallas Abgeschickte,
    Der ihm schon lang die Fährte abgelauert.
    Mein ganz Paket an Kinsky, Matthes Thurn,
    An Oxenstirn, an Arnheim führt er bei sich.
    Das alles ist in ihrer Hand, sie haben
    Die Einsicht nun in alles, was geschehn.



Dritter Auftritt

Vorige.  Illo kommt.


Illo.  (zu Terzky)
    Weiß er's?

Terzky.
    Er weiß es.

Illo.  (zu Wallenstein)
    Denkst du deinen Frieden
    Nun noch zu machen mit dem Kaiser, sein
    Vertraun zurückzurufen?  wär' es auch:
    Du wolltest allen Planen jetzt entsagen,
    Man weiß, was du gewollt hast.  Vorwärts mußt du,
    Denn rückwärts kannst du nun nicht mehr.

Terzky.
    Sie haben Dokumente gegen uns
    In Händen, die unwidersprechlich zeugen--

Wallenstein.
    Von meiner Handschrift nichts.  Dich straf ich Lügen.

Illo.
    So?  Glaubst du wohl, was dieser da, dein Schwager,
    In deinem Namen unterhandelt hat,
    Das werde man nicht dir auf Rechnung setzen?
    Dem Schweden soll sein Wort für deines gelten,
    Und deinen Wiener Feinden nicht!

Terzky.
    Du gabst nichts Schriftliches--Besinn dich aber,
    Wie weit du mündlich gingst mit dem Sesin.
    Und wird er schweigen?  Wenn er sich mit deinem
    Geheimnis retten kann, wird er's bewahren?

Illo.
    Das fällt dir selbst nicht ein!  Und da sie nun
    Berichtet sind, wie weit du schon gegangen,
    Sprich!  was erwartest du?  Bewahren kannst du
    Nicht länger dein Kommando, ohne Rettung
    Bist du verloren, wenn du's niederlegst.

Wallenstein.
    Das Heer ist meine Sicherheit.  Das Heer
    Verläßt mich nicht.  Was sie auch wissen mögen,
    Die Macht ist mein, sie müssen's niederschlucken,
    --Und stell ich Kaution für meine Treu',
    So müssen sie sich ganz zufrieden geben.

Illo.
    Das Heer ist dein; jetzt für den Augenblick
    Ist's dein; doch zittre vor der langsamen,
    Der stillen Macht der Zeit.  Vor offenbarer
    Gewalt beschützt dich heute noch und morgen
    Der Truppen Gunst; doch gönnst du ihnen Frist,
    Sie werden unvermerkt die gute Meinung,
    Worauf du jetzo fußest, untergraben,
    Dir einen um den andern listig stehlen--
    Bis, wenn der große Erdstoß nun geschieht,
    Der treulos mürbe Bau zusammenbricht.

Wallenstein.
    Es ist ein böser Zufall!

Illo.
    Oh!  einen glücklichen will ich ihn nennen,
    Hat er auf dich die Wirkung, die er soll,
    Treibt dich zu schneller Tat--Der schwed'sche Oberst--

Wallenstein.
    Er ist gekommen?  Weißt du, was er bringt?

Illo.
    Er will nur dir allein sich anvertraun.

Wallenstein.
    Ein böser, böser Zufall--Freilich!  Freilich!
    Sesina weiß zu viel und wird nicht schweigen.

Terzky.
    Er ist ein böhmischer Rebell und Flüchtling,
    Sein Hals ist ihm verwirkt; kann er sich retten
    Auf deine Kosten, wird er Anstand nehmen?
    Und wenn sie auf der Folter ihn befragen,
    Wird er, der Weichling, Stärke g'nug besitzen?--

Wallenstein.  (in Nachsinnen verloren)
    Nicht herzustellen mehr ist das Vertraun.
    Und mag ich handeln, wie ich will, ich werde
    Ein Landsverräter ihnen sein und bleiben.
    Und kehr ich noch so ehrlich auch zurück
    Zu meiner Pflicht, es wird mir nichts mehr helfen--

Illo.
    Verderben wird es dich.  Nicht deiner Treu',
    Der Ohnmacht nur wird's zugeschrieben werden.

Wallenstein.  (in heftiger Bewegung auf und ab gehend)
    Wie?  Sollt' ich's nun im Ernst erfüllen müssen,
    Weil ich zu frei gescherzt mit dem Gedanken?
    Verflucht, wer mit dem Teufel spielt!--

Illo.
    Wenn's nur dein Spiel gewesen, glaube mir,
    Du wirst's in schwerem Ernste büßen müssen.

Wallenstein.
    Und müßt' ich's in Erfüllung bringen, jetzt,
    Jetzt, da die Macht noch mein ist, müßt's geschehn--

Illo.
    Wo möglich, eh' sie von dem Schlage sich
    In Wien besinnen und zuvor dir kommen--

Wallenstein.  (die Unterschriften betrachtend)
    Das Wort der Generale hab ich schriftlich--
    Max Piccolomini steht nicht hier.  Warum nicht?

Terzky.
    Es war--er meinte--

Illo.
    Bloßer Eigendünkel!
    Es brauche das nicht zwischen dir und ihm.

Wallenstein.
    Es braucht das nicht, er hat ganz recht--
    Die Regimenter wollen nicht nach Flandern,
    Sie haben eine Schrift mir übersandt
    Und widersetzen laut sich dem Befehl.
    Der erste Schritt zu Aufruhr ist geschehn.

Illo.
    Glaub mir, du wirst sie leichter zu dem Feind
    Als zu dem Spanier hinüber führen.

Wallenstein.
    Ich will doch hören, was der Schwede mir
    Zu sagen hat.

Illo.  (pressiert)
    Wollt Ihr ihn rufen, Terzky?
    Er steht schon draußen.

Wallenstein.
    Warte noch ein wenig.
    Es hat mich überrascht--Es kam zu schnell--
    Ich bin es nicht gewohnt, daß mich der Zufall
    Blind waltend, finster herrschend mit sich führe.

Illo.
    Hör ihn fürs erste nur.  Erwäg's nachher.
(Sie gehen.)



Vierter Auftritt


Wallenstein.  (mit sich selbst redend)
    Wär's möglich?  Könnt' ich nicht mehr, wie ich wollte?
    Nicht mehr zurück, wie mir's beliebt?  Ich müßte
    Die Tat vollbringen, weil ich sie gedacht,
    Nicht die Versuchung von mir wies--das Herz
    Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse
    Erfüllung hin die Mittel mir gespart,
    Die Wege bloß mir offen hab gehalten?--
    Beim großen Gott des Himmels!  Es war nicht
    Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie.
    In dem Gedanken bloß gefiel ich mir;
    Die Freiheit reizte mich und das Vermögen.
    War's unrecht, an dem Gaukelbilde mich
    Der königlichen Hoffnung zu ergötzen?
    Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei,
    Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite,
    Der mir die Rückkehr offen stets bewahrte?
    Wohin denn seh ich plötzlich mich geführt?
    Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer
    Aus meinen eignen Werken baut sich auf,
    Die mir die Umkehr türmend hemmt!
(Er bleibt tiefsinnig stehen.)
    Strafbar erschein ich, und ich kann die Schuld,
    Wie ich's versuchen mag!  nicht von mir wälzen;
    Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens,
    Und--selbst der frommen Quelle reine Tat
    Wird der Verdacht, schlimmdeutend, mir vergiften.
    War ich, wofür ich gelte, der Verräter,
    Ich hätte mir den guten Schein gespart,
    Die Hülle hätt' ich dicht um mich gezogen,
    Dem Unmut Stimme nie geliehn.  Der Unschuld,
    Des unverführten Willens mir bewußt,
    Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft--
    Kühn war das Wort, weil es die Tat nicht war.
    Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn,
    Weitsehend, planvoll mir zusammenknüpfen,
    Und was der Zorn und was der frohe Mut
    Mich sprechen ließ im Überfluß des Herzens,
    Zu künstlichem Gewebe mir vereinen
    Und eine Klage furchtbar draus bereiten,
    Dagegen ich verstummen muß.  So hab ich
    Mit eignem Netz verderblich mich umstrickt,
    Und nur Gewalttat kann es reißend lösen.
(Wiederum stillstehend.)
    Wie anders!  da des Mutes freier Trieb
    Zur kühnen Tat mich zog, die rauh gebietend
    Die Not jetzt, die Erhaltung von mir heischt.
    Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit.
    Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand
    In des Geschicks geheimnisvolle Urne.
    In meiner Brust war meine Tat noch mein:
    Einmal entlassen aus dem sichern Winkel
    Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden,
    Hinausgegeben in des Lebens Fremde,
    Gehört sie jenen tück'schen Mächten an,
    Die keines Menschen Kunst vertraulich macht.
(Er macht heftige Schritte durchs Zimmer, dann bleibt er wieder
sinnend stehen.)
    Und was ist dein Beginnen?  Hast du dir's
    Auch redlich selbst bekannt?  Du willst die Macht,
    Die ruhig, sicher thronende erschüttern,
    Die in verjährt geheiligtem Besitz,
    In der Gewohnheit festgegründet ruht,
    Die an der Völker frommem Kinderglauben
    Mit tausend zähen Wurzeln sich befestigt.
    Das wird kein Kampf der Kraft sein mit der Kraft,
    Den fücht ich nicht.  Mit jedem Gegner wag ich's,
    Den ich kann sehen und ins Augen fassen,
    Der, selbst voll Mut, auch mir den Mut entflammt.
    Ein unsichtbarer Feind ist's, den ich fürchte,
    Der in der Menschen Brust mir widersteht,
    Durch feige Furcht allein mir fürchterlich--
    Nicht, was lebendig kraftvoll sich verkündigt,
    Ist das gefährlich Furchtbare.  Das ganz
    Gemeine ist's, das ewig Gestrige,
    Was immer war, und immer wiederkehrt
    Und morgen gilt, weil's heute hat gegolten!
    Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht,
    Und die Gewohnheit nennt er seine Amme.
    Weh dem, der an den würdig alten Hausrat
    Ihm rührt, das teure Erbstück seiner Ahnen!
    Das Jahr übt eine heiligende Kraft;
    Was grau für Alter ist, das ist ihm göttlich.
    Sei im Besitze, und du wohnst im Recht,
    Und heilig wird's die Menge die bewahren.
(Zu dem Pagen, der hereintritt.)
    Der schwed'sche Oberst?  Ist er's?  Nun, er komme.
(Page geht.  Wallenstein hat den Blick nachdenkend auf die
Türe geheftet.)
    Noch ist sie rein--noch!  Das Verbrechen kam
    Nicht über diese Schwelle noch--So schma ist
    Die Grenze, die zwei Lebenspfade scheidet!



Fünfter Auftritt

Wallenstein und Wrangel.


Wallenstein.  (nachdem er einen forschenden Blick auf ihn geheftet)
    Ihr nennt Euch Wrangel?

Wrangel.
    Gustav Wrangel, Oberst
    Vom blauen Regimente Südermannland.

Wallenstein.
    Ein Wrangel war's, der vor Stralsund viel Böses
    Mir zugefügt, durch tapfre Gegenwehr
    Schuld war, daß mir die Seestadt widerstanden.

Wrangel.
    Das Werk des Elements, mit dem Sie kämpften,
    Nicht mein Verdienst, Herr Herzog!  Seine Freiheit
    Verteidigte mit Sturmes Macht der Belt,
    Es sollte Meer und Land nicht einem dienen.

Wallenstein.
    Den Admiralshut rißt Ihr mir vom Haupt.

Wrangel.
    Ich komme, eine Krone drauf zu setzen.

Wallenstein.  (winkt ihm, Platz zu nehmen, setzt sich).
    Euer Kreditiv.  Kommt Ihr mit ganzer Vollmacht?

Wrangel.  (bedenklich)
    Es sind so manche Zweifel noch zu lösen--

Wallenstein.  (nachdem er gelesen)
    Der Brief hat Händ' und Füß'.  Es ist ein klug,
    Verständig Haupt, Herr Wrangel, dem Ihr dienet.
    Es schreibt der Kanzler: er vollziehe nur
    Den eignen Einfall des verstorbnen Königs,
    Indem er mir zur böhm'schen Kron' verhelfe.

Wrangel.
    Er sagt, was wahr ist.  Der Hochselige
    Hat immer groß gedacht von Euer Gnaden
    Fürtrefflichem Verstand und Feldherrngaben,
    Und stets der Herrschverständigste, beliebt' ihm
    Zu sagen, sollte Herrscher sein und König.

Wallenstein.
    Er durft' es sagen.
(Seine Hand vertraulich fassend.)
    Aufrichtig, Oberst Wrangel--Ich war stets
    Im Herzen auch gut schwedisch--Ei, das habt ihr
    In Schlesien erfahren und bei Nürnberg.
    Ich hatt' euch oft in meiner Macht und ließ
    Durch eine Hintertür euch stets entwischen.
    Das ist's, was sie in Wien mir nicht verzeihn,
    Was jetzt zu diesem Schritt mich treibt--Und weil
    Nun unser Vorteil so zusammengeht,
    So laßt uns zu einander auch ein recht
    Vertrauen fassen.

Wrangel.
    Das Vertraun wird kommen,
    Hat jeder nur erst seine Sicherheit.

Wallenstein.
    Der Kanzler, merk ich, traut mir noch nicht recht.
    Ja, ich gesteh's--Es liegt das Spiel nicht ganz
    Zu meinem Vorteil--Seine Würden meint,
    Wenn ich dem Kaiser, der mein Herr ist, so
    Mitspielen kann, ich könn' das gleiche tun
    Am Feinde, und das eine wäre mir
    Noch eher zu verzeihen als das andre.
    Ist das nicht Eure Meinung auch, Herr Wrangel?

Wrangel.
    Ich hab hier bloß ein Amt und keine Meinung.

Wallenstein.
    Der Kaiser hat mich bis zum Äußersten
    Gebracht.  Ich kann ihm nicht mehr ehrlich dienen.
    Zu meiner Sicherheit, aus Notwehr tu ich
    Den harten Schritt, den mein Bewußtsein tadelt.

Wrangel.
    Ich glaub's.  So weit geht niemand, der nicht muß.
(Nach einer Pause.)
    Was Eure Fürstlichkeit bewegen mag,
    Also zu tun an ihrem Herrn und Kaiser,
    Gebührt nicht uns zu richten und zu deuten.
    Der Schwede ficht für seine gute Sach'
    Mit seinem guten Degen und Gewissen.
    Die Konkurrenz ist, die Gelegenheit
    Zu unsrer Gunst, im Krieg gilt jeder Vorteil,
    Wir nehmen unbedenklich, was sich bietet;
    Und wenn sich alles richtig so verhält--

Wallenstein.
    Woran denn zweifelt man?  An meinem Willen?
    An meinen Kräften?  Ich versprach dem Kanzler,
    Wenn er mir sechzehntausend Mann vertraut,
    Mit achtzehntausend von des Kaisers Heer
    Dazuzustoßen--

Wrangel.
    Euer Gnaden sind
    Bekannt für einen hohen Kriegesfürsten,
    Für einen zweiten Attila und Pyrrhus.
    Noch mit Erstaunen redet man davon,
    Wie Sie vor Jahren, gegen Menschendenken,
    Ein Heer wie aus dem Nichts hervorgerufen.
    Jedennoch--

Wallenstein.
    Dennoch?

Wrangel.
    Seine Würden meint,
    Ein leichter Ding doch möcht' es sein, mit nichts
    Ins Feld zu stellen sechzigtausend Krieger,
    Als nur ein Sechzigteil davon
(er hält inne)

Wallenstein.
    Nun, was?
    Nur frei heraus!

Wrangel.
    Zum Treubruch zu verleiten.

Wallenstein.
    Meint er?  Er urteilt wie ein Schwed' und wie
    Ein Protestant.  Ihr Lutherischen fechtet
    Für eure Bibel, euch ist's um die Sach';
    Mit eurem Herzen folgt ihr eurer Fahne.--
    Wer zu dem Feinde läuft von euch, der hat
    Mit zweien Herrn zugleich den Bund gebrochen.
    Von all dem ist die Rede nicht bei uns--

Wrangel.
    Herr Gott im Himmel!  Hat man hierzulande
    Denn keine Heimat, keinen Herd und Kirche?

Wallenstein.
    Ich will Euch sagen, wie das zugeht--Ja,
    Der Österreicher hat ein Vaterland
    Und liebt's und hat auch Ursach', es zu lieben.
    Doch dieses Heer, das kaiserlich sich nennt,
    Das hier in Böheim hauset, das hat keins;
    Das ist der Auswurf fremder Länder, ist
    Der aufgegebne Teil des Volks, dem nichts
    Gehöret als die allgemeine Sonne.
    Und dieses böhm'sche Land, um das wir fechten,
    Das hat kein Herz für seinen Herrn, den ihm
    Der Waffen Glück, nicht eigne Wahl gegeben.
    Mit Murren trägt's des Glaubens Tyrannei,
    Die Macht hat's eingeschreckt, beruhigt nicht.
    Ein glühend, rachvoll Angedenken lebt
    Der Greuel, die geschahn auf diesem Boden.
    Und kann's der Sohn vergessen, daß der Vater
    Mit Hunden in die Messe ward gehetzt?
    Ein Volk, dem das geboten wird, ist schrecklich,
    Es räche oder dulde die Behandlung.

Wrangel.
    Der Adel aber und die Offiziere?
    Solch eine Flucht und Felonie, Herr Fürst,
    Ist ohne Beispiel in der Welt Geschichten.

Wallenstein.
    Sie sind auf jegliche Bedingung mein.
    Nicht mir, den eignen Augen mögt Ihr glauben.
(Er gibt ihm die Eidesformel.  Wrangel durchliest sie, legt sie,
nachdem er gelesen, schweigend auf den Tisch.)
    Wie ist's?  Begreift Ihr nun?

Wrangel.
    Begreif 's, wer's kann!
    Herr Fürst!  Ich laß die Maske fallen--Ja!
    Ich habe Vollmacht, alles abzuschließen.
    Es steht der Rheingraf nur vier Tagemärsche
    Von hier mit funfzehntausend Mann, er wartet
    Auf Ordre nur, zu Ihrem Heer zu stoßen.
    Die Ordre stell ich aus, sobald wir einig.

Wallenstein.
    Was ist des Kanzlers Forderung?

Wrangel.  (bedenklich)
    Zwölf Regimenter gilt es, schwedisch Volk.
    Mein Kopf muß dafür haften.  Alles könnte
    Zuletzt nur falsches Spiel--

Wallenstein.  (fährt auf)
    Herr Schwede!

Wrangel.  (ruhig fortfahrend)
    Muß demnach
    Darauf bestehn, daß Herzog Friedland förmlich,
    Unwiderruflich breche mit dem Kaiser,
    Sonst ihm kein schwedisch Volk vertrauet wird.

Wallenstein.
    Was ist die Forderung?  Sagt's kurz und gut.

Wrangel.
    Die span'schen Regimenter, die dem Kaiser
    Ergeben, zu entwaffnen, Prag zu nehmen
    Und diese Stadt wie auch das Grenzschloß Eger
    Den Schweden einzuräumen.

Wallenstein.
    Viel gefordert!
    Prag!  Sei's um Eger!  Aber Prag?  Geht nicht.
    Ich leist euch jede Sicherheit, die ihr
    Vernünft'gerweise von mir fordern möget.
    Prag aber--Böhmen--kann ich selbst beschützen.

Wrangel.
    Man zweifelt nicht daran.  Es ist uns auch
    Nicht ums Beschützen bloß.  Wir wollen Menschen
    Und Geld umsonst nicht aufgewendet haben.

Wallenstein.
    Wie billig.

Wrangel.
    Und so lang, bis wir entschädigt,
    Bleibt Prag verpfändet.

Wallenstein.
    Traut ihr uns so wenig?

Wrangel.  (steht auf)
    Der Schwede muß sich vorsehn mit dem Deutschen.
    Man hat uns übers Ostmeer hergerufen;
    Gerettet haben wir vom Untergang
    Das Reich--mit unserm Blut des Glaubens Freiheit,
    Die heil'ge Lehr' des Evangeliums
    Versiegelt--Aber jetzt schon fühlet man
    Nicht mehr die Wohltat, nur die Last, erblickt
    Mit scheelem Aug' die Fremdlinge im Reiche
    Und schickte gern mit einer Handvoll Geld
    Uns heim in unsre Wälder.  Nein!  wir haben
    Um Judas' Lohn, um klingend Gold und Silber
    Den König auf der Walstatt nicht gelassen!
    So vieler Schweden adeliges Blut,
    Es ist um Gold und Silber nicht geflossen!
    Und nicht mit magerm Lorbeer wollen wir
    Zum Vaterland die Wimpel wieder lüften,
    Wir wollen Bürger bleiben auf dem Boden,
    Den unser König fallend sich erobert.

Wallenstein.
    Helft den gemeinen Feind mir niederhalten,
    Das schöne Grenzland kann euch nicht entgehn.

Wrangel.
    Und liegt zu Boden der gemeine Feind,
    Wer knüpft die neue Freundschaft dann zusammen?
    Uns ist bekannt, Herr Fürst--wenngleich der Schwede
    Nichts davon merken soll--daß Ihr mit Sachsen
    Geheime Unterhandlung pflegt.  Wer bürgt uns
    Dafür, daß wir nicht Opfer der Beschlüsse sind,
    Die man vor uns zu hehlen nötig achtet?

Wallenstein.
    Wohl wählte sich der Kanzler seinen Mann,
    Er hätt' mir keinen zähern schicken können.
(Aufstehend.)
    Besinnt Euch eines Bessern, Gustav Wrangel.
    Von Prag nichts mehr.

Wrangel.
    Hier endigt meinen Vollmacht.

Wallenstein.
    Euch meine Hauptstadt räumen!  Lieber tret ich
    Zurück--zu meinem Kaiser.

Wrangel.
    Wenn's noch Zeit ist.
    Wallenstein.
    Das steht bei mir, noch jetzt, zu jeder Stunde.

Wrangel.
    Vielleicht vor wenig Tagen noch.  Heut nicht mehr.
    --Seit der Sesin gefangen sitzt, nicht mehr.
(Wie Wallenstein betroffen schweigt.)
    Herr Fürst!  Wir glauben, daß Sie's ehrlich meinen;
    Seit gestern--sind wir des gewiß--Und nun
    Dies Blatt uns für die Truppen bürgt, ist nichts,
    Was dem Vertrauen noch im Wege stünde.
    Prag soll uns nicht entzweien.  Mein Herr Kanzler
    Begnügt sich mit der Altstadt, Euer Gnaden
    Läßt er den Ratschin und die kleine Seite.
    Doch Eger muß vor allem sich uns öffnen,
    Eh' an Konjunktion zu denken ist.

Wallenstein.
    Euch also soll ich trauen, ihr nicht mir?
    Ich will den Vorschlag in Erwägung ziehn.

Wrangel.
    In keine gar zu lange, muß ich bitten.
    Ins zweite Jahr schon schleicht die Unterhandlung;
    Erfolgt auch diesmal nichts, so will der Kanzler
    Auf immer sie für abgebrochen halten.

Wallenstein.
    Ihr drängt mich sehr.  Ein solcher Schritt will wohl
    Bedacht sein.

Wrangel.
    Eh' man überhaupt dran denkt,
    Herr Fürst!  Durch rasche Tat nur kann er glücken.
(Er geht ab.)



Sechster Auftritt

Wallenstein.  Terzky und Illo kommen zurück.


Illo.
    Ist's richtig?

Terzky.
    Seid ihr einig?

Illo.
    Dieser Schwede
    Ging ganz zufrieden fort.  Ja, ihr seid einig.

Wallenstein.
    Hört!  Noch ist nichts geschehn, und--wohl erwogen,
    Ich will es lieber doch nicht tun.

Terzky.
    Wie?  Was ist das?

Wallenstein.
    Von dieser Schweden Gnade leben!
    Der Übermütigen?  Ich trüg' es nicht.

Illo.
    Kommst du als Flüchtling, ihre Hilf' erbettelnd?
    Du bringest ihnen mehr, als du empfängst.

Wallenstein.
    Wie war's mit jenem königlichen Bourbon,
    Der seines Volkes Feinde sich verkaufte
    Und Wunden schlug dem eignen Vaterland?
    Fluch war sein Lohn, der Menschen Abscheu rächte
    Die unnatürlich frevelhafte Tat.

Illo.
    Ist das dein Fall?

Wallenstein.
    Die Treue, sag ich euch,
    Ist jedem Menschen wie der nächste Blutsfreund,
    Als ihren Rächer fühlt er sich geboren.
    Der Sekten Feindschaft, der Parteien Wut,
    Der alte Neid, die Eifersucht macht Friede;
    Was noch so wütend ringt, sich zu zerstören,
    Verträgt, vergleicht sich, den gemeinen Feind
    Der Menschlichkeit, das wilde Tier zu jagen,
    Das mordend einbricht in die sichre Hürde,
    Worin der Mensch geborgen wohnt--denn ganz
    Kann ihn die eigne Klugheit nicht beschirmen.
    Nur an die Stirne setzt' ihm die Natur
    Das Licht der Augen, fromme Treue soll
    Den bloßgegebnen Rücken ihm beschützen.

Terzky.
    Denk von dir selbst nicht schlimmer als der Feind,
    Der zu der Tat die Hände freudig bietet.
    So zärtlich dachte jener Karl auch nicht,
    Der Öhm und Ahnherr dieses Kaiserhauses,
    Der nahm den Bourbon auf mit offnen Armen,
    Denn nur vom Nutzen wird die Welt regiert.



Siebenter Auftritt

Gräfin Terzky zu den Vorigen.


Wallenstein.
    Wer ruft Euch?  Hier ist kein Geschäft für Weiber.

Gräfin.
    Ich komme, meinen Glückwunsch abzulegen.
    --Komm ich zu früh etwa?  Ich will nicht hoffen.

Wallenstein.
    Gebrauch dein Ansehn, Terzky.  Heiß sie gehn.

Gräfin.
    Ich gab den Böhmen einen König schon.

Wallenstein.
    Er war darnach.

Gräfin.  (zu den andern)
    Nun, woran liegt es?  Sprecht!

Terzky.
    Der Herzog will nicht.

Gräfin.
    Will nicht, was er muß?

Illo.
    An Euch ist's jetzt.  Versucht's, denn ich bin fertig,
    Spricht man von Treue mir und von Gewissen.

Gräfin.
    Wie?  da noch alles lag in weiter Ferne,
    Der Weg sich noch unendlich vor dir dehnte,
    Da hattest du Entschluß und Mut--und jetzt,
    Da aus dem Traume Wahrheit werden will,
    Da die Vollbringung nahe, der Erfolg
    Versichert ist, da fängst du an, zu zagen?
    Nur in Entwürfen bist du tapfer, feig
    In Taten?  Gut!  Gib deinen Feinden Recht!
    Da eben ist es, wo sie dich erwarten.
    Den Vorsatz glauben sie dir gern; sei sicher,
    Daß sie's mit Brief und Siegel dir belegen!
    Doch an die Möglichkeit der Tat glaubt keiner,
    Da müßten sie dich fürchten und dich achten.
    Ist's möglich?  Da du so weit bist gegangen,
    Da man das Schlimmste weiß, da dir die Tat
    Schon als begangen zugerechnet wird,
    Willst du zurückziehn und die Frucht verlieren?
    Entworfen bloß ist's ein gemeiner Frevel,
    Vollführt ist's ein unsterblich Unternehmen;
    Und wenn es glückt, so ist es auch verziehn,
    Denn aller Ausgang ist ein Gottes Urtel.

Kammerdiener.  (tritt herein)
    Der Oberst Piccolomini.

Gräfin.  (schnell)
    Soll warten.

Wallenstein.
    Ich kann ihn jetzt nicht sehn.  Ein andermal.

Kammerdiener.
    Nur um zwei Augenblicke bittet er,
    Er hab ein dringendes Geschäft--

Wallenstein.
    Wer weiß, was er uns bringt.  Ich will doch hören.

Gräfin.  (lacht)
    Wohl mag's ihm dringend sein.  Du kannst's erwarten.

Wallenstein.
    Was ist's.

Gräfin.
    Du sollst es nachher wissen.
    Jetzt denke dran, den Wrangel abzufert'gen.
(Kammerdiener geht.)

Wallenstein.
    Wenn eine Wahl noch wäre--noch ein milderer
    Ausweg sich fände--jetzt noch will ich ihn
    Erwählen und das Äußerste vermeiden.

Gräfin.
    Verlangst du weiter nichts, ein solcher Weg
    Liegt nah vor dir.  Schick diesen Wrangel fort.
    Vergiß die alten Hoffnungen, wirf dein
    Vergangnes Leben weg, enschließe dich,
    Ein neues anzufangen.  Auch die Tugend
    Hat ihre Helden, wie der Ruhm, das Glück.
    Reis hin nach Wien zum Kaiser stehndes Fußes,
    Nimm eine volle Kasse mit, erklär,
    Du hab'st der Diener Treue nur erproben,
    Den Schweden bloß zum besten haben wollen.

Illo.
    Auch damit ist's zu spät.  Man weiß zu viel.
    Er würde nur das Haupt zum Todesblocke tragen.

Gräfin.
    Das fürcht ich nicht.  Gesetzlich ihn zu richten,
    Fehlt's an Beweisen; Willkür meiden sie.
    Man wird den Herzog ruhig lassen ziehn.
    Ich seh, wie alles kommen wird.  Der König
    Von Ungarn wird erscheinen, und es wird sich
    Von selbst verstehen, daß der Herzog geht;
    Nicht der Erklärung wird das erst bedürfen.
    Der König wird die Truppen lassen schwören,
    Und alles wird in seiner Ordnung bleiben.
    An einem Morgen ist der Herzog fort.
    Auf seinen Schlössern wird es nun lebendig,
    Dort wird er jagen, baun, Gestüte halten,
    Sich eine Hofstatt gründen, goldne Schlüssel
    Austeilen, gastfrei große Tafel geben,
    Und kurz ein großer König sein--im Kleinen!
    Und weil er klug sich zu bescheiden weiß,
    Nichts wirklich mehr zu gelten, zu bedeuten,
    Läßt man ihn scheinen, was er mag; er wird
    Ein großer Prinz bis an sein Ende scheinen.
    Ei nun!  der Herzog ist dann eben auch
    Der neuen Menschen einer, die der Krieg
    Emporgebracht; ein übernächtiges
    Geschöpf der Hofgunst, die mit gleichem Aufwand
    Freiherrn und Fürsten macht.

Wallenstein.  (steht auf, heftig bewegt)
    Zeigt einen Weg mir an aus diesem Drang,
    Hilfreiche Mächte!  einen solchen zeigt mir,
    Den ich vermag zu gehn--Ich kann mich nicht,
    Wie so ein Wortheld, so ein Tugendschwätzer,
    An meinem Willen wärmen und Gedanken--
    Nicht zu dem Glück, das mir den Rücken kehrt,
    Großtuend sagen: Geh!  Ich brauch dich nicht!
    Wenn ich nicht wirke mehr, bin ich vernichtet;
    Nicht Opfer, nicht Gefahren will ich scheun,
    Den letzten Schritt, den äußersten, zu meiden;
    Doch eh' ich sinke in die Nichtigkeit,
    So klein aufhöre, der so groß begonnen,
    Eh' mich die Welt mit jenen Elenden
    Verwechselt, die der Tag erschafft und stürzt,
    Eh' spreche Welt und Nachwelt meinen Namen
    Mit Abscheu aus, und Friedland sei die Losung
    Für jede fluchenswerte Tat.

Gräfin.
    Was ist denn hier so wider die Natur?
    Ich kann's nicht finden, sage mir's--oh!  laß
    Des Aberglaubens nächtliche Gespenster
    Nicht deines hellen Geistes Meister werden!
    Du bist des Hochverrats verklagt; ob mit
    --Ob ohne Recht, ist jetzo nicht die Frage--
    Du bist verloren, wenn du dich nicht schnell der Macht
    Bedienst, die du besitzest--Ei!  wo lebt denn
    Das friedsame Geschöpf, das seines Lebens
    Sich nicht mit allen Lebenskräften wehrt?
    Was ist so kühn, das Notwehr nicht entschuldigt?

Wallenstein.
    Einst war mir dieser Ferdinand so huldreich;
    Er liebte mich, er hielt mich wert, ich stand
    Der Nächste seinem Herzen.  Welchen Fürsten
    Hat er geehrt wie mich?--Und so zu enden!

Gräfin.
    So treu bewahrst du jede kleine Gunst,
    Und für die Kränkung hast du kein Gedächtnis?
    Muß ich dich dran erinnern, wie man dir
    Zu Regenspurg die treuen Dienste lohnte?
    Du hattest jeden Stand im Reich beleidigt;
    Ihn groß zu machen, hattest du den Haß,
    Den Fluch der ganzen Welt auf dich geladen,
    Im ganzen Deutschland lebte dir kein Freund,
    Wei du allein gelebt für deinen Kaiser.
    An ihn bloß hieltest du bei jenem Sturme
    Dich fest, der auf dem Rgenspurger Tag
    Sich gegen dich zusammenzog--da ließ er
    Dich fallen!  Ließ dich fallen!  Dich dem Bayern,
    Dem Übermütigen, zum Opfer fallen!
    Sag nicht, daß die zurückgegebne Würde
    Das erste, schwere Unrecht ausgesöhnt.
    Nicht wahrlich guter Wille stellte dich,
    Dich stellte das Gesetz der herben Not
    An diesen Platz, den man dir gern verweigert.

Wallenstein.
    Nicht ihrem guten Willen, das ist wahr!
    Noch seiner Neigung dank ich dieses Amt.
    Mißbrauch ich's, so mißbrauch ich kein Vertrauen.

Gräfin.
    Vertrauen?  Neigung?--Man bedurfte deiner!
    Die ungestüme Presserin, die Not,
    Der nicht mit hohlen Namen, Figuranten
    Gedient ist, die die Tat will, nicht das Zeichen,
    Den Größten immer aufsucht und den Besten,
    Ihn an das Ruder stellt, und müßt sie ihn
    Aufgreifen aus dem Pöbel selbst--die setzte dich
    In dieses Amt und schrieb dir die Bestallung.
    Denn lange, bis es nicht mehr kann, behilft
    Sich dies Geschlecht mit feilen Sklavenseelen
    Und mit den Drahtmaschinen seiner Kunst--
    Doch wenn das Äußerste ihm nahe tritt,
    Der hohle Schein es nicht mehr tut, da fällt
    Es in die starken Hände der Natur,
    Des Riesengeistes, der nur sich gehorcht,
    Nichts von Verträgen weiß und nur auf ihre
    Bedingung, nicht auf seine, mit ihm handelt.

Wallenstein.
    Wahr ist's!  Sie sahn mich immer, wie ich bin,
    Ich hab sie in dem Kaufe nicht betrogen,
    Denn nie hielt ich's der Mühe wert, die kühn
    Umgreifende Gemütsart zu verbergen.

Gräfin.
    Vielmehr--du hast dich furchtbar stets gezeigt.
    Nicht du, der stets sich selber treu geblieben,
    Die haben Unrecht, die dich fürchteten
    Und doch die Macht dir in die Hände gaben.
    Denn Recht hat jeder eigene Charakter,
    Der übereinstimmt mit sich selber, es gibt
    Kein andres Unrecht als den Widerspruch.
    Warst du ein andrer, als du vor acht Jahren
    Mit Feuer und Schwert durch Deutschlands Kreise zogst,
    Die Geißel schwangest über alle Länder,
    Hohn sprachest allen Ordnungen des Reichs,
    Der Stärke fürchterliches Recht nur übtest
    Und jede Landeshoheit niedertratst,
    Um deines Sultans Herrschaft auszubreiten?
    Da war es Zeit, den stolzen Willen dir
    Zu brechen, dich zur Ordnung zu verweisen!
    Doch wohl gefiel dem Kaiser, was ihm nützte,
    Und schweigend drückt' er diesen Freveltaten
    Sein kaiserliches Siegel auf.  Was damals
    Gerecht war, weil du's für ihn tatst, ist's heute
    Auf einmal schändlich, weil es gegen ihn
    Gerichtet wird?

Wallenstein.  (aufstehend)
    Von dieser Seite sah ich's nie--Ja!  dem
    Ist wirklich so.  Es übte dieser Kaiser
    Durch meinen Arm im Reiche Taten aus,
    Die nach der Ordnung nie geschehen sollten.
    Und selbst den Fürstenmantel, den ich trage,
    Verdank ich Diensten, die Verbrechen sind.

Gräfin.
    Gestehe denn, daß zwischen dir und ihm
    Die Rede nicht kann sein von Pflicht und Recht,
    Nur von der Macht und der Gelegenheit!
    Der Augenblick ist da, wo du die Summe
    Der großen Lebensrechnung ziehen sollst,
    Die Zeichen stehen sieghaft über dir,
    Glück winken die Planeten dir herunter
    Und rufen: es ist an der Zeit!  Hast du
    Dein Lebenlang umsonst der Sterne Lauf
    Gemessen?--den Quadranten und den Zirkel
    Geführt?--den Zodiak, die Himmelskugel
    Auf diesen Wänden nachgeahmt, um dich herum
    Gestellt in stummen, ahnungsvollen Zeichen
    Die sieben Herrscher des Geschicks,
    Nur um ein eitles Spiel damit zu treiben?
    Führt alle diese Zurüstung zu nichts,
    Und ist kein Mark in dieser hohlen Kunst,
    Daß sie dir selbst nichts gilt, nichts über dich
    Vermag im Augenblick der Entscheidung?

Wallenstein.  (ist während dieser letzten Rede mit heftig arbeitendem
Gemüt auf und ab gegangen und steht jetzt plötzlich still, die Gräfin
unterbrechend)
    Ruft mir den Wrangel, und es sollen gleich
    drei Boten satteln.

Illo.
    Nun, gelobt sei Gott!
(Eilt hinaus.)

Wallenstein.
    Es ist sein böser Geist und meiner.  Ihn
    Straft er durch mich, das Werkzeug seiner Herrschsucht,
    Und ich erwart es, daß der Rache Stahl
    Auch schon für meine Brust geschliffen ist.
    Nicht hoffe, wer des Drachen Zähne sät,
    Erfreuliches zu ernten.  Jede Untat
    Trägt ihren eignen Rach-Engel schon,
    Die böse Hoffnung, unter ihrem Herzen.
    Er kann mir nicht mehr traun,--so kann ich auch
    Nicht mehr zurück.  Geschehe denn, was muß.
    Recht stets behält das Schicksa, denn das Herz
    In uns ist sein gebietrischer Vollzieher.
(Zu Terzky.)
    Bring mir den Wrangel in mein Kabinett,
    Die Boten will ich selber sprechen.  Schickt
    Nach dem Octavio!
(Zur Gräfin, welche eine triumphierende Miene macht.)
    Frohlocke nicht!
    Denn eifersüchtig sind des Schicksals Mächte.
    Voreilig Jauchzen greift in ihre Rechte.
    Den Samen legen wir in ihre Hände,
    Ob Glück, ob Unglück aufgeht, lehrt das Ende.
(Indem er abgeht, fällt der Vorhang.)




Zweiter Aufzug

Ein Zimmer



Erster Auftritt

Wallenstein.  Octavio Piccolomini.  Bald darauf Max Piccolomini.


Wallenstein.
    Mir meldet er aus Linz, er läge krank,
    Doch hab ich sichre Nachricht, daß er sich
    Zu Frauenberg versteckt beim Grafen Gallas.
    Nimm beide fest und und schick sie mir hieher.
    Du übernimmst die spanischen Regimenter,
    Machst immer Anstalt und bist niemals fertig,
    Und treiben sie dich, gegen mich zu ziehn,
    So sagst du Ja und bleibst gefesselt stehn.
    Ich weiß, daß dir ein Dienst damit geschieht,
    In diesem Spiel dich müßig zu verhalten.
    Du rettest gern, so lang du kannst, den Schein;
    Extreme Schritte sind nicht deine Sache,
    Drum hab ich diese Rolle für dich ausgesucht,
    Du wirst mir durch dein Nichtstun diesesmal
    Am nützlichsten--Erklärt sich unterdessen
    Das Glück für mich, so weißt du, was zu tun.
(Max Piccolomini tritt ein.)
    Jetzt, Alter, geh.  Du mußt heut nacht noch fort.
    Nimm meine eignen Pferde.--Diesen da
    Behalt ich hier--Macht's mit dem Abschied kurz!
    Wir werden uns ja, denk ich, alle froh
    Und glücklich wiedersehn.

Octavio.  (zu seinem Sohn)
    Wir sprechen uns noch.
(Geht ab.)



Zweiter Auftritt

Wallenstein.  Max Piccolomini.


Max.  (nähert sich ihm.)
    Mein General--

Wallenstein.
    Der bin ich nicht mehr,
    Wenn du des Kaisers Offizier dich nennst.

Max.
    So bleibt's dabei, du willst das Heer verlassen?

Wallenstein.
    Ich hab des Kaisers Dienst entsagt.

Max.
    Und willst das Heer verlassen?

Wallenstein.
    Vielmehr hoff ich,
    Mir's enger noch und fester zu verbinden.
(Er setzt sich.)
    Ja, Max.  Nicht eher wollt' ich dir's eröffnen,
    Als bis des Handelns Stunde würde schlagen.
    Der Jugend glückliches Gefühl ergreift
    Das Rechte leicht, und eine Freude ist's,
    Das eigne Urteil prüfend auszuüben,
    Wo das Exempel rein zu lösen ist.
    Doch, wo von zwei gewissen Übeln eins
    Ergriffen werden muß, wo sich das Herz
    Nicht ganz zurückbringt aus dem Streit der Pflichten,
    Da ist es Wohltat, keine Wahl zu haben,
    Und eine Gunst ist die Notwendigkeit.
    --Die ist vorhanden.  Blicke nicht zurück.
    Es kann dir nichts mehr helfen.  Blicke vorwärts!
    Urteile nicht!  Bereite dich, zu handeln.
    --Der Hof hat meinen Untergang beschlossen,
    Drum bin ich willens, ihm zuvorzukommen.
    --Wir werden mit den Schweden uns verbinden.
    Sehr wackre Leute sind's und gute Freunde.
(Hält ein, Piccolominis Antwort erwartend.)
    --Ich hab dich überrascht.  Antwort mir nicht.
    Ich will dir Zeit vergönnen, dich zu fassen.
(Er steht auf und geht nach hinten.  Max steht lange unbeweglich,
in den heftigsten Schmerz versetzt; wie er eine Bewegung macht,
kömmt Wallenstein zurück und stellt sich vor ihn.)

Max.
    Mein General!--Du machst mich heute mündig.
    Denn bis auf diesen Tag war mir's erspart,
    Den Weg mir selbst zu finden und die Richtung.
    Dir folgt' ich unbedingt.  Auf dich nur braucht' ich
    Zu sehn und war des rechten Pfads gewiß.
    Zum ersten Male heut verweisest du
    Mich an mich selbst und zwingst mich, eine Wahl
    Zu treffen zwischen dir und meinem Herzen.

Wallenstein.
    Sanft wiegte dich bis heute dein Geschick,
    Du konntest spielend deine Pflichten üben,
    Jedwedem schönen Trieb Genüge tun,
    Mit ungeteiltem Herzen immer handeln.
    So kann's nicht ferner bleiben.  Feindlich scheiden
    Die Wege sich.  Mit Pflichten streiten Pflichten.
    Du mußt Partei ergreifen in dem Krieg,
    Der zwischen deinem Freund und deinem Kaiser
    Sich jetzt entzündet.

Max.
    Krieg!  Ist das der Name?
    Der Krieg ist schrecklich, wie des Himmels Plagen,
    Doch er ist gut, ist ein Geschick, wie sie.
    Ist das ein guter Krieg, den du dem Kaiser
    Bereitest mit des Kaisers eignem Heer?
    O Gott des Himmels!  was ist das für eine
    Veränderung!  Ziemt solche Sprache mir
    Mit dir, der wie der feste Stern des Pols
    Mir als die Lebensregel vorgeschienen!
    Oh!  welchen Riß erregst du mir im Herzen!
    Der alten Ehrfurcht eingewachsnen Trieb
    Und des Gehorsams heilige Gewohnheit
    Soll ich versagen lernen deinem Namen?
    Nein!  wende nicht dein Angesicht zu mir!
    Es war mir immer eines Gottes Antlitz,
    Kann über mich nicht gleich die Macht verlieren;
    Die Sinne sind in deinen Banden noch,
    Hat gleich die Seele blutend sich befreit!

Wallenstein.
    Max, hör mich an.

Max.
    Oh!  tu es nicht!  Tu's nicht!
    Sieh!  deine reinen, edeln Züge wissen
    Noch nichts von dieser unglücksel'gen Tat.
    Bloß deine Einbildung befleckte sie,
    Die Unschuld will sich nicht vertreiben lassen
    Aus deiner hoheitblickenden Gestalt.
    Wirf ihn heraus, den schwarzen Fleck, den Feind.
    Ein böser Traum bloß ist es dann gewesen,
    Der jede sichre Tugend warnt.  Es mag
    Die Menschheit solche Augenblicke haben,
    Doch siegen muß das glückliche Gefühl.
    Nein, du wirst so nicht endigen.  Das würde
    Verrufen bei den Menschen jede große
    Natur und jedes mächtige Vermögen,
    Recht geben würd' es dem gemeinen Wahn,
    Der nicht an Edles in der Freiheit glaubt
    Und nur der Ohnmacht sich vertrauen mag.

Wallenstein.
    Streng wird die Welt mich tadeln, ich erwart es.
    Mir selbst schon sagt' ich, was du sagen kannst.
    Wer miede nicht, wenn er's umgehen kann,
    Das Äußerste!  Doch hier ist keine Wahl,
    Ich muß Gewalt ausüben oder leiden--
    So steht der Fall.  Nichts anders bleibt mir übrig.

Max.
    Sei's denn!  Behaupte dich in deinem Posten
    Gewaltsam, widersetze dich dem Kaiser,
    Wenn's sein muß, treib's zur offenen Empörung,
    Nicht loben werd ich's, doch ich kann's verzeihn,
    Will, was ich nicht gut heiße, mit dir teilen.
    Nur--zum Verräter werde nicht!  Das Wort
    Ist ausgesprochen.  Zum Verräter nicht!
    Das ist kein überschrittnes Maß, kein Fehler,
    Wohin der Mut verirrt in seiner Kraft.
    Oh!  das ist ganz was anders--das ist schwarz,
    Schwarz, wie die Hölle!

Wallenstein.  (mit finsterm Stirnfalten, doch gemäßigt)
    Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort,
    Das schwer sich handhabt, wie des Messers Schneide;
    Aus ihrem heißen Kopfe nimmt sie keck
    Der Dinge Maß, die nur sich selber richten.
    Gleich heißt ihr alles schändlich oder würdig,
    Bös oder gut--und was die Einbildung
    Phantastisch schleppt in diesen dunkeln Namen,
    Das bürdet sie den Sachen auf und Wesen.
    Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit.
    Leicht beieinander wohnen die Gedanken,
    Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen;
    Wo eines Platz nimmt, muß das andre rücken,
    Wer nicht vertrieben sein will, muß vertreiben;
    Da herrscht der Streit, und nur die Stärke siegt.
    --Ja, wer durchs Leben gehet ohne Wunsch,
    Sich jeden Zweck versagen kann, der wohnt
    Im leichten Feuer mit dem Salamander
    Und hält sich rein im reinen Element.
    Mich schuf aus gröberm Stoffe die Natur,
    Und zu der Erde zieht mich die Begierde.
    Dem bösen Geist gehört die Erde, nicht
    Dem guten.  Was die Göttlichen uns senden
    Von oben, sind nur allgemeine Güter;
    Ihr Licht erfreut, doch macht es keinen reich,
    In ihrem Staat erringt sich kein Besitz.
    Den Edelstein, das allgeschätzte Gold
    Muß man den falschen Mächten abgewinnen,
    Die unterm Tage schlimmgeartet hausen.
    Nicht ohne Opfer macht man sie geneigt,
    Und keiner lebet, der aus ihrem Dienst
    Die Seele hätte rein zurückgezogen.

Max.  (mit Bedeutung)
    Oh!  fürchte, fürchte diese falschen Mächte!
    Sie haltennicht Wort!  Es sind Lügengeister,
    Die dich berückend in den Abgrund ziehn.
    Trau ihnen nicht!  Ich warne dich--Oh!  kehre
    Zurück zu deiner Pflicht.  Gewiß!  du kannst's!
    Schick mich nach Wien.  Ja, tue das.  Laß mich,
    Mich deinen Frieden machen mit dem Kaiser.
    Er kennt dich nicht, ich aber kenne dich,
    Er soll dich sehn mit meinem reinen Auge,
    Und sein Vertrauen bring ich dir zurück.

Wallenstein.
    Es ist zu spät.  Du weißt nicht, was geschehn.

Max.
    Und wär's zu spät--und wär' es auch soweit,
    Daß ein Verbrechen nur vom Fall dich rettet,
    So falle!  Falle würdig, wie du standst.
    Verliere das Kommando.  Geh vom Schauplatz.
    Du kannst's mit Glanze, tu's mit Unschuld auch.
    --Du hast für andre viel gelebt, leb endlich
    Einmal dir selber, ich begleite dich,
    Mein Schicksal trenn ich nimmer von dem deinen--

Wallenstein.
    Es ist zu spät.  Indem du deine Worte
    Verlierst, ist schon ein Meilenzeiger nach dem andern
    Zurückgelegt von meinen Eilenden,
    Die mein Gebot nach Prag und Eger tragen.
    --Ergib dich drein.  Wir handeln, wie wir müssen.
    So laß uns das Notwendige mit Würde,
    Mit festem Schritte tun--Was tu ich Schlimmres,
    Als jener Cäsar tat, des Name noch
    Bis heut das Höchste in der Welt benennet?
    Er führte wider Rom die Legionen,
    Die Rom ihm zur Beschützung anvertraut.
    Warf er das Schwert von sich, er war verloren,
    Wie ich es wär', wenn ich entwaffnete.
    Ich spüre was in mir von seinem Geist.
    Gib mir sein Glück, das andre will ich tragen.
(Max, der bisher in einem schmerzvollen Kampfe gestanden, geht
schnell ab.  Wallenstein sieht ihm verwundert und betroffen nach
und steht in tiefe Gedanken verloren.)



Dritter Auftritt

Wallenstein.  Terzky.  Gleich darauf Illo.


Terzky.
    Max Piccolomini verließ dich eben?

Wallenstein.
    Wo ist der Wrangel?

Terzky.
    Fort ist er.

Wallenstein.
    So eilig?

Terzky.
    Es war, als ob die Erd' ihn eingeschluckt.
    Er war kaum von dir weg, als ich ihm nachging,
    Ich hatt' ihn noch zu sprechen, doch--weg war er,
    Und niemand wußte mir von ihm zu sagen.
    Ich glaub, es ist der Schwarze selbst gewesen,
    Ein Mensch kann nicht auf einmal so verschwinden.

Illo.  (kommt)
    Ist's wahr, daß du den Alten willst verschicken?

Terzky.
    Wie?  Den Octavio!  Wo denkst du hin?

Wallenstein.
    Er geht nach Frauenberg, die spanischen
    Und welschen Regimenter anzuführen.

Terzky.
    Das wolle Gott nicht, daß du das vollbringst!

Illo.
    Dem Falschen willst du Kriegsvolk anvertrauen?
    Ihn aus den Augen lassen, grade jetzt,
    In diesem Augenblicke der Entscheidung?

Terzky.
    Das wirst du nicht tun.  Nein, um alles nicht!
    Wallenstein.
    Seltsame Menschen seid ihr.

Illo.
    Oh!  nur diesmal
    Gib unsrer Warnung nach.  Laß ihn nicht fort.

Wallenstein.
    Und warum soll ich ihm dies eine Mal
    Nicht trauen, da ich's stets getan?  Was ist geschehn,
    Das ihn um meine gute Meinung brächte?
    Aus eurer Grille, nicht der meinen, soll ich
    Mein alt erprobtes Urteil von ihm ändern?
    Denkt nicht, daß ich ein Weib sei.  Weil ich ihm
    Getraut bis heut, will ich auch heut ihm trauen.

Terzky.
    Muß es denn der just sein?  Schick einen andern.

Wallenstein.
    Der muß es sein, den hab ich mir erlesen.
    Er taugt zu dem Geschäft, drum gab ich's ihm.

Illo.
    Weil er ein Welscher ist, drum taugt er dir.

Wallenstein.
    Weiß wohl, ihr wart den beiden nie gewogen,
    Weil ich sie achte, liebe, euch und andern
    Vorziehe, sichtbarlich, wie sie's verdienen,
    Drum sind sie euch ein Dorn im Auge!  Was
    Geht euer Neid mich an und mein Geschäft?
    Daß ihr sie haßt, das macht sie mir nicht schlechter.
    Liebt oder haßt einander, wie ihr wollt,
    Ich lasse jedem seinen Sinn und Neigung,
    Weiß doch, was mir ein jeder von euch gilt.

Illo.
    Er geht nicht ab--müßt' ich die Räder ihm am Wagen
    Zerschmettern lassen.

Wallenstein.
    Mäßige dich, Illo!

Terzky.
    Der Questenberger, als er hier gewesen,
    Hat stets zusammen auch gesteckt mit ihm.

Wallenstein.
    Geschah mit meinem Wissen und Erlaubnis.

Terzky.
    Und daß geheime Boten an ihn kommen
    Vom Gallas, weiß ich auch.

Wallenstein.
    Das ist nicht wahr.

Illo.
    Oh!  du bist blind mit deinen sehenden Augen!

Wallenstein.
    Du wirst mir meinen Glauben nicht erschüttern,
    Der auf die tiefste Wissenschaft sich baut.
    Lügt er, dann ist die ganze Sternkunst Lüge.
    Denn wißt, ich hab ein Pfand vom Schicksal selbst,
    Daß er der treuste ist von meinen Freunden.

Illo.
    Hast du auch eins, daß jenes Pfand nicht lüge?

Wallenstein.
    Es gibt im Menschenleben Augenblicke,
    Wo er dem Weltgeist näher ist als sonst
    Und eine Frage frei hat an das Schicksal.
    Solch ein Moment war's, als ich in der Nacht,
    Die vor der Lützner Aktion vorherging,
    Gedankenvoll an einen Baum gelehnt,
    Hinaussah in die Ebene.  Die Feuer
    Des Lagers brannten düster durch den Nebel,
    Der Waffen dumpfes Rauschen unterbrach,
    Der Runden Ruf einförmig nur die Stille.
    Mein ganzes Leben ging, vergangenes
    Und künftiges, in diesem Augenblick
    An meinem inneren Gesicht vorüber,
    Und an des nächsten Morgens Schicksal knüpfte
    Der ahnungsvolle Geist die fernste Zukunft.
    Da sagt' ich also zu mir selbst:" So vielen
    Gebietest du!  Sie folgen deinen Sternen
    Und setzen, wie auf eine große Nummer,
    Ihr Alles auf dein einzig Haupt und sind
    In deines Glückes Schiff mit dir gestiegen.
    Doch kommen wird der Tag, wo diese alle
    Das Schicksal wieder auseinanderstreut,
    Nur wen'ge werden treu bei dir verharren.
    Den möcht' ich wissen, der der Treuste mir
    Von allen ist, die dieses Lager einschließt.
    Gib mir ein Zeichen, Schicksal!  Der soll's sein,
    Der an dem nächsten Morgen mir zuerst
    Entgegenkommt mit einem Liebeszeichen".
    Und dieses bei mir denkend, schlief ich ein.
    Und mitten in die Schlacht ward ich geführt
    Im Geist.  Groß war der Drang.  Mir tötete
    Ein Schuß das Pferd, ich sank, und über mir
    Hinweg, gleichgültig, setzten Roß und Reiter,
    Und keuchend lag ich, wie ein Sterbender,
    Zertreten unter ihrer Hufe Schlag.
    Da faßte plötzlich hilfreich mich ein Arm,
    Es war Octavio--und schnell erwach ich,
    Tag war es, und--Octavio stand vor mir.
    "Mein Bruder", sprach er, "reite heute nicht
    Den Schecken, wie du pflegst.  Besteige lieber
    Das sichre Tier, das ich dir ausgesucht.
    Tu's mir zu Lieb'.  Es warnte mich ein Traum."
    Und dieses Tieres Schnelligkeit entriß
    Mich Banniers verfolgenden Dragonern.
    Mein Vetter ritt den Schecken an dem Tag,
    Und Roß und Reiter sah ich niemals wieder.

Illo.
    Das war ein Zufall.

Wallenstein.  (bedeutend)
    Es gibt keinen Zufall;
    Und was uns blindes Ohngefähr nur dünkt,
    Gerade das steigt aus den tiefsten Quellen.
    Versiegelt hab ich's und verbrieft, daß er
    Mein guter Engel ist, und nun kein Wort mehr!
(Er geht.)

Terzky.
    Das ist mein Trost, der Max bleibt uns als Geisel.

Illo.
    Und der soll mir nicht lebend hier vom Platze.

Wallenstein.  (bleibt stehen und kehrt sich um)
    Seid ihr nicht wie die Weiber, die beständig
    Zurück nur kommen auf ihr erstes Wort,
    Wenn man Vernunft gesprochen stundenlang!
    --Des Menschen Taten und Gedanken, wißt!
    Sind nicht wie Meeres blind bewegte Wellen.
    Die innre Welt, sein Mikrokosmus, ist
    Der tiefe Schacht, aus dem sie ewig quellen.
    Sie sind notwendig, wie des Baumes Frucht,
    Sie kann der Zufall gaukelnd nicht verwandeln.
    Hab ich des Menschen Kern erst untersucht,
    So weiß ich auch sein Wollen und sein Handeln.
(Gehen ab.)



Vierter Auftritt

Zimmer in Piccolominis Wohnung.

Octavio Piccolomini reisefertig.  Ein Adjutant.


Octavio.
    Ist das Kommando da?

Adjutant.
    Es wartet unten.

Octavio.
    Es sind doch sichre Leute, Adjutant?
    Aus welchem Regimente nahmt Ihr sie?

Adjutant.
    Von Tiefenbach.

Octavio.
    Dies Regiment ist treu.
    Laßt sie im Hinterhof sich ruhighalten,
    Sich niemand zeigen, bis Ihr klingeln hört;
    Dann wird das Haus geschlossen, scharf bewacht,
    Und jeder, den Ihr antrefft, bleibt verhaftet.
(Adjutant ab.)
    Zwar hoff ich, es bedarf nicht ihres Dienstes,
    Denn meines Kalkuls halt ich mich gewiß.
    Doch es gilt Kaisers Dienst, das Spiel ist groß,
    Und besser zu viel Vorsicht als zu wenig.



Fünfter Auftritt

Octavio Piccolomini.  Isolani tritt herein.


Isolani.
    Hier bin ich--Nun!  wer kommt noch von den andern?

Octavio.  (geheimnisvoll)
    Vorerst ein Wort mit Euch, Graf Isolani.

Isolani.  (geheimnisvoll)
    Soll's losgehn?  Will der Fürst was unternehmen?
    Mir dürft Ihr trauen.  Setzt mich auf die Probe.

Octavio.
    Das kann geschehn.

Isolani.
    Herr Bruder, ich bin nicht
    Von denen, die mit Worten tapfer sind
    Und, kommt's zur Tat, das Weite schimpflich suchen.
    Der Herzog hat als Freund an mir getan,
    Weiß Gott, so ist's!  Ich bin ihm alles schuldig.
    Auf meine Treue kann er baun.

Octavio.
    Es wird sich zeigen.

Isolani.
    Nehmt Euch in acht.  Nicht alle denken so.
    Es halten's hier noch viele mit dem Hof
    Und meinen, daß die Unterschrift von neulich,
    Die abgestohlne, sie zu nichts verbinde.

Octavio.
    So?  Nennt mir doch die Herren, die das meinen.

Isolani.
    Zum Henker!  Alle Deutschen sprechen so.
    Auch Esterhazy, Kaunitz, Deodat
    Erklären jetzt, man müss' dem Hof gehorchen.

Octavio.
    Das freut micht.

Isolani.
    Freut Euch?

Octavio.
    Daß der Kaiser noch
    So gute Freunde hat und wackre Diener.

Isolani.
    Spaßt nicht.  Es sind nicht eben schlechte Männer.

Octavio.
    Gewiß nicht.  Gott verhüte, daß ich spaße!
    Sehr ernstlich freut es mich, die gute Sache
    So stark zu sehn.

Isolani.
    Was Teufel!  Wie ist das?
    Seid Ihr denn nicht?--Warum bin ich denn hier?

Octavio.  (mit Ansehen)
    Euch zu erklären, rund und nett, ob Ihr
    Ein Freund wollt heißen oder Feind des Kaisers.

Isolani.  (trotzig)
    Darüber werd ich dem Erklärung geben,
    Dem's zukommt, diese Frag' an mich zu tun.

Octavio.
    Ob mir das zukommt, mag dies Blatt Euch lehren.
    Isolani.
    Wa--was?  Das ist des Kaisers Hand und Siegel.
(Liest.)
    "Als werden sämtliche Hauptleute unsrer
    Armee der Ordre unsers lieben, treuen,
    Des Generalleutnant Piccolomini,
    Wie unsrer eignen"--Hum--Ja--So--Ja, ja!
    Ich--mach Euch meinen Glückwunsch, Generalleutnant.

Octavio.
    Ihr unterwerft Euch dem Befehl?

Isolani.
    Ich--aber
    Ihr überrascht mich auch so schnell--Man wird
    Mir doch Bedenkzeit, hoff ich--

Octavio.
    Zwei Minuten.

Isolani.
    Mein Gott, der Fall ist aber--

Octavio.
    Klar und einfach.
    Ihr sollt erklären, ob Ihr Euren Herrn
    Verraten wollet oder treu ihm dienen.

Isolani.
    Verrat--Mein Gott--Wer spricht denn von Verrat?

Octavio.
    Das ist der Fall.  Der Fürst ist ein Verräter,
    Will die Armee zum Feind hinüberführen.
    Erklärt Euch kurz und gut.  Wollt Ihr dem Kaiser
    Abschwören?  Euch dem Feind verkaufen?  Wollt Ihr?

Isolani.
    Was denkt Ihr?  Ich des Kaisers Majestät
    Abschwören?  Sagt' ich so?  Wann hätt' ich das
    Gesagt?

Octavio.
    Noch habt Ihr's nicht gesagt.  Noch nicht.
    Ich warte drauf, ob Ihr es werdet sagen.

Isolani.
    Nun seht, das ist mir lieb, daß Ihr mir selbst
    Bezeugt, ich habe so was nicht gesagt.

Octavio.
    Ihr sagt Euch also von dem Fürsten los?

Isolani.
    Spinnt er Verrat--Verrat trennt alle Bande.

Octavio.
    Und seid entschlossen, gegen ihn zu fechten?

Isolani.
    Er tat mir Gutes--doch wenn er ein Schelm ist,
    Verdamm' ihn Gott!  die Rechnung ist zerrissen.

Octavio.
    Mich freut's, daß Ihr in gutem Euch gefügt.
    Heut nacht in aller Stille brecht Ihr auf
    Mit allen leichten Truppen; es muß scheinen,
    Als käm' die Ordre von dem Herzog selbst.
    Zu Frauenberg ist der Versammlungsplatz,
    Dort gibt Euch Gallas weitere Befehle.

Isolani.
    Es soll geschehn.  Gedenkt mir's aber auch
    Beim Kaiser, wie bereit Ihr mich gefunden.

Octavio.
    Ich werd es rühmen.
(Isolani geht.  Es kommt ein Bedienter.)
    Oberst Buttler?  Gut.

Isolani.  (zurückkommend)
    Vergebt mir auch mein barsches Wesen, Alter.
    Herr Gott!  Wie konnt' ich wissen, welch große
    Person ich vor mir hatte!

Octavio.
    Laßt das gut sein.

Isolani.
    Ich bin ein lust'ger alter Knab', und wär'
    Mir auch ein rasches Wörtlein übern Hof
    Entschlüpft zuweilen, in der Lust des Weins,
    Ihr wißt ja, bös war's nicht gemeint.
(Geht ab.)

Octavio.
    Macht Euch
    Darüber keine Sorge!--Das gelang!
    Glück, sei uns auch so günstig bei den andern!



Sechster Auftritt

Octavio Piccolomini.  Buttler.


Buttler.
    Ich bin zu Eurer Ordre, Generalleutnant.

Octavio.
    Seid mir als werter Gast und Freund willkommen.

Buttler.
    Zu große Ehr' für mich.

Octavio.  (nachdem beide Platz genommen)
    Ihr habt die Neigung nicht erwidert,
    Womit ich gestern Euch entgegenkam.
    Wohl gar als leere Formel sie verkannt.
    Von Herzen ging mir jener Wunsch, es war
    Mir Ernst um Euch, denn eine Zeit ist jetzt,
    Wo sich die Guten eng verbinden sollten.

Buttler.
    Die Gleichgesinnten können es allein.

Octavio.
    Und alle Guten nenn ich gleichgesinnt.
    Dem Menschen bring ich nur die Tat in Rechnung,
    Wozu ihn ruhig der Charakter treibt;
    Denn blinder Mißverständnisse Gewalt
    Drängt oft den Besten aus dem rechten Gleise.
    Ihr kamt durch Frauenberg.  Hat Euch Graf Gallas
    Nichts anvertraut?  Sagt mir's.  Er ist mein Freund.

Buttler.
    Er hat verlorne Worte nur gesprochen.

Octavio.
    Das hör ich ungern, denn sein Rat war gut.
    Und einen gleichen hätt' ich Euch zu geben.

Buttler.
    Spart Euch die Müh--mir die Verlegenheit,
    So schlecht die gute Meinung zu verdienen.

Octavio.
    Die Zeit ist teuer, laßt uns offen reden.
    Ihr wißt, wie hier die Sachen stehn.  Der Herzog
    Sinnt auf Verrat, ich kann Euch mehr noch sagen,
    Er hat ihn schon vollführt; geschlossen ist
    Das Bündnis mit dem Feind vor wen'gen Stunden.
    Nach Prag und Eger reiten schon die Boten,
    Und morgen will er zu dem Feind uns führen.
    Doch er betrügt sich, denn die Klugheit wacht,
    Noch treue Freunde leben hier dem Kaiser,
    Und mächtig steht ihr unsichtbarer Bund.
    Dies Manifest erklärt ihn in die Acht,
    Spricht los das Heer von des Gehorsams Pflichten,
    Und alle Gutgesinnten ruft es auf,
    Sich unter meiner Führung zu versammeln.
    Nun wählt, ob Ihr mit uns die gute Sache,
    Mit ihm der Bösen böses Los wollt teilen?

Buttler.  (steht auf)
    Sein Los ist meines.

Octavio.
    Ist das Euer letzter
    Entschluß?

Buttler.
    Er ist's.

Octavio.
    Bedenkt Euch, Oberst Buttler.
    Noch habt Ihr Zeit.  In meiner treuen Brust
    Begraben bleibt das raschgesprochne Wort.
    Nehmt es zurück.  Wählt eine bessere
    Partei.  Ihr habt die gute nicht ergriffen.

Buttler.
    Befehlt Ihr sonst nocht etwas, Generalleutnant?

Octavio.
    Seht Eure weißen Haare!  Nehmt's zurück.

Buttler.
    Lebt wohl!

Octavio.
    Was?  Diesen guten, tapfern Degen
    Wollt Ihr in solchem Streite ziehen?  Wollt
    In Fluch den Dank verwandeln, den Ihr Euch
    Durch vierzigjähr'ge Treu verdient um Östreich?

Buttler.  (bitter lachend)
    Dank vom Haus Östreich!
(Er will gehen.)

Octavio.  (läßt ihn bis an die Türe gehen, dann ruft er)
    Buttler!

Buttler.
    Was beliebt?

Octavio.
    Wie war es mit dem Grafen?

Buttler.
    Grafen!  Was?

Octavio.
    Dem Grafentitel, mein ich.

Buttler.  (heftig auffahrend)
    Tod und Teufel!

Octavio.  (kalt)
    Ihr suchtet darum nach.  Man wies Euch ab.

Buttler.
    Nicht ungestraft sollt Ihr mich höhnen.  Zieht!

Octavio.
    Steckt ein.  Sagt ruhig, wie es damit ging.  Ich will
    Genugtuung nachher Euch nicht verweigern.

Buttler.
    Mag alle Welt doch um die Schwachheit wissen,
    Die ich mir selbst nie verzeihen kann!
    --Ja!  Generalleutnant, ich besitze Ehrgeiz,
    Verachtung hab ich nie ertragen können.
    Es tat mir wehe, daß Geburt und Titel
    Bei der Armee mehr galten als Verdienst.
    Nicht schlechter wollt' ich sein als meinesgleichen,
    So ließ ich mich in unglücksel'ger Stunde
    Zu jenem Schritt verleiten--Es war Torheit!
    Doch nicht verdient' ich, sie so hart zu büßen!
    --Versagen konnte man's--Warum die Weigerung
    Mit dieser kränkenden Verachtung schärfen,
    Den alten Mann, den treu bewährten Diener
    Mit schwerem Hohn zermalmend niederschlagen,
    An seiner Herkunft Schmach so rauh ihn mahnen,
    Weil er in schwacher Stunde sich vergaß!
    Doch einen Stachel gab Natur dem Wurm,
    Den Willkür übermütig spielend tritt--

Octavio.
    Ihr müßt verleumdet sein.  Vermutet Ihr
    Den Feind, der Euch den schlimmen Dienst geleistet?

Buttler.
    Sei's, wer es will!  Ein niederträcht'ger Bube,
    Ein Höfling muß es sein, ein Spanier,
    Der Junker irgend eines alten Hauses,
    Dem ich im Licht mag stehn, ein neid'scher Schurke,
    Den meine selbstverdiente Würde kränkt.

Octavio.
    Sagt.  Billigte der Herzog jenen Schritt?

Buttler.
    Er trieb mich dazu an, verwendete
    Sich selbst für micht, mit edler Freundeswärme.

Octavio.
    So?  Wißt ihr das gewiß?

Buttler.
    Ich las den Brief.

Octavio.  (bedeutend)
    Ich auch--doch anders lautete sein Inhalt.
(Buttler wird betroffen.)
    Durch Zufall bin ich im Besitz des Briefs,
    Kann Euch durch eignen Anblick überführen.
(Er gibt ihm den Brief.)

Buttler.
    Ha!  was ist das?

Octavio.
    Ich fürchte, Oberst Buttler,
    Man hat mit Euch ein schändlich Spiel getrieben.
    Der Herzog, sagt Ihr, trieb Euch zu dem Schritt?--
    In diesem Briefe spricht er mit Verachtung
    Von Euch, rät dem Minister, Euren Dünkel,
    Wie er ihn nennt, zu züchtigen.
(Buttler hat den Brief gelesen, seine Knie zittern, er greift nach
einem Stuhl, setzt sich nieder.)
    Kein Feind verfolgt Euch.  Niemand will Euch übel.
    Dem Herzog schreibt allein die Kränkung zu,
    Die ihr empfangen; deutlich ist die Absicht.
    Losreißen wollt' er Euch von Eurem Kaiser--
    Von Eurer Rache hofft' er zu erlangen,
    Was Eure wohlbewährte Treu ihn nimmer
    Erwarten ließ bei ruhiger Besinnung.
    Zum blinden Werkzeug wollt' er Euch, zum Mittel,
    Verworfner Zwecke Euch verächtlich brauchen.
    Er hat's erreicht.  Zu gut nur glückt' es ihm,
    Euch wegzulocken von dem guten Pfade,
    Auf dem Ihr vierzig Jahre seid gewandelt.

Buttler.  (mit der Stimme bebend)
    Kann mir des Kaisers Majestät vergeben?

Octavio.
    Sie tut noch mehr.  Sie macht die Kränkung gut,
    Die unverdient dem Würdigen geschehn.
    Aus freiem Trieb bestätigt sie die Schenkung,
    Die Euch der Fürst zu bösem Zweck gemacht.
    Das Regiment ist Euer, das Ihr führt.

Buttler.  (will aufstehen, sinkt zurück.  Sein Gemüt arbeitet
heftig, er versucht zu reden und vermag es nicht.  Endlich
nimmt er den Degen vom Gehänge und reicht ihn dem Piccolomini)

Octavio.
    Was wollt Ihr?  Faßt Euch.

Buttler.
    Nehmt!

Octavio.
    Wozu?  Besinnt Euch.

Buttler.
    Nehmt hin!  Nicht wert mehr bin ich dieses Degens.

Octavio.
    Empfangt ihn neu zurück aus meiner Hand
    Und führt ihn stets mit Ehre für das Recht.

Buttler.
    Die Treue brach ich solchem gnäd'gen Kaiser!

Octavio.
    Macht's wieder gut.  Schnell trennt Euch von dem Herzog.

Buttler.
    Mich von ihm trennen!

Octavio.
    Wie?  Bedenkt Ihr Euch?

Buttler.  (furchtbar ausbrechend)
    Nur von ihm trennen?  Oh!  er soll nicht leben!

Octavio.
    Folgt mir nach Frauenberg, wo alle Treuen
    Bei Gallas sich und Altringer versammeln.
    Viel andre bracht' ich noch zu ihrer Pflicht
    Zurück, heut nacht entfliehen sie aus Pilsen.

Buttler.  (ist heftig bewegt auf und ab gegangen und tritt zu
Octavio mit entschlossenem Blick)
    Graf Piccolomini!  Darf Euch der Mann
    Von Ehre sprechen, der die Treue brach?

Octavio.
    Der darf es, der so ernstlich es bereut.

Buttler.
    So laßt mich hier, auf Ehrenwort.

Octavio.
    Was sinnt Ihr?

Buttler.
    Mit meinem Regimente laßt mich bleiben.

Octavio.
    Ich darf Euch trauen.  Doch sagt mir, was Ihr brütet?

Buttler.
    Die Tat wird's lehren.  Fragt mich jetzt nicht weiter.
    Traut mir!  Ihr könnt's!  Bei Gott!  Ihr überlasset
    Ihn seinem guten Engel nicht!--Lebt wohl!
(Geht ab.)

Bedienter.  (bringt ein Billet)
    Ein Unbekannter bracht's und ging gleich wieder.
    Des Fürsten Pferde stehen auch schon unten.
(Ab.)

Octavio.  (liest)
    "Macht, daß Ihr fortkommt.  Euer treuer Isolan."
    --Oh!  läge diese Stadt erst hinter mir!
    So nah dem Hafen sollten wir noch scheitern?
    Fort!  Fort!  Hier ist nicht länger Sicherheit
    Für mich.  Wo aber bleibt mein Sohn?



Siebenter Auftritt

Beide Piccolomini.


Max.  (kömmt in der heftigsten Gemütsbewegung, seine Blicke
rollen wild, sein Gang ist unstet; er scheint den Vater nicht
zu bemerken, der von ferne steht und ihn mitleidig ansieht.
Mit großen Schritten geht er durch das Zimmer, bleibt wieder
stehen und wirft sich zuletzt in einen Stuhl, gerad vor sich
hin starrend)

Octavio.  (nähert sich ihm).
    Ich reise ab, mein Sohn.
(Da er keine Antwort erhält, faßt er ihn bei der Hand.)
    Mein Sohn, leb wohl!

Max.
    Leb wohl!

Octavio.
    Du folgst mir doch bald nach?

Max.  (ohne ihn anzusehen).
    Ich dir?
    Dein Weg ist krumm, er ist der meine nicht.
(Octavio läßt seine Hand los, fährt zurück.)
    Oh!  wärst du wahr gewesen und gerade,
    Nie kam es dahin, alles stünde anders!
    Er hätte nicht das Schreckliche getan,
    Die Guten hätten Kraft bei ihm behalten,
    Nicht in der Schlechten Garn wär' er gefallen.
    Warum so heimlich, hinterlistig lauernd
    Gleich einem Dieb und Diebeshelfer schleichen?
    Unsel'ge Falschheit!  Mutter alles Bösen!
    Du jammerbringende, verderbest uns!
    Wahrhaftigkeit, die reine, hätt' uns alle,
    Die welterhaltende, gerettet.  Vater!
    Ich kann dich nicht entschuldigen, ich kann's nicht.
    Der Herzog hat mich hintergangen, schrecklich,
    Du aber hast viel besser nicht gehandelt.

Octavio.
    Mein Sohn, ach!  ich verzeihe deinem Schmerz.

Max.  (steht auf, betrachtet ihn mit zweifelhaften Blicken)
    Wär's möglich, Vater?  Vater?  Hättest du's
    Mit Vorbedacht bis dahin treiben wollen?
    Du steigst durch seinen Fall.  Octavio,
    Das will mir nicht gefallen.

Octavio.
    Gott im Himmel!

Max.
    Weh mir!  Ich habe die Natur verändert,
    Wie kommt der Argwohn in die freie Seele?
    Vertrauen, Glaube, Hoffnung ist dahin,
    Denn alles log mir, was ich hochgeachtet.
    Nein!  Nein!  Nicht alles!  Sie ja lebt mir noch,
    Und sie ist wahr und lauter wie der Himmel.
    Betrug ist überall und Heuchelschein
    Und Mord und Gift und Meineid und Verrat,
    Der einzig reine Ort ist unsre Liebe,
    Der unentweihte in der Menschlichkeit.

Octavio.
    Max!  Folg mir lieber gleich, das ist doch besser.

Max.
    Was?  Eh' ich Abschied noch von ihr genommen?
    Den letzten--Nimmermehr!

Octavio.
    Erspare dir
    Die Qual der Trennung, der notwendigen.
    Komm mit mir!  Komm, mein Sohn!
(Will ihn fortziehn.)

Max.
    Nein!  So wahr Gott lebt!

Octavio.  (dringender)
    Komm mit mir, ich gebiete dir's, dein Vater.

Max.
    Gebiete mir, was menschlich ist.  Ich bleibe.

Octavio.
    Max!  In des Kaisers Namen, folge mir!

Max.
    Kein Kaiser hat dem Herzen vorzuschreiben.
    Und willst du mir das einzige noch rauben,
    Was mir mein Unglück übrigließ, ihr Mitleid?
    Muß grausam auch das Grausame geschehn?
    Das Unabänderliche soll ich noch
    Unedel tun, mit heimlich feiger Flucht,
    Wie ein Unwürdiger mich von ihr stehlen?
    Sie soll mein Leiden sehen, meinen Schmerz,
    Die Klagen hören der zerrißnen Seele
    Und Tränen um mich weinen--Oh!  die Menschen
    Sind grausam, aber sie ist wie ein Engel.
    Sie wird von gräßlich wütender Verzweiflung
    Die Seele retten, diesen Schmerz des Todes
    Mit sanften Trostesworten klagend lösen.

Octavio.
    Du reißest dich nicht los, vermagst es nicht.
    Oh!  komm, mein Sohn, und rette deine Tugend!

Max.
    Verschwende deine Worte nicht vergebens,
    Dem Herzen folg ich, denn ich darf ihm trauen.

Octavio.  (außer Fassung, zitternd)
    Max!  Max!  Wenn das Entsetzliche mich trifft,
    Wenn du--mein Sohn--mein eignes Blut--ich darf's
    Nicht denken!  dich dem Schändlichen verkaufst,
    Dies Brandmal aufdrückst unsers Hauses Adel,
    Dann soll die Welt das Schauderhafte sehn,
    Und von des Vaters Blute triefen soll
    Des Sohnes Stahl im gräßlichen Gefechte.

Max.
    Oh!  hättest du vom Menschen besser stets
    Gedacht, du hättest besser auch gehandelt.
    Fluchwürd'ger Argwohn!  Unglücksel'ger Zweife!
    Es ist ihm Festes nichts und Unverrücktes,
    Und alles wanket, wo der Glaube fehlt.
    Octavio.
    Und trau ich deinem Herzen auch, wird's immer
    In deiner Macht auch stehen, ihm zu folgen?

Max.
    Du hast des Herzens Stimme nicht bezwungen,
    So wenig wird der Herzog es vermögen.

Octavio.
    Oh!  Max, ich seh dich niemals wiederkehren!

Max.
    Unwürdig deiner wirst du nie mich sehn.

Octavio.
    Ich geh nach Frauenberg, die Pappenheimer
    Laß ich dir hier, auch Lothringen, Toscana
    Und Tiefenbach bleibt da, dich zu bedecken.
    Sie lieben dich und sind dem Eide treu
    Und werden lieber tapfer streitend fallen,
    Als von dem Führer weichen und der Ehre.

Max.
    Verlaß dich drauf, ich lasse fechtend hier
    Das Leben oder führe sie aus Pilsen.

Octavio. (aufbrechend)
    Mein Sohn, leb wohl!

Max.
    Leb wohl!

Octavio.
    Wie?  Keinen Blick
    Der Liebe?  Keinen Händedruck zum Abschied?
    Es ist ein blut'ger Krieg, in den wir gehn,
    Und ungewiß, verhüllt ist der Erfolg.
    So pflegten wir uns vormals nicht zu trennen.
    Ist es denn wahr?  Ich habe keinen Sohn mehr?
(Max fällt in seine Arme, sie halten einander lange schweigend
umfaßt, dann entfernen sie sich nach verschiedenen Seiten.)




Dritter Aufzug

Saal bei der Herzogin von Friedland.



Erster Auftritt

Gräfin Terzky.  Thekla.  Fräulein von Neubrunn.  Beide letztern mit
weiblichen Arbeiten beschäftigt.



Gräfin.
    Ihr habt mich nichts zu fragen, Thekla?  Gar nichts?
    Schon lange wart ich auf ein Wort von Euch.
    Könnt Ihr's ertragen, in so langer Zeit
    Nicht einmal seinen Namen auszusprechen?
    Wie?  Oder wär' ich jetzt schon überflüssig,
    Und gäb' es andre Wege als durch mich?
    Gesteht mir, Nichte.  Habt Ihr ihn gesehn?

Thekla.
    Ich hab ihn heut und gestern nicht gesehn.

Gräfin.
    Auch nicht von ihm gehört?  Verbergt mir nichts.

Thekla.
    Kein Wort.

Gräfin.
    Und könnt so ruhig sein!

Thekla.
    Ich bin's.

Gräfin.
    Verlaßt uns, Neubrunn.
(Fräulein von Neubrunn entfernt sich.)



Zweiter Auftritt

Gräfin Thekla.


Gräfin.
    Es gefällt mir nicht,
    Daß er sich grade jetzt so still verhält.

Thekla.
    Gerade jetzt!

Gräfin.
    Nachdem er alles weiß!
    Denn jetzo war's die Zeit, sich zu erklären.

Thekla.
    Sprecht deutlicher, wenn ich's verstehen soll.

Gräfin.
    In dieser Absicht schickt' ich sie hinweg.
    Ihr seid kein Kind mehr, Thekla.  Euer Herz
    Ist mündig, denn Ihr liebt, und kühner Mut
    Ist bei der Liebe.  Den habt Ihr bewiesen.
    Ihr artet mehr nach Eures Vaters Geist
    Als nach der Mutter ihrem.  Darum könnt Ihr hören,
    Was sie nicht fähig ist zu tragen.

Thekla.
    Ich bitt Euch, endet diese Vorbereitung.
    Sei's was es sei.  Heraus damit!  Es kann
    Mich mehr nicht ängstigen als dieser Eingang.
    Was habt Ihr mir zu sagen?  Faßt es kurz.

Gräfin.
    Ihr müßt nur nicht erschrecken--

Thekla.
    Nennt's!  Ich bitt Euch.

Gräfin.
    Es steht bei Euch, dem Vater einen großen Dienst
    Zu leisten--

Thekla.
    Bei mir stünde das!  Was kann--

Gräfin.
    Max Piccolomini liebt Euch.  Ihr könnt
    Ihn unauflöslich an den Vater binden.

Thekla.
    Braucht's dazu meiner?  Ist er es nicht schon?

Gräfin.
    Er war's.

Thekla.
    Und warum sollt' er's nicht mehr sein,
    Nicht immer bleiben?

Gräfin.
    Auch am Kaiser hängt er.

Thekla.
    Nicht mehr, als Pflicht und Ehre von ihm fordern.

Gräfin.
    Von seiner Liebe fordert man Beweise,
    Und nicht von seiner Ehre--Pflicht und Ehre!
    Das sind vieldeutig doppelsinn'ge Namen,
    Ihr sollt sie ihm auslegen, seine Liebe
    Soll seine Ehre ihm erklären.

Thekla.
    Wie?

Gräfin.
    Er soll dem Kaiser oder Euch entsagen.

Thekla.
    Er wird den Vater gern in den Privatstand
    Begleiten.  Ihr vernahmt es von ihm selbst,
    Wie sehr er wünscht, die Waffen wegzulegen.

Gräfin.
    Er soll sie nicht weglegen, ist die Meinung,
    Er soll sie für den Vater ziehn.

Thekla.
    Sein Blut,
    Sein Leben wird er für den Vater freudig
    Verwenden, wenn ihm Unglimpf widerführe.

Gräfin.
    Ihr wollt mich nicht erraten--Nun so hört.
    Der Vater ist vom Kaiser abgefallen,
    Steht im Begriff, sich zu dem Feind zu schlagen
    Mitsamt dem ganzen Heer--

Thekla.
    O meine Mutter!

Gräfin.
    Es braucht ein großes Beispiel, die Armee
    Ihm nachzuziehn.  Die Piccolomini
    Stehn bei dem Heer in Ansehn, sie beherrschen
    Die Meinung, und entscheidend ist ihr Vorgang.
    Des Vaters sind wir sicher durch den Sohn--
    --Ihr habt jetzt viel in Eurer Hand.

Thekla.
    O jammervolle Mutter!  Welcher Streich des Todes
    Erwartet dich!--Sie wird's nicht überleben.

Gräfin.
    Sie wird in das Notwendige sich fügen.
    Ich kenne sie--Das Ferne, Künftige beängstigt
    Ihr fürchtend Herz; was unabänderlich
    Und wirklich da ist, trägt sie mit Ergebung.

Thekla.
    O meine ahnungsvolle Seele--Jetzt--
    Jetzt ist sie da, die kalte Schreckenshand,
    Die in mein fröhlich Hoffen schaudernd greift.
    Ich wußt' es wohl--O gleich, als ich hier eintrat,
    Weissagte mir's das bange Vorgefühl,
    Daß über mir die Unglückssterne stünden--
    Doch warum denk ich jetzt zuerst an mich--
    O meine Mutter!  meinen Mutter!

Gräfin.
    Faßt Euch.
    Brecht nicht in eitle Klagen aus.  Erhaltet
    Dem Vater einen Freund, Euch den Geliebten,
    So kann noch alles gut und glücklich werden.

Thekla.
    Gut werden!  Was?  Wir sind getrennt auf immer!--
    Ach, davon ist nun gar nicht mehr die Rede.

Gräfin.
    Er läßt Euch nicht!  Er kann nicht von Euch lassen.

Thekla.
    O der Unglückliche!

Gräfin.
    Wenn er Euch wirklich liebt, wird sein Entschluß
    Geschwind gefaßt sein.

Thekla.
    Sein Entschluß wird bald
    Gefaßt sein, daran zweifelt nicht.  Entschluß!
    Ist hier noch ein Entschluß?

Gräfin.
    Faßt euch.  Ich höre
    Die Mutter nahn.

Thekla.
    Wie werd ich ihren Anblick
    Ertragen!

Gräfin.
    Faßt Euch.



Dritter Auftritt

Die Herzogin.  Vorige.


Herzogin.  (zur Gräfin)
    Schwester!  Wer war hier?
    Ich hörte lebhaft reden.

Gräfin.
    Es war niemand.
    Herzogin.
    Ich bin so schreckhaft.  Jedes Rauschen kündigt mir
    Den Fußtritt eines Unglücksboten an.
    Könnt Ihr mir sagen, Schwester, wie es steht?
    Wird er dem Kaiser seinen Willen tun,
    Dem Kardinal die Reiter senden?  Sprecht,
    Hat er den Questenberg mit einer guten
    Antwort entlassen?

Gräfin.
    --Nein, das hat er nicht.

Herzogin.
    O dann ist's aus!  Ich seh das Ärgste kommen.
    Sie werden ihn absetzen, es wird alles wieder
    So werden wie zu Regenspurg.

Gräfin.
    So wird's
    Nicht werden.  Diesmal nicht.  Dafür seid ruhig.
(Thekla, heftig bewegt, stürzt auf die Mutter zu und schließt sie
weinend in die Arme.)

Herzogin.
    O der unbeugsam unbezähmte Mann!
    Was hab ich nicht getragen und gelitten
    In dieser Ehe unglücksvollem Bund!
    Denn gleich wie an ein feurig Rad gefesselt,
    Das rastlos eilend, ewig, heftig treibt,
    Bracht' ich ein angstvoll Leben mit ihm zu,
    Und stets an eines Abgrunds jähem Rande
    Sturzdrohend, schwindelnd riß er mich dahin.
    --Nein, weine nicht, mein Kind.  Laß dir mein Leiden
    Zu keiner bösen Vorbedeutung werden,
    Den Stand, der dich erwartet, nicht verleiden.
    Es lebt kein zweiter Friedland; du, mein Kind,
    Hast deiner Mutter Schicksal nicht zu fürchten.

Thekla.
    O lassen Sie uns fliehen, liebe Mutter!
    Schnell!  Schnell!  Hier ist kein Aufenthalt für uns.
    Jedwede nächste Stunde brütet irgend
    Ein neues, ungeheures Schreckbild aus!

Herzogin.
    Dir wird ein ruhigeres Los!--Auch wir,
    Ich und dein Vater, sahen schöne Tage;
    Der ersten Jahre denk ich noch mit Lust.
    Da war er noch der fröhlich Strebende,
    Sein Ehrgeiz war ein mild erwärmend Feuer,
    Noch nicht die Flamme, die verzehrend rast.
    Der Kaiser liebte ihn, vertraute ihm,
    Und was er anfing, das mußt' ihm geraten.
    Doch seit dem Unglückstag zu Regenspurg,
    Der ihn von seiner Höh' herunterstürzte,
    Ist ein unsteter, ungesell'ger Geist
    Argwöhnisch, finster über ihn gekommen.
    Ihn floh die Ruhe, und dem alten Glück,
    Der eignen Kraft nicht fröhlich mehr vertrauend,
    Wandt' er sein Herz den dunkeln Künsten zu,
    Die keinen, der sie pflegte, noch beglückt.

Gräfin.
    Ihr seht's mit Euren Augen--Aber ist
    Das ein Gespräch, womit wir ihn erwarten?
    Er wird bald hier sein, wißt Ihr.  Soll er sie
    In diesem Zustand finden?

Herzogin.
    Komm, mein Kind.
    Wisch deine Tränen ab.  Zeig deinem Vater
    Ein heitres Antlitz--Sieh, die Schleife hier
    Ist los--Dies Haar muß aufgebunden werden.
    Komm, trockne deine Tränen.  Sie entstellen
    Dein holdes Auge--Was ich sagen wollte?
    Ja, dieser Piccolomini ist doch
    Ein würd'ger Edelmann und voll Verdienst.

Gräfin.
    Das ist er, Schwester.

Thekla.  (zur Gräfin, beängstigt.)
    Tante, wollt Ihr mich
    Entschuldigen?
(Will gehen.)

Gräfin.
    Wohin?  Der Vater kommt.

Thekla.
    Ich kann ihn jetzt nicht sehn.

Gräfin.
    Er wird Euch aber
    Vermissen, nach Euch fragen.

Herzogin.
    Warum geht sie?

Thekla.
    Es ist mir unerträglich, ihn zu sehn.

Gräfin.  (zur Herzogin).
    Ihr ist nicht wohl.

Herzogin.  (besorgt)
    Was fehlt dem lieben Kinde?
(Beide folgen dem Fräulein und sind beschäftigt, sie zurückzuhalten.
Wallenstein erscheint, im Gespräch mit Illo.)



Vierter Auftritt

Wallenstein.  Illo.  Vorige.


Wallenstein.
    Es ist noch still im Lager?

Illo.
    Alles still.

Wallenstein.
    In wenig Stunden kann die Nachricht da sein
    Aus Prag, daß diese Hauptstadt unser ist.
    Dann können wir die Maske von uns werfen,
    Den hiesigen Truppen den getanen Schritt
    Zugleich mit dem Erfolg zu wissen tun.
    In solchen Fällen tut das Beispiel alles.
    Der Mensch ist ein nachahmendes Geschöpf,
    Und wer der Vorderste ist, führt die Herde.
    Die Prager Truppen wissen es nicht anders,
    Als daß die Pilsner Völker uns gehuldigt,
    Und hier in Pilsen sollen sie uns schwören,
    Weil man zu Prag das Beispiel hat gegeben.
    --Der Butler, sagst du, hat sich nun erklärt?

Illo.
    Aus freiem Trieb, unaufgefordert kam er,
    Sich selbst, sein Regiment dir anzubieten.

Wallenstein.
    Nicht jeder Stimme, find ich, ist zu glauben,
    Die warnend sich im Herzen läßt vernehmen.
    Uns zu berücken, borgt der Lügengeist
    Nachahmend oft die Stimme von der Wahrheit
    Und streut betrügliche Orakel aus.
    So hab ich diesem würdig braven Mann,
    Dem Butler, stilles Unrecht abzubitten;
    Denn ein Gefühl, des ich nicht Meister bin,
    Furcht möcht' ich's nicht gern nennen, überschleicht
    In seiner Nähe schaudernd mir die Sinne
    Und hemmt der Liebe freudige Bewegung.
    Und dieser Redliche, vor dem der Geist
    Mich warnt, reicht mir das erste Pfand des Glücks.

Illo.
    Und sein geachtet Beispiel, zweifle nicht,
    Wird dir die Besten in dem Heer gewinnen.

Wallenstein.
    Jetzt geh und schick mir gleich den Isolan
    Hieher, ich hab ihn mir noch jüngst verpflichtet.
    Mit ihm will ich den Anfang machen.  Geh!
(Illo geht hinaus, unterdessen sind die übrigen wieder vorwärts
gekommen.)

Wallenstein.
    Sieh da, die Mutter mit der lieben Tochter!
    Wir wollen einmal von Geschäften ruhn--
    Kommt!  Mich verlangte, eine heitre Stunde
    Im lieben Kreis der Meinen zu verleben.

Gräfin.
    Wir waren lang nicht so beisammen, Bruder.

Wallenstein.  (beiseite, zur Gräfin)
    Kann sie's vernehmen?  Ist sie vorbereitet?

Gräfin.
    Noch nicht.

Wallenstein.
    Komm her, mein Mädchen.  Setz dich zu mir.
    Es ist ein guter Geist auf deinen Lippen,
    Die Mutter hat mir deine Fertigkeit
    Gepriesen, es soll eine zarte Stimme
    Des Wohllauts in dir wohnen, die die Seele
    Bezaubert.  Eine solche Stimme brauch
    Ich jetzt, den bösen Dämon zu vertreiben,
    Der um mein Haupt die schwarzen Flügel schlägt.

Herzogin.
    Wo hast du deine Zither, Thekla?  Komm.
    Laß deinem Vater eine Probe hören
    Von deiner Kunst.

Thekla.
    O meine Mutter!  Gott!

Herzogin.
    Komm, Thekla, und erfreue deinen Vater.

Thekla.
    Ich kann nicht, Mutter--

Gräfin.
    Wie?  Was ist das, Nichte!

Thekla.  (zur Gräfin)
    Verschont mich--Singen--jetzt--in dieser Angst
    Der schwer beladnen Seele--vor ihn singen--
    Der meine Mutter stürzt ins Grab!

Herzogin.
    Wie, Thekla, Launen?  Soll dein güt'ger Vater
    Vergeblich einen Wunsch geäußert haben?

Gräfin.
    Hier ist die Zither.

Thekla.
    O mein Gott--Wie kann ich--
(Hält das Instrument mit zitternder Hand, ihre Seele arbeitet
im heftigsten Kampf, und im Augenblick, da sie anfangen soll,
zu singen, schaudert sie zusammen, wirft das Instrument weg und
geht schnell ab.)

Herzogin.
    Mein Kind--o sie ist krank!
    Wallenstein.
    Was ist dem Mädchen?  Pflegt sie so zu sein?

Gräfin.
    Nun weil sie es denn selbst verrät, so will
    Auch ich nicht länger schweigen.

Wallenstein.
    Wie?

Gräfin.
    Sie liebt ihn.

Wallenstein.
    Liebt!  Wen?

Gräfin.
    Den Piccolomini liebt sie.
    Hast du es nicht bemerkt?  Die Schwester auch nicht?

Herzogin.
    O war es dies, was ihr das Herz beklemmte?
    Gott segne dich, mein Kind!  Du darfst
    Dich deiner Wahl nicht schämen.

Gräfin.
    Diese Reise--
    Wenn's deine Absicht nicht gewesen, schreib's
    Dir selber zu.  Du hättest einen andern
    Begleiter wählen sollen!

Wallenstein.
    Weiß er's?

Gräfin.
    Er hofft sie zu besitzen.

Wallenstein.
    Hofft
    Sie zu besitzen--Ist der Junge toll?

Gräfin.
    Nun mag sie's selber hören!

Wallenstein.
    Die Friedländerin
    Denkt er davonzutragen?  Nun!  Der Einfall
    Gefällt mir!  Die Gedanken stehen ihm nicht niedrig.

Gräfin.
    Weil du so viele Gunst ihm stets bezeugt,
    So--

Wallenstein.
    --Will er mich auch endlich noch beerben.
    Nun ja!  Ich lieb ihn, halt ihn wert; was aber
    Hat das mit meiner Tochter Hand zu schaffen?
    Sind es die Töchter, sind's die einz'gen Kinder,
    Womit man seine Gunst bezeugt?

Herzogin.
    Sein adeliger Sinn und seine Sitten--

Wallenstein.
    Erwerben ihm mein Herz, nicht meine Tochter.

Herzogin.
    Sein Stand und seine Ahnen--

Wallenstein.
    Ahnen!  Was!
    Er ist ein Untertan, und meinen Eidam
    Will ich mir auf Europens Thronen suchen.

Herzogin.
    O lieber Herzog!  Streben wir nicht allzuhoch
    Hinauf, daß wir zu tief nicht fallen mögen.

Wallenstein.
    Ließ ich mir's so viel kosten, in die Höh'
    Zu kommen, über die gemeinen Häupter
    Der Menschen weg zu ragen, um zuletzt
    Die große Lebensrolle mit gemeiner
    Verwandtschaft zu beschließen?--Hab ich darum--
(Plötzlich hält er inne, sich fassend.)
    Sie ist das einzige, was von mir nachbleibt
    Auf Erden; eine Krone will ich sehn
    Auf ihrem Haupte, oder will nicht leben.
    Was?  Alles--Alles!  setz ich dran, um sie
    Recht groß zu machen--ja in der Minute,
    Worin wir sprechen--
(Er besinnt sich.)
    Und ich sollte nun,
    Wie ein weichherz'ger Vater, was sich gern hat
    Und liebt, fein bürgerlich zusammengeben?
    Und jetzt soll ich das tun, jetzt eben, da ich
    Auf mein vollendet Werk den Kranz will setzen--
    Nein, sie ist mir ein langgespartes Kleinod,
    Die höchste, letzte Münze meines Schatzes,
    Nicht niedriger fürwahr gedenk ich sie
    Als um ein Königszepter loszuschlagen--

Herzogin.
    O mein Gemahl!  Sie bauen immer, bauen
    Bis in die Wolken, bauen fort und fort
    Und denken nicht dran, daß der schmale Grund
    Das schwindelnd schwanke Werk nicht tragen kann.

Wallenstein.  (zur Gräfin)
    Hast du ihr angekündigt, welchen Wohnsitz
    Ich ihr bestimmt?

Gräfin.
    Noch nicht.  Entdeckt's ihr selbst.

Herzogin.
    Wie?  Gehen wir nach Kärnten nicht zurück?

Wallenstein.
    Nein.

Herzogin.
    Oder sonst auf keines Ihrer Güter?

Wallenstein.
    Sie würden dort nicht sicher sein.

Herzogin.
    Nicht sicher
    In Kaisers Landen, unter Kaisers Schutz?

Wallenstein.
    Den hat des Friedlands Gattin nicht zu hoffen.

Herzogin.
    O Gott, bis dahin haben Sie's gebracht?

Wallenstein.
    In Holland werden Sie Schutz finden.

Herzogin.
    Was?
    Sie senden uns in lutherischen Länder?

Wallenstein.
    Der Herzog Franz von Lauenburg wird Ihr
    Geleitsmann dahin sein.

Herzogin.
    Der Lauenburger?
    Der's mit dem Schweden hält, des Kaisers Feind?

Wallenstein.
    Des Kaisers Feinde sind die meinen nicht mehr.

Herzogin.  (sieht den Herzog und die Gräfin schreckensvoll an)
    Ist's also wahr?  Es ist?  Sie sind
    gestürzt?  Sind vom Kommando abgesetzt?  O Gott
    Im Himmel!

Gräfin.  (seitwärts zum Herzog)
    Lassen wir sie bei dem Glauben.
    Du siehst, daß sie die Wahrheit nicht ertrüge.



Fünfter Auftritt

Graf Terzky.  Vorige.


Gräfin.
    Terzky!  Was ist ihm?  Welches Bild des Schreckens!
    Als hätt' er ein Gespenst gesehn!

Terzky.  (Wallenstein bei Seite führend, heimlich)
    Ist's dein Befehl, daß die Kroaten reiten?

Wallenstein.
    Ich weiß von nichts.

Terzky.
    Wir sind verraten!

Wallenstein.
    Was?

Terzky.
    Sie sind davon, heut nacht, die Jäger auch,
    Leer stehen alle Dörfer in der Runde.

Wallenstein.
    Und Isolan?

Terzky.
    Den hast du ja verschickt.

Wallenstein.
    Ich?

Terzky.
    Nicht?  Du hast ihn nicht verschickt?  Auch nicht
    Den Deodat?  Sie sind verschwunden beide.



Sechster Auftritt

Illo.  Vorige.


Illo.
    Hat dir der Terzky--

Terzky.
    Er weiß alles.

Illo.
    Auch daß Maradas, Esterhazy, Götz,
    Colalto, Kaunitz dich verlassen?--

Terzky.
    Teufel!

Wallenstein.  (winkt)
    Still!

Gräfin.  (hat sie von weitem ängstlich beobachtet, tritt hinzu)
    Terzky!  Gott!  Was gibt's?  Was ist geschehen?

Wallenstein.  (im Begriff aufzubrechen)
    Nichts!  Laßt uns gehen.

Terzky.  (will ihm folgen)
    Es ist nichts, Therese.

Gräfin.  (hält ihn).
    Nichts?  Seh ich nicht, daß alles Lebensblut
    Aus euren geisterbleichen Wangen wich,
    Daß selbst der Bruder Fassung nur erkünstelt?

Page.  (kommt)
    Ein Adjutant fragt nach dem Grafen Terzky.
(Ab.  Terzky folgt dem Pagen.)

Wallenstein.
    Hör, was er bringt--
(Zu Illo.)
    Das konnte nicht so heimlich
    Geschehen ohne Meuterei--Wer hat
    Die Wache an den Toren?

Illo.
    Tiefenbach.

Wallenstein.
    Laß Tiefenbach ablösen unverzüglich
    Und Terzkys Grenadiere aufziehn.--Höre!
    Hast du von Buttlern Kundschaft?

Illo.
    Buttlern traf ich.
    Gleich ist er selber hier.  Der hält dir fest.
(Illo geht.  Wallenstein will ihm folgen.)

Gräfin.
    Laß ihn nicht von dir, Schwester!  Halt ihn auf--
    Es ist ein Unglück--

Herzogin.
    Großer Gott!  Was ist's?
(Hängt sich an ihn.)

Wallenstein.  (erwehrt sich ihrer).
    Seid ruhig!  Laßt mich!  Schwester!  liebes Weib,
    Wir sind im Lager!  Da ist's nun nicht anders,
    Da wechseln Sturm und Sonnenschein geschwind,
    Schwer lenken sich die heftigen Gemüter,
    Und Ruhe nie beglückt des Führers Haupt--
    Wenn ich soll bleiben, geht!  Denn übel stimmt
    Der Weiber Klage zu dem Tun der Männer.
(Er will gehen.  Terzky kömmt zurück.)

Terzky.
    Bleib hier.  Von diesem Fenster muß man's sehn.

Wallenstein.  (zur Gräfin)
    Geht, Schwester!

Gräfin.
    Nimmermehr!

Wallenstein.
    Ich will's.

Terzky.  (führt sie beiseite, mit einem bedeutenden Wink auf die Herzogin)
    Therese!

Herzogin.
    Komm, Schwester, weil er es befiehlt.
(Gehen ab.)



Siebenter Auftritt

Wallenstein.  Graf Terzky.


Wallenstein.  (ans Fenster tretend)
    Was gibt's denn?

Terzky.
    Es ist ein Rennen und Zusammenlaufen
    Bei allen Truppen.  Niemand weiß die Ursach,
    Geheimnisvoll, mit einer finstern Stille,
    Stellt jedes Korps sich unter seine Fahnen,
    Die Tiefenbacher machen böse Mienen,
    Nur die Wallonen stehen abgesondert
    In ihrem Lager, lassen niemand zu
    Und halten sich gesetzt, so wie sie pflegen.

Wallenstein.
    Zeigt Piccolomini sich unter ihnen?

Terzky.
    Man sucht ihn, er ist nirgends anzutreffen.
    Wallenstein.
    Was überbrachte denn der Adjutant?

Terzky.
    Ihn schickten meine Regimenter ab,
    Sie schwören nochmals Treue dir, erwarten
    Voll Kriegeslust den Aufruf zum Gefechte.

Wallenstein.
    Wie aber kam der Lärmen in das Lager?
    Es sollte ja dem Heer verschwiegen bleiben,
    Bis sich zu Prag das Glück für uns entschieden.

Terzky.
    O daß du mir geglaubt!  Noch gestern Abends
    Beschwuren wir dich, den Octavio,
    Den Schleicher, aus den Toren nicht zu lassen,
    Du gabst die Pferde selber ihm zur Flucht--

Wallenstein.
    Das alte Lied!  Einmal für allemal,
    Nichts mehr von diesem törichten Verdacht!

Terzky.
    Dem Isolani hast du auch getraut,
    Und war der erste doch, der dich verließ.

Wallenstein.
    Ich zog ihn gestern erst aus seinem Elend.
    Fahr hin!  Ich hab auf Dank ja nie gerechnet.

Terzky.
    Und so sind alle, einer wie der andre.

Wallenstein.
    Und tut er Unrecht, daß er von mir geht?
    Er folgt dem Gott, dem er sein Lebenlang
    Am Spieltisch hat gedient.  Mit meinem Glücke
    Schloß er den Bund und bricht ihn, nicht mit mir.
    War ich ihm was, er mir?  Das Schiff nur bin ich,
    Auf das er seine Hoffnung hat geladen,
    Mit dem er wohlgemut das freie Meer
    Durchsegelte; er sieht es über Klippen
    Gefährlich gehn und rettet schnell die Ware.
    Leicht wie der Vogel von dem wirtbarn Zweige,
    Wo er genistet, fliegt er von mir auf,
    Kein menschlich Band ist unter uns zerrissen.
    Ja, der verdient, betrogen sich zu sehn,
    Der Herz gesucht bei dem Gedankenlosen!
    Mit schnell verlöschten Zügen schreiben sich
    Des Lebens Bilder auf die glatte Stirne,
    Nichts fällt in eines Busen stillen Grund,
    Ein muntrer Sinn bewegt die leichten Säfte,
    Doch keine Seele wärmt das Eingeweide.

Terzky.
    Doch möcht' ich mich den glatten Stirnen lieber
    Als jenen tiefgefurchten anvertrauen.



Achter Auftritt

Wallenstein.  Terzky.  Illo kömmt wütend.


Illo.
    Verrat und Meuterei!

Terzky.
    Ha!  was nun wieder?

Illo.
    Die Tiefenbacher, als ich Ordre gab,
    Sie abzulösen--Pflichtvergeßne Schelmen!

Terzky.
    Nun?

Wallenstein.
    Was denn?

Illo.
    Sie verweigern den Gehorsam.

Terzky.
    So laß sie niederschießen!  O gib Ordre!

Wallenstein.
    Gelassen!  Welche Ursach geben sie?

Illo.
    Kein andrer sonst hab ihnen zu befehlen
    Als Generalleutnant Piccolomini.

Wallenstein.
    Was--Wie ist das?

Illo.
    So hab er's hinterlassen
    Und eigenhändig vorgezeigt vom Kaiser.

Terzky.
    Vom Kaiser--Hörst du's, Fürst!

Illo.
    Auf seinen Antrieb
    Sind gestern auch die Obersten entwichen.

Terzky.
    Hörst du's!

Illo.
    Auch Montecuculi, Caraffa
    Und noch sechs andre Generale werden
    Vermißt, die er bered't hat, ihm zu folgen.
    Das hab er alles schon seit lange schriftlich
    Bei sich gehabt vom Kaiser und noch jüngst
    Erst abgeredet mit dem Questenberger.
(Wallenstein sinkt auf einen Stuhl und verhüllt sich das Gesicht.)

Terzky.
    O hättest du mir doch geglaubt!



Neunter Auftritt

Gräfin.  Vorige.


Gräfin.
    Ich kann die Angst--ich kann's nicht länger tragen,
    Um Gotteswillen, sagt mir, was es ist.

Illo.
    Die Regimenter fallen von uns ab.
    Graf Piccolomini ist ein Verräter.

Gräfin.
    O meine Ahnung!
(Stürzt aus dem Zimmer.)

Terzky.
    Hätt' man mir geglaubt!
    Da siehst du's, wie die Sterne dir gelogen!

Wallenstein.  (richtet sich auf)
    Die Sterne lügen nicht, das aber ist
    Geschehen wider Sternenlauf und Schicksal.
    Die Kunst ist redlich, doch dies falsche Herz
    Bringt Lug und Trug in den wahrhaft'gen Himmel.
    Nur auf der Wahrheit ruht die Wahrsagung;
    Wo die Natur aus ihren Grenzen wanket,
    Da irret alle Wissenschaft.  War es
    Ein Aberglaube, menschliche Gestalt
    Durch keinen solchen Argwohn zu entehren,
    O nimmer schäm ich dieser Schwachheit mich!
    Religion ist in der Tiere Trieb,
    Es trinkt der Wilde selbst nicht mit dem Opfer,
    Dem er das Schwert will in den Busen stoßen.
    Das war kein Heldenstück, Octavio!
    Nicht deine Klugheit siegte über meine,
    Dein schlechtes Herz hat über mein gerades
    Den schändlichen Triumph davongetragen.
    Kein Schild fing deinen Mordstreich auf, du führtest
    Ihn ruchlos auf die unbeschützte Brust,
    Ein Kind nur bin ich gegen solche Waffen.



Zehnter Auftritt

Vorige.  Buttler.


Terzky.
    O sieh da!  Buttler!  Das ist noch ein Freund!
    Wallenstein
(geht ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen und umfaßt ihn
mit Herzlichkeit)
    Komm an mein Herz, du alter Kriegsgefährt'!
    So wohl tut nicht der Sonne Blick im Lenz
    Als Freundes Angesicht in solcher Stunde.

Buttler.
    Mein General--Ich komme--

Wallenstein.  (sich auf seine Schultern lehnend)
    Weißt du's schon?
    Der Alte hat dem Kaiser mich verraten.
    Was sagst du?  Dreißig Jahre haben wir
    Zusammen ausgelebt und ausgehalten.
    In einem Feldbett haben wir geschlafen,
    Aus einem Glas getrunken, einen Bissen
    Geteilt, ich stützte mich auf ihn, wie ich
    Auf deine treue Schulter jetzt mich stütze;
    Und in dem Augenblick, da liebevoll
    Vertrauend meine Brust an seiner schlägt,
    Ersieht er sich den Vorteil, sticht das Messer
    Mir listig lauernd, langsam in das Herz!
(Er verbirgt das Gesicht an Buttlers Brust.)

Buttler.
    Vergeßt den Falschen.  Sagt, was wollt Ihr tun?

Wallenstein.
    Wohl, wohl gesprochen.  Fahre hin!  Ich bin
    Noch immer reich an Freunden, bin ich nicht?
    Das Schicksal liebt mich noch, denn eben jetzt,
    Da es des Heuchlers Tücke mir entlarvt,
    Hat es ein treues Herz mir zugesendet.
    Nichts mehr von ihm.  Denkt nicht, daß sein Verlust
    Mich schmerze, oh!  mich schmerzt nur der Betrug.
    Denn wert und teur waren mir die beiden,
    Und jener Max, er liebte mich wahrhaftig,
    Er hat mich nicht getäuscht, er nicht--Genug,
    Genug davon!  Jetzt gilt es schnellen Rat--
    Der Reitende, den mir Graf Kinsky schickt
    Aus Prag, kann jeden Augenblick erscheinen.
    Was er auch bringen mag, er darf den Meutern
    Nicht in die Hände fallen.  Drum geschwind,
    Schickt einen sichern Boten ihm entgegen,
    Der auf geheimem Weg ihn zu mir führe.
(Illo will gehen.)

Buttler.  (hält ihn zurück)
    Mein Feldherr, wen erwartet Ihr?

Wallenstein.
    Den Eilenden, der mir die Nachricht bringt,
    Wie es mit Prag gelungen.

Buttler.
    Hum!

Wallenstein.
    Was ist Euch?

Buttler.
    So wißt Ihr's nicht?

Wallenstein.
    Was denn?

Buttler.
    Wie dieser Lärmer
    Ins Lager kam?--

Wallenstein.
    Wie?

Buttler.
    Jener Bote--

Wallenstein.  (erwartungsvoll)
    Nun?

Buttler.
    Er ist herein.

Terzky und Illo.
    Er ist herein?

Wallenstein.
    Mein Bote?

Buttler.
    Seit mehrern Stunden.

Wallenstein.
    Und ich weiß es nicht?

Buttler.
    Die Wache fing ihn auf.

Illo.  (stampft mit dem Fuß)
    Verdammt!

Buttler.
    Sein Brief
    Ist aufgebrochen, läuft durchs ganze Lager--

Wallenstein.  (gespannt)
    Ihr wißt, was er enthält?

Buttler.  (bedenklich)
    Befragt mich nicht!

Terzky.
    Oh--Weh uns, Illo!  Alles stürzt zusammen!

Wallenstein.
    Verhehlt mir nichts.  Ich kann das Schlimmste hören.
    Prag ist verloren?  Ist's?  Gesteht mir's frei.

Buttler.
    Es ist verloren.  Alle Regimenter
    Zu Budweis, Tabor, Braunau, Königingrätz,
    Zu Brünn und Znaym haben Euch verlassen,
    Dem Kaiser neu gehuldigt--Ihr selbst
    Mit Kinsky, Terzky, Illo seid geächtet.
(Terzky und Illo zeigen Schrecken und Wut.  Wallenstein bleibt
fest und gefaßt stehen.)

Wallenstein.  (nach einer Pause)
    Es ist entschieden, nun ist's gut--und schnell
    Bin ich geheilt von allen Zweifelsqualen,
    Die Brust ist wieder frei, der Geist ist hell:
    Nacht muß es sein, wo Friedlands Sterne strahlen.
    Mit zögerndem Entschluß, mit wankendem Gemüt
    Zog ich das Schwert, ich tat's mit Widerstreben,
    Da es in meine Wahl noch war gegeben!
    Notwendigkeit ist da, der Zweifel flieht,
    Jetzt fecht ich für mein Haupt und für mein Leben.
(Er geht ab.  Die andern folgen.)



Elfter Auftritt


Gräfin Terzky.  (kommt aus dem Seitenzimmer)
    Nein!  Ich kann's länger nicht--Wo sind sie?  Alles
    Ist leer.  Sie lassen mich allein--allein
    In dieser fürchterlichen Angst--Ich muß
    Mich zwingen vor der Schwester, ruhig scheinen
    Und alle Qualen der bedrängten Brust
    In mir verschließen--Das ertrag ich nicht!
    --Wenn es uns fehlschlägt, wenn er zu dem Schweden
    Mit leerer Hand, als Flüchtling, müßte kommen,
    Nicht als geehrter Bundesgenosse, stattlich,
    Gefolgt von eines Heeres Macht--Wenn wir
    Von Land zu Land wie der Pfalzgraf müßten wandern,
    Ein schmählich Denkmal der gefallnen Größe--
    Nein, diesen Tag will ich nicht schaun!  und könnt'
    Er selbst es auch ertragen, so zu sinken,
    Ich trüg's nicht, so gesunken ihn zu sehn.



Zwölfter Auftritt

Gräfin.  Herzogin.  Thekla.


Thekla.  (will die Herzogin zurückhalten)
    O liebe Mutter, bleiben Sie zurück!

Herzogin.
    Nein, hier ist noch ein schreckliches Geheimnis,
    Das mir verhehlt wird--Warum meidet mich
    Die Schwester?  Warum seh ich sie voll Angst
    Umhergetrieben, warum dich voll Schrecken?
    Und was bedeuten diese stummen Winke,
    Die du verstohlen heimlich mit ihr wechselst?

Thekla.
    Nichts, liebe Mutter!

Herzogin.
    Schwester, ich will's wissen.

Gräfin.
    Was hilft's auch, ein Geheimnis draus zu machen!
    Läßt sich's verbergen?  Früher, später muß
    Sie's doch vernehmen lernen und ertragen!
    Nicht Zeit ist's jetzt, der Schwäche nachzugeben,
    Mut ist uns not und ein gefaßter Geist,
    Und in der Stärke müssen wir uns üben.
    Drum besser, es entscheidet sich ihr Schicksal
    Mit einem Wort--Man hintergeht Euch, Schwester.
    Ihr glaubt, der Herzog sei entsetzt--der Herzog
    Ist nicht entsetzt--er ist--

Thekla.  (zur Gräfin gehend)
    Wollt Ihr sie töten?

Gräfin.
    Der Herzog ist--

Thekla.  (die Arme um die Mutter schlagend).
    O standhaft, meine Mutter!

Gräfin.
    Empört hat sich der Herzog, zu dem Feind
    Hat er sich schlagen wollen, die Armee
    Hat ihn verlassen, und es ist mißlungen.
(Während dieser Worte wankt die Herzogin und fällt ohnmächtig
in die Arme ihrer Tochter.)



Dreizehnter Auftritt

Ein großer Saal beim Herzog von Friedland.


Wallenstein.  (im Harnisch)
    Du hast's erreicht, Octavio--Fast bin ich
    Jetzt so verlassen wieder, als ich einst
    Vom Regenspurger Fürstentage ging.
    Da hatt' ich nichts mehr als mich selbst--doch was
    Ein Mann kann wert sein, habt ihr schon erfahren.
    Den Schmuck der Zweige habt ihr abgehauen,
    Da steh ich, ein entlaubter Stamm!  Doch innen
    Im Marke lebt die schaffende Gewalt,
    Die sprossend eine Welt aus sich geboren.
    Schon einmal galt ich euch statt eines Heeres,
    Ich einzelner.  Dahingeschmolzen vor
    Der schwed'schen Stärke waren eure Heere,
    Am Lech sank Tilly, euer letzter Hort;
    Ins Bayerland, wie ein geschwollner Strom,
    Ergoß sich dieser Gustav, und zu Wien
    In seiner Hofburg zitterte der Kaiser.
    Soldaten waren teuer, denn die Menge
    Geht nach dem Glück--Da wandte man die Augen
    Auf mich, den Helfer in der Not, es beugte sich
    Der Stolz des Kaisers vor dem Schwergekränkten:
    Ich sollte aufstehn mit dem Schöpfungswort
    Und in die hohlen Läger Menschen sammeln.
    Ich tat's.  Die Trommel ward gerührt.  Mein Name
    Ging wie ein Kriegsgott durch die Welt.  Der Pflug,
    Die Werkstatt wird verlassen, alles wimmelt
    Der altbekannten Hoffnungsfahne zu--
    --Noch fühl ich mich denselben, der ich war!
    Es ist der Geist, der sich den Körper baut,
    Und Friedland wird sein Lager um sich füllen.
    Führt eure Tausende mir kühn entgegen,
    Gewohnt wohl sind sie, unter mir zu siegen,
    Nicht gegen mich--Wenn Haupt und Glieder sich trennen,
    Da wird sich zeigen, wo die Seele wohnte.
(Illo und Terzky treten ein.)
    Mut, Freunde, Mut!  Wir sind noch nicht zu Boden.
    Fünf Regimenter Terzky sind noch unser
    Und Buttlers wackre Scharen--Morgen stößt
    Ein Heer zu uns von sechzehntausend Schweden.
    Nicht mächt'ger war ich, als ich vor neun Jahren
    Auszog, dem Kaiser Deutschland zu erobern.



Vierzehnter Auftritt

Vorige.  Neumann, der den Grafen Terzky beiseite führt und
mit ihm spricht.


Terzky.  (zu Neumann).
    Was suchen Sie?

Wallenstein.
    Was gibt's?

Terzky.
    Zehn Kürassiere
    Von Pappenheim verlangen dich im Namen
    Des Regiments zu sprechen.

Wallenstein.  (schnell zu Neumann)
    Laß sie kommen.
(Neumann geht hinaus.)
    Davon erwart ich etwas.  Gebet acht,
    Sie zweifeln noch und sind noch zu gewinnen.



Fünfzehnter Auftritt

Wallenstein.  Terzky.  Illo.  Zehn Kürassiere, von einem Gefreiten
geführt, marschieren auf und stellen sich nach dem Kommando in
einem Glied vor den Herzog, die Honneurs machend.


Wallenstein.  (nachdem er sie eine Zeitlang mit den Augen gemessen, zum
Gefreiten)
    Ich kenne dich wohl.  Du bist aus Brügg' in Flandern,
    Dein Nam' ist Mercy.

Gefreiter.
    Heinrich Mercy heiß ich.

Wallenstein.
    Du wurdest abgeschnitten auf dem Marsch,
    Von Hessischen umringt und schlugst dich durch,
    Mit hundertachtzig Mann durch ihrer tausend.

Gefreiter.
    So ist's, mein General.

Wallenstein.
    Was wurde dir
    Für diese wackre Tat?

Gefreiter.
    Die Ehr', mein Feldherr,
    Um die ich bat, bei diesem Korps zu dienen.

Wallenstein.  (wendet sich zu einem andern)
    Du warst darunter, als ich die Freiwilligen
    Heraus ließ treten auf dem Altenberg,
    Die schwed'sche Batterie hinwegzunehmen.

Zweiter Kürassier.
    So ist's, mein Feldherr.

Wallenstein.
    Ich vergesse keinen,
    Mit dem ich einmal Worte hab gewechselt.
    Bringt eure Sache vor.

Gefreiter.  (kommandiert)
    Gewehr in Arm!

Wallenstein.  (zu einem dritten gewendet)
    Du nennst dich Risbeck, Köln ist dein Geburtsort.

Dritter Kürassier.
    Risbeck aus Köln.

Wallenstein.
    Den schwed'schen Oberst Dübald brachtest du
    Gefangen ein im Nürenberger Lager.

Dritter Kürassier.
    Ich nicht, mein General.

Wallenstein.
    Ganz recht!  Es war
    Dein ältrer Bruder, der es tat--du hattest
    Noch einen jüngern Bruder, wo blieb der?

Dritter Kürassier.
    Er steht zu Olmütz bei des Kaisers Heer.

Wallenstein.  (zum Gefreiten)
    Nun so laß hören.

Gefreiter.
    Ein kaiserlicher Brief kam uns zu Handen,
    Der uns--

Wallenstein.  (unterbricht ihn)
    Wer wählte Euch?

Gefreiter.
    Jedwede Fahn'
    Zog ihren Mann durchs Los.

Wallenstein.
    Nun denn zur Sache!

Gefreiter.
    Ein kaiserlicher Brief kam uns zu Handen,
    Der uns befiehlt, die Pflicht dir aufzukündigen,
    Weil du ein Feind und Landsverräter seist.
    Wallenstein.
    Was habt ihr drauf beschlossen?

Gefreiter.
    Unsre Kameraden
    Zu Braunau, Budweis, Prag und Olmütz haben
    Bereits gehorcht, und ihrem Beispiel folgten
    Die Regimenter Tiefenbach, Toscana.
    --Wir aber glauben's nicht, daß du ein Feind
    Und Landsverräter bist, wir halten's bloß
    Für Lug und Trug und spanische Erfindung.
(Treuherzig.)
    Du selber sollst uns sagen, was du vorhast,
    Denn du bist immer wahr mit uns gewesen,
    Das höchste Zutraun haben wir zu dir,
    Kein fremder Mund soll zwischen uns sich schieben,
    Den guten Feldherrn und die guten Truppen.

Wallenstein.
    Daran erkenn ich meine Pappenheimer.

Gefreiter.
    Und dies entbietet dir dein Regiment:
    Ist's deine Absicht bloß, dies Kriegeszepter,
    Das dir gebührt, das dir der Kaiser hat
    Vertraut, in deinen Händen zu bewahren,
    Östreichs rechtschaffner Feldhauptmann zu sein,
    So wollen wir dir beistehn und dich schützen
    Bei deinem guten Rechte gegen jeden--
    Und wenn die andern Regimenter alle
    Sich von dir wenden, wollen wir allein
    Dir treu sein, unser Leben für dich lassen.
    Denn das ist unsre Reiterpflicht, daß wir
    Umkommen lieber, als dich sinken lassen.
    Wenn's aber so ist, wie des Kaisers Brief
    Besagt, wenn's wahr ist, daß du uns zum Feind
    Treuloserweise willst hinüberführen,
    Was Gott verhüte!  ja, so wollen wir
    Dich auch verlassen und dem Brief gehorchen.

Wallenstein.
    Hört, Kinder--

Gefreiter.
    Braucht nicht viel Wort.  Sprich
    Ja oder nein, so sind wir schon zufrieden.

Wallenstein.
    Hört an.  Ich weiß, daß ihr verständig seid,
    Selbst prüft und denkt und nicht der Herde folgt.
    Drum hab ich euch, ihr wißt's, auch ehrenvoll
    Stets unterschieden in der Heereswoge;
    Denn nur die Fahnen zählt der schnelle Blick
    Des Feldherrn, er bemerkt kein einzeln Haupt,
    Streng herrscht und blind der eiserne Befehl,
    Es kann der Mensch dem Menschen hier nichts gelten--
    So, wißt ihr, hab ich's nicht mit euch gehalten;
    Wie ihr euch selbst zu fassen angefangen
    Im rohen Handwerk, wie von euren Stirnen
    Der menschliche Gedanke mir geleuchtet,
    Hab ich als freie Männer euch behandelt,
    Der eignen Stimme Recht euch zugestanden--

Gefreiter.
    Ja, würdig hast du stets mit uns verfahren,
    Mein Feldherr, uns geehrt durch dein Vertraun,
    Uns Gunst erzeigt vor allen Regimentern.
    Wir folgen auch dem großen Haufen nicht,
    Du siehst's!  Wir wollen treulich bei dir halten.
    Sprich nur ein Wort, dein Wort soll uns genügen,
    Daß es Verrat nicht sei, worauf du sinnst,
    Daß du das Herr zum Feind nicht wollest führen.

Wallenstein.
    Mich, mich verrät man!  Aufgeopfert hat mich
    Der Kaiser meinen Feinden, fallen muß ich,
    Wenn meine braven Truppen mich nicht retten.
    Euch will ich mich vertrauen--Euer Herz
    Sei meine Festung!  Seht, auf diese Brust
    Zielt man!  Nach diesem greisen Haupte!--Das
    Ist span'sche Dankbarkeit, das haben wir
    Für jene Mordschlacht auf der alten Feste,
    Auf Lützens Ebnen!  Darum warfen wir
    Die nackte Brust der Partisan' entgegen,
    Drum machten wir die eisbedeckten Erde,
    Den harten Stein zu unserm Pfühl; kein Strom
    War uns zu schnell, kein Wald zu undurchdringlich,
    Wir folgten jenem Mansfeld unverdrossen
    Durch alle Schlangenkrümmen seiner Flucht,
    Ein ruheloser Marsch war unser Leben,
    Und wie des Windes Sausen, heimatlos,
    Durchstürmten wir die kriegbewegte Erde.
    Und jetzt, da wir die schwere Waffenarbeit,
    Die undankbare, fluchbeladene, getan,
    Mit unermüdet treuem Arm des Krieges Last
    Gewälzt, soll dieser kaiserliche Jüngling
    Den Frieden leicht wegtragen, soll den Ölzweig,
    Die wohlverdiente Zierde unsers Haupts,
    Sich in die blonden Knabenhaare flechten--

Gefreiter.
    Das soll er nicht, solang wir's hindern können.
    Niemand als du, der ihn mit Ruhm geführt,
    Soll diesen Krieg, den fürchterlichen, enden.
    Du führtest uns heraus ins blut'ge Feld
    Des Todes, du, kein andrer, sollst uns fröhlich
    Heimführen in des Friedens schöne Fluren,
    Der langen Arbeit Früchte mit uns teilen--

Wallenstein.
    Wie?  denkt ihr euch im späten Alter endlich
    Der Früchte zu erfreuen?  Glaubt das nicht.
    Ihr werdet dieses Kampfes Ende nimmer
    Erblicken!  Dieser Krieg verschlingt uns alle.
    Östreich will keinen Frieden; darum eben,
    Weil ich den Frieden suche, muß ich fallen.
    Was kümmert's Östreich, ob der lange Krieg
    Die Heere aufreibt und die Welt verwüstet,
    Es will nur wachsen stets und Land gewinnen.
    Ihr seid gerührt--ich seh den edeln Zorn
    Aus euren kriegerischen Augen blitzen.
    O daß mein Geist euch jetzt beseelen möchte,
    Kühn, wie er einst in Schlachten euch geführt!
    Ihr wollt mir beistehn, wollt mich mit den Waffen
    Bei meinem Rechte schützen--das ist edelmütig!
    Doch denket nicht, daß ihr's vollenden werdet,
    Das kleine Heer!  Vergebens werdet ihr
    Für euren Feldherrn euch geopfert haben.
(Zutraulich.)
    Nein!  Laßt uns sicher gehen, Freunde suchen,
    Der Schwede sagt uns Hilfe zu, laßt uns
    Zum Schein sie nutzen, bis wir, beiden furchtbar,
    Europens Schicksal in den Händen tragen
    Und der erfreuten Welt aus unserm Lager
    Den Frieden schön bekränzt entgegenführen.

Gefreiter.
    So treibst du's mit dem Schweden nur zum Schein?
    Du willst den Kaiser nicht verraten, willst uns
    Nicht schwedisch machen?--sieh, das ist's allein,
    Was wir von dir verlangen zu erfahren.

Wallenstein.
    Was geht der Schwed' mich an?  Ich haß ihn, wir
    Den Pfuhl der Hölle, und mit Gott gedenk ich ihn
    Bald über seine Ostsee heimzujagen.
    Mir ist's allein ums Ganze.  Seht!  Ich hab
    Ein Herz, der Jammer dieses deutschen Volks erbarmt mich.
    Ihr seid gemeine Männer nur, doch denkt
    Ihr nicht gemein, ihr scheint mir's wert vor andern,
    Daß ich ein traulich Wörtlein zu euch rede--
    Seht!  Fünfzehn Jahr schon brennt die Kriegesfackel,
    Und noch ist nirgends Stillstand.  Schwed' und Deutscher!
    Papist und Lutheraner!  Keiner will
    Dem andern weichen!  Jede Hand ist wider
    Die andre!  Alles ist Partei und nirgends
    Kein Richter!  Sagt, wo soll das enden?  wer
    Den Knäul entwirren, der, sich endlos selbst
    Vermehrend, wächst--Er muß zerhauen werden.
    Ich fühl's, daß ich der Mann des Schicksals bin,
    Und hoff's mit eurer Hilfe zu vollführen.



Sechzehnter Auftritt

Buttler.  Vorige.


Buttler.  (in Eifer)
    Das ist nicht wohlgetan, mein Feldherr.

Wallenstein.
    Was?

Buttler.
    Das muß uns schaden bei den Gutgesinnten.

Wallenstein.
    Was denn?

Buttler.
    Es heißt den Aufruhr öffentlich erklären!

Wallenstein.
    Was ist es denn?

Buttler.
    Graf Terzkys Regimenter reißen
    Den kaiserlichen Adler von den Fahnen
    Und pflanzen deine Zeichen auf.

Gefreiter.  (zu den Kürassieren).
    Rechts um!

Wallenstein.
    Verflucht sei dieser Rat, und wer ihn gab!
(Zu den Kürassieren, welche abmarschieren.)
    Halt, Kinder, halt--Es ist ein Irrtum--Hört--
    Und streng will ich's bestrafen--Hört doch!  Bleibt.
    Sie hören nicht.
(Zu Illo.)
    Geh nach, bedeute sie,
    Bring sie zurück, es koste was es wolle.
(Illo eilt hinaus.)
    Das stürzt uns ins Verderben--Buttler!  Buttler!
    Ihr seid mein böser Dämon, warum mußtet Ihr's
    In ihrem Beisein melden!--Alles war
    Auf gutem Weg--Sie waren halb gewonnen--
    Die Rasenden, mit ihrer unbedachten
    Dienstfertigkeit!--O grausam spielt das Glück
    Mit mir!  Der Freunde Eifer ist's, der mich
    Zugrunde richtet, nicht er Haß der Feinde.



Siebzehnter Auftritt

Vorige.  Die Herzogin stürzt ins Zimmer.  Ihr folgt Thekla und
die Gräfin.  Dann Illo.


Herzogin.
    O Albrecht!  Was hast du getan!

Wallenstein.
    Nun das noch!

Gräfin.
    Verzeih mir, Bruder.  Ich vermocht' es nicht,
    Sie wissen alles.

Herzogin.
    Was hast du getan!

Gräfin.  (zu Terzky)
    Ist keine Hoffnung mehr?  Ist alles denn
    Verloren?

Terzky.
    Alles.  Prag ist in des Kaisers Hand,
    Die Regimenter haben neu gehuldigt.

Gräfin.
    Heimtückischer Octavio!--Und auch
    Graf Max ist fort?

Terzky.
    Wo sollt er sein?  Er ist
    Mit seinem Vater über zu dem Kaiser.
(Thekla stürzt in die Arme ihrer Mutter, das Gesicht an ihrem
Busen verbergend.)

Herzogin.  (sie in die Arme schließend).
    Unglücklich Kind!  Unglücklichere Mutter!

Wallenstein.  (beiseite gehend mit Terzky).
    Laß einen Reisewagen schnell bereit sein
    Im Hinterhofe, diese wegzubringen.
(Auf die Frauen zeigend.)
    Der Scherfenberg kann mit, der ist uns treu,
    Nach Eger bringt er sie, wir folgen nach.
(Zu Illo, der wiederkommt.)
    Du bringst sie nicht zurück?

Illo.
    Hörst du den Auflauf?
    Das ganze Korps der Pappenheimer ist
    Im Anzug.  Sie verlangen ihren Oberst,
    Den Max zurück, er sei hier auf dem Schloß,
    Behaupten sie, du haltest ihn mit Zwang,
    Und wenn du ihn nicht losgebst, werde man
    Ihn mit dem Schwerte zu befreien wissen.
(Alle stehen erstaunt.)

Wallenstein.
    Sagt' ich's nicht?
    O mein wahrsagend Herz!  Er ist noch hier.
    Er hat mich nicht verraten, hat es nicht
    Vermocht--Ich habe nie daran gezweifelt.

Gräfin.
    Ist er noch hier, o dann ist alles gut,
    Dann weiß ich, was ihn ewig halten soll!
(Thekla umarmend.)

Terzky.
    Es kann nicht sein.  Bedenke doch!  Der Alte
    Hat uns verraten, ist zum Kaiser über,
    Wie kann er's wagen, hierzusein?

Illo.  (zum Wallenstein)
    Den Jagdzug,
    Den du ihm kürzlich schenktest, sah ich noch
    Vor wenig Stunden übern Markt wegführen.

Gräfin.
    O Nichte, dann ist er nicht weit!

Thekla.  (hat den Blick nach der Türe geheftet und ruft lebhaft)
    Da ist er!



Achtzehnter Auftritt

Die Vorigen.  Max Piccolomini.


Max.  (mitten in den Saal tretend).
    Ja!  Ja!  da ist er!  Ich vermag's nicht länger,
    Mit leisem Tritt um dieses Haus zu schleichen,
    Den günst'gen Augenblick verstohlen zu
    Erlauern--Dieses Harren, diese Angst
    Geht über meine Kräfte!
(Auf Thekla zugehend, welche sich ihrer Mutter in die Arme
geworfen.)
    O sieh mich an!  Sieh nicht weg, holder Engel.
    Bekenn es frei vor allen.  Fürchte niemand.
    Es höre, wer es will, daß wir uns lieben.
    Wozu es noch verbergen?  Das Geheimnis
    Ist für die Glücklichen; das Unglück braucht,
    Das hoffnungslose, keinen Schleier mehr,
    Frei unter tausend Sonnen kann es handeln.
(Er bemerkt die Gräfin, welche mit frohlockendem Gesicht auf
Thekla blickt.)
    Nein, Base Terzky!  Seht mich nicht erwartend,
    Sicht hoffend an!  Ich komme nicht zu bleiben.
    Abschied zu nehmen, komm ich--Es ist aus.
    Ich muß, muß dich verlassen, Thekla--muß!
    Doch deinen Haß kann ich nicht mit mir nehmen.
    Nur einen Blick des Mitleids gönne mir,
    Sag, daß du mich nicht hassest.  Sag mir's, Thekla.
(Indem er ihre Hand faßt, heftig bewegt.)
    O Gott!--Gott!  Ich kann nicht von dieser Stelle.
    Ich kann es nicht--kann diese Hand nicht lassen.
    Sag, Thekla, daß du Mitleid mit mir hast,
    Dich selber überzeugst, ich kann nicht anders.
(Thekla, seinen Blick vermeidend, zeigt mit der Hand auf ihren Vater;
er wendet sich nach dem Herzog um, den er jetzt erst gewahr wird.)
    Du hier?--Nicht du bist's, den ich hier gesucht.
    Dich sollten meine Augen nicht mehr schauen.
    Ich hab es nur mit ihr allein.  Hier will ich,
    Von diesem Herzen freigesprochen sein,
    An allem andern ist nichts mehr gelegen.

Wallenstein.
    Denkst du, ich soll der Tor sein und dich ziehen lassen
    Und eine Großmutsszene mit dir spielen?
    Dein Vater ist zum Schelm an mir geworden,
    Du bist mir nichts mehr als sein Sohn, sollst nicht
    Umsonst in meine Macht gegeben sein.
    Denk nicht, daß ich die alte Freundschaft ehren werde,
    Die er so ruchlos hat verletzt.  Die Zeiten
    Der Liebe sind vorbei, der zarten Schonung,
    Und Haß und Rache kommen an die Reihe.
    Ich kann auch Unmensch sein, wie er.

Max.
    Du wirst mit mir verfahren, wie du Macht hast.
    Wohl aber weißt du, daß ich deinem Zorn
    Nicht trotze, noch ihn fürchte.  Was mich hier
    Zurückhält, weißt du!
(Thekla bei der Hand fassend.)
    Sieh!  Alles--alles wollt' ich dir verdanken,
    Das Los der Seligen wollt' ich empfangen
    Aus deiner väterlichen Hand.  Du hast's
    Zerstört, doch daran liegt dir nichts.  Gleichgültig
    Trittst du das Glück der Deinen in den Staub,
    Der Gott, dem du dienst, ist kein Gott der Gnade.
    Wie das gemütlos blinde Element,
    Das furchtbare, mit dem kein Bund zu schließen,
    Folgst du des Herzens wildem Trieb allein.
    Weh denen, die auf dich vertraun, an dich
    Die sichre Hütte ihres Glückes lehnen,
    Gelockt von deiner gastlichen Gestalt!
    Schnell, unverhofft, bei nächtlich stiller Weile
    Gärt's in dem tück'schen Feuerschlunde, ladet
    Sich aus mit tobender Gewalt, und weg
    Treibt über alle Pflanzungen der Menschen
    Der wilde Strom in grausender Zerstörung.

Wallenstein.
    Du schilderst deines Vaters Herz.  Wie du's
    Beschreibst, so ist's in seinem Eingeweide,
    In dieser schwarzen Heuchlers Brust gestaltet.
    O mich hat Höllenkunst getäuscht.  Mir sandte
    Der Abgrund den verstecktesten der Geister,
    Den Lügenkundigsten herauf und stellt ihn
    Als Freund an meine Seite.  Wer vermag
    Der Hölle Macht zu widerstehn!  Ich zog
    Des Basilisken auf an meinem Busen,
    Mit meinem Herzblut nährt' ich ihn, er sog
    Sich schwelgend voll an meiner Liebe Brüsten,
    Ich hatte nimmer Arges gegen ihn,
    Weit offen ließ ich des Gedankens Tore
    Und warf die Schlüssel weiser Vorsicht weg--
    Am Sternenhimmel suchten meine Augen,
    Im weiten Weltenraum den Feind, den ich
    Im Herzen meines Herzens eingeschlossen.
    --Wär' ich dem Ferdinand gewesen, was
    Octavio mir war--Ich hätt' ihm nie
    Krieg angekündigt--nie hätt' ich's vermocht.
    Er war mein strenger Herr nur, nicht mein Freund,
    Nicht meiner Treu vertraute sich der Kaiser.
    Krieg war schon zwischen mir und ihm, als er
    Den Feldherrnstab in meine Hände legte;
    Denn Krieg ist ewig zwischen List und Argwohn,
    Nur zwischen Glauben und Vertraun ist Friede.
    Wer das Vertraun vergiftet, o der mordet
    Das werdende Geschlecht im Leib der Mutter.

Max.
    Ich will den Vater nicht verteidigen.
    Weh mir, daß ich's nicht kann!
    Unglücklich schwere Taten sind geschehn,
    Und eine Frevelhandlung faßt die andre
    In enggeschloßner Kette grausend an.
    Doch wie gerieten wir, die nichts verschuldet,
    In diesen Kreis des Unglücks und Verbrechens?
    Wem brachen wir die Treue?  Warum muß
    Der Väter Doppelschuld und Freveltat
    Uns gräßlich wie ein Schlangenpaar umwinden?
    Warum der Väter unversöhnter Haß
    Auch uns, die Liebenden, zerreißend scheiden?
(Er umschlingt Thekla mit heftigem Schmerz.)

Wallenstein.  (hat den Blick schweigend auf ihn geheftet und
    nähert sich jetzt).
    Max!  Bleibe bei mir.--Geh nicht von mir, Max!
    Sieh, als man dich im pragschen Winterlager
    Ins Zelt mir brachte, einen zarten Knaben,
    Des deutschen Winters ungewohnt, die Hand
    War dir erstarrt an der gewichtigen Fahne,
    Du wolltst männlich sie nicht lassen, damals nahm ich
    Dich auf, bedeckte dich mit meinem Mantel,
    Ich selbst war deine Wärterin, nicht schämt' ich
    Der kleinen Dienste mich, ich pflegte deiner
    Mit weiblich sorgender Geschäftigkeit,
    Bis du, von mir erwärmt, an meinem Herzen,
    Das junge Leben wieder freudig fühltest.
    Wann hab ich seitdem meinen Sinn verändert?
    Ich habe viele Tausend reich gemacht,
    Mit Ländereien sie beschenkt, belohnt
    Mit Ehrenstellen--dich hab ich geliebt,
    Mein Herz, mich selber hab ich dir gegeben.
    Sie alle waren Fremdlinge, du warst
    Das Kind des Hauses--Max!  du kannst mich nicht
    verlassen!
    Es kann nicht sein, ich mag's und will's nicht glauben,
    Daß mich der Max verlassen kann.

Max.
    O Gott!

Wallenstein.
    Ich habe dich gehalten und getragen
    Von Kindesbeinen an--Was tat dein Vater
    Für dich, das ich nicht reichlich auch getan?
    Ein Liebesnetz hab ich um dich gesponnen,
    Zerreiß es, wenn du kannst--Du bist an mich
    Geknüpft mit jedem zarten Seelenbande,
    Mit jeder heil'gen Fessel der Natur,
    Die Menschen aneinanderketten kannn.
    Geh hin, verlaß mich, diene deinem Kaiser,
    Laß dich mit einem goldnen Gnadenkettlein,
    Mit seinem Widderfell dafür belohnen,
    Daß dir der Freund, der Vater deiner Jugend,
    Daß dir das heiligste Gefühl nichts galt.

Max.  (in heftigem Kampf)
    O Gott!  Wie kann ich anders?  Muß ich nicht?
    Mein Eid--die Pflicht--

Wallenstein.
    Pflicht, gegen wen?  Wer bist du?
    Wenn ich am Kaiser unrecht handle, ist's
    Mein Unrecht, nicht das deinige.  Gehörst
    Du dir?  Bist du dein eigener Gebieter,
    Stehst frei da in der Welt, wie ich, daß du
    Der Täter deiner Taten könntest sein?
    Auf mich bist du gepflanzt, ich bin dein Kaiser,
    Mir angehören, mir gehorchen, das
    Ist deine Ehre, dein Naturgesetz.
    Und wenn der Stern, auf dem du lebst und wohnst,
    Aus seinem Gleise tritt, sich brennend wirft
    Auf ein nächste Welt und sie entzündet,
    Dukannst nicht wählen, ob du folgen willst,
    Fort reißt er dich in seines Schwunges Kraft
    Samt seinem Ring und allen seinen Monden.
    Mit leichter Schuld gehst du in diesen Streit,
    Dich wird die Welt nicht tadeln, sie wird's loben,
    Daß dir der Freund das meiste hat gegolten.



Neunzehnter Auftritt

Vorige.  Neumann.


Wallenstein.
    Was gibt's?

Neumann.
    Die Pappenheimischen sind abgesessen
    Und rücken an zu Fuß; sie sind entschlossen,
    Den Degen in der Hand das Haus zu stürmen,
    Den Grafen wollen sie befrein.

Wallenstein.  (zu Terzky)
    Man soll
    Die Ketten vorziehn, das Geschütz aufpflanzen.
    Mit Kettenkugeln will ich sie empfangen.
(Terzky geht.)
    Mir vorzuschreiben mit dem Schwert!  Geh, Neumann,
    Sie sollen sich zurückziehn, augenblicks,
    Ist mein Befehl, und in der Ordnung schweigend warten,
    Was mir gefallen wird zu tun.
(Neumann geht ab.  Illo ist ans Fenster getreten.)

Gräfin.
    Entlaß ihn.
    Ich bitte dich, entlaß ihn!

Illo.  (am Fenster)
    Tod und Teufel!

Wallenstein.
    Was ist's?

Illo.
    Aufs Rathaus steigen sie, das Dach
    Wird abgedeckt, sie richten die Kanonen
    Aufs Haus--

Max.
    Die Rasenden!

Illo.
    Sie machen Anstalt,
    Uns zu beschießen--
    Herzogin und Gräfin.
    Gott im Himmel!

Max.  (zu Wallenstein).
    Laß mich
    Hinunter, sie bedeuten--

Wallenstein.
    Keinen Schritt!

Max.  (auf Thekla und die Herzogin zeigend)
    Ihr Leben aber!  Deins!

Wallenstein.
    Was bringst du, Terzky?



Zwanzigster Auftritt

Vorige.  Terzky kommt zurück.


Terzky.
    Botschaft von unsern treuen Regimentern.
    Ihr Mut sei länger nicht zu bändigen,
    Sie flehen um Erlaubnis, anzugreifen,
    Vom Prager- und vom Mühl-Tor sind sie Herr,
    Und wenn du nur die Losung wolltest geben,
    So könnten sie den Feind im Rücken fassen,
    Ihn in die Stadt einkeilen, in der Enge
    Der Straßen leicht ihn überwältigen.

Illo.
    O komm!  Laß ihren Eifer nicht erkalten.
    Die Buttlerischen halten treu zu uns,
    Wir sind die größre Zahl und werfen sie
    Und enden hier in Pilsen die Empörung.

Wallenstein.
    Soll diese Stadt zum Schlachtgefilde werden
    Und brüderliche Zwietracht, feueraugig,
    Durch ihre Straßen losgelassen toben?
    Dem tauben Grimm, der keinen Führer hört,
    Soll die Entscheidung übergeben sein?
    Hier ist nicht Raum zum Schlagen, nur zum Würgen;
    Die losgebundnen Furien der Wut
    Ruft keines Herrschers Stimme mehr zurück.
    Wohl, es mag sein!  Ich hab es lang bedacht,
    So mag sich's rasch und blutig denn entladen.
(Zu Max gewendet.)
    Wie ist's?  Willst du den Gang mit mir versuchen?
    Freiheit zu gehen hast du.  Stelle dich
    Mir gegenüber.  Führe sie zum Kampf.
    Den Krieg verstehst du, hast bei mir etwas
    Gelernt, ich darf des Gegners mich nicht schämen,
    Und keinen schönern Tag erlebst du, mir
    Die Schule zu bezahlen.

Gräfin.
    Ist es dahin
    Gekommen?  Vetter!  Vetter!  könnt Ihr's tragen?

Max.
    Die Regimenter, die mir anvertraut sind,
    Dem Kaiser treu hinwegzuführen, hab ich
    Gelobt; dies will ich halten oder sterben.
    Mehr fordert keine Pflicht von mir.  Ich fechte
    Nicht gegen dich, wenn ich's vermeiden kann,
    Denn auch dein feindlich Haupt ist mir noch heilig.
(Es geschehn zwei Schüsse.  Illo und Terzky eilen ans Fenster.)

Wallenstein.
    Was ist das?

Terzky.
    Er stürzt.
    Wallenstein.
    Stürzt!  Wer?

Illo.
    Die Tiefenbacher taten
    Den Schuß.

Wallenstein.
    Auf wen?

Illo.
    Auf diesen Neumann, den
    Du schicktest--

Wallenstein.  (auffahrend).
    Tod und Teufel!  So will ich--
(Will gehen.)

Terzky.
    Dich ihrer blinden Wut entgegenstellen?
    Herzogin und Gräfin.
    Um Gotteswillen nicht!

Illo.
    Jetzt nicht, mein Feldherr.

Gräfin.
    O halt ihn!  halt ihn!

Wallenstein.
    Laßt mich!

Max.
    Tu es nicht,
    Jetzt nicht.  Die blutig rasche Tat hat sie
    In Wut gesetzt, erwarte ihre Reue--

Wallenstein.
    Hinweg!  Zu lange schon hab ich gezaudert.
    Das konnten sie sich freventlich erkühnen,
    Weil sie mein Angesicht nicht sahn--sie sollen
    Mein Antlitz sehen, meine Stimme hören--
    Sind es nicht meine Truppen?  Bin ich nicht
    Ihr Feldherr und gefürchteter Gebieter?
    Laß sehn, ob sie das Antlitz nicht mehr kennen,
    Das ihre Sonne war in dunkler Schlacht.
    Es braucht der Waffen nicht.  Ich zeige mich
    Vom Altan dem Rebellenherr, und schnell
    Bezähmt, gebt acht, kehrt der empörte Sinn
    Ins alte Bette des Gehorsams wieder.
(Er geht.  Ihm folgen Illo, Terzky und Buttler.)



Einundzwanzigster Auftritt

Gräfin.  Herzogin.  Max und Thekla.


Gräfin.  (zur Herzogin)
    Wenn sie ihn sehn--Es ist noch Hoffnung, Schwester.

Herzogin.
    Hoffnung!  Ich habe keine.

Max.  (der während des letzten Auftritts in einem sichtbaren Kampf
    von ferne gestanden, tritt näher).
    Das ertrag ich nicht.
    Ich kam hierher mit fest entschiedner Seele,
    Ich glaubte, recht und tadellos zu tun,
    Und muß hier stehen, wie ein Hassenswerter,
    Ein roh Unmenschlicher, vom Fluch belastet,
    Vom Abscheu aller, die mir teuer sind,
    Unwürdig schwer bedrängt die Lieben sehn,
    Die ich mit einem Wort beglücken kann--
    Das Herz in mir empört sich, es erheben
    Zwei Stimmen streitend sich in meiner Brust,
    In mir ist Nacht, ich weiß das Rechte nicht zu wählen.
    O wohl, wohl hast du wahr geredet, Vater,
    Zu viel vertraut' ich auf das eigne Herz,
    Ich stehe wankend, weiß nicht, was ich soll.

Gräfin.
    Sie wissen's nicht?  Ihr Herz sagt's Ihnen nicht?
    So will ich's Ihnen sagen!
    Ihr Vater hat den schreienden Verrat
    An uns begangen, an des Fürsten Haupt
    Gefrevelt, uns in Schmach gestürzt, daraus
    Ergibt sich klar, was Sie, sein Sohn, tun sollen:
    Gutmachen, was der Schändliche verbrochen,
    Ein Beispiel aufzustellen frommer Treu,
    Daß nicht der Name Piccolomini
    Ein Schandlied sei, ein ew'ger Fluch im Haus
    Der Wallensteiner.

Max.
    Wo ist eine Stimme
    Der Wahrheit, der ich folgen darf?  Uns alle
    Bewegt der Wunsch, die Leidenschaft.  Daß jetzt
    Ein Engel mir vom Himmel niederstiege,
    Das Rechte mir, das unverfälschte, schöpfte
    Am reinen Lichtquell, mit der reinen Hand!
(Indem seine Augen auf Thekla fallen.)
    Wie?  Such ich diesen Engel noch?  Erwart ich
    Noch einen andern?
(Er nähert sich ihr, den Arm um sie schlagend.)
    Hier, auf dieses Herz,
    Das unfehlbare, heilig reine will
    Ich's legen, deine Liebe will ich fragen,
    Die nur den Glücklichen beglücken kann,
    Vom unglückselig Schuldigen sich wendet.
    Kannst du mich dann noch lieben, wenn ich bleibe?
    Erkläre, daß du's kannst, und ich bin euer.

Gräfin.  (mit Bedeutung)
    Bedenkt--

Max.  (unterbricht sie)
    Bedenke nichts.  Sag, wie du's fühlst.

Gräfin.
    An Euren Vater denkt--

Max.  (unterbricht sie)
    Nicht Friedlands Tochter,
    Ich frage dich, dich, die Geliebte frag ich!
    Es gilt nicht, eine Krone zu gewinnen,
    Das möchtst du mit klugem Geist bedenken.
    Die Ruhe deines Freundes gilt's, das Glück
    Von einem Tausend tapfrer Heldenherzen,
    Die seine Tat zum Muster nehmen werden.
    Soll ich dem Kaiser Eid und Pflicht abschwören?
    Soll ich ins Lager des Octavio
    Die vatermörderische Kugel senden?
    Denn wenn die Kugel los ist aus dem Lauf,
    Ist sie kein totes Werkzeug mehr, sie lebt,
    Ein Geist fährt in sie, die Erinnyen
    Ergreifen sie, des Frevels Rächerinnen,
    Und führen tückisch sie den ärgsten Weg.

Thekla.
    O Max--

Max.  (unterbricht sie)
    Nein, übereile dich auch nicht.
    Ich kenne dich.  Dem edeln Herzen könnte
    Die schwerste Pflicht die nächste scheinen.  Nicht
    Das Große, nur das Menschliche geschehe.
    Denk, was der Fürst von je an mir getan;
    Denk auch, wie's ihm mein Vater hat vergolten,
    O auch die schönen, freien Regungen
    Der Gastlichkeit, der frommen Freundestreue
    Sind eine heilige Religion dem Herzen,
    Schwer rächen sie die Schauder der Natur
    An dem Barbaren, der sie gräßlich schändet.
    Leg alles, alles in die Waage, sprich
    Und laß dein Herz entscheiden.

Thekla.
    O das deine
    Hat längst entschieden.  Folge deinem ersten
    Gefühl--

Gräfin.
    Unglückliche!

Thekla.
    Wie könnte das
    Das Rechte sein, was dieses zarte Herz
    Nicht gleich zuerst ergriffen und gefunden?
    Geh und erfülle deine Pflicht.  Ich würde
    Dich immer lieben.  Was du auch erwählt,
    Du würdest edel stets und deiner würdig
    Gehandelt haben--aber Reue soll
    Nicht deiner Seele schönen Frieden stören.

Max.
    So muß ich dich verlassen, von dir scheiden!

Thekla.
    Wie du dir selbst getreu bleibst, bist du's mir.
    Uns trennt das Schicksal, unsre Herzen bleiben einig.
    Ein blut'ger Haß entzweit auf ew'ge Tage
    Die Häuser Friedland, Piccolomini,
    Doch wir gehören nicht zu unserm Hause.
    --Fort!  Eile!  Eile, deine gute Sache
    Von unsrer unglückseligen zu trennen.
    Auf unserm Haupte liegt der Fluch des Himmels,
    Es ist dem Untergang geweiht.  Auch mich
    Wird meines Vaters Schuld mit ins Verderben
    Hinabziehn.  Traure nicht um mich, mein Schicksal
    Wird bald entschieden sein.
(Max faßt sie in die Arme, heftig bewegt.  Man hört hinter der
Szene ein lautes, wildes, langverhallendes Geschrei: "Vivat
Ferdinandus!" von kriegerischen Instrumenten begleitet.  Max
und Thekla halten einander unbeweglich in den Armen.)



Zweiundzwanzigster Auftritt

Vorige.  Terzky.


Gräfin.  (ihm entgegen)
    Was war das?  Was bedeutete das Rufen?

Terzky.
    Es ist vorbei, und alles ist verloren.

Gräfin.
    Wie, und sie gaben nichts auf seinen Anblick?

Terzky.
    Nichts.  Alles war umsonst.

Herzogin.
    Sie riefen Vivat.

Terzky.
    Dem Kaiser.

Gräfin.
    O die Pflichtvergessenen!

Terzky.
    Man ließ ihn nicht einmal zum Worte kommen.
    Als er zu reden anfing, fielen sie
    Mit kriegerischem Spiel betäubend ein.
    --Hier kommt er.



Dreiundzwanzigster Auftritt

Vorige.  Wallenstein, begleitet von Illo und Buttler.
Darauf Kürassiere.


Wallenstein.  (im Kommen).
    Terzky!

Terzky.
    Mein Fürst?

Wallenstein.
    Laß unsre Regimenter
    Sich fertig halten, heut noch aufzubrechen,
    Denn wir verlassen Pilsen noch vor Abend.
(Terzky geht ab.)
    Buttler--

Buttler.
    Mein General?--

Wallenstein.
    Der Kommendant zu Eger
    Ist Euer Freund und Landsmann.  Schreibt ihm gleich
    Durch einen Eilenden, er soll bereit sein,
    Uns morgen in die Festung einzunehmen--
    Ihr folgt uns selbst mit Euerm Regiment.

Buttler.
    Es soll geschehn, mein Feldherr.

Wallenstein.  (tritt zwischen Max und Thekla, welche sich
während dieser Zeit fest umschlungen gehalten)
    Scheidet!

Max.
    Gott!
(Kürassiere mit gezogenem Gewehr treten in den Saal und sammeln sich
im Hintergrunde.  Zugleich hört man unten einige mutige Passagen aus
dem Pappenheimer Marsch, welche dem Max zu rufen scheinen.)

Wallenstein.  (zu den Kürassieren).
    Hier ist er.  Er ist frei.  Ich halt ihn nicht mehr.
(Er steht abgewendet und so, daß Max ihm nicht beikommen, noch
sich dem Fräulein nähern kann.)

Max.
    Du hassest mich, treibst mich im Zorn von dir.
    Zerreißen soll das Band der alten Liebe,
    Nicht sanft sich lösen, und du willst den Riß,
    Den schmerzlichen, mir schmerzlicher noch machen!
    Du weißt, ich habe ohne dich zu leben
    Noch nicht gelernt--in eine Wüste geh ich
    Hinaus, und alles, was mir wert ist, alles
    Bleibt hier zurück--O wende deine Augen
    Nicht von mir weg!  Noch einmal zeige mir
    Dein ewig teures und verehrtes Antlitz.
    Verstoß mich nicht--
(Er will seine Hand fassen.  Wallenstein zieht sie zurück.  Er
wendet sich an die Gräfin.)

Ist hier kein andres Auge,
    Das Mitleid für mich hätte--Base Terzky--
(Sie wendet sich von ihm; er kehrt sich zur Herzogin.)
    Ehrwürd'ge Mutter--

Herzogin.
    Gehn Sie, Graf, wohin
    Die Pflicht Sie ruft--So können Sie uns einst
    Ein treuer Freund, ein guter Engel werden
    Am Thron des Kaisers.

Max.
    Hoffnung geben Sie mir,
    Sie wollen mich nicht ganz verzweifeln lassen.
    O täuschen Sie mich nicht mit leerem Blendwerk,
    Mein Unglück ist gewiß, und Dank dem Himmel!
    Der mir ein Mittel eingibt, es zu enden.
(Die Kriegsmusik beginnt wieder.  Der Saal füllt sich mehr und
mehr mit Bewaffneten an.  Er sieht Buttlern dastehn.)
    Ihr auch hier, Oberst Buttler--Und Ihr wollt mir
    Nicht folgen?--Wohl!  Bleibt Eurem neuen Herrn
    Getreuer als dem alten.  Kommt!  Versprecht mir,
    Die Hand gebt mir darauf, daß Ihr sein Leben
    Beschützen, unverletzlich wollt bewahren.
(Buttler verweigert seine Hand.)
    Des Kaisers Acht hängt über ihm und gibt
    Sein fürstlich Haupt jedwedem Mordknecht preis,
    Der sich den Lohn der Bluttat will verdienen;
    Jetzt tät' ihm eines Freundes fromme Sorge,
    Der Liebe treues Auge not--und die
    Ich scheidend um ihn seh--
(Zweideutige Blicke auf Illo und Buttler richtend.)

Illo.
    Sucht die Verräter
    In Eures Vaters, in des Gallas Lager.
    Hier ist nur einer noch.  Geht und befreit uns
    Von seinem hassenswürd'gen Anblick.  Geht.
(Max versucht es noch einmal, sich der Thekla zu nähern.
Wallenstein verhindert es.  Er steht unschlüssig, schmerzvoll;
indes füllt sich der Saal immer mehr und mehr, und die Hörner
ertönen unten immer auffordernder und in immer kürzeren Pausen.)

Max.
    Blast!  Blast!--O wären es die schwed'schen Hörner,
    Und ging's von hier gerad ins Feld des Todes,
    Und alle Schwerter, alle, die ich hier
    Entblößt muß sehn, durchdrängen meinen Busen!
    Was wollt ihr?  Kommt ihr, mich von hier
    Hinwegzureißen--o treibt mich nicht zu Verzweiflung!
    Tut's nicht!  Ihr könntet es bereun!
(Der Saal ist ganz mit Bewaffneten erfüllt.)
    Noch mehr--Es hängt Gewicht sich an Gewicht,
    Und ihre Masse zieht mich schwer hinab.--
    Bedenket, was ihr tut.  Es ist nicht wohlgetan,
    Zum Führer den Verzweifelnden zu wählen.
    Ihr reißt mich weg von meinem Glück, wohlan,
    Der Rachegöttin weih ich eure Seelen!
    Ihr habt gewählt zum eigenen Verderben,
    Wer mit mir geht, der sei bereit zu sterben!
(Indem er sich nach dem Hintergrund wendet, entsteht eine
rasche Bewegung unter den Kürassieren, sie umgeben und begleiten
ihn in wildem Tumult.  Wallenstein bleibt unbeweglich.  Thekla
sinkt in ihrer Mutter Arme.  Der Vorhang fällt.)




Vierter Aufzug

In des Bürgermeisters Hause zu Eger.



Erster Auftritt


Buttler.  (der eben anlangt)
    Er ist herein.  Ihn führte sein Verhängnis,
    Der Rechen ist gefallen hinter ihm,
    Und wie die Brücke, die ihn trug, beweglich
    Sich niederließ und schwebend wieder hob,
    Ist jeder Rettungsweg ihm abgeschnitten.
    Bis hieher, Friedland, und nicht weiter!  sagt
    Die Schicksalsgöttin.  Aus der böhmischen Erde
    Erhub sich dein bewunder Meteor,
    Weit durch den Himmel einen Glanzweg ziehend,
    Und hier an Böhmens Grenze muß es sinken!
    --Du hast die alten Fahnen abgeschworen,
    Verblendeter, und traust dem alten Glück!
    Den Krieg zu tragen in des Kaisers Länder,
    Den heil'gen Herd der Laren umzustürzen,
    Bewaffnest du die frevelhafte Hand.
    Nimm dich in acht!  dich treibt der böse Geist
    Der Rache--daß dich Rache nicht verderbe!



Zweiter Auftritt

Buttler und Gordon.


Gordon.
    Seid Ihr's?  O wie verlangt mich, Euch zu hören.
    Der Herzog ein Verräter!  O mein Gott!
    Und flüchtig!  Und sein fürstlich Haupt geächtet!
    Ich bitt Euch, General, sagt mir ausführlich,
    Wie alles dies zu Pilsen sich begeben?

Buttler.
    Ihr habt den Brief erhalten, den ich Euch
    Durch einen Eilenden vorausgesendet?

Gordon.
    Und habe treu getan, wie Ihr mich hießt,
    Die Festung unbedenklich ihm geöffnet,
    Denn mir befiehlt ein kaiserlicher Brief,
    Nach Eurer Ordre blindlings mich zu fügen.
    Jedoch verzeiht!  als ich den Fürsten selbst
    Nun sah, da fing ich wieder an, zu zweifeln.
    Denn wahrlich!  nicht als ein Geächteter
    Trat Herzog Friedland ein in diese Stadt.
    Von seiner Stirne leuchtete wie sonst
    Des Herrschers Majestät, Gehorsam fordernd,
    Und ruhig, wie in Tagen guter Ordnung,
    Nahm er des Amtes Rechenschaft mir ab.
    Leutselig macht das Mißgeschick, die Schuld,
    Und schmeichelnd zum geringern Manne pflegt
    Gefallner Stolz herunter sich zu beugen;
    Doch sparsam und mit Würde wog der Fürst
    Mir jedes Wort des Beifalls, wie der Herr
    Den Diener lobt, der sein Pflicht getan.

Buttler.
    Wie ich Euch schrieb, so ist's genau geschehn.
    Es hat der Fürst dem Feinde die Armee
    Verkauft, ihm Prag und Eger öffnen wollen.
    Verlassen haben ihn auf dies Gerücht
    Die Regimenter alle bis auf fünfe,
    Die Terzkyschen, die ihm hieher gefolgt.
    Die Acht ist ausgesprochen über ihn,
    Und ihn zu liefern, lebend oder tot,
    Ist jeder treue Diener aufgefordert.

Gordon.
    Verräter an dem Kaiser--solch ein Herr!
    So hochbegabt!  O was ist Menschengröße!
    Ich sagt' es oft: das kann nicht glücklich enden;
    Zum Fallstrick ward ihm seine Größ' und Macht
    Und diese dunkelschwankende Gewalt.
    Denn um sich greift der Mensch, nicht darf man ihn
    Der eignen Mäßigung vertraun.  Ihn hält
    In Schranken nur das deutliche Gesetz
    Und der Gebräuche tiefgetretne Spur.
    Doch unnatürlich war und neuer Art
    Die Kriegsgewalt in dieses Mannes Händen;
    Dem Kaiser selbst stellte sie ihn gleich,
    Der stolze Geist verlernte, sich zu beugen.
    O schad um solchen Mann!  denn keiner möchte
    Da feste stehen, mein ich, wo er fiel.

Buttler.
    Spart Eure Klagen, bis er Mitleid braucht,
    Denn jetzt noch ist der Mächtige zu fürchten.
    Die Schweden sind im Anmarsch gegen Eger,
    Und schnell, wenn wir's nicht rasch entschlossen hindern,
    Wird die Vereinigung geschehn.  Das darf nicht sein!
    Es darf der Fürst nicht freien Fußes mehr
    Aus diesem Platz, denn Ehr' und Leben hab ich
    Verpfändet, ihn gefangen hier zu nehmen,
    Und Euer Beistand ist's, auf den ich rechne.

Gordon.
    O hätt' ich nimmer diesen Tag gesehn!
    Aus seiner Hand empfing ich diese Würde,
    Er selber hat dies Schloß mir anvertraut,
    Das ich in seinen Kerker soll verwandeln.
    Wir Subalternen haben keinen Willen;
    Der freie Mann, der mächtige allein
    Gehorcht dem schönen menschlichen Gefühl.
    Wir aber sind nur Schergen des Gesetzes,
    Des grausamen; Gehorsam heißt die Tugend,
    Um die der Niedre sich bewerben darf.

Buttler.
    Laßt Euch das enggebundene Vermögen
    Nicht leid tun.  Wo viel Freiheit, ist viel Irrtum,
    Doch sicher ist der schmale Weg der Pflicht.

Gordon.
    So hat ihn alles denn verlassen, sagt Ihr?
    Er hat das Glück von Tausenden gegründet,
    Denn königlich war sein Gemüt, und stets
    Zum Geben war die volle Hand geöffnet--
(Mit einem Seitenblick auf Buttlern.)
    Vom Staube hat er manchen aufgelesen,
    Zu hoher Ehr' und Würden ihn erhöht
    Und hat sich keinen Freund damit, nicht einen
    Erkauft, der in der Not ihm Farbe hielt!

Buttler.
    Hier lebt ihm einer, den er kaum gehofft.

Gordon.
    Ich hab mich keiner Gunst von ihm erfreut.
    Fast zweifl' ich, ob er je in seiner Größe
    Sich eines Jugendfreunds erinnert hat--
    Denn fern von ihm hielt mich der Dienst, sein Auge
    Verlor mich in den Mauern dieser Burg,
    Wo ich, von seiner Gnade nicht erreicht,
    Das freie Herz im stillen mir bewahrte.
    Denn als er mich in dieses Schloß gesetzt,
    War's ihm noch Ernst um seine Pflicht; nicht sein
    Vertrauen täusch ich, wenn ich treu bewahre,
    Was meiner Treue übergeben ward.

Buttler.
    So sagt, wollt Ihr die Acht an ihm vollziehn,
    Mir Eure Hilfe leihn, ihn zu verhaften?

Gordon.  (nach einem nachdenklichen Stillschweigen kummervoll).
    Ist es an dem--verhält sich's, wie Ihr sprecht--
    Hat er den Kaiser, seinen Herrn, verraten,
    Das Heer verkauft, die Festungen des Landes
    Dem Reichsfeind öffnen wollen--Ja, dann ist
    Nicht Rettung mehr für ihn--Doch es ist hart,
    Daß unter allen eben mich das Los
    Zum Werkzeug seines Sturzes muß erwählen.
    Denn Pagen waren wir am Hof zu Burgau
    Zu gleicher Zeit, ich aber war der ältre.

Buttler.
    Ich weiß davon.

Gordon.
    Wohl dreißig Jahre sind's.  Da strebte schon
    Der kühne Mut im zwanzigjähr'gen Jüngling.
    Ernst über seine Jahre war sein Sinn,
    Auf große Dinge männlich nur gerichtet.
    Durch unsre Mitte ging er stillen Geists,
    Sich selber die Gesellschaft; nicht die Lust,
    Die kindische, der Knaben zog ihn an;
    Doch oft ergriff's ihn plötzlich wundersam,
    Und der geheimnisvollen Brust entfuhr,
    Sinnvoll und leuchtend, ein Gedankenstrahl,
    Daß wir uns staunend ansahn, nicht recht wissend,
    Ob Wahnsinn, ob ein Gott aus ihm gesprochen.

Buttler.
    Dort war's, wo er zwei Stock hoch niederstürzte,
    Als er im Fensterbogen eingeschlummert,
    Und unbeschädigt stand er wieder auf.
    Von diesem Tag an, sagt man, ließen sich
    Anwandlungen des Wahnsinns bei ihm spüren.

Gordon.
    Tiefsinn'ger wurd'er, das ist wahr, er wurde
    Katholisch.  Wunderbar hatt' ihn das Wunder
    Der Rettung umgekehrt.  Er hielt sich nun
    Für ein begünstigt und befreites Wesen,
    Und keck wie einer, der nicht straucheln kann,
    Lief er auf schwankem Seil des Lebens hin.
    Nachher führt' uns das Schicksal auseinander
    Weit, weit!  Er ging der Größe kühnen Weg,
    Mit schnellem Schritt, ich sah ihn schwindelnd gehn,
    Ward Graf und Fürst und Herzog und Diktator,
    Und jetzt ist alles ihm zu klein, er streckt
    Die Hände nach der Königskrone aus
    Und stürzt in unermeßliches Verderben!

Buttler.
    Brecht ab.  Er kommt.



Dritter Auftritt

Wallenstein im Gespräch mit dem Bürgermeister von Eger.  Die Vorigen.


Wallenstein.
    Ihr wart sonst eine freie Stadt?  Ich seh,
    Ihr führt den halben Adler in dem Wappen.
    Warum den halben nur?

Bürgermeister.
    Wir waren reichsfrei,
    Doch seit zweihundert Jahren ist die Stadt
    Der böhm'schen Kron' verpfändet.  Daher rührt's,
    Daß wir nur noch den halben Adler führen.
    Der untre Teil ist kanzelliert, bis etwa
    Das Reich uns wieder einlöst.

Wallenstein.
    Ihr verdientet
    Die Freiheit.  Haltet euch nur brav.  Gebt keinem
    Aufwieglervolk Gehör.  Wie hoch seid ihr
    Besteuert?

Bürgermeister.  (zuckt die Achseln)
    Daß wir's kaum erschwingen können.
    Die Garnison lebt auch auf unsre Kosten.

Wallenstein.
    Ihr sollt erleichtert werden.  Sagt mir an,
    Es sind noch Protestanten in der Stadt?
(Bürgermeister stutzt.)
    Ja, ja.  Ich weiß es.  Es verbergen sich noch viele
    In diesen Mauern--ja!  gesteht's nur frei--
    Ihr selbst--Nicht wahr?
(Fixiert ihn mit den Augen.  Bürgermeister erschrickt.)
    Seid ohne Furcht.  Ich hasse
    Die Jesuiten--Läg's an mir, sie wären längst
    Aus Reiches Grenzen--Meßbuch oder Bibel!
    Mir ist's all eins--Ich hab's der Welt bewiesen--
    In Glogau hab ich selber eine Kirch'
    Den Evangelischen erbauen lassen.
    --Hört, Bürgermeister--wie ist Euer Name?

Bürgermeister.
    Pachhälbel, mein erlauchter Fürst.

Wallenstein.
    Hört--aber sagt's nicht weiter, was ich Euch
    Jetzt im Vertraun eröffne.
(Ihm die Hand auf die Achsel legend, mit einer gewissen
Feierlichkeit.)

Die Erfüllung
    Der Zeiten ist gekommen, Bürgermeister.
    Die Hohen werden fallen, und die Niedrigen
    Erheben sich--Behaltet's aber bei Euch!
    Die spanische Doppelherrschaft neiget sich
    Zu ihrem Ende, eine neue Ordnung
    Der Dinge führt sich ein--Ihr saht doch jüngst
    Am Himmel die drei Monde?

Bürgermeister.
    Mit Entsetzen.

Wallenstein.
    Davon sich zwei in blut'ge Dolchgestalt
    Verzogen und und verwandelten.  Nur einer,
    Der mittlere blieb stehn in seiner Klarheit.

Bürgermeister.
    Wir zogen's auf den Türken.

Wallenstein.
    Türken!  Was?
    Zwei Reiche werden blutig untergehen
    Im Osten und im Westen, sag ich Euch,
    Und nur der lutherischen Glaub' wird bleiben.
(Er bemerkt die zwei andern.)
    Ein starkes Schießen war ja diesen Abend
    Zur linken Hand, als wir den Weg hieher
    Gemacht.  Vernahm man's auch hier in der Festung?

Gordon.
    Wohl hörten wir's, mein General.  Es brachte
    Der Wind den Schall gerad von Süden her.

Buttler.
    Von Neustadt oder Weiden schien's zu kommen.

Wallenstein.
    Das ist der Weg, auf dem die Schweden nahn.
    Wie stark ist die Besatzung?

Gordon.
    Hundertachtzig
    Dienstfähige Mann, der Rest sind Invaliden.

Wallenstein.
    Und wieviel stehn im Jochimstal?

Gordon.
    Zweihundert
    Arkebusierer hab ich hingeschickt,
    Den Posten zu verstärken gegen die Schweden.

Wallenstein.
    Ich lobe Eure Vorsicht.  An den Werken
    Wird auch gebaut.  Ich sah's bei der Hereinfahrt.

Gordon.
    Weil uns der Rheingraf jetzt so nah bedrängt,
    Ließ ich noch zwei Pasteien schnell errichten.

Wallenstein.
    Ihr seid genau in Eures Kaisers Dienst.
    Ich bin mit Euch zufrieden, Oberstleutnant.
(Zu Buttlern.)
    Der Posten in dem Jochimstal soll abziehn
    Samt allen, die dem Feind entgegenstehn.
(Zu Gordon.)
    In Euren treuen Händen, Kommendant,
    Laß ich mein Weib, mein Kind und meine Schwester.
    Denn hier ist meines Bleibens nicht; nur Briefe
    Erwart ich, mit dem frühesten die Festung
    Samt allen Regimentern zu verlassen.



Vierter Auftritt

Vorige.  Graf Terzky.


Terzky.
    Willkommne Botschaft!  Frohe Zeitungen!

Wallenstein.
    Was bringst du?

Terzky.
    Eine Schlacht ist vorgefallen
    Bei Neustadt, und die Schweden blieben Sieger.

Wallenstein.
    Was sagst du?  Woher kommt dir diese Nachricht?

Terzky.
    Ein Landmann bracht' es mit von Tirschenreit,
    Nach Sonnenuntergang hab's angefangen,
    Ein kaiserlicher Trupp von Tachau her
    Sie eingebrochen in das schwed'sche Lager,
    Zwei Stunden hab' das Schießen angehalten,
    Und tausend Kaiserliche sei'n geblieben,
    Ihr Oberst mit, mehr wußt' er nicht zu sagen.

Wallenstein.
    Wie käme kaiserliches Volk nach Neustadt?
    Der Altringer, er müßte Flügel haben,
    Stand gestern vierzehn Meilen noch von da;
    Das Gallas Völker sammeln sich zu Fraunberg
    Und sind noch nicht beisammen.  Hätte sich
    Der Suys etwa so weit vorgewagt?
    Es kann nicht sein.
(Illo erscheint.)

Terzky.
    Wir werden's alsbald hören,
    Denn hier kommt Illo fröhlich und voll Eile.



Fünfter Auftritt

Illo.  Die Vorigen.


Illo.  (zu Wallenstein)
    Ein Reitender ist da und will dich sprechen.

Terzky.
    Hat's mit dem Siege sich bestätigt?  Sprich!
    Wallenstein.
    Was bringt er?  Woher kommt er?

Illo.
    Von dem Rheingraf,
    Und was er bringt, will ich voraus dir melden.
    Die Schweden stehn fünf Meilen nur von hier,
    Bei Neustadt hab' der Piccolomini
    Sich mit der Reiterei auf sie geworfen,
    Ein fürchterliches Morden sei geschehn,
    Doch endlich hab' die Menge überwältigt,
    Die Pappenheimer alle, auch der Max,
    Der sie geführt--sei'n auf dem Platz geblieben.

Wallenstein.
    Wo ist der Bote?  Bringt mich zu ihm.
(Will abgehn.  Indem stürzt Fräulein Neubrunn ins Zimmer, ihr
folgen einige Bediente, die durch den Saal rennen.)

Neubrunn.
    Hilfe!  Hilfe!

Illo
    und Terzky.
    Was gibt's?

Neubrunn.
    Das Fräulein!--

Wallenstein
    und Terzky.  Weiß sie's?

Neubrunn.
    Sie will sterben.
(Eilt fort.  Wallenstein und Terzky mit Illo ihr nach.)



Sechster Auftritt

Buttler und Gordon.


Gordon.  (erstaunt)
    Erklärt mir.  Was bedeutete der Auftritt?

Buttler.
    Sie hat den Mann verloren, den sie liebte,
    Der Piccolomini war's, der umgekommen.

Gordon.
    Unglücklich Fräulein!

Buttler.
    Ihr habt gehört, was dieser Illo brachte,
    Daß sich die Schweden siegend nahn.

Gordon.
    Wohl hört' ich's.

Buttler.
    Zwölf Regimenter sind sie stark, und fünf
    Stehn in der Näh', den Herzog zu beschützen.
    Wir haben nur mein einzig Regiment,
    Und nicht zweihundert stark ist die Besatzung.

Gordon.
    So ist's.

Buttler.
    Nicht möglich ist's, mit so geringer Mannschaft
    Solch einen Staatsgefangnen zu bewahren.

Gordon.
    Das seh ich ein.

Buttler.
    Die Menge hätte bald das kleine Häuflein
    Entwaffnet, ihn befreit.

Gordon.
    Das ist zu fürchten.

Buttler.  (nach einer Pause)
    Wißt!  Ich bin Bürge worden für den Ausgang,
    Mit meinem Haupte haft ich für das seine,
    Wort muß ich halten, führ's wohin es will,
    Und ist der Lebende nicht zu bewahren,
    So ist--der Tote uns gewiß.

Gordon.
    Versteh ich Euch?  Gerechter Gott!  Ihr könntet--

Buttler.
    Er darf nicht leben.

Gordon.
    Ihr vermöchtet's?

Buttler.
    Ihr oder ich.  Er sah den letzten Morgen.

Gordon.
    Ermorden wollt Ihr ihn?

Buttler.
    Das ist mein Vorsatz.

Gordon.
    Der Eurer Treu vertraut!

Buttler.
    Sein böses Schicksal!

Gordon.
    Des Feldherrn heilige Person!

Buttler.
    Das war er!

Gordon.
    O was er war, löscht kein Verbrechen aus!
    Ohn' Urtel?

Buttler.
    Die Vollstreckung ist statt Urtels.

Gordon.
    Das wäre Mord und nicht Gerechtigkeit,
    Denn hören muß sie auch den Schuldigsten.

Buttler.
    Klar ist die Schuld, der Kaiser hat gerichtet,
    Und seinen Willen nur vollstrecken wir.

Gordon.
    Den blut'gen Spruch muß man nicht rasch vollziehn,
    Ein Wort nimmt sich, ein Leben nie zurück.

Buttler.
    Der hurt'ge Dienst gefällt den Königen.

Gordon.
    Zu Henkers Dienst drängt sich kein edler Mann.

Buttler.
    Kein mutiger erbleicht vor kühner Tat.

Gordon.
    Das Leben wagt der Mut, nicht das Gewissen.

Buttler.
    Was?  Soll er frei ausgehn, des Krieges Flamme,
    Die unauslöschliche, aufs neu entzünden?

Gordon.
    Nehmt ihn gefangen, tötet ihn nur nicht,
    Greift blutig nicht dem Gnadenengel vor.

Buttler.
    Wär' die Armee des Kaisers nicht geschlagen,
    Möcht' ich lebendig ihn erhalten haben.

Gordon.
    O warum schloß ich ihm die Festung auf!

Buttler.
    Der Ort nicht, sein Verhängnis tötet ihn.

Gordon.
    Auf diesen Wällen wär' ich ritterlich,
    Des Kaisers Schloß verteidigend, gesunken.

Buttler.
    Und tausend brave Männer kamen um!

Gordon.
    In ihrer Pflicht--das schmückt und ehrt den Mann;
    Doch schwarzen Mord verfluchte die Natur.

Buttler.  (eine Schrift hervorlangend)
    Hier ist das Manifest, das uns befiehlt,
    Uns seiner zu bemächtigen.  Es ist an Euch
    Gerichtet, wie an mich.  Wollt Ihr die Folgen tragen,
    Wenn er zum Feind entrinnt durch unsre Schuld?

Gordon.
    Ich, der Ohnmächtige, o Gott!

Buttler.
    Nehmt Ihr's auf Euch.  Steht für die Folgen ein!
    Mag werden draus was will!  Ich leg's auf Euch.

Gordon.
    O Gott im Himmel!

Buttler.
    Wißt Ihr andern Rat,
    Des Kaisers Meinung zu vollziehen?  Sprecht!
    Denn stürzen, nicht vernichten will ich ihn.

Gordon.
    O Gott!  Was sein muß, seh ich klar wie Ihr,
    Doch anders schlägt das Herz in meiner Brust.

Buttler.
    Auch dieser Illo, dieser Terzky dürfen
    Nicht leben, wenn der Herzog fällt.

Gordon.
    O nicht um diese tut mir's leid.  Sie trieb
    Ihr schlechtes Herz, nicht die Gewalt der Sterne.
    Sie waren's, die in seine ruh'ge Brust
    Den Samen böser Leidenschaft gestreut,
    Die mit fluchwürdiger Geschäftigkeit
    Die Unglücksfrucht in ihm genährt--Mag sie
    Des bösen Dienstes böser Lohn ereilen!

Buttler.
    Auch sollen sie im Tod ihm gleich voran.
    Verabred't ist schon alles.  Diesen Abend
    Bei eines Gastmahls Freuden wollten wir
    Sie lebend greifen und im Schloß bewahren.
    Viel kürzer ist es so.  Ich geh sogleich,
    Die nötigen Befehle zu erteilen.



Siebenter Auftritt

Vorige.  Illo und Terzky.


Terzky.
    Nun soll's bald anders werden!  Morgen ziehn
    Die Schweden ein, zwölftausend tapfre Krieger.
    Dann grad auf Wien.  He!  Lustig, Alter!  Kein
    So herb Gesicht zu solcher Freudenbotschaft!

Illo.
    Jetzt ist's an uns, Gesetze vorzuschreiben
    Und Rach' zu nehmen an den schlechten Menschen,
    Den schändlichen, die uns verlassen.  Einer
    Hat's schon gebüßt, der Piccolomini.
    Ging's allen so, die's übel mit uns meinen!
    Wie schwer trifft dieser Schlag das alte Haupt!
    Der hat sein ganzes Leben lang sich
    Abgequält, sein altes Grafenhaus zu fürsten,
    Und jetzt begräbt er seinen einz'gen Sohn!

Buttler.
    Schad ist's doch um den heldenmüt'gen Jüngling,
    Dem Herzog selbst ging's nah, man sah es wohl.

Illo.
    Hört, alter Freund!  Das ist es, was mir nie
    Am Herrn gefiel, es war mein ew'ger Zank,
    Er hat die Welschen immer vorgezogen.
    Auch jetzo noch, ich schwör's bei meiner Seele,
    Säh' er uns alle lieber zehnmal tot,
    Könnt' er den Freund damit ins Leben rufen.

Terzky.
    Still!  Still!  Nicht weiter!  Laß die Toten ruhn!
    Heut gilt es, wer den andern niedertrinkt,
    Denn Euer Regiment will uns bewirten.
    Wir wollen eine lust'ge Faßnacht halten,
    Die Nacht sei einmal Tag, bei vollen Gläsern
    Erwarten wir die schwed'sche Avantgarde.

Illo.
    Ja, laßt uns heut noch guter Dinge sein,
    Denn heiße Tage stehen uns bevor.
    Nicht ruhn soll dieser Degen, bis er sich
    In österreich'schem Blute satt gebadet.

Gordon.
    Pfui, welche Red' ist das, Herr Feldmarschall,
    Warum so wüten gegen Euren Kaiser--

Buttler.
    Hofft nicht zu viel von diesem ersten Sieg.
    Bedenkt, wie schnell des Glückes Rad sich dreht,
    Denn immer noch sehr mächtig ist der Kaiser.

Illo.
    Der Kaiser hat Soldaten, keinen Feldherrn,
    Denn dieser König Ferdinand von Ungarn
    Versteht den Krieg nicht--Gallas?  Hat kein Glück
    Und war von jeher nur ein Heerverderber.
    Und diese Schlange, der Octavio,
    Kann in die Fersen heimlich wohl verwunden,
    Doch nicht in offner Schlacht dem Friedland stehn.

Terzky.
    Nicht fehlen kann's uns, glaubt mir's nur.  Das Glück
    Verläßt den Herzog nicht; bekannt ist's ja,
    Nur unterm Wallenstein kann Östreich siegen.

Illo.
    Der Fürst wird ehestens ein großes Heer
    Beisammen haben, alles drängt sich, strömt
    Herbei zum alten Ruhme seiner Fahnen.
    Die alten Tage seh ich wiederkehren,
    Der große wird er wieder, der er war--
    Wie werden sich die Toren dann ins Aug'
    Geschlagen haben, die ihn jetzt verließen!
    Denn Länder schenken wird er seinen Freunden
    Und treue Dienste kaiserlich belohnen.
    Wir aber sind in seiner Gunst die nächsten.
(Zu Gordon.)
    Auch Eurer wird er dann gedenken, wird Euch
    Aus diesem Neste ziehen, Eure Treu
    In einem höhern Posten glänzen lassen.

Gordon.
    Ich bin vergnügt, verlange höher nicht
    Hinauf: wo große Höh', ist große Tiefe.

Illo.
    Ihr habt hier weiter nichts mehr zu bestellen,
    Denn morgen ziehn die Schweden in die Festung.
    Kommt, Terzky.  Es wird Zeit zum Abendessen.
    Was meint Ihr?  Lassen wir die Stadt erleuchten,
    Dem Schwedischen zur Ehr', und wer's nicht tut,
    Der ist ein Spanischer und ein Verräter.

Terzky.
    Laßt das.  Es wird dem Herzog nicht gefallen.

Illo.
    Was!  Wir sind Meister hier, und keiner soll sich
    Für kaiserlich bekennen, wo wir herrschen.
    --Gut Nacht, Gordon.  Laßt Euch zum letztenmal
    Den Platz empfohlen sein, schickt Runden aus,
    Zur Sicherheit kann man das Wort noch ändern.
    Schlag zehn bringt Ihr dem Herzog selbst die Schlüssel,
    Dann seid Ihr Eures Schließeramtes quitt,
    Denn morgen ziehn die Schweden in die Festung.

Terzky.  (im Abgehen zu Buttler):
    Ihr kommt doch auch aufs Schloß?

Buttler.
    Zu rechter Zeit.
(Jene gehen ab.)



Achter Auftritt

Buttler und Gordon.


Gordon.  (ihnen nachsehend)
    Die Unglückseligen!  Wie ahnungslos
    Sie in das ausgespannte Mordnetz stürzen
    In ihrer blinden Siegestrunkenheit!--
    Ich kann sie nicht beklagen.  Dieser Illo,
    Der übermütig freche Bösewicht,
    Der sich in seines Kaisers Blut will baden!

Buttler.
    Tut, wie er Euch befohlen.  Schickt Patrouillen
    Herum, sorgt für die Sicherheit der Festung;
    Sind jene oben, schließ ich gleich die Burg,
    Daß in der Stadt nichts von der Tat verlaute!

Gordon.  (ängstlich)
    O eilt nicht so!  Erst sagt mir--

Buttler.
    Ihr vernahmt's,
    Der nächste Morgen schon gehört den Schweden.
    Die Nacht nur ist noch unser, sie sind schnell,
    Noch schneller wollen wir sein--Lebet wohl.

Gordon.
    Ach Eure Blicke sagen mir nichts Gutes.
    Versprechet mir--

Buttler.
    Der Sonne Licht ist unter,
    Herabsteigt ein verhängnisvoller Abend--
    Sie macht ihr Dünkel sicher.  Wehrlos gibt sie
    Ihr böser Stern in unsre Hand, und mitten
    In ihrem trunknen Glückeswahne soll
    Der scharfe Stahl ihr Leben rasch zerschneiden.
    Ein großer Rechenkünstler war der Fürst
    Von jeher, alles wußt' er zu berechnen,
    Die Menschen wußt' er, gleich des Brettspiels Steinen,
    Nach seinem Zweck zu setzen und zu schieben,
    Nicht Anstand nahm er, andrer Ehr' und Würde
    Und guten Ruf zu würfeln und zu spielen.
    Gerechnet hat er fort und fort, und endlich
    Wird doch der Kalkul irrig sein; er wird
    Sein Leben selbst hineingerechnet haben,
    Wie jener dort in seinem Zirkel fallen.

Gordon.
    O seiner Fehler nicht gedenket jetzt!
    An seine Größe denkt, an seine Milde,
    An seines Herzens liebenswerte Züge,
    An alle Edeltaten seines Lebens,
    Und laßt sie in das aufgehobne Schwert
    Als Engel bittend, gnadeflehend fallen.

Buttler.
    Es ist zu spät.  Nicht Mitleid darf ich fühlen,
    Ich darf nur blutige Gedanken haben.
(Gordons Hand fassend.)
    Gordon!  Nicht meines Hasses Trieb--Ich liebe
    Den Herzog nicht und hab dazu nicht Ursach'--
    Doch nicht mein Haß macht mich zu seinem Mörder.
    Sein böses Schicksal ist's.  Das Unglück treibt mich,
    Die feindliche Zusammenkunft der Dinge.
    Es denkt der Mensch die freie Tat zu tun,
    Umsonst!  Er ist das Spielwerk nur der blinden
    Gewalt, die aus der eignen Wahl ihm schnell
    Die furchtbare Notwendigkeit erschafft.
    Was hälf's ihm auch, wenn mir für ihn im Herzen
    Was redete--Ich muß ihn dennoch töten.

Gordon.
    O wenn das Herz Euch warnt, folgt seinem Triebe!
    Das Herz ist Gottes Stimme, Menschenwerk
    Ist aller Klugheit künstliche Berechnung.
    Was kann aus blut'ger Tat Euch Glückliches
    Gedeihen?  O aus Blut entspringt nicht Gutes!
    Soll sie die Staffel Euch zur Größe bauen?
    O glaubt das nicht--Es kann der Mord bisweilen
    Den Königen, der Mörder nie gefallen.

Buttler.
    Ihr wißt nicht.  Fragt nicht.  Warum mußten auch
    Die Schweden siegen und so eilend nahn!
    Gern überließ ich ihn des Kaisers Gnade,
    Sein Blut nicht will ich.  Nein, er möchte leben.
    Doch meines Wortes Ehre muß ich lösen.
    Und sterben muß er, oder--hört und wißt!--
    Ich bin entehrt, wenn uns der Fürst entkommt.

Gordon.
    O solchen Mann zu retten--

Buttler.  (schnell)
    Was?

Gordon.
    Ist eines Opfers wert--Seid edelmütig!
    Das Herz und nicht die Meinung ehrt den Mann.

Buttler.  (kalt und stolz)
    Er ist ein großer Herr, der Fürst--Ich aber
    Bin nur ein kleines Haupt, das wollt Ihr sagen.
    Was liegt der Welt dran, meint Ihr, ob der niedrig
    Geborene sich ehret oder schändet,
    Wenn nur der Fürstliche gerettet wird.
    --Ein jeder gibt den Wert sich selbst.  Wie hoch ich
    Mich selbst anschlagen will, das steht bei mir.
    So hoch gestellt ist keiner auf der Erde,
    Daß ich mich selber neben ihm verachte.
    Den Menschen macht sein Wille groß und klein,
    Und weil ich meinem treu bin, muß er sterben.

Gordon.
    O einen Felsen streb ich zu bewegen!
    Ihr seid von Menschen menschlich nicht gezeugt.
    Nicht hindern kann ich Euch, ihn aber rette
    Ein Gott aus Eurer fürchterlichen Hand.
(Sie gehen ab.)



Neunter Auftritt

Ein Zimmer bei der Herzogin.  Thekla in einem Sessel, bleich,
    mit geschloßnen Augen.  Herzogin und Fräulein von Neubrunn um
    sie beschäftigt.  Wallenstein und die Gräfin im Gespräch.


Wallenstein.
    Wie wußte sie es denn so schnell?

Gräfin.
    Sie scheint
    Unglück geahnt zu haben.  Das Gerücht
    Von einer Schlacht erschreckte sie, worin
    Der kaiserliche Oberst sei gefallen.
    Ich sah es gleich.  Sie flog dem schwedischen
    Kurier entgegen und entriß ihm schnell
    Durch Fragen das unglückliche Geheimnis.
    Zu spät vermißten wir sie, eilten nach,
    Ohnmächtig lag sie schon in seinen Armen.

Wallenstein.
    So unbereitet mußte dieser Schlag
    Sie treffen!  Armes Kind!--Wie ist's?  Erholt sie sich?
(Indem er sich zur Herzogin wendet.)

Herzogin.
    Sie schlägt die Augen auf.

Gräfin.
    Sie lebt!

Thekla.  (sich umschauend)
    Wo bin ich?

Wallenstein.  (tritt zu ihr, sie mit seinen Armen aufrichtend)
    Komm zu dir, Thekla.  Sei mein starkes Mädchen!
    Sieh deiner Mutter liebende Gestalt
    Und deines Vaters Arme, die dich halten.

Thekla.  (richtet sich auf)
    Wo ist er?  Ist er nicht mehr hier?

Herzogin.
    Wer, meine Tochter?

Thekla.
    Der dieses Unglückswort aussprach--

Herzogin.
    O denke nicht daran, mein Kind!  Hinweg
    Von diesem Bilde wende die Gedanken.

Wallenstein.
    Laßt ihren Kummer reden!  Laßt sie klagen!
    Mischt eure Tränen mit den ihrigen.
    Denn einen großen Schmerz hat sie erfahren;
    Doch wird sie's überstehn, denn meine Thekla
    Hat ihres Vaters unbezwungnes Herz.

Thekla.
    Ich bin nicht krank.  Ich habe Kraft, zu stehn.
    Was weint die Mutter?  Hab ich sie erschreckt?
    Es ist vorüber, ich besinne mich wieder.
(Sie ist aufgestanden und sucht mit den Augen im Zimmer.)
    Wo ist er?  Man verberge mir ihn nicht.
    Ich habe Stärke gnug, ich will ihn hören.

Herzogin.
    Nein, Thekla!  Dieser Unglücksbote soll
    Nie wieder unter deine Augen treten.

Thekla.
    Mein Vater--

Wallenstein.
    Liebes Kind!

Thekla.
    Ich bin nicht schwach,
    Ich werde mich auch bald noch mehr erholen.
    Gewähren Sie mir eine Bitte.

Wallenstein.
    Sprich!

Thekla.
    Erlauben Sie, daß dieser fremde Mann
    Gerufen werde!  daß ich ihn allein
    Vernehme und befrage.

Herzogin.
    Nimmermehr!

Gräfin.
    Nein!  Das ist nicht zu raten!  Gib's nicht zu!

Wallenstein.
    Warum willst du ihn sprechen, meine Tochter?

Thekla.
    Ich bin gefaßter, wenn ich alles weiß.
    Ich will nicht hintergangen sein.  Die Mutter
    Will mich nur schonen.  Ich will nicht geschont sein.
    Das Schrecklichste ist ja gesagt, ich kann
    Nichts Schrecklichers mehr hören.
    Gräfin und Herzogin
(zu Wallenstein)
    Tu es nicht!

Thekla.
    Ich wurde überrascht von meinem Schrecken,
    Mein Herz verriet mich bei dem fremden Mann,
    Er war ein Zeuge meiner Schwachheit, ja,
    Ich sank in seine Arme--das beschämt mich.
    Herstellen muß ich mich in seiner Achtung,
    Und sprechen muß ich ihn, notwendig, daß
    Der fremde Mann nicht ungleich von mir denke.

Wallenstein.
    Ich finde, sie hat recht--und bin geneigt,
    Ihr diese Bitte zu gewähren.  Ruft ihn.
(Fräulein Neubrunn geht hinaus.)

Herzogin.
    Ich, deine Mutter, aber will dabei sein.

Thekla.
    Am liebsten spräch' ich ihn allein.  Ich werde
    Alsdann um so gefaßter mich betragen.

Wallenstein.  (zur Herzogin)
    Laß es geschehn.  Laß sie's mit ihm allein
    Ausmachen.  Es gibt Schmerzen, wo der Mensch
    Sich selber nur helfen kann, ein starkes Herz
    Will sich auf seine Stärke nur verlassen.
    In ihrer, nicht an fremder Brust muß sie
    Kraft schöpfen, diesen Schlag zu überstehn.
    Es ist mein starkes Mädchen; nicht als Weib,
    Als Heldin will ich sie behandelt sehn.
(Er will gehen.)

Gräfin.  (hält ihn)
    Wo gehst du hin?  Ich hörte Terzky sagen,
    Du denkest morgen früh von hier zu gehn,
    Uns aber hierzulassen.

Wallenstein.
    Ja, ihr bleibt
    Dem Schutze wackrer Männer übergeben.

Gräfin.
    O nimm uns mit dir, Bruder!  Laß uns nicht
    In dieser düstern Einsamkeit dem Ausgang
    Mit sorgendem Gemüt engegenharren.
    Das gegenwärt'ge Unglück trägt sich leicht,
    Doch grauenvoll vergrößert es der Zweifel
    Und der Erwartung Qual dem weit Entfernten.

Wallenstein.
    Wer spricht von Unglück?  Beßre deine Rede.
    Ich hab ganz andre Hoffnungen.

Gräfin.
    So nimm uns mit.  O laß uns nicht zurück
    In diesem Ort der traurigen Bedeutung,
    Denn schwer ist mir das Herz in diesen Mauern,
    Und wie ein Totenkeller haucht mich's an,
    Ich kann nicht sagen, wie der Ort mir widert.
    O führ uns weg!  Komm, Schwester, bitt ihn auch,
    Daß er uns fortnimmt!  Hilf mir, liebe Nichte.

Wallenstein.
    Des Ortes böse Zeichen will ich ändern:
    Er sei's, der mir mein Teuerstes bewahrte.

Neubrunn.  (kommt zurück):
    Der schwed'sche Herr!

Wallenstein.
    Laßt sie mit ihm allein.
(Ab.)

Herzogin.  (zu Thekla)
    Sieh, wie du dich entfärbtest!  Kind, du kannst ihn
    Unmöglich sprechen.  Folge deiner Mutter.

Thekla.
    Die Neubrunn mag denn in der Nähe bleiben.
(Herzogin und Gräfin gehen ab.)



Zehnter Auftritt

Thekla.  Der schwedische Hauptmann.  Fräulein Neubrunn.


Hauptmann.  (naht sich ehrerbietig)
    Prinzessin--ich--muß um Verzeihung bitten,
    Mein unbesonnen rasches Wort--Wie konnt' ich--

Thekla.  (mit edelm Anstand)
    Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn,
    Ein unglücksvoller Zufall machte Sie
    Aus einem Fremdling schnell mir zum Vertrauten.

Hauptmann.
    Ich fürchte, daß Sie meinen Anblick hassen,
    Denn meine Zunge sprach ein traurig Wort.

Thekla.
    Die Schuld ist mein.  Ich selbst entriß es Ihnen,
    Sie waren nur die Stimme meines Schicksals.
    Mein Schrecken unterbrach den angefangnen
    Bericht.  Ich bitte drum, daß Sie ihn enden.

Hauptmann.  (bedenklich)
    Prinzessin, es wird Ihren Schmerz erneuern.

Thekla.
    Ich bin darauf gefaßt--Ich will gefaßt sein.
    Wie fing das Treffen an?  Vollenden Sie.

Hauptmann.
    Wir standen, keines Überfalls gewärtig,
    Bei Neustadt schwach verschanzt in unserm Lager,
    Als gegen Abend eine Wolke Staubes
    Aufstieg vom Wald her, unser Vortrab fliehend
    Ins Lager stürzte, rief: der Feind sei da.
    Wie hatten eben nur noch Zeit, uns schnell
    Aufs Pferd zu werfen, da durchbrachen schon,
    In vollem Rosseslauf dahergesprengt,
    Die Pappenheimer den Verhack; schnell war
    Der Graben auch, der sich ums Lager zog,
    Von diesen stürm'schen Scharen überflogen.
    Doch unbesonnen hatte sie der Mut
    Vorausgeführt den andern, weit dahinten
    War noch das Fußvolk, nur die Pappenheimer waren
    Dem kühnen Führer kühn gefolgt.--
(Thekla macht eine Bewegung.  Der Hauptmann hält einen Augenblick
inne, bis sie ihm einen Wink gibt, fortzufahren.)
    Von vorn und von den Flanken faßten wir
    Sie jetzo mit der ganzen Reiterei
    Und drängten sie zurück zum Graben, wo
    Das Fußvolk, schnell geordnet, einen Rechen
    Von Piken ihnen starr entgegenstreckte.
    Nicht vorwärts konnten sie, auch nicht zurück,
    Gekeilt in drangvoll fürchterliche Enge.
    Da rief der Rheingraf ihrem Führer zu,
    In guter Schlacht sich ehrlich zu ergeben,
    Doch Oberst Piccolomini--
(Thekla schwindelnd, faßt einen Sessel.)
    ihn machte
    Der Helmbusch kenntlich und das lange Haar,
    Vom raschen Ritte war's ihm losgegangen--
    Zum Graben winkt er, sprengt, der erste, selbst
    Sein edles Roß darüber weg, ihm stürzt
    Das Regiment nach--doch--schon war's geschehen!
    Sein Pferd, von einer Partisan durchstoßen, bäumt
    Sich wütend, schleudert weit den Reiter ab,
    Und hoch weg über ihn geht die Gewalt
    Der Rosse, keinem Zügel mehr gehorchend.
(Thekla, welche die letzten Reden mit allen Zeichen wachsender Angst
begleitet, verfällt in ein heftiges Zittern, sie will sinken, Fräulein
Neubrunn eilt hinzu und empfängt sie in ihren Armen.)

Neubrunn.
    Mein teures Fräulein--

Hauptmann.  (gerührt)
    Ich entferne mich.

Thekla.
    Es ist vorüber--Bringen Sie's zu Ende.

Hauptmann.
    Da ergriff, als sie den Führer fallen sahn,
    Die Truppen grimmig wütende Verzweiflung.
    Der eignen Rettung denkt jetzt keiner mehr,
    Gleich wilden Tigern fechten sie, er reizt
    Ihr starrer Widerstand die Unsrigen,
    Und eher nicht erfolgt des Kampfes Ende,
    Als bis der letzte Mann gefallen ist.

Thekla.  (mit zitternder Stimme)
    Und wo--wo ist--Sie sagten mir nicht alles.

Hauptmann.  (nach einer Pause)
    Heut früh bestatteten wir ihn.  Ihn trugen
    Zwölf Jünglinge der edelsten Geschlechter,
    Das ganze Heer begleitete die Bahre.
    Ein Lorbeer schmückte seinen Sarg, drauf legte
    Der Rheingraf selbst den eignen Siegerdegen.
    Auch Tränen fehlten seinem Schicksal nicht,
    Denn viele sind bei uns, die seine Großmut
    Und seiner Sitten Freundlichkeit erfahren,
    Und alle rührte sein Geschick.  Gern hätte
    Der Rheingraf ihn gerettet, doch er selbst
    Vereitelt' es; man sagt, er wollte sterben.

Neubrunn.  (gerührt zu Thekla, welche ihr Angesicht verhüllt hat).
    Mein teures Fräulein--Fräulein, sehn Sie auf!
    O warum mußten Sie darauf bestehn!

Thekla.
    --Wo ist sein Grab?

Hauptmann.
    In einer Klosterkirche
    Bei Neustadt ist er beigesetzt, bis man
    Von seinem Vater Nachricht eingezogen.

Thekla.
    Wie heißt das Kloster?

Hauptmann.
    Sankt Kathrinenstift.

Thekla.
    Ist's weit bis dahin?

Hauptmann.
    Sieben Meilen zählt man.

Thekla.
    Wie geht der Weg?

Hauptmann.
    Man kommt bei Tirschenreit
    Und Falkenberg durch unsre ersten Posten.

Thekla.
    Wer kommandiert sie?

Hauptmann.
    Oberst Seckendorf.

Thekla.  (tritt an den Tisch und nimmt aus dem Schmuckkästchen einen Ring).
    Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn
    Und mir ein menschlich Herz gezeigt--Empfangen Sie
(indem sie ihm den Ring gibt)
    Ein Angedenken dieser Stunde--Gehn Sie.

Hauptmann.  (bestürzt).
    Prinzessin--
(Thekla winkt ihm schweigend, zu gehen, und verläßt ihn.
Hauptmann zaudert und will reden.  Fräulein Neubrunn wiederholt
den Wink.  Er geht ab.)



Elfter Auftritt

Thekla.  Neubrunn.


Thekla.  (fällt der Neubrunn um den Hals)
    Jetzt, gute Neubrunn, zeige mir die Liebe,
    Die du mir stets gelobt, beweise dich
    Als meine treue Freundin und Gefährtin!
    --Wir müssen fort, noch diese Nacht.

Neubrunn.
    Fort, und wohin?

Thekla.
    Wohin?  Es ist nur ein Ort in der Welt!
    Wo er bestattet liegt, zu seinem Sarge!

Neubrunn.
    Was können Sie dort wollen, teures Fräulein?

Thekla.
    Was dort, Unglückliche!  So würdest du
    Nicht fragen, wenn du je geliebt.  Dort, dort
    Ist alles, was noch übrig ist von ihm,
    Der einz'ge Fleck ist mir die ganze Erde.
    --O halte mich nicht auf!  Komm und mach Anstalt.
    Laß uns auf Mittel denken, zu entfliehen.

Neubrunn.
    Bedachten Sie auch Ihres Vaters Zorn?

Thekla.
    Ich fürchte keines Menschen Zürnen mehr.

Neubrunn.
    Den Hohn der Welt!  des Tadels arge Zunge!

Thekla.
    Ich suche einen auf, der nicht mehr ist.
    Will ich denn in die Arme--o mein Gott!
    Ich will ja in die Gruft nur des Geliebten.

Neubrunn.
    Und wir allein, zwei hilflos schwache Weiber?

Thekla.
    Wir waffnen uns, mein Arm soll dich beschützen.

Neubrunn.
    Bei dunkler Nachtzeit?

Thekla.
    Nacht wird uns verbergen.

Neubrunn.
    In dieser rauhen Sturmnacht?

Thekla.
    Ward ihm sanft
    Gebettet, unter den Hufen seiner Rosse?

Neubrunn.
    O Gott!--und dann die vielen Feindesposten!
    Man wird uns nicht durchlassen.

Thekla.
    Es sind Menschen,
    Frei geht das Unglück durch die ganze Erde!

Neubrunn.
    Die weite Reise--

Thekla.
    Zählt der Pilger Meilen,
    Wenn er zum fernen Gnadenbilde wallt?

Neubrunn.
    Die Möglichkeit, aus dieser Stadt zu kommen?

Thekla.
    Gold öffnet uns die Tore.  Geh nur, geh!

Neubrunn.
    Wenn man uns kennt?

Thekla.
    In einer Flüchtigen,
    Verzweifelnden sucht niemand Friedlands Tochter.

Neubrunn.
    Wo finden wir die Pferde zu der Flucht?

Thekla.
    Mein Kavalier verschafft sie.  Geh und ruf ihn.

Neubrunn.
    Wagt er das ohne Wissen seines Herrn?

Thekla.
    Er wird es tun.  O geh nur!  Zaudre nicht.

Neubrunn.
    Ach!  und was wird aus Ihrer Mutter werden,
    Wenn Sie verschwunden sind?

Thekla.  (sich besinnend und schmerzvoll vor sich hinschauend)
    O meine Mutter!

Neubrunn.
    So viel schon leidet sie, die gute Mutter,
    Soll sie auch dieser letzte Schlag noch treffen?

Thekla.
    Ich kann's Ihr nicht ersparen!--Geh nur, geh.

Neubrunn.
    Bedenken Sie doch ja wohl, was Sie tun.

Thekla.
    Bedacht ist schon, was zu bedenken ist.

Neubrunn.
    Und sind wir dort, was soll mit Ihnen werden?

Thekla.
    Dort wird's ein Gott mir in die Seele geben.

Neubrunn.
    Ihr Herz ist jetzt voll Unruh, teures Fräulein,
    Das ist der Weg nicht, der zur Ruhe führt.

Thekla.
    Zur tiefen Ruh, wie er sie auch gefunden.
    --O eile!  geh!  Mach keine Worte mehr!
    Es zíeht mich fort, ich weiß nicht, wie ich's nenne,
    Unwiderstehlich fort zu seinem Grabe!
    Dort wird mir leichter werden, augenblicklich!
    Das herzerstickende Band des Schmerzens wird
    Sich lösen--Meine Tränen werden fließen.
    O geh, wir könnten längst schon auf dem Weg sein.
    Nicht Ruhe find ich, bis ich diesen Mauern
    Entrunnen bin--sie stürzen auf mich ein--
    Fortstoßend treibt mich eine dunkle Macht
    Von dannen--Was ist das für ein Gefühl!
    Es füllen sich mir alle Räume dieses Hauses
    Mit bleichen, hohlen Geisterbildern an--
    Ich habe keinen Platz mehr--Immer neue!
    Es drängt mich das entsetzliche Gewimmel
    Aus diesen Wänden fort, die Lebende!

Neubrunn.
    Sie setzen mich in Angst und Schrecken, Fräulein,
    Daß ich nun selber nicht zu bleiben wage.
    Ich geh und rufe gleich den Rosenberg.
(Geht ab.)



Zwölfter Auftritt


Thekla.
    Sein Geist ist's, der micht ruft.  Es ist die Schar
    Der Treuen, die sich rächend ihm geopfert.
    Unedler Säumnis klagen sie mich an.
    Sie wollten auch im Tod nicht von ihm lassen,
    Der ihres Lebens Führer war--Das taten
    Die rohen Herzen, und ich sollte leben!
    --Nein!  Auch für mich ward jener Lorbeerkranz,
    Der deine Totenbahre schmückt, gewunden.
    Was ist das Leben ohne Liebesglanz?
    Ich werf es hin, da sein Gehalt verschwunden.
    Ja, da ich dich, den Liebenden gefunden,
    Da war das Leben etwas.  Glänzend lag
    Vor mir der neue goldne Tag!
    Mir träumte von zwei himmelschönen Stunden.
    Du standest an dem Eingang in der Welt,
    Die ich betrat mit klösterlichem Zagen,
    Sie war von tausend Sonnen aufgehellt;
    Ein guter Engel schienst du hingestellt,
    Mich aus der Kindheit fabelhaften Tagen
    Schnell auf des Lebens Gipfel hinzutragen.
    Mein erst Empfinden war des Himmels Glück,
    In dein Herz fiel mein erster Blick!
(Sie sinkt hier in Nachdenken und fährt dann mit Zeichen des
Grauens auf.)
    --Da kommt das Schicksal--Roh und kalt
    Faßt es des Freundes zärtliche Gestalt
    Und wirft ihn unter den Hufschlag seiner Pferde--
    --Das ist das Los des Schönen auf der Erde!



Dreizehnter Auftritt

Thekla.  Fräulein Neubrunn mit dem Stallmeister.


Neubrunn.
    Hier ist er, Fräulein, und er will es tun.

Thekla.
    Willst du uns Pferde schaffen, Rosenberg?
    Stallmeister.
    Ich will sie schaffen.

Thekla.
    Willst du uns begleiten?

Stallmeister.
    Mein Fräulein, bis ans End' der Welt.

Thekla.
    Du kannst
    Zum Herzog aber nicht zurück mehr kehren.

Stallmeister.
    Ich bleib bei Ihnen.

Thekla.
    Ich will dich belohnen
    Und einem andern Herrn empfehlen.  Kannst du
    Uns aus der Festung bringen unentdeckt?

Stallmeister.
    Ich kann's.

Thekla.
    Wann kann ich gehn?

Stallmeister.
    In dieser Stunde.
    --Wo geht die Reise hin?

Thekla.
    Nach--sag's ihm, Neubrunn!

Neubrunn.
    Nach Neustadt.

Stallmeister.
    Wohl, ich geh, es zu besorgen.
(Ab.)

Neubrunn.
    Ach, da kommt Ihre Mutter, Fräulein.

Thekla.
    Gott!



Vierzehnter Auftritt

Thekla.  Neubrunn.  Die Herzogin.


Herzogin.
    Er ist hinweg, ich finde dich gefaßter.

Thekla.
    Ich bin es, Mutter--Lassen Sie mich jetzt
    Bald schlafen gehen und die Neubrunn um mich sein.
    Ich brauche Ruh.

Herzogin.
    Du sollst sie haben, Thekla.
    Ich geh getröstet weg, da ich den Vater
    Beruhigen kann.

Thekla.
    Gut Nacht denn, liebe Mutter.
(Sie fällt ihr um den Hals und umarmt sie in großer Bewegung.)

Herzogin.
    Du bist noch nicht ganz ruhig, meine Tochter.
    Du zitterst ja so heftig, und dein Herz
    Klopft hörbar an dem meinen.

Thekla.
    Schlaf wird es besänftigen
    --Gut Nacht, geliebte Mutter!
(Indem sie aus den Armen der Mutter sich losmacht, fällt der Vorhang.)




Fünfter Aufzug

Buttlers Zimmer.



Erster Auftritt

Buttler.  Major Geraldin.


Buttler.
    Zwölf rüstige Dragoner sucht Ihr aus,
    Bewaffnet sie mit Piken, denn kein Schuß
    Darf fallen--An dem Eßsaal nebenbei
    Versteckt Ihr sie, und wenn der Nachtisch
    Aufgesetzt, dringt ihr herein und ruft: Wer ist
    Gut kaiserlich?--Ich will den Tisch umstürzen--
    Dann werft ihr euch auf beide, stoßt sie nieder.
    Das Schloß wird wohl verriegelt und bewacht,
    Daß kein Gerücht davon zum Fürsten dringe.
    Geh jetzt--Habt Ihr nach Hauptmann Deveroux
    Und Macdonald geschickt?

Geraldin.
    Gleich sind sie hier.
(Geht ab.)

Buttler.
    Kein Aufschub ist zu wagen.  Auch die Bürger
    Erklären sich für ihn, ich weiß nicht, welch
    Ein Schwindelgeist die ganze Stadt ergriffen hat.
    Sie sehn im Herzog einen Friedensfürsten
    Und einen Stifter neuer goldner Zeit.
    Der Rat hat Waffen ausgeteilt; schon haben
    Sich ihrer hundert angeboten, Wache
    Bei ihm zu tun.  Drum gilt es, schnell zu sein,
    Denn Feinde drohn von außen und von innen.



Zweiter Auftritt

Buttler.  Hauptmann Deveroux und Macdonald.


Macdonald.
    Da sind wir, General.

Deveroux.
    Was ist die Losung?

Buttler.
    Es lebe der Kaiser!

Beide.  (treten zurück)
    Wie?

Buttler.
    Haus Östreich lebe!

Deveroux.
    Ist's nicht der Friedland, dem wir Treu geschworen?

Macdonald.
    Sind wir nicht hergeführt, ihn zu beschützen?

Buttler.
    Wir einen Reichsfeind und Verräter schützen?

Deveroux.
    Nun ja, du nahmst uns ja für ihn in Pflicht.

Macdonald.
    Und bist ihm ja hieher gefolgt nach Eger.

Buttler.
    Ich tat's, ihn desto sichrer zu verderben.

Deveroux.
    Ja so!

Macdonald.
    Das ist was anders.

Buttler.  (zu Deveroux)
    Elender!
    So leicht entweichst du von der Pflicht und Fahne?

Deveroux.
    Zum Teufel, Herr!  Ich folgte deinem Beispiel:
    Kann der ein Schelm sein, dacht' ich, kannst du's auch.

Macdonald.
    Wir denken nicht nach.  Das ist deine Sache!
    Du bist der General und kommandierst,
    Wir folgen dir, und wenn's zur Hölle ginge.

Buttler.  (besänftigt)
    Nun gut!  Wie kennen einander.

Macdonald.
    Ja, das denk ich.

Deveroux.
    Wir sind Soldaten der Fortuna, wer
    Das meiste bietet, hat uns.

Macdonald.
    Ja, so ist's.

Buttler.
    Jetzt sollt ihr ehrliche Soldaten bleiben.

Deveroux.
    Das sind wir gerne.

Buttler.
    Und Fortüne machen.

Macdonald.
    Das ist noch besser.

Buttler.
    Höret an.

Beide.
    Wir hören.

Buttler.
    Es ist des Kaisers Will' und Ordonnanz,
    Den Friedland, lebend oder tot, zu fahen.

Deveroux.
    So steht's im Brief.

Macdonald.
    Ja, lebend oder tot!

Buttler.
    Und stattliche Belohnung wartet dessen
    An Geld und Gütern, der die Tat vollführt.

Deveroux.
    Es klingt ganz gut.  Das Wort klingt immer gut
    Vor dorten her.  Ja, ja!  Wir wissen schon!
    So eine guldne Gnadenkett' etwa,
    Ein krummes Roß, ein Pergament und so was.
    --Der Fürst zahlt besser.

Macdonald.
    Ja, der ist splendid.

Buttler.
    Mit dem ist's aus.  Sein Glücksstern ist gefallen.

Macdonald.
    Ist das gewiß?

Buttler.
    Ich sag's euch.

Deveroux.
    Ist's vorbei
    Mit seinem Glück?

Buttler.
    Vorbei auf immerdar.
    Er ist so arm wie wir.

Macdonald.
    So arm wie wir?

Deveroux.
    Ja, Macdonald, da muß man ihn verlassen!

Buttler.
    Verlassen ist er schon von zwanzigtausend.
    Wir müssen mehr tun, Landsmann.  Kurz und gut!
    --Wir müssen ihn töten.
(Beide fahren zurück.)

Beide.
    Töten!

Buttler.
    Töten, sag ich.
    --Und dazu hab ich euch erlesen.

Beide.
    Uns?

Buttler.
    Euch, Hauptmann Deveroux und Macdonald.

Deveroux.  (nach einer Pause)
    Wählt einen andern.

Macdonald.
    Ja, wählt einen andern.

Buttler.  (zu Deveroux)
    Erschreckt's dich, feige Memme?  Wie?  Du hast
    Schon deine dreißig Seelen auf dir liegen--

Deveroux.
    Hand an den Feldherrn legen--das bedenkt!

Macdonald.
    Dem wir das Jurament geleistet haben!

Buttler.
    Das Jurament ist null mit seiner Treu.

Deveroux.
    Hör, General!  Das dünkt mir doch zu gräßlich.

Macdonald.
    Ja, das ist wahr!  Man hat auch ein Gewissen.

Deveroux.
    Wenn's nur der Chef nicht wär', der uns so lang
    Gekommandiert hat und Respekt gefordert.

Buttler.
    Ist das der Anstoß?

Deveroux.
    Ja!  Hör!  Wen du sonst willst!
    Dem eignen Sohn, wenn's Kaisers Dienst verlangt,
    Will ich das Schwert ins Eingeweide bohren--
    Doch sieh, wir sind Soldaten, und den Feldherrn
    Ermorden, das ist eine Sünd' und Frevel,
    Davon kein Beichtmönch absolvieren kann.

Buttler.
    Ich bin dein Papst und absolviere dich.
    Entschließt euch schnell.

Deveroux.  (steht bedenklich)
    Es geht nicht.

Macdonald.
    Nein, es geht nicht.

Buttler.
    Nun denn, so geht--und--schickt mir Pestalutzen.

Deveroux.  (stutzt)
    Der Pestalutz--Hum!

Macdonald.
    Was willst du mit diesem?

Buttler.
    Wenn ihr's verschmäht, es finden sich genug--

Deveroux.
    Nein, wenn er fallen muß, so können wir
    Den Preis so gut verdienen als ein andrer.
    --Was denkst du, Bruder Macdonald?

Macdonald.
    Ja wenn
    Er fallen muß und soll, und 's ist nicht anders,
    So mag ich's diesem Pastalutz nicht gönnen.

Deveroux.  (nach einigem Besinnen)
    Wann soll er fallen?

Buttler.
    Heut, in dieser Nacht,
    Denn morgen stehn die Schweden vor den Toren.

Deveroux.
    Stehst du mir für die Folgen, General?

Buttler.
    Ich steh für alles.

Deveroux.
    Ist's des Kaisers Will'?
    Sein netter, runder Will'?  Man hat Exempel,
    Daß man den Mord liebt und den Mörder straft.

Buttler.
    Das Manifest sagt: lebend oder tot.
    Und lebend ist's nicht möglich, seht ihr selbst--

Deveroux.
    Tot also!  Tot!--Wie aber kommt man an ihn?
    Die Stadt ist angefüllt mit Terzkyschen.

Macdonald.
    Und dann ist noch der Terzky und der Illo--

Buttler.
    Mit diesen beiden fängt man an, versteht sich.

Deveroux.
    Was?  Sollen die auch fallen?

Buttler.
    Die zuerst.

Macdonald.
    Hör, Deveroux--das wird ein blut'ger Abend.

Deveroux.
    Hast du schon deinen Mann dazu?  Trag's mir auf.

Buttler.
    Dem Major Geraldin ist's übergeben.
    Es ist heut Faßnacht, und ein Essen wird
    Gegeben auf dem Schloß, dort wird man sie
    Bei Tafel überfallen, niederstoßen--
    Der Pestalutz, der Leßley sind dabei--

Deveroux.
    Hör, General!  Dir kann es nichts verschlagen.
    Hör--laß mich tauschen mit dem Geraldin.

Buttler.
    Die kleinere Gefahr ist bei dem Herzog.

Deveroux.
    Gefahr!  Was, Teufel!  denkst du von mir, Herr?
    Des Herzogs Aug', nicht seinen Degen fürcht ich.

Buttler.
    Was kann sein Aug' dir schaden?

Deveroux.
    Alle Teufel!
    Du kennst mich, daß ich keine Memme bin.
    Doch sieh, es sind noch nicht acht Tag', daß mir
    Der Herzog zwanzig Goldstück reichen lassen
    Zu diesem warmen Rock, den ich hier anhab--
    Und wenn er mich nun mit der Pike sieht
    Dastehn, mir auf den Rock sieht--sieh--so--so--
    Der Teufel hol mich!  ich bin keine Memme.

Buttler.
    Der Herzog gab dir diesen warmen Rock,
    Und du, ein armer Wicht, bedenkst dich, ihm
    Dafür den Degen durch den Leib zu rennen.
    Und einen Rock, der noch viel wärmer hält,
    Hing ihm der Kaiser um, den Fürstenmantel.
    Wie dankt er's ihm?  Mit Aufruhr und Verrat.

Deveroux.
    Das ist auch wahr.  Den Danker hol der Teufel!
    Ich--bring ihn um.

Buttler.
    Und willst du dein Gewissen
    Beruhigen, darfst du den Rock nur ausziehn,
    So kannst du's frisch und wohlgemut vollbringen.

Macdonald.
    Ja!  da ist aber noch was zu bedenken--

Buttler.
    Was gibt's noch zu bedenken, Macdonald?

Macdonald.
    Was hilft uns Wehr und Waffe wider den?
    Er ist nicht zu verwunden, er ist fest.

Buttler.  (fährt auf)
    Was wird er--

Macdonald.
    Gegen Schuß und Hieb!  Er ist
    Gefroren, mit der Teufelskunst behaftet,
    Sein Leib ist undurchdringlich, sag ich dir.

Deveroux.
    Ja, ja!  In Ingolstadt war auch so einer,
    Dem war die Haut so fest wie Stahl, man mußt' ihn
    Zuletzt mit Flintenkolben niederschlagen.

Macdonald.
    Hört, was ich tun will!

Deveroux.
    Sprich!

Macdonald.
    Ich kenne hier
    Im Kloster einen Bruder Dominikaner
    Aus unsrer Landsmannschaft, der soll mir Schwert
    Und Pike tauchen in geweihtes Wasser
    Und einen kräft'gen Segen drüber sprechen,
    Das ist bewährt, hilft gegen jeden Bann.

Buttler.
    Das tue, Macdonald.  Jetzt geht aber.
    Wählt aus dem Regimente zwanzig, dreißig
    Handfeste Kerls, laßt sie dem Kaiser schwören--
    Wenn's eilf geschlagen--wenn die ersten Runden
    Passiert sind, führt ihr sie in aller Stille
    Dem Hause zu--Ich werde selbst nicht weit sein.

Deveroux.
    Wie kommen wir durch die Hartschiers und Garden,
    Die in dem innern Hofraum Wache stehn?

Buttler.
    Ich hab des Orts Gelegenheit erkundigt.
    Durch eine hintre Pforte führ ich euch,
    Die nur durch einen Mann verteidigt wird.
    Mir gibt mein Rang und Amt zu jeder Stunde
    Einlaß beim Herzog.  Ich will euch vorangehn,
    Und schnell mit einem Dolchstoß in die Kehle
    Durchbohr ich den Hartschier und mach euch Bahn.

Deveroux.
    Und sind wir oben, wie erreichen wir
    Das Schlafgemach des Fürsten, ohne daß
    Das Hofgesind' erwacht und Lärmen ruft?
    Denn er ist hier mit großem Komitat.

Buttler.
    Die Dienerschaft ist auf dem rechten Flügel,
    Er haßt Geräusch, wohnt auf dem linken ganz allein.

Deveroux.
    Wär's nur vorüber, Macdonald--Mir ist
    Seltsam dabei zumute, weiß der Teufel.

Macdonald.
    Mir auch.  Es ist ein gar zu großes Haupt.
    Man wird uns für zwei Bösewichter halten.

Buttler.
    In Glanz und Ehr' und Überfluß könnt ihr
    Der Menschen Urteil und Gered' verlachen.

Deveroux.
    Wenn's mit der Ehr' nur auch so recht gewiß ist.

Buttler.
    Seid unbesorgt.  Ihr rettet Kron' und Reich
    Dem Ferdinand.  Der Lohn kann nicht gering sein.

Deveroux.
    So ist's sein Zweck, den Kaiser zu entthronen?

Buttler.
    Das ist er!  Kron' und Leben ihm zu rauben!

Deveroux.
    So müßt' er fallen durch des Henkers Hand,
    Wenn wir nach Wien lebendig ihn geliefert?

Buttler.
    Dies Schicksal könnt' er nimmermehr vermeiden.

Deveroux.
    Komm, Macdonald!  Er soll als Feldherr enden
    Und ehrlich fallen von Soldatenhänden.
(Sie gehen ab.)



Dritter Auftritt

Ein Saal, aus dem man in eine Galerie gelangt, die sich weit
nach hinten verliert.  Wallenstein sitzt an einem Tisch.  Der
schwedische Hauptmann steht vor ihm.  Bald darauf Gräfin Terzky.


Wallenstein.
    Empfehlt mich Eurem Herrn.  Ich nehme teil
    An seinem guten Glück, und wenn Ihr mich
    So viele Freude nicht bezeigen seht,
    Als diese Siegespost verdienen mag,
    So glaubt, es ist nicht Mangel guten Willens,
    Denn unser Glück ist nunmehr eins.  Lebt wohl!
    Nehmt meinen Dank für Eure Müh.  Die Festung
    Soll sich euch auftun morgen, wenn ihr kommt.
(Schwedischer Hauptmann geht ab.  Wallenstein sitzt in tiefen
Gedanken, starr vor sich hinsehend, den Kopf in die Hand gesenkt.
Gräfin Terzky tritt herein und steht eine Zeitlang vor ihm
unbemerkt, endlich macht er eine rasche Bewegung, erblickt sie
und faßt sich schnell.)
    Kommst du von ihr?  Erholt sie sich?  Was macht sie?

Gräfin.
    Sie soll gefaßter sein nach dem Gespräch,
    Sagt mir die Schwester--Jetzt ist sie zu Bette.

Wallenstein.
    Ihr Schmerz wird sanfter werden.  Sie wird weinen.

Gräfin.
    Auch dich, mein Bruder, find ich nicht wie sonst.
    Nach einem Sieg erwartet' ich dich heitrer.
    O bleibe stark!  Erhalte du uns aufrecht,
    Denn du bist unser Licht und unsre Sonne.

Wallenstein.
    Sei ruhig.  Mir ist nichts--Wo ist dein Mann?

Gräfin.
    Zu einem Gastmahl sind sie, er und Illo.

Wallenstein.  (steht auf und macht einige Schritte durch den Saal)
    Es ist schon finstre Nacht--Geh auf dein Zimmer.

Gräfin.
    Heiß mich nicht gehn, o laß mich um dich bleiben.

Wallenstein.  (ist ans Fenster getreten)
    Am Himmel ist geschäftige Bewegung,
    Des Turmes Fahne jagt der Wind, schnell geht
    Der Wolken Zug, die Mondessichel wankt,
    Und durch die Nacht zuckt ungewisse Helle.
    --Kein Sternbild ist zu sehn!  Der matte Schein dort,
    Der einzelne, ist aus der Kassiopeia,
    Und dahin steht der Jupiter--Doch jetzt
    Deckt ihn die Schwärze des Gewitterhimmels!
(Er versinkt in Tiefsinn und sieht starr hinaus).

Gräfin.  (die ihm traurig zusieht, faßt ihn bei der Hand).
    Was sinnst du?

Wallenstein.
    Mir deucht, wenn ich ihn sähe, wär' mir wohl.
    Es ist der Stern, der meinem Leben strahlt,
    Und wunderbar oft stärkte mich sein Anblick.
(Pause.)

Gräfin.
    Du wirst ihn wiedersehn.

Wallenstein.  (ist wieder in eine tiefe Zerstreuung gefallen,
    er ermuntert sich und wendet sich schnell zur Gräfin)
    Ihn wiedersehn?--O niemals wieder!

Gräfin.
    Wie?

Wallenstein.
    Er ist dahin--ist Staub!

Gräfin.
    Wen meinst du denn?

Wallenstein.
    Er ist der Glückliche.  Er hat vollendet.
    Für ihn ist keine Zukunft mehr, ihm spinnt
    Das Schicksal keine Tücke mehr--sein Leben
    Liegt faltenlos und leuchtend ausgebreitet,
    Kein dunkler Flecken blieb darin zurück,
    Und unglückbringend pocht ihm keine Stunde.
    Weg ist er über Wunsch und Furcht, gehört
    Nicht mehr den trüglich wankenden Planeten--
    O ihm ist wohl!  Wer aber weiß, was uns
    Die nächste Stunde schwarz verschleiert bringt!

Gräfin.
    Du sprichst von Piccolomini.  Wie starb er?
    Der Bote ging just von dir, als ich kam.
(Wallenstein bedeutet sie mit der Hand, zu schweigen.)
    O wende deine Blicke nicht zurück!
    Vorwärts in hellre Tage laß uns schauen.
    Freu dich des Siegs, vergiß, was er dir kostet.
    Nicht heute erst ward dir der Freund geraubt;
    Als er sich von dir schied, da starb er dir.

Wallenstein.
    Verschmerzen werd ich diesen Schlag, das weiß ich,
    Denn was verschmerzte nicht der Mensch!  Vom Höchsten
    Wie vom Gemeinsten lernt er sich entwöhnen,
    Denn ihn besiegen die gewalt'gen Stunden.
    Doch fühl ich's wohl, was ich in ihm verlor.
    Die Blume ist hinweg aus meinem Leben,
    Und kalt und farblos seh ich's vor mir liegen.
    Denn er stand neben mir wie meine Jugend,
    Er machte mir das Wirkliche zum Traum,
    Um die gemeine Deutlichkeit der Dinge
    Den goldnen Duft der Morgenröte webend--
    Im Feuer seines liebenden Gefühls
    Erhoben sich, mir selber zum Erstaunen,
    Des Lebens flach alltägliche Gestalten.
    --Was ich mir ferner auch erstreben mag,
    Das Schöne ist doch weg, das kommt nicht wieder,
    Denn über alles Glück geht doch der Freund,
    Der's fühlend erst erschafft, der's teilend mehrt.

Gräfin.
    Verzag nicht an der eignen Kraft.  Dein Herz
    Ist reich genug, sich selber zu beleben.
    Du liebst und preisest Tugenden an ihm,
    Die du in ihm gepflanzt, in ihm entfaltet.

Wallenstein.  (an die Türe gehend)
    Wer stört uns noch in später Nacht?--Es ist
    Der Kommendant.  Er bringt die Festungsschlüssel.
    Verlaß uns, Schwester, Mitternacht ist da.

Gräfin.
    O mir wird heut so schwer, von dir zu gehn,
    Und bange Furcht bewegt mich.

Wallenstein.
    Furcht!  Wovor?

Gräfin.
    Du möchtest schnell wegreisen diese Nacht,
    Und beim Erwachen fänden wir dich nimmer.

Wallenstein.
    Einbildungen.

Gräfin.
    O meine Seele wird
    Schon lang von trüben Ahnungen geängstigt,
    Und wenn ich wachend sie bekämpft, sie fallen
    Mein banges Herz in düstern Träumen an.
    --Ich sah dich gestern nacht mit deiner ersten
    Gemahlin, reich geputzt, zu Tische sitzen--

Wallenstein.
    Das ist ein Traum erwünschter Vorbedeutung,
    Denn jene Heirat stiftete mein Glück.

Gräfin.
    Und heute träumte mir, ich suchte dich
    In deinem Zimmer auf--Wie ich hineintrat,
    So war's dein Zimmer nicht mehr, die Kartause
    Zu Gitschin war's, die du gestiftet hast
    Und wo du willst, daß man dich hin begrabe.

Wallenstein.
    Dein Geist ist nun einmal damit beschäftigt.

Gräfin.
    Wie?  Glaubst du nicht, daß eine Warnungsstimme
    In Träumen vorbedeutend zu uns spricht?

Wallenstein.
    Dergleichen Stimmen gibt's--Es ist kein Zweifel!
    Doch Warnungsstimmen möcht' ich sie nicht nennen,
    Die nur das Unvermeidliche verkünden.
    Wie sich der Sonne Scheinbild in dem Dunstkreis
    Malt, eh' sie kommt, so schreiten auch den großen
    Geschicken ihre Geister schon voran,
    Und in dem Heute wandelt schon das Morgen.
    Es machte mir stets eigene Gedanken,
    Was man vom Tod des vierten Heinrichs liest.
    Der König fühlte das Gespenst des Messers
    Lang vorher in der Brust, eh' sich der Mörder
    Ravaillac damit waffnete.  Ihn floh
    Die Ruh', es jagt' ihn auf in seinem Louvre,
    Ins Freie trieb es ihn; wie Leichenfeier
    Klang ihm der Gattin Krönungsfest, er hörte
    Im ahnungsvollen Ohr der Füße Tritt,
    Die durch die Gassen von Paris ihn suchten--

Gräfin.
    Sagt dir die innre Ahnungsstimme nichts?

Wallenstein.
    Nichts.  Sei ganz ruhig!

Gräfin.  (in düstres Nachsinnen verloren):
    Und ein andermal,
    Als ich dir eilend nachging, liefst du vor mir
    Durch einen langen Gang, durch weite Säle,
    Es wollte gar nicht enden--Türen schlugen
    Zusammen, krachend--keuchend folgt' ich, konnte
    Dich nicht erreichen--plötzlich fühlt' ich mich
    Von hinten angefaßt mit kalter Hand,
    Du warst's und küßtest mich, und über uns
    Schien eine rote Decke sich zu legen--

Wallenstein.
    Das ist der rote Teppich meines Zimmers.

Gräfin.  (ihn betrachtend)
    Wenn's dahin sollte kommen--Wenn ich dich,
    Der jetzt in Lebensfülle vor mir steht--
(Sie sinkt ihm weinend an die Brust.)

Wallenstein.
    Des Kaisers Achtsbrief ängstigt dich.  Buchstaben
    Verwunden nicht, er findet keine Hände.

Gräfin.
    Fänd' er sie aber, dann ist mein Entschluß
    Gefaßt--ich führe bei mir, was mich tröstet.
(Geht ab.)



Vierter Auftritt

Wallenstein.  Gordon.  Dann der Kammerdiener.


Wallenstein.
    Ist's ruhig in der Stadt?

Gordon.
    Die Stadt ist ruhig.

Wallenstein.
    Ich höre rauschende Musik, das Schloß ist
    Von Lichtern hell.  Wer sind die Fröhlichen?

Gordon.
    Dem Grafen Terzky und dem Feldmarschall
    Wird ein Bankett gegeben auf dem Schloß.

Wallenstein.  (vor sich)
    Es ist des Sieges wegen--Dies Geschlecht
    Kann sich nicht anders freuen als bei Tisch.
(Klingelt.  Kammerdiener tritt ein.)
    Entkleide mich, ich will mich schlafen legen.
(Er nimmt die Schlüssel zu sich.)
    So sind wir denn vor jedem Feind bewahrt
    Und mit den sichern Freunden eingeschlossen;
    Denn alles müßt' mich trügen, oder ein
    Gesicht wie dies
(auf Gordon schauend)
    ist keines Heuchlers Larve.
(Kammerdiener hat ihm den Mantel, Ringkragen und die Feldbinde abgenommen.)
    Gib acht!  Was fällt da?

Kammerdiener.
    Die goldne Kette ist entzweigesprungen.

Wallenstein.
    Nun, sie hat lang genug gehalten.  Gib.
(Indem er die Kette betrachtet.)
    Das war des Kaisers erste Gunst.  Er hing sie
    Als Erzherzog mir um, im Krieg von Friaul,
    Und aus Gewohnheit trug ich sie bis heut.
    --Aus Aberglauben, wenn Ihr wollt.  Sie sollte
    Ein Talisman mir sein, so lang ich sie
    An meinem Halse glaubig würde tragen,
    Das flücht'ge Glück, des erste Gunst sie war,
    Mir auf zeitlebens binden--Nun es sei!
    Mir muß fortan ein neues Glück beginnen,
    Denn dieses Bannes Kraft ist aus.
(Kammerdiener entfernt sich mit den Kleidern.  Wallenstein steht
auf, macht einen Gang durch den Saal und bleibt zuletzt nachdenkend
vor Gordon stehen.)
    Wie doch die alte Zeit mir näher kommt.
    Ich seh mich wieder an dem Hof zu Burgau,
    Wo wir zusammen Edelknaben waren.
    Wir hatten öfters Streit, du meintest's gut
    Und pflegtest gern den Sittenprediger
    Zu machen, schaltest mich, daß ich nach hohen Dingen
    Unmäßig strebte, kühnen Träumen glaubend,
    Und priesest mir den goldnen Mittelweg.
    --Ei, deine Weisheit hat sich schlecht bewährt,
    Sie hat dich früh zum abgelebten Manne
    Gemacht und würde dich, wenn ich mit meinen
    Großmüt'gern Sternen nicht dazwischenträte,
    Im schlechten Winkel still verlöschen lassen.

Gordon.
    Mein Fürst!  Mit leichtem Mute knüpft der arme Fischer
    Den kleinen Nachen an im sichern Port,
    Sieht er im Sturm das große Meerschiff stranden.

Wallenstein.
    So bist du schon im Hafen, alter Mann?
    Ich nicht.  Es treibt der ungeschwächte Mut
    Noch frisch und herrlich auf der Lebenswoge,
    Die Hoffnung nenn ich meine Göttin noch,
    Ein Jüngling ist der Geist, und seh ich mich
    Dir gegenüber, ja, so möcht' ich rühmend sagen,
    Daß über meinem braunen Scheitelhaar
    Die schnellen Jahre machtlos hingegangen.
(Er geht mit großen Schritten durchs Zimmer und bleibt auf der
entgegengesetzten Seite, Gordon gegenüber, stehen.)
    Wer nennt das Glück noch falsch?  Mir war es treu,
    Hob aus der Menschen Reihen mich heraus
    Mit Liebe, durch des Lebens Stufen mich
    Mit kraftvoll leichten Götterarmen tragend.
    Nichts ist gemein in meines Schicksals Wegen
    Noch in den Furchen meiner Hand.  Wer möchte
    Mein Leben mir nach Menschenweise deuten?
    Zwar jetzo schein ich tief herabgestürzt,
    Doch werd ich wieder steigen, hohe Flut
    Wird bald auf diese Ebbe schwellend folgen--

Gordon.
    Und doch erinnr' ich an den alten Spruch:
    Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
    Nicht Hoffnung möcht' ich schöpfen aus dem langen Glück,
    Dem Unglück ist die Hoffnung zugesendet.
    Furcht soll das Haupt des Glücklichen umschweben,
    Denn ewig wanket des Geschickes Waage.

Wallenstein.  (lächelnd)
    Den alten Gordon hör ich wieder sprechen.
    --Wohl weiß ich, daß die ird'schen Dinge wechseln,
    Die bösen Götter fordern ihren Zoll:
    Das wußten schon die alte Heidenvölker,
    Drum wählten sie sich selbst freiwill'ges Unheil,
    Die eifersücht'ge Gottheit zu versöhnen,
    Und Menschenopfer bluteten dem Typhon.
(Nach einer Pause, ernst und stiller.)
    Auch ich hab ihm geopfert--Denn mir fiel
    Der liebst Freund, und fiel durch meine Schuld.
    So kann mich keines Glückes Gunst mehr freuen,
    Als dieser Schlag mich hat geschmerzt--Der Neid
    Des Schicksals ist gesättigt, es nimmt Leben
    Für Leben an, und abgeleitet ist
    Auf das geliebte reine Haupt der Blitz,
    Der mich zerschmetternd sollte niederschlagen.



Fünfter Auftritt

Vorige.  Seni.


Wallenstein.
    Kommt da nicht Seni?  Und wie außer sich!
    Was führt dich noch so spät hieher, Baptist?

Seni.
    Furcht deinetwegen, Hoheit.

Wallenstein.
    Sag, was gibt's?

Seni.
    Flieh, Hoheit, eh' der Tag anbricht.  Vertraue dich
    Den Schwedischen nicht an.

Wallenstein.
    Was fällt dir ein?

Seni.  (mit steigendem Ton)
    Vertrau dich diesen Schweden nicht!

Wallenstein.
    Was ist's denn?

Seni.
    Erwarte nicht die Ankunft dieser Schweden!
    Von falschen Freunden droht dir nahes Unheil,
    Die Zeichen stehen grausenhaft, nah, nahe
    Umgeben dich die Netze des Verderbens.

Wallenstein.
    Du träumst, Baptist, die Furcht betöret dich.

Seni.
    O glaube nicht, daß leere Furcht mich täusche.
    Komm, lies es selbst in dem Planetenstand,
    Daß Unglück dir von falschen Freunden droht.

Wallenstein.
    Von falschen Freunden stammt mein ganzes Unglück.
    Die Weisung hätte früher kommen sollen,
    Jetzt brauch ich keine Sterne mehr dazu.

Seni.
    O komm und sieh!  Glaub deinen eignen Augen.
    Ein greulich Zeichen steht im Haus des Lebens,
    Ein naher Feind, ein Unhold lauert hinter
    Den Strahlen deines Sterns--O laß dich warnen!
    Nicht diesen Heiden überliefre dich,
    Die Krieg mit unsrer heil'gen Kirche führen.

Wallenstein.  (lächelnd)
    Schallt das Orakel daher?--Ja!  Ja!  Nun
    Besinn' ich mich--Dies schwed'sche Bündnis hat
    Dir nie gefallen wollen--Leg dich schlafen,
    Baptista!  Solche Zeichen fürcht ich nicht.

Gordon.  (der durch diese Reden heftig erschüttert worden,
    wendet sich zu Wallenstein).
    Mein fürstlicher Gebieter!  Darf ich reden?
    Oft kommt ein nützlich Wort aus schlechtem Munde.

Wallenstein.
    Sprich frei!

Gordon.
    Mein Fürst!  Wenn's doch kein leeres Furchtbild wäre,
    Wenn Gottes Vorsehung sich dieses Mundes
    Zu Ihrer Rettung wunderbar bediente!

Wallenstein.
    Ihr sprecht im Fieber, einer wie der andre.
    Wie kann mir Unglück kommen von den Schweden?
    Sie suchten meinen Bund, er ist ihr Vorteil.

Gordon.
    Wenn dennoch eben dieser Schweden Ankunft--
    Gerade die es wär', die das Verderben
    Beflügelte auf Ihr so sichres Haupt--
(vor ihm niederstürzend)
    O noch ist's Zeit, mein Fürst--

Seni.  (kniet nieder)
    O hör ihn!  hör ihn!

Wallenstein.
    Zeit, und wozu?  Steht auf--Ich will's, steht auf.

Gordon.  (steht auf)
    Der Rheingraf ist noch fern.  Gebieten Sie,
    Und diese Festung soll sich ihm verschließen.
    Will er uns dann belagern, er versuch's.
    Doch sag ich dies: Verderben wird er eher
    Mit seinem ganzen Volk vor diesen Wällen,
    Als unsres Mutes Tapferkeit ermüden.
    Erfahren soll er, was ein Heldenhaufe
    Vermag, beseelt von einem Heldenführer,
    Dem's Ernst ist, seinen Fehler gutzumachen.
    Das wird den Kaiser rühren und versöhnen,
    Denn gern zur Milde wendet sich sein Herz,
    Und Friedland, der bereuend wiederkehrt,
    Wird höher stehn in seines Kaisers Gnade,
    Als je der Niegefallne hat gestanden.

Wallenstein.  (betrachtet ihn mit Befremdung und Erstaunen und
schweigt eine Zeitlang, eine starke innre Bewegung zeigend)
    Gordon--des Eifers Wärme führt Euch weit,
    Es darf der Jugendfreund sich was erlauben.
    --Blut ist geflossen, Gordon.  Nimmer kann
    Der Kaiser mir vergeben.  Könnt' er's, ich,
    Ich könnte nimmer mir vergeben lassen.
    Hätt' ich vorher gewußt, was nun geschehn,
    Daß es den liebsten Freund mir würde kosten,
    Und hätte mir das Herz wie jetzt gesprochen--
    Kann sein, ich hätte mich bedacht--kann sein
    Auch nicht--Doch was nun schonen noch?  Zu ernsthaft
    Hat's angefangen, um in nichts zu enden.
    Hab' es denn seinen Lauf!
(Indem er ans Fenster tritt.)
    Sieh, es ist Nacht geworden, auf dem Schloß
    Ist's auch schon stille--Leuchte, Kämmerling.
(Kammerdiener, der unterdessen still eingetreten und mit
    sichtbarem Anteil in der Ferne gestanden, tritt hervor, heftig
    bewegt, und stürzt sich zu des Herzogs Füßen.)
    Du auch noch?  Doch ich weiß es ja, warum
    Du meinen Frieden wünschest mit dem Kaiser.
    Der arme Mensch!  Er hat im Kärntnerland
    Ein kleines Gut und sorgt, sie nehmen's ihm,
    Weil er bei mir ist.  Bin ich denn so arm,
    Daß ich den Dienern nicht ersetzen kann?
    Nun!  Ich will niemand zwingen.  Wenn du meinst,
    Daß mich das Glück geflohen, so verlaß mich.
    Heut magst du mich zum letztenmal entkleiden
    Und dann zu deinem Kaiser übergehn--
    Gut Nacht, Gordon!
    Ich denke einen langen Schlaf zu tun,
    Denn dieser letzten Tage Qual war groß.
    Sorgt, daß sie nicht zu zeitig mich erwecken.
(Er geht ab.  Kammerdiener leuchtet.  Seni folgt.  Gordon bleibt in
der Dunkelheit stehen, dem Herzog mit den Augen folgend, bis er
in dem äußersten Gang verschwunden ist; dann drückt er durch
Gebärden seinen Schmerz aus und lehnt sich gramvoll an eine
Säule.)



Sechster Auftritt

Gordon.  Buttler, anfangs hinter der Szene.


Buttler.
    Hier stehet still, bis ich das Zeichen gebe.

Gordon.  (fährt auf)
    Er ist's, er bringt die Mörder schon.

Buttler.
    Die Lichter
    Sind aus.  In tiefem Schlafe liegt schon alles.

Gordon.
    Was soll ich tun?  Versuch ich's, ihn zu retten?
    Bring ich das Haus, die Wachen in Bewegung?

Buttler.  (erscheint hinten)
    Vom Korridor her schimmert Licht.  Das führt
    Zum Schlafgemach des Fürsten.

Gordon.
    Aber brech ich
    Nicht meinen Eid dem Kaiser?  Und entkommt er,
    Des Feindes Macht verstärkend, lad ich nicht
    Auf mein Haupt alle fürchterlichen Folgen?

Buttler.  (etwas näher kommend)
    Still!  Horch!  Wer spricht da?

Gordon.
    Ach, es ist doch besser,
    Ich stell's dem Himmel heim.  Denn was bin ich,
    Daß ich so großer Tat mich unterfinge?
    Ich hab ihn nicht ermordet, wenn er umkommt,
    Doch seine Rettung wäre meine Tat,
    Und jede schwere Folge müßt' ich tragen.

Buttler.  (herzutretend)
    Die Stimme kenn ich.

Gordon.
    Buttler!

Buttler.
    Es ist Gordon.
    Was sucht Ihr hier?  Entließ der Herzog Euch
    So spät?

Gordon.
    Ihr tragt die Hand in einer Binde?

Buttler.
    Sie ist verwundet.  Dieser Illo focht
    Wie ein Verzweifelter, bis wir ihn endlich
    Zu Boden streckten--

Gordon.  (schauert zusammen)
    Sie sind tot!

Buttler.
    Es ist geschehn.
    --Ist er zu Bett?

Gordon.
    Ach Buttler!

Buttler.  (dringend)
    Ist er?  Sprecht!
    Nicht lange kann die Tat verborgen bleiben.

Gordon.
    Er soll nicht sterben.  Nicht durch Euch!  Der Himmel
    Will Euren Arm nicht.  Seht, er ist verwundet.

Buttler.
    Nicht meines Armes braucht's.

Gordon.
    Die Schuldigen
    Sind tot; genug ist der Gerechtigkeit
    Geschehn!  Laßt dieses Opfer sie versöhnen!
(Kammerdiener kommt den Gang her, mit dem Finger auf dem Mund
Stillschweigen gebietend.)
    Er schläft!  O mordet nicht den heil'gen Schlaf!

Buttler.
    Nein, er soll wachend sterben.
(Will gehen.)

Gordon.
    Ach, sein Herz ist noch
    Den ird'schen Dingen zugewendet, nicht
    Gefaßt ist er, vor seinen Gott zu treten.

Buttler.
    Gott ist barmherzig!
(Will gehen.)

Gordon.  (hält ihn)
    Nur die Nacht noch gönnt ihm.

Buttler.
    Der nächste Augenblick kann uns verraten.
(Will fort.)

Gordon.  (hält ihn).
    Nur eine Stunde!

Buttler.
    Laßt mich los!  Was kann
    Die kurze Frist ihm helfen?

Gordon.
    O die Zeit ist
    Ein wundertät'ger Gott.  In einer Stunde rinnen
    Viel tausend Körner Sandes, schnell wie sie
    Bewegen sich im Menschen die Gedanken.
    Nur eine Stunde!  Euer Herz kann sich,
    Das seinige sich wenden--Eine Nachricht
    Kann kommen--ein beglückendes Ereignis
    Entscheidend, rettend, schnell vom Himmel fallen--
    O was vermag nicht eine Stunde!

Buttler.
    Ihr erinnert mich,
    Wie kostbar die Minuten sind.
(Er stampft auf den Boden.)



Siebenter Auftritt

Macdonald, Deveroux mit Hellebardierern treten hervor.
Dann Kammerdiener.  Vorige.


Gordon.  (sich zwischen ihn und jene werfend).
    Nein, Unmensch!
    Erst über meinen Leichnam sollst du hingehn,
    Denn nicht will ich das Gräßliche erleben.

Buttler.  (ihn wegdrängend).
    Schwachsinn'ger Alter!
(Man hört Trompeten in der Ferne.)

Macdonald
    und Deveroux.
    Schwedische Trompeten!
    Die Schweden stehn vor Eger!  Laßt uns eilen!

Gordon.
    Gott!  Gott!

Buttler.
    An Euren Posten, Kommendant!
(Gordon stürzt hinaus.)

Kammerdiener.  (eilt herein.)
    Wer darf hier lärmen?  Still, der Herzog schläft!

Deveroux.  (mit lauter, fürchterlicher Stimme.)
    Freund!  Jetzt ist's Zeit, zu lärmen!

Kammerdiener.  (Geschrei erhebend)
    Hilfe!  Mörder!

Buttler.
    Nieder mit ihm!

Kammerdiener.  (von Deveroux durchbohrt, stürzt am Eingang der Galerie)
    Jesus Maria!

Buttler.
    Sprengt die Türen!
(Sie schreiten über den Leichnam weg den Gang hin.  Man hört in
    der Ferne zwei Türen nach einander stürzen--Dumpfe Stimmen--
    Waffengetöse--dann plötzlich tiefe Stille.)



Achter Auftritt


Gräfin Terzky.  (mit einem Lichte)
    Ihr Schlafgemach ist leer, und sie ist nirgends
    Zu finden, auch die Neubrunn wird vermißt,
    Die bei ihr wachte--Wäre sie entflohn?
    Wo kann sie hingeflohen sein!  Man muß
    Nacheilen, alles in Bewegung setzen!
    Wie wird der Herzog diese Schreckenspost
    Aufnehmen!--Wäre nur mein Mann zurück
    Vom Gastmahl!  Ob der Herzog wohl noch wach ist?
    Mir war's, als hört' ich Stimmen hier und Tritte.
    Ich will doch hingehn, an der Türe lauschen.
    Horch!  wer ist das?  Es eilt die Trepp' herauf.



Neunter Auftritt

Gräfin.  Gordon.  Dann Buttler.


Gordon.  (eilfertig, atemlos hereinstürzend):
    Es ist ein Irrtum--es sind nicht die Schweden.
    Ihr sollt nicht weitergehen--Buttler--Gott!
    Wo ist er?
(Indem er die Gräfin bemerkt.)

Gräfin, sagen Sie--

Gräfin.
    Sie kommen von der Burg?  Wo ist mein Mann?

Gordon.  (entsetzt)
    Ihr Mann!--O fragen Sie nicht!  Gehen Sie
    Hinein--
(Will fort)

Gräfin.  (hält ihn)
    Nicht eher, bis Sie mir entdecken--

Gordon.  (heftig dringend)
    An diesem Augenblicke hängt die Welt!
    Um Gotteswillen, gehen Sie--Indem
    Wir sprechen--Gott im Himmel!
(Laut schreiend.)

Buttler!  Buttler!

Gräfin.
    Der ist ja auf dem Schloß mit meinem Mann.
(Buttler kommt aus der Galerie.)

Gordon.  (der ihn erblickt).
    Es war ein Irrtum--Es sind nicht die Schweden--
    Die Kaiserlichen sind's, die eingedrungen--
    Der Generalleutnant schickt mich her, er wird
    Gleich selbst hier sein--Ihr sollt nicht weiter gehn--

Buttler.
    Er kommt zu spät.

Gordon.  (stürzt an die Mauer)
    Gott der Barmherzigkeit!

Gräfin.  (ahnungsvoll)
    Was ist zu spät?  Wer wird gleich selbst hier sein?
    Octavio in Eger eingedrungen?
    Verräterei!  Verräterei!
    Wo ist Der Herzog?
(Eilt dem Gange zu.)



Zehnter Auftritt

Vorige.  Seni.  Dann Bürgermeister.  Page.  Kammerfrau.  Bediente rennen
schreckensvoll über die Szene.


Seni.  (der mit allen Zeichen des Schreckens aus der Galerie kommt)
    O blutige, entsetzensvolle Tat!

Gräfin.
    Was ist
    Geschehen, Seni?

Page.  (herauskommend)
    O erbarmungswürd'ger Anblick!
(Bediente mit Fackeln.)

Gräfin.
    Was ist's?  Um Gotteswillen!

Seni.
    Fragt Ihr noch?
    Drinn' liegt der Fürst ermordet, Euer Mann ist
    Erstochen auf der Burg.
(Gräfin bleibt erstarrt stehen.)

Kammerfrau.  (eilt herein).
    Hilf'!  Hilf' der Herzogin!

Bürgermeister.  (kommt schreckenvoll)
    Was für ein Ruf
    Des Jammers weckt die Schläfer dieses Hauses?

Gordon.
    Verflucht ist Euer Haus auf ew'ge Tage!
    In Eurem Hause liegt der Fürst ermordet.

Bürgermeister.
    Das wolle Gott nicht!
(Stürzt hinaus.)

Erster Bedienter.
    Flieht!  Flieht!  Sie ermorden
    Uns alle!
    Zweiter Bedienter
(Silbergeräte tragend)
    Da hinaus.  Die untern Gänge sind besetzt.
(Hinter der Szene wird gerufen:)
    Platz!  Platz dem Generalleutnant!
(Bei diesen Worten richtet sich die Gräfin aus ihrer Erstarrung auf,
faßt sich und geht schnell ab.)
(Hinter der Szene:)
    Besetzt das Tor!  Das Volk zurückgehalten!



Elfter Auftritt

Vorige ohne die Gräfin.  Octavio Piccolomini tritt herein mit Gefolge.
Deveroux und Macdonald kommen zugleich aus dem Hintergrunde mit
Hellebardierern.  Wallensteins Leichnam wird in einem roten Teppich
hinten über die Szene getragen.


Octavio.  (rasch eintretend)
    Es darf nicht sein!  Es ist nicht möglich!  Buttler!
    Gordon!  Ich will's nicht glauben.  Saget nein.

Gordon.  (ohne zu antworten, weist mit der Hand nach hinten.
Octavio sieht hin und steht von Entsetzen ergriffen).

Deveroux.  (zu Buttler).
    Hier ist das goldne Vlies, des Fürsten Degen!

Macdonald.
    Befehlt Ihr, daß man die Kanzlei--

Buttler.  (auf Octavio zeigend)
    Hier steht er,
    Der jetzt allein Befehle hat zu geben.
(Deveroux und Macdonald treten ehrerbietig zurück; alles verliert
sich still, daß nur allein Buttler, Octavio und Gordon auf der
Szene bleiben.)

Octavio.  (zu Buttlern gewendet).
    War das die Meinung, Buttler, als wir schieden?
    Gott der Gerechtigkeit!  Ich hebe meine Hand auf.
    Ich bin an dieser ungeheuren Tat
    Nicht schuldig.

Buttler.
    Eure Hand ist rein.  Ihr habt
    Die meinige dazu gebraucht.

Octavio.
    Ruchloser!
    So mußtest du des Herrn Befehl mißbrauchen
    Und blutig grauenvollen Meuchelmord
    Auf deines Kaisers heil'gen Namen wälzen?

Buttler.  (gelassen)
    Ich hab des Kaisers Urtel nur vollstreckt.

Octavio.
    O Fluch der Könige, der ihren Worten
    Das fürchterliche Leben gibt, dem schnell
    Vergänglichen Gedanken gleich die Tat,
    Die fest unwiderrufliche, ankettet!
    Mußt' es so rasch gehorcht sein?  Konntest du
    Dem Gnädigen nicht Zeit zur Gnade gönnen?
    Des Menschen Engel ist die Zeit--die rasche
    Vollstreckung an das Urteil anzuheften,
    Ziemt nur dem unveränderlichen Gott!

Buttler.
    Was scheltet Ihr mich?  Was ist mein Verbrechen?
    Ich habe eine gute Tat getan,
    Ich hab das Reich von einem furchtbarn Feinde
    Befreit und mache Anspruch auf Belohnung.
    Der einz'ge Unterschied ist zwischen Eurem
    Und meinem Tun: Ihr habt den Pfeil geschärft,
    Ich hab ihn abgedrückt.  Ihr sätet Blut
    Und steht bestürzt, daß Blut ist aufgegangen.
    Ich wußt immer, was ich tat, und so
    Erschreckt und überrascht mich kein Erfolg.
    Habt Ihr sonst einen Auftrag mir zu geben?
    Denn stehnden Fußes reis ich ab nach Wien,
    Mein blutend Schwert vor meines Kaisers Thron
    Zu legen und den Beifall mir zu holen,
    Den der geschwinde, pünktliche Gehorsam
    Von dem gerechten Richter fordern darf.
(Geht ab.)



Zwölfter Auftritt

Vorige ohne Buttler.  Gräfin Terzky tritt auf, bleich und entstellt.
    Ihre Sprache ist schwach und langsam, ohne Leidenschaft.


Octavio.  (ihr entgegen)
    O Gräfin Terzky, mußt' es dahin kommen?
    Das sind die Folgen unglücksel'ger Taten.

Gräfin.
    Es sind die Früchte Ihres Tuns--Der Herzog
    Ist tot, mein Mann ist tot, die Herzogin
    Ringt mit dem Tode, meine Nichte ist verschwunden.
    Dies Haus des Glanzes und der Herrlichkeit
    Steht nun verödet, und durch alle Pforten
    Stürzt das erschreckte Hofgesinde fort.
    Ich bin die Letzte drin, ich schloß es ab
    Und liefre hier die Schlüssel aus.

Octavio.  (mit tiefem Schmerz)
    O Gräfin,
    Auch mein Haus ist verödet!

Gräfin.
    Wer soll noch
    Umkommen?  Wer soll noch mißhandelt werden?
    Der Fürst ist tot, des Kaisers Rache kann
    Befriedigt sein.  Verschonen Sie die alten Diener!
    Daß den Getreuen ihre Lieb und Treu
    Nicht auch zum Frevel angerechnet werde!
    Das Schicksal überraschte meinen Bruder
    Zu schnell, er konnte nicht mehr an sie denken.

Octavio
    Nichts von Mißhandlung!  Nichts von Rache, Gräfin!
    Die schwere Schuld ist schwer gebüßt, der Kaiser
    Versöhnt, nichts geht vom Vater auf die Tochter
    Hinüber als sein Ruhm und sein Verdienst.
    Die Kaiserin ehrt Ihr Unglück, öffnet Ihnen
    Teilnehmend ihre mütterlichen Arme.
    Drum keine Furcht mehr!  Fassen Sie Vertrauen
    Und übergeben Sie sich hoffnungsvoll
    Der kaiserlichen Gnade.

Gräfin.  (mit einem Blick zum Himmel)
    Ich vertraue mich
    Der Gnade eines größern Herrn--Wo soll
    Der fürstliche Leichnam seine Ruhstatt finden?
    In der Kartause, die er selbst gestiftet,
    Zu Gitschin ruht die Gräfin Wallenstein;
    An ihrer Seite, die sein erstes Glück
    Gegründet, wünscht' er, dankbar, einst zu schlummern.
    O lassen Sie ihn dort begraben sein!
    Auch für die Reste meines Mannes bitt ich
    Um gleiche Gunst.  Der Kaiser ist Besitzer
    Von unsern Schlössern, gönne man uns nur
    Ein Grab noch bei den Gräbern unsrer Ahnen.

Octavio.
    Sie zittern, Gräfin--Sie verbleichen--Gott!
    Und welche Deutung geb ich Ihren Reden?

Gräfin.  (sammelt ihre letzte Kraft und spricht mit
    Lebhaftigkeit und Adel)
    Sie denken würdiger von mir, als daß Sie glaubten,
    Ich überlebte meines Hauses Fall.
    Wir fühlten uns nicht zu gering, die Hand
    Nach einer Königskrone zu erheben--
    Es sollte nicht sein--Doch wir denken königlich
    Und achten einen freien, mut'gen Tod
    Anständiger als ein entehrtes Leben.
    --Ich habe Gift--

Octavio.
    O rettet!  helft!

Gräfin.
    Es ist zu spät.
    In wenig Augenblicken ist mein Schicksal
    Erfüllt.
(Sie geht ab.)

Gordon.
    O Haus des Mordes und Entsetzens!
(Ein Kurier kommt und bringt einen Brief.  Gordon tritt ihm entgegen.)
    Was gibt's?  Das ist das kaiserliche Siegel.
(Er hat die Aufschrift gelesen und übergibt den Brief dem Octavio
    mit einem Blick des Vorwurfs.)
    Dem Fürsten Piccolomini.
(Octavio erschrickt und blickt schmerzvoll zu Himmel.)

(Der Vorhang fällt.)






*** END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK, WALLENSTEINS TOD ***

This file should be named 8wllt10.txt or 8wllt10.zip
Corrected EDITIONS of our eBooks get a new NUMBER, 8wllt11.txt
VERSIONS based on separate sources get new LETTER, 8wllt10a.txt

Project Gutenberg eBooks are often created from several printed
editions, all of which are confirmed as Public Domain in the US
unless a copyright notice is included.  Thus, we usually do not
keep eBooks in compliance with any particular paper edition.

We are now trying to release all our eBooks one year in advance
of the official release dates, leaving time for better editing.
Please be encouraged to tell us about any error or corrections,
even years after the official publication date.

Please note neither this listing nor its contents are final til
midnight of the last day of the month of any such announcement.
The official release date of all Project Gutenberg eBooks is at
Midnight, Central Time, of the last day of the stated month.  A
preliminary version may often be posted for suggestion, comment
and editing by those who wish to do so.

Most people start at our Web sites at:
http://gutenberg.net or
http://promo.net/pg

These Web sites include award-winning information about Project
Gutenberg, including how to donate, how to help produce our new
eBooks, and how to subscribe to our email newsletter (free!).


Those of you who want to download any eBook before announcement
can get to them as follows, and just download by date.  This is
also a good way to get them instantly upon announcement, as the
indexes our cataloguers produce obviously take a while after an
announcement goes out in the Project Gutenberg Newsletter.

http://www.ibiblio.org/gutenberg/etext04 or
ftp://ftp.ibiblio.org/pub/docs/books/gutenberg/etext04

Or /etext03, 02, 01, 00, 99, 98, 97, 96, 95, 94, 93, 92, 92, 91 or 90

Just search by the first five letters of the filename you want,
as it appears in our Newsletters.


Information about Project Gutenberg (one page)

We produce about two million dollars for each hour we work.  The
time it takes us, a rather conservative estimate, is fifty hours
to get any eBook selected, entered, proofread, edited, copyright
searched and analyzed, the copyright letters written, etc.   Our
projected audience is one hundred million readers.  If the value
per text is nominally estimated at one dollar then we produce $2
million dollars per hour in 2002 as we release over 100 new text
files per month:  1240 more eBooks in 2001 for a total of 4000+
We are already on our way to trying for 2000 more eBooks in 2002
If they reach just 1-2% of the world's population then the total
will reach over half a trillion eBooks given away by year's end.

The Goal of Project Gutenberg is to Give Away 1 Trillion eBooks!
This is ten thousand titles each to one hundred million readers,
which is only about 4% of the present number of computer users.

Here is the briefest record of our progress (* means estimated):

eBooks Year Month

   1  1971 July
  10  1991 January
 100  1994 January
1000  1997 August
1500  1998 October
2000  1999 December
2500  2000 December
3000  2001 November
4000  2001 October/November
6000  2002 December*
9000  2003 November*
10000  2004 January*


The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been created
to secure a future for Project Gutenberg into the next millennium.

We need your donations more than ever!

As of February, 2002, contributions are being solicited from people
and organizations in: Alabama, Alaska, Arkansas, Connecticut,
Delaware, District of Columbia, Florida, Georgia, Hawaii, Illinois,
Indiana, Iowa, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maine, Massachusetts,
Michigan, Mississippi, Missouri, Montana, Nebraska, Nevada, New
Hampshire, New Jersey, New Mexico, New York, North Carolina, Ohio,
Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Carolina, South
Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West
Virginia, Wisconsin, and Wyoming.

We have filed in all 50 states now, but these are the only ones
that have responded.

As the requirements for other states are met, additions to this list
will be made and fund raising will begin in the additional states.
Please feel free to ask to check the status of your state.

In answer to various questions we have received on this:

We are constantly working on finishing the paperwork to legally
request donations in all 50 states.  If your state is not listed and
you would like to know if we have added it since the list you have,
just ask.

While we cannot solicit donations from people in states where we are
not yet registered, we know of no prohibition against accepting
donations from donors in these states who approach us with an offer to
donate.

International donations are accepted, but we don't know ANYTHING about
how to make them tax-deductible, or even if they CAN be made
deductible, and don't have the staff to handle it even if there are
ways.

Donations by check or money order may be sent to:

Project Gutenberg Literary Archive Foundation
PMB 113
1739 University Ave.
Oxford, MS 38655-4109

Contact us if you want to arrange for a wire transfer or payment
method other than by check or money order.

The Project Gutenberg Literary Archive Foundation has been approved by
the US Internal Revenue Service as a 501(c)(3) organization with EIN
[Employee Identification Number] 64-622154.  Donations are
tax-deductible to the maximum extent permitted by law.  As fund-raising
requirements for other states are met, additions to this list will be
made and fund-raising will begin in the additional states.

We need your donations more than ever!

You can get up to date donation information online at:

http://www.gutenberg.net/donation.html


***

If you can't reach Project Gutenberg,
you can always email directly to:

Michael S. Hart <[email protected]>

Prof. Hart will answer or forward your message.

We would prefer to send you information by email.


**The Legal Small Print**


(Three Pages)

***START**THE SMALL PRINT!**FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS**START***
Why is this "Small Print!" statement here? You know: lawyers.
They tell us you might sue us if there is something wrong with
your copy of this eBook, even if you got it for free from
someone other than us, and even if what's wrong is not our
fault. So, among other things, this "Small Print!" statement
disclaims most of our liability to you. It also tells you how
you may distribute copies of this eBook if you want to.

*BEFORE!* YOU USE OR READ THIS EBOOK
By using or reading any part of this PROJECT GUTENBERG-tm
eBook, you indicate that you understand, agree to and accept
this "Small Print!" statement. If you do not, you can receive
a refund of the money (if any) you paid for this eBook by
sending a request within 30 days of receiving it to the person
you got it from. If you received this eBook on a physical
medium (such as a disk), you must return it with your request.

ABOUT PROJECT GUTENBERG-TM EBOOKS
This PROJECT GUTENBERG-tm eBook, like most PROJECT GUTENBERG-tm eBooks,
is a "public domain" work distributed by Professor Michael S. Hart
through the Project Gutenberg Association (the "Project").
Among other things, this means that no one owns a United States copyright
on or for this work, so the Project (and you!) can copy and
distribute it in the United States without permission and
without paying copyright royalties. Special rules, set forth
below, apply if you wish to copy and distribute this eBook
under the "PROJECT GUTENBERG" trademark.

Please do not use the "PROJECT GUTENBERG" trademark to market
any commercial products without permission.

To create these eBooks, the Project expends considerable
efforts to identify, transcribe and proofread public domain
works. Despite these efforts, the Project's eBooks and any
medium they may be on may contain "Defects". Among other
things, Defects may take the form of incomplete, inaccurate or
corrupt data, transcription errors, a copyright or other
intellectual property infringement, a defective or damaged
disk or other eBook medium, a computer virus, or computer
codes that damage or cannot be read by your equipment.

LIMITED WARRANTY; DISCLAIMER OF DAMAGES
But for the "Right of Replacement or Refund" described below,
[1] Michael Hart and the Foundation (and any other party you may
receive this eBook from as a PROJECT GUTENBERG-tm eBook) disclaims
all liability to you for damages, costs and expenses, including
legal fees, and [2] YOU HAVE NO REMEDIES FOR NEGLIGENCE OR
UNDER STRICT LIABILITY, OR FOR BREACH OF WARRANTY OR CONTRACT,
INCLUDING BUT NOT LIMITED TO INDIRECT, CONSEQUENTIAL, PUNITIVE
OR INCIDENTAL DAMAGES, EVEN IF YOU GIVE NOTICE OF THE
POSSIBILITY OF SUCH DAMAGES.

If you discover a Defect in this eBook within 90 days of
receiving it, you can receive a refund of the money (if any)
you paid for it by sending an explanatory note within that
time to the person you received it from. If you received it
on a physical medium, you must return it with your note, and
such person may choose to alternatively give you a replacement
copy. If you received it electronically, such person may
choose to alternatively give you a second opportunity to
receive it electronically.

THIS EBOOK IS OTHERWISE PROVIDED TO YOU "AS-IS". NO OTHER
WARRANTIES OF ANY KIND, EXPRESS OR IMPLIED, ARE MADE TO YOU AS
TO THE EBOOK OR ANY MEDIUM IT MAY BE ON, INCLUDING BUT NOT
LIMITED TO WARRANTIES OF MERCHANTABILITY OR FITNESS FOR A
PARTICULAR PURPOSE.

Some states do not allow disclaimers of implied warranties or
the exclusion or limitation of consequential damages, so the
above disclaimers and exclusions may not apply to you, and you
may have other legal rights.

INDEMNITY
You will indemnify and hold Michael Hart, the Foundation,
and its trustees and agents, and any volunteers associated
with the production and distribution of Project Gutenberg-tm
texts harmless, from all liability, cost and expense, including
legal fees, that arise directly or indirectly from any of the
following that you do or cause:  [1] distribution of this eBook,
[2] alteration, modification, or addition to the eBook,
or [3] any Defect.

DISTRIBUTION UNDER "PROJECT GUTENBERG-tm"
You may distribute copies of this eBook electronically, or by
disk, book or any other medium if you either delete this
"Small Print!" and all other references to Project Gutenberg,
or:

[1]  Only give exact copies of it.  Among other things, this
    requires that you do not remove, alter or modify the
    eBook or this "small print!" statement.  You may however,
    if you wish, distribute this eBook in machine readable
    binary, compressed, mark-up, or proprietary form,
    including any form resulting from conversion by word
    processing or hypertext software, but only so long as
    *EITHER*:

    [*]  The eBook, when displayed, is clearly readable, and
         does *not* contain characters other than those
         intended by the author of the work, although tilde
         (~), asterisk (*) and underline (_) characters may
         be used to convey punctuation intended by the
         author, and additional characters may be used to
         indicate hypertext links; OR

    [*]  The eBook may be readily converted by the reader at
         no expense into plain ASCII, EBCDIC or equivalent
         form by the program that displays the eBook (as is
         the case, for instance, with most word processors);
         OR

    [*]  You provide, or agree to also provide on request at
         no additional cost, fee or expense, a copy of the
         eBook in its original plain ASCII form (or in EBCDIC
         or other equivalent proprietary form).

[2]  Honor the eBook refund and replacement provisions of this
    "Small Print!" statement.

[3]  Pay a trademark license fee to the Foundation of 20% of the
    gross profits you derive calculated using the method you
    already use to calculate your applicable taxes.  If you
    don't derive profits, no royalty is due.  Royalties are
    payable to "Project Gutenberg Literary Archive Foundation"
    the 60 days following each date you prepare (or were
    legally required to prepare) your annual (or equivalent
    periodic) tax return.  Please contact us beforehand to
    let us know your plans and to work out the details.

WHAT IF YOU *WANT* TO SEND MONEY EVEN IF YOU DON'T HAVE TO?
Project Gutenberg is dedicated to increasing the number of
public domain and licensed works that can be freely distributed
in machine readable form.

The Project gratefully accepts contributions of money, time,
public domain materials, or royalty free copyright licenses.
Money should be paid to the:
"Project Gutenberg Literary Archive Foundation."

If you are interested in contributing scanning equipment or
software or other items, please contact Michael Hart at:
[email protected]

[Portions of this eBook's header and trailer may be reprinted only
when distributed free of all fees.  Copyright (C) 2001, 2002 by
Michael S. Hart.  Project Gutenberg is a TradeMark and may not be
used in any sales of Project Gutenberg eBooks or other materials be
they hardware or software or any other related product without
express permission.]

*END THE SMALL PRINT! FOR PUBLIC DOMAIN EBOOKS*Ver.02/11/02*END*