The Project Gutenberg EBook of Seekriege und Seekriegswesen, Zweiter Band,
by Rudolph Rittmeyer

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Title: Seekriege und Seekriegswesen, Zweiter Band

Author: Rudolph Rittmeyer

Release Date: November 23, 2020 [EBook #63857]

Language: German

Character set encoding: UTF-8

Produced by: Peter Becker, Jens Nordmann and the Online Distributed
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*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK SEEKRIEGE UND SEEKRIEGSWESEN,
ZWEITER BAND ***




[Illustration: George Brydges Rodney]

                   *       *       *       *       *




                               Seekriege
                          und Seekriegswesen

                               in ihrer

                    weltgeschichtlichen Entwicklung

         Mit besonderer Berücksichtigung der großen Seekriege
                   des XVII. und XVIII. Jahrhunderts

                                  von

                           Rudolph Rittmeyer

                         Kontre-Admiral z. D.

                            [Illustration]

                             Zweiter Band

                             Von 1739-1793

           Mit zahlreichen Porträts, Abbildungen und Skizzen


                              Berlin 1911
                   Ernst Siegfried Mittler und Sohn
                      Königliche Hofbuchhandlung


             Alle Rechte aus dem Gesetz vom 19. Juni 1901
             sowie das Übersetzungsrecht sind vorbehalten.

                   *       *       *       *       *

[Illustration]




                      Vorwort zum zweiten Bande.


Die günstige Beurteilung des ersten Bandes hat mich bestimmt, den zweiten
nach den gleichen Grundsätzen zu bearbeiten. Auch Einteilung und
Anordnung des Stoffes sind die gleichen geblieben, um Übersicht und
Nachschlagen zu erleichtern.

Mein Bestreben ging und geht vor allem dahin, die besten Quellen der
verschiedenen Völker über die Tätigkeit ihrer Marinen, die naturgemäß
manches für eine allgemeine Seekriegsgeschichte nicht Notwendige
enthalten und mehr oder weniger national gefärbt erscheinen, sorgsam zu
prüfen sowie gegeneinander abzuwägen, um eine möglichst objektiv
gehaltene Darstellung der Seekriege in ihren wichtigsten Ereignissen
geben zu können.

Je weiter aber die Geschichte fortschreitet, um so reichlicher fließen
die Quellen; infolgedessen hat die Bearbeitung des zweiten Bandes mehr
Zeit erfordert, als ich voraussetzte. Auch beanspruchte die Schilderung
der Seekriege größeren Raum, als ich für sie in Aussicht genommen hatte,
insbesondere der See- und Kolonialkrieg Englands gegen seine
aufständischen Kolonien in Nordamerika, sowie gegen Frankreich, Spanien
und Holland, der ereignisreichste und wohl lehrreichste Seekrieg, der je
ausgefochten wurde. Ich habe deshalb den zweiten Band auf die Darstellung
der Ereignisse von 1739-1793 beschränken müssen. Auch dieser Zeitraum ist
gewissermaßen in sich abgeschlossen, weil er die großen Seekriege umfaßt,
die in erster Linie dem Kolonialbesitz gelten.

Wie im ersten Bande und aus den gleichen, dort im Vorworte angeführten
Gründen habe ich die Kriege, die für die allgemeine Geschichte, sowie für
die Entwicklung des Seekriegswesens von geringerer Bedeutung sind, unter
der Bezeichnung »Nebenkriege« nur kurz behandelt. Diejenigen, die sich in
der Ostsee abspielen, sind zwar für uns Deutsche wohl bemerkenswert, aber
ich habe doch von ihrer ausführlicheren Darstellung absehen zu können
geglaubt, weil Vizeadmiral Kirchhoff in seinem 1907 und 1908 erschienenen
Werke »Seemacht in der Ostsee« diese Vorgänge eingehend schildert und
dabei auch die innere Geschichte der nordischen Marinen in ähnlicher
Weise behandelt, wie ich es bei der englischen, französischen und
holländischen getan habe.

Mein dritter Band soll dann die Zeit von 1793-1815 bringen, hauptsächlich
die beiden großen Seekriege Englands gegen die erste Republik und das
erste Kaiserreich der Franzosen, die von tiefgehendem Einfluß auf die
Landkriege dieser bewegten Jahre gewesen sind. Mit ihnen schließen die
Seekriege der Periode der reinen Segelschiffahrt, soweit sie von größerer
Bedeutung gewesen sind, ab.

Möchte mir nach Beendigung des dritten Bandes noch Zeit und Kraft
verbleiben, das Werk bis zur Gegenwart fortzuführen.

 =Hannover=, Herbst 1910.
                                                          Rittmeyer
                                                   Kontre-Admiral z. D.

                   *       *       *       *       *

[Illustration]




                          Inhaltsverzeichnis.


                                                                  Seite

 Vorwort                                                            III

 Wichtigste Quellenliteratur                                        XIV

 Verzeichnis der Abbildungen                                        XIX


                          Vierter Abschnitt.

                        Die Zeit von 1739-1793.


 Erstes Kapitel: Einleitung                                        1-10

 =Kennzeichen des Abschnittes= S. 2.

 =Geschichtlicher Überblick über denselben= S. 3-6.

 =Seine Bedeutung für die Seekriegsgeschichte und für die
 Entwicklung des Seekriegswesens=: Erweiterung der Strategie
 S. 7. -- Umfang und Bedeutung der Kolonien 1740 S. 7. --
 Entwicklung der Taktik und der Streitmittel S. 9.


 Zweites Kapitel: Die Entwicklung des Seewesens von 1740-1793     11-44

 =Weiterentwicklung der Schiffe.= Vergrößerung der
 Linienschiffe. Vervollkommnung der Takelage. Herausbildung
 des Fregattentyps. Kupferung. Farbenanstrich. Beiboote.
 Werften S. 11-16.

 =Kauffahrteischiffe= S. 16.

 =Fortschritte in der Nautik.= Chronometer. Hilfstafeln.
 Entdeckungsreisen S. 17.

 =Schiffsklassen=: Schiffsbestände in der englischen Marine
 nach solchen um 1752, 1762, 1775, 1783, 1792. Schiffe zu
 besonderen Zwecken S. 17-19.

 =Waffen=: Bedienung der Kanonen, die gebräuchlichen Kaliber
 und ihre Verteilung an Bord. Einführung der Karronaden.
 Handwaffen, Handgranaten. S. 19-23.

 =Entwicklung der Marinen. Organisation und Personal.= In
 England: Admiralität, Offiziers-Ersatz, und Beförderung.
 Offiziersgrade. Mannschaft. Das Leben an Bord S. 24-27. -- In
 Frankreich: Amtstätigkeit der Marineminister Maurepas,
 Rouillé, Choiseul, Sartines,  Castries S. 28-32. --
 Offiziersgrade S. 33. -- Vergleich der englischen und
 französischen Marine S. 33-36. -- Uniformen S. 36.

 =Die Taktik.= Hostes Werk über Taktik S. 36-38. -- Die
 englische Gefechtsinstruktion. Vor- und Nachteile der
 Luvstellung S. 39. -- Die Leestellung S. 41. -- Die englische
 Angriffs- und die französische Abwehrtaktik S. 41-44.


 Drittes Kapitel: Der Englisch-Spanische Krieg 1739 und der
 Österreichische Erbfolgekrieg 1740-1748                         45-115

 =Die Anlässe zum Kriege.= Der englische Schmuggelhandel in       45-48
 Westindien (der Vorfall mit Captain Jenkins Ohr) S. 45-46. --
 Englands Kriegserklärung an Spanien S. 47. -- Tod Kaiser
 Karls VI.; Pragmatische Sanktion; Gruppierung der Staaten im
 österreichischen Erbfolgekriege S. 47-48.

 =Der allgemeine Verlauf des Krieges.= Der Englisch-Spanische     49-56
 Seekrieg 1739-1744 S. 49. -- Der österreichische
 Erbfolgekrieg am Lande 1740-1746 S. 49-53. -- Die Erhebung
 Schottlands 1743 S. 53. -- Ende des Krieges S. 54. -- Der
 See- und Kolonialkrieg S. 54-55. -- Der Frieden zu Aachen
 1748 S. 55, die Friedensbedingungen S. 56.

 =Die Streitmittel.= Der Schiffsbestand in Frankreich 1740;       57-59
 die Schiffe der Compagnie des Indes; der Verlust an Schiffen
 während des Krieges S. 57. -- Zustand der spanischen Marine,
 Verluste S. 57. -- Der Schiffsbestand in England 1739 und
 1744, Verluste S. 58. -- Zustand der holländischen Marine S.
 59.

 =Der Verlauf des Seekrieges. Der Krieg in Westindien=            60-71
 1739-1744: Admiral Vernon erobert Puerto Belo 22. November
 1739 S. 60. -- Französische Geschwader in Westindien S. 61.
 -- Vernon erobert Chagres 1740 S. 62. -- Zusammenstoß
 englischer und französischer Schiffe S. 63. -- Erfolglose
 Angriffe auf Cartagena und Santiago de Cuba 1741 S. 64-68. --
 Englische Angriffe 1742/43 S. 69. -- Der Kleine Krieg. --
 Ansons Zug 1740-1743 S. 70.

 =Der Krieg in den europäischen Gewässern= 1740 bis 1744. Die     71-82
 Engländer vor Toulon und Neapel 1742/43 S. 72. -- Versuch
 einer Landung in England 1744 S. 74. -- Die Schlacht vor
 Toulon 22. Februar 1744 (de Court gegen Mathews) S. 75; ihre
 Bedeutung für die Seekriegsgeschichte (Beurteilung der
 Gegner; Kriegsgericht über Mathews u. a.) S. 80-82.

 =Der Krieg in den europäischen Gewässern= 1744-1748.             82-92
 Bewegungen der Flotten 1744/45 S. 82. -- Die Erhebung
 Schottlands, von Frankreich nicht benutzt S. 84. -- Angriff
 auf Lorient, Landung bei Quiberon 1746 S. 86. -- England
 herrscht im Mittelmeer von 1746 an S. 87. -- Siege der
 Engländer bei Kap Finisterre 14. Mai und 25. Oktober 1747
 (Admiral Anson gegen de La Jonquière und Admiral Hawke gegen
 L'Etanduère) S. 88-90. -- Frankreich erschöpft 1747 S. 91. --
 Beteiligung der holländischen Marine am Seekriege S. 92.

 =Der Krieg in den Kolonien= 1744-1748. =Nordamerika.=           93-106
 Louisbourg erobert 1745 S. 93. -- Erfolglose französische
 Expedition unter d'Anville 1746 S. 95. -- Die Angriffe der
 englischen Kolonisten auf Kanada stocken bis zum
 Friedensschluß S. 96. -- =Westindien.= Angriffe auf Port
 Louis und Santiago de Cuba, Gefecht vor Havanna 1748 (Admiral
  Knowles) S. 97. -- =Ostindien=. Ausdehnung der
 französischen Macht; Dupleix und Labourdonnaye S. 99. --
 Gefecht bei Negapatam 7. Juli 1746 S. 101. -- Einnahme von
 Madras S. 102. -- Zwist der französischen Führer S. 103. --
 Angriff auf St. David 1747 S. 104. -- Angriff auf Pondichery
 (Admiral Boscawen) 1748 S. 105.

 =Der Kleine Krieg gegen den Handel= 1739-1748 (Verluste an     107-108
 Handelsschiffen) S. 107.

 =Schlußbetrachtungen.= Einfluß des Seekrieges auf den          108-115
 Landkrieg S. 108. -- Beurteilung der Kriegführung der Gegner
 S. 110. -- Gründe, die die englische Flotte lähmten S. 112.
 -- Taktik S. 113. -- Über Angriffe auf feindliche Küsten
 S. 114.


 Viertes Kapitel: Der Siebenjährige See- und Kolonialkrieg
 zwischen England und Frankreich (Spanien) 1756-1763            116-206

 =Die politischen Verhältnisse vor Ausbruch des Krieges.=       116-120
 Anlässe zum Kriege und Gruppierung der Staaten S. 116-120. --
 Verhältnis des Seekrieges zum gleichzeitigen Siebenjährigen
 Festlandskriege S. 119. -- Der Bourbonische Familienvertrag
 S. 119.

 =Der Verlauf des Festlandskrieges= S. 120. -- Frieden zu       120-123
 Hubertusburg 15. Februar 1763 S. 123.

 =Allgemeiner Verlauf des Seekrieges=, Kennzeichnung der        123-127
 Kriegführung der Gegner S. 123.

 Frieden zu Paris 10. Februar 1763 S. 127. --                   127-129
 Friedensbedingungen (Frankreich aus Nordamerika verdrängt, in
 Ostindien lahmgelegt) S. 128.

 =Die Streitmittel.=  Schiffsbestand in Frankreich 1756; über   130-131
 die Offiziere; Schiffsverluste während des Krieges S. 130. --
 Gleiche Angaben über Spanien und England S. 130.

 =Der Verlauf des See- und Kolonialkrieges. Ereignisse vor der  131-141
 Kriegserklärung.= Reibungen in den Kolonien S. 130. --
 Französische und englische Expedition nach Nordamerika 1755
 S. 132. -- Französische Schiffe in der Biscaya aufgebracht
 1755 S. 133. -- Frankreich nimmt Minorka 1756. Belagerung von
 Port Mahon S. 133. -- Seeschlacht bei Minorka (La
 Gallissonnière gegen Byng) 20. März 1756 S. 135-138. -- Das
 weitere Schicksal Port Mahons während des Krieges S. 138. --
 Bedeutung der Schlacht bei Minorka für die Geschichte der
 Seetaktik S. 139. -- Kriegsgericht über Admiral Byng S. 141.

 =Der Krieg in den europäischen Gewässern.= Erklärung des       141-163
 Krieges. Bewegungen der Flotten im Atlantik und Mittelmeer
 1756 S. 141. -- Ebenso 1757. England versucht die
 französischen Geschwader in Europa festzuhalten, aber drei
 laufen von Brest nach Amerika aus S. 142. -- Erfolgloser
 Angriff der Engländer auf Rochefort, September 1757 S. 143.
 -- Blockade der französischen Häfen und Angriffe auf diese
 1758 S. 145. -- Plan Frankreichs, in England einzufallen 1759
 S. 147. -- Verteilung der englischen Flotte S. 148. --
 Auslaufen der Toulonflotte unter de La Clue und ihre
 Vernichtung bei Lagos durch Boscawen 18. August 1759 S. 149.
 -- Le Havre beschossen S. 151. -- Auslaufen der Brestflotte
 unter de Conflans S. 151. -- Ihre Vernichtung bei Quiberon
 durch Hawke 20. November 1759 S. 154. -- Die französische
 Marine lahmgelegt S. 159. -- Ereignisse 1760-1762,
 französischer Einfall in Irland (Freibeuter Thurot) 1760 S.
 160. -- Einnahme von Belle-Ile (Keppel) S. 161.

 =Der Krieg in den Kolonien. Nordamerika.= Verhältnis der       163-198
 englischen und französischen Kolonien zueinander S. 163. --
 Erster Zusammenstoß im Ohiotale S. 164. -- Ausbruch des
 offenen Krieges S. 165. -- Ereignisse 1755-1757 S. 166. --
 Eintreffen von Seestreitkräften 1757 S. 167. -- Eroberung von
 Louisbourg (General Amherst, Admiral Boscawen) 1758 S. 169.
 -- Ereignisse auf dem Festlande 1758 S. 170. -- Eroberung von
 Quebec (General Wolfe, Admiral Sounders) 1759 S. 171. --
 Letzter Kampf um Kanada 1760. Versuch der Franzosen, Quebec
 wiederzunehmen, Montreal fällt, Kanada für Frankreich
 verloren S. 174.

 =Westindien=: Lage der Gegner; zunächst nur Kleiner Krieg S.
 176. -- Seegefecht bei Le Cap, Haïti, 1757 S. 176. -- England
 erobert die französischen Inseln (Admiral Rodney) 1758-1762
 S. 177-179. -- Havanna erobert 1762 (Admiral Pocock) S. 180.

 =Westafrika.= England bemächtigt sich Senegambiens 1758 S.
 182.

 =Ostindien.= Ausdehnung der französischen Macht unter Dupleix
 S. 182. -- Unglücklicher Krieg mit der englischen Kompagnie
 1751 S. 183. -- Dupleix abberufen 1754 S. 184. -- Frieden der
 Kompagnien 1755 S. 185. -- Neuer Krieg 1756 S. 185. -- Der
 Seeräuber Angria S. 186. -- Englands Ausbreitung in Bengalen
 unter Clive, Frankreich dort vertrieben S. 186. -- Ereignisse
 in Vorderindien 1757 S. 188. -- Seeschlacht vor Cuddalore 29.
 April 1759 (Pocock gegen d'Aché) S. 189. -- Die Franzosen
 nehmen St. David S. 191. -- Seeschlacht vor Negapatam 3.
 August 1758 S. 192. -- Niederlagen der Franzosen am Lande
 1759 S. 192. -- Seeschlacht vor Porto Novo 10. September
 1759; Frankreich gibt die See preis S. 194. -- Beurteilung
 d'Achés S. 195. -- Pondichery erobert 1761; Zusammenbruch der
 französischen Macht in Indien S. 196. -- Manila von England
 erobert 1762 S. 197.

 =Der Kleine Krieg gegen den Handel=: Verluste der Gegner       198-200
 S. 198. -- Französische Expedition gegen Neufundland,
 englische gegen Buenos Aires 1762 S. 200.

 =Schlußbetrachtungen=: über =Strategie=; Rückblick auf den     200-206
 Krieg; politische und militärische Fehler Frankreichs;
 richtiges Vorgehen Englands S. 200. -- Über =Taktik= S. 204.
 -- Über Angriffe auf feindliche Küsten S. 205.


 Fünftes Kapitel: Der Nordamerikanische Freiheitskrieg
 1775-1783                                                      207-416

 =Entstehung des Krieges. England und die Kolonien bis zu       207-211
 ihrer Erhebung=: Die inneren Verhältnisse der Kolonien S.
 206. -- Ihre Streitfragen mit England S. 208. -- Der Teesturm
 in Boston. 18. Dezember 1773 S. 209. -- Erklärungen des
 Kongresses von Philadelphia 1774 S. 210. -- Bruch mit England
 S. 211.

 =England, Frankreich, Spanien bis zum Ausbruch des             211-220
 Seekrieges= 1778. Fragen, die den Frieden bedrohten
 (Frankreich besetzt Corsica 1768; Spanien vertreibt England
 von den Falklandsinseln) S. 212. -- Englands lähmende innere
 Verhältnisse unter Georg III. S. 213. -- Choiseuls Pläne
 gegen England S. 214. -- Kriegsneigung in Frankreich; die
 amerikanischen Agenten (Franklin) in Paris S. 215. -- Bruch
 mit England 1778 S. 217. -- Spaniens Beitritt 1779 (Ziele des
 französisch-spanischen Bündnisses) S. 217. -- Englands
 Kriegserklärung an Holland 1780; die »bewaffnete Neutralität
 der Ostseemächte« und ihre Ziele S. 218. -- Kennzeichnung und
 Bedeutung des Seekrieges von 1778 S. 219.

 =Die Streitmittel.= Frankreichs und Spaniens Schiffsbestand    220-226
 1778, Verluste während des Krieges, Wert des Materials und
 Personals S. 220. -- Innere Geschichte der Marine Hollands
 von 1747 an, Stand derselben 1778, Verluste S. 221. --
 Streitkräfte der »bewaffneten Neutralität« S. 222. --
 Englands Marine S. 222. -- Vergleich der Seestreitkräfte S.
 223. -- Indiensthaltungen auf beiden Seiten in den einzelnen
 Kriegsjahren S. 224. -- Gründung der nordamerikanischen
 Marine S. 225.

 =Der Krieg in Nordamerika bis= 1778. Erstes Gefecht bei        226-243
 Lexington 19. April 1775; englische Verstärkungen unter Howe
 treffen ein; Erstürmung von Bunkershill 17. Juni S. 226. --
 Vordringen der Amerikaner auf Quebec (Arnold) S. 227. --
 Ereignisse zur See 1775 S. 228. -- Howe räumt Boston März
 1776 S. 229. -- Die Unabhängigkeitserklärung der Kolonien,
 Juli S. 230. -- Der Angriff der Engländer auf Charleston,
 Juni S. 231. -- Ihr Vordringen von Kanada aus; die
 Seenflottillen, Gefechte auf dem Champlainsee 11./13. Oktober
 S. 233. -- Howe erobert Long-Island, besetzt New York und die
 Narragansettbucht August/Dezember S. 235. -- Washington in
 New Jersey siegreich Dezember 1776 S. 238. -- Burgoyne dringt
 1777 von Kanada aus vor, wird 10. Oktober bei Saratoga zur
 Kapitulation gezwungen S. 238. -- Howe schlägt Washington bei
 Brandywine 11. und erobert Philadelphia 26. September S. 239.
 -- Tätigkeit der englischen Seestreitkräfte 1777, Vorstoß auf
 dem Hudson S. 240. -- Der Handelskrieg der Amerikaner 1775/78
 S. 241. -- Clinton, Howes Nachfolger, räumt Philadelphia
 1778; letzter Versuch Englands zur Versöhnung mit den
 Kolonien S. 242.

 =Der große Seekrieg.= Militärische Lage und Ziele der Gegner   243-248
 auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen; Anordnung der
 Schilderung des Krieges S. 243. -- Vorgänge und Rüstungen vor
 Ausbruch des Krieges S. 246.

 =Der Krieg in den europäischen Gewässern= 1778. Die            248-258
 französische Toulonflotte (d'Estaing) segelt nach Amerika;
 Keppel (Personalien) nimmt französische Kriegsschiffe im
 Kanal S. 248. -- Die Brestflotte läuft unter d'Orvilliers
 aus; Befehle Ludwigs XVI. S. 250. -- Schlacht bei Ouessant
 27. Juli 1778 (Keppel gegen d'Orvilliers) S. 251. -- Die
 öffentliche Meinung in beiden Ländern (Entlassung des Herzog
 von Chartres; Kriegsgericht über Keppel) S. 254. -- Bedeutung
 der Schlacht für die Seetaktik S. 255. -- Beurteilung der
 Kriegführung des Jahres 1778 in Europa S. 257.

 =Der Krieg in Nordamerika und Westindien= 1778/79. Die         258-285
 Engländer gehen vom Delaware auf New York zurück; eine
 französische Flotte (d'Estaing) trifft ein S. 258. -- Howe
 und d'Estaing vor New York S. 260. -- D'Estaing bedroht die
 Narragansettbucht S. 262. -- Howe und d'Estaing vor
 derselben; Sturm zerstreut die Flotten S. 264. -- D'Estaing
 in Boston, segelt nach Westindien S. 266. -- Byron folgt ihm
 von New York S. 267. -- Der Landkrieg in Nordamerika 1778/79,
 englische Expeditionen an den Küsten (Savannah besetzt) S.
 268. -- Beurteilung Howes und d'Estaings S. 270. --Westindien
 1778: die Franzosen (de Bouillé) erobern Dominica, die
 Engländer (Barrington) Sta. Lucia S. 272. -- D'Estaing greift
 Sta. Lucia an S. 274. -- 1779: d'Estaing besetzt Grenada und
 andere Inseln S. 275. -- Schlacht bei Grenada 6. Juli (Byron,
 Personalien S. 275, gegen d'Estaing) S. 276. -- Kritik der
 Schlacht S. 278. -- D'Estaing verläßt Westindien S. 280. --
 Kleinere Ereignisse dort (Gefecht vor Fort Royal, Martinique)
 S. 281. -- D'Estaing greift Savannah an und segelt nach
 Frankreich  S. 282. -- Beurteilung des Krieges in Westindien
 1778/79 S. 283. -- Ereignisse in =Westafrika= 1779 S. 285.

 =Der Krieg in Europa= 1779/80. Kriegsplan und Rüstungen der    285-298
 Verbündeten 1779 S. 285. -- Angriff auf die Kanalinseln S.
 287. -- Vereinigung und Stärke der französisch-spanischen
 Flotte (d'Orvilliers und Cordoba) S. 287. -- Die englische
 Flotte unter Hardy (Personalien), Furcht in England vor
 Invasion S. 288. -- Die Flotte der Verbündeten im Kanal,
 gelähmt durch Gegenorder und schlechten Zustand der Schiffe
 S. 289. -- Rückfahrt derselben S. 290. -- Verteilung der
 Seestreitkräfte 1780 S. 292. -- Rodney (Personalien) siegt
 16. Januar bei Kap St. Vincent über Langara und versorgt
 Gibraltar S. 293. -- Eine spanische Flotte (Solano) segelt
 nach Westindien; Cordoba nimmt einen englischen Konvoi, sonst
 trotz starker Flotte untätig S. 295. -- D'Estaing in Spanien
 vergeblich bemüht, den Krieg zu beleben S. 296. -- Kritik des
 Krieges 1779/80 in Europa S. 296. -- Ausbruch des Krieges mit
 Holland S. 298.

 =Der Krieg in Westindien und Nordamerika= 1780. Gefecht bei    298-315
 Monte Christi (Haiti) 20. März 1780 S. 299. -- De Guichen
 (Personalien) und Rodney treffen in Westindien ein S. 299. --
 Stärke der Flotten S. 300. -- Die Schlacht bei Martinique 17.
 April (Rodneys Versuch zu einer neuen Taktik) S. 301. --
 Gefechte bei Martinique 15. und 19. Mai S. 304. -- Eine
 spanische Flotte (Solano) trifft ein, bleibt aber untätig S.
 305. -- Guichen segelt nach Europa, Rodney nach Nordamerika
 S. 306. -- Solano erobert Pensacola S. 307. -- In Nordamerika
 erobern die Engländer (Clinton) Charleston S. 308. -- Kämpfe
 in Carolina S. 309. -- Gefecht bei Bermudainseln (de Ternay
 gegen Cornwallis) S. 309. -- Ankunft französischer Truppen
 (Rochambeau) bei Rhode-Island, Rodney nach Westindien zurück
 S. 310. -- Arnold fällt in Virginia ein (sein Verrat an der
 amerikanischen Sache) S. 311. -- Kritik des Krieges in
 Westindien und Nordamerika S. 312. -- Schlechte Lage der
 Amerikaner Ende 1780 S. 315.

 =Der Krieg in Europa= 1781. Rüstungen S. 315. -- Admiral       315-324
 Darby versorgt wiederum Gibraltar S. 316. -- La Motte-Picquet
 nimmt einen englischen Konvoi mit der Beute Rodneys von St.
 Eustache S. 319. -- Die Verbündeten erobern Minorka und
 kreuzen wiederum erfolglos vor dem Kanal S. 318. -- Holland
 tritt in den Krieg ein, Schlacht auf der Doggerbank
 (Hyde-Parker gegen Zoutman) 5. August S. 320. -- Kempenfelt
 vernichtet einen für Westindien bestimmten Konvoi (de
 Guichen) S. 322. -- Kritik des Krieges in Europa S. 323.

 =Der Krieg in Westindien und Nordamerika= 1781. Rodney         324-343
 erobert St. Eustache und macht reiche Beute S. 324. -- De
 Grasse trifft ein (Personalien), Hood (Personalien) tritt ihm
 bei Martinique entgegen 29. April S. 325. -- De Grasse
 erobert Tabago S. 329. -- Segelt nach Nordamerika S. 329. --
 Hood folgt S. 331. -- Lage in Nordamerika, Cornwallis dringt
 von Carolina gegen Virginia vor S. 331. -- Arnold fällt von
 der Chesapeakebucht in Virginia ein S. 332. -- Das
 französische Geschwader (Des Touches) kommt von der
 Narragansettbucht, um Arnold abzuschneiden; trifft auf das
 englische (Arbuthnot) S. 333. -- Erste Schlacht vor der
 Chesapeakebucht (taktisch bemerkenswert) S. 334. -- Virginia
 wird der entscheidende Schauplatz des Landkrieges; die
 englischen Heere vereinigen sich, die Amerikaner rücken von
 New York heran S. 335. -- De Grasse und Hood treffen ein S.
 337. -- Zweite Schlacht vor der Chesapeakebucht (de Grasse
 gegen Graves; taktisch bemerkenswert) 5. September 1781 S.
 338. -- Kapitulation des englischen Heeres bei Yorktown
 (Cornwallis); der Landkrieg beendet S. 339. -- Die großen
 Flotten segeln nach Westindien zurück  S. 340. -- Die
 Franzosen erobern St. Eustache S. 341. -- Kritik des Krieges
 1781 in Westindien und Nordamerika S. 341.

 =Der Krieg in Europa= 1782. Der Wechsel im englischen          343-354
 Ministerium führt zur Einstellung des Krieges in Nordamerika
 S. 343. -- Rüstungen und erste Bewegungen der Flotten S. 344.
 -- Vernichtung eines französischen Transportes für Ostindien
 durch Barrington S. 345. -- Die französisch-spanische Flotte
 (Cordoba, Guichen) erfolglos vor dem Kanal S. 346. --
 Tätigkeit der holländischen Flotte 1782 S. 347. -- Untergang
 des »Royal George« S. 348. -- Die Belagerung von Gibraltar,
 Bau schwimmender Batterien (d'Arçon) S. 348. -- Der große
 Angriff auf die Stadt 13. September S. 350. -- Howe versorgt
 Gibraltar S. 351. -- Seetreffen bei Kap Spartel (Howe gegen
 Cordoba) S. 352. -- Kritik des Krieges 1782 in Europa S. 353.

 =Der Krieg in Westindien und Nordamerika= 1782. Hood und       354-376
 de Grasse in Westindien; Landung der Franzosen auf St.
 Christoffer (St. Kitts) S. 354. -- Schlacht bei St.
 Christoffer 25. Januar S. 355. -- Ankergefecht dort 26.
 Januar S. 357. -- Beurteilung Hoods und de Grasses S. 359. --
 Rodney trifft in Westindien ein S. 360. -- Plan der
 Verbündeten, Jamaika zu erobern; erste Schlacht bei Dominica
 (Rodney gegen de Grasse) 9. April S. 360. -- Rodney verfolgt
 die französische Flotte, Unfälle derselben S. 364. -- Zweite
 Schlacht bei Dominica (Les Saintes; taktisch bemerkenswert,
 Rodney durchbricht die feindliche Linie) S. 366. -- De
 Grasses Gefangennahme S. 369. -- Kritik der Schlacht S. 370.
 -- Rodney unterläßt die Verfolgung S. 372. -- De Grasses
 Beurteilung in Frankreich, sein weiteres Schicksal S. 372. --
 Bewegungen der Flotten nach der Schlacht S. 373. -- Folgen
 der Schlacht S. 374. -- Der Krieg in Westindien zu Ende
 (Rodney abberufen); Kritik desselben S. 374. -- Lage in
 Nordamerika Ende 1782 S. 375. -- Der Plan der Verbündeten
 gegen Jamaika für 1783 kommt infolge der
 Friedenspräliminarien nicht mehr zur Ausführung S. 375.

 =Der Krieg in Ostindien= 1778-1783. Vorgänge in Indien 1763    376-404
 bis 1778 S. 376. -- Ausbruch des Krieges; die Engländer
 nehmen Chandernagore und Masulipatam; Seegefecht vor
 Pondichery 10. August 1778 S. 378. -- England verstärkt die
 Station (Admiral Hughes, Personalien) S. 378. -- England im
 Kampfe mit Haidar Ali und den Mahratten 1778-1781 S. 379. --
 Die Franzosen benützen diese Lage nicht, Untätigkeit ihres
 Geschwaders (d'Orves) S. 380. -- Die Engländer besetzen die
 holländischen Plätze Negapatam 1780 und Trincomali (Ceylon)
 1781 S. 380. -- Ein französisches Geschwader (Suffren,
 Personalien) und ein englisches (Johnstone) segeln von Europa
 zur Kapkolonie 1781 S. 380. -- Die Schlacht vor Porto Praya
 (Kapverdeninseln; Suffren gegen Johnstone) 16. April 1781 S.
 382. -- Beurteilung der Führer S. 383. -- Suffren versorgt
 die Kapkolonie, Johnstone kommt zu spät S. 384. -- Suffren
 und Hughes in Indien, ihre Lage und ihre Aufgaben S. 384. --
 Die Schlacht bei Sadras 17. Februar 1782 (taktisch
 bemerkenswert; Suffren greift Hughes' Linie hinten mit
 Übermacht an, wird aber von seinen Kommandanten nicht
 unterstützt) S. 385. -- Suffren erreicht Pondichery, tritt
 mit Haidar Ali in Verbindung, Cuddalore kapituliert S. 387.
 -- Hughes segelt nach Trincomali, Suffren folgt; die Schlacht
 bei Providien 12. April 1782 S. 388. -- Suffren befolgt den
 Befehl, Indien zu verlassen, nicht S. 390. -- Die Schlacht
 bei Negapatam 6. Juli 1782 S 391. -- Suffren enthebt drei
 Kommandanten ihres Kommandos S. 393. -- Seine geschickten
 Maßnahmen zur Instandsetzung der Flotte S. 393. -- Der
 Landkrieg günstig für England S. 394. -- Hughes geht im
 Oktober 1782 nach Bombay und erhält Verstärkungen S. 397. --
 Verzögerung der französischen  nach Atchin, kehrt aber schon
 im Januar 1783 zur Koromandelküste zurück S. 398. -- Tod
 Haidar Alis; Bussy trifft ein; Suffren rüstet in Trincomali
 aus S. 399. -- Hughes kommt im April zur Koromandelküste
 zurück, die Engländer schließen Cuddalore zu Lande und zu
 Wasser ein; Suffren erscheint zum Entsatz S. 400. -- Die
 Schlacht bei Cuddalore 20. Juni 1783 S. 400. -- Ende des
 Krieges; Suffrens Rückreise nach Frankreich ein Triumphzug S.
 402. -- Kritik des Krieges in Ostindien S. 403.

 =Der Kleine Krieg= im allgemeinen S. 404. -- Der Kreuzerkrieg  404-407
 der Amerikaner S. 405. -- Kapitän Paul Jones in den
 europäischen Gewässern S. 406.

 =Der Frieden von Versailles= 3. September 1783 S. 407. --      407-409
 Uebertriebene Ansicht von der Wirkung der Schlacht von
 Dominica auf den Friedensschluß S. 408. -- Die
 Friedensbedingungen S. 409.

 =Schlußbetrachtungen über Strategie=: die Ziele der            409-415
 Verbündeten und die sich daraus für sie ergebenden
 Angriffsobjekte S. 410. -- Fehlerhafte Strategie Englands,
 überall einem Angriff gewachsen zu sein S. 411. -- Fehler der
 Verbündeten, die Kräfte zu zersplittern und nicht um die
 Seeherrschaft im großen zu kämpfen S. 412. -- Aussprüche
 Mahans hierzu S. 414.

 =Über Taktik=: Die vielen rangierten Schlachten des Krieges
 bieten reiches Material zur Beurteilung des Standes der
 Taktik im vierten Abschnitte S. 414. -- Rodneys und Suffrens
 Versuche zur Änderung derselben S. 415.


 Sechstes Kapitel: Nebenkriege 1740-1793                        417-442

 =Kämpfe mit den Barbaresken.= Englands, Hollands, Frankreichs  417-418
 und Spaniens Maßnahmen gegen den Seeraub S. 417. --
 Beschießung afrikanischer Städte durch die Franzosen S. 418.

 =Der Schwedisch-Russische Krieg= 1741-1743. Anlaß des Krieges  418-420
 S. 418. -- Die Streitmittel der Gegner S. 419. -- Der Verlauf
 des Krieges S. 419. -- Frieden von Abo 18. August 1743 S.
 420. -- Ein Zusammenstoß Dänemarks mit Schweden durch Rußland
 verhindert S. 420.

 =Die schwedische und die russische Marine im Siebenjährigen    421-422
 Kriege= 1756-1763. Aufstellung gemeinsamer Flotten der
 nordischen Staaten zur Abwehr der englischen; Beschießungen
 von Kolberg 1760 und 1761 S. 421. -- Tätigkeit der
 schwedischen Schärenflotte an der pommerschen Küste; Gefecht
 beim Reppiner Haken gegen eine preußische Flottille am 11.
 September 1758 S. 421. -- Stellung Friedrichs des Großen zur
 Schaffung einer Flotte S. 422.

 =Der Russisch-Türkische Krieg= 1768-1774. Anlaß zum Kriege     422-424
 S. 422. -- Die russische Ostseeflotte unter Alexej Orlow
 (nebst Spiridoff und Elphinstone) in Griechenland 1770;
 Vernichtung der türkischen Flotte bei Tscheschme 5. Juli 1770
 S. 423. -- Orlow an der syrischen Küste; der Frieden von
 Kücük-Kainardschi, 21. Juli 1774, wichtig für Rußlands
 Stellung am Schwarzen Meere S. 424.

 =Der Russisch-Türkische Krieg= 1787-1791. Anlaß zum Kriege     424-425
 der Verlauf des Landkrieges S. 424. -- Tätigkeit der
 russischen Schwarze-Meer-Flotte (Unterstützung der Belagerung
 von Otschakow 1788, Vertreibung der türkischen Flotte aus dem
 Schwarzen Meere 1791); der Friede von Jassi begründet
 Rußlands feste Stellung am Schwarzen Meere 9. Januar 1792 S.
 425.

 =Der Schwedisch-Russische Krieg= 1788-1790. Anlässe zum        425-442
 Kriege; König Gustavs Plan gegen Petersburg S. 425. -- Die
 Seestreitmittel der Gegner (die »Armeeflotte« Schwedens) S.
 426. -- Der Aufmarsch der Schweden 1788 S. 427. -- König
 Gustavs Ultimatum mit schroffen Forderungen an Kaiserin
 Katharina; die Bewegungen der Hochseeflotten; Schlacht bei
 Hogland (Herzog Karl von Södermanland gegen Greigh) 17. Juli
 1788 S. 428. -- Der Schären- und Landkrieg 1788; König Gustav
 III. muß die Belagerung von Frederikshamn wegen Empörung im
 Heere (Anjalabund) aufgeben S. 429. -- Erfolgloser Angriff
 Dänemarks auf Schweden 1788 S. 430. -- Gründe der
 schwedischen Mißerfolge S. 430. -- Die Tätigkeit der
 Hochseeflotten 1789; Schlacht bei Öland (Herzog Karl gegen
 Tschitschakoff) 26. Juli 1789 S. 431. -- Die schwedische
 Flotte in Karlskrona blockiert S. 431. -- Der Land- und
 Schärenkrieg 1789 S. 432. -- Die Schärenschlacht im
 Svensksunde 24. August S. 433. -- Kritik des Jahres 1789 S.
 434. -- Friedensunterhandlungen scheitern an Katharinas
 Forderungen; neuer Plan Gustavs für den Angriff auf
 Petersburg 1790 S. 434. -- Die Schweden überrumpeln Raagervik
 17. März S. 435. -- Die Schlacht bei Reval (Herzog Karl gegen
 Tschitschakoff) 13. Mai 1790 S. 435. -- Die schwedische
 Küstenflotte greift Frederikshamn 15./19. Mai erfolglos an
 und dringt bis zur Wiborgbucht vor S. 436. -- Seeschlacht in
 der Kronstädter Bucht 3./4. Juni (Herzog Karl gegen Kruse) S.
 436. -- Die schwedische Hochseeflotte zieht sich in die
 Wiborgbucht zurück und wird nebst der Küstenflotte durch
 Tschitschakoff und Kruse blockiert S. 438. -- Durchbruch der
 Schweden 3. Juli 1790 S. 439. -- Zweite Schlacht im
 Svensksunde 9. Juli; eine schwere Niederlage der Russen S.
 440. -- Kritik des Jahres 1790 S. 441. -- Der Frieden zu
 Werelä 14. August 1790; die Ergebnisse des Krieges S. 441.

 $Verzeichnis der Seekriege und Seeschlachten$                      443

 $Sach- und Namenverzeichnis$                                       446

[Illustration]

                   *       *       *       *       *

[Illustration]




               Wichtigste Quellen-Literatur.

               A. Werke allgemeinen Inhalts[1].


                                                             Abkürzung,
                                                              im Text
                                                             gebraucht:

 [2]=W. Laird Clowes=: The Royal Navy. A history of the      Clowes III,
   earliest time to the present. London 1897-1901. 6 Bde.        IV.

   Band III 1715-1783. Band IV Minor Operations, Voyages
 and Discoveries 1763-1792.

 [2]=P. H. Colomb=, Rearadmiral: Naval warfare. Its ruling     Colomb.
   principals and practice historically treated. London
   1891.

 =J. Campbell=[3] und seine Fortsetzer: Lives of the          Campbell.
   British Admirals: containing an accurate Naval History
   from the earliest periods. London 1817. 8 Bde.

   Band IV bis 1756, V bis 1779, VII bis 1801. In neueren
   Werken oft benutzt, namentlich hinsichtlich
   Zahlenangaben.

 [2]=A. T. Mahan=, Captain U. S. Navy: Der Einfluss der       Mahan I.
   Seemacht auf die Geschichte. Erster Band 1660-1783.
   Übersetzung Berlin 1898.

 [2]=C. Chabaud-Arnault=, Capitaine de Fregatte: Histoire      Chab.-
   des flottes militaires. Paris et Nancy 1889.               Arnault.


 [2]=O. Troude= (publié par =P. Levot=): Batailles navales    Troude I,
   de La France. Paris 1867/68. 4 Bde.                          II.

   Band I 520-1778, Band II 1778-1795.

 =Comte de La Peyrouse Bonfils=: Histoire de la Marine       Bonfils I,
   Française. Paris 1843. 3 Bde. Bd. I 1643-1778, Bd. II        II.
   1778-1789.

 =L. Guérin=: Histoire maritime de France. Paris 1851.

   In neueren Werken oft angezogen.

 [2]=J. C. de Jonge=: Geschiedenis van het Nederlandsche
   Zeewezen. de Jonge. Haarlem 1858. 10 Bde.

   Band IV 1707-1783.

 =F. C. Duro=: Armada Espagnola desde la unión de los
   reinós de la Castilla y de Leon et Aragon. Madrid
   1895-1903. 9 Bde.

   Genaueste Geschichte der spanischen Marine.

 =J. R. Spears=: The history of our navy from its origin to
   the Spears. present day. 1775-1897. 4 Bde. New York
   1897.

   Band I enthält die erste Gründung einer Marine der
   Vereinigten Staaten und deren Verwendung im
   Befreiungskriege 1775-1783.

 =E. S. Maclay=: A history of the United States navy from
   1775 to 1902. 3 Bde. London 1894, 1902.

   Wie vorstehend.

 =C. A. Gyllengranat=: Sveriges sjökrigshistoria i
   sammandrag. Carlskrona 1840. 2 Bde.

 =P. O. Bäckström=: Svenska Flottans Historia. Stockholm
   1884.

 =Sir G. S. Clarke=: Russia's Sea-Power past and present or
   of the Rise of the Russian Navy. London 1898.

 =F. T. Jane=: The imperial Russian Navy, its Past, Present
   and Future. London 1899.

 =O. Wesselage=: Kurze Geschichte der russischen
   Seegefechte in zwei Jahrhunderten 1656-1858. Petersburg
   1893-1895. 2 Bde.

   In russischer Sprache.

 =Kirchhoff=, Vizeadmiral z. D.: Seemacht in der Ostsee.
   Ihre Einwirkung auf die Geschichte der Ostseeländer im
   17. und 18. Jahrhundert. Kiel 1907.

   Behandelt eingehend die schwedischen, dänischen und
   russischen Kirchhoff. Kriege und bringt sehr genaue
   Angaben über die innere Geschichte der nordischen
   Marinen.

 =A. Zimmermann=: Die europäischen Kolonien. Ihre
   Entstehung, Zimmermann. Entwicklung, Erfolge und
   Aussichten. Berlin 1896-1903. 5 Bde.

   Band I Portugal und Spanien; Band II und III England;
   Band IV Frankreich; Band V Holland. Bemerkenswert für
   die Kriege der europäischen Völker gegeneinander in den
   Kolonien, besonders für die Kämpfe am Lande. B. Werke
   besonderen Inhalts.

 [1] Außer den hier aufgeführten Werken sind im Band I, »Wichtigste
     Quellenliteratur«, S. XVIII ff., noch verschiedene, meist ältere
     Werke erwähnt; du Sein, v. Henk, Steinitz, Schomberg, Southey,
     Allen, Joinville; vgl. auch die Fußnoten S. XXI dort.

 [2] Die auf diese Weise gekennzeichneten wichtigen Werke sind auf ihren
     Inhalt bereits im ersten Bande S. XVIII ff. näher besprochen.

 [3] Im Quellenverzeichnis des I. Bandes ist irrtümlich eine Ausgabe von
     1873 angegeben; es ist dies nur ein kleines Werk von 382 Seiten
     unter gleichem Titel.


                     B. Werke besonderen Inhalts.

                 I. Seekriegsgeschichtlichen Inhalts.

 =E. Chevalier=: Histoire de la marine française depuis les
   débuts de la monarchie jusqu'au traité de paix de 1763.
   Paris 1902.

 =Derselbe=: Histoire de la marine française pendant la guerre
   Chevalier de l'indépendance américaine. Paris 1877. II.

 =G. Lacour-Gayet=: La marine militaire de la France sous
   Lacour I. le règne de Louis XV. Paris 1902.

 =Derselbe=: La marine militaire de la France sous le
   règne Lacour II. de Louis XVI. Paris 1905.

   Die Werke Chevaliers und Lacour-Gayets sind wichtig für
   die Kriege des zweiten Bandes. Sie sind weit objektiver
   gehalten als die älteren französischen Quellen und sie
   ergänzen sich in wertvoller Weise. Chevalier beschreibt,
   besonders in seinem zweiten Buche, die Operationen und
   Schlachten genauer. Lacour-Gayet hält sich allgemeiner,
   bringt aber viele Angaben, Briefe und Berichte, die
   Auskunft über die inneren Verhältnisse der französischen
   Marine geben; seine Bücher enthalten auch vollzählige
   Listen über die verwendeten Flotten und Geschwader mit
   Angabe von Personalien sämtlicher auf diesen
   befindlichen Offizieren.

 =Ch. Ekins=: Naval battles 1744-1814. London 1824.

 =E. K. Rawson=: Twenty famous naval battles, Salamis to
   Santiago. London 1900. 2 Bde.

 =J. Drinkwater=: A history of the siège of Gibraltar
   1779-1783. With a description and account of that
   garrison from the earliest times. London 1905. (Neudruck
   einer Ausgabe von 1786.)

 =J. S. Roux=: Le Bailli de Suffren dans l'Inde.
   Marseille 1862.

 =H. Moris=: Journal de bord du Bailli de Suffren dans
   l'Inde 1781-1784. Avec préface par le Vice-amiral Jurien
   de la Gravière. Paris 1888.

 =Trublet=: Histoire de la campagne de l'Inde par
   l'escadre française, sous les ordres de M. le Bailli de
   Suffren 1781-1783. Paris 1892.

 =G. v. Schantz=: Historia öfver Kriget emellan Sverige
   och Ryssland 1788-1790. Stockholm 1817 und 1818. 2 Bde.

 =R. Ungermann=: Der russisch-türkische Krieg 1768-1774.
   Wien und Leipzig 1906.


               II. Biographischen Inhalts.

 =A. Barbou=: Les grands marins de France. Histoire
   populaire de la marine française depuis les temps
   anciens jusqu'à nos jours. Paris 1885.

   Kurz gefaßt, gut illustriert.

 =Vicomte de Noailles=: Marines et soldats français en
   Amérique pendant la guerre de l'indépendance des
   États-Unis 1778-1783. Paris 1903.

 =J. K. Laughton=: From Howard to Nelson. Twelve sailors.
   London 1900. 2 Bde.

   Der zweite Band enthält Aufsätze über Anson, Hawke,
   Boscawen, Rodney, Howe, Hood. (Jervis, Nelson.)

 =J. Barrow=: The life of Lord Anson. London 1839.

 =Derselbe=: The life of Richard Earl Howe. London 1838.

 =Burrows=: The life of Edward Lord Hawke. London 1883.

 =D. Hannay=: Rodney. London 1903. (2. Aufl.)

 =Mundy=: The life and correspondence of the late admiral
   Lord Rodney. London 1830. 2 Bde.


        III. Taktischen und strategischen Inhalts.

 [4]=P. Hoste=: L'Art des armées navales ou traité des
   évolutions navales. Lyon 1697.

 =Bigot de Morogues=: Tactique navale ou traité des
   évolutions et des signaux. Paris 1763.

 =Bourdé de Villehue=: Le manoeuvrier ou essai sur la
   théorie et la pratique des mouvements du navire et des
   évolutions navales. Paris 1769.

 =J. Clerk=: An essay on naval tactics systematical and
   historical with explanatory plates. 2. Edition.
   Edinburgh 1804.

   Die erste Auflage erschien 1790, war aber schon 1782 in
   wenigen Exemplaren gedruckt und der Inhalt überhaupt
   einigen englischen Seeoffizieren bekannt. -- Der
   Verfasser zeigt an der Hand der Beschreibung von 14
   Schlachten die Nachteile der bis dahin gebräuchlichen
   Angriffstaktik und macht Vorschläge, wie der Gegner an
   einer Stelle überlegen anzugreifen sei.

 =A. Ramatuelle=: Cours élémentaire de tactic navale,
   dédié à Bonaparte. Paris 1802.

   Verfasser diente in der französischen Marine in den
   Kriegen des vierten Abschnittes.

 =Julien S. Corbett=: Fighting Instructions 1530-1816.
   Publications of the Navy Records Society. Vol. XXIX.
   London 1905.

   Die Entwicklung der Gefechtsvorschriften in der
   englischen Marine.

 =Derselbe=: Signals and Instructions 1776-1794. Ebendort
   Vol. XXXV. 1909.

   Ein Aufsatz, in dem der Verfasser nach neuesten
   Forschungen bisherige Ansichten, auch seine eigenen,
   über die Entwicklung der Seetaktik teilweise
   modifiziert.

 =Glatzel=, Kapitän zur See: Die Entwicklung der
   Seetaktik in der Zeit Rodneys und Howes.
   Marine-Rundschau 1909, Heft IV.

   Bespricht vorstehenden Aufsatz Clerks.

 =Julien S. Corbett=: England in the seven years war, a
   study in combined strategy. New York 1907. 2 Bde.

   $Strategische Betrachtungen$ enthalten ferner in reichem
   Maße die oben schon erwähnten Werke von =Colomb= und
   =Mahan=, letzteres auch solche über $Taktik$.

 [4] Vgl. Anmerkung zu Seite XIV.


                 IV. Technischen Inhalts.

 =L. Arenhold=, Marinemaler und Kapitänleutnant der          Arenhold.
   Reserve: Die historische Entwicklung der Schiffstypen
   vom römischen Kriegsschiff bis zur Gegenwart. Kiel und
   Leipzig 1891.

   30 Heliogravüren mit erläuterndem Text veranschaulichen
   die Entwicklung des Schiffbaues, der Takelage und der
   Armierung.

 =J. Charnock=: A history of marine architecture, including   Charnock.
   an enlarged and progressive view of the nautical
   regulations and naval history, both civil and military,
   of all nations, especially of Great-Britain. London
   1800-1802. 2 Bde.

   In den besten neueren Werken über Seekriegsgeschichte
   als Quelle für Entwicklung des Seewesens oft benutzt.
   Auch bemerkenswert für die Kriege des vierten
   Abschnittes wegen genauer Angaben über die
   Seestreitkräfte der Gegner hinsichtlich ihrer
   Schiffsbestände (mit Namen der Schiffe) vor und nach den
   Kriegen, sowie über die Verluste während derselben.

 =A. Jal=: Archéologie navale. Paris 1840. 2 Bde.

 =Tj. Schwarz=: Das Linienschiff einst und jetzt. Berlin
   1903.

   Enthält bemerkenswerte Angaben über die Entwicklung der
   Segellinienschiffe.

   $Angaben über Schiffe, Waffen$ usw. enthalten ferner die
   oben angeführten Werke von =Laird-Clowes= (Kapitel civil
   history), =Colomb= (Kapitel V über Schiffsklassen),
   =Troude= (Band I, Introduction); solche über
   $Organisation und Personal$ (innere Geschichte der
   Marinen), die Werke von =Laird Clowes= (englische
   Marine), =de Jonge= (holländische Marine),
   =Chabaud-Arnault= und =Lacour-Gayet= (französische
   Marine), =Kirchhoff= (dänische, schwedische, russische
   Marine).

                   *       *       *       *       *




                   Verzeichnis der Abbildungen.

                            Bildnisse.

                                                                   Seite
 =George Brydges Rodney.= Nach Laird Clowes, The Royal Navy.
   Bd. III. London 1898. Sampson, Low, Marston & Co. Ltd.      Titelbild

 =George Lord Anson.= Nach Laird Clowes, The Royal Navy. Bd.
   III. London 1898. Sampson, Low, Marston & Co. Ltd.                 70

 =Admiral Thomas Mathews.= Nach Laird Clowes, The Royal Navy.
   Bd. III. London 1898. Sampson, Low, Marston & Co. Ltd.             75

 =Marquis de La Gallissonnière.= Nach einer alten Lithographie
   nach A. Maurin                                                    134

 =Admiral The Hon. John Byng.= Nach Laird Clowes, The Royal
   Navy. Bd. III. London 1898. Sampson, Low, Marston & Co. Ltd.      137

 =Admiral Edward Lord Hawke.= Nach Montagu Burrow, The Life of
   Edward Lord Hawke. London 1904. J. J. Keliher & Co. Ltd.          155

 =Comte d'Estaing.= Nach einer alten Lithographie nach A.
   Maurin                                                            259

 =Richard Earl Howe.= Nach Laird Clowes, The Royal Navy. Bd.
   III. London 1898. Sampson, Low, Marston & Co. Ltd.                260

 =Samuel Barrington.= Nach John Campbell, Life of the British
   Admirals. Bd. IV. London 1812. C. J. Barrington                   273

 =De Guichen.= Nach =Vicomte de Noailles=: Marines et soldats
   français en Amérique pendant la guerre de l'indépendance des
   États-Unis 1778-1783. Paris 1903                                  300

 =Johan Arnold Zoutman.= Nach J. C. de Jonge, Geschiedenis van
   het Nederlandsche Zeewezen. 2. Aufl., Bd. IV. Haarlem 1861.
   A. C. Kruseman                                                    320

 =De Grasse.= Nach einer alten Lithographie nach A. Maurin           327

 =Samuel Hood.= Nach Laird Clowes, The Royal Navy. Bd. IV.
   London 1899. Sampson, Low, Marston & Co. Ltd.                     355

 =P. A. de Suffren.= Nach G. Lacour-Gayet, La Marine Militaire
   de la France sous le règne de Louis XVI. Paris 1905. Honoré &
   Champion                                                          377

 =Captain John Paul Jones.= Nach Laird Clowes, The Royal Navy.
   Bd. IV. London 1899. Sampson, Low, Marston & Co. Ltd.             406


                  Abbildungen von Schiffen.

 =Englisches Linienschiff »The Terrible 74«.= Den Franzosen
   1747 abgenommen. Nach Laird Clowes, The Royal Navy. Bd. III.
   London 1898. Sampson, Low, Marston & Co. Ltd.                      12

 =Heck eines französischen Linienschiffes.= Aus Tjard Schwarz,
   Das Linienschiff einst und jetzt. Berlin 1903. E. S. Mittler
   & Sohn                                                             12

 =Französisches Linienschiff= »Sans Pareil«, 1770. Aus Tjard
   Schwarz, Das Linienschiff einst und jetzt. Berlin 1903. E. S.
   Mittler & Sohn                                                     13

 =Einblick in eine Batterie eines Segellinienschiffs.= Aus
   Tjard Schwarz, Das Linienschiff einst und jetzt. Berlin 1903.
   E. S. Mittler & Sohn                                               20


            Schlachtpläne und Uebersichtsskizzen.

               (Nach Skizzen des Verfassers.)

 =Skizze zur Erläuterung der Taktik=                                  41

 =Hafen von Cartagena=                                                65

 =Schlacht vor Toulon=, 22. Februar 1744                              76

 =Schlacht bei Minorka=, 20. Mai 1756                                138

 =Die Quiberonbucht=                                                 156

 =New York und Umgebung=                                             235

 =Schlacht bei Grenada=, 6. Juli 1779                                277

 =Schlacht bei Martinique=, 17. April 1780                           301

 =Schlacht vor der Chesapeakebucht=, 16. März 1781                   333

 =Schlacht vor der Chesapeakebucht=, 5. September 1781               338

 =Schlacht bei St. Christoffer= (St. Kitts), 25. Januar, und
   =Ankergefecht=, 26. Januar 1782                                   357

 =Schlacht bei Dominica=, 9. April 1782                              362

 =Schlacht bei Dominica= (Les Saintes), 12. April 1782        366 u. 368

 =Schlacht vor Porto Praya=, 16. April 1781                          382

 =Schlacht bei Sadras=, 17. Februar 1782                             386

 =Schlacht bei Providien=, 12. April 1782                            388

 =Schlacht bei Negapatam=, 6. Juli 1782                              392

 =Schlacht bei Trincomali=, 3. September 1782                        395

[Illustration]

                   *       *       *       *       *




                     Vierter Abschnitt.

                   Die Zeit von 1739-1793.


                Kennzeichen des Abschnittes.

Vergrößerung der Schlachtschiffe bei gleicher Kanonenzahl; größere
Gleichmäßigkeit innerhalb der verschiedenen Klassen; Bevorzugung der
bisherigen Linienschiffe mittlerer Größe; Verbesserung und Vermehrung der
Fahrzeuge zu besonderen Zwecken, Einführung schwererer Fregatten. -- Die
Taktik wird schematisch gehandhabt und führt zu meist unentschiedenen
Schlachten, erst gegen das Ende des Abschnittes gewinnt sie neues Leben.
-- Die Meere der Kolonien werden in den Seekrieg mit einbegriffen, das
Bereich der Strategie wird dadurch erweitert.

[Illustration]


                       Erstes Kapitel.

                         Einleitung.

Geschichtlicher Überblick über den Abschnitt[5]. Seine Bedeutung für die
Entwicklung des Seekriegswesens.

$Geschichtlicher Überblick.$ Der dritte Abschnitt, die Zeit von 1648-1739
umfassend, zeitigte bis zum Frieden von Utrecht[6] fünf große Seekriege.
Ihr letzter, der Spanische Erbfolgekrieg 1702-1713, hatte England zum
Gebieter der Meere gemacht. Die Zeit von 1713-1739[7] brachte infolge der
Friedenspolitik der Minister =Walpole= in England und =Fleury= in
Frankreich keine großen Seekriege, obgleich Zündstoff für Zusammenstöße
der Großstaaten am Weltmeere genügend vorhanden war: Zwischen
Spanien-Frankreich einerseits und England-Holland anderseits schärften
sich seit Erhebung der Bourbonen auf den spanischen Thron die
handelspolitischen Gegensätze bedenklich.

Die im Frieden von Utrecht zwischen Spanien und England über den Handel
in Westindien und Spanisch-Amerika geschlossenen Verträge waren auf die
Dauer unhaltbar. Die Zugeständnisse, die Spanien gemacht hatte
(Assientovertrag), konnten England nicht genügen; sie riefen bald eine
unrechtmäßige Ausnutzung seitens der Engländer -- einen weitgehenden
Schmuggelhandel -- und dadurch ebenso ungesetzliche Gewaltmaßregeln der
Spanier hervor. Diese Reibungen bildeten eine stete Bedrohung des
Friedens. Anderseits hatte Spanien 1733 auch Frankreich große Vorteile im
Handelsverkehr gewährt. In Frankreich wuchs die Einsicht von der
Notwendigkeit maritimer Ausdehnung. Während der Friedensjahre nahm der
französische Seehandel schnell zu und die Kolonien blühten auf; in
Westindien erlangten sie das Übergewicht über die englischen und in
Ostindien bildete sich ein französisch-indisches Reich, ähnlich dem
jetzigen englischen. Das englische Volk aber war gewillt, jede
Nebenbuhlerschaft auf der See und über der See zu unterdrücken. Zwischen
Frankreich und England harrte ferner der Streit um die Vormacht in
Nordamerika des Austrages; nicht einmal die Grenzen zwischen den
beiderseitigen Kolonien waren hier endgültig festgesetzt und auch über
den Besitz des nördlichen Teiles von Neu-Braunschweig war noch keine
Entscheidung getroffen. Spanien sowohl wie Frankreich mußte es endlich
ein Dorn im Auge sein, Gibraltar und Minorka als Stützpunkte zur
Beherrschung des Mittelmeeres und seines Ausganges im Besitze Englands zu
sehen.

 [5] Zu den geschichtlichen und politischen Betrachtungen hier, sowie
     bei Schilderung der Kriege sind besonders benützt: Schlosser,
     Geschichte des XVIII. und XIX. Jahrhunderts, Band II-IV; Spamers
     Weltgeschichte Band VII; Mahan I.

 [6] Bedingungen des Friedens vgl. Band I, Seite 496; Ergebnisse des
     Spanischen Erbfolgekrieges für die Teilnehmer Seite 575 und auch
     159.

 [7] Ebendort Kapitel X und XI.

Anlässe zum Kriege waren also zur Genüge vorhanden, und wir wissen (vgl.
Band I, Seite 598), daß sich Frankreich und Spanien in einem geheimen
Defensivbündnisse verständigt hatten, bei geeigneter Gelegenheit
gemeinsam gegen England vorzugehen; 1735 hatten diese Staaten ja bereits
das Königreich Beider Sizilien unter bourbonischen Einfluß gebracht. So
zeigt uns denn der vierte Abschnitt in dem kurzen Zeitraum von 43 Jahren
=drei große Seekriege=. In diesen treten sich als Hauptgegner England und
Frankreich gegenüber, Spanien sowie Holland spielen eine Nebenrolle:
Hollands Seestreitkräfte waren sehr zurückgegangen, und auch die
Spaniens, die zwar unter den Bourbonen (besonders unter Karl III.
1759-1788) wieder an Stärke gewannen, erreichten nicht die Bedeutung der
französischen und englischen Seegeltung.

Die Reibungen in den westindischen Gewässern führten 1739 zu einem Kriege
zwischen England und Spanien und eröffneten die großen Kämpfe zur See,
die sich wie die letzten Kriege des vorigen Abschnittes an =große
Landkriege= anschlossen.

Um das Jahr 1740 befand sich Europa in einem politischen Zustande, der
bedeutende Umwälzungen ahnen ließ. Seit dem Spanischen Erbfolgekriege lag
die Summe der politischen Weisheit in der Erhaltung des europäischen
Gleichgewichtes zwischen den Großmächten Österreich, England, Frankreich,
Holland, und nach dem Utrechter Frieden waren diese Staaten bestrebt, den
seitdem geschaffenen Zustand zu erhalten; diese Sorge führte dann aber
gerade zwei große europäische Kriege herbei. Neben den Fragen maritimer
Bedeutung bedrohten auch andere, für die allgemeinen Interessen noch
wichtigere das so ängstlich gehütete Gleichgewicht und damit den Frieden.
Frankreichs Bestreben war weiter auf die Erwerbung der österreichischen
Niederlande (Belgien) und auf die Sicherung Lothringens gerichtet, auf
das es schon durch einen Erbschaftsvertrag mit König =Stanislaus
Leszczynski= Beschlag gelegt hatte, und stieß so mit den Interessen
Deutschlands, besonders Österreichs, durch die Absicht auf Belgien aber
auch mit denen Hollands, ja sogar Englands, zusammen. In Deutschland
hatte sich ferner eine immer schärfere Spannung zwischen Österreich und
Preußen herausgebildet, und im Osten erhob sich drohend die
anschwellende russische Macht; das polnische Reich war im Verfall, und
die Türkei wurde immer schwächer.

Durch den Tod des Kaisers =Karl= VI. (Oktober 1740) kamen die Ereignisse
ins Rollen. Zwar hatten fast alle Staaten die »=Pragmatische Sanktion=«
(vgl. Band I, Seite 594 ff.) anerkannt, durch die dem Hause Habsburg --
der Kaisertochter =Maria Theresia= -- der Bestand seiner sämtlichen Lande
gesichert war, aber nach dem Tode des Kaisers traten dennoch verschiedene
Mächte mit Erbansprüchen hervor. So entbrannte =der Österreichische
Erbfolgekrieg= (1740-1748), in dem Österreich mit England, Holland und
Spanien gegen Bayern, Preußen (Erster und Zweiter Schlesischer Krieg) und
Frankreich focht; auch die anderen Staaten schlossen sich einer der
Parteien an, und der schon begonnene Seekrieg zwischen Spanien und
England lief weiter. Der Kampf um das Gleichgewicht fand dann seine
Fortsetzung und seinen Höhepunkt im =Siebenjährigen Kriege= 1756-1763, in
dem jedoch die Gruppierung der Staaten eine ganz andere war. Die
Eifersucht auf das zu Bedeutung gelangte Preußen führte jetzt Rußland
sowie auch Frankreich (hier hatten allerdings noch andere Umstände ebenso
großen Einfluß) auf die Seite Österreichs, um dem Werden eines
kraftvollen Staates im wiederaufstrebenden Deutschland rechtzeitig einen
Riegel vorzuschieben, während England durch den jetzt zur endgültigen
Entscheidung drängenden Kampf seiner Kolonien in Nordamerika mit den
französischen, sowie durch des Königs Interesse an Hannover auf die Seite
Preußens getrieben wurde; wiederum beteiligten sich auch andere Staaten
am Kriege[8]. In diesen beiden Kriegen war England bestrebt, die Kräfte
Frankreichs an den Festlandskrieg zu fesseln, indem es dessen Gegnern die
Mittel zum Kampfe lieferte, und diesen Umstand sowie die Schwäche der
französischen Marine zu benutzen, die eigene Seeherrschaft zu festigen
und seinen Kolonialbesitz zu erweitern.

 [8] Auf die Geschichte dieser zwei großen Landkriege -- auf ihre
     Ursachen eingehender, auf ihren Verlauf, soweit es nötig erscheint
     -- werden wir bei der Betrachtung der sie begleitenden Seekriege
     zurückkommen.

Im Österreichischen Erbfolgekriege fügte England den feindlichen
Seestreitkräften empfindliche Verluste zu und errang auch Vorteile in
Nordamerika, während Frankreich in Ostindien glücklicher war; die
englische Seemacht wurde aber in diesem Kriege durch verschiedene
Umstände an der Entfaltung ihrer ganzen Kraft behindert. Im
Siebenjährigen Kriege hatte England dagegen vollen Erfolg mit seinen
Plänen. Dieser Krieg brachte ihm die Herrschaft über Kanada unter
Verdrängung Frankreichs aus Nordamerika, sowie Erweiterung seines
Besitzes in Westindien; den großen Unternehmungen Frankreichs in
Ostindien wurde ein Ende gemacht; die französischen Seestreitkräfte waren
vernichtend geschlagen. Spanien, das verspätet Frankreich Hilfe zu
bringen versuchte, wurde in dessen Sturz hineingezogen. Gleichzeitig
hatte im Landkriege =Friedrich der Große= Preußens Stellung als
Großmacht gefestigt; die beiden germanisch-protestantischen Mächte
behaupteten den Sieg.

Der dritte große Seekrieg unseres vierten Abschnittes schließt sich an
den =Nordamerikanischen Freiheitskrieg= 1775-1783 an, in dem Frankreich
sowie Spanien auf die Seite der aufständischen Kolonien traten und in dem
Holland durch England selbst zu den Gegnern gedrängt wurde. Der Krieg
wurde so ein Seekrieg in allen Meeren, es handelte sich für England nicht
nur um die Herrschaft über seine Kolonien, sondern auch um die Erhaltung
seiner Obmacht zur See.

Frankreichs Kraft war jetzt nicht durch einen Landkrieg in Europa
abgelenkt, England selber mußte einen solchen in Amerika führen, und
dabei waren die Marinen Frankreichs sowie Spaniens wesentlich erstarkt.
Dieser Krieg war denn auch für England sehr gefahrdrohend und brachte ihm
keine Erfolge. Zwar hielten seine Seestreitkräfte den vereinten
feindlichen das Gegengewicht, blieben eigentlich die überlegenen, und ein
letzter Versuch der Franzosen, in Ostindien wieder die Übermacht zu
gewinnen, wurde vereitelt, aber die nordamerikanischen Kolonien erlangten
ihre Unabhängigkeit (hauptsächlich durch die Unterstützung der
französischen Flotte) und Minorka ging verloren. Die Tatsache endlich,
daß die französische Flotte in diesem Kriege die See gehalten hatte, war
von großer Bedeutung. Das französische Volk wandte sich mit lebhafterem
Interesse dem Seewesen zu; Aufschwung des Seehandels, der Kolonien, sowie
Pflege der Marine waren die Folge. In der Marine herrschten
Selbstvertrauen und Streben; sie würde in einem neuen Seekriege eine
wuchtige Waffe geworden sein, wenn nicht die Revolution gerade für sie
die verhängnisvollsten Folgen gehabt hätte.

Am Ende unseres Abschnittes war gegen die Zeit des Westfälischen Friedens
=eine völlige Umgestaltung Europas= abgeschlossen. Das kolonienreiche
Spanien, die Militärmacht Schweden und das seemächtige Holland waren aus
der Reihe der maßgebenden Staaten gestrichen; zwei neue Mächte, Preußen
und Rußland, waren schnell aufgestiegen und bildeten jetzt mit den alten,
England, Frankreich und Österreich, die Vorherrschaft der fünf
Großmächte, von denen die Politik des Weltteils abhing. -- England begann
sich zu einem außereuropäischen Weltreich auszudehnen und die Vereinigten
Staaten von Nordamerika waren als eine anglo-germanische und
protestantische Macht entstanden.

 $Nebenkriege$, wie wir weiter die Seekriege nennen wollen, die nicht
 von ausschlaggebender Bedeutung für die allgemeine Weltgeschichte und
 für die Entwicklung des Seekriegswesens waren, sind im vierten
 Abschnitt folgende:

 Der Russisch-Schwedische Krieg 1741-1743, der im Zusammenhange mit dem
 Österreichischen Erbfolgekriege steht; die Beteiligung der schwedischen
 sowie der russischen Seestreitkräfte am Siebenjährigen Kriege; die
 Russisch-Türkischen Kriege von 1768-1774 und von 1787-1792; der
 Russisch-Schwedische Krieg 1788-1790.

 Diese Nebenkriege werden im Kapitel VI besprochen.

$Bedeutung des Abschnittes für die Seekriegsgeschichte und für die
Entwicklung des Seekriegswesens.$ Die großen Seekriege dieses
Abschnittes haben eine bezeichnende Eigenschaft, die sie von den
früheren unterscheidet. Bisher[9] hatten die Kämpfe in den Gewässern der
Kolonien nur den Charakter des Kleinen Krieges. Sie bestanden in
Angriffen auf die Niederlassungen und den Handel dort behufs Schädigung
des Feindes sowie eigener Bereicherung; die dazu verwendeten
Seestreitkräfte waren nur gering. Von nun an aber, und in den Kriegen
dieses Abschnittes ganz besonders, bleiben die Ereignisse in den fernen
Meeren nicht mehr nur Ausläufer des in Europa und seinen Gewässern
ausgefochtenen Entscheidungskampfes; die Weltgeschichte ist nicht mehr
die Geschichte Europas, sondern die der atlantischen Welt.

 [9] Vgl. Band I, Seiten 472, 483, 562, 574.

Die Kolonien hatten eine höhere und stetig wachsende Bedeutung für die
europäischen Staaten gewonnen, sie bildeten einen Teil der Gesamtstaaten,
von dem die Vermehrung des Nationalwohlstandes abhing. Sie erzeugten in
regelmäßigem Anbau Produkte, die der europäische Markt nicht mehr missen
konnte und waren als Abnehmer heimischer Erzeugnisse unentbehrlich
geworden; es wurde aus diesem Grunde notwendig, den Verkehr zwischen
ihnen und dem Mutterlande auch im Kriege zu behaupten. Deshalb schließen
sich an den Hauptkriegsschauplatz in den europäischen Gewässern
überseeische Schauplätze an, ja diese werden zuweilen die wichtigeren,
und zwischen beiden muß die Verbindung aufrechterhalten werden, da von
der Kraftquelle in der Heimat die Leistungen draußen abhängen. Alle diese
Gründe rufen den Kampf um die Seeherrschaft im weitesten Sinne hervor und
der =Strategie zur See wird damit ein größerer Spielraum angewiesen=.

Es erscheint nun auffällig, daß erst in dem letzten der drei Seekriege
große Flotten auftreten; dies war hauptsächlich eine Folge der Schwäche
der französischen Marine. In Frankreich war zwar der Aufschwung des
Seehandels und der Kolonien während der Friedensjahre seit 1713
volkstümlich, aber die Regierung stand ihm kalt und mißtrauisch
gegenüber. Sie ließ die Marine mehr und mehr verfallen, ja noch während
der beiden ersten Kriege wurde wenig für sie getan; der Landkrieg sog die
Hilfsquellen auf. Die vorhandenen Seestreitkräfte wurden außerdem
zersplittert, Frankreich führte diese Seekriege lau und ohne
strategisches Verständnis für ihre Wichtigkeit. Erst nach den maritimen
Niederlagen und Verlusten im Siebenjährigen Kriege hob man auf Drängen
des Volkes die Marine und sie trat nun im letzten großen Kriege, im
Verein mit der gleichfalls erstarkten spanischen, mächtiger und
tatkräftiger auf als je zuvor. Dieser Krieg wurde zwischen den
europäischen Gegnern zu einem reinen Seekriege mit großen Flotten in
allen Meeren.

 $Die Bedeutung der Kolonien.$ Im ersten Bande (Kapitel XII) ist eine
 kurze Geschichte der Kolonien gegeben, um deren Umfang, ihren Wert für
 die Besitzer und ihre innere Kraft um 1740 zu veranschaulichen; die
 Weiterentwicklung ihrer Verhältnisse wird bei jedem der nun folgenden
 Kriege berührt werden. Bei der Wichtigkeit, die die Kolonien für sie
 haben, soll hier nochmals die Stellung der Gegner außerhalb Europas vor
 Augen geführt werden; der Einfluß der Kolonien auf die Strategie ergibt
 sich daraus.

 =In Nord-Amerika= besaß =England= 13 Kolonien, die späteren
 »Vereinigten Staaten«: Die vier nördlichen oder Neuengland-Staaten:
 Newhampshire, Massachusetts mit Maine, Connecticut, Rhode-Island; die
 fünf mittleren: New York, New Jersey, Delaware, Pennsylvanien,
 Maryland; die vier südlichen: Virginien, Nord- und Südcarolina,
 Georgia. Diese Kolonien hatten 1740 schon eine Bevölkerung von etwa
 1200000 Weißen und 200000 Negern, die schnell weiter zunahm (1760:
 1385000 Weiße, 310000 Neger; 1770 insgesamt 2312000 und 1780 2943000
 Seelen). Die Einwohner waren Ackerbauer, Kaufleute, sowie Seeleute und
 hingen noch mit Begeisterung am Mutterlande, wenn sie auch im
 wesentlichen auf sich angewiesen waren und sich selbst regierten. An
 einer solchen Bevölkerung, die außerdem auf die Franzosen sowie die
 Kanadier sehr eifersüchtig war, und an einem in jeder Beziehung
 ertragsfähigen Lande mit langer Seeküste und guten Häfen, in dem schon
 viel für die Entwicklung des Seewesens getan war (für Kriegsflotten
 voll leistungsfähige Werften gab es allerdings noch nicht), hatte
 England in den beiden ersten Kriegen eine sichere Basis auf der
 westlichen Halbkugel.

 =Frankreich= besaß Kanada und =Louisiana=, worin das ganze Ohio- und
 Mississippi-Tal als notwendiges Glied zwischen dem St. Lorenz-Strom und
 dem Golf von Mexiko einbegriffen war. Dieses Zwischengebiet war jedoch
 nur schwach besetzt, und England erkannte Frankreichs Anspruch darauf
 nicht an. Die Stärke der französischen Stellung lag in Kanada, das 1740
 etwa 50000 Weiße zählte (1760 etwa 80000). Die Ansiedler beschäftigten
 sich hier nur soweit mit Handel und Landwirtschaft, wie es für ihre
 unmittelbaren Bedürfnisse nötig war, in erster Linie lebten sie von der
 Jagd und dem Waffendienst. Eine militärische und mönchische Regierung
 hemmte Unternehmungslust sowie freie Verbindung zu gemeinsamen Zielen;
 selbst die für die Schiffahrt im Innern nötigen Fahrzeuge mußte man
 größerenteils in den englischen Kolonien kaufen. Kanada bot so und auch
 infolge der weiteren Entfernung von Westindien sowie seines rauhen
 Winterklimas vom militärisch-seemännischen Standpunkte aus für
 Frankreich weit weniger Nutzen als die englischen Kolonien für England;
 ein Vorteil Kanadas war wohl, daß es unter einheitlicher Verwaltung
 stand, während die englischen Provinzen nur lose zusammenhingen und
 nicht immer einig waren.

 Bei der Schwäche der Bevölkerung und den geringen Hilfsmitteln des
 Landes lag das Geschick Kanadas in einem Kriege ganz in der
 Unterstützung durch die Seemacht Frankreichs, die sich entweder in
 unmittelbarer Beherrschung der benachbarten Gewässer oder in der
 Ablenkung des Gegners durch Bedrohung anderer Punkte äußern mußte. Von
 großer Bedeutung war hierbei der St. Lorenz-Strom, der den Zutritt bis
 zum Herzen des Landes gewährte; Neufundland und Neuschottland hatte
 Frankreich zwar schon verloren, aber es besaß in der Insel Breton mit
 der starken Feste Louisbourg noch den Schlüssel zum St. Lorenz-Golf. Im
 dritten, dem amerikanischen Befreiungskriege, gehörte Kanada England.
 Es bot ihm in Halifax einen Stützpunkt für die Seestreitkräfte und
 bildete für die anderen aufständischen Kolonien, da diese es weder zum
 Anschluß bringen noch erobern konnten, eine Grenze, die stets bewacht
 werden mußte.

 =Spanien= besaß 1740 in Nordamerika außer Mexiko nur Florida, ungenau
 begrenzte weite Gebiete um die Halbinsel gleichen Namens; diese Kolonie
 blieb (auch als sie später in englischem Besitz war) während der Kriege
 von geringer Bedeutung.

 =In Westindien, Mittel- und Südamerika= hatte =Spanien= die unter dem
 Namen »Spanisch-Amerika« bekannten Länder im Besitz, sowie die Inseln
 Kuba, Portoriko und vier Fünftel von Haïti; Kuba mit etwa 140000, Haïti
 mit 400000 Einwohnern aller Farben. =Frankreich= besaß Guadeloupe
 (10000 Weiße, 50000 Neger), Martinique (24000 bzw. 60000), ein Fünftel
 von Haïti (40000, 230000) sowie die kleineren Inseln Grenada, Marie
 Galante, St. Martin, Les Saintes, St. Croix und auf dem Festlande
 Cayenne. Zu =England= gehörten Jamaika (etwa 10000 Weiße), Barbados
 (20000 Weiße, 69000 Neger) sowie die kleineren Inseln Nevis, Antigua,
 Montserrat, Barbados, Anguilla, die Virgin-Inseln, die Bermudas und die
 Bahamas (alle zusammen vielleicht 15000 Weiße). Man ersieht, daß die
 Einwohnerzahl der französischen Inseln die der englischen beträchtlich
 übertraf. Auf dem Festlande besaß England an der Küste von Honduras
 Niederlassungen (z. B. Belize, die Insel Roatan, am Kap Honduras, 1739
 erworben), die besonders als Stationen für Holzausfuhr dienten.

 Die Inseln Dominica, St. Lucia, St. Vincent und Tabago, auf die sowohl
 England wie Frankreich Anspruch gemacht hatten, waren vorläufig (1730)
 als »=neutrale Inseln=«, den Indianern gehörig, erklärt.

 Man sollte nun annehmen, daß die Eroberung der fruchtbaren Inseln vom
 Gegner ein Hauptziel geworden wäre, aber mit Ausnahme des spanischen
 Wunsches, Jamaika dauernd wiederzugewinnen, scheinen solche Pläne nie
 ernstlich gehegt zu sein. Das zur See mächtigere England wurde wohl
 durch die größere Masse des Volkes mehr auf Nordamerika hingewiesen und
 die kleineren westindischen Inseln, aus denen der englische Besitz
 hauptsächlich bestand, sind einzeln zu klein, um sie ohne unbedingte
 Seeherrschaft erfolgreich behaupten zu können; hiermit aber konnten die
 Gegner Englands nicht rechnen. So wurde gegen die Inseln von beiden
 Seiten mehr der kleine Krieg geführt; man sah sie gewissermaßen wie
 Schiffe oder Konvois mit feindlichem Gute an. Sie gehen häufig von
 einer Hand in die andere über; sie werden angegriffen, um sie zu
 brandschatzen; die Garnisonen werden gefangen genommen und die
 Befestigungen zerstört, um den feindlichen Seestreitkräften ihre
 Stützpunkte zu rauben. Die beim Friedensschluß etwa noch besetzten
 werden aber meist wieder zurückgegeben; nur das Schicksal der
 sogenannten neutralen Inseln entscheidet sich in den Kriegen unseres
 Zeitabschnittes; sie wurden zwischen England und Frankreich verteilt.
 Die Tatsache aber, daß jede der großen Mächte in Westindien, diesem
 Brennpunkte des Handels, Besitzungen hatte, zog kleine Geschwader, wie
 auch besonders im dritten Kriege große Flotten dorthin; eine große Zahl
 der Seekämpfe spielt sich hier ab.

 =In Ostindien= besaß =England= als Hauptniederlassungen Bombay, Madras
 und Kalkutta; =Frankreich= Mahé, Pondichery und Chandernagore (am
 Ganges). Dieser Staat hatte großen Vorteil durch Besitz der Inseln Isle
 de France und Bourbon, die als Zwischenstationen auf dem Wege nach
 Indien, sowie als Stützpunkte in der Nähe dieses Landes dienten. Beide
 Staaten wurden in Indien nur durch ihre Kompagnien vertreten. Diese
 waren zwar um 1740 noch nicht sehr stark, strebten aber gerade in dem
 hier behandelten Zeitabschnitt wetteifernd dahin, ihre Macht
 auszudehnen, und hinter ihnen standen die Regierungen ihrer
 Mutterländer; die Kriege wurden deshalb auch hier von Bedeutung und
 berührten gleichfalls die Philippinen, die einzige Besitzung =Spaniens=
 im fernen Osten.

 =Die holländischen Kolonien= -- in Westindien nur unbedeutend, in
 Ostindien, mit Ausnahme eines Kontors in Negapatam, auf die Inselwelt
 beschränkt -- wurden erst im dritten großen Kriege in den Streit
 verwickelt, als Holland gegen England stand; sie spielten aber auch
 dann nur eine untergeordnete Rolle. Wichtig wurde allein =das Kapland=,
 das nun den Franzosen als eine weitere Station auf dem Wege nach Indien
 zur Verfügung stand.

 Die sonstigen Besitzungen der Staaten =in Afrika= waren lediglich
 Handelsstationen ohne militärischen Wert.

=Die Kriege des vierten Abschnittes sind ferner beachtenswert für die
Fortentwicklung der Taktik.= Die Engländer treten in sie ein mit rein
schematischer Durchführung gewisser kühner, aber unvorteilhafter
Angriffsregeln, die außerdem sowohl den Oberbefehlshaber wie die
Unterführer binden und lähmen. Die Franzosen bauen gegen diese Angriffe
eine Verteidigungstaktik auf, mit Verwertung der jetzt auch erkannten
Vorteile der Leestellung, führen diese aber gleichfalls nur schematisch
durch, anstatt errungene Vorteile durch angriffsweises Vorgehen
auszunutzen. Die Folge war, daß fast alle Schlachten unentschieden
blieben. Erst gegen das Ende des Zeitabschnittes brechen bedeutende
Führer beider Völker (=Rodney= und =Suffren=) mit dem Schematismus, und
es kommt neues Leben in die Taktik; wie im dritten Abschnitt erscheint
dann auch wieder ein aufsehenerregendes Werk (das des Schotten Clerk)
über seetaktische Fragen.

In der =Entwicklung der Streitmittel=, der Schiffe und der Artillerie,
zeitigt der Abschnitt nur wenige hervorragende Änderungen. Die Klassen
der Schlachtschiffe werden in sich gleichmäßiger und man verwendet als
solche in erster Linie Schiffe der bisherigen mittleren Größe (zu 74
Kanonen); die Fahrzeuge zu besonderen Zwecken werden bedeutend vermehrt,
schwerere Fregatten erbaut. An Geschützen führen die Engländer die
Karronaden als eine für den Nahkampf besonders wirksame Waffe ein.

[Illustration]

                   *       *       *       *       *

[Illustration]


                           Zweites Kapitel.

          Die Entwicklung des Seekriegswesens von 1740-1793.

 $Schiffe, Nautik$ (Entdeckungen), $Schiffsklassen, Waffen, Personal$
                 (Organisation der Marine), $Taktik$.

 Die Betrachtungen schließen an das zweite Kapitel des dritten
 Abschnittes (Band I, Seite 161-188) an. Wie dort und aus dem gleichen
 Grunde sind in erster Linie die englischen Verhältnisse zugrunde
 gelegt; wichtige Abweichungen in anderen Marinen sind jedoch angeführt
 oder aus den Angaben über »die Streitmittel« vor jedem Kriege zu
 ersehen.

 Als $Hauptquellen$ dienten: Clowes III; Charnock III; Arenhold; Troude
 I; Colomb, Kapitel V; Schwarz. (Vgl. Quellenverzeichnis.)


                   Schiffe, Nautik, Schiffsklassen.

Wir haben im ersten Bande die Entwicklung des Einzelschiffes und die
Einteilung der Schiffe in Klassen eingehend verfolgt und kamen
schließlich zu dem Ergebnis, daß um 1739 in beiden Hinsichten ein
gewisser Abschluß erreicht war. Die weitere Zeit der Segelschiffahrt
bringt nur noch Vervollkommnungen des Einzelschiffes, dessen Typ --
besonders der des Schlacht- (Linien-)schiffes -- feststand, und
Verschiebungen in der Klasseneinteilung. Beides vollzieht sich weiter in
den uns schon bekannten Richtungen: Anstreben besserer See- und
Segelfähigkeit des Einzelschiffes, sowie Vergrößerung des Raumgehalts bei
gleicher Kanonenzahl; Herbeiführen von Gleichmäßigkeit der Schiffe einer
Klasse, Bevorzugung der ehemaligen Mittelklasse der Linienschiffe
(Nichtvermehrung der sehr schweren, Abstoßung der kleineren), sowie
Vermehrung der Fahrzeuge zu besonderen Zwecken.

$Die Linienschiffe.$ Schon im 17. Jahrhundert hatte Frankreich die
Führung im Schiffbau übernommen. Hier beschäftigte man sich zuerst
wissenschaftlich mit Untersuchungen über Stabilität und Manövrierkunst.
Auf Anregung der Académie des Sciences in Paris nahmen hervorragende
Gelehrte ein reges Interesse an der Theorie des Schiffbaues, und die
Schiffbauingenieure wurden sorgfältig ausgebildet. Auch noch im 18.
Jahrhundert benutzten die Engländer gern eroberte französische Schiffe
als Muster bei ihren Neubauten und stellten sie stets in ihre
Schlachtflotte ein, während die Franzosen erbeutete englische
Linienschiffe nur als Begleitschiffe aufbrauchten. Die wissenschaftliche
Behandlung des Schiffbaues führte zur Vergrößerung der Schiffe, um sie
seefähiger zu machen, zur Verbesserung der Formen unter und über Wasser,
um die Segelkraft zur Fortbewegung und zum Manövrieren besser
auszunutzen; nach Theorie und Erfahrung wurden die Verhältnisse der
Hauptmaße des Schiffskörpers und der Takelage zu einander festgesetzt. An
Stelle der vollen Formen des Vorschiffes treten schärfere Linien; das
Heck wird gefälliger und weniger massiv, doch verschwindet hier die
eigentliche Schiffsform unter überreichem bildnerischen Schmuck, sowie
den Anbauten, die zugunsten einer bequemen Ausgestaltung der Wohnräume
für den Kommandanten und die Offiziere, selbst auf Kosten der Armierung,
angebracht wurden.

[Illustration: Englisches Linienschiff »The Terrible 74«. Den Franzosen
1747 abgenommen.]

[Illustration: Heck eines französischen Linienschiffes.]

Als ein Zeichen der allmählichen Vergrößerung der Schiffe sei erwähnt,
daß die Franzosen in der Zeit nach dem ersten Kriege, in den Jahren 1748
bis 1756, Zweidecker bis zu 84 Kanonen bauten, während in England Schiffe
zu 80 Kanonen bis 1760 noch Dreidecker waren; dann folgte man auch hier
dem Beispiele und zwar nach dem Muster eines erbeuteten Fahrzeuges. Die
Dreidecker blieben stets schlechtere Seeschiffe. Sie mußten oft bei
starkem Winde oder schwerem Seegange die Pforten der untersten Batterie
schließen und sind mehrfach, selbst im Hafen bei Bodenreinigungen,
gekentert. Sie blieben jedoch gebräuchlich, namentlich als Flaggschiffe,
da sie immerhin mächtige Gefechtseinheiten waren und Platz zur
Unterbringung der Geschwaderstäbe boten.

[Illustration: Französisches Linienschiff »Sans Pareil«, 1770.]

In der Anordnung der Takelage war man schon zu Anfang des
18. Jahrhunderts bei dem Linienschiffe fast zur vollendeten
Vollschiffstakelung gelangt: drei Masten und ein weitausladendes
Bugspriet mit einem kleinen Maste; an den Masten und am Bugspriet
Raasegel, am Kreuz- (Besan-) Maste ein großes Lateinsegel; auch
Oberleesegel wurden schon gefahren[10]. Im Laufe des Jahrhunderts
erschienen nun der Klüverbaum und die Vorsegel, die den kleinen Mast auf
dem Bugspriet verdrängten, jedoch es blieben noch Raasegel am Klüverbaum
(bis 1790), sowie am Bugspriet (bis 1815), da sie einem entmasteten
Schiffe etwas mehr Steuerfähigkeit verliehen; zwischen den Masten traten
Stagsegel auf. Das Lateinsegel am Kreuzmast wurde zum Besan, indem der
untere Teil der langen Raa wegfiel und das Segel hier am Maste befestigt
wurde; später wird der Rest der Raa zur Gaffel und für den unteren Rand
des Segels tritt der Besansbaum zum Ausholen hinzu. Jetzt wird es auch
gebräuchlich, die Flagge, die bisher an einem Flaggstock am Heck gefahren
wurde, an der Besansgaffel zu heißen. Um 1790 endlich waren
Oberbramsegel, sowie Unter- und Bram-Leesegel ziemlich allgemein
eingeführt.

 [10] Siehe Band I, Seite 166, die Abbildung des »Royal Louis«.

Im vierten Abschnitt wurden Schiffstypen erreicht, die allen
Anforderungen genügten, wie die Blockaden beweisen, mit denen die
Engländer bald darauf jahraus, jahrein die französischen Häfen
geschlossen hielten. Als ein auf der Höhe seiner Zeit stehendes
Linienschiff sei der französische Zweidecker »Sans Pareil« -- 84 Kanonen,
gebaut 1770 -- abgebildet. Dieses Schiff soll vorzüglich see-, sowie
manövrierfähig gewesen sein und konnte auch in schwerem Wetter die
unterste Batterie gebrauchen; es wurde von den Engländern genommen und
als Vorbild benutzt. Gleichzeitige 74-Kanonenschiffe sollen ebensogut
gewesen sein.

$Die Fregatten.$ Bis 1745 hatte man im allgemeinen nur Linienschiffe, zu
denen bis 1756 noch die 50-Kanonenschiffe rechneten, ferner Zweidecker
mit 40 Kanonen, zuweilen und besonders in Frankreich als Fregatten
bezeichnet, 20-Kanonenschiffe, auch Fregatten genannt, und noch kleinere
Fahrzeuge. Dann entwickelte sich die wirkliche Fregatte; ein Schiffstyp
von größerer Geschwindigkeit als Linienschiffe und Kauffahrer, von dem
aber doch auch eine nicht unbedeutende Gefechtskraft verlangt wurde[11],
um mit Erfolg als Aufklärungsschiffe der Flotten sowie im Handelskriege
gegen Kaper dienen zu können. Die 40- oder 44-Kanonenzweidecker waren
hierzu zu unbeholfen (diese Fahrzeuge wurden nach Einführung schwerer
Fregatten ihrer Wohnlichkeit halber gern im Kolonialdienst verwendet),
die 20-Kanonenschiffe zu schwach. Die neuen Fregatten führten ihre
Hauptartillerie auf dem Hauptdeck, eingedeckt durch das Oberdeck, auf dem
leichtere Geschütze standen. Etwa um 1748 wurden Fregatten mit 28 und 32
Kanonen gebaut, bald darauf auch solche mit 36. Sie führten bis 1780 nur
12-Pfünder in der Batterie, dann erhielten sie 18-Pfünder und es traten
auch Schiffe mit 38 Kanonen hinzu; ganz schwere Fregatten mit 40-44
Geschützen erscheinen erst um die Wende des 18. Jahrhunderts.

 [11] Mit der Bezeichnung »=Fregatte=« verband sich vom Mittelalter her,
      auch schon bei den Ruderschiffen, der Begriff der Schnelligkeit im
      Gegensatz zur Gefechtskraft, nach und nach trat für sie jedoch die
      Anforderung einer gewissen Gefechtskraft hinzu. Ueber die
      allmähliche Entwicklung des Begriffes »Fregatte« vgl. auch Band I
      im Sachregister unter diesem Stichworte.

$Die ständige Vergrößerung der Schiffe$ in allen Klassen zeigt die auf
Seite 15 gegebene Tabelle für England, in der jedoch einige
Zwischenstufen nicht aufgenommen sind, da sie gegen das Ende des
Abschnittes nur noch schwach vertreten waren.

  Diese Tabelle, deren Angaben sich an die im ersten Bande Seite 178
 für 1727 aufgeführten anschließen, ist nach Clowes III, Seite 9, 12,
 335, zusammengestellt. Die Angaben für 1741 sind die in England als
 Bauvorschrift festgesetzten. Derartige Vorschriften waren von 1713 bis
 1745 mehrfach erlassen, um Gleichmäßigkeit im Schiffsmaterial zu
 erzielen; dann aber sah man ein, daß durch zu eingehende Bestimmungen

               =Größenverhältnisse englischer Schiffe.=
 ========+========+=======+=====+======+================
  Anzahl |Jahr des|Tonnen-|Länge|Breite|    Tiefgang
 Kanonen | Baues  |Gehalt |-----+------+----------------
         |        |       | in englische Fuß abgerundet
 ========+========+=======+=====+=======================
         |  1741  | 1872  | 175 |  50  |      21 }
   100   |  1756  | 2047  | 178 |  52  |      22 }
         |  1789  | 2279  | 190 |  52  |      22 }
 --------+--------+-------+-----+------+---------} Drei- }
         |  1741  | 1679  | 168 |  48  |      20 } decker}
  90-98  |  1761  | 1827  | 176 |  49  |      21 }       }
         |  1768  | 1947  | 178 |  50  |      21 }       }
 --------+--------+-------+-----+------+-----------------} Linienschiffe
    70   |  1741  | 1291  | 154 |  44  |      19 }       }
    74  {|  1759  | 1556  | 166 |  46  |      20 }       }
        {|  1790  | 1836  | 176 |  49  |      20 }       }
 --------+--------+-------+-----+------+---------} Zwei- }
    60   |  1741  | 1123  | 147 |  42  |      18 } decker}
    64  {|  1763  | 1380  | 159 |  45  |      19 }
        {|  1782  | 1521  | 163 |  45  |      18 }
 ========+========+=======+=====+======+=================
 Linien-{|  1741  |  968  | 140 |  40  |      17 }
 schiff {|  1752  | 1046  | 146 |  36  |      17 }
    50   |  1765  | 1053  | 151 |  40  |      18 }
 --------+--------+-------+-----+------+---------} Zweidecker
         |  1741  |  706  | 126 |  36  |      15 }
    44   |  1759  |  856  | 141 |  37  |      16 }
         |  1774  |  886  | 140 |  38  |      16 }
 ========+========+=======+=====+========================
    38   |  1780  |  940  | 141 |  38  |      14 }
         |  1782  | 1062  | 150 |  40  |      13 }
 --------+--------+-------+-----+------+---------}
    36   |  1757  |  718  | 128 |  36  |      12 }
         |  1786  |  939  | 141 |  39  |      14 }
 --------+--------+-------+-----+------+---------} Fregatten
    32   |  1757  |  667  | 128 |  34  |      12 }
         |  1783  |  779  | 131 |  36  |      13 }
 --------+--------+-------+-----+------+---------}
    28   |  1757  |  599  | 118 |  34  |      11 }
         |  1785  |  594  | 121 |  34  |      11 }
 ========+========+=======+=====+======+=================
    20   |  1757  |  430  | 108 |  30  |      10 }
         |  1776  |  429  | 108 |  30  |      10 } Postships
 --------+--------+-------+-----+------+-----------------
    14   |  1746  |  276  |  91 |  26  |      12 }
         |  1789  |  321  | 100 |  27  |      13 } Sloops
 ========+========+=======+=====+======+=================

 Verbesserungen gehemmt würden. Die Angaben für die späteren Jahre sind
 die Maße von ihrer Zeit besonders typischen Schiffen (Clowes führt die
 Namen an), die in England erbaut oder den Spaniers und Franzosen
 abgenommen waren.

$Verbesserungen im Schiffbau.$ 1761 ward der erste Versuch gemacht, den
=Schiffsboden mit Kupferplatten= zu belegen, um ihn gegen den Bohrwurm zu
schützen; 1785 war diese Maßnahme in der englischen Marine durchgeführt,
während die französische darin noch zurückstand. Es brachte den
unerwarteten Vorteil mit sich, den Anwuchs von Algen und Muscheln zu
verringern; die Schiffe büßten hierdurch weniger an Schnelligkeit ein und
bedurften seltener einer Bodenreinigung. Allerdings wurde der Bau des
Schiffsrumpfes schwieriger sowie teurer, da alle Bolzen unter Wasser aus
Kupfer hergestellt werden mußten, weil eiserne infolge des galvanischen
Stromes zwischen Kupfer und Eisen leicht zerstört worden wären. =Die
Pumpen= zur Entleerung des Schiffsbodens wurden etwa um 1764 verbessert,
so daß sie ihre Aufgabe mit weniger Arbeitskraft schneller und
gründlicher lösten; dies war von gutem Einfluß auf den Gesundheitszustand
an Bord. 1772 führte man sogar schon =Destillationsapparate= ein, die
jedoch nur geringe Mengen von Trinkwasser liefern konnten. Zum
=Farbenanstrich= pflegte man für den Schiffsrumpf Schwarz mit
gelblich-weißen Batteriegängen (d. s. die Planken, in denen die
Geschützpforten eingeschnitten waren), für die Rundhölzer (Masten, Raaen,
Gaffeln usw.) Gelb zu wählen.

In Hinsicht auf die =Beiboote= trat noch keine Änderung ein (siehe Band
I, Seite 166). Sie wurden weiter auf Deck eingesetzt und blieben
teilweise sehr groß, da man sie häufig zum Fischen gekappter Anker nötig
hatte. Erst als im Anfang des 19. Jahrhunderts Ankerketten gebräuchlich
wurden und die Boote bei deren großem Gewicht zum Ankerfischen nicht mehr
tauglich waren, wurden sie kleiner; um diese Zeit erschienen auch die
Bootsdavids zum Heißen der Boote an den Schiffsseiten. Die Boote waren
gut besegelt und waren dadurch sowie durch ihre Größe zu tagelangen
Entsendungen geeignet. =Die Werften= wurden immer leistungsfähiger,
besonders auch, weil man den Dienst auf ihnen besser regelte, für jedes
Schiff eine besondere Schiffskammer zur Aufbewahrung seines Materials
anlegte und die Angestellten sorgsamer auswählte, sowie besser bezahlte.

$Die Kauffahrteischiffe$ des 18. Jahrhunderts waren selten größer als 800
tons. Sie wurden etwas schmaler als die Kriegsschiffe gebaut, führten
meistens immer noch einige Kanonen und wurden häufig im Anstrich den
Kriegsschiffen ähnlich gehalten (mit Batteriegängen), um Kaper
abzuschrecken. Beim Bau solcher Fahrzeuge, die besonders für den
=Kaperdienst= bestimmt waren, legte man Wert auf Schnelligkeit, worin
sich frühzeitig die englisch-nordamerikanischen Kolonien hervortaten.

Für $die Nautik$ ist zu erwähnen, daß die Ortsbestimmung auf See dadurch
sehr erleichtert wurde, daß man von 1772 an brauchbare Chronometer
anfertigte (vgl. Band I, Seite 167), daß die nautischen Hilfstafeln
vervollkommnet, die Leuchttürme vermehrt und mit bessern Lichtern
versehen, die Seekarten fortlaufend vervollständigt wurden.
=Wissenschaftliche Seereisen= trugen hierzu bei. 1736 konstruierte
=Harrison= einen Chronometer, der auf einer Reise nach und von Westindien
trotz schlechten Wetters nur 1^m 56^s verlor. Ein weiter verbessertes
Instrument bewährte sich auf einer Entdeckungsreise des belgischen
Kapitäns =Byron= in die Südsee 1764-1766. Auch die Franzosen sandten
Schiffe zur Erprobung von Chronometern aus (=Fleurien= 1769, =Borda= 1771
und 1774). Etwa von 1772 an werden Chronometer an Bord der Kriegsschiffe
allgemeiner eingeführt.

 Die wissenschaftlichen Reisen beschränkten sich nicht auf geographische
 und hydrographische Forschungen in den bereits bekannten Gewässern; es
 wurden auch planmäßige $Entdeckungsreisen$ unternommen. Da ihre
 Ergebnisse mehr geographisch als politisch oder militärisch wichtig
 sind, seien nur die hervorragendsten kurz erwähnt. Durch russische
 Seeleute wurden von 1728 an die Nord- und Ostküsten Asiens besucht; der
 Däne =Bering= erforschte in russischem Dienste 1725 das Meer von
 Kamtschatka, durchfuhr 1728 die nach ihm benannte Straße und besuchte
 1741 die Nordwestküste Amerikas. Die Reise des englischen Admirals
 =Anson= 1739-1741 brachte die genauere Kenntnis der Marianen-Inseln.
 Von französischen Seeoffizieren entdeckte =Bougainville=, der erste
 Weltumsegler Frankreichs, 1756-1759 die Salomon-Inseln und den
 Bismarck-Archipel, =Kerguelen= 1771-1774 die nach ihm benannten Inseln,
 =Lapérouse= erforschte 1785-1788 die japanischen und koreanischen
 Gewässer.

 Am meisten ist aber dem englischen Kapitän =James Cook= zu verdanken,
 der schon 1764-1767 die Küste von Neufundland aufgenommen hatte. Nach
 Tahiti zur Beobachtung des Venusdurchganges gesandt, umfuhr er
 1769-1771 Neuseeland und stellte damit fest, daß diese Insel entgegen
 der bisherigen Annahme nicht der Ausläufer eines südpolaren Festlandes
 sei; er erforschte die Ostküste Australiens und fand die Torresstraße,
 deren erste Entdeckung unbekannt geblieben war (vgl. Band I, Seite 75).
 Er lenkte die Aufmerksamkeit seiner Regierung auf Botanybay als
 geeignet zur Kolonisation, die dann 1788 durch Hinführung der ersten
 Sträflinge begann. 1772 umsegelte er die Erde von West nach Ost
 zwischen 60 und 70° südlicher Breite und stellte fest, daß sich kein
 südpolarer Kontinent bis in die gemäßigte Zone erstrecke. 1776-1779
 entdeckte er den Cook-Archipel, sowie die Sandwich-Inseln und
 erforschte beim Suchen nach einer Nordwestpassage die Nordwestküste
 Amerikas nebst dem nördlichen Teile des Stillen Ozeans bis zur
 Beringstraße. Durch ihn besonders wurde ein klares Bild von der
 Begrenzung dieses Weltmeeres sowie der in ihm liegenden Ländermassen
 und Inselgruppen gewonnen.

Diese wissenschaftlichen und Entdeckungsreisen waren für englische wie
französische Seeoffiziere eine gute Schule. Die an ihnen beteiligten
Kapitäne und Offiziere haben sich fast durchgängig auch in den Kriegen
hervorgetan. Bemerkenswert ist, daß beide Völker bei Ausbruch eines
Krieges feindliche Schiffe, die zur Zeit auf einer derartigen Reise
begriffen waren, ausdrücklich als neutral und unverletzbar erklärten.

$Schiffsklassen$ (englisch: rates; französisch: rangs). Aus der auf Seite
18 gegebenen Tabelle über die Bestände der $englischen Marine$ in
verschiedenen Jahren ergibt sich folgendes (vgl. auch Band I, Seite 178):
Die mittelstarken =Linienschiffe= kommen immer mehr als
Hauptschlachtschiffe

         =Bestände der englischen Marine nach Schiffsklassen.=
 ================+============+=======+=======+=======+=======+=======
      Klasse     |Kanonenzahl |      Anzahl der Schiffe im Jahre
                 |            +-------+-------+-------+-------+-------
                 |            |1752 1)|1762 2)|1775 1)|1783 2)|1792 1)
 ================+============+=======+=======+=======+=======+=======
         I       |    100     |    5  |   5   |   4   |   5   |   5
        II       | 98 und 90  |   13  |  16 3)|  17 3)|  20 3)|  16
       III       |   64-80    |   47  |  88   |  99   | 141   | 107
  In Klasse III {|     74 4)  |    ?  |  37   |  57   |  81   |  66
 waren enthalten{|     64 4)  |       |  30   |  32   |  49   |  39
        IV       |     60     |  67 5)|  32   |  11   |   8   |   1
 ----------------+------------+-------+-------+-------+-------+------
 Gesamtzahl der Linienschiffe |  132  | 141   | 131   | 174   | 129

        IV       |     50 6)  |   --  |  24   |  12   |  23   |  17
                {|     44 6)  |}      |  21   |   4   |  30   |  22
         V      {|     38 7)  |}      |   2   |  --   |   7   |   7
                {|     36 7)  |}  39  |   4   |   3   |  17   |  14
                {|     32 7)  |}      |  34   |  35   |  61   |  47
                {|     28 7)  |}      |  23   |  24   |  33   |  28
        VI      {|     24 7)  |}  39  |  21   |   7   |  12   |   6
   (Post ships) {|     20-22  |}      |  13   |  13   |  15   |   7
      Sloops     |     8-18 8)|   34  |  57   |  38   |  85   |  42
      Brander    |            |    ?  |  11   |   1   |  17   |   9
    Mörserboote  |            |    4  |  14   |   2   |   4   |   2
 ----------------+------------+-------+-------+-------+-------+-----
 Gesamtzahl Nichtlinienschiffe|  116  | 224   | 139   | 304   | 201
                   $Insgesamt$| $248$ |$365$  |$270$  |$478$  |$330$

 Die Tabelle, anschließend an die Band I Seite 178 gegebene, ist
 zusammengestellt nach Clowes III, Seite 7 und 328.

 1) Bestände gegen das Ende einer Friedenszeit,

 2) im letzten Jahre eines Krieges.

 3) In dieser Zahl ist ein (oder einige wenige) Schiff zu 84 Kanonen
    einbegriffen.

 4) Diese Angaben im Kleindruck zeigen, wie sehr die Unterklassen
    verschwinden; von 1775 an fast gänzlich.

 5) Da 1752 die 50-Kanonenschiffe noch zur Linie zählten, so sind sie
    für dieses Jahr hier mit einbegriffen.

 6) Die Schiffe zu 50 und 44 Kanonen waren Zweidecker; als
    Nichtschlachtschiffe und da sie auch nicht als Fregatten gelten
    konnten, fanden sie besonders Verwendung in den Kolonien, zu
    kleineren Unternehmungen usw.; sie waren bequem zum Stationsdienst
    in Friedenszeiten und bedurften nur geringer Besatzung. Ihre Zahl
    geht deshalb der sonstigen Richtung entgegen nicht zurück.

 7) Schiffe des neuen Fregattentypes.

 8) Die größeren Sloops hatten Vollschiffstakelage.

in Gebrauch; ihre Zahl wächst beständig, während die Zahl der
Dreidecker sich gleich bleibt und die der leichteren Linienschiffe
abnimmt. Zum Linienschiff wird bis 1752 noch das 50-Kanonenschiff
gerechnet, dann nur noch das zu 60 Kanonen (in Frankreich zu 56), doch
verschwindet auch dieses allmählich und von 1763, Ende des
Siebenjährigen Krieges, an bildet das zu 64 Kanonen die untere Grenze.
Unterstufen in den einzelnen Klassen fallen nach und nach fort. Die Zahl
der =Nebenschiffe= -- zum Aufklärungs-, Nachrichten-, Seepolizeidienst
usw. -- wächst ungemein, ganz besonders die des sich neuentwickelnden
=Fregattentypus=. Die Mörserboote und Brander[12] erreichen bei weitem
nicht die Zahl früherer Zeiten. Aus der Tabelle ist endlich das Wachsen
der englischen Marine im allgemeinen, sowie während eines jeden Krieges
im besonderen zu entnehmen.

 [12] Näheres über diese Spezialschiffe vgl. Band I im Sachregister
      unter den betreffenden Stichworten.

$In Frankreich$ (vgl. Troude I, Seite 19 ff.) teilte eine Verfügung von
1758 die Schiffe in folgende Klassen: A. Linienschiffe I Rang
(Dreidecker) zu 110, 100 und 90 Kanonen; II zu 74 und 70; III zu 66, 60
und 50. B. Nichtlinienschiffe IV zu 50, 46 und 40; diese werden auch
bisweilen schon zu den Fregatten gerechnet, jedoch die zu 50 noch häufig
und auch später noch ab und zu in die Linie eingestellt; V zu 32 und 30,
gleichfalls oft als Fregatten bezeichnet. Fregatten zu 24 und 20,
Korvetten zu 16 und 12 Kanonen. -- Später fanden öfters Verschiebungen
statt, die den Zweck hatten, Unterklassen zu vermindern und die Grenze
des Linienschiffes hinaufzusetzen. So fehlen z. B. um 1765 die Schiffe zu
70, und die Klasse II setzt sich aus 80- und 74-Kanonenschiffen zusammen;
1786 wurde verfügt, als Schlachtschiffe nur solche zu 118, 110, 80 und 74
Kanonen zu erbauen. 1780 traten auch hier wie in England Fregatten zu 38
(ja sogar zu 40) Kanonen auf. Die Verfügungen scheinen jedoch niemals
streng durchgeführt zu sein, jedenfalls waren stets größere Restbestände
von den nach älteren Vorschriften erbauten Schiffen vorhanden. $In
Spanien$ lehnte sich der Schiffbau eng an den französischen an.

 $Dreidecker$ scheint Frankreich in den Kriegen 1739-1748, sowie
 1756-1763 nicht gehabt oder sie doch nicht zur Verwendung gebracht zu
 haben, obgleich solche unter Ludwig XIV. schon reichlich vorhanden
 waren. Im ersten Kriege werden nämlich bei den Flotten nur Schiffe bis
 zu 80, beim zweiten bis zu 84 Kanonen aufgeführt, und diese waren
 Zweidecker. Bei dem Aufschwung der Marine, der um 1761 einsetzte, sind
 aber jedenfalls wieder Dreidecker (über 90 Kanonen) erbaut.


                            Die Waffen[13].

$Die Kanonen$, die im vorigen Abschnitt geschildert sind (Band I, Seite
168ff.), erfuhren keine wesentlichen Änderungen. Man gab den Rohren mehr
Hintergewicht, um das starke Bucken beim Schuß zu vermeiden, und brachte
einige Verbesserungen an den Lafetten (Bruststück sowie Schwanzstück) und
an den Pforten an, um die Geschütze weiter nach vorn oder hinten richten
zu können. Sonst blieben die Lafetten so primitiv wie bisher, und die
Geschütze bedurften daher einer zahlreichen Bedienung.

 [13] Hauptquellen: Clowes III, die Kapitel »Civil history« 1714-1762
      und 1762 bis 1792; Troude I »Introduction«.

[Illustration: Einblick in eine Batterie eines Segellinienschiffs.]

 $Bedienung der Geschütze.$ Die Lafetten, aus schweren hölzernen
 Seitenwänden, liefen auf Blockrädern. Der Rückstoß beim Schuß wurde von
 dem schweren Brooktau und den Seitentaljen aufgenommen, deren Länge so
 bemessen war, daß sich nach dem Rücklauf des Geschützes die Mündung des
 Rohres etwa 2 Fuß innerhalb der Bordwand befand; in dieser Stellung
 wurde ausgewischt, geladen und dann das Geschütz mit den Seitentaljen
 wieder ausgerannt, d. h. wieder dicht an die Bordwand gezogen. Zum
 ersten Laden mußte die Lafette mittels der Einholtalje eingerannt, d.
 h. in die Ladestellung gezogen, zum Nehmen der Seitenrichtung mußte sie
 mit Handspaken herumgeworfen werden, die unter den hintern Teil der
 Lafettenwände gestemmt wurden. Zum Nehmen der Höhenrichtung wurde das
 Bodenstück des Rohres mit denselben Spaken gehoben oder gesenkt und
 dann durch einen Keil festgelegt. In einer Batterie war auf jeder Seite
 nur ein Geschütz um das andere mit Mannschaft besetzt, da man
 gewöhnlich nur nach einer Seite feuerte; die Mannschaft der anderen
 Seite bediente auf das Kommando »an die Steuerbord- (Backbord-)
 Kanonen« die freien Geschütze der feuernden Seite. Sollten beide Seiten
 in Tätigkeit treten, so sprang auf das Kommando »dubliert« die Hälfte
 der Bedienung eines jeden Geschützes an das nebenstehende unbesetzte.
 -- Ein 32-Pfünder brauchte 15 Mann zur Bedienung; in einer Batterie mit
 30 Kanonen waren also 210 Mann beschäftigt. Da ist es nicht
 erstaunlich, daß zuweilen ungeheure Verluste eintraten, wenn ein Schiff
 im Nahkampfe eine wohlgezielte Breitseite des Feindes in die Batterien
 erhielt. Bei Trafalgar z. B. wurden auf dem spanischen Dreidecker
 »Santa Ana« durch eine solche 400 Mann außer Gefecht gesetzt.

Um 1780 wurde an Stelle der Zündung mittels Lunte ein
=Flintensteinschloß= eingeführt, das der zielende Mann selber abfeuern
konnte. Die =gebräuchlichsten Kaliber= blieben die gleichen: 42-Pfünder,
32-, 24-, 18-, 12-, 9-, 4-, 3-und 1/2-Pfünder; vom 24-Pfünder abwärts bis
zum 6-Pfünder waren Rohre verschiedener Schwere und Länge vorhanden. Die
Ladungen sind früher angegeben (Band I, Seite 168). Der 1/2-Pfünder --
Swiffel oder auch Patereroe genannt -- war ein Geschütz, das auf der
Oberdecksbrustwehr (der Reeling) stand. Zuweilen, jedoch sehr selten,
verwendete man eine Art kleiner Mörser für Brandgeschosse, nach ihrem
Erfinder, einem holländischen Ingenieuroffizier, Coehoorn benannt.

 $In Frankreich$ führte man 36-Pfünder, 24-, 18-, 12-, 8-, 6- und
 4-Pfünder; der 48-Pfünder war hier schon fortgefallen, auch in England
 wurde der 42-Pfünder später nur noch wenig verwendet. Wie bereits
 früher (Band I, Seite 169) erklärt ist, war der englische 32-Pfünder
 etwa dem französischen 36-Pfünder gleich und die sonstigen englischen
 Kaliber den gleichlautenden französischen etwas überlegen. Das
 Flintensteinschloß ist in Frankreich erst 1802 allgemein geworden und
 auch die Verbesserungen der Lafetten fanden hier erst später Eingang.

$Die Handwaffen$ blieben die im ersten Bande (Seite 169) angeführten. Es
traten =Handgranaten= hinzu, die nach den Etats der englischen Schiffe
eine gewisse Rolle spielten; 1745 waren für das Linienschiff 200 Stück
vorgesehen und auch in Frankreich hatte dieses etwa 30 Grenadiere, die
beim »Klar Schiff zum Gefecht« je 3 Granaten erhielten.

$Die Verteilung der Geschütze$ nach Anzahl und Kaliber an Bord der
verschiedenen Klassen von Schiffen zeigt einige wichtige Veränderungen
gegen früher. Im ersten Bande (Seite 170) sind die Angaben hierüber für
1719 gebracht; in umstehender Tabelle folgen solche für 1765. Nach den
für 1743, 1757 sowie 1792 vorhandenen Aufzeichnungen[14] muß man
annehmen, daß die Armierungsart von 1719 noch im Kriege 1739-1748 zutraf
und daß die jetzt gegebene für die beiden nächsten Kriege Gültigkeit hat.
Früher galten der 42-Pfünder (48-Pfünder), sowie der 32-Pfünder
(36-Pfünder) als =schwere=, der 24-Pfünder bis 9-Pfünder als =mittlere=
und die kleineren Geschütze als =leichte Artillerie=. Ein Vergleich der
Angaben für 1765 mit denen für 1719 zeigt nun, daß auf den Schiffen die
Kaliber der Mittelartillerie gewachsen sind. An Stelle des 6-Pfünders ist
häufig der 9-Pfünder oder gar der 12-Pfünder getreten. Ganz besonders
aber ist dies bei den mittleren Linienschiffen -- nunmehr
Hauptschlachtschiffen -- der Fall; hier tritt z. B. beim 74-Kanonenschiff
der 24-Pfünder oder der 18-Pfünder an Stelle des 9-Pfünders, beim
64-Kanonenschiff der 18-Pfünder an Stelle des 9-Pfünders. Die Schiffe zu
74 Geschützen sind so groß geworden, daß sie in ihren untersten Batterien
sogar schwere Artillerie führen können, während sie früher nur 24-Pfünder
hatten. Auch die Mittelartillerie der 50- und 44-Kanonenschiffe ist zu
höheren Kalibern übergegangen.

 [14] Clowes gibt diese in Band III, Seite 11 und 334; von dort sind
      noch die Angaben für 1765 entnommen.

=Ein Vergleich der englischen mit der französischen= Tabelle zeigt, daß
vom 80-Kanonenschiff aufwärts die Schlachtschiffe der Franzosen an
Artillerie überlegen waren, da sie mehr mittlere und schwere Geschütze
führten. Auch wurden die französischen Schiffe weit stärker bemannt.

$Die Einführung der Karronade$[15] verstärkte gegen das Ende dieses
Zeitabschnittes die Schiffsartillerie wesentlich. Dies war ein
Kammergeschütz

       =Verteilung der Geschütze auf englischen Schiffen= 1765.
 ========================================================================
 Schiffe|            Batterie               |                     |Be-
    mit |---------------------------------------------------------|sat-
 Kanonen| Unterste  |  Mittlere |  Oberste  | Quarter- |   Back   |zungs-
        |           |           |           |   deck   |          |stärke
 ========================================================================
 100 1) |30-42-Pfdr.|28-24-Pfdr.|30-12-Pfdr.|10-6-Pfdr.|2-6-Pfdr. |841
 100 2) |28-42   "  |28-24  "   |28-12   "  |12-6   "  |4-6   "   |743(?)
  90    |26-32   "  |26-18  "   |24- 9   "  | 4-6   "  |   --     |724
  74 1) |28-32   "  |    --     |30-24   "  |12-9   "  |4-9 Pfdr.}|
  74 2) |28-32   "  |    --     |28-18   "  |14-9   "  |4-9   "  }|594
  64    |26-24   "  |    --     |26-18   "  |10-9   "  |2-9   "   |494
  50    |22-24   "  |    --     |22-12   "  | 4-6   "  |2-6   "   |345
  44    |20-18   "  |    --     |22- 9   "  |          |2-6   "   |297
        |           |           |           |---------------------|
  38    |}erst 1780 |    --     |28-18   "  |        10-9-Pfdr.   |297
        |}eingeführt|           |           |          |          |
        |           |           |           |          |          |
  36    |}   die    |    --     |26-12   "  | 8-6 Pfdr.|2-6 Pfdr. |297
  32    |}  neuen   |    --     |26-12   "  | 4-6  "   |2-6   "   |257
  28    |}Fregatten |    --     |24- 9   "  | 4-6  "   |   --     |198
  24 3) | 2-9 Pfdr. |    --     |20- 9   "  | 2-3  "   |   --     |158
  20    |}          |    --     |20- 9   "  |    --    |   --     |138
        |} Sloops   |           |           |          |          |
  14    |}          |    --     |14- 6   "  |    --    |   --     |124

                =Verteilung auf französischen Schiffen= 1765
                           (nach Troude I, Seite 20).
                                             -------------------
 116   |32-36-Pfdr.|34-24-Pfdr. |34-12-Pfdr.|     16-8-Pfdr.    |1260
 110   |32-36  "   |34-24  "    |34-12  "   |         --        |1180
  90   |30-36  "   |30-24  "    |30-12  "   |         --        |1070
  80   |30-36  "   |32-{24-oder |18-{12-oder|                   |
       |           |   {18-Pfdr.|   {8-Pfdr.|         --        | 940
  74   |28-36  "   |     --     |30-18  "   |     16-8-Pfdr.    | 734
       |           |            |18-oder    |                   |
  64   |26-24  "   |     --     |28-12-Pfdr.|     10-6  "       | 589
       |           |            |24-oder    |                   |
  50   |24-18-Pfdr.|     --     |26-12  "   |         --        | 430
       |}          |            |12-oder    |                   |
  30   |}          |     --     |26- 8-Pfdr.|         --        | 220
  24   |} Fregatten|     --     |24- 8  "   |         --        | 210
       |}          |            | 8-oder    |                   |
  20   |}          |     --     |20- 6-Pfdr.|         --        | 150(?)
  16   |} Korvetten|     --     |16- 6  "   |         --        | 120(?)
  12   |}          |     --     |12- 4  "   |         --        | 100(?)

 1) Großer Typ.

 2) Kleiner Typ.

 3) Alter Typ.

mit bedeutend kürzerem und auch leichterem Rohr, als die Kanone von
gleichem Kaliber hatte. Man konnte nun ohne Überlastung auf kleineren
Fahrzeugen stärkere Kaliber als bisher aufstellen und auf großen Schiffen
mehrere Geschütze dieser Art der alten Bestückung auf dem Oberdeck
hinzufügen; infolge ihres geringen Gewichtes waren die Karronaden sehr
viel leichter und somit schneller zu bedienen. Zwar war ihre Schußweite
bedeutend geringer als die der Kanonen, aber ihr Geschoß rief infolge
seiner geringeren Geschwindigkeit eine größere Splitterwirkung beim
Durchschlagen der Bordwand hervor. Die Karronade war hierdurch eine
besonders für den Nahkampf geeignete Waffe, um so mehr, da auch ihre
Kartätschladung bei der Verwendbarkeit starker Kaliber große Wirkung
gegen Mannschaft und Takelage hatte.

 [15] Vgl. hierüber sowie auch über Veränderung der Schiffe zur
      Aufstellung der Karronaden Clowes III, Seite 333 ff.

 Die Karronade ist von dem englischen General =Robert Melville=
 erfunden; wegen der großen Wirkung gegen Holzziele taufte dieser sie
 »smasher« (Zertrümmerer). Das erste Geschütz -- in den Eisenwerken der
 Carron-Kompagnie (daher der Name) am Fluß Carron in Schottland etwa
 1774 gegossen -- hatte etwa das Gewicht des 12-Pfünders, war kürzer als
 der 6-Pfünder, aber von größerem Kaliber als die 42-Pfünder-Kanonen. Da
 man sie für Schiffsgeschütze als zu schwer erachtete, fertigte die
 Fabrik Karronaden entsprechend den 24-, 18- und 12-Pfündern an. Sie
 wurden sofort für Freibeuter in dem bald darauf ausbrechenden Kriege
 beliebt, aber auch auf Fregatten und kleineren Fahrzeugen der Marine
 erprobt.

Die Karronade fand schnell Eingang in England, da die englische Taktik
stets den Nahkampf suchte. Schon im Juli 1779 wurde die Aufstellung des
neuen Geschützes auf allen Schiffen verfügt.

                  =Es sollten an Karronaden führen=:
     ===============+==========+===========+==========+==========+
         Schiffe    |          |           |          |          |
       mit Kanonen  |   100    | 98 od. 90 | 74 od. 64|    50    |
     ---------------+----------+-----------+----------+----------+
     Auf d. Kampagne|8-12-Pfdr.|6-12-Pfdr. |6-12-Pfdr.|6-12-Pfdr.|
       Quarterdeck  |    --    |   --      |  --      |2-24-Pfdr.|
          Back      |2-12-Pfdr.|4-12-Pfdr. |2-12-Pfdr.|2-24-Pfdr.|
     ---------------+----------+-----------+----------+----------+
     Neue Gesamtzahl|   110    |108 od. 100| 82 od. 72|    60    |

     ===============+==========+==========+===========+==========+
         Schiffe    |          |          |           |          |
       mit Kanonen  |    44    |    38    |    36     |    32    |
     ---------------+----------+----------+-----------+----------+
     Auf d. Kampagne|     --   |    --    |    --     |    --    |
       Quarterdeck  |8-18-Pfdr.|4-18-Pfdr.|4-18-Pfdr. |6-18-Pfdr.|
          Back      |2-18-Pfdr.|4-18-Pfdr.|4-18-Pfdr. |2-18-Pfdr.|
     ---------------+----------+----------+-----------+----------+
     Neue Gesamtzahl|    54    |    48    |    44     |    40    |

           ===============+==========+==========+==========+
               Schiffe    |          |          |          |
             mit Kanonen  |    28    |    24    |   14-20  |
           ---------------+----------+----------+----------+
           Auf d. Kampagne|    --    |    --    |     --   |
             Quarterdeck  |4-18-Pfdr.|6-12-Pfdr.|6-12-Pfdr.|
                Back      |2-18-Pfdr.|4-12-Pfdr.|2-12-Pfdr.|
           ---------------+----------+----------+----------+
           Neue Gesamtzahl|    34    |   34     |  22-28   |

Die Karronaden zählten aber bei der Bezeichnung der Schiffe nicht mit, d.
h. es wurde das 100-Kanonenschiff weiter so benannt, obgleich es jetzt
110 Geschütze führte, ebenso die 38-Kanonenfregatte trotz ihrer nunmehr
48 Geschütze usw. -- Die Einführung ging schnell vor sich, schon im
Januar 1781 waren 600 Karronaden auf den Schiffen in Verwendung,
besonders 18- und 12-Pfünder, aber bald auch schon einige 32-Pfünder. Die
neue Waffe spielte in den letzten Jahren des dritten Krieges bereits
eine wichtige Rolle und wurde deshalb weiter entwickelt. Vorstehende
Verfügung über die Zahl behielt lange Gültigkeit, aber die Kaliber
wuchsen schnell. Schon 1782 erhielten die Fregatten 24-Pfünder an Stelle
der 18-Pfünder und bald wurden auf den schweren Schlachtschiffen
68-Pfünder, auf den mittleren 42- und 32-Pfünder statt der 12-Pfünder
eingeführt; die leichteren Fahrzeuge tauschten sogar ihre sämtlichen
Kanonen bis auf zwei Jagdgeschütze in Karronaden um.

=In Frankreich=, und ebenso in anderen Staaten, führte man die neue Waffe
erst nach 1783 ein; auch dies ist erklärlich, da die französische Taktik
bislang den Nahkampf zu vermeiden strebte.


          Entwicklung der Marinen. Organisation und Personal.

 Im ersten Bande (Seite 179) ist die Entstehung eines ständigen
 =Kriegsschiffs-Personals= (insbesondere auch der Deck- und
 Unteroffizierkorps der verschiedenen Dienstzweige) und dann fortlaufend
 bei der Besprechung der Streitmittel vor jedem Kriege die innere
 =Organisation= der drei großen Marinen von 1648-1739 dargelegt. Beides
 war in diesem Zeitraum zu einem gewissen Abschluß gelangt, später
 erfolgen nur noch geringe Änderungen. Wir können daher die innere
 Geschichte für den vorliegenden nur kurzen Zeitabschnitt hier gleich
 zusammenfassen, so daß wir von jedem Kriege nur die notwendigen Angaben
 zu machen brauchen. Wir können uns auch hier auf die Marinen Englands
 und Frankreichs beschränken. Holland hatte um 1740 keine Marine von
 Bedeutung mehr (vgl. Band I, Seite 498) und tritt von nun an, wie
 Spanien bisher schon und auch weiterhin, nur noch als Verbündeter auf;
 kurze Angaben über Holland, Spanien und die nordischen Mächte folgen
 vor den einzelnen Kriegen.

$In England$[16] wird seit 1689 (vgl. Band I, Seite 419) die
Gesamtleitung der Marine, das Amt des früheren Lordhighadmirals, von
einer Kommission verwaltet, der =Admiralität= (Board of Admiralty). An
der Spitze steht der »Erste Lord der Admiralität« (nicht immer ein
Seeoffizier), die Geschäfte sind an die übrigen Mitglieder der Kommission
verteilt, von denen aber einige stets Seeoffiziere sein müssen (die Naval
Lords) und die technischen und militärischen Angelegenheiten regeln. Bei
der Ständigkeit dieser Art der Verwaltung, unterstützt durch den guten
Einfluß des in Marineangelegenheiten erfahrenen Volkes, ist die
Entwicklung der Kriegsflotte auf dem einmal eingeschlagenen Wege stetig
fortgeschritten, wenn auch zuzeiten durch Partei- und Hofgunst wenig
geeignete Personen in die wichtigsten Stellen kamen. Die ununterbrochene
Zunahme und Verbesserung des Materials ist bereits geschildert, aber auch
der Vervollkommnung des Dienstbetriebes sowie des Personals wurde die
nötige Aufmerksamkeit zuteil. Während bis dahin jeder höhere Befehlshaber
=Vorschriften über den Dienstbetrieb= für die ihm unterstellten
Streitkräfte erließ, wurden 1731 nach den bisherigen Erfahrungen »The
king's regulations and Admiraly Instructions« veröffentlicht, die,
fortlaufend zeitgemäß geändert, bis jetzt in Kraft sind.

 [16] Die innere Geschichte der englischen Marine nach Clowes III in den
      Kapiteln »Civil history«.

Der =Offiziersersatz= war geregelt. Schon 1728 war in Portsmouth eine
Vorbildungsschule (Naval academy) gegründet. Aber nicht alle
Offiziersaspiranten besuchten diese; im Gegenteil soll bis 1794 eine
andere Art des Eintritts beliebter und vorteilhafter gewesen sein.
Admirale und Kapitäne hatten die Erlaubnis, eine große Zahl »Domestics«
sowie »Servants« mit sich zu führen und sie nahmen nun darunter junge
Leute (als »page«, gewissermaßen als »Junker«) an Bord, um sie zu
Seeoffizieren auszubilden. Anderseits wurde diese Erlaubnis durch
Mitnahme höchst überflüssiger Personen: Schneider, Barbiere, Musikanten
usw. mißbraucht. =Die Offiziersgrade= waren: Admiral of the Fleet;
Admiral der weißen und der blauen Flagge; Vize- und Kontreadmirale der
roten, weißen und blauen Flagge; Kapitän; Master and Commander;
Lieutenant; Midshipman.

 Über die Herkunft der Bezeichnung der Admirale nach den verschiedenen
 Flaggen und ihr damit verbundenes Anciennitätsverhältnis ist schon im
 ersten Bande (Seite 221) gesprochen. Der Master and Commander, der
 jetzige Commander (Korvettenkapitän), ist nicht zu verwechseln mit dem
 Master des Navigationsdienstzweiges (ebendort Seite 182). Dieser blieb
 noch lange nur ein Warrant officer wie die Deckoffiziere, wenn er auch
 zur Offiziersmesse gehörte; jener war ein älterer Leutnant, der
 kleinere Fahrzeuge (Sloops, Mörserboote, Brander, armierte Kauffahrer
 usw.) befehligte.

=Die Beförderung= erfolgte bis zum Kapitän nach Wahl. Hierbei spielte
natürlich Protektion eine große Rolle; man findet Kapitäne, die mit einem
Alter von einigen zwanzig Jahren, ja bis zu achtzehn hinunter, in diesen
Dienstrang aufrückten, von denen übrigens viele sich später besonders
hervortaten. Der Kapitän erhielt dann eine feste Stellung in der
Rangliste (daher der Ausdruck »Postcaptain«, d. i. posted Captain) und
seine Beförderung zum Kontreadmiral usw. erfolgte nach der Anciennität.
Da es ursprünglich nur neun Admirale gab, je einen der angeführten Grade,
waren nach der langen Friedenszeit die Kapitäne so alt geworden, daß eine
Verjüngung des höheren Offizierkorps notwendig erschien. Von 1743 an
wurden deshalb die Admiralsstellungen andauernd vermehrt. Um nun auch die
Möglichkeit zu haben, tüchtige Männer eher zu Flaggoffizieren zu
befördern, ernannte man von 1747 an Kapitäne, die zu alt oder sonst
ungeeignet zur aktiven Verwendung in höheren Stellen erschienen, zu
überzähligen Admiralen (vulgo Yellow Admirals) oder überging sie bei der
Beförderung. Auch dies leistete natürlich der Protektion Vorschub,
erregte Unzufriedenheit und führte selbst zu Klagen beim Parlamente, aber
auf diese Weise und im Verein mit der Beförderung nach Wahl bis zum
Kapitän erreichte man, daß tüchtige Männer jung in hohe Stellung kamen:
Es wurden z. B. Admiral =Barrington= mit 18 Jahren Kapitän, =Howe= mit 20
und mit 39 Kontreadmiral; =Jervis= erreichte diese Chargen mit 26 und 43,
=Nelson= mit 21 und 39 Jahren. Die Seeoffiziere gingen in Friedenszeiten
häufig in fremde Kriegsdienste oder zur Kauffahrteimarine und blieben so
in Übung; wie schon früher für Offiziere, so wurde jetzt auch für
Masters sowie für Ärzte die Stellung auf Halbsold eingeführt, um sich für
Kriegszeiten genügenden Ersatz zu sichern.

$Die Mannschaft$, Matrosen und Seesoldaten[17], wurden wie früher
angeworben. Hiermit kam man jedoch niemals aus, obgleich England über so
viele Seeleute verfügte, und es mußte stets zum Pressen gegriffen werden.
Beim Ausbruch eines Krieges waren diese auf den Kauffahrteischiffen über
die ganze Erde verstreut, aber auch während der Kriege ging der Seehandel
fort und der beliebte Dienst als Freibeuter entzog der Marine die Leute.
Um dem Kriegsschiffsdienst mehr Anziehungskraft zu geben, sowie um die
Härte des Pressens zu mildern, wurden viele Gesetze erlassen in bezug
auf: Höheres Handgeld; reichlichere und regelmäßigere Löhnungszahlung und
Prisengelder; bessere Verpflegung sowie sonstige Fürsorge; die
Möglichkeit für die Leute, Heimatszahlungen an ihre Angehörigen zu
machen; Befreiung gewisser Lebensalter und Berufe (z. B. Anwärter auf die
Offizierslaufbahn in der Handelsmarine) vom Gepreßtwerden.

 [17] Seesoldatenregimenter waren 1702 gegründet. Der Zweck der
      Seesoldaten an Bord war ihre Verwendung als besonders gut
      ausgebildete Gewehrschützen, als Kern der Landungsabteilungen und
      auch als Stützen der Disziplin. Vgl. hierüber auch Band I, Seite
      182, 506. Von der Besatzung der Schiffe wird man etwa ein Fünftel
      als Seesoldaten annehmen können. Die Seesoldatenregimenter
      bildeten eine stehende Truppe, von der die Schiffe bei der
      Indienststellung ihren Bedarf entnahmen, während ihr Matrosenkorps
      neu zusammengestellt wurde.

 $Über das Leben an Bord.$ Der Dienst an Bord der Kriegsschiffe blieb
 seiner Härten halber lange noch unbeliebt und die Unzufriedenheit der
 Leute war häufig groß. In den Kriegsjahren 1756-1763 soll die
 Fahnenflucht sehr stark gewesen sein; für 1774-1780 werden 42000 Fälle
 dieses Vergehens angegeben, und auf einigen Schiffen kam es zur
 Meuterei. Anderseits wurden den Mannschaften einzelner Schiffe oder
 Schiffsverbände von der Regierung oder von den reichen Handelsstädten
 öfters für besondere Leistungen außergewöhnliche Zuschüsse zugewendet.

 Wie selbst Offiziere jener Zeit über das Leben an Bord urteilten,
 erfahren wir durch Laird Clowes (Band III, Seite 21; entnommen aus
 »Seamans Letters«, hier gekürzt). Ein Kapitän =Edward Thompson=
 schreibt um 1756 an einen jungen Verwandten, der als Midshipman
 eintreten will: »An Bord hast du keine Hintertür zum Entschlüpfen,
 keine fühlende Brust, um dich auszusprechen. Du vertauschst einen guten
 Tisch gegen keinen, ein Bett gegen eine Hängematte an einem Orte, wo es
 nie Tag wird und wohin nie frische Luft kommt; dein Licht ist bei Tag
 wie bei Nacht eine elende Kerze. Die Nahrung ist gesalzen und oft
 schlecht, wenn du Abwechslung haben willst, so mußt du sie dir selber
 kochen; halte dir stets wenigstens Tee und Zucker, zu weiterem ist kein
 Platz, da du nur eine Kiste und die Hängematte hast.... Schlechte
 Gesellschaft ist Gift für die Jugend, auf den Schiffen findest du den
 Auswurf der Gefängnisse; der Verurteilte hat die Wahl zwischen
 Gehängtwerden oder Anbordgehen.... Du wirst etwas äußerliche Religion
 finden, Sonntagsgottesdienst, aber die Gemeinde wird durch den
 Bootsmann zusammengetrieben, der dabei weder Flüche noch Schläge
 spart.« --

 In einem anderen Briefe schreibt =Thompson= über die damals
 gebräuchliche Behandlung eines Midshipman: »Der fast unerträglichen
 Verhältnisse, die ihn erwarten, sind so viele, daß nur der Umstand, daß
 auch die höchsten Offiziere sie durchgemacht haben, sie erdulden läßt.
 Und dabei ist es ein ganz falscher Gedanke, daß junge Leute eine
 schroffe Behandlung und niedere Dienstverrichtungen durchmachen müssen,
 um tüchtige Offiziere zu werden. Man kann das durch andere Mittel
 erreichen und ihnen dabei das Leben angenehm gestalten.... Die
 Beförderung zum Leutnant ist wie die Verwandlung einer häßlichen Made
 zum schillernden Schmetterling.... Die meisten unserer Kapitäne sind
 Leute ohne Erziehung. Gewiß müssen junge Leute gehorchen lernen, aber
 die Kapitäne brauchen nicht gemein zu werden; durch die jetzige
 Behandlung wird auch ihre Autorität geschädigt. Die jungen Leute müssen
 eine eigene Messe haben und von den Offizieren unterstützt werden....«
 Als ein Zeichen aber, daß es nach und nach doch besser wurde, dient
 eine andere Äußerung des Briefschreibers: »Im letzten Kriege genügten
 ein Primchen Tabak, ein Tauende und eine Auswahl von Flüchen zum
 Leutnant, jetzt aber streben alle nach Bildung und guten Formen; von
 Verweichlichung dadurch ist nicht die Rede, ich glaube im Gegenteil,
 die jetzigen Offiziere werden den Veteranen von 1692 im Dienste in
 gleicher Weise überlegen sein, wie es der Gebildete stets dem
 Ungebildeten ist.«

 Wie man sieht, bezieht sich das Vorstehende auf die Verhältnisse des
 Offizierersatzes; wie mögen die der Mannschaft gewesen sein? Auch
 hierüber folge eine Andeutung =Thompsons=: »Ein Linienschiff mit 480
 Mann Besatzung, von denen 225 den Gefängnissen entnommen oder vom
 Abschaum der Straßen gepreßt waren, schiffte 1756 nach nur einigen
 Monaten Kreuzen im Kanal 320 Kranke aus; neubemannt segelte es nach New
 York und traf hier mit 159 Dienstunfähigen ein.« (Wir werden nach 1779
 in der französischen Flotte d'=Orvilliers= Ähnliches kennen lernen.)
 Dabei waren derartige Zustände keineswegs unabänderliche Folgen der
 Verhältnisse jener Zeit -- langer Seereisen, unvollkommener Einrichtung
 der Schiffe, ungesunder Dauernahrungsmittel, verdorbenen Wassers u.
 dgl. --, denn sorgsame Kommandanten verstanden es, sie zu vermeiden.
 =Cook= z. B. verlor auf den beiden letzten mehrjährigen Reisen von
 seinen zwei Schiffen nur 4 oder 5 Mann durch Krankheiten.

In $Frankreich$[18] lagen die Verhältnisse weit ungünstiger für eine
gesunde Entwicklung der Marine. Wir hörten (Band I, Seite 503), daß diese
während der Regentschaft (1715-1723) arg in Verfall geriet und daß auch
=Maurepas=, der von 1723 mit Eifer und Umsicht dem Ministerium vorstand,
nicht viel zur Wiederbelebung beitragen konnte, weil Kardinal =Fleury=,
der Leiter der Politik 1723-1743, dieses Streben nicht unterstützte, um
nicht Englands Eifersucht zu erregen. Auch von 1740-1760 wurde der
Kriegsflotte von höchster Stelle keine Förderung zuteil. Niemals
bewilligte man die nötigen Geldmittel; nach Ausspruch französischer
Autoren machte die verschwenderische Hofhaltung die Quellen versiegen,
aus denen die Marine schöpfen sollte. Die Entwicklung der Seemacht
Frankreichs war eben im Gegensatz zu England, wo Volk und Parlament
mitsprachen, zu sehr von der Person des Ministers abhängig, der zu dieser
Zeit niemals ein Seeoffizier war und dessen Wahl wieder unter dem Einfluß
anderer Ratgeber des Königs stand, des Premierministers oder der
Hofpartei, und so wurde die Tätigkeit selbst tüchtiger Marineminister
gelähmt. Auch die schnelle Aufeinanderfolge der Kriege hinderte eine
Reform der Kriegsflotte.

 [18] Quellen für die innere Geschichte in diesem Zeitabschnitt: Chab.
      Arnault, gedrängt, aber sehr übersichtlich; Lacour I und II
      ausführlicher, auch in Hinsicht auf die Bestimmungen für die
      Organisation besonders unter den Ministern Maurepas und Choiseul:
      diese Bestimmungen auch in Bonfils Band II, Seite 149-211.

Ebenso war die Organisation der Marine für deren Entwicklung und Leistung
ungünstig. Wieder im Gegensatz zu England, wo Seeoffiziere in der
Admiralität sowie in den Kriegshäfen die Oberleitung auch der technischen
Angelegenheiten hatten, lagen diese in Frankreich in den Händen von
Verwaltungsbeamten, ohne daß Seeoffiziere genügenden Einfluß besaßen. In
den Kriegshäfen unterstanden dem »Commandant de la Marine« (dem ältesten
anwesenden Seeoffizier) nur die in Dienst gestellten Schiffe und die
Hafenverteidigung; ein Intendant leitete alles übrige, neben der
eigentlichen Verwaltung auch die Werften und Arsenale, den Bau, die
Unterhaltung, Ausrüstung und Bemannung der Schiffe. Die zu diesen Zweigen
kommandierten Offiziere, an ihrer Spitze der »Capitaine de Port«
(Oberwerftdirektor), waren allein dem Intendanten unterstellt; ja sogar
die Verwaltungsbeamten an Bord waren unabhängig von den Seeoffizieren, so
brauchten sie z. B. nicht einmal die Erlaubnis zum Anlandgehen von ihrem
Kommandanten einzuholen. Diese Verhältnisse riefen unheilvolle Eifersucht
und Streitigkeiten zwischen den Seeoffizieren (Officiers d'épée) und den
Beamten (Officiers de plume) hervor.

 =Colbert= hatte sich (1689) genötigt gesehen, in Hinsicht auf den
 damaligen Stand des Seeoffizierkorps den Beamten eine so weit gehende
 Macht einzuräumen. Als aber das Offizierkorps sich hob, mußten
 Reibungen eintreten, und diese nahmen im Laufe der Zeit immer mehr zu,
 da in der Verwaltung Nachlässigkeit sowie Unredlichkeit einriß (die
 Stellen wurden sogar käuflich) und die militärischen Behörden in allem
 schlecht bedient wurden. Sämtliche Militärschriftsteller klagten über
 die große Macht der Beamten; mit Recht, denn Offizieren, die Leben und
 Ehre einsetzen und die verantwortlich für das Wohl und Wehe ihrer
 Untergebenen sind, gebührt die Oberaufsicht und die Mitwirkung bei
 Erhaltung der Schlagfertigkeit ihrer Waffe.

Die Minister versuchten allerdings wiederholt, die Organisation zu
verbessern. Aber jeder von ihnen hatte neue Ideen, die sich oft schroff
entgegenstanden, und so brachten die wechselnden Bestimmungen mehr
Unsicherheit als Nutzen.

Wie bisher wollen wir die Hauptpunkte der inneren Marinegeschichte
Frankreichs an der Hand der $Amtstätigkeit der verschiedenen Minister$
betrachten. =Graf von Maurepas=, Marineminister von 1723-1749, schuf
manches Gute. Der Mannschaftsersatz[19] der Matrosen sollte, wie wir
wissen, durch Inskribierte der seemännischen Bevölkerung gedeckt werden,
die Einrichtung war aber arg vernachlässigt worden. Bei der
Bestechlichkeit der Beamten konnten sich Leute, die über einige Mittel
verfügten, loskaufen, und dieser Übelstand machte sich um so fühlbarer,
als sich infolge des Daniederliegens des Handels in den letzten Kriegen
vor 1713 die Hafenstädte entvölkerten; der Mannschaftsmangel hatte dann
zum Pressen und zu sonstigen harten Maßnahmen gegen den Rest der
Inskribierten geführt und hierdurch den Abzug der Küstenbevölkerung noch
vermehrt. Dank einer milderen Behandlung durch =Maurepas=, vereint mit
der Wiederbelebung des Handels, kehrten viele der Abgezogenen zurück und
in die Inskription kam wieder Ordnung, so daß bei Ausbruch des Krieges
1744 die Bemannung der Schiffe leichter wurde als in den vorhergegangenen
Kämpfen. Auch die Zahl der Chargen -- Offiziere, Deck- und Unteroffiziere
-- reichte für die nur geringen Indienststellungen aus, obgleich sie in
den Jahrzehnten der Friedenszeit sehr herabgegangen war; für die
Seeoffiziere z. B. von 1140 im Jahre 1696 auf 660 in 1744.

 [19] Die in Frankreich vorhandenen =Seetruppen=, Seesoldaten-,
      Kanonier- und Bombardier-Kompagnien, waren (wie in England)
      gewissermaßen stehende Truppen, wurden aber hier von Seeoffizieren
      befehligt.

=Maurepas= tat viel für die wissenschaftliche sowie praktische Ausbildung
der Offiziere; er machte ferner die Stellung des Commandant de la marine
in den Kriegshäfen, deren Inhaber bisher häufig wechselte, zu einer
festen und hob dadurch dessen Einfluß dem Intendanten gegenüber
wenigstens etwas. In der Hauptsache aber, eine schlagfertige Flotte zu
schaffen, hatte er keinen Erfolg. Seine Absicht war, eine solche von 60
Linienschiffen (40 in Brest, 20 in Toulon) aufzustellen; diese, zwar
nicht übermäßig stark, aber aus guten Schiffen bestehend, sollte der Kern
einer maritimen Verbindung mit Spanien (vielleicht auch Holland) gegen
England sein. Er erhielt jedoch nicht die Mittel zur Durchführung dieses
Planes. Das Marinebudget, das unter Ludwig XIV. selbst in Friedenszeiten
nie unter 14 Millionen Francs gefallen war, betrug während seiner
Amtsführung acht, und als er vor Ausbruch des Krieges 1744 20 Millionen
verlangte, bekam er nur zehn.

Um 1740 besaß Frankreich 45-50 Linienschiffe über 50 Kanonen und 15-20
schwere Fregatten. Die Schiffe waren großenteils nicht gut im Stande, den
Werften fehlten fähige Arbeiter, Arsenale und Magazine waren leer. In dem
stark zusammengeschmolzenen Offizierkorps hatte seit vierzig Jahren die
Beförderung gestockt; viele Offiziere waren zu alt für ihren Dienstgrad,
andere einzig durch Protektion hochgekommen. Infolge der nur geringen
Indienststellungen während der Friedensjahre fehlte den Chargen, höheren
sowie niederen, die praktische Erfahrung. Frankreich trat so in den
Österreichischen Erbfolgekrieg mit einer schwachen Marine ein; der Krieg
brachte große Verluste an Schiffen, doch wurden diese durch Neubauten zum
Teil ersetzt.

=Der Minister de Rouillé=, 1749-1755, arbeitete ganz im Sinne seines
Vorgängers weiter. Unter ihm wurden 38 Linienschiffe gebaut oder
gründlich ausgebessert; ihm standen auch mehr Mittel, 17-1/2 Millionen
jährlich, zur Verfügung. Er schaffte die Galeerenflotte, eine unnütze und
teure Waffe, ab, und stellte deren Offiziere in die Hochseeflotte ein.
Die Académie de Marine in Brest wurde gegründet, ein Verein von
Offizieren sowie Marinebeamten aller Dienstzweige und Grade, in dem
wissenschaftliche Vorträge mit Besprechung gehalten wurden. Diese
Einrichtung legte den Grund zu dem wissenschaftlichen Streben in der
französischen Marine während der kommenden Jahre bis 1793. Auch der
nächste Minister =Machault d'Arnauville= führte die Neubauten, jetzt mit
einem Budget von 31 Millionen, fort, so daß die Marine 1755 schon 63
Linienschiffe zählte; das Offizierkorps war wieder auf 900 Köpfe
angewachsen. Frankreich trat so in den Siebenjährigen Krieg weit
mächtiger ein, als in den vorhergegangenen. Aber als dieser eben begonnen
hatte, fiel der tüchtige Minister Hofintrigen zum Opfer (Februar 1757)
und es folgten ihm, ein jeder nur für wenige Monate, zwei Männer, die der
Stellung in so schwerer Zeit nicht gewachsen waren.

Als dann der Krieg gerade sehr schlecht stand, wurde =de Berryer= mit dem
Amte betraut (1. November 1758). Von diesem sagt ein französischer Autor
(Chabaud-Arnault, Seite 161): »Wenn Ludwig XV. den Triumph der Gegner
gewollt hätte, so hätte er keine bessere Wahl treffen können. Ein
Günstling der Pompadour, sittenlos, hart, hochmütig und dabei den
Marineangelegenheiten völlig fremd, war er nur darauf bedacht, die
Ausgaben zugunsten der verschwenderischen Hofhaltung einzuschränken. Im
vollen Kriege stellte er die Arbeiten auf den Werften ein, ließ die
Arsenale leer, ja verkaufte sogar Material; Offiziere, Beamte, Matrosen
und Arbeiter gerieten in Not. Den Offizieren verbot er, in den Dienst der
Freibeuterei zu treten, wie es in den früheren Kriegen üblich gewesen,
wenn die Kriegsmarine lahmgelegt war, er rühmte aber ihnen gegenüber, die
er doch selber zur Untätigkeit verdammte, die Taten der Officiers bleus
(Hilfsoffiziere, worüber Näheres später).« Und diesem Manne standen
gerade Mittel zur Verfügung, wie sonst nie unter Ludwig XV., nämlich 1758
42 Millionen und 1759 gar 57. Trotz der schweren Niederlagen der Marine
während seiner Verwaltung hielt sich =de Berryer= durch die Gunst der
Pompadour bis 1761.

Unter dem =Herzog von Choiseul-Amboise=, der seit November 1758 das
Ministerium des Äußern führte und 1761 auch das des Krieges sowie der
Marine übernahm, setzte ein lebhafter =Aufschwung der letzteren= ein.
Während der Kriegsjahre bis 1763 konnte zwar nicht mehr viel geleistet
werden, doch war es möglich, 15 Linienschiffe (zu 50 bis 90 Kanonen) auf
Stapel zu legen; das Volk selber rief infolge der letzten schweren
Niederlagen nach einer starken Flotte und auf Antrieb des feurigen
Ministers beschaffte das gesamte Frankreich -- Provinzen, Städte,
Privatpersonen -- durch eine Sammlung die nötigen Geldmittel hierzu. Nach
dem Kriege setzte Choiseul dann durchgreifende Reformen ins Werk. 1766
gab er das Amt an seinen Vetter =Choiseul-Praslin= ab, der ganz in seinem
Sinne weiter wirkte, so daß man die Tätigkeit beider bis 1770, wo sie
sich infolge von Intrigen der Gräfin Dubarry aus dem öffentlichen Leben
zurückzogen, als einheitlich betrachten kann. Den Verwaltungsbeamten
wurde ein Teil ihrer Machtbefugnis und Vorrechte genommen, den
Seeoffizieren -- insbesondere dem Commandant de la marine sowie dem
Capitaine du port in den Kriegshäfen -- mehr Einfluß auf Instandhaltung,
Ausrüstung, Armierung und Bemannung der Schiffe eingeräumt. Es wurde ein
festes Korps von Schiffbauingenieuren gegründet, das allerdings, wie der
Schiffbau überhaupt, dem Intendanten unterstellt blieb. Aus dem
Offizierkorps wurden viele zu alte oder unfähige Personen entfernt, auch
die Stellen vermehrt, und so günstigere Beförderungsverhältnisse
geschaffen; die Marineschule wurde vergrößert und verbessert. Doch blieb
man dabei, nur Adelige als Gardes de marine (Offiziersaspiranten)
einzustellen.

Wir wissen (Band I, Seite 504), daß die Marine in den Kriegen des 17.
Jahrhunderts eine wertvolle Unterstützung durch den Eintritt von
Offizieren der Handelsmarine (»officiers bleus«) fand, daß diesen aber
nach und nach durch die eigentlichen Seeoffiziere (»officiers rouges«
oder »nobles«) der Dienst verleidet worden war. Es wurde jetzt versucht,
diese Einrichtung wieder zu beleben. Junge Leute guter nichtadeliger
Familien erzog man in der Kriegsmarine für den Dienst in der
Handelsmarine im Frieden, also gewissermaßen zu Reserveoffizieren, von
denen die besten ganz in die Kriegsflotte übernommen werden sollten; bei
dem Stolz der Adeligen blieb jedoch das Verhältnis zwischen den beiden
Kategorien schlecht. In der Art des Matrosenersatzes trat keine Änderung
ein, aber in der Fürsorge für Invalide, Witwen und Waisen wurde manches
getan; auch milderte man die Strafgesetze und arbeitete die Bestimmungen
über den Dienstbetrieb eingehender aus. Gleichzeitig Kriegsminister,
verleibte =Choiseul-Amboise= die Seetruppen dem Heere ein und zog
Landtruppen für die Besatzungen der Schiffe, die Kriegshafengarnisonen,
sowie die Kolonien heran, jedoch schon =Choiseul-Praslin= machte dies
rückgängig und gründete wieder drei Brigaden Seetruppen zu je acht
Kompagnien -- eine Bombardier-, vier Kanonier- und Füsilierkompagnien --
als »corps royal d'artillerie et d'infanterie de marine« unter dem
Befehle von Seeoffizieren. Das Marinebudget betrug unter den beiden
Choiseuls, nach und nach wachsend, 1763 16-1/2 und 1770 26-1/2 Millionen.
Zu den Kriegshäfen Toulon, Brest, Rochefort trat 1762 L'Orient. Die
Werften wurden sehr gehoben und Magazine und Arsenale gefüllt; ferner
wurde auch Schiffsbauholz in Vorrat beschafft, an dem es bisher meist
gemangelt hatte, so daß man die Neubauten oft in zu grünem Holze hatte
herstellen müssen.

 Von 1771-1774 folgten dann zwei Minister, von denen die französischen
 Quellen sagen, daß es ihnen glücklicherweise an Zeit gefehlt habe, ihre
 Organisation (von 1772) durchzuführen. Sie beabsichtigten nämlich, die
 3 Brigaden der Seetruppen auf 8 für die sämtlichen Marinemannschaften
 zu vermehren. Jeder Brigade sollte dann eine Anzahl Schiffe aller
 Größen zur Instandhaltung und Besetzung zugeteilt werden. Durch
 Schaffung dieser kleineren Verbände, in denen auch die Beförderungen
 getrennt erfolgen sollten, hoffte man den allgemeinen Korpsgeist der
 Seeoffiziere zu brechen, der häufig den in Marineangelegenheiten völlig
 unerfahrenen Ministern unbequem geworden war.

1774 erhielt =Gabriel de Sartines= das Ministerium. Dieser führte 1776
nicht nur die Organisation der Choiseuls wieder ein, sondern er schoß in
dem Bestreben, den Militärs mehr Einfluß zu geben, sogar über das Ziel
hinaus. Auf den Werften wurde auch der Schiffbau ganz dem Capitaine du
port unterstellt, der Intendant behielt nur die Verwaltung des Inventars
und Materials. Der Commandant de la marine wurde der direkte Vorgesetzte
des Capitaine du port, aber auch berechtigt, die Magazine usw. zu
besichtigen. Sogar auf den Schiffen traten Seeoffiziere an Stelle der
Verwaltungsbeamten. Dies ging zu weit. Gewiß ist es richtig,
Seeoffizieren die Oberaufsicht über die Arbeiten auf den Werften usw. zu
geben, also über die Schlagfertigkeit der Flotte, aber man darf sie nicht
mit zuviel Einzelheiten belasten und muß den Technikern eine gewisse
Selbständigkeit lassen. Mit der Übernahme der ganzen Verwaltung an Bord
durch die Offiziere machte man gleichfalls schlechte Erfahrungen: die
Abrechnungen der Schiffe zeigten die größte Unordnung.

Von 1765 bis 1778 waren also drei Organisationen in Kraft gewesen; der
neuen Marine fehlte mithin eine gesunde Unterlage. Aber immerhin besaß
Frankreich im dritten Krieg 1778 eine starke Flotte von gegen 80 guten
Linienschiffen und hatte -- noch ein Verdienst =Choiseuls= -- seine
militärische Stellung im Mittelmeer durch die Gewinnung Korsikas (1768)
wesentlich verstärkt. Die Geldmittel für die Marine (die für die
Kolonien, als demselben Minister unterstehend, stets darin
eingeschlossen) waren seit dem Regierungsantritt Ludwigs XVI. (1774)
gewachsen, der die Seegeltung hochschätzte. =Sartines= erhielt schon 1776
35 Millionen Francs und im folgenden Jahre 45. Während der Kriegsjahre
wurden reichliche Mittel bewilligt: 1778 85 Millionen, 1779 131-1/2, 1780
144 -- und außerdem im ersten dieser Jahre 16, in den beiden andern je 25
Millionen Schulden gemacht. Im letzten Kriegsjahre 1782 verbrauchte die
Marine gegen 200 Millionen Francs[20]. Infolge von Reibungen mit dem
Finanzminister =Necker= legte =Sartines= im Oktober 1780 sein Amt nieder.

 [20] Nach Lacour II. Zum Vergleich einige Angaben (nach Campbell) über
      die englische Marine: Bewilligt, einschließlich des Mehrverbrauchs
      im Vorjahre, wurden für 1778 4 Millionen Pfund Sterling, 1779
      4-1/2, 1780 7-1/2, 1781 8, 1782 7-1/2.

Der neue Minister =Marquis de Castries=, ein tüchtiger Landoffizier,
entwickelte in den beiden letzten Kriegsjahren große Tatkraft, wurde
deshalb 1783 noch zum Marschall ernannt und traf nach dem Friedensschluß
sofort Vorbereitungen für den nächsten Waffengang. Er erließ 1784 neue
Organisationsbestimmungen, die den Verwaltungsbeamten wieder größere
Selbständigkeit gaben und ihnen auch die frühere Tätigkeit an Bord wieder
zuwiesen.

 Dies war also die vierte Organisation innerhalb zwanzig Jahren; alle
 bezweckten ein richtiges Zusammenwirken der Offiziere und Beamten zu
 erreichen und die Reibungen zwischen ihnen zu vermindern. Doch glückte
 dies erst, als man 1799 in jedem Kriegshafen einen Préfet maritime
 (Seepräfekt) ernannte, dem alle Dienstzweige, die militärischen wie die
 der Verwaltung, unterstanden.

Die neue Organisation brachte auch wieder Verbesserungen der Gesetze über
die Inskription zugunsten der Bevölkerung. =de Castries= erweiterte
ferner die Werften und begann den Bau des Schutzdeiches in Cherbourg, um
dem Lande endlich einen brauchbaren Kriegshafen am Kanal zu schaffen. Die
Schiffe wurden gut gehalten und auch die Kupferung war seit 1785
allgemein geworden. 1789 besaß Frankreich gegen 80 vorzügliche
Linienschiffe zu 64-118 Kanonen und 70 Fregatten zu 28-44; das Personal
war tüchtig, besonders die Schiffsartillerie. Als Castries 1787 sein Amt
infolge von Zerwürfnissen mit dem Finanzminister =Calonne= niederlegte,
stand die Marine gediegener da wie je zuvor, aber die Revolution
vernichtete das Geschaffene, ehe es sich bewähren konnte.

=Die Offiziersgrade der französischen Marine= waren bis zur Revolution:
Amiral de France, Vice-Amiral, Lieutenant-Général, Chef d'Escadre,
Capitaine de vaisseau, Capitaine de frégate, Lieutenant de vaisseau,
Enseigne, Garde-marine.

 Der Admiral von Frankreich war stets ein Prinz von Geblüt, häufig schon
 als Kind dazu ernannt, unter Ludwig XIV. mehrfach einer seiner
 illegitimen Söhne oder ihrer Nachkommen. Selten waren sie zu Seeleuten
 erzogen und haben sie eine Flotte geführt. Die Vizeadmirale entsprachen
 den Volladmiralen anderer Marinen. Ursprünglich gab es nur einen für
 die Atlantikflotte (Vizeadmiral du Ponant) und einen für das Mittelmeer
 (du Levante), deren Verwendung aber nicht an ihre Station gebunden war;
 1777 wurde noch ein dritter (der west- und ostindischen Meere) und
 später noch ein vierter hinzugefügt. Sie rangierten hinter den
 Marschällen von Frankreich und erhielten oft diesen Rang. Die
 Generalleutnants entsprachen den Vizeadmiralen, die Chefs d'Escadre den
 Kontreadmiralen der englischen Marine. Es gab auch neben den
 eigentlichen Kapitänen noch solche de brûlot (Brander) und de flûte
 (Transporter), sowie Lieutenants de frégate, doch waren dies Chargen,
 die nicht ein jeder durchmachte, sondern in denen besonders die
 Officiers bleus verwendet wurden. Ältere Kapitäne erhielten den Rang
 eines Divisionschefs. In den Werken von Lacour-Gayet (vgl.
 Quellenverzeichnis) findet man Personalangaben über die Offiziere der
 betreffenden Zeit, aus denen die Daten ihrer Beförderungen und damit
 die Beförderungsverhältnisse zu entnehmen sind.

$Vergleich der englischen und französischen Marine$[21]. Was das
=Material= anbetrifft, war England beim Beginn eines jeden der drei
Kriege an Zahl der Schiffe überlegen. Diese Überlegenheit trat dann im
Verlauf der Kämpfe noch mehr hervor, nur bei Beginn des dritten Krieges
waren Frankreich und Spanien zusammen etwas stärker. Frankreich hatte
allerdings stets die besser konstruierten Fahrzeuge; infolge der großen
Verluste und der kurzen Lebensdauer der aus grünem Holze erbauten Schiffe
war es häufiger zu Neubauten genötigt. Diesem Umstande ist aber kein zu
großes Gewicht beizulegen. Zwar führen die Engländer mehrfach die
besseren Segeleigenschaften der französischen Schiffe an, aber ebenso oft
heben die Franzosen die größere Geschwindigkeit der englischen hervor; im
dritten Kriege führen sie dies darauf zurück, daß England schon viele
gekupferte Schiffe gehabt hätte. Vor allem aber wird die seemännische
Tüchtigkeit der Engländer die Vorteile der besser gebauten Fahrzeuge auf
französischer Seite aufgehoben haben; eine geschulte Besatzung holt eben
mehr aus ihrem Schiffe heraus. Ebenso ist die Behauptung der Engländer,
daß die Franzosen durch schwerere Kaliber in der Artillerie überlegen
gewesen seien, sehr einzuschränken. Nach unseren Tabellen trifft es nur
bei den Schiffen über 80 Kanonen zu, und die Hauptkraft der Flotten lag
stets in den nächstniedrigeren Klassen; im dritten Kriege hatten die
Engländer außerdem den Vorteil der Karronaden[22]. Im großen und ganzen
kann man das Material als gleich gut auf beiden Seiten annehmen, den
Ausschlag im Kampfe gab -- wie wohl fast in jedem Kriege zu Lande und zu
Wasser -- bei annähernd gleicher Stärke die Tüchtigkeit der Mannschaft.

 [21] Zu dieser Betrachtung ist neben den Hauptquellen für die innere
      Geschichte der Marinen auch Mahan I an verschiedenen Orten
      benützt.

 [22] Dieser Vorteil wird von den Franzosen vielleicht über Gebühr
      hervorgehoben.

In Hinsicht auf =das Personal= war aber die englische Marine stets
überlegen. Für =die Mannschaft= stand ihr die große Zahl der befahrenen
Seeleute des Landes zur Verfügung. England hatte ferner auch während der
langen Friedenszeit stets viele Schiffe im Dienst und erhielt sich so
einen Stamm von geübtem Kriegsschiffspersonal. Später folgten dann die
Kriege schnell aufeinander, und in diesen wurde alles aufgeboten, was an
Schiffen vorhanden; auch war der harte Dienst langer Blockaden eine
vortreffliche Schule. Mangel an Mannschaften trat allerdings trotzdem auf
(Seite 26), und das dadurch notwendige wahllose Pressen brachte viel
minderwertiges, ja schlechtes Material, ein Umstand, der wohl die
erwähnten Übelstände -- schlechten Gesundheitszustand an Bord,
Mißvergnügen, starke Fahnenflucht -- mit verschuldet hat.

In Frankreich lagen die Verhältnisse weit ungünstiger. Hier deckte die
Einrichtung der Inskription den Bedarf an Matrosen nur im ersten Kriege,
in dem die Indienststellungen gering waren. Wie schon früher,
entvölkerten sich dann die Küsten während der Kriege, wenn der Seehandel
daniederlag, und erholten sich nur langsam wieder; so standen z. B. 1701
87000 und 1776 nur 67000 Inskribierte in den Listen, obgleich gerade zu
dieser Zeit die Schiffahrt aufgeblüht war. Beim Beginn des zweiten
Krieges fielen die Besatzungen von 500 Handels-, sowie einiger
Kriegsschiffe, die England unmittelbar vorher aufgebracht hatte, gegen
5000 befahrene Seeleute aus, und im dritten Kriege stellte Frankreich so
viel Schiffe in Dienst, daß zum Ersatz von Matrosen stark auf die
Seetruppen, ja sogar auf das Heer zurückgegriffen werden mußte; für die
Schiffe in Toulon warb man auch Fremde von den Küsten des Mittelmeeres
an. Das französische Personal hatte außerdem im allgemeinen auch nicht
die gleiche Übung und Erfahrung wie das englische und erhielt sie selbst
während der Kriege nicht, denn in Friedenszeiten waren zu wenig
Kriegsschiffe im Dienst, und in den beiden ersten Kriegen ward die Flotte
bald lahmgelegt; es wurden dann weniger Schiffe in Dienst gestellt und
die ausgerüsteten sahen sich vom Gegner in den Häfen festgehalten. Dies
trifft für den dritten Krieg zwar nicht zu, aber in diesem reichte eben
der Ersatz an befahrenen Seeleuten überhaupt nicht.

Die zu geringe Verwendung im praktischen Seedienst zeitigte natürlich
auch im französischen =Offizierkorps= bedenkliche Folgen. Vor Ausbruch
des zweiten Krieges sollen z. B. von den 900 Seeoffizieren nur 200
eingeschifft gewesen sein, während der Rest nur acht- oder zehnmal im
Jahre eine vierundzwanzigstündige Wache auf einem der Schiffe im Hafen
tat; da kann es nicht wundernehmen, daß sie den englischen in Übung und
Erfahrung sehr nachstanden. Vor dem dritten Kriege wurden allerdings
Übungsgeschwader im Dienst gehalten, diese waren jedoch so klein, daß nur
wenige Offiziere daraus Nutzen ziehen konnten. Im übrigen scheinen, wie
die Geschichte des Seewesens zeigt, die germanischen Völker noch mehr
natürliche Begabung für den Seedienst zu haben als die romanischen. Wir
haben ferner schon darauf hingewiesen (Band I, Seite 319 und 506), daß
und aus welchem Grunde sich das französische Seeoffizierkorps ganz anders
herausbildete als das englische, daß bei dem Verschmelzen des Soldaten
mit dem Seemann im Franzosen der erste, im Engländer der letzte überwog.

In England konnte ein jeder ohne Rücksicht auf Herkunft höhere Stellungen
erreichen. Die schon erwähnte harte Erziehung dort, die häufige
Verwendung an Bord machte die englischen Offiziere zu kühnen und
erfahrenen Seeleuten, aber mit wenig Neigung für Wissenschaft und
Theorie, zu »Teerjacken«, wie die Engländer selber sagen; da sie viel zur
See fuhren, aber nicht immer kriegerische Verwendung fanden, wurden
hervorragende Leistungen in Seemannschaft ihr Stolz, militärische, die
mehr auf Theorie begründet waren, wie z. B. Taktik, lagen ihnen ferner.
In Frankreich ergänzte sich das Offizierkorps nur aus Adligen, gerade
hier eine hervorragend kriegerische Kaste; bis 1789 gab es besondere
Beamte, die die adlige Herkunft der Offizieraspiranten zu prüfen hatten.
Eine sorgfältigere Erziehung und auch wohl der Volkscharakter führten
außerdem die französischen Offiziere dahin, sich mehr mit
wissenschaftlichen Studien zu beschäftigen, und die Seltenheit der
Einschiffungen gab ihnen die Zeit hierzu. So stand das französische
Seeoffizierkorps dem englischen in seemännischer Praxis unbedingt nach,
war ihm aber theoretisch überlegen. Letzteres zeigt sich während der
nächsten Kriege besonders in der Taktik: die Engländer hielten im Kampfe
an einem alten Brauche fest, die Franzosen gründeten hierauf eine
überlegte Taktik. Einen größeren Nutzen zogen sie aber hieraus nicht, da
ihre Taktik die einer zu vorsichtigen Abwehr gegen ein kräftiges,
allerdings oft unbedachtes Draufgehen blieb.

 =Von der wissenschaftlichen Beschäftigung der französischen Offiziere=
 gibt uns die Akademie ein Beispiel; wir sehen weiter noch, daß sich
 verschiedene Offiziere literarisch über Seetaktik betätigten. Die
 Bewertung der Theorie ging aber zu weit. =Chabaud-Arnault= sagt (Seite
 196) von den Offizieren um 1778: »Sie waren mutig, eifrig und besser
 unterrichtet als die anderer Marinen. Vielleicht waren sie zu gelehrt
 in dem Sinne, daß ihnen, durchdrungen von den Regeln der Theorie,
 häufig die Initiative fehlte, unter gewissen Umständen mit den Regeln
 zu brechen, wenn es sich darum handelte, einen Erfolg auszunutzen oder
 die Folgen einer Schlappe abzuschwächen.« Die Engländer verfielen
 übrigens in den gleichen Fehler, aber aus Mangel an theoretischer
 Beschäftigung mit der Taktik; auch sie wagten nicht, von den
 althergebrachten Regeln abzuweichen. Dieser Fehler ist aber bei den
 Franzosen auch sicher eine Folge der von höchster Stelle angeordneten
 Kriegführung. Eine lange durchgeführte defensive Strategie, der häufig
 ausdrücklich gegebene Befehl, die Schiffe zu erhalten und zu schonen,
 konnte nicht zur Entwicklung von Unternehmungsgeist im Offizierkorps
 führen und hat auch zum Aufbau einer reinen Abwehrtaktik beigetragen.
 Der größere Wagemut auf englischer Seite und das vorsichtige
 Zurückhalten auf französischer ist in vielen Fällen schließlich auch
 darauf zurückzuführen, daß infolge der verschiedenen Beförderungsart
 die höheren Führer der Franzosen in weit höherem Lebensalter standen.

 Ältere französische Schriftsteller sagen, =die Disziplin im
 französischen Offizierkorps= sei mangelhaft gewesen, besonders zur Zeit
 des dritten Krieges, neuere stellen dies in Abrede, geben aber folgende
 Punkte zu, die dem Geiste der Unterordnung schädlich waren: der
 Geburts- und Klassenstolz der Offiziere brachte ein Gefühl der
 Gleichberechtigung aller Dienstgrade hervor. Admirale, Kommandanten,
 Offiziere und Seekadetten bildeten eine Waffe; »sie duzten sich wie
 Hinz und Kunz«. Bei der Handhabung des Schiffes sprach der Untergebene
 seine Meinung aus, und der Vorgesetzte gab oft nach, um nicht unbeliebt
 zu werden. -- Wie zur Zeit =Colberts= stellte man wieder Offiziere der
 Armee mit ihrem Dienstgrade in die Marine, was die Seeoffiziere empörte
 und der Kameradschaft schadete. -- Der Adelsstolz der officiers rouges
 stieß die officiers bleus vor den Kopf. Dies zeigte sich besonders im
 dritten Kriege, als im französischen Volke bereits revolutionäre
 Gedanken auftauchten.

$Uniformen.$ In die hier geschilderte Zeit fällt die Einführung von
Uniformen für die Seeoffiziere und Deckoffiziere. Bis dahin scheint zwar
eine gewisse gleichartige Tracht Mode gewesen zu sein -- in Frankreich
war eine Uniform für die Gardesmarines vorgeschrieben, in Dänemark schon
1723 auch für die Offiziere --, aber genaue Vorschriften erschienen in
England[23] erst um 1748 und 1787, in Frankreich 1763. Überall wurde Blau
mit goldenem Besatz gewählt, wie es noch jetzt üblich ist. Der Anzug der
Matrosen blieb noch weiter ungeregelt; in England konnten die Leute ihren
Anzug vom Staate kaufen, waren aber nicht dazu verpflichtet.
Wahrscheinlich hat auch bei den Matrosen eine Mode geherrscht, wie es ja
nach alten Bildern selbst in der Handelsmarine der Fall gewesen zu sein
scheint, auch wird der Einfluß der Vorgesetzten eine gewisse
Gleichmäßigkeit, wenigstens auf den einzelnen Schiffen, erzielt haben.

 [23] Beschreibungen der Uniformen vgl. Clowes III, Seite 21 und 347.


                              Die Taktik.

Wir haben die Entwicklung der Taktik während der Zeit von 1648 bis 1740
verfolgt[24] und wollen nun hier zunächst ihren Stand zu Beginn des neuen
Zeitabschnittes betrachten. Am geeignetsten hierzu ist =das Werk des
Jesuitenpaters Paul Hoste=. Dieser war längere Zeit Kaplan des
französischen Admirals =Tourville=; als Professor der Mathematik am Kgl.
Seminar in Toulon veröffentlichte er 1697 das Buch »L'art des armées
navales ou traité des évolutions navales« (vgl. Quellenverzeichnis); es
ist wohl anzunehmen, daß in diesem mehr oder weniger die Gedanken
genannten Admirals, des letzten großen Taktikers in den Kriegen des 17.
Jahrhunderts, enthalten sind. =Hoste= stellt Grundsätze und Lehren für
die Führung von Flotten auf und erläutert sie durch die Beschreibungen
wichtiger Schlachten und sonstiger Ereignisse dieser Kriege. Von 1697
bis 1740 ist nur ein Seekrieg geführt und in diesem nur eine Schlacht
geschlagen (Malaga 1704); das geschickt aufgebaute und durchdachte Werk
gibt wahrscheinlich auch noch den theoretischen Stand der Seetaktik um
1740; es ist später die Grundlage zu ihrer weiteren theoretischen
Entwicklung im 18. Jahrhundert gewesen und bis zum Ende der
Segelschiffahrt von anderen Schriftstellern vielfach benutzt und
ausgelegt, aber im Grunde wenig geändert worden.

 [24] Vgl. Band I, Sachregister unter »Taktik«.

 $Hostes Werk über Taktik$ bespricht die geeignetste Gefechtsordnung,
 die Vorteile der Luvstellung; verschiedene Marsch- (auch Rückzugs-)
 Ordnungen; Übergänge aus einer Ordnung in eine andere; besondere
 Manöver wie Geschwaderwechsel, Herstellung der Ordnungen bei
 Windänderung, Gewinnen der Luvstellung sowie Hindern des Gegners daran,
 Maßnahmen beim Forcieren oder Verteidigen einer Enge; besondere Lagen
 im Gefecht, Erzwingen oder Vermeiden des Kampfes, teilweises Dublieren
 des Gegners und Maßregeln dagegen[25], Durchbrechen der feindlichen
 Linie. Diese Betrachtungen sind besonders für Seeoffiziere sehr
 lesenswert; für unsere Zwecke genügen die unmittelbar auf den Kampf
 bezüglichen Ausführungen.

 [25] Dublieren, d. i.: den Feind zwischen zwei Feuer nehmen.

 Als =Gefechtsordnung= empfiehlt das Werk =die Kiellinie der
 Schlachtschiffe dicht beim Winde= unter kleinen Segeln, so daß die
 Schiffe eben gut steuerfähig bleiben. Die übrigen Fahrzeuge, Fregatten
 und Brander, sollen sich außerhalb der Linie etwa 1-1/2 Seemeilen
 entfernt in Feuerlee[26] zur Verwendung bereit halten; die Fregatten
 zur Unterstützung, z. B. zum Schleppen, schwer beschädigter
 Schlachtschiffe und für besondere Aufgaben. Von den =Marsch=- und
 =Ankerordnungen= wird verlangt, daß sie einen schnellen Übergang in die
 Gefechtsordnung gestatten. Als geeignetste Marschordnung bei Erwartung
 eines Zusammenstoßes mit dem Feinde gilt eine Linie, in der sich die
 Schiffe so peilen, d. h. so zueinander liegen, daß sie sofort in
 Kiellinie beim Winde liegen, sobald sie über den einen oder den anderen
 Bug an den Wind gehen.

 [26] Feuerlee ist die dem Gegner abgewandte Seite.

 Die =Luvstellung=[27] erscheint am besten für das Gefecht geeignet, da
 man aus ihr jederzeit zum Angriff übergehen kann und weil sie auch
 sonst viele Vorteile für den Kampf bietet. Ebenso gilt noch =der
 Angriff= mit der ganzen Linie zugleich auf die ganze Länge des Gegners
 unter gemeinsamer Führung des Höchstkommandierenden als der
 gebräuchlichste. An Beispielen der großen Führer in den Kriegen des 17.
 Jahrhunderts weist =Hoste= auf verschiedene Mittel hin, um an einer
 Stelle die Übermacht zu gewinnen. So gestattet er, den Kampf
 geschwaderweise zu führen, wodurch oft entscheidende Gefechte
 herbeigeführt würden, hebt aber die Schwierigkeit der Wiedervereinigung
 der Flotte hervor. Verfügt die Luvflotte über eine größere Schiffszahl
 als der Gegner, so soll sie die hinten überschießenden Schiffe ihrer
 Linie dazu benutzen, die Schlußschiffe des Feindes von Lee her
 anzugreifen und so zu dublieren. Er ist gegen ein Dublieren der
 feindlichen Spitze, weil die damit betrauten Schiffe, falls sie durch
 Beschädigungen bewegungslos werden, dem Feuer der ganzen feindlichen
 Linie ausgesetzt sind, wenn diese im weiteren Verlaufe des Kampfes an
 ihnen vorüberzieht. Eine schwächere Leeflotte soll sich gegen das
 Dublieren dadurch schützen, daß sie ihre Linie durch Vergrößerung der
 Entfernungen zwischen den einzelnen Schiffen oder besser durch
 Freilassen einer Lücke verlängert, die dann aber durch Fregatten und
 Brander gedeckt werden muß.

 [27] Luvstellung bedeutet windwärts (über dem Winde) vom Gegner.

 =Eine Flotte in Leestellung=, die kämpfen will, soll sich hart am
 Gegner halten. Vielleicht bringt ihr eine Windänderung die Luvstellung
 oder es bietet sich infolge besonderer Zufälle eine Gelegenheit, den
 Feind aus der sonst dazu ungünstigen Leestellung her zum Kampfe zu
 zwingen (z. B. Havarien feindlicher Schiffe). Ist sie überlegen, so
 kann sie dies durch einen Angriff mit ihren schnellsten Schiffen
 herbeiführen; diese halten den Feind fest, bis der Rest herankommt.
 Einen Angriff nimmt auch sie in Kiellinie beim Winde auf. Bei größerer
 Schiffszahl vermag sie den Feind hinten zu dublieren; zu diesem Zwecke
 weicht sie während des Kampfes nach Lee aus, ihre hinten
 überschießenden Schiffe machen das Manöver jedoch nicht mit, sondern
 setzen sich auf die Luvseite der letzten Schiffe der feindlichen Linie,
 wenn diese den Ausweichenden nachdrängt. Gegen ein solches Manöver soll
 sich eine schwächere Luvflotte dadurch schützen, daß sie nicht die
 ganze Linie der Leeflotte angreift, sondern nur, je nach der eigenen
 Schiffszahl, deren hintere Schiffe.

 Für eine Leeflotte, aber nur für diese, sieht das Werk auch ein
 Durchbrechen der feindlichen Linie vor. Sie soll dazu über den
 beabsichtigten Durchbruchspunkt hinaussegeln und dann im Kontremarsch
 wenden[28]. Die Schiffe, die durchgebrochen sind, wenden darauf zu
 Luward der feindlichen Linie wiederum, und so sind die Schiffe des
 Gegners hinter dem Durchbruchspunkte dubliert. =Hoste= hält aber dieses
 Durchbrechen nicht für unbedingt empfehlenswert. Der Gegner kann es
 vereiteln, wenn er sofort mit allen Schiffen zugleich über den andern
 Bug geht; es wird gefährlich, wenn der Feind einige Schiffe
 durchbrechen läßt und dann wendet, denn nun sehen sich die
 durchgebrochenen dubliert. Das Manöver sei nur ratsam, wenn man eine
 größere Gefahr vermeiden will (z. B. auf eine Leeküste gedrängt, um
 abgeschnittene Kameraden zu befreien u. dgl.); auch wenn in der
 feindlichen Linie eine Lücke vorhanden ist -- sei es infolge geringerer
 Schiffszahl, sei es nach Niederkämpfen einiger --, sollen die dadurch
 unbeschäftigten eigenen Schiffe durch die Lücke brechen und den Feind
 hinten dublieren.

 [28] Beim »=Wenden im Kontremarsch=« drehen von vorn beginnend die
      Schiffe eines nach dem andern, wenn sie auf der Stelle angekommen
      sind, wo das erste gewendet hat; so bleiben die Kiellinie und die
      Reihenfolge der Schiffe bestehen. Beim »=Wenden zugleich=« drehen
      die Schiffe gleichzeitig auf den Stellen, wo sie sich beim
      Erhalten des Befehles befinden; die Flotte steht dann gegen vorher
      in »Kehrt«, die Schiffe sind auch nicht mehr in Kiellinie, sondern
      müssen sich für eine solche erst wieder ausrichten. Entsprechend
      wird auch das »=Halsen=« auf beide Weisen ausgeführt.

Das Werk zeigt uns, wie dargelegt, einen hohen theoretischen Stand der
Taktik, wohl geeignet, darauf weiter zu bauen. In der Praxis lag jedoch
die Sache anders. Vom zweiten Englisch-Holländischen Kriege (1665-1667)
an finden wir zwar in allen großen Schlachten Flottenführer, die
versuchen, an einer Stelle mit Übermacht aufzutreten, sei es schon durch
Ansetzen des Angriffes, sei es durch Ausnutzen von Blößen, die der Gegner
während der Schlacht zeigt. Wir nennen =Monck=, =Ruyter=, =du Quesne=,
die in diesem Bestreben von ihren Unterführern, =d'Estrées=, =Bankers=,
=den Haën=, =Nesmond=, durch selbständige Manöver unterstützt wurden. Die
aus diesen Beispielen zu ziehenden Lehren waren jedoch noch nicht
Allgemeingut geworden, selbst die Gefechtsinstruktionen jener Zeit
standen nicht auf der Höhe der Hosteschen Abhandlungen; es ist auch nicht
anzunehmen, daß sich die Seeoffiziere jener Zeit, insbesondere die
englischen »Teerjacken«, im allgemeinen mit ihnen beschäftigt hätten.

Die älteste eingehendere =Gefechtsinstruktion in England=[29] ist von
1665. Sie weist im allgemeinen auf den »Angriff« von Luward her, über
denselben Bug wie der Gegner liegend und mit der ganzen eigenen Linie auf
die ganze feindliche zugleich« hin. Sie sagt nämlich: »Erwartet der
Feind, in Lee stilliegend, den Angriff, so soll ein jedes Geschwader[30]
das entsprechende des Gegners angreifen. Begegnet die Flotte der
feindlichen auf entgegengesetztem Kurse, so soll sie so weit laufen, bis
ihre Vorhut querab von der Nachhut des Feindes ist; dann soll sie mit
allen Schiffen zugleich wenden, so daß sie nun über den gleichen Bug
parallel und querab von ihm (bereit zu vorstehender Angriffsart) liegt.
-- Steht die Flotte über gleichen Bug in Lee, so soll die Vorhut die
feindliche Linie durchbrechen und deren hintere Schiffe von Luward her
angreifen; Mitte und Nachhut sollen die vorderen Schiffe des Feindes
beobachten und die Nachhut unterstützen.« Bald darauf wurde einem
selbständigen Durchbrechen seitens der Geschwaderchefs, ja selbst der
Schiffskommandanten, in günstigen Augenblicken das Wort geredet und ihnen
überhaupt mehr Freiheit gegeben, aber dann kam nach und nach in der
Instruktion doch immer stärker das Streben zum Ausdruck, die ganze
»Kiellinie beim Winde« in strengster Ordnung, Spitze gegen Spitze und
Schiff gegen Schiff von Luward her zum Angriff heranzuführen.

 [29] Wir führen die englische Gefechtsinstruktion hier an, da die
      Engländer in den Schlachten der nächsten Kriege stets die
      Angreifenden waren und dadurch die Taktik der Franzosen
      beeinflußten. Eingehend bespricht die Entwicklung dieser
      Instruktion =Corbett= »Fighting instructions« (vgl.
      Quellenverzeichnis).

 [30] Es sei daran erinnert, daß eine Flotte meistens in drei
      Geschwader: Vorhut, Mitte, Nachhut, geteilt wurde.

 $Die Vor- und Nachteile der Luvstellung$ (vgl. Band 1, Seite 184): Die
 Luvflotte kann jederzeit angreifen, die Gefechtsentfernung bestimmen,
 sowie leichter zum Entern gelangen; sie kann leicht die feindliche
 Linie durchbrechen und einen Teil von ihr abschneiden; sie kann den
 Gegner hinten dublieren; ihre Brander kommen besser zur Verwendung. Der
 Pulverrauch zieht nicht über die Schiffe hin und brennende Rückstände
 aus den Geschützen gefährden sie nicht. -- Die Nachteile der
 Luvstellung bestehen darin, daß die Schiffe häufig infolge des
 Überliegens bei starkem Winde oder wegen schwerer See die Pforten der
 untersten Batterie, in der die schwersten Geschütze stehen, auf der dem
 Feinde zugewandten Leeseite geschlossen halten müssen. Beim Herangehen
 zum Angriff sind die Schiffe dem Enfilierfeuer[31] ausgesetzt, während
 sie nur ihre Buggeschütze verwerten können. Es wird stets schwierig
 sein, ein Gefecht abzubrechen, da sich hierzu die Flotte nach Luward
 hin vom Feinde entfernen muß, beschädigte Schiffe werden aber
 vielleicht nicht mehr wenden oder höher am Winde steuern können; diese
 treiben dann dem Feinde entgegen, der sie völlig vernichtet, falls sie
 nicht dadurch unterstützt werden, daß man das Gefecht fortsetzt.

 [31] =Enfilierfeuer= ist ein Feuer von vorn (oder hinten), das die
      ganze Länge des Schiffes bestreicht und dessen Geschosse demnach
      in den Batterien und in der Takelage mehr Schaden anrichten als
      solche, die das Schiff seitlich treffen.

Um 1691 sind die Bestimmungen über Durchbrechen ganz fortgefallen; kein
Geschwader und kein Schiff darf ohne Befehl seinen Platz verlassen;
streng wird darauf hingewiesen, den Angriff genau Spitze auf Spitze
anzusetzen. Der Wortlaut der Instruktion machte es dem Oberbefehlshaber
fast unmöglich, seine Flotte so heranzuführen, daß er von vornherein an
einer Stelle die Übermacht gewann, und ebenso war ausgeschlossen, dies
später durch Initiative der Unterführer zu erreichen.

 =Ein Dublieren= des Feindes durch unbeschäftigte Schiffe, wie es
 =Hoste= empfiehlt, war in England auch früher niemals vorgesehen. Man
 soll wegen der Gefahr des gegenseitigen Beschießens der eigenen Schiffe
 das Dublieren hier ungünstig beurteilt haben, da die Engländer
 möglichst nahe an den Feind heranzugehen pflegten. Die Franzosen, die
 weitere Gefechtsentfernungen bevorzugten, hielten mehr vom Dublieren.

In dieser Änderung der Instruktion sahen sämtliche Marineschriftsteller
bisher einen argen =Rückschritt in der Taktik= gegen die Zeit der
obenerwähnten hervorragenden Führer. Nur =Corbett= sagt[32], es sei ein
natürlicher Rückgang in ein defensiveres Verfahren nach einer Zeit
wagemütigen Vorgehens seitens bedeutender Männer gewesen; man sei mit der
Erkenntnis der Gefahren, die außergewöhnliche Manöver mit sich brächten
(wie sie auch Hoste anführe), zu der wohlüberlegten Überzeugung gekommen,
daß diejenige Flotte die größte Aussicht auf Erfolg habe, die am längsten
ihre Formation hielte. =Corbetts= Auslassungen werden teilweise richtig
sein, aber er will doch wohl auch das englische Seeoffizierkorps jener
Zeit gegen den Vorwurf in Schutz nehmen, es habe die Taktik
vernachlässigt. Sollte dieser Vorwurf nicht doch berechtigt sein?

 [32] In =Corbett= »England in the Mediterranean« (vgl.
      Quellenverzeichnis, Band I) und in »Fighting Instructions«, eben
      angezogen. Über Corbetts Auslassungen vgl., schon genauer, auch
      Band I, Seite 532.

Wir haben bei der Kennzeichnung der Offizierkorps der beiden
großen Marinen erwähnt, daß in England wenig Neigung zu
militärisch-theoretischen Studien vorhanden war. Stolz auf ihre
seemännische Tüchtigkeit, glaubten die englischen Seeoffiziere ihr Ziel,
das Niederschmettern des Feindes »im Kampf Schiff gegen Schiff«,
jederzeit zu erreichen. Die Beispiele der großen Führer bis zur Schlacht
von Kap Barfleur-La Hogue (1692) gerieten in Vergessenheit, und es ist
fraglich, ob =Hostes= Werk in weiteren englischen Kreisen bekannt war;
erst etwa 1762 erschien eine vollständige Übersetzung in englischer
Sprache. Die lange Friedenszeit 1713-1739 gab auch keinen Anlaß zur
Beschäftigung mit taktischen Fragen; Übungsflotten kannte man noch
nicht[33]. So führten die Engländer lange Zeit ihre Schlachten nach den
Buchstaben ihrer Gefechtsinstruktion: Rücksichtsloses Draufgehen in
starrer Ordnung, Kampf Schiff gegen Schiff in nächster Nähe. Sie
richteten auch stets ihr Feuer auf den Rumpf der feindlichen Schiffe,
also auf die durch Geschütze und Mannschaft dargestellte Gefechtskraft,
während es häufig zweckmäßiger gewesen wäre, die Takelage, also die
Bewegungsfähigkeit der Gegner, als Ziel zu wählen. Zum Beharren bei
dieser unvollkommenen Taktik trugen verschiedene Kriegsgerichtsurteile
bei über Führer, die von der Vorschrift abgewichen waren. Die
bekanntesten dieser Gerichtserkenntnisse sind die nach den Schlachten vor
Toulon (1744) und bei Minorka (1756); aus ihrer Besprechung wird sich
ergeben, welch eine beschränkte Auffassung für die Verwendung von
taktischen Regeln im englischen Seeoffizierkorps herrschte.

 [33] Die auf Seite 35 erwähnten französischen Übungsgeschwader waren
      nur klein und sollten nicht taktische Fragen lösen, sondern die
      Offiziere in der Handhabung des Schiffes üben.

Wir wissen, daß die französischen Seeoffiziere im Gegensatz zu den
englischen mehr für die militärische Seite ihres Berufes veranlagt waren
und sich mehr mit theoretischen Studien beschäftigten[34]. So entstand
gegen die schematische Angriffsart der Engländer nun eine =Abwehrtaktik
der Franzosen=. Diese nutzte die bisher wenig beachteten Vorteile aus,
die eine Leestellung bietet. Die Franzosen sind aber nicht nur aus diesen
Gründen zur Wahl einer Defensivtaktik gekommen, sondern dabei sehr durch
ihre Strategie beeinflußt worden.

 [34] Wir finden in Frankreich nach dem Werke von Hoste auch bald
      =weitere Werke über Taktik=. Kapitän =Bigot de Morogues=, der
      erste Direktor der Marineakademie, veröffentlichte 1763 ein Buch
      »Tactique navale ou traité des évolutions et des signaux«, das
      Hostes Werk ersetzen sollte. -- Ein Offizier der
      französisch-ostindischen Kompagnie, =Bourdé de Villehuet=, schrieb
      1765 das Buch »Le Manoeuvrier« usw. (beide vgl.
      Quellenverzeichnis).

[Illustration: Zur englischen Angriffsart.]

 $Vor- und Nachteile der Leestellung.$ Die Flotte in der Leestellung
 kann den Kampf nicht erzwingen und ist einem Angriff gegenüber auf die
 Verteidigung angewiesen, wenn sie sich nicht zurückziehen will. Ein
 Durchbrechen oder ein Dublieren des Gegners ist für sie schwieriger als
 für eine Luvflotte. Sie kann aber fast bei jedem Wetter ihre untersten
 Batterien gebrauchen, da die Luvseiten der Schiffe dem Feinde zugewandt
 sind; auch kann sie die Angreifer beim Herankommen mit den Breitseiten
 beschießen. Sie deckt leichter ihre beschädigten Schiffe, hält leichter
 ihre Ordnung aufrecht und kann jederzeit das Gefecht abbrechen, da der
 Feind mit stärker beschädigten Schiffen nicht imstande sein wird,
 sofort und in guter Ordnung zu folgen.

 Die Luvstellung ist mithin geeigneter zum Angriff, die Leestellung zur
 Abwehr, und es ist, wie in der Kriegführung stets, auch hier die
 Verteidigung materiell, der Angriff moralisch stärker (nach einem
 Ausspruche des Generals =v. Clausewitz=).

=Die englische Angriffsart bringt große Übelstände mit sich.= Wenn der
Angreifer abhält, um an die feindliche Linie heranzugehen und sich dann
dieser auf nahe Entfernung Schiff gegen Schiff nun auch unter gekürzten
Segeln wieder parallel zu legen, so sind seine Schiffe längere Zeit dem
Enfilierfeuer von vorn ausgesetzt, das sie nur mit wenig Geschützen
erwidern können (vgl. Plan, Lage 1). Nun liegt aber der Angegriffene
nicht ganz still, er hat wenigstens soviel Bewegung, daß die Schiffe
steuerfähig bleiben. Die angreifenden Schiffe müssen also schräg
herangehen, um auf die ihnen in der feindlichen Linie entsprechenden
Gegner zu stoßen; hierdurch wird die Dauer der ungünstigen Lage
verlängert (Lage 2). Ferner ist es für Segelschiffe sehr schwierig, in
einer solchen Stellung zueinander (nicht mehr in Kiellinie, sondern in
einer Peilungslinie zum Kurse -- Lage 2a-a) eine gut ausgerichtete Linie
innezuhalten, und da nun auch das eine oder das andere Schiff in der
Takelage beschädigt werden wird, ist es wahrscheinlich, daß nicht alle
Schiffe gleichzeitig ihren Platz zum Nahkampfe einnehmen; der Angriff
erfolgt also nicht gleichmäßig.

Dies ist nun aber nur von formeller Bedeutung, in der Praxis gestaltet
sich der Angriff noch ungünstiger. Die Luvflotte will dem Feinde den Weg
abschneiden, ihn festhalten und zum Kampfe zwingen. Sie wird also schon
von weiterer Entfernung an vor die Spitze des Feindes halten. Bei der
Schwierigkeit, dies in einer Peilungslinie durchzuführen sowie um ein
längeres Enfiliertwerden zu vermeiden, wird sie in Kiellinie bleiben, bis
sie nahe genug zum Angriff durch Abhalten ist (Lage 3). Dieses
Schrägheranführen in Kiellinie hat zwei Mißstände im Gefolge, die einen
gleichzeitigen Angriff ausschließen, häufig denselben überhaupt lähmen.
1. Die ersten Schiffe werden stets früher zum Nahgefecht kommen als ihre
Hinterleute, weit früher aber noch als die letzten der Linie. 2. Wenn ein
Schiff der Linie, z. B. in der Mitte (Lage 4 a). vor dem Abhalten zum
Angriff durch Beschädigungen lahmgelegt wird, so hält es seine
Hinterleute auf und zwingt sie zum Ausweichen; die Linie wird gestaucht
und die Ordnung gestört.

Die Schwierigkeit, den Angriff auf der ganzen Linie gleichzeitig
durchzuführen und die ungünstige Lage des Angriffes machten die Franzosen
sich zunutze. Sie ließen den bisher allgemein anerkannten Grundsatz
fallen, vor der Schlacht die Luvstellung zu erstreben; sie gingen sogar
zuweilen freiwillig nach Lee, um in (Kiellinie beim Winde) den Angriff
aufzunehmen. Sie richteten dann, wie sie es schon früher gern getan
hatten, ihr Feuer auf die Takelage, die Bewegungsfähigkeit des Feindes,
ein großes, bereits auf weitere Entfernungen mit Erfolg zu beschießendes
Ziel. Sie warteten dann aber nicht den Angriff auf der ganzen Linie ab,
sondern wichen einem allgemeinen Kampf aus, wenn nur erst die feindliche
Spitze herangekommen und genügend geschädigt war.

Meist zogen sie unter schnell vermehrten Segeln ihre ganze Linie an den
vordersten feindlichen Schiffen, die dann schon durch das beim Herangehen
erhaltene Feuer in ihrer Bewegungsfähigkeit beschränkt waren, vorüber und
überschütteten sie mit Geschossen; dann nahmen sie in Lee aufs neue
Stellung und warteten in gleich günstiger Lage wie beim ersten Angriff
das Weitere ab[35]. Sie konnten infolge des zwischen den Flotten
lagernden Pulverrauchs gewöhnlich ihr Manöver unbemerkt beginnen und
auch in guter Ordnung durchführen, da ihre Schiffe noch unbeschädigt
waren. Die Engländer aber sahen von einem zweiten Angriff ab, weil ihre
Spitzenschiffe durch die Beschädigungen in der Takelage nicht mehr voll
gefechtsfähig waren; häufig wurde eine englische Flotte dadurch sogar auf
längere Zeit lahmgelegt. Es blieb bei dem einen Zusammenstoß, und die
Flotten trennten sich.

 [35] Wenn die Vorteile der Leestellung bisher noch nicht erkannt waren,
      so nutzte doch =Ruyter= in der Schlacht bei Stromboli 1676 die
      Leestellung in ähnlicher Weise aus, wie es jetzt die französische
      Taktik tat; es ist freilich nicht sicher, ob es schon in richtiger
      Erkenntnis geschah (vgl. Band I. Seite 378).

Hier ist =der Einfluß der Strategie der Franzosen auf ihre Taktik= zu
erkennen. Diese hätte weiter dahin ausgebildet werden können, daß man
nach der Schwächung des Gegners zum Angriff überging, um noch größeren
Erfolg auf dem Schlachtfeld zu erreichen. Die Franzosen begnügten sich
aber damit, den Angriff unter Schonung der eigenen Schiffe abgeschlagen
zu haben.

Wie schon meist zur Zeit =Ludwigs= XIV. kämpfte Frankreich auch später
nie um die Seeherrschaft im großen Sinne; den Seestreitkräften wurden nur
bestimmte Ziele gesetzt: eine Eroberung zu sichern; eine Landung zu
decken; ähnlichen Vorhaben des Gegners entgegenzutreten, häufig mit dem
ausdrücklichen Befehle, »die kostbaren und schwer zu ersetzenden Schiffe
zu schonen«. Die Flottenführer wurden somit darauf hingewiesen,
Zusammenstöße möglichst zu vermeiden und, wenn sie zum Kampfe gezwungen
waren, jedenfalls nicht zuviel aufs Spiel zu setzen. =Diese Auffassung=
wurde bei ihnen zum Grundsatz; ein französischer Autor sagt sogar: »Man
sah es fast als ein Unglück an, wenn man mit dem Feinde zusammenstieß.«
Deshalb bevorzugten die Franzosen nun auch die taktische Defensive,
bauten ihre Abwehrtaktik aus der Leestellung auf und führten diese dann
schematisch durch, ohne etwaige Erfolge auszunutzen. Auch ihre
Gefechtsinstruktion sah die Aufrechterhaltung der Ordnung als Hauptsache
an und verbot streng, die Linie ohne Befehl zu verlassen.

                   *       *       *       *       *

Lange Zeit blieben beide Gegner bei ihrem Schema. Die Schlacht bei
=Malaga= (1704) gilt als die erste, in der sich die englische
Angriffsform zeigt; in der Schlacht bei =Minorka= (1756) tritt das
französische Abwehrverfahren zuerst deutlich hervor; als die letzten
Fälle, in denen die beiden Taktiken sich noch einmal ausgesprochen
gegenüberstehen, werden die Schlachten vor der =Chesapeakebucht= 1781 (am
16. April und am 5. September) angesehen. Die dazwischenliegende Zeit
nennt man wohl =die Zeit der unentschiedenen oder der französischen
Defensivschlachten=. Dies ist zutreffend, denn in allen Kämpfen zwischen
annähernd gleichen Streitkräften begnügten sich die Franzosen mit der
Abwehr, und die Schlachten brachten taktisch keine Entscheidung.

Die angreifenden Engländer erreichten nie ihren Zweck, den Feind zu
vernichten, aber auch die Franzosen erfochten nie einen vollen Sieg. Bei
der eigenartigen Verwendung des Geschützfeuers auf jeder Seite, der ihr
eigentümlichen Taktik entsprechend, hatten die Franzosen meist den
größeren Verlust an Menschen, während auf englischer Seite stets die
Schiffe bedeutend mehr litten.

Erst gegen das Ende des hier behandelten Zeitabschnittes tritt bei beiden
Gegnern wieder der Gedanke auf, sich mit der ganzen Kraft auf einen Teil
des Feindes zu werfen. Der englische Admiral =Rodney= versucht bei
=Martinique= (17. April 1780) von Luward her nur die feindliche Mitte und
Nachhut anzugreifen. Von seinen an die alte Kampfart gewöhnten
Unterführern nicht verstanden, gelingt es ihm zwar nicht, aber sein
Gegner sucht von nun ab wieder die Luvstellung; allerdings geschieht dies
nicht zum Angriff, sondern weiter zum Vermeiden größerer Entscheidungen.
Derselbe Führer durchbricht bei =Dominica= (1782) von Luward her mit
seiner Mitte die feindliche Flotte und dubliert den abgeschnittenen Teil
mit großem Erfolge. Möglich, daß er zu diesem Manöver nur durch ein
Umspringen des Windes gezwungen wurde, aber dessen Vorteile wurden
jedenfalls erkannt, und dies führte dahin, daß man in England wieder
Signale für »Durchbrechen« annahm. Zu derselben Zeit weicht auch der
französische Admiral =Suffren= in den indischen Gewässern von der
bisherigen Defensivtaktik ab; er wählt die Luvstellung zum Angriff und
sucht eine gleichstarke englische Flotte hinten zu dublieren.

Die vorstehenden Darlegungen über die Taktik sollen die späteren
Schilderungen der Schlachten, sowie ihre Besprechungen erleichtern. Sie
erweisen aber auch jetzt schon die Kennzeichnung des vierten Abschnittes:
»Die Taktik wird lange schematisch gehandhabt, aber gegen das Ende
erwacht neues Leben in ihr«, als richtig. Jetzt erschien das
epochemachende Werk des Schotten =Clerk= (vgl. Quellenverzeichnis) und
zwar 1782 in wenigen Exemplaren gedruckt, 1790 in erster großer Auflage.
Wir werden uns damit im nächsten Abschnitt beschäftigen, weisen aber hier
schon darauf hin, daß der Verfasser die Maßnahmen zur Konzentration der
Kraft in der Schlacht behandelt, sowie daß er seine Gedanken bereits vor
dem Erscheinen des Buches englischen Seeoffizieren, unter diesen auch
=Rodney=, mitgeteilt hatte.

[Illustration]

                   *       *       *       *       *

[Illustration]


                           Drittes Kapitel.

                   Der Englisch-Spanische Krieg 1739
           und der Österreichische Erbfolgekrieg 1740-1748.

         Die Anlässe zum Kriege. Die Gruppierung der Staaten.

$Der Englisch-Spanische Krieg$ wurde, wie schon angedeutet, durch
Gegensätze in den Handelsinteressen beider Völker in Beziehung zu Amerika
hervorgerufen. Im Frieden von =Utrecht= war den Engländern die Einfuhr
von Negern in Spanisch-Amerika (der Assientovertrag)[A] sowie die
Entsendung eines Schiffes bestimmter Ladefähigkeit zu dem Markte von
=Puerto-Belo=[A] gestattet. Diese Zugeständnisse genügten weder ihren
Wünschen noch dem Verkehrsbedürfnis der spanischen Kolonien.
Infolgedessen entwickelte sich bald ein beträchtlicher englischer
Schmuggelhandel[36], der die spanische Regierung in ihren Einkünften
schwer schädigte und in ihrem Stolz tief kränkte. Sie begann deshalb die
Zügel straffer anzuziehen, alte und strengere Bestimmungen wieder
hervorzuholen und sie in schroffster Weise durchzuführen[37].

 [36] Vgl. diese Punkte betreffend Band I, Seite 576, 598, 601.

 [37] Zimmermann, Band II, Seite 192-205, schildert die
      englisch-spanischen Verhältnisse von 1713-1739 genauer.

 $Der englische Schmuggelhandel$ war schon 1728 ebenso bedeutend wie der
 regelmäßige Handel Spaniens mit seinen Kolonien. Deshalb lockerte die
 bourbonische Regierung wenigstens ihren eigenen Untertanen gegenüber
 das alte Absperrungssystem etwas und gestattete 1728 in =Guipuzcoa=
 (einer der baskischen Provinzen) die Gründung einer Handelsgesellschaft
 für die Kolonien. Auch den Franzosen gewährte man 1733 bedeutende
 Vorteile dort, wodurch der schon erwähnte Aufschwung des Seehandels und
 der Kolonien wesentlich gefördert wurde. Anderseits verloren durch
 diese Maßnahmen die berühmten =Silberflotten=, die so lange ein
 Hauptangriffsobjekt der Feinde Spaniens gewesen waren, an Bedeutung;
 1748 wurden ihre regelmäßigen Fahrten eingestellt, 1778 fuhr die
 letzte. England und Holland gegenüber hielt man jedoch die Absperrung
 aufrecht und führte sie sogar wieder schärfer durch. Das
 Puerto-Belo-Schiff, die Fahrzeuge im Negerhandelsdienst und besonders
 auch die Schiffe, die unter dem Vorwande einer Ausbesserung oder
 Ausrüstung die spanischen Niederlassungen anliefen, wurden peinlich
 überwacht und untersucht.

 =Nun= war es aber unmöglich, die lange Küste mit ihren vielen Einläufen
 genügend abzusperren; die englischen Seeleute und Händler schreckten in
 ihrem Streben nach Gewinn weder vor Strafen zurück noch nahmen sie
 Rücksicht auf die spanische Empfindlichkeit, und Spaniens Macht war
 nicht stark genug, um die englische Regierung zu einer Unterstützung zu
 nötigen. So wurde der schwächere Staat zur Anwendung gesetzwidriger
 Mittel getrieben; man ermächtigte Kriegs- und Zollschiffe, oder
 erlaubte es ihnen wenigstens, englische Schiffe auch auf hoher See
 anzuhalten und zu untersuchen. Bei den gesetzlichen und bei den
 ungesetzlichen Durchsuchungen ließen sich aber die Ausführenden infolge
 des spanischen Charakters und des alten Hasses gegen die Eindringlinge
 zu Beleidigungen und unberechtigten Gewalttaten hinreißen. Das Unrecht
 lag auf beiden Seiten; es war die Fortsetzung des alten Zustandes: »no
 peace beyond the line«. (Drakes Grundsatz, vgl. Band I, Seite 80 und
 95.)

Dieses Vorgehen Spaniens rief im englischen Volke lebhafte Erregung
hervor, und als die Vorstellungen, die der Minister =Walpole= beständig
und besonders im Jahre 1737 in Madrid gemacht hatte, keinen Erfolg
erzielten, reichten die westindischen Kaufleute 1738 dem Unterhause eine
Denkschrift ein, in der sie sich eindringlich über die Verluste
beklagten, die ihnen durch die Beschlagnahme von Schiffen sowie durch die
Belästigung des Handels überhaupt erwachsen seien; für die Zeit von
1729-1738 wurde die Wegnahme von 52 Schiffen im Werte von 140000 Pfund
Sterling angeführt. Auch auf die unmenschliche Behandlung englischer
Schiffsbesatzungen wies man hin.

 Das größte Aufsehen erregte $der Vorfall mit Captain Jenkins Ohr$, der
 1731 in der Presse zur Sprache kam: »Das Schiff »Rebekka« wurde im
 April 1731 auf der Reise von Jamaika nach England in der Nähe Havannas
 von einem spanischen Zollkutter angehalten, in roher Weise durchsucht,
 der Kapitän mißhandelt und mit dem Tode bedroht. Heldenmütig erduldete
 er alles und bestand auf seinem Rechte. Als die Spanier keine
 Schmuggelartikel gefunden hatten, rissen sie ihm ein Ohr ab und warfen
 es ihm mit den Worten ins Gesicht: »Bringe dies deinem König und
 erzähle ihm alles«. Endlich nahmen sie die astronomischen Instrumente
 fort, so daß er sein Schiff kaum heimführen konnte. Die
 Schiffsbesatzung könne den Vorfall beeidigen.«

 Diese Angelegenheit kam 1738 im Parlament wieder zur Sprache. =Jenkins=
 selber wurde vorgeführt und legte das Ohr auf den Tisch des Hauses
 nieder; auf die Frage, wie ihm bei der Sache zumute gewesen sei,
 antwortete er: »Ich empfahl mein Leben Gott, meine Sache dem englischen
 Volke.« jedenfalls ein hochgemuter Ausspruch in dem Munde eines
 damaligen Schiffsführers. Gegner des Krieges behaupteten denn auch, die
 ganze Rolle sei ihm einstudiert und er werde sein Ohr wohl näher zu
 Hause und nicht ohne Grund (nämlich am Pranger) verloren haben;
 jedenfalls diente aber der Vorfall zur Erregung des Parlaments sowie
 der öffentlichen Meinung und hat geschichtliche Bedeutung erlangt.

Die Denkschrift forderte, daß ernstlich, nötigenfalls feindlich, gegen
Spanien vorgegangen würde. =Walpole= wünschte jedoch keinen Krieg und
erklärte, daß durch einen solchen nichts gewonnen werde. Spanien würde
ein Auftreten, wie es im Parlament zur Sprache gekommen, nicht gewagt
haben, wenn es nicht von stärkeren Mächten ermutigt sei, und England wäre
dem vereinigten Spanien und Frankreich nicht gewachsen; auch übertrieben
die englischen Kaufleute und Rheder in blinder Leidenschaft die gerügten
Mißstände. Er gab dem Parlamente hinhaltende Versprechungen und knüpfte
nochmals (1738) Verhandlungen mit Spanien an. Dieses Verfahren genügte
aber der öffentlichen Meinung nicht und die Presse verbreitete weiter die
übertriebensten Gerüchte. In Spanien ging man auch nur widerwillig auf
die Verhandlungen ein und wurde um so eigensinniger, je heftiger England
auftrat, veranlaßt durch Personen der Kriegspartei gegen Walpoles
Absicht.

Endlich zwang die Opposition im Parlament, geführt von =William Pitt=,
1739 den Minister, Spanien ein =Ultimatum= zu stellen. Es bestand in dem
Verlangen einer völligen Verzichtleistung auf das Durchsuchungsrecht und
der Anerkennung verschiedener Ansprüche Englands in Nordamerika (eine
günstigere Grenzregulierung zwischen der neugegründeten Kolonie Georgia
und dem spanischen Florida, dem Recht für England, Holz von der
Campechebai auszuführen u. dgl.). Als diese Forderungen abgelehnt wurden,
erfolgte die =Kriegserklärung= im Oktober 1739. Die Feindseligkeiten
wurden sofort von seiten Englands eröffnet. Schon im Jahre darauf
entbrannte der Österreichische Erbfolgekrieg, der gemeinsam mit dem
Englisch-Spanischen zu betrachten sein wird.

$Der Österreichische Erbfolgekrieg$, einschließlich der =beiden ersten
Schlesischen Kriege= wurde durch den Tod Kaiser =Karls= VI. (1740)
hervorgerufen. Die Politik dieses Herrschers lief seit Jahren darauf
hinaus, die gesamten Länder des Hauses Habsburg seiner Tochter =Maria
Theresia= zu sichern (»Pragmatische Sanktion«, vgl. Band I, Seite 594
ff.), und er hatte hierfür auch die Zustimmung der meisten europäischen
Staaten erreicht. Als aber =Maria Theresia= zur Regierung kam, zeigte
sich, daß die =Pragmatische Sanktion= nichts als ein Stück Papier war.
Die offenbare Schwäche Österreichs, dessen Geld- und Wehrverhältnisse
sehr im argen lagen, reizte die Begehrlichkeit verschiedener Staaten;
überall meldeten sich Erbansprüche. Preußen machte sein Recht auf Teile
von Schlesien geltend; Bayern, das stets gegen die Sanktion protestiert
hatte, verlangte ganz Österreich; Spanien forderte die ehemalig
spanischen Provinzen in Norditalien. Auch Sachsen hielt sich für
erbberechtigt und Sardinien dachte die Lombardei zu gewinnen. Der
Kurfürst von Bayern, =Karl Albrecht=, strebte außerdem nach der
Kaiserwürde.

=König Friedrich II. von Preußen=, der soeben den Thron bestiegen hatte,
war stark genug, allein vorzugehen, und nahm sofort von Schlesien Besitz
(1740). Bayern, selbst nicht kräftig genug zum Kampfe gegen Österreich,
gewann nach längeren Unterhandlungen (1741) die Unterstützung
Frankreichs; dieses hoffte Österreich zu schwächen und die eigene Macht
nach Osten auszudehnen. Spanien schloß sich sofort an; später traten auch
Preußen, Kurpfalz und Kurköln, sowie Sachsen für die ersten Jahre des
Krieges, auf seiten Bayerns. Frankreich veranlaßte endlich Schweden zu
einem Krieg mit Rußland, um diesen Staat an einer Betätigung zugunsten
Österreichs zu hindern[38].

 [38] Der Schwedisch-Russische Krieg 1741-1743 wird später als
      »Nebenkrieg« besonders besprochen.

Jedoch auch Österreich gewann Bundesgenossen. Die Stimmung in England
neigte zugunsten Österreichs, und dies war natürlich, denn England stand
bereits im Kampfe mit Spanien, einem der Gegner Österreichs, und ein
Wachsen der Macht Frankreichs, etwa durch die Erwerbung Belgiens, lag
keineswegs in Englands Wünschen. Das Aufblühen des französischen
Seehandels und der Kolonien Frankreichs in Ost- und Westindien verfolgte
man mit Besorgnis; in Nordamerika lag der Kampf um die Grenzen der
beiderseitigen Besitzungen gewissermaßen in der Luft. König =Georg= II.
war zunächst zur Unterstützung Österreichs bereit, da er als Kurfürst von
Hannover eifersüchtig auf Preußens Wachsen sah. Bald aber glaubte er sein
Kurfürstentum durch Preußens Bündnis mit Frankreich bedroht, wollte sich
deshalb neutral halten und erklärte sich für die Kaiserwahl Karl Alberts.
Infolge des nicht gerade günstigen Verlaufes des Seekrieges mit Spanien,
und da die englische Flotte die Überführung eines spanischen Heeres nach
Oberitalien (1741) nicht gehindert hatte, wuchs jedoch die Opposition
gegen =Walpole=; er mußte sein Amt niederlegen (Februar 1742), und nun
trat England durch Geldhilfe und die Stellung eines Heeres in Belgien
offen für Österreich ein. Unter Englands Einfluß tat Holland das gleiche;
hier fürchtete man die alte Gefahr, Frankreich als Nachbar und dadurch
die belgischen Seestädte als Nebenbuhler im Handel zu bekommen[39]. Auch
Sardinien, später (1743) Sachsen und endlich selbst Rußland (1744) wurden
durch England für Österreich gewonnen.

 [39] Seit dem Westfälischen Frieden war es stets ein Ziel der
      holländischen und der englischen Politik, die Sperrung der Schelde
      gegen freie Schiffahrt aufrecht zu erhalten und deshalb zu
      hindern, daß Antwerpen in französischen Besitz komme. Auch
      Englands Handel schien dadurch bedroht.

So war nach und nach ein allgemeiner europäischer Krieg entstanden, der
neben dem Englisch-Spanischen Seekriege einen Englisch-Französischen See-
und Kolonialkrieg mit sich brachte.

 Als sehr bemerkenswert muß hier $eine eigentümliche Auffassung
 internationaler Beziehungen$ jener Zeit erwähnt werden. Während der
 ersten Jahre führte Frankreich den Krieg gegen Österreich nur zur
 Unterstützung Bayerns, und England sowie Spanien traten auch nur als
 Helfer Maria Theresias auf. Eine Kriegserklärung Frankreichs an
 Österreich und England erfolgte erst 1744, an Holland gar erst 1747;
 obgleich ihre Heere schon vorher gegeneinander fochten, betrachteten
 sich doch diese Staaten nicht als im Kriegszustand, sondern, mit
 Ausnahme der im Felde stehenden Truppen, als noch im Frieden
 befindlich. Ebenso galt es auf See. Zwischen Frankreich und Spanien
 bestand ein Defensivbündnis, nach dem Frankreich in bestimmten Fällen
 (siehe auch Band I, Seite 598) Spanien eine Hilfsflotte zu stellen
 hatte.

 Diese Hilfe sollte allerdings keine Feindseligkeit gegen England in
 sich schließen, die den Frieden zwischen England und Frankreich
 verletzte. Französische Kriegsschiffe waren danach, so lange sie mit
 der spanischen Flotte den Abmachungen des Vertrages gemäß
 zusammenwirkten, Feinde Englands, nicht aber der französische Staat und
 seine sonstigen Streitkräfte zu Wasser und zu Lande. Auf Grund dieses
 Vertrages sandte nun Frankreich schon 1740 ein Geschwader nach
 Westindien, mit dem Befehl, die spanischen Schiffe und Kolonien zu
 schützen; 1741 deckten französische Kriegsschiffe im Verein mit der
 spanischen Flotte einen Truppentransport von Spanien nach Italien und
 Frankreich gewährte dann der spanischen Flotte Unterschlupf in Toulon;
 1744 wurde, sogar noch ehe der Krieg erklärt war, die erste Seeschlacht
 vor Toulon mit den Engländern geschlagen, als eine französische Flotte
 die spanische nach Spanien begleitete. Da mutet es denn seltsam an,
 wenn sich französische Geschichtsschreiber mit großem Ernst über
 einzelne Angriffe englischer Schiffe auf französische vor 1744 unter
 dem Einwurfe beklagen, daß kein offener Krieg bestanden hätte;
 anderseits hatte ja allerdings England diese eigentümliche Auffassung
 in dem französisch-spanischen Vertrage gewissermaßen dadurch als
 berechtigt anerkannt, daß es aus dem beschriebenen Auftreten der
 französischen Seestreitkräfte keinen casus belli machte.


                  Der allgemeine Verlauf des Krieges.

Da der Seekrieg nur in loser Verbindung mit dem großen europäischen
Landkriege stand, so genügt es, über diesen einen Überblick zu geben. Ein
solcher ist jedoch wünschenswert, um zu zeigen, inwieweit die Gegner im
Seekriege durch den Landkrieg in Anspruch genommen waren und inwieweit
der erste auf den zweiten einwirkte; auch werden dabei die Gründe für die
Gruppierung der Staaten etwas klarer werden. Der Verlauf des Seekrieges
wird hierbei zunächst nur angedeutet werden.

 $Der Englisch-Spanische Seekrieg 1739-1744$ wurde nur von den
 Engländern angriffsweise geführt, die in erster Linie gegen die
 spanischen Besitzungen in Westindien vorgingen; hier war Spanien am
 leichtesten zu verwunden. Schon im Juli 1739, noch vor der
 Kriegserklärung, lief die erste Expedition aus, und die Jahre 1739-1744
 brachten dann eine Reihe von Angriffen auf die wichtigsten
 spanisch-westindischen Küstenstädte. Mit ungenügenden Mitteln
 unternommen und nicht tatkräftig durchgeführt, blieben sie jedoch
 sämtlich ohne entscheidenden Erfolg. In den europäischen Gewässern
 beschränkte sich die Tätigkeit der englischen Marine auf die
 Überwachung der spanischen Küsten -- um die feindlichen Kriegsschiffe
 und Freibeuter festzuhalten, sowie den Handel zu unterbinden -- und auf
 die Aufgaben, die der Landkrieg in Italien für die Seestreitkräfte im
 Mittelmeer brachte; aber auch hierin war man nicht überall und nicht
 andauernd glücklich. Selbst im kleinen Kriege errang England keine
 Vorteile; die Spanier fügten in den westindischen und in den
 europäischen Gewässern dem viel bedeutenderen englischen Seehandel mehr
 Schaden zu als sie von England überhaupt erleiden konnten. Der Schutz,
 den die französische Marine der spanischen zuteil werden ließ, lähmte
 allerdings wohl etwas die Tätigkeit der englischen, aber noch mehr
 trugen verschiedene andere selbstverschuldete Übelstände dazu bei, daß
 England bis zum Jahre 1744, als der förmliche Krieg mit Frankreich
 ausbrach, Spanien gegenüber noch nichts erreicht hatte.

$Der Österreichische Erbfolgekrieg von 1740-1748$ (einschließlich des
=ersten Schlesischen Krieges=). Im November 1740 rückte =Friedrich= II.
in Schlesien ein, bot aber gleichzeitig =Maria Theresia= gegen Abtretung
dieser Provinz die Hilfe seiner Waffen und Geldunterstützung zur
Erhaltung ihres übrigen Erbes sowie auch seine Stimme für die Kaiserwahl
ihres Gemahls =Franz Stephan= an. Die hochherzige Frau wies das
Anerbieten schroff zurück. Da in Schlesien nur wenige Truppen standen und
die Festungen verwahrlost waren, bekam Friedrich die Provinz in kurzer
Zeit bis auf =Neiße= in seine Hand und schlug auch den Feldmarschall
=Neipperg=, der von Böhmen heranrückte, wieder aus dem Lande (=Schlacht
bei Mollwitz=, 17. April 1741).

Den ersten Angriff auf Österreich hätte man wohl von =Karl Albert von
Bayern=, dem Haupterbprätendenten, erwarten müssen, doch fand dieser
nicht sofort die erwünschte Unterstützung durch Frankreich. Der Kardinal
=Fleury= hätte zwar gern in Deutschland drei bis vier größere Staaten
gesehen, unter sich uneinig und keine der französischen Macht gewachsen,
dennoch zögerte er lange, einzugreifen. Nach den Erfolgen Preußens kam
jedoch der =Vertrag von Nymphenburg= (Mai 1741) zwischen Frankreich,
Spanien und Bayern zustande, in dem Frankreich versprach, für Bayern ein
Heer zu stellen, Hilfsgelder zu zahlen und die Wahl des Kurfürsten zum
Kaiser zu unterstützen; diesem Vertrage schlossen sich im August Preußen
und Sachsen an. =Friedrich= II. sicherte sich dadurch französische Hilfe
gegen Hannover. =Georg= II. =von England= hatte hier Truppen
zusammengezogen, sah aber jetzt von einem Eingreifen ab und versuchte
zwischen Österreich und Preußen zu vermitteln. =Friedrich= II. war den
Sommer 1741 in Schlesien stehen geblieben, mit Vermehrung und
Verbesserung seiner Reiterei beschäftigt, und hielt so die vorläufig
einzige österreichische Feldarmee in Schach. Erst als =Neipperg= aufs
neue vorrückte, brach auch er wieder auf (September); es kam aber nicht
zum Schlagen, sondern man schloß eine geheime Konvention
(=Klein-Schellendorf=, 9. Oktober) ab, nach der Preußen die eroberte
Provinz bis zur Neiße behielt. =Maria Theresia= gab nach, um Neippergs
Heer gegen ihre anderen Gegner frei zu bekommen.

Bayern und Franzosen waren nämlich im Sommer 1741 in Österreich bis nahe
vor Wien eingedrungen. Dann zog der größere Teil ihres Heeres nach Böhmen
und auch die Sachsen rückten dort ein; gemeinsam wurde Prag erobert und
=Karl Albert= hier zum König gekrönt (Dezember 1741). Bald darauf wurde
Karl Albert zum Deutschen Kaiser erwählt und in Frankfurt gekrönt (12.
Februar 1742). =Maria Theresia= hatte aber Zeit zum Rüsten gewonnen und
vor allem Ungarn durch Zusicherung größerer Selbstständigkeit zu
außerordentlichen Leistungen bewogen. Der ungarische Heerbann, durch
reguläre Truppen unterstützt, eroberte unter =Khevenhüller=
Oberösterreich zurück und drang in Bayern ein (12. Februar 1742 in
München). Ein zweites Heer unter =Karl von Lothringen= hatte weniger
Erfolg. Zur Deckung Prags war es zu spät gekommen und =Friedrich= II.
hatte wieder die Waffen ergriffen, weil Österreich die Konvention nicht
geheim gehalten hatte.

Der König drang im Frühjahr 1742 durch Mähren bis nahe vor Wien vor. Zwar
mußte er, von den Sachsen schlecht unterstützt, wieder nach Böhmen
zurückgehen, als =Karl von Lothringen=, durch Truppen Khevenhüllers
verstärkt, heranrückte, aber dann schlug er seinen Gegner, der sich
zwischen ihn und Prag schieben wollte, bei =Czaslau und Chotusitz= (17.
Mai 1742). Diesen Erfolg benützte =Friedrich= II. unter nachdrücklicher
Vermittlung Englands sofort, um sich durch raschen =Friedensschluß=
(=Breslau=, 11. Juni 1742) Schlesien zu sichern. Von Preußen nicht mehr
bedroht, erzwangen die Österreicher den Abzug ihrer Gegner aus Böhmen,
die Prag im Dezember 1742 räumten. Sie eroberten dann auch Bayern zurück
(Frühjahr 1743), wo die Verbündeten wieder vorgedrungen waren; die
Franzosen zogen ab, die bayerischen Truppen wurden in neutrale Quartiere
verwiesen.

Um diese Zeit gingen nach =Walpoles= Rücktritt auch England und Holland
tatkräftig für Österreich vor. =Georg= II. zog (April 1743) in Belgien
englische, holländische, österreichische und hessische Truppen zusammen,
die sogenannte »Pragmatische Armee«, führte sie rheinaufwärts, trieb
durch den Sieg bei =Dettingen= (27. Juni 1743) ein neu eingedrungenes
französisches Heer (=Herzog von Noailles=) über den Rhein zurück und nahm
Worms ein; später ging die pragmatische Armee nach den Niederlanden. Der
»Wanderkaiser« =Karl= VII. saß verlassen in Frankfurt.

=In Italien= behauptete die österreichische Sache das Gleichgewicht. Im
Anfang des Jahres 1742 waren die Spanier in =Genua= und =Toskana=
gelandet, unbehindert durch englische Seestreitkräfte, da eine
französische Flotte die spanische begleitete. Zu ihrer Unterstützung
kamen Truppen des Königreichs Beider Sizilien heran, aber England erzwang
deren Rückberufung durch eine Flottendemonstration vor =Neapel= (August
1742). Schon im Februar 1742 hatte sich Sardinien für Österreich erklärt;
König =Karl Emanuel=, der anfangs zu Frankreich-Spanien neigte, ließ sich
von England durch Hilfsgelder und das Versprechen, im Mittelmeer eine
starke Flotte zu halten, sowie von Österreich durch Zusicherung von
Gebietsteilen im Mailändischen gewinnen. Nun besetzten zwar überlegene
französisch-spanische Streitkräfte im Winter 1742/43 Savoyen, vermochten
aber weder in Norditalien, noch in Toskana weiter vorzudringen.

 =Die englische Flotte= hinderte ferner Landungen der Spanier in Genua
 und blockierte die spanische Flotte vom Mai 1742 bis zum Mai 1744 in
 Toulon. Kardinal =Fleury= konnte hieraus, sowie aus dem Verhalten
 Sardiniens und Neapels den Lohn für seine Vernachlässigung der Marine
 entnehmen.

$Neue Bündnisse.$ Die Erfolge des Jahres 1743 führten Österreich, England
und Sardinien zu engerem Zusammenschluß. Im =Traktat zu Worms= (13.
September 1743 im Hauptquartier Georgs II.) erkannte Sardinien die
pragmatische Sanktion an und erhielt dafür einen Teil der Lombardei;
England verpflichtete sich zur Stellung einer starken Flotte und zur
Zahlung von 200000 Pfund Sterling; gegenseitig garantierten sich die
Staaten ihren Besitz von 1739, also »=vor= dem Frieden von Breslau«.
Ferner schlossen Österreich und Sachsen (Dezember 1743), sowie Sachsen
und Rußland (Februar 1744) ein Defensivbündnis. Auch die Gegner blieben
nicht untätig. Frankreich erneuerte nach Fleurys Tode seinen Vertrag mit
Spanien: Mailand und Parma sollten als eine weitere Sekundogenitur, wie
es Neapel schon war, an Spanien fallen; Gibraltar und Port Mahon wollte
man zurückerobern und sonstigen englischen Übergriffen (in Westindien
und Florida) steuern. =Frankreich= begünstigte außerdem die
Vorbereitungen des letzten Stuart Karl Eduard für eine Erhebung in
Schottland und =erklärte jetzt den Krieg= an England (März 1744, nach der
Seeschlacht vor Toulon) und an Österreich (April). Auch =Friedrich= II.
rüstete zu neuem Waffengange; durch den Wormser Traktat sah er sich im
Besitze Schlesiens bedroht, der Vertrag Österreichs mit Sachsen richtete
seine Spitze offenbar gegen ihn und eine Spannung mit Georg II. über den
Besitz Ostfrieslands trat hinzu. Sein Versuch, die deutschen Fürsten
unter preußisch-bayerischer Führung zu einigen, um die fremden Mächte von
Deutschland auszuschließen, war fehlgeschlagen, nun schloß er (=Paris= 5.
Juni 1744) ein neues Bündnis mit Frankreich »zum Schutze Kaiser Karls
VII.«; ein ähnlicher Vertrag mit Bayern und Kurpfalz war vorhergegangen
(=Frankfurter Union=, 22. Mai).

$Der Krieg von 1744-1746$ (=einschließlich des Zweiten Schlesischen
Krieges=). Frankreich führte im Jahre 1744 den Krieg nur lau. In Belgien
wurden unter Ludwigs XV. persönlicher Führung einige Städte genommen; ein
zweites Heer am Oberrhein wagte jedoch nicht, diesen Fluß zu
überschreiten, sondern zog die Bayern zu sich herüber. Dagegen gingen die
Österreicher (=Karl von Lothringen=) über den Rhein und drangen im Elsaß
vor. Ludwig kam zwar mit der Hälfte des flandernschen Heeres heran, aber
seine Erkrankung lähmte die Unternehmungen. Jetzt eröffnete =Friedrich=
II. den Feldzug. Er rückte durch Sachsen und aus Schlesien in Böhmen ein.
Die Österreicher wurden dadurch gezwungen, über den Rhein zurückzugehen
und auch Bayern zu räumen, aber nur langsam folgten die Franzosen und die
Bayern nach. Unbehindert konnte Karl von Lothringen sein Heer nach Böhmen
führen und Friedrich wurde unter großen Verlusten nach Schlesien
zurückgedrängt (Dezember 1744). In Süddeutschland kam es im Winter
1744/45 noch zu einigen Kämpfen. Als aber Kaiser Karl gestorben war
(Januar 1745), stimmte sein Sohn der pragmatischen Sanktion sowie der
Kaiserwahl Franz Stephans zu und schloß Frieden mit Österreich (April);
auch die Franzosen räumten Deutschland (Juli) und verlegten den
Hauptkriegsschauplatz nach Belgien.

 Vielleicht wäre es für Frankreich richtiger gewesen, Österreich in
 seinem entfernt liegenden und schwer zu verteidigenden Besitze,
 Belgien, hauptsächlich anzugreifen. Mit dem Vordringen über den Rhein
 und durch Deutschland hin reichte man aber Preußen die Hand, dessen
 militärische Macht sich zum ersten Male zeigte. In Belgien dagegen
 hätte der französische Angriff auch die Seemächte empfindlich
 getroffen, die stets auf das Eindringen der Franzosen eifersüchtig
 waren. So ist es wohl unterlassen, um den förmlichen Krieg mit diesen
 noch zu vermeiden. Als es aber später geschah, hat es sicher dazu
 beigetragen, die Tätigkeit der englischen Marine, in den fernen
 Gewässern besonders, zu lähmen; man wandte in England nun dem
 Landkriege mehr Aufmerksamkeit zu, als richtig war.

$Friedrich II.$ stand 1745 allein da; Österreich und Sachsen schlossen im
März einen neuen Vertrag zu einem Einfall in Schlesien. Jetzt bewies der
König seine Größe und vereitelte durch die Siege über Erzherzog Karl bei
=Hohenfriedberg= (4. Juni 1745) und =Soor= (30. September) den Einfall.
Als dann die Gegner wieder in Schlesien einbrechen und gleichzeitig mit
der sächsischen Hauptmacht, verstärkt durch die am Rhein freigewordenen
österreichischen Truppen, von Dresden her die Mark angreifen wollten,
schlug er Karl von Lothringen aufs neue bei =Katholisch-Hennersdorf=,
23./24. November, und marschierte auf Dresden; Lothringen folgte.
=Leopold von Dessau=, der das andere feindliche Heer zu beobachten hatte,
griff dieses inzwischen auf ausdrücklichen Befehl des Königs trotz seiner
schwächeren Kräfte an und schlug es vernichtend bei =Kesselsdorf= (15.
Dezember), als der König bei Meißen und Karl bei Dresden angekommen
waren. Dieser ging dann mit den Trümmern des geschlagenen Heeres nach
Böhmen zurück; Friedrich zog in Dresden ein. Er zwang hierdurch Sachsen
zum Nachgeben und auch Österreich war nicht geneigt, den Krieg allein
fortzuführen. Am 25. Dezember 1745 wurde =der Friede von Dresden=
geschlossen; der König behielt Schlesien und erkannte dafür Franz Stephan
an, der schon am 13. September als =Franz= I. zum Kaiser gewählt und am
4. Oktober gekrönt war. =Der Krieg in Deutschland war zu Ende.=

Auch anderwärts stand die österreichische Sache ungünstig. Im Frühjahr
1745 waren die Franzosen mit starker Macht in =Belgien= aufgetreten. Sie
nahmen wichtige Städte ein und der Marschall =Moritz von Sachsen= siegte
bei Fontenay (11. April) über den Herzog von Cumberland; am 21. Februar
besetzten die Franzosen Brüssel und bedrohten Holland selbst.

 Im Mittelmeer fand am 22. Februar 1744 die =Seeschlacht vor Toulon=
 statt, als die französische Flotte die spanische von genanntem Hafen
 nach der italienischen oder spanischen Küste geleiten wollte. Sie blieb
 unentschieden.

=In Norditalien= eroberte ein französisch-spanisch-neapolitanisches Heer
1745 Piemont und fast die ganze Lombardei. Erst als nach dem
Frieden von Dresden Österreichs Truppen in Deutschland frei
wurden, konnte es in Italien das Gleichgewicht wieder herstellen. Das
österreichisch-sardinische Heer vertrieb 1746 die Franzosen, die Spanier
gingen von Genua aus in die Heimat zurück; die Sieger besetzten diese
Stadt und drangen sogar in die Provence ein, in beidem von der englischen
Flotte unterstützt. Ein von Frankreich begünstigter Aufstand in Genua
rief sie dann aber zurück, und eine neue Belagerung dieser Stadt mußte
aufgegeben werden, als die Franzosen wieder über Nizza (1747) vordrangen.

$Die Erhebung Schottlands.$ Der Niedergang der österreichischen Sache in
Belgien hing mit der Gefahr zusammen, die dem Hause Hannover in England
durch eine Erhebung der Schotten zugunsten der Stuarts drohte. =Jakob=
III. lebte nach seinem letzten Ringen um die Krone Großbritanniens (1708;
vgl. Band I, Seite 522) in Rom. Von hier ging 1743 sein Sohn =Karl
Eduard= (gewöhnlich »der junge Prätendent« genannt) nach Paris, um mit
Frankreichs Hilfe einen neuen Versuch zu wagen; der Kampf Englands mit
den Bourbons, die geringe Beliebtheit des Hauses Hannover in England,
die Anhänglichkeit der Schotten an die Stuarts, sowie ihre Abneigung
gegen eine Verbindung mit England ließen die Gelegenheit günstig
erscheinen. Frankreich war dem Unternehmen geneigt, das England vom
Festlandskriege abziehen mußte und wollte 1744 14 000 Mann nach
Schottland übersetzen, aber diese Expedition -- das einzige
Angriffsunternehmen Frankreichs zur See in diesem Kriege -- scheiterte
infolge verzögerter Ausrüstung, ungünstiger Wetterverhältnisse und der
Übermacht der englischen Seestreitkräfte.

Erst im Juli 1745 kam Karl Eduard mit nur wenigen Begleitern nach
Schottland. Verschiedene Clans standen für ihn auf. England war völlig
überrascht und hatte nur wenige Truppen zur Verfügung; seine schwachen
Garnisonen räumten Schottland. Der Prinz bemächtigte sich Edinburghs (im
September), rückte in England ein, schlug ein englisches Korps und drang
bis auf acht Tagemärsche an London heran. Das englische Volk zeigte sich
meist gleichgültig, teilweise sogar feindlich gegen die eigene Dynastie,
deren Lage bei dem Mangel an Truppen gefährdet erschien, um so mehr da
eine französische Landung vorbereitet wurde. In London begann der Kredit
zu wanken, die Bank wurde fast gestürmt. Aber jetzt weigerten sich die
Schotten weiterzumarschieren. Karl Eduard mußte nach Schottland zurück
und wurde bei =Culloden= (16. April 1746) vom =Herzog von Cumberland=
vernichtend geschlagen. Dieser war mit Truppen von Belgien
herübergerufen; meist Hessen im Solde Hollands, das nach altem Vertrag
verpflichtet war, England bei drohendem Einfall Truppen zu stellen. Der
letzte Versuch der Stuarts war gescheitert, =Karl Eduard= irrte fünf
Monate umher und floh dann nach Frankreich; aber sein Aufstand war doch
von lähmendem Einfluß auf Englands Kriegführung zur See gewesen.

$Das Ende des Erbfolgekrieges.$ Die Franzosen machten 1746 immer raschere
Fortschritte in =Belgien=; alle wichtigen Städte, auch Antwerpen
und Namur, fielen in ihre Hände; =Moritz von Sachsen= erfocht bei
=Rocourt= (11. Oktober 1746) einen zweiten glänzenden Sieg über
Cumberland und Karl von Lothringen. 1747 siegten die Franzosen nochmals
bei =Maastricht= (2. Juli) und nahmen Bergen op Zoom (16. September); am
11. Mai 1748 fiel auch Maastricht. Schon vor Einnahme dieser wichtigsten
Festung waren Friedensunterhandlungen im Gange, und als jetzt die
Franzosen mit dem Einbruch in Holland drohten, kam es zum Frieden,
zunächst zwischen Frankreich und England-Holland.

 In dem $See- und Kolonialkriege Englands gegen Frankreich und Spanien
 1744-1748$ behauptete England schließlich das Übergewicht. Wie Spanien
 schon bisher, so war auch =Frankreich= infolge der Schwäche seiner
 Marine genötigt, sich in der Verteidigung zu halten. Wie schon erwähnt,
 hatte es nur einmal, noch vor der Kriegserklärung, einen Offensivstoß
 versucht (einen Einfall in England zugunsten Karl Eduards), der aber
 nur bei völliger Überraschung des Gegners hätte gelingen können. Später
 beschränkte sich Frankreich auf den Schutz seiner Kolonien und auf den
 kleinen Krieg gegen den feindlichen Handel. =England= führte den
 Seekrieg zunächst nicht energischer als bisher gegen Spanien allein.
 Die Tätigkeit seiner Seemacht wurde durch verschiedene Umstände gelähmt
 -- Vernachlässigung der Marine während der langen Friedenszeit, Mangel
 an frischem Geiste in ihr, vor allem aber durch unrichtige und
 schwächliche Verwendung der überlegenen Flotte --, und so blieb
 natürlich der Erfolg aus. Es gelang nicht, die feindlichen Häfen zu
 sperren und so die Gegner von ihren Kolonien abzuschneiden.

 In Westindien, worauf die Franzosen den Hauptwert legten, und wo auch
 die Spanier den größeren Teil ihrer Seestreitkräfte hielten, vermochten
 die Engländer nichts auszurichten; in Nordamerika eroberten zwar die
 englischen Kolonisten, von der Flotte unterstützt, die wichtige Festung
 =Louisbourg= und hielten sie bis zum Friedensschluß, mehr errangen sie
 jedoch nicht, da sie keine Unterstützung erhielten; in Ostindien gelang
 es sogar den Franzosen, =Madras= (1746) zu nehmen und den englischen
 Angriff auf Pondicherry (1748) abzuschlagen und so bei den indischen
 Fürsten das Ansehen Frankreichs über das Englands zu heben. Selbst im
 kleinen Kriege war England nicht imstande, seine Handelsschiffahrt vor
 großen Verlusten durch Freibeuter und einzelne Kriegsschiffe der Gegner
 zu bewahren, wenn es auch deren Handel gleichfalls großen Schaden
 zufügte.

 Erst nach und nach, besonders vom Jahre 1747 an, wurde es besser. Die
 englische Marine erstarkte dauernd an Zahl der Schiffe und innerem
 Wert, die der Gegner gingen abwärts infolge von Verlusten und von
 Vernachlässigung, die französische Seemacht wurde schließlich durch die
 Vernichtung von zwei stattlichen Geschwadern in den =Seeschlachten bei
 Kap Finisterre= (im Mai und Oktober 1747) völlig lahmgelegt; auch die
 Freibeuter ihrer Gegner hatten die Engländer nach und nach größtenteils
 weggefangen. Jetzt war England imstande, Frankreich und Spanien von
 ihren Kolonien gänzlich abzuschließen, ihren Handel fast völlig zu
 vernichten, dagegen den eigenen Seehandel wirksam zu schützen, der
 übrigens in seiner Gesamtheit trotz der Verluste mit dem Schwinden des
 feindlichen stets zugenommen hatte.

 Diese Umstände trugen wesentlich dazu bei, Frankreich dem Frieden
 geneigt zu machen.

$Der Frieden zu Aachen 1748$ beschloß den für alle Beteiligten ergebnis-
und aussichtslosen Krieg.

Frankreich hatte zwar Ruhm und Eroberungen in den Niederlanden geerntet,
aber mit jedem Jahre wuchs die Geldverlegenheit der Regierung und die Not
des Volkes, die überwiegend die erwerbenden Klassen traf; das Land war
erschöpft. Frankreich trug die Last des Krieges auch für seine
Verbündeten, die häufige Anwesenheit des Königs bei den Heeren vermehrte
die Kosten noch, während von den gewaltigen Brandschatzungen in
Feindesland nichts in die öffentlichen Kassen floß. Der französische
Seehandel litt schwer und sah sich nach den Unfällen der Marine im
letzten Jahre ebenso wie die Kolonien immer mehr der englischen Seemacht
preisgegeben. Selbst die Behauptung der Eroberungen in den Niederlanden
schien unsicher, da die Seemächte noch während der Friedensverhandlungen
im Verein mit Österreich und Sardinien beträchtliche Streitkräfte in den
Niederlanden und in Italien aufstellten, um unter allen Umständen die
Erhaltung Hollands durchzusetzen. Sogar Rußland ließ, von England und
Österreich gewonnen, ein Heer in englischem Solde nach dem Rhein
marschieren.

Aber auch die Seemächte waren zum Frieden geneigt. Holland sah sich durch
einen französischen Einfall bedroht, England mußte zugunsten seiner
Handelsübermacht unbedingt Holland halten und durfte aus demselben Grunde
auch die österreichischen Niederlande nicht in französischen Händen
lassen, mußte also Frieden schließen, so lange dies dadurch noch zu
verhindern war. Die Seemächte trugen, wie früher, die Gesamtkosten; in
erster Linie England, dessen Staatsschuld trotz großer Erhöhung der
Steuern schon von 50 Millionen Pfund Sterling im Jahre 1739 auf 78
Millionen angewachsen war. Österreich und die kleineren Staaten
vermochten nicht ohne das Geld der Seemächte weiter zu kämpfen, und so
einigten sich zunächst England und Holland im geheimen mit Frankreich
über die Grundlagen des Friedens (30. April 1748); die Bundesgenossen
wollte man, wenn erforderlich, zur Beistimmung zwingen.

Nach den =Friedensbedingungen= beurteilt, ist wohl nie ein Krieg mit so
vielen Kämpfen und so bedeutenden Verlusten an Geld und Blut so
ergebnislos verlaufen wie dieser. Im wesentlichen wurde der Besitzstand
vor dem Kriege wiederhergestellt und die Eroberungen zurückgegeben. Für
Österreich wurde die pragmatische Sanktion, für das Haus Hannover die
britische Thronfolge und für Preußen der Besitz von Schlesien
gewährleistet. Österreich mußte Parma und Piacenza als eine zweite
Sekundogenitur an Spanien, mailändisches Gebiet an Sardinien abtreten;
seine Niederlande, in denen wie früher die Barrierefestungen von Holland
mitbesetzt werden sollten, erhielt es zurück. Frankreich und England
tauschten Madras und Louisbourg wieder aus und die Abmachungen über die
neutralen Inseln in Westindien (vgl. Seite 9) wurden erneuert. Frankreich
verpflichtete sich aufs neue, Dünkirchen nach der Seeseite nicht zu
befestigen und Glieder der Familie Stuart weder zu unterstützen, noch
auch in seinem Lande zu dulden.

Dagegen blieb die Grenzfrage zwischen den englischen und französischen
Kolonien in Nordamerika, besonders in Neubraunschweig, sowie über das
Besiedlungsrecht im Ohiotal ungeregelt. Ebenso wurden die
Hauptstreitpunkte zwischen England und Spanien nicht aus der Welt
geschafft: das Recht zur Untersuchung englischer Schiffe durch die
Spanier wurde nicht aufgehoben; die geforderte Entschädigung englischer
Rheder sowie die Abgrenzung zwischen Florida und Georgia sollten auf
diplomatischem Wege geregelt werden und man wußte doch, wie wenig dabei
herauskommen würde. Nur der Assientovertrag wurde auf vier Jahre
erneuert.

 Als =wichtige politische Folge= des Krieges, hervorgerufen durch das
 fortgesetzte Mißgeschick im Felde, erscheint die Wahl des Prinzen
 =Wilhelm von Nassau=, Statthalters von Friesland und Geldern, zum
 =Statthalter= aller sieben Provinzen, zum Generalkapitän und
 =Admiralgeneral= seitens der alten Volkspartei, womit die sogenannte
 zweite statthalterlose Zeit ihr Ende fand.

Der Frieden wurde von Frankreich und den Seemächten am 18. Oktober 1748
unterzeichnet; Österreich trat am 23. Oktober bei und Preußen, Spanien,
Sardinien schlossen sich an. Da Maria Theresia nur gezwungen auf
Schlesien verzichtete und da die wichtigsten Fragen zwischen England und
Frankreich-Spanien unberührt gelassen waren, =trug der Friede den Keim zu
neuem Kriege in sich=.


                         Die Streitmittel[40].

$Frankreich.$ Die Quellenangaben über den =Schiffsbestand= um 1740
schwanken. Man kann ihn zu 45-50 Linienschiffen (von 50 Kanonen und
darüber) und zu 15-20 großen Fregatten (hierunter wohl auch Schiffe mit
40-50 Kanonen verstanden), sowie etwa 50 kleineren Schiffen und
Fahrzeugen annehmen. Hinzu traten im Mittelmeer 60 Galeeren, auf die man
aber kaum noch Wert legte. Unter den Linienschiffen scheinen sich keine
mit über 80 Kanonen (Dreidecker) befunden zu haben; jedenfalls sind
solche im Kriege nicht zur Verwendung gekommen. Die Schiffe waren
großenteils in schlechtem Zustande, die Werften nicht leistungsfähig, die
Arsenale und Magazine leer.

 [40] Die innere Geschichte der Marinen Frankreichs und Englands ist
      schon im Kapitel II (Seite 24 ff.) behandelt; dort sind auch
      (Seite 33 ff.) die Marinen auf ihren inneren Wert -- Material und
      Personal betreffend -- gegeneinander abgewogen. So genügen hier
      die Angaben über den Schiffsbestand zur Zeit des zu besprechenden
      Krieges. Diese sind hauptsächlich nach Charnock, Teil III,
      zusammengestellt. Charnock gibt für den Anfang des Krieges nur
      summarische Mitteilungen, für die Verluste und den Bestand um 1748
      Namen und Kanonenzahl der Schiffe. Ähnliche Zusammenstellungen
      über den Verlust von Schiffen wie in Charnock -- englische,
      französische, spanische, auch mit den Schiffsnamen -- sind in
      »Clowes«, Teil III, Seite 310, zu finden.

Die Zahl der =Offiziere, Deck- und Unteroffiziere= war zwar in den
letzten Jahrzehnten sehr verringert, reichte jedoch für die Schiffe aus,
die in Dienst gestellt wurden. Ebenso machte sich kein Mangel an
=Mannschaften= fühlbar, da die Inskription wieder geregelt war. Infolge
der seltenen Indienststellungen im Frieden und später im Kriege fehlte
jedoch dem Gesamtpersonal die Übung.

 Eine Unterstützung, besonders auf dem ostindischen Kriegsschauplatze,
 fand die Marine in den großen =Schiffen der Compagnie des Indes=, die
 mehr Kanonen (bis zu 60) an Bord nehmen konnten, als sie gewöhnlich
 führten (20-30). Man darf sie aber nicht als vollwertige Kriegsschiffe
 betrachten; darauf gebaut, viel Ladung und wenig Geschütze an Bord zu
 nehmen, vermochten sie im umgekehrten Falle nur wenig Segel zu führen.
 Auf größeren Seereisen konnten sie nur 30-38 Kanonen führen und auch
 nur Kanonen der Mittelartillerie (8-Pfünder, 12-Pfünder, vereinzelt
 18-Pfünder). Die Offiziere der Kompagnie waren gute Seeleute, aber
 keine Seeoffiziere; die Mannschaft war noch weniger militärisch geübt;
 die Disziplin ließ bei beiden zu wünschen übrig.

=Der Verlust an Schiffen= während des Krieges betrug: 22 Linienschiffe, 4
Schiffe zu 40-46 Kanonen, 13 zu 24-32, 7 zu 20 Kanonen, 9 kleinere
Fahrzeuge; insgesamt 55 Segel. Einige Neubauten traten hinzu, und so war
=der Schiffsbestand um= 1748: 31 Linienschiffe und 8 im Bau.

$Spanien$ besaß um 1739 kaum 40 =Linienschiffe=. Unter diesen befanden
sich einige sehr gute Neubauten, aber auch manche, die nicht als
vollwertig gelten konnten, da sie für die Überführung der Schätze
Amerikas eigentlich nur gegen Freibeuter armiert waren. Chabaud-Arnault
(siehe Quellenverzeichnis) gibt 50 Linienschiffe an, von denen jedoch nur
etwa die Hälfte brauchbar gewesen sei. Beiden Angaben entspricht der
Umstand, daß nach der Schilderung der kriegerischen Ereignisse 20 bis
höchstens 30 Linienschiffe gleichzeitig tätig waren. Die spanischen
=Seeoffiziere= bewiesen sich tapfer, aber als Seeleute vielfach unfähig;
die =Mannschaften= wurden aus allen Berufsarten gepreßt, schlecht
gekleidet, verpflegt und bezahlt. Die Werften waren wenig leistungsfähig.

Die =Schiffsverluste= betrugen: 17 Linienschiffe und 5 Fregatten; die
spanische Marine stand mithin beim Schluß des Krieges noch weit schwächer
da als die französische.

$England.$ Die völlige Vernachlässigung der französischen Marine von 1714
an wirkte dahin, daß man auch in England den Werften, der Erhaltung und
dem Neubau der Schiffe nicht die bisherige Sorge zuwandte. Aber immerhin
betrug 1739 =der Bestand= in Dienst gestellter oder zu Indienststellung
bereiter Schiffe: 2 zu 100 Kanonen, 3 zu 90, 11 zu 80, 16 zu 70, 44 zu
50-60 Kanonen; also 81 Linienschiffe. Dazu traten 35 Fregatten zu 30-44
Kanonen und eine Menge kleinerer Fahrzeuge. Im ganzen waren 140 =Schiffe
mit mehr als je= 20 =Kanonen= vorhanden. Die Hilfsmittel des Landes
machten es leicht, die Flotte zu verstärken; schon 1744, beim Ausbruch
des Krieges mit Frankreich, waren 90 Linienschiffe und 84 Fregatten mit
mehr als 20 Kanonen bereit.

=Der Verlust im Kriege= betrug: 13 Linienschiffe (nur zwei vom Feinde
genommen), 10 Schiffe zu 20-44 Kanonen (2 davon genommen), 24 kleinere (4
genommen). Aber obgleich auch noch während des Krieges eine große Zahl
von Schiffen als abgenutzt ausgemerzt wurde, war infolge von Neubau und
Einstellung genommener Schiffe =der Schiffsbestand um= 1748 gewachsen
auf: 4 Schiffe zu 100 Kanonen, 10 zu 90, 18 zu 80, 24 zu 70, 6 zu 64, 33
zu 60, 36 zu 50 Kanonen; also 131 Linienschiffe. Weiter waren vorhanden:
42 Fregatten zu 44 und 84 zu 20-36 Kanonen und eine Menge kleiner
Fahrzeuge; insgesamt zählte die Marine 313 Segel.

 Die Fregatten mit 30-36 Kanonen waren sämtlich dem Feinde abgenommen
 worden; England selber hatte also noch keine »eigentliche Fregatte«
 gebaut. =Bemerkenswert= ist ferner das Anwachsen der Zahl der Schiffe
 zwischen 20 und 44 Kanonen. Es war dies die Folge einer Denkschrift des
 alten Admirals =Sir John Norris= (siehe Band I), die auf den Mangel an
 Schiffen zum Schutz des Seehandels hinwies, als dieser große Verluste
 durch Freibeuter und Kreuzer erlitt, obgleich Englands »Flotten« die
 See beherrschten.

Hieraus ergibt sich die große =Übermacht Englands= Frankreich und Spanien
gegenüber schon um 1744; Spaniens Marine allein war in dem Kriege
1739-1744 der englischen gegenüber kaum zu rechnen und hatte bis 1777
schon mehrere Linienschiffe verloren (bei Cartagena, 1771, 6 sowie einige
in Einzelgefechten beim kleinen Kriege in den europäischen Gewässern).
Die französischen Schiffe und auch die neueren spanischen waren zwar
teilweise den englischen der gleichen Klasse an Stärke der Armierung
(Kaliber) überlegen, aber dafür war das englische Personal, wie erwähnt
(Kapitel II), tüchtiger. Augenfällig aber ist das Überwiegen Englands
gegen Ende des Krieges. Die Verbündeten hatten zusammen 38 Linienschiffe
verloren und konnten trotz einiger Neubauten den 131 Schlachtschiffen der
Engländer kaum über 50 entgegenstellen.

 =Troude= (Teil I, Seite 323) beziffert den französischen Verlust auf
 nur 18 Linienschiffe; er hat vielleicht die Schiffe der indischen
 Kompagnie nicht mitgerechnet, denn Lacour-Gayet, eine neuere Quelle,
 gibt wie Charnock 22 an. -- Chabaud-Arnault schreibt, 1747 seien 50
 Linienschiffe vorhanden gewesen, davon neun im Bau. Wenn Frankreich
 auch wirklich zehn mehr gehabt hat, als Charnock angibt, so bleibt doch
 immer die große Übermacht Englands zu Ende des Krieges bestehen;
 übrigens führt auch hier Lacour nur 40 an, einschließlich zehn im Bau.

$Holland$[41]. Der völlige Verfall der Marine von 1713-1740 ist bereits
erwähnt (Band I, Seite 500). Der =Schiffsbestand= um 1741 betrug 1 Schiff
zu 90 Kanonen (42 Jahre alt), 5 zu 72 (3 davon zwischen 1715 und 1719
erbaut), 8 zu 64 (davon 2 unbrauchbar, 2 im Bau), 15 zu 52-58, 13 zu 44,
1 zu 36, 6 zu 22, 2 zu 12-16 Kanonen. Weit über die Hälfte gehörten zur
Admiralität Amsterdam. Es hielt schwer, Mannschaften, besonders
Unteroffiziere, zu erhalten; die Schiffe waren schlecht im Stande, die
Offiziere ungeübt und überaltert. Während des Krieges wurden 12
Linienschiffe und 5 leichte Fregatten gebaut, aber eine wesentliche
Unterstützung konnte die holländische Marine der englischen zu keiner
Zeit bieten. 1744 verlangte England auf Grund des seit langen Jahren
bestehenden Vertrages die Gestellung von 15 Linienschiffen und 5 schweren
Fregatten; doch war dies nur mühsam zu bewirken und auch nicht während
des ganzen Krieges durchzuführen. Der jüngste und tüchtigste Admiral
jener Zeit urteilt, daß die Schiffe von ihrer ungeübten Besatzung
schlecht bedient, daß die Kommandanten und Offiziere, ja selbst der
Flottenchef, ohne jede Erfahrung in Flottenmanövern seien.

 [41] Nach =de Jonge=, Teil IV, Seite 252 ff.; dort findet man die
      Fortsetzung der inneren Geschichte der holländischen Marine nach
      1739.


                    Der Verlauf des Seekrieges[42].

                  Der Krieg in Westindien 1739-1744.

Ende Oktober 1739 erklärte England den Krieg an Spanien. Schon im Sommer
hatte man mit der Mobilmachung begonnen, Mannschaften eingezogen, Schiffe
in Dienst gestellt, die auswärtigen Stationen verstärkt und
Kaperbriefe ausgegeben. Das Hauptaugenmerk richtete man auf die
spanisch-amerikanischen Kolonien; hier war Spanien am leichtesten zu
verwunden, hier hoffte man auf reiche Beute. Man sendete eine Expedition
nach Westindien und eine nach dem Stillen Ozean; die letzte unter Kapitän
=George Anson= ging jedoch erst im Herbst 1740 ab, dagegen segelte der
Vizeadmiral =Edward Vernon= schon am 24. Juli 1739 =nach Westindien=.

 [42] Besonders benutzte Quellen: Clowes Band III; Lacour I; Mahan
      Band I; Chab.-Arnault; Bonfils Band II; über die Angriffe auf
      Küstenstädte auch Colomb. -- Die meisten englischen Quellen geben
      für diesen Krieg =das Datum= noch nach altem Stil, die
      französischen nach dem neuen. Bei unserer Schilderung ist die
      letztere Methode gewählt und nach bestem Wissen durchgeführt. Es
      sind jedoch Irrtümer, besonders bei weniger wichtigen Ereignissen,
      nicht ausgeschlossen, da die englischen Quellen anscheinend ihre
      Methode nicht immer genau durchgeführt haben.

 $Vernon$, geboren 1684 und seit 1706 Kapitän, stand in dem Rufe, die
 Verhältnisse in Westindien, besonders die Schwächen der Spanier, genau
 zu kennen, da er mehrere Jahre ein Schiff dort geführt hatte. Im
 Parlament erklärte er wiederholt, er würde imstande sein, Puerto Belo
 mit sechs Schiffen zu nehmen. Da er nun sehr populär, anderseits aber
 durch Ausfälle gegen die Regierung dieser unbequem war, gab man ihm
 jetzt das Kommando, um ihn für einige Zeit loszuwerden. Mit
 Überspringung des Kontreadmiralgrades wurde er Vizeadmiral und führte
 mehrere Jahre das Oberkommando in Westindien; nach England
 zurückgekehrt, wurde er 1745 Admiral und Chef eines Geschwaders im
 Kanal. In dieser Stellung protestierte er in schroffer Weise gegen
 Verfügungen der Admiralität und veröffentlichte auch gehässige Artikel
 über die Leitung der Marine. Obgleich er sonst ein tüchtiger und
 eifriger Offizier war, wurde er 1746 von der Liste der Flaggoffiziere
 gestrichen. Er starb 1757.

Ihm unterstanden neun Schiffe, von denen jedoch vier an der spanischen
Küste abgezweigt wurden, um zurückerwarteten spanischen Silberschiffen
aufzulauern. Am 23. Oktober erreichte Vernon Jamaika und übernahm das
Kommando der Station. Auf die Nachricht hin, daß in =Puerto Belo= -- dem
Ausgangshafen der Silberflotte, auf der Landenge von Panama gelegen --
die Bergwerksausbeute des letzten Jahres bereits von Panama zur
Einschiffung eingetroffen sei, segelte er am 5. November mit sechs
Schiffen -- 2 zu 70 Kanonen; 3 zu 60; 1 zu 50 -- und 200 Soldaten dahin
ab. In der Nacht vom 20. auf 21. November ankerte das Geschwader vor der
Bucht von Puerto Belo und nahm die Stadt am 22.

 $Die Einnahme von Puerto Belo Im November 1739.$ Die Stadt liegt an der
 Südostecke einer kleinen Bucht, die westöstlich läuft, gleichmäßig etwa
 zwei Seemeilen lang und eine Seemeile breit ist. Die Einfahrt wurde
 beherrscht durch ein Fort auf der Nordostecke, die Stadt selber
 schützten zwei Forts; die Befestigungen waren ziemlich stark. =Vernon=
 beabsichtigte, sein Geschwader in Kiellinie in die Bucht segeln zu
 lassen; die ersten drei Schiffe sollten das äußere Fort unter Abgabe
 ihrer Breitseiten passieren und sich vor die Befestigungen der Stadt
 legen, die anderen drei Schiffe, auf deren erstem sich der Admiral
 befand, vor dem äußeren Fort ankern, alle ihre großen Boote, im Schlepp
 und mit Soldaten bemannt, zu einer Landung bereit halten. Am 21.
 morgens wehte jedoch östlicher Wind und der Plan konnte nicht genau
 durchgeführt werden, da die Schiffe in die Bucht aufkreuzen mußten. Um
 zwei Uhr nachmittags eröffneten die ersten drei Schiffe das Feuer auf
 das Fort an der Einfahrt, das anfangs lebhaft, aber bald schwächer
 antwortete. Der Admiral, der noch nicht ganz heran war, rief die Boote
 zu sich und gab den Befehl zum Landen. Dann trat das Flaggschiff in den
 Kampf ein, die Schützen in den Marsen vertrieben die Gegner aus den
 unteren Batterien des Forts, die Gelandeten drangen ein und waren bald
 Herren der ganzen Befestigung. Mittlerweile war es dunkel geworden,
 ohne daß die drei ersten Schiffe bis zur Stadt hatten gelangen können;
 sie waren nach Westen (aus der Bucht hinaus) getrieben und mußten vor
 Anker gehen. Auch die Schiffe des Admirals ankerten jetzt; das
 Flaggschiff und sein Hintermann wechselten während der Nacht mit den
 Stadtforts Schüsse, die jedoch nicht viel Schaden taten. Am 22. morgens
 gab =Vernon= Befehl an alle Schiffe, sich in der kommenden Nacht an
 Puerto Belo heranzuwarpen[43]. Dieser neue Plan kam jedoch nicht zur
 Ausführung, weil sich die Stadt nach längeren Unterhandlungen noch an
 diesem Tage ergab. Der englische Verlust betrug nur sieben Tote und
 einige Verwundete. (Genaueres über diese Unternehmung vgl. Clowes Seite
 55 und Colomb Seite 322.)

 [43] Warpen: Ein Schiff mit Hilfe von (Warp-) Ankern und Trossen
      fortbewegen.

Die Garnison zog mit vollen militärischen Ehren ab; Schonung der Stadt
und des Privateigentums wurde zugesichert. Im Hafen lagen nur einige
kleine Fahrzeuge, aber die Engländer erbeuteten etwa 10000 Dollar
Staatsgelder, die Vernon sofort an seine Leute verteilte; die
Befestigungen wurden geschleift. Im Dezember ging das Geschwader nach
Jamaika zurück. Der Erfolg erregte großen Jubel in England, und die
Regierung beschloß, möglichst bald noch einige Schiffe, zwei Regimenter
Infanterie, sechs neuaufgestellte Regimenter Seesoldaten nach Westindien
zu senden, sowie auch 3000 Mann von den nordamerikanischen Kolonien
dorthin zu ziehen, um Vernon weitere und größere Unternehmungen zu
ermöglichen. Es verging jedoch das ganze Jahr 1740, bis diese Verstärkung
eintraf. =Vernon= blieb auf die schwachen Kräfte angewiesen, die genau
seiner Forderung im Parlament entsprachen; er kam dadurch fast in eine
üble Lage.

 Im Sommer 1740 versuchte eine Abteilung von wenigen Soldaten,
 unterstützt durch kleinere Schiffe der nordamerikanischen Station, von
 Südcarolina aus die spanische Stadt $St. Augustine in Florida zu
 nehmen$. Es wurden zwar zwei kleine Befestigungen am St. Johnsflusse
 besetzt und vor der genannten Stadt auf einer Insel Fuß gefaßt, aber
 das Unternehmen mußte doch aus Mangel an Streitkräften aufgegeben
 werden.

$Spanien$ scheint 1739 keine Seestreitkräfte von Bedeutung in Westindien
gehabt zu haben; was dort war, geleitete unter Admiral =Pizarro= die
Silberflotte dieses Jahres wohlbehalten heim. 1740 aber traf man
Vorbereitungen, die Kolonien zu schützen, und rief Frankreich, gemäß dem
bestehenden Vertrage, um Unterstützung an; der Kardinal =Fleury= sah sich
trotz seiner Friedensliebe durch die öffentliche Meinung gezwungen,
diesem Anspruch zu willfahren. Im Juli 1740 verließ ein starkes
spanisches Geschwader (wahrscheinlich 12 Linienschiffe) mit den Galeonen,
die jährlich nach Amerika zum Abholen der Silberschätze segelten, unter
Admiral =de Torres= Cadiz; es lief zunächst Ferrol an, traf im September
in Portoriko ein, besserte dort längere Zeit seine durch Sturm
beschädigten Schiffe aus, landete dann Truppen in Cartagena, ließ hier
sechs Schiffe unter =Don Blas de Leso= und ging endlich nach Havanna.

$Frankreich$ sandte am 25. August von Toulon den Chef d'Escadre =de la
Rochalart= mit 12 Linienschiffen und 3 Fregatten nach Westindien ab (im
Oktober in Martinique); ihm folgte am 1. September von Brest der
Vizeadmiral des Atlantik =d'Antin= mit 14 Linienschiffen und 5 Fregatten.
Von dem ersten Geschwader wurden in Gibraltar 4 Schiffe zurückgerufen,
auch das zweite zweigte einige Schiffe zum Kreuzen an der spanischen
Küste ab, von denen jedoch ein Teil bald wieder nachkam; die Vereinigung
beider Geschwader fand im Dezember in St. Domingo statt, wo nun im Januar
1741 =d'Antin= über etwa 22 Linienschiffe verfügte. Die
französisch-spanischen Streitkräfte in den westindischen Gewässern waren
mithin außerordentlich stark, gegen 40 Linienschiffe.

 Die Berichte über die Stärke und Bewegungen der französischen und
 spanischen Geschwader lauten unbestimmt. Einige führen ausdrücklich an,
 daß =d'Antin= die Spanier von Ferrol aus begleitet habe; dies stimmt
 aber nicht mit den Ankunftszeiten in Westindien, doch könnten sie durch
 einen Sturm, den auch die Franzosen erwähnen, getrennt sein. -- Aus
 anderen Angaben muß man ferner schließen, daß außer =de Torres= noch
 ein spanisches Geschwader von Cadiz direkt nach Cartagena gegangen ist
 (5-6 Linienschiffe), und wir finden auch später sechs Linienschiffe in
 diesem Hafen und 12 in Havanna.

=Vernon= nahm nach Instandsetzung der Schiffe in Jamaika seine Tätigkeit
wieder auf. Er $beschoß$ im März 1740 aus Mörserbooten $Cartagena$,
allerdings mit nur wenig Erfolg, aber dann auch $Chagres$ (Landenge von
Panama) und diese Stadt ergab sich; eine Beute von über 70000 Pfund
Sterling fiel den Engländern in die Hände, die Befestigungen wurden
geschleift. Im Juni machte er von Jamaika aus vergeblich den Versuch, ein
spanisches Geschwader von 5 Schiffen (das eben erwähnte zweite Geschwader
von Cadiz?) abzufangen, wurde aber durch Mangel an Vorräten aller Art
festgehalten. Diese trafen zwar, von 2 Linienschiffen begleitet, im
September ein, zugleich mit Truppen aus Nordamerika, aber der Admiral
fühlte sich jetzt zu schwach, ohne die zugesagte große Verstärkung etwas
zu unternehmen, nachdem er die Ankunft des spanischen Geschwaders (de
Torres) in Cartagena und die des französischen (Rochalart) in Martinique
erfahren hatte.

Die große Verstärkung hatte England im August verlassen, wurde aber durch
Sturm zurückgetrieben und dann zurückgehalten, weil sie den nach
Westindien entsandten französischen und spanischen Geschwadern gegenüber
zu schwach an Linienschiffen erschien. Erst Anfang Oktober lief sie unter
Kontreadmiral =Sir Chaloner Ogle= aus. Sie bestand aus 1 Schiff zu 80
Kanonen, 20 Linienschiffen der dritten Klasse, 4 der vierten Klasse,
einigen Fregatten, Brandern und Mörserbooten; auf Transportern waren 9000
Soldaten (die erwähnten 8 Regimenter Infanterie und Seesoldaten, sowie
technische Truppen) eingeschifft. Der Chef der Truppen, General =Lord
Cathart=, ein sehr tüchtiger Offizier, starb leider auf der Ausreise zu
Dominica, im Dezember; sein Nachfolger General =Thomas Wentworth= konnte
ihn nicht ersetzen. Am 20. Januar 1741 traf die Flotte in Jamaika ein;
eine derartig starke englische Macht war noch nie in Westindien
aufgetreten, sie hätte sehr viel ausrichten können. Laird Clowes führt
den Ausspruch eines älteren englischen Schriftstellers an: »Vernons Hände
waren nicht gebunden, wie die der Admirale in den europäischen Gewässern.
Wäre er sofort gegen Havanna vorgegangen, so würde er die Stadt vor der
Orkanzeit genommen haben. Seine Instruktionen wiesen stark darauf hin,
und seine Freunde in England rieten sehr dazu. Es wäre besser gewesen,
wenn er strikte Befehle in dieser Hinsicht gehabt hätte.« Von den
Franzosen drohte ihm in der Tat keine Gefahr mehr. Der Verlust Havannas
wäre ein großer Schlag für Spanien gewesen, aber die englischen Führer
wählten einen anderen Platz zum Angriff.

 Auf der Fahrt =Ogles= von Dominica nach Jamaika ereignete sich ein
 $Zusammenstoß zwischen Engländern und Franzosen$. Auf der Höhe von Kap
 Tiburon (Westende von Haiti) sichtete die englische Flotte am 18.
 Januar 1741 vier große Schiffe; =Ogle= sandte sechs Linienschiffe zur
 Erkundung ab. Die Fremden heißten ihre Flagge, aber die Engländer
 argwöhnten, es seien Spanier, und gingen näher heran. Auf Anruf (um
 zehn Uhr abends) in englischer, dann in französischer Sprache erfolgte
 keine Antwort; nun griffen die sechs Engländer, weit schwerere Schiffe,
 die vier Franzosen an und es wurde mehrere Stunden scharf gefochten. Am
 andern Morgen entschuldigten die Engländer das Vorgehen mit dem
 Ausbleiben der Antwort auf ihren Anruf; die Franzosen behaupteten aber,
 Auskunft erteilt zu haben. -- =Ein ganz ähnlicher Fall= trug sich in
 demselben Jahre in der Straße von Gibraltar zu. Vier Engländer stießen
 auf drei Schiffe, die auf Anruf antworteten, sie seien Franzosen, die
 aus Westindien zurückkämen. Als die Engländer ein Boot absandten, um
 sich davon zu überzeugen, wurde das Anbordkommen nicht erlaubt; auch
 hier folgte ein scharfes Gefecht von einigen Stunden[44].

 [44] Näheres über diese beiden Fälle vgl. Clowes, Band III, Seite 64
      und 270; Lacour, I, Seite 132 und 133.

 Man kann über derartige Fälle kaum erstaunt sein. Bei der Haltung
 Frankreichs im allgemeinen waren die englischen Offiziere gewiß nicht
 geneigt, große Rücksicht auf die französischen Schiffe zu nehmen; die
 Franzosen ihrerseits waren sicherlich berechtigt, barsche Anforderungen
 zurückzuweisen.

Die Anwesenheit der großen französischen Flotte in Westindien hatte für
Spanien nur den Nutzen, daß Vernon weder gegen die spanischen Kolonien
noch gegen =de Torres= etwas unternahm, bis die große Unterstützung
eintraf. Die französischen Quellen behaupten, daß =d'Antin= zwar den
Befehl gehabt habe, die nach Westindien segelnden Schiffe und die
Besitzungen der Spanier zu decken, aber nur zu fechten, wenn er selber
angegriffen würde.

Englische Schriftsteller behaupten, der französische Admiral habe sich
allein durch den Zustand seiner Schiffe zur Untätigkeit gezwungen
gesehen; diese seien schlecht ausgerüstet und durch stürmisches Wetter
auf der Fahrt von Europa sowie später von Martinique nach Haiti sehr
beschädigt gewesen. d'Antin habe außerdem Rückberufungsbefehl erhalten,
als der Österreichische Erbfolgekrieg drohte; =Fleury= hätte den Bruch
mit England vermeiden wollen, das ja noch zwischen den Parteien
schwankte. Diese Auffassung scheint richtig zu sein; auch die
französischen Quellen heben den schlechten Zustand der Schiffe hervor,
auf denen außerdem das gelbe Fieber herrschte, und sprechen mit Bedauern
aus, Fleury habe bald nur noch dem bevorstehenden Landkriege
Aufmerksamkeit geschenkt. Schließlich hätte ja auch der französische
Admiral triftigen Grund gehabt, angriffsweise vorzugehen; hatten doch die
Engländer am Kap Tiburon die Feindseligkeiten eröffnet und auch sonst
französische Schiffe aufgebracht. Tatsächlich segelte =d'Antin= am 7.
Februar 1741 von Haiti nach Frankreich ab und ließ nur 6 Linienschiffe
unter =Comte de Roquefeuil= in Westindien zurück; er sah seine Aufgabe
als gelöst an und war auch wohl von der bevorstehenden Ankunft der großen
englischen Flotte unterrichtet.

=Admiral Vernon= scheint noch keine bestimmten Pläne gehabt zu haben, als
Ogle zu ihm stieß; er hat wahrscheinlich solche mit dem =Lord Cathart=
beraten wollen. Gegen =Wentworth= faßte er von vornherein ein ungerechtes
Vorurteil, denn dieser war zwar nicht so fähig wie Cathart, aber doch von
bestem Willen beseelt. In einem Kriegsrate wurde beschlossen, zunächst
nach Haiti aufzukreuzen, um die Franzosen zu beobachten. Viele englische
Kritiker sehen hierin einen großen Fehler: »In drei Tagen hätte man von
Jamaika das unter dem Winde liegende Havanna erreichen können!« Hiergegen
erhebt Colomb mit Recht Einwendungen. In Cartagena befanden sich 6, in
Havanna 12 spanische Linienschiffe, bei Haiti 22 französische. Vernon
verfügte über 29 Linienschiffe, war also nicht imstande, die feindlichen
Seestreitkräfte zu beobachten oder gar in Schach zu halten und
gleichzeitig Havanna anzugreifen; von dem schlechten Zustande der
französischen Schiffe sowie von der Absicht d'Antins, abzusegeln, wußte
er nichts. So ging denn die englische Expedition Ende Januar von Jamaika
in See. Am 8. Februar wurde dem Admiral beim Kap Tiburon durch einen
Kreuzer gemeldet, die französische Flotte läge noch bei Aux Cayes -- dies
war ein infolge Nebels entstandener Irrtum --, aber am 12. überzeugte man
sich von der Abfahrt d'Antins.

Nun ward auf Vernons Vorschlag im Kriegsrat ein $Angriff auf Cartagena$
beschlossen. (Warum jetzt nicht auf Havanna? Sämtliche englische Quellen
schweigen hierüber, obgleich sie sich bis dahin mit diesem Plane
beschäftigen.) Mit Erlaubnis der französischen Behörden wurde auf Haiti
Wasser und Brennholz genommen und ein Linienschiff nebst kleineren
Fahrzeugen nach Cartagena gesandt, um einen Ankerplatz für die Flotte zu
suchen; diese folgte am 25. Februar, ankerte am 4. März in einer Bucht
westlich von der bedrohten Stadt und begann am 9. die Berennung. Das
Schicksal Cartagenas mußte nach den Erfolgen gegen Puerto Belo im
Vorjahre bei der großen Macht, die jetzt zur Verfügung stand, von
vornherein als besiegelt angesehen werden, aber trotz eines anfänglich
guten Verlaufes wurde das Unternehmen durch Mißhelligkeiten zwischen den
Führern der Land- und Seestreitkräfte, sowie auch infolge von Mißgriffen
beider zu einem verlustreichen Fehlschlag.

 $Der Angriff auf Cartagena, März-April 1741[45].$ =Die Stadt war stark
 befestigt= und nur zu nehmen, ja nur wirksam zu beschießen, wenn die
 Befestigungen niedergekämpft waren (siehe Plan). Flaches Wasser bis auf
 etwa drei Seemeilen, sowie der Mangel an jeglichem Schutz gegen
 nördliche und westliche Winde hinderten eine genügende Annäherung
 unmittelbar von See aus; da die Boca grande für größere Schiffe zu
 flach ist, mußte man durch die Boca chica einlaufen, die aber nur je
 einem Schiffe den Durchgang gestattete. Diese Einfahrt wurde beherrscht
 durch das Fort S. Luis (82 Kanonen und drei Mörser) nebst den
 Außenwerken S. Felipe (acht Kanonen), S. Jago (15 Kanonen) und de
 Chamba (vier Kanonen), ferner durch die Faschinenbatterie La Baradera
 (15 Kanonen) mit einer kleineren (4 Kanonen) und durch das Fort S. José
 (21 Kanonen) auf einer kleinen Insel. Von S. Luis nach S. José war eine
 Balkensperre gelegt und hinter dieser vier Linienschiffe (Geschwader
 Don Blas de Leso) mit den Breitseiten nach See zu verankert. -- Bei
 dem Eingang in den inneren Hafen lagen die starke Befestigung Castillo
 Grande (vier Bastionen mit 59 Kanonen) und die Batterie Mancinilla (12
 Kanonen); in dieser Einfahrt befindet sich eine flache Stelle, an deren
 beiden Seiten große Schiffe versenkt waren. -- Die Stadt selber, auf
 zwei Inseln gelegen und mit Wällen (300 Kanonen) umgeben, wurde gedeckt
 durch das etwa 20 m hoch gelegene Fort S. Lazare, das allerdings von
 einem unbefestigten Hügel eingesehen werden konnte. -- Die Garnison
 zählte 4000 spanische Soldaten nebst einer größeren Zahl von Negern und
 Indianern.

 [45] Eingehendere Schilderung vgl. Clowes, Band III, Seite 68, und
      Colomb, Seite 338.

 =Die englische Streitmacht= bestand aus 29 Linienschiffen -- 8 zu 80, 5
 zu 70, 14 zu 60, 2 zu 50 Kanonen --, 11 Schiffen zu 20 Kanonen und
 kleineren Fahrzeugen, 9 Brandern und Mörserbooten sowie vielen
 Transportern; insgesamt 124 Segel mit einer Besatzung von 15000 Mann
 und 12000 Soldaten. Auf dem Ankerplatz in der benachbarten Bucht
 angelangt, ordnete =Vernon= für die leichteren Fahrzeuge Bewegungen an,
 die auf eine Landung schließen ließen, so daß die Spanier Truppen aus
 der Stadt dorthin zogen und Schanzen aufwarfen. Bis zum 9. März
 unternahmen die Engländer nichts; die Gegner konnten ungestört ihre
 Verteidigungsmaßregeln ausführen: die Sperre ziehen, die Linienschiffe
 postieren, Schiffe versenken, die Batterien fertig armieren u. dgl.
 Frühmorgens am genannten Tage setzte sich die englische Flotte in
 Bewegung. Eine Division -- zehn Linienschiffe und sechs kleinere
 Fahrzeuge unter =Sir Chaloner Ogle= -- war für den Angriff auf die
 Außenforts von S. Luis bestimmt; durch Erkundungen war festgestellt,
 daß man vor diesen auf Pistolenschußweite ankern konnte, ohne dem Feuer
 des Hauptforts und der Befestigungen der Boca chica ausgesetzt zu sein.
 Dieser Division folgte die zweite -- =Vernon= mit zehn Linienschiffen,
 zehn kleineren Fahrzeugen und den Transportern voll Soldaten. Der Rest
 der Flotte blieb unter Kommodore =Lestock= vorläufig vor Anker, um den
 Anschein einer beabsichtigten Landung hier aufrecht zu erhalten.

[Illustration: A. Fort S. Luis nebst Aussenforts. B. Baradera. C. S.
José. D. Castillo Grande. E. Mancinilla. F. S. Lazare.

Cartagena.]

 Vier der schwersten Schiffe Ogles ankerten vor den Werken und brachten
 diese bald zum Schweigen; Landungsabteilungen besetzten sie. Der
 Verlust der Engländer war sehr gering; nur ein Schiff, dem das Ankertau
 durchschossen war und das nicht schnell genug einen zweiten Anker
 fallen ließ, trieb vor die Einfahrt und litt beträchtlich durch das
 Feuer der dortigen Befestigungen. Im Laufe des 9. und 10. März landete
 General =Wentworth= mit dem größten Teil der Soldaten, Geschützen und
 Belagerungsmaterial auf der Insel Tierra Bomba, dann wurde ein Lager
 aufgeschlagen und zwei Batterien -- eine Mörser- und eine Batterie
 24-Pfünder Schiffsgeschütze -- gegen S. Luis gebaut. Schon am 9. abends
 begannen die Mörserboote das Fort zu beschießen, am 13. griff auch die
 Mörserbatterie ein. Jetzt aber traten die ersten Mißhelligkeiten
 zwischen den beiden Führern auf; Vernon beklagte sich über zu langsames
 Fortschreiten der Unternehmung am Lande, der General über mangelhafte
 Unterstützung durch die Flotte. Am Lande brachen bald nach der
 Ausschiffung infolge ungünstiger Bodenverhältnisse und schlechter
 Verpflegung Krankheiten aus, wodurch die Tätigkeit der Gelandeten
 gelähmt wurde. Die Flotte war reichlich mit Wasser und frischem Fleisch
 versehen, auch versorgte sie sich mit Schildkröten, vernachlässigte
 aber die Truppen. =Vernon= ließ am 19. durch eine Landungsabteilung die
 Batterie Baradera im Rücken angreifen und erstürmen, weil sie das Lager
 unter Feuer nehmen konnte, die Kanonenbatterie gegen S. Luis wurde aber
 trotzdem und obgleich der Admiral 500 Seeleute zur Mitarbeit stellte,
 erst am 21. fertig. Vernons Ungeduld war berechtigt, denn die
 stürmische Jahreszeit rückte heran, der Ankerplatz war völlig
 ungeschützt, der Grund felsig, so daß die Ankertaue häufig
 durchgescheuert wurden; auch war die Nachricht eingelaufen, =de Torres=
 beabsichtige mit dem Havannageschwader, verstärkt durch das
 französische (Comte de Roquefeuil), zum Entsatz heranzukommen. Er ließ
 daher, nachdem die Landbatterien am 21. und 22. einen heftigen Kampf
 mit S. Luis geführt hatten, am 23. sechs Linienschiffe -- mehr konnten
 nicht zur Verwendung kommen -- das Feuer gegen S. Luis, S. José und
 gegen die Schiffe hinter der Sperre aufnehmen. Drei von diesen litten
 schwer und auch die übrigen wurden am 24. zurückgezogen.

 Aber am Lande war Bresche gelegt und S. Luis wurde am 25. leicht
 gestürmt. Vernon hatte zur Ablenkung des Feindes eine Abteilung bei
 Baradera landen lassen; als ihr Führer sah, daß die Spanier nach dem
 Fall des Forts den Eindruck von Ratlosigkeit machten und sich
 anschickten, die Schiffe hinter der Sperre zu versenken oder zu
 verbrennen, ging er auf eigene Faust mit den Booten weiter, stürmte
 ohne Schwierigkeit S. José, sprengte die Sperre und nahm eins der
 Schiffe; den Spaniern gelang es, die andern zu vernichten. Vom 26. bis
 30. März lief dann die ganze englische Flotte in den sichern äußern
 Hafen ein. Der Feind versenkte seine beiden letzten Linienschiffe im
 Eingang zum inneren Hafen, sprengte Fort Mancinilla auf und räumte auch
 Castillo Grande, das am 31. von den Engländern besetzt wurde.

 So lagen zwischen dem Angreifer und der Stadt nur noch die versenkten
 Schiffe und das Fort S. Lazare; völliger Erfolg schien gesichert, wenn
 man sofort kräftig weiter nachstieß. Aber es kam anders. Die gelandeten
 Truppen hatten durch Krankheit sehr gelitten; schon am 25. März zählte
 man 500 Tote und 1500 Kranke. =Wentworth= stand von jetzt an, gereizt
 durch die Vernachlässigung und durch das abstoßende und herrische Wesen
 Vernons, dem Admiral mürrisch und ablehnend gegenüber; dieser aber ließ
 im weiteren Verlauf der Unternehmung gleichfalls seinen bisherigen, oft
 wagehalsigen Schneid vermissen.

 So mangelte überall die Tatkraft und die Zeit ging verloren. Am 1. und
 2. April eröffneten zwar die Mörserboote vom inneren Hafen aus sowie
 die Geschütze des Castillo Grande das Feuer auf die Stadt, und am 3.
 gingen auch größere Schiffe durch die Enge, um eine Landung decken zu
 können, aber erst am 5. und 6. wurde diese durch 5000 Mann der von
 Tierra Bomba wieder eingeschifften Truppen ausgeführt, wahrscheinlich
 innerhalb des Forts Mancinilla. Die Gelandeten lagerten auf einer Ebene
 etwa eine Seemeile von S. Lazare entfernt. Die Landoffiziere hielten
 den Bau einer Batterie für notwendig, und der General bat, die
 Beschießung auch mit den Mörserbooten und einem Linienschiffe
 aufzunehmen. Der Admiral erklärte, bei der geringen Wassertiefe sei es
 nicht möglich, Schiffe nahe genug zur wirksamen Beschießung
 heranzubringen (was nach den jetzigen Karten nicht zutrifft), man könne
 das schwache Werk überhaupt mit Sturm nehmen.

 Es scheint, als ob Vernon der Ansicht war, die Truppen müßten jetzt
 alles tun, während die Landoffiziere wohl mit Recht auf einen raschen
 Erfolg nur bei Unterstützung durch die Flotte rechneten. Man verlor
 drei Tage, in denen die Krankheiten unter den Soldaten, die ohne Zelte
 und Gepäck sowie wiederum auf ungesundem Boden und fast ohne Wasser
 lagerten, reißend zunahmen, während die Spanier Zeit gewannen, sich von
 ihrer Bestürzung zu erholen und ihre Verteidigungsmittel zu verstärken;
 an die Ausnutzung des Hügels, der das Fort überhöhte, scheint man
 englischerseits nicht gedacht zu haben. Gereizt durch höhnische
 Vorwürfe des Admirals, ließ =Wentworth= endlich, gegen die Ansicht der
 meisten seiner Offiziere, am 9. April vor Tagesanbruch stürmen. Der
 Angriff wurde trotz großer Tapferkeit mit einem Verluste von 179 Toten,
 459 Verwundeten und 16 Gefangenen zurückgeschlagen; es war ein
 ungeeigneter Punkt zum Angriff gewählt, die Offiziere waren ungenügend
 instruiert, die Sturmleitern erwiesen sich als zu kurz.

 Nach diesem Mißerfolg ging alle Tatkraft verloren. Erneuten Bitten der
 Landoffiziere um Unterstützung durch die Schiffe gegenüber verhielt
 sich =Vernon= taub und stumm. In einem stürmisch verlaufenden
 Kriegsrat beider Waffen am 14. April wurde dann die sofortige
 Einschiffung der Truppen beschlossen, von denen nur noch 3500 Mann
 dienstfähig waren; sie erfolgte am 15. und 16. Am 16. ließ Vernon noch
 durch das spanische Schiff, das in der Boca chica genommen und zu einer
 schwimmenden Batterie hergerichtet war, die Stadt beschießen; es wurde
 jedoch derartig beschädigt, daß es beim Zurückgehen sank. Vielleicht
 sah sich der Admiral hierzu veranlaßt, um dem General die Unmöglichkeit
 eines wirksamen Eingreifens mit den Schiffen zu beweisen. Nach der
 Desarmierung und Zerstörung der genommenen Werke wurden die Truppen
 eingeschifft und die Flotte segelte ab.

Nur sechs spanische Linienschiffe und einige Werke hatte man zerstört,
während bei richtiger Verwendung der vereinten starken Streitkräfte
Cartagena hätte genommen werden müssen -- nach dem übereinstimmenden
Urteil der besten englischen Quellen; diese heben ferner hervor, es sei
nicht zu verstehen -- und auch scheinbar jetzt nicht mehr aufzuklären --,
weshalb man zunächst die Landung nur gegen einen Teil der Befestigung
gerichtet habe und dann nach den Erfolgen nicht tatkräftiger vorgegangen
sei, und weshalb die Flotte nicht größere Anstrengungen gemacht habe.
Vielleicht ist Vernon durch die Anwesenheit des spanischen und
französischen Geschwaders in Westindien bestimmt worden, seine Schiffe
nicht zu sehr einzusetzen.

Am 19. Mai 1741 traf die Flotte wieder in Jamaika ein. Hier wurden 11
Linienschiffe, darunter 7 zu 80 Kanonen, mit einem großen Konvoi von
Kauffahrern nach England zurückgesandt. =Vernon= behielt mithin 18
Linienschiffe, und =Wentworth= hatte an Truppen nur noch 3000 Mann nebst
1000 in Jamaika ausgehobenen Negern. Trotzdem wurde der Beschluß zu einem
$Angriff auf Santiago de Cuba$ gefaßt. Der Gouverneur von Jamaika hatte
eine Expedition über den Isthmus von Panama vorgeschlagen, die englische
Regierung hätte den Angriff auf Havanna am liebsten gesehen, jedoch
sowohl die Seeoffiziere wie auch Wentworth hielten Santiago für den
geeignetsten Angriffspunkt, wohl weil dessen Landbefestigungen nur
schwach waren.

 Absicht der Regierung war es sicher, Kuba zu erobern und festzuhalten.
 Man hatte schon Kolonisten Nordamerikas zur Übersiedlung dorthin
 aufgefordert, und auch der Umstand spricht dafür, daß Vernon der Bucht,
 in der er landete, ihren alten Namen »Cumberland harbour« wiedergab. Um
 so auffallender ist es, daß die Führer ihren Stoß nicht auf Havanna
 richteten; diese Stadt war damals noch mehr als jetzt das Herz der
 Insel, Santiagos kommerzielle und strategische Bedeutung dagegen noch
 gering. Bei dem nur verfügbaren schwachen Landungskorps scheint man
 Havanna, wo auch 12 spanische Schiffe lagen, für zu stark gehalten zu
 haben; man wollte wohl zunächst nur auf Kuba festen Fuß fassen und
 Truppenverstärkungen abwarten, deren Ankunft in Aussicht stand.

=Admiral Vernon= ließ 6 Linienschiffe zum Schutz Jamaikas zurück; mit 11
sowie 12 kleineren Fahrzeugen und 40 Transportern, die 3400 Soldaten
führten, segelte er am 30. Juni nach Kuba; 3 noch mit Ausbesserungen
beschäftigte Linienschiffe sollten nachkommen. Am 13. Juli ankerte die
Flotte in der geräumigen und sicheren Bucht von Guantanamo, etwa 40
Seemeilen östlich von Santiago; von hier aus sollte zu Lande gegen diese
Stadt vorgegangen werden, da ein Angriff von See aussichtslos erschien.

 =Die Einfahrt von Santiago de Cuba= war eng, befestigt und durch eine
 Floßsperre geschlossen. Vor allem aber traten an einzelnen Stellen
 häufig Wirbelwinde auf, so daß man wahrscheinlich genötigt gewesen
 wäre, ein Schiff nach dem andern unter dem Feuer der (allerdings nicht
 sehr starken) Befestigungen durch die Einfahrt hindurchzuwarpen.

Dann wurden 6 Linienschiffe in eine Verteidigungsstellung am Eingang der
Bucht zum Schutz der Transporter gelegt, 5 abgezweigt, um Santiago zu
blockieren, und einige kleine Fahrzeuge zur Beobachtung des spanischen
Havanna-Geschwaders entsandt. Man hat diesen 12 spanischen Schiffen
gegenüber das ganze Unternehmen, insbesondere die Teilung der englischen
Streitkräfte, als gewagt bezeichnet, jedoch war die Gefahr, der sich
=Vernon= aussetzte, nicht bedeutend. Beabsichtigte =de Torres= während
der Abwesenheit Vernons Jamaika anzugreifen, so konnte dieser leicht
dorthin zurückkehren, weil Santiago über dem Winde von Jamaika liegt. Kam
die spanische Flotte heran, um der Kubaexpedition entgegenzutreten, so
waren bei gleicher numerischer Stärke die Engländer wohl sicher den
Spaniern überlegen; überrascht konnten sie nicht werden, weil die Gegner
gegen den Wind aufkreuzen mußten und die englischen Schiffe hier auch
nicht, wie z. B. im Hafen vor Cartagena, unbedingt an die Belagerung
gefesselt waren. Eine Vereinigung der Spanier mit den Franzosen von Haiti
her konnte gleichfalls verhindert werden.

Der Angriff auf Santiago hatte aber noch weniger Erfolg als der auf
Cartagena. Die Landung ging zwar ohne jede Störung vor sich, auch zeigten
sich keine nennenswerten spanischen Truppen zwischen dem Landungsplatze
und der Stadt, aber dennoch drang man kaum halbwegs bis zu dieser vor.
Obgleich der Admiral Unterstützung durch die Flotte zusagte, erklärte es
der General in Übereinstimmung mit seinen Offizieren für unmöglich,
weiter vorzugehen: das Gelände sei zu dicht bewaldet; die Wege seien für
den Transport der Geschütze zu schlecht; die Leute litten zu sehr unter
Krankheiten. =Vernon= erkundete nochmals persönlich Santiago; er sah aber
die Unmöglichkeit ein, allein von See her etwas zu erreichen, und fand
auch keine geeignete Landungsstelle in der Nähe der Stadt. So mußte er
auch seinerseits das Unternehmen aufgeben. Ende November wurden die
Truppen wieder eingeschifft und die Flotte segelte nach Jamaika zurück;
an Krankheiten hatte die Expedition mehr Leute verloren, als
wahrscheinlich ein rasches, tatkräftiges und darum erfolgreiches Vorgehen
gekostet haben würde.

 Inwieweit bei diesem Mißerfolge das schlechte Verhältnis zwischen den
 beiden Führern von Einfluß gewesen ist, läßt sich nicht ersehen.
 =Vernon= hatte schon nach Cartagena um seine Ablösung gebeten und
 wiederholte die Bitte jetzt unter lebhafter Beschuldigung =Wentworths=,
 der »wechselnder als der Mond sei«. Trotzdem ließ man beide im
 Kommando, tadelte sie nur in milder Weise und ermahnte sie zu besserem
 Einvernehmen.

$Angriffe der Engländer 1742 und 1743.$ Auch in den beiden nächsten
Jahren wurden noch einige ebenso erfolglose Angriffe auf Küstenstädte
angesetzt; wir können uns darüber kurz fassen, weil sie kaum
erwähnenswert sind[46]. Im Januar 1742 gebot =Wentworth= durch Nachschub
aus England wieder über etwa 3000 Mann; man plante jetzt eine Landung bei
=Puerto Belo=, um von dort nach =Panama= vorzudringen. Die Uneinigkeit
zwischen dem General und =Vernon= verzögerte die Ausführung, erst am 28.
März traf die Expedition in Puerto Belo ein; die Stadt wurde zwar leicht
besetzt, dann aber gab man das Unternehmen auf, weil die Landoffiziere es
für unausführbar erklärten. Auch ein ehemaliger Filibustierführer, der
als gut unterrichtet in den Verhältnissen mitgenommen war und der einige
Hundert Mosquito-Indianer (vom jetzigen Britisch-Honduras, den Engländern
wohlgesinnt) anwerben sollte, riet nach näherer Erkundung ab.

 [46] Eingehendere Schilderungen vgl. Clowes, Band III, Seite 78 und 85;
      Colomb, Seite 346 und 351.

Nach diesem Fehlschlage wurden endlich =Vernon= und =Wentworth
abberufen=, Vernon mit einem Teil der Truppen. Den Befehl auf der Station
übernahm =Admiral Ogle=, dem auch die zurückgebliebenen Soldaten
unterstellt wurden. Die einzigen Erfolge dieses Jahres waren die
Inbesitznahme und Besiedlung der Insel =Roatan= in der Honduras-Bucht und
die Abwehr eines Landungsversuchs der Spanier von Florida aus in
=Georgia=. Im Februar 1743 sandte Ogle den Kapitän =Knowles=, der sich
unter Vernon ausgezeichnet hatte und von diesem öfters mit wichtigen
Aufträgen betraut war, mit 5 größeren Schiffen (50-70 Kanonen) und 5
kleineren gegen =La Guayra=. Die Vorbereitungen hatten jedoch lange
gedauert, so daß die Spanier Zeit gewannen, ihre vernachlässigten
Befestigungen zu verstärken. Der hohe Seegang unter der Küste hinderte
sowohl ein nahes Herangehen der Schiffe wie auch eine Landung. Eine
Beschießung am 18. Februar mußte abgebrochen werden; die Stadt und ihre
Verteidiger hatten zwar sehr gelitten, aber auch die angreifenden Schiffe
waren schwer beschädigt und büßten gegen 400 Tote und Verwundete ein.

Nachdem =Knowles= seine Schiffe in Curaçao ausgebessert hatte, wandte er
sich gegen =Puerto Cabello=, das jedoch noch besser auf seinen Empfang
vorbereitet war. Die Hafeneinfahrt war gesperrt und wurde durch ein
starkes Fort beherrscht, zu dessen Unterstützung man noch zwei
Behelfsbatterien erbaut hatte. Die Besatzung zählte 300 Soldaten, 1200
Seeleute von den im Hafen liegenden Schiffen sowie zahlreiche Neger und
Indianer, insgesamt gegen 5500 Mann. Knowles erachtete die
Behelfsbatterien für ungünstig angelegt und leicht zu nehmen, aber für
geeignet zur Verwendung gegen das Fort; er beschloß, sie zunächst zu
erobern. Sie wurden am 16. April beschossen, nachts landeten dann 400
Matrosen, 400 Seesoldaten und 400 Landsoldaten. Die eine Batterie wurde
leicht gestürmt, als sie aber von den anderen Befestigungen Feuer
erhielten, trat Verwirrung unter den Gelandeten ein. Die Abteilungen
beschossen sich gegenseitig und gingen dann in wilder Flucht zu ihren
Booten zurück. Bei einer Beschießung am 24. verbrauchte man fast die
gesamte Munition, ohne die Befestigungen niederzukämpfen. Ende des
Monats segelte die Expedition nach Jamaika zurück. -- Dies war das letzte
derartige Unternehmen.

Von 1744 an, als Frankreich offen in den Krieg eintrat, verlor Westindien
seine Bedeutung als größerer Kriegsschauplatz. Die Seestreitkräfte der
Gegner hielten sich hier bis 1747 ungefähr die Wage und erst 1748
gewannen die Engländer das Übergewicht. (Vgl. »Der Krieg in den Kolonien.
Westindien«.)

[Illustration: George Lord Anson.]

$Der Kleine Krieg in Westindien.$ Infolge des Zusammenhaltens der
englischen Seestreitkräfte zu den fruchtlosen Angriffen auf spanische
Städte litt der englische Handel in den westindischen Gewässern sehr.
Zwar brachten auch englische Kreuzer und Kaper manche spanischen
Kauffahrer auf, aber bei dem umfangreicheren englischen Handel und der
weit größeren Zahl der spanischen Freibeuter fiel die Bilanz im Kleinen
Kriege doch zum Nachteil Englands aus.

 $Ansons[47] Zug 1740-1743$, berühmt wegen der Ausdauer seines Führers
 unter den schwierigsten Verhältnissen. 1739 wurde beschlossen, die
 spanischen Kolonien auch vom Stillen Ozean her anzugreifen. =Kapitän
 Anson= sollte diese Expedition führen, doch lief sie, wohl infolge der
 rückständigen Verwaltung der Marine, erst am 18. September 1740 aus.
 Sie bestand aus dem Flaggschiff zu 60 (»Centurion«), 2 Schiffen zu 50,
 1 zu 40, 1 zu 28 Kanonen und einer Sloop; die Schiffe zu bemannen war
 so schwierig gewesen, daß auf 500 ältere Halbinvaliden zurückgegriffen
 werden mußte, die aber sämtlich auf der Reise starben. Das Geschwader
 hatte eine Reihe der schwersten Stürme abzuwettern, als es Kap Hoorn in
 der schlechtesten Jahreszeit umsegelte; es wurde zerstreut, das eine
 50-Kanonenschiff und das 40-Kanonenschiff gingen nach England zurück.
 Das Flaggschiff erreichte am 11. Juni 1741 die Insel Fernandez (Küste
 von Chile); es hatte 130 Kranke an Bord und schon 200 Mann begraben.
 Hier stieß der Rest der Schiffe in ähnlichem Zustande zu ihm, das
 28-Kanonenschiff war jedoch an der chilenischen Küste gestrandet.
 Nachdem die Besatzungen sich erholt hatten, begann Anson vor den
 spanischen Kolonien zu kreuzen. Er machte verschiedene wertvolle Prisen
 und plünderte die Stadt Payta. Im Dezember erreichte er die Insel Coiba
 vor dem Golf von Panama. Seine Absicht war, den von Westindien
 ausgehenden Unternehmungen die Hand zu reichen, als er aber von deren
 Fehlschlagen die Nachricht erhielt, beschloß er, durch den Stillen
 Ozean zu segeln, um der Galeone, die jährlich zwischen Manila und
 Acapulco in Mexiko fuhr (daher oft »Acapulcoschiffe« genannt), den Weg
 zu verlegen. Zunächst kreuzte er zu diesem Zwecke mit seinen zwei
 Kriegsschiffen -- die Sloop war als seeuntüchtig aufgegeben -- und drei
 seiner Prisen, die armiert worden waren, vor Acapulco.

 [47] =Lord George Anson=, geboren 1697, machte als Leutnant die
      Operationen unter Norris und Byng in der Ostsee und im Mittelmeer
      mit, wurde 1723 Kapitän. 1740-1743 führte er seine Reise um die
      Welt aus, siegte als Vizeadmiral am 14. Mai 1747 bei Kap
      Finisterre über de la Jonquière, wofür er zum Peer erhoben wurde,
      war 1751 Erster Lord der Admiralität, kommandierte im
      Siebenjährigen Kriege längere Zeit die Flotte; wurde 1761 Admiral
      of the Fleet, starb 6. Juni 1762. -- Eine eingehendere Schilderung
      obiger Reise z. B. in Clowes, Band III, Seite 320.

 Am 5. Mai 1742 setzte er den Kurs auf China, nachdem den Gefangenen die
 Prisen überlassen waren. Bald mußte er auch das letzte Schiff wegen
 Seeuntüchtigkeit verbrennen, und auf dem Flaggschiff brach der Skorbut
 aus, der viele Opfer forderte. Nach einer Erholungszeit auf den
 Ladronen erreichte =Anson= Macao, wo er überwinterte. Im Frühjahr 1743
 nahm er dann das Kreuzen gegen die Galeone bei den Philippinen wieder
 auf, und es gelang ihm wirklich, diese am 20. Juli zu fangen. Nach
 anderthalbstündigem, hartnäckigem Kampfe wurde sie genommen und in ihr
 fast 1-1/2 Millionen Dollar Wert an Münze sowie Silberbarren gefunden.
 Über China heimsegelnd, traf Anson am 15. Juni 1744 in Spithead ein.
 Der Zug hatte zwar keine militärischen Erfolge, rief aber Schrecken und
 Bestürzung in den spanischen Kolonien hervor; die Kenntnis der
 ostasiatischen Gewässer wurde durch ihn erweitert, weshalb man ihn mehr
 zu den Entdeckungsreisen rechnet. Hervorzuheben ist endlich, daß eine
 große Zahl der an ihm beteiligten Seeoffiziere sich später im
 Siebenjährigen Kriege hervorragend auszeichnete, wie es ihr Führer im
 Österreichischen Erbfolgekriege getan.


      Der Krieg in den europäischen Gewässern 1740-1744.

Den Krieg mit Spanien führte =England= zunächst sehr lau. Wenn auch nach
der langen Friedenszeit in der Marine nicht alles so stand, wie es hätte
sein sollen, so besaß es doch eine derartige Übermacht, daß es wohl weit
tatkräftiger hätte vorgehen können.

$1740. Vom Mittelmeer aus$ nahm der Kontreadmiral =Haddock= nach der
Kriegserklärung die Blockade von Cadiz auf, als er aber durch den Zustand
seiner Schiffe gezwungen war, im Frühjahr nach Port Mahon zu gehen, das
man außerdem von den spanischen Häfen am Mittelmeer bedroht glaubte,
fanden die in Cadiz liegenden spanischen Schiffe Gelegenheit zu
entschlüpfen; wie erwähnt, langten sie in Westindien teils direkt, teils
über Ferrol unter Admiral =de Torres= an. Im Juli, als man die Schwäche
der Spanier genauer erkannt hatte, wurde ein Teil der englischen
Mittelmeerflotte nach der Heimat zurückgezogen.

$Von England aus$ wurde im April ein Geschwader entsandt, um die
heimkehrende Silberflotte abzufangen. Diese (Admiral =Pizarro=, vgl.
Seite 61) war jedoch durch ein ihr entgegengesandtes Schiff gewarnt,
setzte ihren Kurs auf Kap Ouessant und lief wohlbehalten in Santander
ein, während das englische Geschwader auf dem sonst üblichen Wege
Madeira-Cadiz kreuzte. Spanien entsandte gegen dieses eine stärkere
Macht, doch kehrten die Engländer unbelästigt nach dem Kanal zurück. In
Spithead war nach und nach eine starke Flotte unter dem Admiral of the
Fleet =Sir John Norris=[48] zusammengezogen -- 21 Linienschiffe zu 60-100
Kanonen --, deren »geheime Order« aber auch jetzt noch unbekannt ist.
Einige Quellen glauben, Ferrol hätte angegriffen werden sollen, da man
die Anwesenheit der zahlreichen spanischen Schiffe dort mit einem Gerücht
in Verbindung gebracht habe, nach dem Spanien einen Einfall in Irland
zugunsten des Kronprätendenten =Jakobs= III. ins Werk setzen wollte.
Wahrscheinlicher ist es, daß die Flotte nur die Schiffahrt vor und in dem
Kanal sichern und für alle Fälle (auch gegen Angriffe von Frankreich?)
bereit gehalten werden sollte. Tatsächlich hat sie 1740 den Kanal nicht
verlassen.

 [48] Uns schon bekannt als Flottenführer zu Anfang des Jahrhunderts;
      vgl. Band I, Namenverzeichnis.

$1741$ lief =Norris mit der Kanalflotte= im Juli sowie im Oktober aus und
kreuzte an der Nordküste Spaniens, wobei jedoch nur einige kleinere
Prisen gemacht wurden. Im =Mittelmeer= schlugen sogar =zwei wichtige
Unternehmungen= fehl. Frankreich hatte im Juli in Toulon 12 Linienschiffe
(50-74 Kanonen) unter Lieutenant-Général =de Court= in Dienst gestellt,
um sich mit 16 spanischen Schiffen unter Admiral =Don José de Navarro= zu
vereinigen und dann 15000 Mann von Barcelona nach Norditalien zu führen
(vgl. Seite 51); die englische Flotte sollte dies hindern. Aber
=Haddocks= Kreuzer ließen die Spanier aus Cadiz entschlüpfen und
sichteten sie erst beim Cap de Gata. Als dann die Engländer herankamen
(am 19. Dezember neuen Stils), war die Vereinigung mit den Franzosen vor
Barcelona schon erfolgt. Der Kriegsrat auf der nur etwas über halb so
starken englischen Flotte glaubte sowohl von einem Angriff wie selbst von
weiterem Folgen absehen zu müssen, da man der Neutralität der Franzosen
nicht sicher war. Die französisch-spanische Flotte führte den
Truppentransport von Barcelona die französische und italienische Küste
entlang nach Genua und Toskana; sie ging dann nach Toulon, wo sie am 22.
Februar 1742 eintraf.

 Das französische Geschwader war, was Schiffe und Besatzungen
 anbetrifft, in mangelhaftem Zustande. Die Verfassung des spanischen muß
 aber, nach französischen Angaben, ganz trostlos gewesen sein: »Die
 Schiffe verfallen; die Mannschaft halb nackt und halb verhungert; viele
 Kranke; Monate waren nötig, um das Geschwader in einigermaßen
 brauchbaren Zustand zu setzen.«

Die englische Flotte war auch kaum imstande, den Handel wirksam zu
schützen. Da ist es nicht zu verwundern, daß die Fehlschläge im
Mittelmeer im Verein mit den Mißerfolgen der kostspieligen Unternehmungen
in Westindien, sowie der Verlust des Handels dort das englische Volk
gegen die laue Kriegführung =Walpoles= aufbrachten und dadurch dessen
Rücktritt herbeiführten. England trat jetzt offen für Österreich auf.

$1742 und 1743$ gewann die Kriegführung im Mittelmeer etwas mehr Leben.
Im Februar 1742 traf eine bedeutende Verstärkung unter Kontreadmiral
=Lestock= ein, der das Kommando für den erkrankten Haddock übernahm, und
Spanien mußte die geplante Absendung eines neuen Truppentransportes
vorläufig aufgeben. Bald darauf, im Mai, wurde der Vizeadmiral =Mathews=
Oberbefehlshaber im Mittelmeer. Dieser führte nun während 22 Monaten eine
strenge $Blockade von Toulon$ durch, hinderte weiter die Verstärkung der
spanischen Armee in Italien und übte auch einen Druck auf das Königreich
beider Sizilien aus. Der Admiral lag mit der Flotte stets segelfertig in
Villafranca, eine Division unter =Lestock= blockierte von den Hyèrischen
Inseln aus Toulon; man erklärte, es gälte nur dem spanischen Geschwader
dort, aber man nahm auch dahin bestimmte französische Handelsschiffe weg.
Die Franzosen brachten die Befestigungen in Kriegszustand, zogen die
Schiffe in den innern Hafen zurück und sperrten die Einfahrt.

Im Juli 1742 jagte ein englisches Linienschiff 5 spanische Galeren, die
Kriegsvorräte längs der Küste nach Italien bringen wollten, in den
französischen Hafen von $St. Tropez$ und vernichtete sie durch einen
Brander, als sie auf ihren Verfolger feuerten; wenige Monate später wurde
diese Stadt mit Beschießung bedroht, falls sie zwei dort eingelaufene
spanische Transporter beherbergen würde. »Die Vernachlässigung der
Marine«, so klagen französische Schriftsteller »hatte es dahin gebracht,
daß Frankreich dieses alles dulden mußte.«

Wie erwähnt, hatte der König beider Sizilien Hilfstruppen für Spanien
nach Norditalien gesandt. Im Juli 1742 schickte Mathews den Kommodore
=William Martin= mit einem kleinen Geschwader, 4 Kriegsschiffe und 3
Mörserboote, nach $Neapel$. Martin erschien dort am 19. August mit der
Forderung, diese Truppen zurückzurufen und verlangte unter Androhung
einer Beschießung der Stadt Antwort binnen einer halben Stunde. Der König
konnte nun zwar in der kurzen Frist nicht erreicht werden, da er auf
einem Landgute weilte, erfüllte aber schon am 20. das Verlangen. 1759
bestieg er als =Karl= III. den spanischen Thron; die Erinnerung an die
Vergewaltigung in Neapel zog ihn nun in den beiden nächsten Kriegen auf
die Seite Frankreichs. -- =Martin= zerstörte bald darauf im genuesischen
=Alassio= Magazine für das spanische Heer. Ferner wurden durch englische
Schiffe spanische Transporter in den Häfen der katalonischen Küste
vernichtet; 1743 mußte ein Linienschiff im Hafen von Ajaccio in die Luft
gesprengt werden, um den Engländern nicht in die Hände zu fallen, und
=Genua= ward gezwungen, die Ladung von 15 spanischen Transportern, die
von Majorka aus in seinen Hafen eingelaufen waren, nach Corsica zu
schaffen, wo die Vorräte bis zum Friedensschluß lagerten.

$1744.$ Endlich, im Jahre 1743, raffte $Frankreich$ sich auf, als es nach
=Fleurys= Tode das Bündnis mit Spanien erneuert hatte; man faßte sogar
nun $große Pläne für einen Seekrieg$: Vertreibung Englands aus dem
Mittelmeer, Wiedereroberung Minorkas und Gibraltars für Spanien; die
Vereinigung sämtlicher Seestreitkräfte in den nördlichen Gewässern, um
hier die Seeherrschaft zu erringen und durch einen Einfall in
Großbritannien die Familie Stuart wiedereinzusetzen, jedenfalls England
zum Zurückziehen seines Heeres vom Festlande zu zwingen.

$Versuch einer Landung in England 1744.$ Im November 1743 begannen die
Rüstungen hierfür. Prinz =Karl Eduard= (vgl. Seite 53) sollte mit 16
Bataillonen Infanterie und vier Schwadronen Dragoner -- insgesamt gegen
15 000 Mann -- unter dem Marschall Moritz von Sachsen in 32 Transportern
von Dünkirchen nach der Themsemündung, wenn möglich nach London,
übergeführt werden, der Lieutenant-Général =Comte de Roquefeuil= mit der
Brestflotte -- 19 Linienschiffe und 5 Fregatten -- die englischen
Seestreitkräfte festhalten, sowie Einschiffung und Überfahrt des Heeres
decken. Am 6. Februar 1744 verließ diese Flotte Brest, wurde aber etwa 10
Tage durch Gegenwind beim Kap Lizard festgehalten. Ein englischer
Kreuzer, der vor Brest lag, hatte schon das Auslaufen des Feindes
gemeldet, ein Begleitschiff eines Konvois nach Westindien brachte wenige
Tage später die Nachricht von seinem Erscheinen vor dem Kanal nach
London. In England scheint man zwar vorher über den französischen Plan
nicht genauer unterrichtet gewesen zu sein, da man sich aber auf den
Krieg mit Frankreich vorbereitet hatte, so vermochte man rechtzeitig eine
überlegene Flotte an den Downs zusammenzuziehen; nämlich 49 Segel,
darunter 21 Linienschiffe von 60 Kanonen aufwärts. =Sir John Norris=, der
sie kommandierte, ging jedoch dem Feinde nicht entgegen, da er fürchtete,
dieser könne ihm bei Nacht oder unsichtigem Wetter vorbeilaufen.

Am 27. Februar war =Roquefeuil= bei der Insel Wight; hier zweigte er,
seiner Order entsprechend, 4 Linienschiffe und eine Fregatte nach
Dünkirchen ab, denen insbesondere die Deckung der Einschiffung und
Überführung zugedacht war, er selber sollte die englischen Schiffe
festhalten. Am 4. (oder 5.) März ankerte er, durch mehrtägigen Sturm
aufgehalten, bei Dungeness. Hier trat ihm am nächsten Tage die englische
Flotte entgegen; zum Glück für die Franzosen war sie jedoch genötigt,
wegen schwachen Windes zu ankern, als sie schon auf sechs Seemeilen heran
war, weil die Flut einsetzte. Der sofort berufene Kriegsrat des
französischen Geschwaders beschloß, das Unternehmen aufzugeben. Bei
Eintritt der Ebbe und gleichzeitig der Dunkelheit ging man schleunigst
unter Segel und hatte das Glück, daß mit der Ebbe starker nordwestlicher
Wind aufkam, der bald zum Sturm wurde. Als =Norris= am andern Morgen die
Flucht des Gegners bemerkte, war keine Aussicht mehr, ihn einzuholen. Die
Franzosen erreichten, wenn auch mehr oder weniger vom Sturm beschädigt,
Brest; nur die Wetterverhältnisse hatten sie aus einer argen Klemme
befreit. Die nach Dünkirchen abgezweigten Schiffe waren am 29. Februar
dort angekommen und man hatte sogleich mit der Einschiffung der Truppen
begonnen. Die Leute mußten mit Fischerbooten und Küstenfahrzeugen an Bord
der auf der Rhede liegenden Transporter gebracht werden, was schon bei
mäßig starkem Wind und Seegang sehr gefährlich war. So richtete der Sturm
am 6. und 7. März natürlich viel Unheil an; mehrere Boote sowie auch
Transporter sanken oder wurden auf den Strand geworfen. Als die
Nachricht vom Rückzug der Flotte eintraf, schiffte man die Truppen wieder
aus und die Kriegsschiffe gingen nach Brest.

So war der Plan eines Einfalls in England gescheitert; ähnlich wie die
früheren war er aussichtslos gewesen. Wenn auch England beträchtliche
Seestreitkräfte im Mittelmeer und in Westindien hatte, so verblieben ihm
doch genug, um Roquefeuil mit Erfolg entgegenzutreten.

$Die Schlacht vor Toulon, 22. Februar 1744.$ Im Mittelmeer war inzwischen
die erste Seeschlacht geschlagen. Lieutenant-Général =de Court= erhielt
im November 1743 Befehl, das spanische Geschwader nach Genua (oder nach
spanischen Häfen?) zu geleiten; Admiral =Navarro= war jedoch nicht
geneigt, in See zu gehen und auch die französische Flotte scheint noch
nicht bereit gewesen zu sein. Erst im Januar 1744 unternahm =de Court=
eine kurze Erkundungs- oder Übungsfahrt vor dem Hafen, bei der er von
=Mathews= höflich salutiert wurde. Dieser hatte kurz vorher in Turin, wo
er über gemeinsames Handeln mit dem Landheer beriet, die falsche
Nachricht erhalten, die Brestflotte sei in See gegangen und die
französisch-spanische Flotte wolle auslaufen, um sich mit ihr zu
vereinigen. Er zog deshalb alle Schiffe im Mittelmeer bei den Hyèrischen
Inseln zusammen, übernahm selber die Leitung der Blockade von Toulon und
trat der feindlichen Seemacht entgegen, die am 19. Februar auf die äußere
Rhede gegangen war und am 21. in See erschien. Der französische
Oberbefehlshaber hatte, wie der Admiral d'Antin 1740 in Westindien,
Anweisung, nur zu fechten, wenn er angegriffen würde; die Instruktionen
des englischen Admirals werden diesem dagegen auch den Angriff gestattet
haben.

[Illustration: Admiral Thomas Mathews.]

$Die englische Flotte$ unter =Thomas Mathews=[49] zählte 28 Linienschiffe
zu 60 Kanonen und darüber; die Vorhut führte Kontreadmiral =Rowley=,

             $Die Schlacht vor Toulon, 22. Februar 1744.$

[Illustration: Plan zur Schlacht vor Toulon.]

        +----------------------------------------------------+
        |  Englische                 Französisch-Spanische   |
        |  [symbol]                   [symbol]      [symbol] |
        |   Flotte                     Flotte                |
        +---------------+---------+----------------+---------+
        |    Schiffe    | Kanonen |    Schiffe     | Kanonen |
        |               |         |                |         |
        +===============+=========+================+=========+
        |                                                    |
        |                      Vorhut                        |
        |Castle         |    70   |Borée           |    64   |
        |Warwick        |    60   |Toulouse        |    60   |
        |Nassau         |    70   |Duc d'Orleans   |    74   |
        |Barfleur       |    90   |Espérance       |    74   |
        | (Adm. Rowley) |         | (Adm. Gabaret) |         |
        |Caroline       |    80   |Trident         |    64   |
        |Berwick        |    70   |Alcion          |    54   |
        |Chichester     |    80   |Aquilon         |    48   |
        |Boyne          |    80   |Eole            |    64   |
        |Kingston       |    60   |                |         |
        |                                                    |
        |                      Mitte                         |
        |Dragon         |    60   |Furieux         |    60   |
        |Bedford        |    70   |Serieux         |    64   |
        |Somerset       |    80   |Ferme           |    74   |
        |Princesa       |    74   |Tigre           |    50   |
        |Norfolk        |    80   |Terrible        |    74   |
        |Namur          |    90   | (Adm. de Court)|         |
        | (Adm. Mathews)|         |St. Esprit      |    74   |
        |Marlborough    |    90   |Diamant         |    50   |
        |Dorsetshire    |    80   |Solide          |    64   |
        |Essex          |    70   |Oriente 1)      |    60   |
        |Rupert         |    60   |America 1)      |    60   |
        |Royal Oak      |    70   |Neptuno 1)      |    60   |
        |                                                    |
        |                      Nachhut                       |
        |Dunkirk        |    60   |Poder           |    60   |
        |Cambridge      |    80   |Constante       |    70   |
        |Torbay         |    80   |Real Felipe     |   114   |
        |Neptune        |    90   | (Adm. Navarro) |         |
        | (Adm. Lestock)|         |Isabela         |    80   |
        |Russel         |    80   |Hercules        |    64   |
        |Buckingham     |    70   |Retiro          |    54   |
        |Elisabeth      |    70   |Brillante       |    60   |
        |Revenge        |    70   |S. Fernando     |    64   |
        |               |         |Sobiero         |    60   |

 1) Spanische Schiffe, die der Division de Court zugeteilt waren.

    Zu den Schiffen der Tabelle traten als nicht in die Schlachtlinie
    eingestellt: bei den Engländern 5 Schiffe mit 50, 2 mit 40, 2 mit 20
    Kanonen und 2 Brander; bei den Verbündeten 4 Schiffe mit 20 Kanonen
    und 3 Brander.

die Nachhut Vizeadmiral =Lestock=[50]. $Die verbündete Flotte$
unter =de Court=[51] bestand gleichfalls aus 28 Linienschiffen; die
Vorhut führte der Chef d'Escadre =Gabaret=, die Nachhut Admiral
=Navarro=. Diese bestand aus den spanischen Schiffen, von denen jedoch
drei der Mitte zugeteilt waren. Man sagt, de Court habe sie sämtlich
zwischen die französischen Schiffe verteilen wollen, doch sei Navarro
hierauf nicht eingegangen. An Zahl der Linienschiffe waren beide Flotten
gleich, aber die Engländer besaßen schwerere Schiffe und ihre
Überlegenheit wurde dadurch noch größer, daß sie über 4 Schiffe zu 50
Kanonen, 2 zu 40, sowie 2 zu 20 (dazu 2 Brander) verfügten, die auf die
Divisionen verteilt waren, während die Gegner zwei Schiffe zu 50 Kanonen
in die Linie eingestellt hatten und außer der Linie nur 4 Schiffe zu 20
Kanonen (sowie drei Brander) besaßen (vgl. die Angaben auf der Skizze der
Schlacht). Die Überlegenheit der Engländer kam aber nicht zur Geltung, da
sich ihre Nachhut nicht am Kampfe beteiligte.

 [49] =Thomas Mathews=, geb. 1676, Kapitän 1703, zeichnete sich im
      Spanischen Erbfolgekriege aus, wurde 1742 Vizeadmiral, 1743
      Admiral; infolge der Schlacht vor Toulon durch kriegsgerichtlichen
      Spruch aus der Marine entlassen. Er war ein tüchtiger Offizier von
      vornehmem Charakter, gehorsam als Untergebener, fest, aber schroff
      als Vorgesetzter. Ehe er das Kommando übernahm, hatte er das
      Verlangen auf Abberufung Lestocks gestellt; das erfolgte
      Versprechen ward vergessen oder nicht beachtet.

 [50] =Richard Lestock=, 1743 Kontre- und bald darauf Vizeadmiral, war
      sehr von sich eingenommen, hart als Vorgesetzter, schwierig als
      Untergebener, tapfer aber ohne weiten Blick; sehr unbeliebt in der
      Marine, hatte er sich auch gleich beim Eintreffen Mathews
      respektlos gegen diesen gezeigt. Nach der Schlacht vom Dienst
      suspendiert und in Untersuchung gezogen, wurde er freigesprochen
      und auch weiter verwendet und befördert.

 [51] =Labruyère de Court=, geb. 1666, Gardemarine 1684, Leutnant 1689,
      Kapitän 1695, Chef d'Escadre 1715, Lieutenant-Général 1720,
      Vizeadmiral 1750, war ein tüchtiger Offizier, hatte unter Duquesne
      und Tourville gedient und in der Schlacht bei Malaga das
      Flaggschiff geführt; jetzt aber zählte er 78 Jahre und hatte im
      Laufe der letzten 34 Jahre nur ein Bordkommando gehabt.

 $Der Verlauf der Schlacht vor Toulon$[52]. Die französisch-spanische
 Flotte hatte schon am 20. Februar auslaufen wollen, sah sich jedoch
 durch den Zusammenstoß zweier Schiffe zum Wiederankern genötigt. Die
 englische Flotte hatte an diesem Tage gleichfalls Anker gelichtet,
 gegen schwachen westlichen Wind aufgekreuzt und abends wieder in der
 Bucht von Hyères geankert. Am 21. gingen die Verbündeten in See; die
 Engländer versuchten heranzukommen; dies war ihnen aber bei dem zu
 schwachen, jetzt östlichen Winde mit schwerem westlichen Seegange nicht
 möglich; sie konnten nicht einmal eine gute Ordnung einnehmen. Am Abend
 gab =Mathews=, 4-5 Seemeilen vom Feinde entfernt, den Befehl zum
 Beidrehen; =Lestock= stand mit der Nachhut noch weit von der Mitte ab,
 dennoch folgte er dem Befehle, anstatt erst näher heranzusegeln.
 Während der Nacht vergrößerte der Feind die Entfernung, ohne daß die
 englischen Beobachtungsschiffe es bemerkten. Am 22. bei Tagesanbruch
 standen die Engländer in loser Ordnung -- über neun Seemeilen vom
 vordersten bis zum hintersten Schiffe -- etwa 12 Seemeilen SSO. vom Kap
 Sicié und acht Seemeilen nordöstlich vom Gegner, der bei leichtem
 östlichem Winde in Kiellinie über Steuerbordbug nach Süd steuerte.
 =Lestock= mehrte nun allerdings sofort Segel, um zur Mitte
 heranzukommen; da aber =Mathews= schon um 6-1/2 Uhr vormittags den
 Befehl zum Segelmehren für die ganze Flotte gab, blieb die Nachhut auch
 weiterhin etwa fünf Seemeilen von der Mitte ab. Um 8 Uhr folgte der
 Befehl, über Steuerbordbug die Kiellinie zum Angriff zu bilden, und als
 dieses Manöver, infolge des flauen Windes nur langsam und
 unvollständig, um 11-1/2 Uhr von Vorhut und Mitte ausgeführt war, auch
 das Signal »Angreifen«, wobei jedoch das für »Kiellinie« wehen blieb;
 =Lestock= beantwortete das Signal »Angreifen« nicht. Die Verbündeten
 waren in leidlich guter Ordnung, nur die Nachhut stand etwas zurück und
 in dieser wieder die letzten fünf Schiffe.

 [52] Schilderung nach: Mahan, Band I; Lacour, Band I; Clowes, Band III,
      in dem die genauesten Angaben und aus dem auch die Schiffsliste
      entnommen ist.

 Langsam überholten die Engländer den Gegner. Um 1 Uhr nachmittags war
 =Mathews= (»Namur«) querab von =Navarro= (»Real Felipe«) und =Rowley=
 »Barfleur«) von =de Court= (»Terrible«). Jetzt hielt Mathews mit dem
 Flaggschiff aus der Kiellinie ab und legte sich auf Pistolenschußweite
 neben Navarro; er ward unterstützt durch seinen Vordermann »Norfolk«
 und seinen Hintermann »Marlborough«, die »Constante« und »Isabela«
 angriffen. Die Besorgnis, der Gegner könne sich dem Kampfe entziehen,
 verleitete =Mathews= zum Angriff, ehe die Flotte in guter Ordnung und
 ehe die Nachhut herangekommen war. Admiral =Rowley= folgte dem Beispiel
 und hielt auf =de Court= ab, auch er wurde durch seine beiden
 Hinterleute unterstützt; hier fochten also »Barfleur«, »Prinzeß
 Carolina« und »Berwick« gegen »Terrible«, »Esprit« und »Diamant«. Das
 Gefecht scheint jedoch ein laufendes gewesen zu sein (auch nicht auf so
 nahe Entfernung wie bei Mathews), denn die Lücke zwischen Nachhut und
 Mitte der Verbündeten vergrößerte sich; der Kampf der englischen
 Schiffe mit den spanischen erfolgte dagegen mit kleiner Fahrt, und die
 letzten fünf Spanier kamen infolgedessen nach und nach auf.

 Die sämtlichen übrigen englischen Schiffe beteiligten sich, wenig oder
 gar nicht am Kampfe. Die drei Spitzenschiffe der Vorhut griffen nicht
 an, denn sie wollten dadurch die Vorhut der Verbündeten hindern, zu
 wenden und dann die englische Flotte von Luward her zu dublieren. Die
 drei Schiffe hinter »Berwick« blieben auch in der Kiellinie und so weit
 ab, daß sie nur ein wenig erfolgreiches Feuer mit den drei Spaniern
 wechseln konnten, die als letzte der französischen Mitte zugeteilt
 waren. Ebenso verfuhren die vier ersten Schiffe der englischen Mitte,
 die nur anfangs auf die ebenerwähnten Spanier und dann auf »Poder«
 feuerten; dieser scheint schwer beschädigt worden zu sein. Von den
 letzten vier Schiffen der englischen Mitte (Dorsetshire und
 Hinterleute) berichten die Quellen beim ersten Angriff nichts; da sie
 ihren Platz in der Kiellinie nicht verließen und da ihre Gegner noch
 nicht heranwaren, blieben sie wohl ganz untätig.

 Hervorzuheben ist das Verhalten des Kapitäns =Hawke=, des später
 berühmten Flottenführers. Als Kommandant des »Berwick« hatte er den
 weit schwächeren »Diamant« gegenüber, der dem Kampf auswich; als er nun
 sah, daß »Poder« zwar lebhaft beschossen, aber doch nicht im Nahkampf
 angegriffen war, verließ er seinen Platz in der Vorhut, segelte zu dem
 genannten Schiffe nahe heran und zwang es zur Übergabe. Heiß war der
 Kampf bei =Mathews=. Zwar trieb »Norfolk« den »Constante« nahezu als
 Wrack aus der Linie und »Real Felipe« sowie »Isabela« erlitten großen
 Verlust an Mannschaft, aber auch die englischen Schiffe wurden so
 schwer in der Takelage beschädigt, daß sie ihren Vorteil nicht
 ausnutzen konnten. Der Admiral gab einem Brander den Befehl, das
 spanische Flaggschiff anzuzünden. Dieser ging unter furchtbarem Feuer
 des Gegners vor, als er jedoch, schon fast sinkend, genötigt war,
 selber zu schießen, um spanische Boote abzuwehren, geriet er durch das
 eigene Feuer in Brand und flog auf, ehe er sein Opfer erreicht hatte.

 Etwa drei Stunden waren verflossen, seit Mathews den Kampf begonnen
 hatte, da gab =de Court= seiner Vorhut und Mitte den Befehl zu wenden,
 um den Spaniern Hilfe zu bringen; die englische Vorhut wendete
 gleichfalls. Zu dieser Zeit waren die fünf letzten Spanier aufgesegelt
 und griffen in das Gefecht bei ihrem Admiral ein; =Lestock=, der nun
 auch näher herangelangt war, bemühte sich infolge zu flauen Windes mit
 schwerer See vergeblich, dies zu hindern. Jetzt brach =Mathews= den
 Kampf ab und gab das Signal, die Kiellinie über Backbordbug zu bilden;
 er wollte vor allem die Ordnung herstellen, weil er eine Wiederaufnahme
 des Kampfes durch die langsam herankommenden Franzosen erwartete. Das
 Manöver erfolgte und führte zu einem Gefecht zwischen den letzten
 Schiffen der englischen Mitte und den letzten Spaniern, als sie sich
 auf entgegengesetzten Kursen begegneten.

 Die Franzosen, die beim Herankommen den entmasteten »Poder«
 wiedergenommen hatten, waren in Unordnung geraten, und die spanischen
 Schiffe lagen in einem wirren Haufen um ihren Admiral. Infolge des
 flauen Windes hatten alle Manöver sehr viel Zeit gekostet: das Wenden
 der Schiffe (viele hatten halsen müssen), das Abbrechen des Kampfes
 seitens der Engländer (»Marlborough« mußte mit Booten weggeschleppt
 werden), das Entwirren auf beiden Seiten. So brach die Nacht herein,
 ehe die Ordnung hergestellt war, und der Kampf war zu Ende.

 Die Gegner lagen die Nacht über in Sicht voneinander. Am anderen Morgen
 stieß das englische Schiff »SSomerset« auf das spanische »Hercules«;
 beide waren von ihren Flotten versprengt. Der Engländer griff an, mußte
 jedoch bald abbrechen, da einige Franzosen herankamen.

 Die =Verluste= waren =auf englischer Seite= nicht groß. Zwar waren drei
 Schiffe stark beschädigt (Mathews mußte am nächsten Tage seine Flagge
 auf einem anderen setzen), aber der Mannschaftsverlust war unbedeutend.
 Von den hauptsächlich beteiligten Schiffen hatten die drei der Vorhut
 etwa 80, die drei der Mitte 200 Tote und Verwundete (davon
 »Marlborough« allein 160), darunter zwei Kommandanten. =Die Spanier=
 verloren den »Poder«, der zwar zurückerobert war, aber am nächsten Tage
 wegen Seeuntüchtigkeit verbrannt werden mußte; die am Kampf beteiligten
 Schiffe hatten sehr gelitten, »Real Felipe« mußte geschleppt werden.
 Der Mannschaftsverlust war sehr bedeutend, so hatten z. B. »Isabela«
 300, »Real Felipe« 500 Tote und Verwundete. Der Kommandant des
 Flaggschiffes wurde schon bei Beginn des Kampfes schwer verwundet; nach
 französischen Angaben verließ mit ihm auch der leicht getroffene
 Admiral das Deck, und nur dem zweiten Kommandanten, einem französischen
 Seeoffizier =de Lage=, soll der heldenmütige Widerstand des Schiffes zu
 danken sein. Der =Verlust der Franzosen= ist nicht bekannt. Er wird
 unbedeutend gewesen sein; die französischen Quellen bezeichnen nämlich
 das Feuergefecht, das ihre Schiffe führten, als »ziemlich matt«, und
 die englischen Schiffe, die mit ihnen fochten, haben ja auch nur
 geringe Verluste gehabt.

=Die Schlacht blieb taktisch unentschieden=; beide Flotten behaupteten
vorläufig das Feld. Meist wird sie als ein Sieg der Engländer bezeichnet,
doch nicht mit Recht. Allerdings gaben die Verbündeten die Fahrt nach
Genua auf -- falls sie diese überhaupt beabsichtigt haben --, aber sie
nahmen am 23. Februar Kurs nach Spanien, wobei die Franzosen zwischen den
Spaniern und dem Gegner segelten, und kamen unbelästigt nach Cartagena;
die französische Flotte ging dann im April gleichfalls ungestört nach
Toulon zurück, auf der Fahrt fielen ihr einige englische Kauffahrer in
die Hände. Hieraus sowie aus dem längeren Stilliegen der englischen
Flotte in Port Mahon leiten die Franzosen als Erfolg der Schlacht ab, daß
sie für einige Zeit die See freigemacht hätten. =Mathews= war nämlich am
23. dem Feinde gefolgt, gab dies aber am nächsten Tage auf. Er hatte
erfahren, daß in Spanien neue Verstärkungen für das Heer in Italien
zusammengezogen seien, und wollte diesen nicht dadurch den Weg freigeben,
daß er sich nach Süden abziehen ließ. Hätte er die Verfolgung
fortgesetzt, so wären ihm wahrscheinlich einige der in der Takelage
beschädigten Schiffe zum Opfer gefallen oder der Feind hätte sich aufs
neue zum Kampf stellen müssen, um diese zu decken. So aber zeigte sich
=Mathews= nur noch in der Bucht von Rosas und ging dann nach Port Mahon;
hier entsetzte er =Lestock= vom Kommando und sandte ihn nach England.

$Die Bedeutung der Schlacht vor Toulon für die Seekriegsgeschichte$ liegt
nicht in ihren kriegerischen Ergebnissen, sondern in dem Einblick, den
sie in den Stand der Taktik (vgl. Seite 36) und in einige Verhältnisse
der Marinen gewährt. =In England= war man entrüstet über ihren geringen
Erfolg, und auf Drängen des Parlaments wurden Mathews, Lestock sowie elf
Kommandanten der Vorhut und Mitte in =kriegsgerichtliche
Untersuchung=[53] gezogen. Dem Flottenchef warf man grobe Verstöße gegen
die Gefechtsvorschriften vor. Diese verlangten bekanntlich, die Flotte in
Kiellinie neben die feindliche Linie zu führen, Spitze neben Spitze, und
dann Schiff gegen Schiff zum Angriff abzuhalten, jedes Schiff sollte bis
dahin auf seinem Platze in der Linie bleiben. =Mathews= hatte aber das
Beispiel für den Angriff gegeben, ehe Spitze gegen Spitze stand; durch
kriegsgerichtlichen Spruch wurde er kassiert. Allerdings hat er gegen den
Buchstaben der Vorschrift verstoßen, aber er handelte doch mit Überlegung
und würde voraussichtlich großen Erfolg gehabt haben, wenn seine
Untergebenen ihm sämtlich gefolgt wären. Der Augenblick zum Angriff war
sicher günstig gewählt. Die Schiffe beim spanischen Admiral waren dem
Angriff der ganzen englischen Mitte ausgesetzt; gegen das Zurückkommen
der Franzosen, das bei dem flauen Winde lange gewährt haben würde, deckte
die Vorhut, und die zurückgebliebenen spanischen Schiffe wären zur
Unterstützung zu spät gekommen, auch würde ihnen die englische Nachhut
entgegengetreten sein, wenn Lestock sofort mit raumem Winde abgehalten
hätte. Der Admiral wurde ein Opfer des Streites zwischen den Verteidigern
einer freieren Auffassung und denen der schematischen Befolgung der
taktischen Vorschriften, bei dem diese die Überhand behielten. Die
Verurteilung des Admirals =Mathews= trug aber dazu bei, daß von nun an
die englischen Flottenführer sich peinlich an den Wortlaut der
Vorschriften hielten, und =Clerk= (vgl. Quellenverzeichnis) sagt in
seinem berühmten Werke über Taktik mit Recht: »Dieses kriegsgerichtliche
Urteil muß als die eigentliche Quelle der späteren Mißerfolge zur See
angesehen werden.« Die erste Schlacht im nächsten Kriege (bei Minorka
1756) wird ein schlagendes Beispiel hierfür geben. -- Der Admiral
=Lestock= und die 11 Schiffskommandanten wurden der Nichtbefolgung der
Befehle oder der mangelhaften Beteiligung am Kampfe angeklagt. =Lestock=
führte an, daß die beiden Signale: »Kiellinie bilden (bzw. halten)« und
»Angreifen« gleichzeitig geweht hätten. Er habe mithin den zweiten Befehl
nicht ausführen können, ohne gegen den ersten zu verstoßen, auch sei ja
die Flotte noch nicht in der für den Angriff vorgeschriebenen Stellung
gewesen. Auf diese künstliche Verteidigung hin wurde er freigesprochen.

 [53] Näheres über diese berühmten Kriegsgerichte, mit Angabe weiterer
      Quellen, vgl. Clowes, Band III, Seite 103.

 Die englischen Quellen urteilen schroff über =Lestock=. So schreibt
 Clowes, Lestock habe sich wohl gesagt: »Laß =Mathews= tun, was er will;
 wenn es auch zum Schaden ausschlägt, halte ich mich an die Vorschrift
 und bin so sicher.«

Von den =angeklagten Kapitänen= starb einer, ein anderer wurde
fahnenflüchtig, zwei (die von »Somerset« und »Princesa«) wurden
freigesprochen; sieben aber wurden entlassen oder im Dienstalter
zurückgesetzt. Von den Entlassenen stellte der König drei sofort wieder
an; es waren dies die Kommandanten der 3 Spitzenschiffe, die nicht
angegriffen hatten, um die französische Vorhut am Dublieren zu hindern.
Das schwächliche Verhalten der übrigen Angeschuldigten hat wohl
tatsächlich seinen Grund darin gehabt, daß sie bei der Wahl zwischen dem
Befolgen des Beispiels ihres Admirals und dem Festhalten an der Norm
nicht zum Entschluß kommen konnten; jedenfalls zeigt ihr Benehmen Mangel
an Verständnis für die Absichten ihres Führers und läßt zu dieser Zeit
den alten Schneid im englischen Offizierkorps vermissen.

 Hieraus sind $wichtige Lehren$ zu ziehen. =Mahan sagt= (Band I, Seite
 256 ff., hier gekürzt): »Die Untüchtigkeit der englischen Kommandanten,
 die sich hier, aber auch bei anderen Gelegenheiten zeigte, erklärte zum
 Teil, daß England aus seiner Überlegenheit zur See in diesem Kriege
 nicht den vollen Nutzen zog. Man kann nun nicht annehmen, daß so viele
 englische Seeleute aus Feigheit -- einer so niedern und seltenen
 Untugend -- versagt haben; vielmehr trug Mangel an geistiger
 Vorbereitung und an militärischer Leistungsfähigkeit die Schuld daran.
 Dies gibt allen Offizieren die Lehre, wie notwendig es ist, im Frieden
 den Geist durch das Überdenken der Lagen, in die sie im Kriege kommen
 können, vorzubereiten und zu festigen, damit die Stunde des Kampfes sie
 nicht unvorbereitet findet und vielleicht in Unehre bringt.«

 =Wir müssen wohl noch hinzufügen=, daß die Offiziere auch im Frieden
 durch möglichst kriegsmäßige Gefechtsmanöver hierin zu unterstützen
 sind. Die englischen Kommandanten in der Schlacht vor Toulon verstanden
 die Absicht ihres Chefs nicht; Manöver im Frieden müssen anstreben, ein
 gegenseitiges Verstehen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen
 herbeizuführen, die Entschlußfähigkeit zu fördern, sowie endlich und
 nicht am wenigsten dahin zu wirken, daß die formale Taktik nicht
 verknöchert, sondern als eine angewandte im Geiste aller selbständigen
 Führer lebt.

 =Mahan führt weiter an=: »Auch hat vielleicht das teilweise vorhandene
 Übelwollen der Kommandanten gegen ihren schroffen Vorgesetzten
 mitgewirkt. Es ist wohl am Platze, auf den Einfluß einer gewissen
 Herzlichkeit und des Wohlwollens seitens der Vorgesetzten gegen ihre
 Untergebenen hinzuweisen. Sie gehören vielleicht nicht notwendig zum
 militärischen Erfolge, aber sie geben dem zu diesem nötigen Elemente
 einen belebenden Hauch, der möglich macht, was sonst unmöglich wäre.
 Sie erzeugen einen Grad von Hingebung und Heldentum, den die schärfste,
 aber nicht so veredelte Manneszucht niemals erreicht. Zweifellos ist
 dies natürliche Anlage beim Vorgesetzten; wohl das leuchtendste
 Beispiel dieser Art unter den Seeleuten war Nelson.«

Auch für die anderen Marinen bieten die Ereignisse der Schlacht
Bemerkenswertes. In =Frankreich= und in =Spanien= erregte ihr Verlauf
gleichfalls Entrüstung. Spanien beschwerte sich über ungenügende
Unterstützung seiner Schiffe durch die Franzosen. Der Admiral =de Court=
wandte dagegen ein, die Unordnung im spanischen Geschwader habe den
Angriff der Engländer überhaupt nur hervorgerufen, er habe dann Navarro
vor der Vernichtung bewahrt. Trotzdem wurde de Court vom Kommando
abgelöst und nicht mehr verwendet, wenn er auch noch 1750 den Titel des
Viceadmirals du Ponant erhielt. Gegenüber dem Schicksal Mathews und de
Courts wirkt der Umstand fast erheiternd, daß der spanische Admiral
=Navarro= »wegen seines Sieges« zum Vizeadmiral befördert wurde.

Die völlige Untätigkeit der französischen Schiffe, die nicht selber
angegriffen wurden, bleibt allerdings auffällig. Keine Quelle spricht
sich über den Grund hierfür aus, nur =Lacour= deutet an, daß die
Kommandanten vielleicht unter dem Einfluß des Befehls für den Admiral
gestanden hätten: nur zu fechten, wenn er angegriffen werde. Dies wäre
seltsam, denn ihr Admiral war ja im Kampfe. Erwarteten sie nun trotzdem
ausdrücklichen Befehl zum Eingreifen; wagten sie ohne solchen nicht, die
Linie zu verlassen; hielten sie den Versuch, an den zu Luward stehenden
Feind heranzukommen, bei dem flauen Winde für aussichtslos? Einige
Quellen (Mahan; Chevalier I, vgl. Quellenverzeichnis) sagen, de Court
habe schon, ehe er später mit der ganzen Flotte wendete, der Vorhut
Befehl zum Wenden gegeben, um den Gegner zu dublieren. Wenn dies richtig
ist, warum befolgte =Gabaret=, der Führer der Vorhut, den Befehl nicht?
Hielt auch er es bei den Windverhältnissen für unausführbar oder sah er
sich tatsächlich durch das Verhalten der englischen Spitzenschiffe daran
gehindert?

Vielleicht sprach ein anderer wichtiger Umstand bei dem Verhalten der
französischen Schiffe mit. Wir erwähnten schon, daß während der langen
Friedenszeit die Beförderung in der französischen Marine vollständig
stockte. Nun gibt Lacour (Seite 464 ff.) Personalangaben über die
Offiziere der in den Kriegen Ludwigs XV. verwendeten Schiffe. Danach war
bei Toulon der Admiral de Court 78 Jahre alt, Admiral Gabaret hatte eine
Dienstzeit von 56 Jahren, die eine Hälfte der Kommandanten eine solche
von 52, die andere von 40-45 Jahren; es kommen mithin, wenn man den
Diensteintritt mit 15 Jahren annimmt, Lebensalter von 70-67 und 55-60
heraus, und wir wissen, daß die Offiziere seit langen Jahren wenig zur
See gefahren hatten. Da konnte man hervorragende Unternehmungslust von
den französischen Kommandanten allerdings wohl kaum erwarten. Der
englische Admiral Rowley war 54 Jahre alt; die Kommandanten, die sich
besonders auszeichneten, der des »Berwick« zählte 39, der des »Norfolk«
30 Jahre.


          Der Krieg in den europäischen Gewässern 1744-1748.

Erst nach der Schlacht vor Toulon erklärte Frankreich am 15. März 1744
den Krieg, England antwortete am 29. Es forderte jetzt von Holland die
vertragsmäßige Hilfe, die jedoch nur schwach ausfiel[54].

 [54] Vgl. Seite 59: Die Beteiligung der holländischen Marine an diesem
      Kriege, sowohl im Verein mit der englischen wie auch selbständig,
      war sehr unbedeutend; sie soll zu Ende dieser Schilderung des
      Krieges in den europäischen Gewässern kurz zusammengefaßt werden.

$Das Jahr 1744$ brachte weder im Atlantik noch im Mittelmeer Ereignisse
von Bedeutung, obgleich größere Flotten beider Gegner tätig waren. Von
England gingen im Frühjahr Verstärkungen nach Ostindien (Kommodore
=Barnet=), sowie nach Westindien (Vizeadmiral =Davers=) ab. Ferner
segelten im April ein Konvoi Kauffahrer und mehrere Transporter mit
Vorräten für die Mittelmeerflotte und die österreichisch-sardinische
Armee unter dem Schutz des Vizeadmirals =Hardy= mit 11 Linienschiffen
nach =Lissabon=; Hardy führte seine Schutzbefohlenen nach Lissabon, von
wo sie unter schwächeren Bedeckungen gruppenweise ihre verschiedenen Wege
einschlagen sollten, und kehrte im Mai nach England zurück; aber bald
nachdem er Lissabon verlassen hatte, wurden die Kauffahrer und
Transporter dort von einem französischen Brestgeschwader, 14
Linienschiffen unter dem Chef d'Escadre =Rochambeau=, blockiert.

=Im Kanal= standen die englischen Seestreitkräfte, die den Handel in und
vor diesem Meere schützen sollten, unter dem Admiral =Sir John Balchen=.
Als Anfang August das holländische Hilfsgeschwader zu diesem stieß,
unternahm er mit 14 englischen und 8 holländischen Linienschiffen eine
Kreuztour vor dem Kanal, auf der am 23. August 6 reichbeladene
französische Westindienfahrer gefangen wurden. Anfang September erhielt
Balchen Kenntnis von der Blockade Lissabons, ging dorthin und führte die
Transporter nach =Gibraltar=; Rochambeau hatte beim Nahen der Engländer
die Blockade aufgegeben und war in Cadiz eingelaufen; Balchen segelte,
ohne auf den Feind zu stoßen, nach England zurück.

 Auf dieser Rückfahrt zerstreute ein schwerer Sturm am 13. Oktober 1744
 die Flotte, und =das Flaggschiff »Victory« ging mit der ganzen
 Mannschaft verloren=. Es galt als das stolzeste und beste Kriegsschiff
 jener Zeit, führte 110 Kanonen und gegen 1000 Mann, darunter 50
 Volontäre aus guten Familien. Der Unfall wurde vielfach auf
 Konstruktionsfehler zurückgeführt und als ein Beispiel für die
 Unhandlichkeit und Unsicherheit der großen Dreidecker angesehen.
 Wahrscheinlich aber ist das Schiff auf Klippen in der Nähe von Alderney
 gescheitert; man hat auf der Insel Notschüsse gehört.

=Im Mittelmeer= hatte die englische Flotte ihre durch die Schlacht vor
Toulon erlittenen Beschädigungen in Mahon ausgebessert und dann die
Beobachtung der französischen Flotte in Toulon, die der spanischen in
Cartagena, die Unterbindung der Zufuhren nach Italien und vor allem auch
den Schutz des englischen Handels wieder aufgenommen; =Mathews= wurde im
September nach England zurückgerufen, und =Rowley= übernahm das Kommando.
In Spanien erwartete man um diese Zeit die Rückkehr der Silberflotte. Um
deren Eintreffen zu sichern, lief Ende September ein französisches
Geschwader von 16 Linienschiffen unter dem Chef d'Escadre =Gabaret= von
Toulon aus; es sollte sich mit der spanischen Flotte oder mit
=Rochambeau= vereinigen. Rowley erhielt erst nach 14 Tagen hiervon
Nachricht; er ging mit einem Teil seiner Flotte zur spanischen Küste und
bis Gibraltar, fand hier die erwähnten Transporter, stieß aber nicht auf
den Feind. Scheinbar ist Rochambeau von Cadiz aus dem Toulongeschwader
entgegengegangen, infolge eines schweren Sturmes aber segelten beide nach
ihren Ausgangshäfen zurück, ehe sie sich getroffen hatten. Vom
Toulongeschwader wurde eine Division (Chevalier =de Caylus=) nach
Westindien abgezweigt.

 Die Angaben über 1744 und 1745 sind in den englischen wie in den
 französischen Quellen ungenau und lückenhaft. So führen die englischen
 Quellen und auch Troude den Admiral Gabaret als Chef des erwähnten
 Geschwaders an, während er nach Lacour bereits am 21. Juni 1744
 gestorben ist, kurz nachdem er für de Court das Kommando in Toulon
 übernommen hatte. Lacour sagt, der Minister Maurepas sei im Mai in
 Toulon gewesen, um verschiedene Mängel abzustellen. Nach Gabarets Tode
 habe er dann keinen neuen Oberbefehlshaber für das Mittelmeer ernannt,
 sondern die Flotte hier in fünf selbständige Divisionen zu je 4-5
 Linienschiffen geteilt; diese Maßregel habe sich durch erfolgreiche
 kleine Unternehmungen, Handelsschutz, Verbindung mit Italien u. dgl.,
 in den nächsten Jahren bewährt. Wenn dies richtig ist, so hat die
 Streitkraft an der spanischen Küste 1744 vielleicht aus einigen dieser
 Divisionen bestanden; es werden nämlich auch Entsendungen nach Cadiz
 und Gibraltar erwähnt, sowie daß eine der Divisionen von de Caylus
 geführt sei, von dessen Abfahrt nach Westindien vorhin berichtet wurde.

$Im Jahre 1745$ fiel der englischen Flotte =im Mittelmeer= auch noch die
Beobachtung des französischen Geschwaders in Cadiz zu; sie wurde deshalb
in drei Hauptgeschwader zur Bewachung von Cadiz, Cartagena und der Küste
Italiens geteilt. Außerdem mußte sie eine größere Division (Vizeadmiral
=Townsend=) für Westindien abgeben. Diese Umstände erklären wohl, daß den
Franzosen, wie ihre Quellen sagen, in diesem Jahre verschiedene kleinere
Expeditionen nach der Küste Italiens geglückt sind. Ihr Landheer drang in
Norditalien siegreich vor, auch neapolitanische Truppen waren wieder im
Felde. Ferner trat =Genua= auf Frankreichs Seite; eine Division der
englischen Flotte beschoß deshalb einige Küstenplätze dieser Republik und
unterstützte die gegen sie aufgestandenen Corsicaner bei der Eroberung
von Bastia.

Vom =Kanal und Atlantik= berichten die Quellen für das Jahr 1745 außer
Zusammenstößen zwischen einzelnen Schiffen oder ganz kleinen
Divisionen[55] wenig. Erwähnenswert ist, daß es den Franzosen auch von
Brest aus glückte, zweimal Verstärkungen an Kriegsschiffen nach
Westindien zu senden, deren eine einen großen Konvoi von Kauffahrern und
Transportern deckte; dagegen war es nicht gelungen, rechtzeitig eine
Unterstützung nach Nordamerika auslaufen zu lassen, um die bedrohte
Festung Louisbourg zu retten. Ferner fällt in dieses Jahr =die Erhebung
Schottlands=. Ihr Verlauf ist auf Seite 53 geschildert, hier sei das
seemännisch Bemerkenswerte hinzugefügt.

 [55] Die zahlreichen kleinen Gefechte, die bei der Ausübung des Kleinen
      und Handelskrieges sowie auch bei der Beobachtung der
      französischen Häfen durch die Engländer vorfielen, übergehen wir.
      Man findet die bemerkenswertesten in den Spezialwerken, so z. B.
      in Clowes, Kapitel »Minor actions«, und in Troude.

 $Prinz Karl Eduard In Schottland 1745.$ Der Prinz schiffte sich Mitte
 Juni in St. Nazaire auf einem kleinen Fahrzeuge (»Dentelle«, 18
 Kanonen), mit nur wenigen Begleitern, mit Waffen für 2000 Mann und etwa
 2000 Lstrl. an Geldmitteln, ein. Ein für Freibeuterzwecke ausgerüstetes
 Schiff der Königlichen Marine (»Elisabeth«, 64 Kanonen) sollte zum
 Schutz dienen und schlug auch auf der Höhe von Brest den Angriff des
 englischen Kreuzers »Lion« von 50 Kanonen ab; ohne weitere Belästigung
 erreichte dann der Prinz im Juli Schottland. Seine anfänglichen Erfolge
 sind bekannt, doch erhielt er von Frankreich zu geringe Unterstützung.
 Die meisten der kleineren Fahrzeuge (Freibeuterschiffe), mit denen
 seine Anhänger in Frankreich ihm Freiwillige sowie Hilfsmittel senden
 wollten, wurden von den englischen Geschwadern weggefangen, die im
 Kanal und an der schottischen Küste kreuzten; das Gros der Kanalflotte
 unter =Admiral Vernon= beobachtete von den Downs aus Dünkirchen und
 Calais auf eine ernstere Bedrohung durch Frankreich. Es gereicht aber
 der englischen Marine nicht gerade zum Ruhme, daß es im Dezember 1745
 einer Flottille von 7 Fahrzeugen gelang, bei Montrose 700 Mann zu
 landen und einen Angriff englischer Schiffe abzuweisen; auch im Mai
 1746 schlugen zwei Freibeuter kleine englische Kriegsschiffe aus dem
 Felde und brachten einige schottische Rebellenführer nach Frankreich.
 Im Herbst desselben Jahres holte ein französischer Freibeuter den
 Prinzen von den Hebriden nach der Bretagne zurück; dies war der dritte
 Versuch, den Prinzen zu retten.

Die französischen Marineschriftsteller vertreten die Ansicht, daß für
Frankreich nie, weder zur Zeit Ludwigs XIV. noch später während der
Republik und des Kaiserreichs, eine so =günstige Gelegenheit zu einem
Einfall in England= sich geboten habe, wie bei dieser Erhebung
Schottlands; auch englische Autoren bezeichnen die damalige Lage als
gefährlich. England war von Truppen entblößt und in Belgien geschlagen;
die englischen Seestreitkräfte scheinen anfangs schwach und zerstreut
gewesen zu sein. (Der Oberbefehlshaber =Vernon=, allerdings durch seine
Opposition bekannt, sprach der Admiralität gegenüber spöttisch von »zwei
Flaggoffizieren in den Downs mit noch einem 40-Kanonenschiff, um damit
die Schlachtlinie zu bilden«.) Auch in Frankreich erhoben sich gewichtige
Stimmen für die Benutzung der günstigen Gelegenheit und für die
Ausführung des Planes von 1744. Vorbereitungen wenigstens wurden
getroffen. Lacour berichtet hierüber (A. a. O. Seite 158 ff; hier im
Auszuge):

»Dem Prinzen Karl Eduard war von einflußreichen Personen gesagt, wenn er
in Schottland gelandet sei, so könne der König nicht umhin, ihn zu
unterstützen. Der Marschall de Noailles erklärte dem Könige, wenn er in
London wirklich die Messe lesen lassen wolle, so müsse er jetzt 30000
Mann hinübersenden. -- Gegen 30000 Mann waren unter dem =Herzog von
Richelieu= bei Calais versammelt und man traf Vorbereitungen zur
Überführung, ja es scheint einige Male schon mit der Einschiffung
begonnen zu sein; =Voltaire= hatte einen Aufruf an das englische Volk
entworfen. -- Während 72 Stunden, vom 31. Dezember 1745 bis zum 3. Januar
1746, wehte SSO-Wind, den Weg freimachend von der englischen Flotte und
der Überfahrt günstig; Vernon schrieb in jener Zeit an den Kommandanten
von Deal, er würde nicht imstande sein, unter diesen Umständen die
Überfahrt der Franzosen zu hindern. Jetzt hatte aber weder der König,
noch die Minister, noch Richelieu mehr Interesse für den Plan, und im
Februar erklärte Moritz von Sachsen, daß Richelieu ihm von
unüberwindlichen Hindernissen berichtet und ihm die für das Unternehmen
bestimmten Truppen zurückgesandt habe.«

Lacour schließt mit der Bemerkung, man höre in den Aufzeichnungen jener
Zeit das Echo der allgemeinen Entrüstung in Frankreich über das Aufgeben
des Planes. Nun, so ganz leicht wäre die Ausführung doch wohl nicht
gewesen und im Winter 1745/46 war es sicher schon zu spät. Um diese Zeit
hatte man in England die Verteidigung planmäßig geordnet; die Hauptflotte
lag in den Downs und je ein Geschwader in Plymouth, in der Themsemündung
sowie vor der schottischen Küste, abgezweigte Divisionen und einzelne
Kreuzer schwärmten auf See.

$Im Jahre 1746$ stand der Krieg in Flandern für England schlecht; die
Franzosen hatten sich Belgiens bemächtigt und bedrohten Holland; dabei
hatte man von diesem Kriegsschauplatze Truppen gegen die Schotten
abberufen müssen. Man beabsichtigte deshalb, durch einen =Vorstoß gegen
die französische Küste= (=gegen Lorient=) französische Truppen aus
Flandern wegzuziehen und so gleichzeitig der öffentlichen Meinung
Rechnung zu tragen. Schon früher waren Vorbereitungen getroffen, den
Kolonisten in Amerika eine ansehnliche Hilfstruppe zu einem Angriff auf
Quebec zu senden. Frankreich erhielt hiervon Kenntnis und traf die
gleiche Maßregel, sandte zur Wiedereroberung Louisbourgs von Brest Ende
Juni 11 Linienschiffe unter dem =Duc d'Anville= nebst einem
Truppentransport ab, während die englische Expedition unterblieb. Um die
dadurch in England hervorgerufene Entrüstung zu besänftigen, erklärte die
Regierung, daß die für die Kolonie gesammelten Kräfte jetzt gegen
Frankreich selber verwendet werden würden.

Nach einigen englischen Quellen ist es bis jetzt nicht aufgeklärt,
weshalb die Unterstützung für Amerika nicht entsendet wurde; andere
führen an, die Expedition sei zunächst durch »gewisse Umstände« verzögert
und später wegen zu weit vorgeschrittener Jahreszeit aufgegeben. Es ist
möglich, daß man zu Anfang des Jahres 1746, ehe der schottische Aufstand
niedergeschlagen war, Schiffe und Truppen der Heimat nicht zu entziehen
wagte, aber im April war Karl Eduards Sache durch die Niederlage bei
Culloden bereits völlig verloren und Frankreich hatte den Einfall in
England schon früher aufgegeben. Da ist es verwunderlich, daß die
Expedition nicht abging, ja daß man nicht einmal versuchte, die
französische Unternehmung zu verhindern, die doch ein Gegenstoß gegen die
beabsichtigte eigene sein sollte. Aber es wurde nichts Ernstliches gegen
das Sammeln der feindlichen Kriegsschiffe und Transporter getan, die in
verschiedenen Häfen ausgerüstet werden mußten. Nur durch ein Blockieren
von St. Malo ist ihr Zusammentritt um einige Wochen verzögert, gegen das
Auslaufen der großen Flotte im Juni wurde nicht vorgegangen. Daß England
hierzu nicht imstande gewesen wäre, kann man bei der Überlegenheit seiner
Marine kaum annehmen. Colomb (»naval warfare«) erblickt hierin wohl mit
Recht einen strategischen Fehler. Mit dem Vorstoß gegen Lorient wollte
man nun diesen einigermaßen wieder gut machen.

Aber wäre der Angriff auch wirklich mit Erfolg gekrönt worden, so würde
es doch nur ein Ausgleich gegen etwa von den Franzosen in Amerika
errungene Vorteile gewesen sein, nur ein geringer Gewinn für die
überlegene Seemacht. Man wählte Lorient als geeignetsten Angriffspunkt,
da die Stadt einerseits nur schwach befestigt war und anderseits als
Hauptstapelplatz der französisch-ostindischen Kompagnie reiche Beute
versprach; man hoffte ferner, daß man von hier aus in der Bretagne den
protestantischen Teil der Bevölkerung (besonders in La Rochelle) zum
Aufstand bringen und dann, von der See her stets unterstützt, weiter in
die Provinz eindringen könne. Nicht genügend vorbereitet und mangelhaft
durchgeführt, schlug das Unternehmen völlig fehl.

 $Der englische Angriff auf Lorient 1746.$ In Portsmouth wurden auf 40
 Fahrzeugen 7000-8000 Mann unter Generalleutnant =St. Clair=
 eingeschifft; =Admiral Lestock= deckte den Transport mit einem Teil der
 Kanalflotte, sandte einige Schiffe zur Erkundung der Küste voraus und
 folgte Mitte August mit dem Transport; er erreichte aber widriger Winde
 halber erst Ende September die Insel de Groix. Nach französischen
 Angaben hätte er leicht in die Bucht von Lorient einlaufen können, da
 die Orte Port Louis und Lorient kaum befestigt und nur von wenigen
 Kompagnien Küstenwache (Miliz) besetzt waren. Seestreitkräfte waren gar
 nicht zur Stelle, in Brest scheint man weder das Passieren der
 Erkundungsdivision, noch das der 50 Segel starken Flotte bemerkt zu
 haben; die englischen Führer scheinen aber auch hiervon weder durch
 ihre Behörden daheim noch durch Erkundung Kenntnis gehabt zu haben. Man
 versuchte gar kein gewaltsames Eindringen, sondern landete am 1.
 Oktober etwa 15 Kilometer westlich von Lorient an der Mündung des
 Quimperlé. Der Kommandant der bedrohten Stadt bot in Eile alle
 erreichbaren, wenn auch kaum regelrecht bewaffneten Milizen auf und
 verstärkte die Befestigungen, war aber doch zur Übergabe geneigt, wenn
 der Gegner vom Beutemachen absehen wollte. Die Engländer gingen hierauf
 nicht ein, sondern rückten auf Lorient vor; sie kamen jedoch wegen
 ungünstigen Geländes nur langsam vorwärts, und der Angriff stockte vor
 der Stadt, weil jegliches Belagerungsmaterial fehlte. Am 7. Oktober
 gaben sie die Berennung auf und schifften die Truppen wieder ein; wie
 französische Angaben sagen, zum Erstaunen des Kommandanten, der gerade
 beschlossen habe, die Stadt auf jede Bedingung hin zu übergeben. Als
 Beispiel der mangelhaften Ausrüstung der englischen Expedition sei
 erwähnt, daß der General auf seine Bitte um eine Karte der Bretagne
 durch Eilboten eine solche der Gascogne erhielt.

 Darauf landeten die Engländer bei =Quiberon=, gaben aber auch hier nach
 wenigen Tagen die Operationen auf, nur die Inseln =Houat= und =Hoedik=
 wurden gebrandschatzt und ihre Befestigungen zerstört. Am 23. Oktober
 ging die Flotte nach England zurück.

Ruhm gewannen die Engländer bei diesem Unternehmen nicht. =Moritz von
Sachsen= erhielt allerdings Befehl, Truppen nach der Bretagne zu werfen,
doch inzwischen hatte er durch seinen Sieg bei =Rocoux= neue große
Erfolge errungen und fühlte die Schwächung nicht. Bemerkenswert ist die
berechtigte Klage französischer Quellen über die traurige maritime
Verfassung Frankreichs, infolge deren eine so wichtige Küstenstadt fast
widerstandslos gelassen war, und die nicht einmal starke feindliche
Flotte wochenlang unter der Küste bleiben und mehrfach landen konnte,
ohne von Brest oder Rochefort aus bedroht zu werden.

=Im Mittelmeer= beherrschten 1746 die englischen Seestreitkräfte,
insgesamt etwa 30 Linienschiffe, die See und unterstützten das
österreichisch-sardinische Heer bei der Einnahme von Genua und dem
Vordringen in die Provence. Eine Flottille leichterer Fahrzeuge deckte im
Dezember den Übergang über den Grenzfluß =Var=, die gegen 20
Linienschiffe starke Flotte zwang die =Lerinischen Inseln= zur Übergabe
und beschoß die Stadt =Antibes=, die vom Heere berannt wurde. Die
Franzosen setzten schleunigst die sehr vernachlässigte und nur schwach
besetzte Stadt Toulon in notdürftigen Verteidigungszustand.

$Im Jahre 1747$ kam das Vordringen des verbündeten Heeres allerdings bald
zum Stehen, da sich =Genua= in ihrem Rücken wieder empörte. Der
=Marschall Belle-Isle= entsetzte dann am 3. Februar Antibes und trieb die
Gegner über den Var zurück. Auch gelang es, trotz der englischen Flotte
die Lerinischen Inseln im Mai wiederzunehmen, sowie einige Male über
Corsica auf kleinen Fahrzeugen nach Genua Unterstützung zu bringen. Im
allgemeinen blieben jedoch die Engländer bis zum Ende des Krieges
($1748$) Herren der See im Mittelmeer und hielten die spanischen und
französischen Kriegsschiffe in ihren Häfen fest. Zur Unterbindung des
Verkehrs zwischen Frankreich und Italien rüsteten sie eine große Anzahl
kleinerer Fahrzeuge aus, die dicht unter der Küste kreuzten. Die Marinen
ihrer Gegner unternahmen im Mittelmeer nichts. Französische Quellen
sagen: »1748 =war die Erschöpfung an Schiffen, Ausrüstungsgegenständen
jeder Art, sowie an Personal in Toulon vollständig=.«

$Die beiden Seeschlachten bei Kap Finisterre 1747$[56]. Auch in den
atlantischen Gewässern wurde die französische Flotte in diesem Jahre
völlig lahmgelegt. Die englische Admiralität scheint von nun an über die
Absichten und Bewegungen des Feindes besser unterrichtet zu sein als
bisher und war auch imstande, ihm kräftig entgegenzutreten. Zunächst
hatten die Franzosen zwei Geschwader ausgerüstet, von denen das eine, 3
Linienschiffe, 2 Fregatten, unter dem Chef d'Escadre =de la Jonquière=
etwa 30 Transporter von Brest nach Kanada begleiten, das andere, 3
Linienschiffe und einige größere Schiffe der ostindischen Kompagnie unter
=Grout de St. George=, einem Offizier genannter Kompagnie, mit einigen
Kauffahrern von Lorient nach Ostindien segeln sollte.

 [56] Nach Clowes, Band III; Troude, Band I; Bonfils, Band II; Lacour,
      Band I.

Beide Geschwader gingen im März 1747 in See, wurden jedoch durch Sturm
genötigt, auf der Rhede von l'Ile d'Aix, zwischen der Mündung der
Charente und der Insel Oléron, einem beliebten Anker- und Sammelplatz für
größere Verbände, zu ankern. Sie beschlossen, der größeren Sicherheit
halber, von hier aus vorläufig gemeinsam weiter zu segeln und liefen am
10 Mai aus. Ein Linienschiff unter Kapitän =Bouvet de Lozier= und 4
Ostindienfahrer des zweiten Geschwaders, die im Sturm abgekommen waren,
hatten die Reise fortgesetzt und erreichten Indien. Von England waren
Mitte April Vizeadmiral =George Anson= und Kontreadmiral =Peter Warren=
mit 17 Schiffen in See gegangen; sie kreuzten auf der Höhe von Kap
Finisterre und stießen am 14. Mai etwa 75 Seemeilen nordwestlich des Kaps
auf die Gegner. Auffallenderweise haben die sonst bisher stets so gut
unterrichteten Franzosen keine Kenntnis von der Anwesenheit Ansons in
den spanischen Gewässern gehabt und in dem nun folgenden, höchst
ungleichen Kampfe wurden sie vernichtend geschlagen.

 $Die erste Schlacht bei Kap Finisterre, 14. Mai 1747.$ Als die Gegner
 einander sichteten, standen die Engländer bei nördlichem Winde östlich
 von den Franzosen. =De la Jonquière= ließ durch eine Fregatte die
 Stärke des Feindes feststellen und befahl dann den Kriegsschiffen sowie
 den armierten Schiffen der Kompagnie, die Schlachtlinie zu bilden, der
 Konvoi sollte unter Deckung der einen Fregatte, eines kleineren
 Kriegsschiffes und eines Kompagnieschiffes mit raumem Winde das Weite
 suchen. Seine Linie bestand aus einem Schiffe zu 74 Kanonen (dem
 Flaggschiff Grouts), 1 zu 64 (das eigene Flaggschiff), 1 zu 52, 2 zu
 50, 1 zu 40 und 5 Kompagnieschiffen zu 18-30 Kanonen.

 Auch =Anson= hatte die Schlachtlinie angeordnet, sobald er aber die
 Schwäche des Feindes erkannte, befahl er »allgemeine Jagd«; seine
 Flotte -- 1 Schiff zu 90, 1 zu 74, 9 zu 60-66, 3 zu 56, 1 zu 40 Kanonen
 sowie einige kleinere -- ging nun ohne besondere Ordnung so schnell wie
 möglich an den Feind. Dieser blieb nicht lange in Ordnung; 2
 Kompagnieschiffe brachen sofort aus, 2 andere sowie auch ein
 50-Kanonenschiff strichen schon nach kurzem Kampfe die Flagge. So wurde
 es den Engländern leicht, die feindliche Linie an verschiedenen Stellen
 zu durchbrechen und den Rest der Franzosen von beiden Seiten
 anzugreifen. =De la Jonquière= gab nun den Befehl zum Rückzug mit
 raumem Winde; es folgte ein laufendes Gefecht in der Melée, in dem nach
 bewundernswerter Gegenwehr innerhalb von drei Stunden sämtliche
 französische Schiffe der Übermacht erlagen. Um 7 Uhr abends drehte
 =Anson= bei, ließ aber bis zur völligen Dunkelheit durch drei Schiffe
 den Konvoi verfolgen, wobei noch die beiden ausgebrochenen
 Kompagnieschiffe, das kleine Kriegsschiff und 6 Fahrzeuge des Konvois
 genommen wurden.

 =Der Verlust= der Franzosen betrug also 5 Linienschiffe, 1 Fregatte, 1
 Kriegsfahrzeug und 5 große Kompagnieschiffe. Von der tapferen Gegenwehr
 zeugten die großen Beschädigungen der Schiffe und der Verlust von 800
 Toten und Verwundeten, unter den letzteren der Admiral und sein
 Flaggkapitän. Auch die Engländer büßten 520 Mann ein, aber die auf den
 feindlichen Schiffen gemachte Beute hatte einen Wert von 300 000 Lstrl.

Die zweite Schlacht erfolgte im Herbst. Am 6. Oktober 1747 verließen 250
nach Westindien bestimmte Kauffahrer die Rhede von l'Ile d'Aix; sie
wurden gedeckt durch ein Brestgeschwader von 8 Linienschiffen, 1 Fregatte
unter dem Chef d'Escadre =de l'Etanduère=[57]. Von England war am 20.
August eine Flotte, 14 Linienschiffe und einige Fregatten, unter
Kontreadmiral =Edward Hawke=[58] zum Abfangen des Konvois ausgesandt und
sichtete ihn in der Biscaya am 25. Oktober -- etwa 270 Seemeilen nördlich
vom Kap Finisterre auf 47° 49' Nordbreite. Der französische Admiral nahm
den Kampf gegen den weit überlegenen Gegner auf, opferte seine
Kriegsschiffe und rettete dadurch den Konvoi.

 [57] =Les Herbiers, Marquis de l'Etanduère=, geb. 1682, Gardemarine
      1697, Lieutenant 1705, Capitaine 1727, Chef d'Escadre 1745,
      gestorben 1750. Er hatte unter den tüchtigsten Führern gedient:
      Pointis, du Casse, Guay-Trouin (Zug nach Rio), 1741 in Westindien
      mit Auszeichnung, 1744 bei Toulon.

 [58] =Sir Edward Hawke=, geb. 1705, Kapitän 1734, Kontreadmiral 1747,
      Vizeadmiral 1748, Admiral 1757, Admiral of the Fleet 1768, vom
      Dezember 1766 bis Januar 1771 Erster Lord der Admiralität,
      gestorben als Vizeadmiral von England 1781. Tat sich schon als
      Kommandant der »Berwick« bei Toulon hervor und zeichnete sich
      später im Siebenjährigen Kriege als Flottenführer aus: Sieg bei
      Quiberon über de Conflans 1759. Vielfach kommandierte er die
      englische Hauptflotte vor der französischen Atlantikküste, und er
      hat wohl den Grund für die strikte Durchführung der Blockade
      gelegt, die in den napoleonischen Kriegen so großen Erfolg
      davontrug.

 $Die zweite Schlacht bei Kap Finisterre, 25. Oktober 1747.$ =De
 l'Etanduère= wußte um die Anwesenheit der englischen Flotte in der Nähe
 von Kap Finisterre. Er steuerte deshalb nach Verlassen der
 französischen Küste zunächst nordöstlich, um das Kap auf weitere
 Entfernung als sonst üblich zu umsegeln, wurde jedoch von zwei
 versprengten oder abgezweigten englischen Schiffen gesehen; diese
 riefen =Hawke= herbei. Als sich die Gegner am 25. Oktober in der Frühe
 sichteten, segelte der Konvoi mit raumem westlichen Winde zwischen zwei
 deckenden Kolonnen, von denen die eine in Lee aus den 8 Linienschiffen,
 die andere zu Luward aus einem 64-Kanonenschiff der westindischen
 Kompagnie, der Fregatte und 6 gut segelnden Kauffahrern bestand; diese
 Kolonnen sollten also wohl nur die große Zahl der Fahrzeuge
 zusammenhalten. Der Admiral gab dem Konvoi und der Luvkolonne den
 Befehl, sich in Lee der Linienschiffskolonnen zu begeben und dann nach
 NO hin auszuweichen; mit den Linienschiffen bildete er die
 Schlachtlinie über Steuerbordbug.

 Bei der großen Zahl der Kauffahrer erforderte dies Manöver längere
 Zeit; die Linienschiffe mußten ihre Entfernungen voneinander erweitern,
 um die Kauffahrer durchzulassen, und dann wieder schließen. So fanden
 die Engländer Zeit, heranzukommen. =Hawke= hatte zuerst allgemeine Jagd
 befohlen, bildete dann aber vorsichtshalber die Schlachtlinie, da man
 viele große Schiffe sah; als er näher herankam und die geringe Zahl der
 Kriegsschiffe erkannte, gab er wieder den Befehl zur allgemeinen Jagd.
 Die Franzosen nahmen den Angriff unter Marssegeln auf, ihre vordersten
 Schiffe braßten sogar back, um den hintern das Aufschließen zu
 erleichtern. Die englische Flotte kam von hinten auf, ihre Schiffe
 verteilten sich nach eigenem Gutdünken auf beide Seiten der
 wohlgeordneten französischen Linie, bis diese in ihrer ganzen Länge
 zwischen zwei Feuer genommen war. In der Linie lagen 1 Schiff zu 80
 Kanonen (das Flaggschiff), 4 zu 74, 2 zu 64 und 1 zu 50, während die
 englische Flotte 1 Schiff zu 74, 1 zu 70, 10 zu 60-66 und 2 zu 50
 Kanonen zählte. Gegen diese Übermacht fochten die Franzosen mit einer
 Ausdauer, die auch beim Gegner höchste Anerkennung fand. -- Gegen
 Mittag hatten die vordersten englischen Schiffe das Feuer auf die
 feindlichen Schlußschiffe eröffnet, erst um 4 Uhr nachmittags strich
 das erste französische Schiff die Flagge, und es war 7 Uhr abends, als
 6 Schiffe, zerschossen und entmastet, genommen waren; dem Flaggschiff
 und dem Vierundsiebziger gelang es sogar, sich aus dem Gefecht zu
 ziehen und unbelästigt Brest zu erreichen, wobei das Flaggschiff
 zeitweise von seinem Kameraden in Schlepp genommen wurde.

 =Der Verlust= an Mannschaften betrug auf französischer Seite 800, auf
 englischer 712 Mann. Nach französischen Angaben haben die Franzosen
 1842 Schuß, die Engländer gegen 4000 abgegeben. Diese sollen viel
 Kartätschen und Kettenkugeln (besonders wirksam gegen die Takelage),
 verfeuert haben, Geschoßarten, von denen die Franzosen nur wenig an
 Bord hatten. Die englischen Schiffe hatten gleichfalls so gelitten, daß
 sie nicht daran denken konnten, den Konvoi zu verfolgen. =Admiral
 Hawke= sandte jedoch sofort einen Schnellsegler nach Westindien, um
 dort den Stationschef von der bevorstehenden Ankunft des Konvois zu
 benachrichtigen, und so wurden immerhin durch Kriegsschiffe noch 20
 Kauffahrer (im Wert von 100 000 Lstrl.) und von Freibeutern weitere
 zehn aufgebracht.

=In den eben geschilderten Schlachten Ansons und Hawkes= siegten die
Engländer durch ihre Überlegenheit an Zahl, und die Führer handelten
richtig, wenn sie allgemeine Jagd anordneten. =Mahan= sagt hierzu: »Wenn
sich der Feind infolge einer Schlacht oder erheblicher Unterlegenheit zur
Flucht genötigt sieht, so soll man die Rücksicht auf eigene Ordnung bis
zu einem gewissen Grade außer acht lassen; der hierin vom Admiral
=Tourville= nach der Schlacht bei Beachy Head 1690 gemachte Fehler ist
dort erwähnt« (auch von uns, vgl. Band I, Seite 439). »Es kommt dann
darauf an, den Gegner zu überholen oder festzuhalten, und dies kann mit
Sicherheit nur erreicht werden, wenn man die schnellsten oder die zur
Verfolgung in günstigster Lage befindlichen eigenen Schiffe ihren Vorteil
ausnutzen läßt; diese werden die langsamsten Schiffe des Gegners
einholen, die dann verloren sind oder die Gesamtstreitmacht nötigen, sich
zu stellen.«

Auch die französischen Admirale verfuhren in beiden Schlachten richtig,
wenn sie sich mit den Kampfschiffen zwischen ihre Schutzbefohlenen und
den Feind legten. =Jonquière= erreichte seinen Zweck nicht ganz, weil er
von verschiedenen Schiffen im Stich gelassen wurde; der glänzenden
Verteidigung =l'Etanduères= aber war die Rettung des wertvollen Konvois
zu danken. -- Daß die deckenden Geschwader so klein bemessen waren,
spricht nicht für die Leitung der französischen Marine oder bezeugt ihre
Schwäche. Im ersten Falle handelte es sich allerdings nur um kleine
Unterstützungen für die fernen Kriegsschauplätze, und solche waren in den
letztverflossenen Jahren häufig dem Gegner entgangen; im zweiten Falle
aber hätte man, durch den ersten Verlust gewitzigt, dem ungeheuer großen
Konvoi, der viel schwerer unbemerkt durchschlüpfen konnte, doch einen
stärkeren Schutz zuteil werden lassen müssen.

 Das Jahr 1747 brachte zwischen beiden Schlachten noch $weitere
 bemerkenswerte Verluste der Franzosen$. Am 1. Juli 1747 stieß Kapitän
 =Fox= mit 4 Linienschiffen und 2 schweren Fregatten in der Bucht von
 Biscaya auf einen großen Konvoi heimkehrender französischer
 Westindienfahrer, dem er schon seit Mai auflauerte. Der Führer der
 Bedeckung (3 Linienschiffe und 1 Fregatte), Kapitän =Dubois de
 Lamotte=, machte zwar zunächst Miene, durch Aufnahme des Kampfes den
 Feind festzuhalten, führte diese Absicht aber nicht durch, sondern gab
 den Kauffahrern den Befehl, sich auf eigene Faust zu bergen. Er räumte
 mit seinen Kriegsschiffen das Feld und führte diese wohlbehalten nach
 Brest, aber 47 seiner Schutzbefohlenen fielen den Engländern in die
 Hände. -- Wenige Tage später jagte Admiral =Warren=, zweiter Admiral
 auf Ansons Flotte, ein französisches Kriegsschiff nebst 5
 Handelsschiffen bei Kap Finisterre auf den Strand und nahm oder
 verbrannte sie.

Nach dem Verlust von 11 Linienschiffen in den beiden Schlachten scheint
=Frankreichs Marine auch im Atlantik erschöpft= gewesen zu sein, und es
zeigen sich dort keine Seestreitkräfte von Bedeutung mehr. Man hört nur
-- es klingt fast wie ein Scherz -- von der Indienststellung eines zwei
Fregatten starken »fliegenden Geschwaders« zum Schutz der atlantischen
Küste. Diese kleine Macht fing zwar einige Freibeuter und bestand sogar
ein Gefecht mit stärkeren Kriegsschiffen, konnte aber selbstverständlich
nicht hindern, daß die eigenen Kaper genommen und der Handel schwer
geschädigt wurde. Nach der zweiten Schlacht bei Finisterre kreuzten
nämlich in den Jahren 1747 und auch $1748$ bis zum Friedensschluß stets
mehrere englische Geschwader, von Flandern bis Gibraltar verteilt, vor
der französischen und spanischen Küste.

 $Die Beteiligung der holländischen Marine am Kriege$ beschränkte sich
 auf die europäischen Gewässer und bot tatsächlich kaum eine
 Unterstützung für England[59]. Beim Ausbruch des Krieges mit Frankreich
 1744 war dies berechtigt -- insbesondere infolge des französischen
 Versuches, in Großbritannien zu landen --, auf Grund des alten
 Vertrages von 1678 von Holland 23 Kriegsschiffe zur Unterstützung zu
 fordern. Die Generalstaaten wollten dem Verlangen zwar entsprechen,
 aber der traurige Zustand der Marine und der Geldmangel bei den
 Admiralitäten erlaubten dies zunächst nicht. Erst Anfang August gingen
 8 Linienschiffe -- 1 zu 72, 1 zu 64, 6 zu 54 Kanonen -- unter dem
 Leutnant-Admiral =Grave=, 2 Vize- und einem Kontreadmiral nach
 Spithead; 4 Fregatten, die noch bereit waren, mußten in die Nordsee
 gesandt werden, um die zurückerwarteten Ostindienfahrer aufzunehmen.

 [59] Genaueres vgl. de Jonge, Band IV, Seite 182 ff. -- Den traurigen
      Zustand der holländischen Marine um 1744 haben wir schon
      geschildert. Vgl. Seite 59 und Band I, Seite 500.

 Kennzeichnend für die jetzige Bedeutungslosigkeit der holländischen
 Marine ist, daß die Schiffe die englische Gösch auf dem Bugspriet
 führten; allerdings sagte man, es geschehe nur, um Frankreich gegenüber
 ausdrücklich hervorzuheben, die Schiffe seien ein vertragsmäßiges
 Hilfsgeschwader, nicht aber Streitkräfte einer selbständig
 kriegführenden Macht. (Also ein ähnliches Verhältnis wie das der
 französischen Schiffe vor 1744 zu Spanien.) Die Linienschiffe machten
 1744 die Reise des Admirals =Balchen= in die spanischen Gewässer mit,
 doch fielen drei bald aus, da sie wegen ihres schlechten Zustandes und
 Krankheit an Bord Lissabon als Nothafen anlaufen mußten. Im Laufe des
 nachfolgenden Winters wurde das holländische Kontingent nach und nach
 wirklich auf 15 Linienschiffe und 5 schwere Fregatten gebracht, der
 Zustand der Schiffe war jedoch derart, daß sie sich nur einige Male und
 noch nicht vollzählig an den Kreuzfahrten der englischen Geschwader
 beteiligen konnten; meist lagen sie untätig in den Häfen, und schon im
 April 1746 wurden mit Bewilligung Englands 8 Schiffe wieder
 zurückgezogen.

 Das Verhältnis zwischen England und Holland in maritimen
 Angelegenheiten war schlecht. Holland erhob Klage, daß die Engländer in
 den auswärtigen Gewässern bei ihrer Jagd auf französische und spanische
 Kauffahrer auch holländische belästigten; die holländischen
 Seeoffiziere waren empört, daß ihre älteren Flaggoffiziere unter
 jüngere englische gestellt wurden und warfen ihrem Chef zu großes
 Entgegenkommen vor. Im Winter 1745/46 kehrte der Rest der Schiffe nach
 Holland zurück und damit unterblieb die Gestellung eines
 Hilfsgeschwaders vorläufig ganz, weil man die schwachen Kräfte
 notwendig selber gebrauchte. -- Schon von 1745 an waren ältere
 Linienschiffe (sogenannte »Ausleger«, d. i. wohl »Wachtschiffe«) nebst
 kleineren Fahrzeugen in der Schelde stationiert, hier unter
 österreichischer Flagge, wiederum nur als Hilfskräfte; als 1746 die
 Franzosen näher an Holland herankamen, wurden diese vermehrt, nur unter
 holländischer Flagge. Die anderen Küsteneinfahrten besetzte man
 ähnlich; man zog dazu auch noch Schiffe der ostindischen Kompagnie und
 sonst geeignete Kauffahrer heran.

 An eigentlichen Kriegsschiffen sind in den Jahren 1746 und 1747 einige
 zwanzig im Dienst gewesen, von denen aber der größere Teil zum Schutze
 des Handels in auswärtigen Gewässern Verwendung fand. An der eigenen
 Küste kreuzten nur wenige (3 oder 5), so daß man sich genötigt sah,
 1747 England um Unterstützung durch ein Geschwader zu bitten, als man
 einen französischen Angriff von Sas van Gent aus gegen Walcheren
 befürchtete. =De Jonge= klagt: »Fremde Schiffe mußten herbeigerufen
 werden, um Vlissingen, den Geburtsort unserer großen Admirale Ruyter,
 Evertsen, Bankers, zu schützen!« Im Juli 1747 und im Januar 1748
 wurden nochmals kleine Geschwader von 6 Schiffen nach England gesandt,
 die sich an Kreuzfahrten beteiligten.


               Der Krieg in den Kolonien 1744-1748[60].

$Nordamerika.$ Mit der Kriegserklärung zwischen England und Frankreich
entbrannten sogleich wieder die Kämpfe unter ihren Kolonien in
Nordamerika. Die Franzosen waren hierbei die ersten auf dem Platze,
obgleich um 1744 Kanada nur 50000 weiße Einwohner gegen eine Million --
in den vier Neuenglandstaaten allein schon 400000 -- in den englischen
Kolonien zählte. Auch die militärische Macht Frankreichs war gering. Der
Generalgouverneur von Kanada verfügte nur über 600 Soldaten und 1200
Milizen; die Grenzforts hatte man zwar verstärkt, aber ernsten Angriffen
konnten sie kaum standhalten. Die Befestigungen Quebecs waren noch nicht
vollendet. Als wirklich starke Festung konnte nur Louisbourg auf der
Insel Breton gelten; hier standen 650 Soldaten und 800 Milizen.

 [60] Quellen vgl. Fußnote Seite 59; hierzu treten Zimmermann, Band II
      und IV. -- Über die Stellung der kriegführenden Mächte in den
      Kolonien um 1740 vgl. Seite 7 ff.; die Geschichte der Kolonien bis
      1740 vgl. Band I, Kapitel XII.

Da aber die Kriegserklärung in Kanada weit früher bekannt wurde als in
Neuengland, glaubte der Kommandant von Louisbourg, =Duquesnel=, dem
Gegner durch Überraschung einen empfindlichen Schlag beibringen zu
können. Er ließ im Mai 1744 den englischen Militärposten =Canseau auf
Neuschottland= durch 400 Mann überrumpeln und die dortigen
Fischereianlagen zerstören; der Versuch, sich auch der Stadt Annapolis,
des ehemaligen Port Royal, zu bemächtigen, mißlang, die kleine Truppe
mußte abziehen, als ein englisches Kriegsschiff sowie Verstärkungen aus
Boston herankamen. Immerhin aber schien Neuschottland gefährdet, dessen
Kolonisten vielfach zu Frankreich neigten, und auch die Wegnahme
verschiedener englischer Handelsschiffe und Fischerfahrzeuge durch
französische Freibeuter erregte die englischen Kolonien. Sie hatten
anfangs keine kriegerischen Absichten und wären unter dem Einfluß
religiöser Streitigkeiten, Zwiste der Kolonien mit den Gouverneuren sowie
untereinander lieber neutral geblieben. Nur der Gouverneur von
Massachusetts-Maine (Hauptstadt Boston), =Shirley=, hatte in Voraussicht
eines Krieges Vorbereitungen getroffen und brachte jetzt auch die übrigen
Neuenglandstaaten zu einem =Angriff auf Louisbourg= zusammen. Man bat die
Regierung in England um Unterstützung durch Seestreitkräfte und zwar des
schnelleren Eintreffens wegen durch die in Westindien stationierten;
diesem Wunsche wurde entsprochen.

 $Die Einnahme von Louisbourg, Mai-Juni 1745.$ =Louisbourg= liegt am
 Eingange eines kleinen vorzüglichen Hafens an der Ostküste der Insel
 Breton. Die Umwallung der Stadt war für 148 Kanonen eingerichtet, von
 denen man jedoch nur 64 aufgestellt hatte. Dazu traten 2 Batterien mit
 10 und 6 Mörsern, 2 Außenwerke mit 16 und 30 Kanonen (24-Pfünder), die
 auch den Landzugang deckten, sowie 2 Batterien zu 35 und 34 Kanonen
 (42-Pfünder), die den Hafen und seinen Eingang bestrichen und deren
 eine auf einer kleinen Insel lag. Aber die Befestigungen auf der
 Landseite waren noch nicht ganz fertig, und das schlechte Material
 ihres Mauerwerkes konnte einer andauernden Beschießung nicht genügend
 widerstehen.

 Die vier Neuenglandstaaten sammelten in Boston 4000 Mann Milizen unter
 dem Befehl =Sir William Pepperels=, eines reichen Kaufmanns in Maine,
 und führten diese, sobald die Nachricht vom Nahen eines Geschwaders
 eingetroffen war, Anfang April 1745 auf 80 Fahrzeugen, gedeckt durch 11
 Freibeuter (zu je 20 Kanonen) nach Canseau. Hier wurden die Truppen
 eingeübt, bis zu Ende des Monats Kommodore =Warren= mit 4 Schiffen (1
 zu 60, 3 zu 40 Kanonen) eintraf, zu denen im Laufe der Operationen noch
 einige stießen. In den ersten Tagen des Mai landeten dann die Engländer
 etwa vier Seemeilen südwestlich von Louisbourg in der Gabarusbucht; sie
 wurden nicht weiter belästigt, nachdem das Feuer ihrer kleineren
 Schiffe schwache feindliche Abteilungen vertrieben hatte.

 Die Verhältnisse lagen für die Franzosen sehr ungünstig. Zunächst
 scheinen sie überrascht worden zu sein. In Frankreich hatte man zwar
 von dem beabsichtigten Angriff Wind bekommen und sofort eine der
 schnellsten Fregatten zur Benachrichtigung nach Louisbourg abgesandt,
 aber diese wurde durch die Freibeuter Pepperels gehindert, die Festung
 zu erreichen und ging nach Frankreich zurück. Ferner war einige Monate
 vorher infolge schlechter Behandlung und ungenügender Löhnungszahlung
 unter den französischen Soldaten eine nur mühsam unterdrückte Meuterei
 entstanden; der Kommandant wagte nicht, die unzuverlässigen Leute dem
 Feinde entgegenzuführen, um diesen am Landen und Festsetzen zu hindern.
 Endlich befanden sich auch die Befestigungen der Stadt -- von den
 Franzosen stolz das »amerikanische Dünkirchen« genannt -- keineswegs in
 der Verfassung, die man nach den ungeheuren Ausgaben dafür (30
 Millionen?) hätte erwarten müssen. Die beiden letzten Umstände waren
 dem Gouverneur Shirley bekannt und hatten ihn in seinem Plane bestärkt.

 Die englischen Truppen nahmen die Belagerung auf, während die Schiffe
 den Hafen blockierten und jede Zufuhr abschnitten. =Warrens= Kräfte
 bestanden bald aus 3 Schiffen zu 60, 1 zu 50, 3 zu 40 Kanonen und
 mehreren kleineren, so daß er unbedingt Herr der See war. Er nahm
 verschiedene Schiffe, so auch ein Linienschiff zu 64 Kanonen, das
 Kriegsvorräte in die Stadt werfen sollte; dies war das einzige
 Kriegsschiff, das zur Unterstützung von Frankreich kam, nachdem die
 entsandte Fregatte die Nachricht vom Angriff dorthin überbracht hatte.
 Wahrscheinlich sah man sich außerstande, mehr zu senden, teils weil die
 Heimatshäfen blockiert wurden, teils weil in diesem Jahre zwei größere
 Divisionen nach Westindien abgegangen waren.

 Warren versuchte, die Batterie auf der Insel mit Booten zu nehmen, aber
 der erste Angriff scheiterte infolge von Nebel und der zweite wurde
 blutig abgeschlagen, da die Franzosen die Besatzung beträchtlich
 verstärkt hatten. Dagegen erbaute die Flotte gegenüber der Stadt an der
 nur eine Seemeile breiten Einfahrt eine die Insel beherrschende
 Batterie, und die Truppen nahmen einige Werke der Landseite ein. In der
 Festung begannen Munition und Proviant knapp zu werden, auch erfuhr
 man, daß auf eine Unterstützung von der Heimat nicht zu rechnen sei,
 während die Belagerer Zufuhr an allem Nötigen erhielten. So
 kapitulierte denn die Stadt am 26. Juni, als die Belagerer nach
 wirksamer Beschießung einen allgemeinen Sturm vorbereiteten. Die
 Berennung hatte 44 Tage gedauert, 600 Bomben und 9000 Kugeln waren
 verfeuert; die Franzosen erlitten einen Verlust von 240 Toten, während
 die Engländer nur 100 Mann einbüßten.

 Um Louisbourg besser als eigenen Stützpunkt verwerten zu können,
 entfernten die Engländer die gefangenen Soldaten sowie die Einwohner,
 schifften sie ein und landeten sie einige Monate später an der Küste
 der Bretagne. -- In Anerkennung des Erfolges ward =Pepperel= die Würde
 eines Baronets verliehen und Kommodore =Warren= zum Kontreadmiral
 befördert.

=Die Einnahme von Louisbourg= gilt als eins der besten Beispiele für
richtiges Zusammenwirken von Land- und Seestreitkräften bei Berennung
einer Küstenstadt. Jede Waffe blieb in ihrem Wirkungskreise: die
Landtruppen übernahmen die Hauptaufgabe; die Flotte versorgte, deckte und
unterstützte sie. Der Fall der Festung hatte =wichtige Folgen=. Für
England war es von großer Bedeutung, den Ausrüstungshafen für die
Freibeuter, den Stützpunkt zur Beherrschung des Eingangs in den
Lorenzgolf, genommen zu haben. Unter dem Eindruck des Erfolges
bewilligten nun auch die Mittelstaaten reiche Geldmittel für den Krieg;
das englische Parlament gestand den Kolonien den Ersatz ihrer Kosten für
das Unternehmen zu und zeigte sich jetzt geneigt, einen Angriff auf
Kanada tatkräftig zu unterstützen. Frankreich verlor mit der Stadt die
ganze Insel Breton, auch fiel eine große Zahl von Handelsschiffen, die
ohne Kenntnis der Ereignisse von Westindien nach Louisbourg kamen, in die
Hände des Gegners, eine Beute von 25 Millionen Lstrl. Quebec befand sich
in ernster Gefahr, seine Befestigungen wurden in Eile vervollständigt,
sowie Bündnisse mit Indianerstämmen abgeschlossen, auch bat man dringend
in Frankreich um Hilfe.

Wie bereits erwähnt, führte die Absicht auf der einen Seite, den Erfolg
auszunützen, auf der andern, die Scharte auszuwetzen, $im Jahre 1746$ zu
Rüstungen in den Marinen Englands und Frankreichs. Während aber die
englische Unterstützung nicht abging, entsandte Frankreich, allerdings
verzögert, eine große Expedition. Unter dem Befehl des =Herzogs
d'Anville= verließen Ende Juni 1746 7 Schiffe zu 64 Kanonen, 4 zu 50-56,
3 Fregatten, 2 Korvetten und 52 Transporter mit 3500 Mann und reichem
Kriegsmaterial Frankreich; man wollte Louisbourg wiedererobern, mit Hilfe
der Kanadier ganz Akadien (vor allem Annapolis) wegnehmen und endlich
Boston angreifen. Als Sammelplatz der gesamten See- und Landstreitkräfte
war Chibouctu (das jetzige Halifax) bestimmt. Infolge verschiedener
Umstände schlug das Unternehmen fehl; zwei vorausgesandte Kriegsschiffe
trafen im Juli auf dem Sammelplatz ein, aber die große Flotte ließ lange
auf sich warten und war dann leistungsunfähig.

 $Die Expedition d'Anvilles nach Kanada 1746.$ D'Anville war wohl nicht
 der geeignete Mann hierzu; zur Galerenflotte gehörig, deren Chef er
 zuletzt gewesen war, stand er der Hochseeschiffahrt fern. Die
 Ausrüstung der Expedition war sehr schlecht, teils infolge Geldmangels,
 teils weil sie dem Intendanten übergeben war, der durch seine
 Unzuverlässigkeit die erwähnte Meuterei in Louisbourg verschuldet
 hatte. Die Flotte verließ am 22. Juni Frankreich, erreichte aber erst
 am 10. September die Küste Neuschottlands. Hier wurde sie am 13. durch
 einen schweren Sturm zerstreut, der zwei Fregatten bis in die Mitte des
 Atlantiks trieb, von wo sie nach Frankreich zurückkehrten, einige
 Schiffe wurden bis zu den Antillen verschlagen. Die übrigen ankerten am
 27. September vor Halifax. Sie befanden sich in traurigem Zustande; 800
 Soldaten und 1500 Matrosen lagen krank an Skorbut und Pocken, der Rest
 konnte nicht vollen Dienst tun. =D'Anville= war am 25. einem Schlagfluß
 erlegen, unter seinem Nachfolger =d'Estournelle= wurde zunächst in
 einem Kriegsrate erwogen, ob man den Angriff auf Louisbourg durchführen
 oder die Kräfte zu einem solchen auf Annapolis sowie zur Deckung von
 Quebec teilen solle; der Streit hierüber erregte den erkrankten Chef
 derart, daß er in Irrsinn verfiel und einen Selbstmordversuch machte.
 Der auf ihn folgende Oberbefehlshaber =de la Jonquière= raffte sich
 dann auf und führte Ende Oktober 4 Kriegsschiffe nebst einigen
 Transportern mit 1100 Mann gegen =Annapolis=. Als er aber Kap Sable
 umsegelte, litten die Schiffe sehr durch einen Sturm; er gab nun jede
 weitere Unternehmung auf und ging nach Frankreich zurück, wo nach und
 nach sämtliche Schiffe der Expedition, überfüllt mit Kranken,
 eintrafen.

Wenn so die Pläne Frankreichs scheiterten, Louisbourg wiederzunehmen und
in Akadia einzudringen, hatte doch auch England mit seinen Absichten für
das Jahr 1746 kein Glück. Unter Hinweis auf den allgemeinen Wunsch der
Neuengländer, Kanada zu erobern, war es dem Gouverneur =Shirley=
gelungen, die Kolonien und das Mutterland zu entschiedenem Vorgehen zu
bewegen; die Nachrichten über Frankreichs Rüstungen, sowie über Angriffe
der Kanadier auf die Grenzen hatten ihn dabei unterstützt. England
versprach die Entsendung einer starken Flotte mit Truppen, um Quebec
anzugreifen, gleichzeitig sollten die Milizen der Kolonien von New York
aus zu Lande gegen Kanada vorgehen. Aber die Flotte blieb eben aus, nur
einige Schiffe von Westindien unter Vizeadmiral =Townsend= trafen im
Frühjahr ein; =d'Anville= würde diesem weit überlegen gewesen sein, wenn
seine Flotte schlagfertig geblieben wäre. Als nun die französische
Expedition erschien, sahen sich die Kolonien genötigt, die bei Albany am
Hudson zum Vorstoß auf Kanada zusammengezogenen Milizen (10000 Mann) nach
Akadia und nach Boston zu werfen. Man vermochte aber trotzdem nicht, die
Kanadier völlig aus Neuschottland zu vertreiben, und mußte es außerdem
hinnehmen, daß die Grenzgebiete der Staaten New York, Connecticut und
Massachusetts durch die Franzosen sowie deren Indianerhorden fürchterlich
heimgesucht wurden.

So war $im Frühjahr 1747$ die Lage für die Franzosen trotz ihrer geringen
Zahl und trotz des Fehlschlagens der großen Expedition nicht ungünstig;
kam jetzt rechtzeitig Hilfe aus Frankreich, so konnten die Pläne des
Jahres 1746 noch ausgeführt werden. Bekanntlich war man in Paris hierzu
entschlossen, aber das Geschwader =de la Jonquières= wurde bei Kap
Finisterre durch Anson vernichtet (14. Mai). Später war dann Frankreich
nicht mehr imstande, etwas für seine Kolonien zu tun, und Kanada hätte
einem ernstlichen Angriff nicht widerstehen können, aber ein solcher
erfolgte nicht; es kam in Nordamerika überhaupt nicht mehr zu größeren
Feindseligkeiten. Die Kolonien waren nach dem Verrauchen ihres ersten
Eifers ergrimmt über den Mangel an Unterstützung seitens des
Mutterlandes. Sie beschuldigten dieses sogar, die Eroberung von Kanada
gar nicht ernstlich zu wollen; tatsächlich scheint man in England durch
die ungünstige Lage der Dinge in Indien zu sehr in Anspruch genommen und
zum Frieden geneigt gewesen zu sein, um für Amerika noch weitere
Aufwendungen zu machen.

Die Bedingungen des =Friedens zu Aachen= erregten die Entrüstung der
englischen Kolonisten, da das durch ihre Milizen eroberte Louisbourg
zurückgegeben wurde und nicht einmal die Grenzfragen Erledigung fanden.
Sie sahen den Frieden geradezu als auf ihre Kosten geschlossen an; es
soll allerdings in England die Ansicht laut geworden sein, daß nur die
Furcht vor der Nachbarschaft der Franzosen die Kolonien noch an das
Mutterland fessele, und daß man deshalb gut tue, sie nicht durch die
Eroberung Kanadas noch mächtiger und übermütiger zu machen.

$Westindien.$ Wie bereits erwähnt (Seite 70), behielt Westindien nach
Ausbruch des förmlichen Krieges zwischen England und Frankreich 1744 als
Kriegsschauplatz nicht mehr die Bedeutung, die es während des Krieges
zwischen England und Spanien allein gehabt hatte. Engländer wie Franzosen
sandten zwar des öfteren nicht unbedeutende Seestreitkräfte in diese
Gewässer, doch hatte keine Partei jemals eine derartig überlegene Flotte
draußen, um größere Schläge zu planen. Es muß besonders für England
wundernehmen, daß es in den nächsten Jahren nicht imstande gewesen ist,
die volle Seeherrschaft zu erringen. Aber die Streitkräfte der
Jamaikastation waren meistens denen der Spanier bei Kuba und denen der
Franzosen bei Haiti nur eben gewachsen und die Antillenstation war häufig
sogar schwächer; von dieser wurden in den Jahren 1745 und 1746 mehrfach
Geschwader zur Verwendung in Nordamerika abgezweigt.

So beschränkten sich denn die Gegner darauf, die eigenen Besitzungen,
sowie abgehende und ankommende Konvois zu decken und den Verkehr des
Feindes zu stören. Die Engländer waren wohl häufiger die Angreifer, und
es gelang ihnen auch zuweilen, größere französische Konvois zu nehmen
oder doch zu zerstreuen, mehrfach aber glückte es auch den Franzosen,
Handelsgeschwader hinaus- oder heimzuführen. Hierin zeichnete sich
besonders der Kapitän =de Conflans= aus; 1745 machten sie sogar einen
Angriff auf die Insel Anguilla und landeten 600 Mann, die jedoch von den
Einwohnern selber zur Wiedereinschiffung gezwungen wurden, obgleich diese
nur über 100 Bewaffnete geboten. Auf die Bewegungen der kleinen
Geschwader und der Konvois sowie auf die unbedeutenden Zusammenstöße
näher einzugehen, würde ermüden; man findet sie in den Spezialquellen (z.
B. Clowes, Band III, Troude, Band I, Lacour, Band I). =Der Kleine Krieg=,
die Schädigung des feindlichen Handels durch Freibeuter und einzelne
Kriegsschiffe, dürfte -- wie es bis 1744 der Fall gewesen, weil die
Engländer ihre Kräfte damals zu den Unternehmungen gegen spanische Städte
zusammenhielten -- weiter zu ihrem Nachteil ausgefallen sein, solange
sich die Seestreitkräfte der Gegner ungefähr die Wage hielten, da der
größere englische Handel eben mehr Angriffsgelegenheiten bot.

Erst im letzten Jahre des Krieges wurde es anders, als die Marine
Frankreichs lahmgelegt war. =Das Jahr= 1748 bringt denn auch größere
Unternehmungen der Engländer, und zum ersten Male seit langer Zeit läßt
die spanische Flotte wieder von sich hören, und zwar Günstiges.

$Angriffe der Engländer auf Port Louis und Santiago de Cuba.$ Im Februar
1748 verließ =Kontreadmiral Knowles= mit 7 Linienschiffen, 1 Schiff zu 50
Kanonen und 2 kleineren Jamaika, um Santiago de Cuba anzugreifen.
Andauernde nördliche Winde hinderten ihn jedoch, dieses Ziel zu erreichen
und er wandte sich gegen =Port Louis= an der Südküste Haitis. Hier
konnten die Schiffe auf Pistolenschußweite an die Befestigungen
herangeführt werden und kämpften diese bald nieder. Den 257 Kanonen einer
Breitseite des englischen Geschwaders standen nur 78 in den Werken
gegenüber; der Angriff eines spanischen Branders wurde durch Boote
abgeschlagen, zwei andere Fahrzeuge dieser Art vernichtete man auf ihren
Liegeplätzen, ehe sie zum Angriff kamen. Die Stadt kapitulierte am 8.
März; die Angreifer hatten 70 Tote und Verwundete verloren, die Spanier
160 von den 600 Mann der Garnison. Dann segelte Knowles nach =Santiago de
Cuba=. Dies war stärker befestigt als zur Zeit der Berennung durch
Vernon. Trotzdem wollte Knowles die Einfahrt erzwingen, mochte auch
Vernon der Windverhältnisse wegen einen derartigen Versuch für
aussichtslos gehalten haben. Als jedoch die dazu bestimmten Schiffe
festgestellt hatten, daß die Einfahrt mittels einer Floßsperre und
dahinter bereitgehaltener Brander verteidigt war, gab man die Angriffe
auf und kehrte nach Jamaika zurück.

$Das Gefecht vor Havanna, 1. Oktober 1748.$ Später erfuhr =Knowles=, daß
in Havanna die Silberflotte von Vera Cruz erwartet würde. Er ging mit 5
Linienschiffen in See und kreuzte bei den Tortugasbänken. Kurz vorher
hatte ein nach England bestimmter Konvoi, gedeckt durch ein Linienschiff,
Jamaika verlassen und war wegen der Windverhältnisse gleichfalls durch
die Floridastraße gesegelt, anstatt wie üblich durch die Windwardpassage.
Dieser Konvoi traf am 29. September auf ein spanisches Geschwader; der
Führer des Linienschiffes befahl seinen Schutzbefohlenen, sich zu
zerstreuen, während er selber Knowles aufsuchte und auch schon am
nächsten Tage fand. Das englische Geschwader -- 1 Schiff zu 80 Kanonen
(das Flaggschiff), 1 zu 70, 4 zu 60, 1 zu 50 -- stieß am 1. Oktober
zwischen den genannten Bänken und Havanna auf das spanische -- 2 Schiffe
zu 74 Kanonen, 4 zu 64, 1 Fregatte zu 36 unter =Kontreadmiral Spinola= --
griff sofort an und trug den Sieg davon.

 Die Spanier nahmen den Angriff in guter Ordnung, Kiellinie beim Winde,
 auf, während von den Engländern zwei Schiffe noch zurückstanden; als um
 2 Uhr nachmittags das Nahgefecht begann, scheint der Kampf anfangs
 nicht günstig für die Engländer verlaufen zu sein. Das englische
 Flaggschiff wurde von dem spanischen so warm empfangen, daß es schon
 nach einer halben Stunde die Linie verlassen mußte. Während es
 ausbesserte, trieb durch Zufall auch ein beschädigtes spanisches Schiff
 (64 Kanonen) in seine Nähe und wurde nun nach hartnäckiger Verteidigung
 durch das weit überlegene englische genommen. Dieser Erfolg wird
 besonders dem Umstande zugeschrieben, daß der Spanier dreimal durch
 Mörserfeuer[61] des Engländers in Brand geschossen wurde. Inzwischen
 hatten die zurückgebliebenen englischen Schiffe in den Kampf
 eingegriffen und der spanische Admiral brach um 8 Uhr abends das
 Gefecht ab. Die Spanier verloren 86 Tote und 197 Verwundete, die
 Engländer 59 und 120. Erstere erreichten Havanna, büßten aber noch ein
 zweites Schiff ein, das wegen seiner Beschädigungen vor dem Hafen
 ankern und zwei Tage später verbrannt werden mußte, als sich die
 Engländer näherten.

 [61] In einigen seltenen Fällen führten die englischen Schiffe einige
      kleine Mörser -- »Coehorns« benannt nach ihrem Erfinder van
      Coehoorn, einem holländischen Ingenieuroffizier, geb. 1641, gest.
      1704 -- so hatte auch hier das Flaggschiff acht derselben an Bord.

Der Sieg war aber bei etwa gleichen Kräften für die Engländer ungewohnt
schwer zu erringen gewesen. =Admiral Knowles wurde= denn auch =vor ein
Kriegsgericht gestellt= unter der Anklage, angegriffen zu haben, ehe sein
Geschwader zusammen und in der vorgeschriebenen Ordnung gewesen sei (also
ähnlich wie =Mathews= bei Toulon). Er kam aber mit einem Verweise davon,
obgleich man ihm auch noch vorwarf, daß er nach dem Ausfall seines
Flaggschiffes nicht auf ein anderes Schiff übergegangen sei.

Nach dem Gefecht kreuzte das Geschwader weiter, um die Silberflotte
abzufangen, bis der Befehl eintraf, die Feindseligkeiten wegen
bevorstehenden Friedensschlusses abzubrechen.

$Ostindien$[62]. Hier stand Frankreichs Sache vor Ausbruch des Krieges
sehr günstig. Die französische Kompagnie schien der englischen den Rang
ablaufen zu wollen; um 1740 beschäftigte sie 40 Schiffe, und auch der
Handel mit China hatte bedeutend zugenommen. Ihr Besitz bei Pondichery
war unter dem Gouverneur =Dumas= in den Jahren 1739-1741 auf friedlichem
Wege durch Gewinnung der Stadt Karikal bei Negapatam sehr erweitert; die
Station Chandernagor am Ganges hatte unter =Dupleix= große Fortschritte
gemacht; die Inseln Isle de France und Bourbon waren unter
=Labourdonnaye= leistungsfähige Stützpunkte auf dem Wege nach Indien
geworden. 1741 übernahm Dupleix an Stelle des erkrankten Dumas die
Station Pondichery; in ihm und Labourdonnaye besaß Frankreich bei
Ausbruch des Krieges zwei hervorragende Männer in Indien. Wenn diese in
richtiger Weise zusammengearbeitet hätten und von der Heimat genügend
unterstützt worden wären, so hätten sie die englischen Niederlassungen
vielleicht zugrunde richten können, beides aber traf nicht zu.

 [62] Siehe die Anmerkung Seite 93.

 Bertrand François =Mahé de Labourdonnaye=, Offizier der ostindischen
 Kompagnie und seit 1735 Gouverneur der Maskareneninseln, befand sich
 1740 in Frankreich. Da der Krieg mit England vorauszusehen war, stellte
 er der Regierung vor, wie wichtig es sei, sich bei dessen Ausbruch mit
 starken Seestreitkräften sofort die Herrschaft in den indischen
 Gewässern zu sichern, um den Handel Englands lahmzulegen und die
 englischen Besitzungen wegzunehmen. Die Regierung ging hierauf ein und
 bewirkte, daß ihm die Kompagnie bei seiner Rückreise (April 1741) fünf
 große wohl ausgerüstete Schiffe mit 1200 Seeleuten zur Verfügung
 stellte. Dieses Geschwader sollte auch alsbald nützlich werden; mit
 seiner Hilfe wurde im Dezember 1741 =Mahé= befreit, das auf Betreiben
 der Engländer durch einige indische Fürsten bedroht war. Als aber
 Labourdonnaye dann wieder in Isle de France eintraf, erhielt er Befehl,
 die Schiffe nach Frankreich zurückzusenden. Die Kompagnie war nämlich
 dem Kriege abgeneigt. Sie hoffte, sich mit der englischen Kompagnie
 über Neutralität zu einigen; sie fürchtete auch wohl, von der eigenen
 Regierung zu abhängig zu werden, wenn die Gouverneure, wie es bei
 Labourdonnaye geschehen war, zuviel Gewalt über die Beamten der
 Kompagnie erhielten. Die Regierung, schwankend, wie sie unter Ludwig
 XV. stets war, ließ sich davon überzeugen, daß sich bei dem Interesse,
 das beide Kompagnien am Frieden hätten, ein Kampf in Indien sicher
 vermeiden lassen würde. So sah sich =Labourdonnaye= bei Ausbruch des
 Krieges auf seine eigenen Kräfte angewiesen.

 Der Gouverneur =Joseph François Dupleix=, Sohn eines Direktors der
 Kompagnie und in deren Verwaltungsdienste aufgewachsen, hatte
 gleichfalls große Pläne. Er beabsichtigte, ohne die Handelsbeziehungen
 außer acht zu lassen, in Indien ein Reich zu gründen, in dem Frankreich
 über eine große Anzahl eingeborener Vasallenfürsten herrschen sollte.
 Aber auch dieser Plan fand keinen Anklang bei der Kompagnie. Sie wollte
 sich möglichst auf den Handel beschränken und fürchtete auch wohl, daß
 ein derartiges Vorgehen die Erhaltung des Friedens unmöglich machen
 würde. 1743 erhielt Dupleix den Befehl, alle Ausgaben für Bauten,
 Befestigungen usw. tunlichst einzuschränken. So war auch er auf eigene
 Kraft allein angewiesen; die von ihm auf höhere Anordnung 1744
 eingeleiteten Unterhandlungen mit dem englischen Gouverneur in Madras
 behufs eines Neutralitätsabkommens wurden abgelehnt, da die Engländer
 eine Flotte erwarteten.

=Labourdonnaye und Dupleix= gerieten im Verlauf der Ereignisse durch eine
ernste Meinungsverschiedenheit über die Maßregeln zur Durchführung des
Kampfes in =Zwiespalt=. Labourdonnaye sah als Seeoffizier den Kampf um
die Seeherrschaft als die erste und wichtigste Aufgabe an, Dupleix hatte
mehr die Eroberungen am Lande im Auge. Es ist wohl sicher, daß die
Seeherrschaft nicht nur für den Krieg, sondern auch für die großen Pläne
Dupleix' überhaupt nötig war; auch ein französischer Autor, der sonst
diese Pläne hoch einschätzt, Henry Martin, sagt in seiner »Histoire de
France«: »Schwäche zur See war der Hauptgrund, der die Fortschritte
Dupleix' hemmte.«

Anfangs waren beide Männer von feurigem Patriotismus beseelt, einig, und
beide bereiteten sich mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln auf den
Krieg vor. =Dupleix= befestigte auf eigene Faust und zum Teil auf eigene
Kosten Pondichery und knüpfte enge Verbindungen mit indischen Fürsten.
Der =Nabob von Carnatic= erklärte infolgedessen, daß Pondichery unter dem
Schutz des Mogul stehe und daß dieser jeden Angriff der Engländer auf
französische Besitzungen an der Koromandelküste verbiete, aber allerdings
auch die Franzosen hindern werde, gegen die englischen Niederlassungen
vorzugehen. =Labourdonnaye= hielt in Isle de France alle Schiffe an,
rüstete die dazu geeigneten so gut wie möglich zum Kriegsdienste aus und
bildete sich aus den Besatzungen Kriegsschiffsmatrosen sowie Soldaten
heran. Da dies jedoch geraume Zeit erforderte und da auch die Engländer
sich vorläufig noch nicht stark genug zum Angriff fühlten, verliefen $die
Jahre 1744 und 1745$ ohne besondere Ereignisse. Die englische Kompagnie
hatte wohl die Absicht gehabt, gegen Pondichery vorzugehen, gab sie
jedoch infolge der Drohung des Nabob von Carnatic auf; ein englisches
Geschwader unter =Kommodore Barnet=, das 4 Linienschiffe und 2 Fregatten
stark 1744 eingetroffen war, begnügte sich damit, im Golf von Bengalen
französische Schiffe aufzubringen und Pondichery von der See
abzuschneiden.

 Als =Anson= nach England zurückgekehrt war, sandte man =Barnet= den
 Befehl, wenn möglich auch 1744 die spanische Galeone wegzufangen, die
 jährlich zwischen Manila und Mexiko fuhr, wie es ersterem 1743
 geglückt. Die Verhältnisse in Indien gestatteten aber dem Kommodore
 nicht, sich so weit zu entfernen, jedoch es gelang ihm im Januar 1745,
 in der Bankastraße drei große Schiffe der französischen Kompagnie zu
 nehmen, deren bevorstehende Rückkehr von China man erfahren hatte.

$Im Jahre 1746$ aber fühlte sich =Labourdonnaye=, zu dem im Januar ein
Linienschiff und mehrere Schiffe der Kompagnie gestoßen waren, stark
genug zum Handeln. Im April verließ er Isle de France; in einem Zyklon
wurden seine Schiffe zwar übel zugerichtet, das Linienschiff völlig
entmastet, aber er besserte sie in der Bucht von Antougill auf Madagaskar
aus und erschien Ende Juni an der Koromandelküste. Hier kreuzte seit
einiger Zeit das englische Geschwader unter =Kommodore Peyton=, der nach
Barnets Tode den Befehl übernommen hatte, zwischen dem Fort St. David[63]
und Negapatam. Labourdonnaye beschloß, anzugreifen, obgleich seine
Schiffe, wenn auch zahlreicher, an Gefechtskraft weit zurückstanden, und
schlug den Gegner aus dem Felde.

 [63] Fort St. David deckte die Stadt Kudalur (englisch Cuddalore),
      zwischen Pondichery und der neuen französischen Besitzung Karikal
      gelegen; hier hatten die Engländer in einem der letzten Jahre eine
      neue Niederlassung gegründet.

 $Gefecht bei Negapatam, 7. Juli 1746.$ Das französische Geschwader
 zählte 1 Linienschiff zu 74 Kanonen und 8 Kompagnieschiffe: 1 zu 38, 1
 zu 36, 6 zu 30 Kanonen. Es ist schon früher erklärt (Seite 57), weshalb
 man die Schiffe der Kompagnie trotz ihrer Größe nicht als vollwertige
 Schlachtschiffe ansehen kann; an Zahl und Kaliber der Geschütze waren
 sie weit unterlegen, dagegen hatte sie Labourdonnaye stark bemannt und
 besonders auf Entern eingeübt. =Peyton= verfügte über 1 Schiff zu 60
 Kanonen, 3 zu 50, 1 zu 40 und 1 zu 20 Kanonen. =Labourdonnaye= lag am
 7. Juli vor Negapatam, einer holländischen Ansiedlung, zu Anker, und
 ging sofort in See, als das englische Geschwader bei nördlichem Winde
 zu Luward in Sicht kam. Er hatte die Absicht, den Enterkampf
 herbeizuführen, konnte aber nicht herankommen, da sich =Peyton= mit
 seinen besser segelnden Schiffen dicht am Winde hielt. So entspann sich
 nur von 4 bis 7 Uhr nachmittags ein Feuergefecht auf mittlere
 Entfernungen, in dem die Engländer etwa 60 und die Franzosen gegen 70
 Tote und Verwundete einbüßten; die Schiffe wurden wenig beschädigt.
 =Peyton= räumte während der Nacht das Feld; er wurde später durch
 seinen Nachfolger unter Arrest nach England gesandt, aber dort nicht
 weiter zur Verantwortung gezogen.

Das englische Geschwader gab dem französischen nicht nur den Weg nach
Pondichery frei, es ließ sogar Madras ohne Schutz, indem es nach Ceylon
segelte. =Labourdonnaye=, der auf seinen Schiffen bedeutende Gelder und
Vorräte für Pondichery an Bord hatte, ging nach diesem Hafen und trat mit
=Dupleix= über weitere Maßnahmen in Beratung.

Von jetzt an wurde das Verhältnis zwischen den beiden Führern gespannt.
=Labourdonnaye= wollte vor allem die englischen Seestreitkräfte
vernichten. Er bat zu diesem Zweck um Überlassung von 60 schweren
Geschützen für seine Schiffe; Dupleix gab ihm nur leichte, weil er die
Werke der Stadt nicht zu sehr schwächen wollte. Das Geschwader lief am 4.
August aus, um die Engländer zu suchen. Die Gegner sichteten sich auch,
wieder vor =Negapatam=, am 17.; es kam aber zu keinem Zusammenstoß,
obgleich sie drei Tage in Sicht voneinander blieben, da =Peyton=
beständig auswich. Dieser ging dann auf die Rhede von Pulicat (nördlich
von Madras), lag dort längere Zeit untätig und segelte schließlich sogar
Anfang September nach Bengalen (bei den vorherrschenden Winden nach
Lee!), obgleich Madras inzwischen bedroht war.

Labourdonnaye hatte bei seiner Rückkehr nach Pondichery den Vorschlag
gemacht, das Fort St. David anzugreifen; Dupleix hielt diesen Platz für
zu unwichtig und verlangte die Vernichtung des englischen Geschwaders
oder einen Angriff auf Madras; hiergegen wandte der Admiral wieder ein,
die Engländer wichen ihm zur See stets aus, so lange sie jedoch
gegenwärtig wären, sei ein Unternehmen gegen Madras zu gewagt -- es
scheint, als ob er doch die besseren Schiffe des Gegners gefürchtet habe.
Durch den Gouverneur mit seinem Rat vor die Wahl gestellt, entweder eine
der geforderten Aufgaben zu übernehmen oder sein Kommando niederzulegen,
entschloß sich Labourdonnaye endlich Ende August zum Angriff auf Madras.
Kurz vorher waren seine Schiffe -- er selber lag krank -- vor Madras
gewesen und hatten die Stadt kurze Zeit beschossen; da nun Peyton selbst
daraufhin nicht erschien, ja sogar nach Bengalen ging, von wo er des
Windes halber so leicht nicht zurückkommen konnte, brauchte Labourdonnaye
mit ihm nicht mehr zu rechnen.

$Die Einnahme von Madras$ durch die Franzosen. 21. September 1746. Am 12.
September ging die Expedition von Pondichery ab, am 14. wurden 2000 Mann
(1000 Europäer und 1000 Indier) gelandet. Madras war in keiner Weise auf
eine Belagerung vorbereitet. Als das französische Geschwader in
Pondichery eintraf, bat der Gouverneur, =General Morse=, den Nabob von
Carnatic um Beistand, wie es vor zwei Jahren die Franzosen getan hatten;
der englische Agent verstieß aber derartig gegen die üblichen Formen, daß
er nur eine ausweichende Antwort erhielt und vom Nabob kein Verbot an die
Franzosen erging. Dennoch, obgleich auch das Fort St. Georg nur 300 Mann
Besatzung hatte, und man von den Seestreitkräften im Stich gelassen war,
lehnte der Gouverneur eine Übergabe zunächst ab und kapitulierte erst
nach mehrtägiger Beschießung am 21. September. Die Garnison und sämtliche
Engländer wurden kriegsgefangen, alle Waren und Güter wie Fort und Stadt
Eigentum der Franzosen. Aber bei Abschluß des Übergabevertrages hatte
Labourdonnaye durchblicken lassen, daß er geneigt sei, die Stadt gegen
ein Lösegeld zurückzugeben; nach der Übergabe begann er darüber mit Morse
zu verhandeln, trotzdem Dupleix und sein Rat in Pondichery dem Gedanken
auf das schärfste entgegentraten. =Diese Angelegenheit führte zum
völligen Bruch zwischen Labourdonnaye und Dupleix.=

 =Dupleix= hatte gerade am 21. September vom Nabob von Carnatic die
 Weisung erhalten, die Belagerung sofort aufzuheben, widrigenfalls
 dieser eingreifen würde. Er antwortete, er wolle Madras, sobald es
 eingenommen sei, dem Nabob ausliefern; hiervon gab er dem Admiral
 Kenntnis. Dieser hatte inzwischen dem Gouverneur den Sieg gemeldet und
 hinzugefügt: »Wenn man die Stadt zerstöre, würden sich die Engländer an
 einem anderen Platze niederlassen; sie zur französischen Kolonie zu
 machen, verböte seine Instruktion von 1741, nach der er keine
 Eroberungen behufs dauernder Inbesitznahme machen dürfe. Er sei für ein
 Lösegeld; dieses wäre für die Kompagnie und auch für den siegreichen
 Führer sowie seine Offiziere und Soldaten(!) ein großer Vorteil, und
 der englische General sei bereit, es in Wechseln auf England zu
 erlegen.« Dupleix wollte hiervon nichts hören. Er mußte fürchten, daß
 England die Wechsel nicht einlösen und daß die nächste englische Flotte
 die Stadt zurückerobern würde. Er wollte also diese zerstören und durch
 Zurückgabe ihrer Trümmer dem Nabob gefällig sein, sowie den Engländern
 schaden. Labourdonnaye setzte aber seine Verhandlungen fort, obgleich
 Dupleix immer schärfere Sprache brauchte und sogar eine
 neueingetroffene Verfügung der Kompagnie sandte, nach der der Admiral
 zwar eine Stimme im Rat haben solle, aber verpflichtet sei, die
 Beschlüsse dieser Körperschaft durchzuführen. Der Admiral erklärte
 hierauf, er nähme nur Befehle vom Minister an; die Beamten, die der
 Gouverneur zur Übernahme der Geschäfte in Madras gesandt hatte, setzte
 er gefangen[64].

 [64] Genaueres über diesen Streit, der schon während der Belagerung
      begann und bis zum 18. Oktober dauerte, vgl. Zimmermann, Band II,
      Seite 303 ff., und Band IV, Seite 177 ff.

 Abgesehen von der Meinungsverschiedenheit über das Schicksal der Stadt
 und die Art der Kriegführung, haben sicher auch persönliche Beweggründe
 zum Bruch zwischen den Führern beigetragen. Der Admiral wollte sich
 nicht unter den Befehl des Rates stellen; der Gouverneur sah sich durch
 Labourdonnaye in seiner Würde sowie in seinen Rechten verletzt und
 seine ganze Politik dem Nabob gegenüber in Frage gestellt; auch ging
 das Gerücht, der Admiral sei von den Engländern bestochen.

=Dupleix= hatte nicht die Macht, seine Ansicht durchzusetzen, da die
Offiziere der Expedition zum Admiral hielten und auch die dreier
Linienschiffe, die am 8. Oktober von Frankreich ankamen, sowie die von
verschiedenen Kompagnieschiffen, die bisher bei Sumatra gekreuzt hatten,
auf dessen Seite traten. =Labourdonnaye= schloß am 27. September den
Vertrag über ein Lösegeld von 421 666 Lstrl. ab, der am 18. Oktober
bestätigt und dahin ergänzt wurde, daß Madras am 1. Januar 1747
zurückzugeben sei. Der Admiral hatte sich beeilen müssen, da er der
Jahreszeit halber nicht länger an der Küste bleiben konnte; schon am 13.
Oktober waren in einem Sturme drei Schiffe gesunken und mehrere schwer
beschädigt. Nach notdürftiger Ausbesserung traf er dann am 27. Oktober
vor Pondichery ein; er war durch die erwähnten Verstärkungen trotz der
Verluste immer noch in der Lage, den Beschlüssen des Gouverneurs und des
Rates zu trotzen. Die Uneinigkeit dauerte fort. Um im nächsten Jahre dem
Feinde zur See wieder kräftig entgegentreten zu können, verlangte
Dupleix, die Schiffe sollten in Atchin überwintern; Labourdonnayes Plan
war, sie in Goa gründlich auszubessern und dort noch einige zum
Kriegsdienst auszurüsten. Da ihm der Gouverneur Geldmittel, Geschütze und
Leute zu diesem Zweck verweigerte, ging er mit den Schiffen seines
ursprünglichen Geschwaders über Isle de France nach Frankreich
zurück[65]. Die neu herausgekommenen Linienschiffe begaben sich zum
überwintern nach Atchin.

 [65] =Labourdonnaye= wurde in die Bastille gesetzt, aber nach drei
      Jahren freigelassen. Die Bestechung konnte man ihm nicht
      nachweisen; in England ist sie später aktenmäßig festgestellt
      (40000 Lstrl.; vgl. Zimmermann, Band II, Seite 303). In einer
      Verteidigungsschrift regte L. noch die öffentliche Meinung gegen
      Dupleix auf. Er starb 1753.

=Dupleix= war jetzt Herr des eroberten Madras und blieb es während der
Dauer des Krieges trotz verschiedener Bedrohungen. Schon Ende des Monats
Oktober sandte der Nabob von Carnatic, durch die Engländer veranlaßt, ein
Heer von 10000 Mann, da die Franzosen keine Miene machten, die Stadt
auszuliefern; Dupleix würde dies getan haben, wenn Labourdonnaye die
Befestigungen geschleift hätte, so aber fürchtete er, daß sie wieder in
die Hand der Engländer fielen. Er befahl indes, einen Zusammenstoß mit
den Indern zu vermeiden. Als diese dann aber eine französische
Verstärkung von 1000 Mann auf ihrem Marsche von Pondichery nach Madras
angriffen, wurden sie am 4. November blutig zurückgewiesen; dies war der
erste entscheidende Sieg von Europäern über Truppen des Mogul. Nun fühlte
sich Dupleix sicher in Madras; er erklärte den Vertrag Labourdonnayes für
ungültig, beschlagnahmte aufs neue Vorräte und Waren und wies die
Engländer aus, die Frankreich nicht huldigten. Diese zogen nach Fort St.
David ab.

$Angriff der Franzosen auf Fort St. David 1747.$ Hier und in der
benachbarten Stadt Cuddalore befand sich jetzt die englische Verwaltung
der Koromandelküste, und von hier aus wurde weiter gegen die Franzosen
beim Nabob intrigiert. =Dupleix= wollte deshalb diese letzten englischen
Plätze nehmen. Er sandte im Dezember 1746 von Pondichery 1600 Mann mit 12
Geschützen ab; wider Willen mußte er den Befehl dem =General de Bury=,
als dem dienstältesten Offizier, übertragen, einem wenig befähigten und
überalterten Manne. Die Engländer verfügten nur über 300 Europäer und
1000 Inder; sie würden wohl unterlegen sein, aber de Bury ließ sich durch
den Nabob überfallen und zum Rückzug nötigen.

Als $im Januar 1747$ die Schiffe von Atchin zurückkamen, hätte ein
Angriff wohl Erfolg gehabt, Dupleix sah aber, wohl im Hinblick auf die
geringe Befähigung seines Generals, vorläufig davon ab. Er benützte
zunächst die Anwesenheit der Schiffe zur Einschüchterung des Nabobs.
Dieser, trotz des letzten Erfolges entmutigt und des Krieges müde, ließ
sich auch bestimmen, auf die Rückgabe der Stadt Madras zu verzichten und
sich von den Engländern loszusagen. Nun erst beschloß Dupleix,
vorzugehen. Die Schiffe, die den englischen Seestreitkräften doch nicht
gewachsen gewesen wären, schickte er zwar nach Goa, aber er setzte beim
Rate die Ernennung eines jungen und befähigten Offiziers -- des Schweizer
=Paradis=, von Beruf Ingenieur -- zum Oberbefehlshaber durch und ließ ihn
am 13. März gegen St. David marschieren. Der günstige Augenblick war
jedoch verpaßt. Als die Truppen vor dem Fort erschienen, fanden sie auf
der Rhede ein starkes englisches Geschwader -- 3 Schiffe zu 60, 3 zu 50,
3 zu 40, 1 zu 20 Kanonen -- vor; zu den Schiffen in den bengalischen
Gewässern war nämlich kurz vorher eine Verstärkung unter =Kontreadmiral
Thomas Griffin= gestoßen, der auch den Oberbefehl an Peytons Stelle
übernommen hatte. Paradis mußte nach Pondichery zurück, das nun selber
bedroht schien. Die Engländer fühlten sich jedoch zu einem Vorgehen auf
dem Lande zu schwach und begnügten sich damit, die französischen
Besitzungen von der See abzuschneiden. Dupleix beorderte seine Schiffe in
Goa nach Isle de France, um dort Verstärkungen zu suchen. So verging das
Jahr 1747 ohne besondere Ereignisse.

$Im Juni 1748$ erschien ein französisches Geschwader, 9 Schiffe stark,
von Isle de France an der Koromandelküste; es bestand aus den bei der
Insel bereits befindlichen Schiffen und den fünf, die unter dem Befehl
des Kapitäns =Bouvet de Lozier= der Vernichtung bei Kap Finisterre (vgl.
Seite 88) entgangen waren. Wieder überwog das englische Geschwader an
Gefechtswert, aber Bouvet gelang es, durch geschickte Manöver, den
englischen Führer =Griffin= zu täuschen. Er landete unbelästigt 300 Mann,
Vorräte sowie eine größere Geldsumme in Madras und kehrte dann nach Isle
de France zurück, weil er Kenntnis von der bevorstehenden Ankunft eines
weiteren starken englischen Geschwaders hatte. Während =Griffin= in See
gewesen war, um Bouvet zu treffen, hatte =Dupleix= den Versuch gemacht,
St. David zu überrumpeln; er mißlang, da der neue Kommandant, Major
Lawrence, kurz zuvor mit geringen Verstärkungen aus England eingetroffen,
auf seiner Hut gewesen war.

$Angriff der Engländer auf Pondichery 1748.$ Jetzt wurde die Lage der
Franzosen in Indien bedenklich. Sie waren von Frankreich abgeschnitten
und konnten bei dem Zustand der Marine keine Verstärkung ihrer
Seestreitkräfte mehr erwarten; der Gegner beherrschte die See und sah
neuem Zuzug entgegen. Wäre der letzte Überfall auf St. David gelungen, so
hätten die Engländer wenigstens keinen Stützpunkt am Lande gehabt. Aber
=Dupleix= verlor den Mut nicht. Er befestigte Pondichery weiter und schuf
zwei Meilen von der Stadt einen wichtigen Außenposten, Ariancopan, den er
Paradis unterstellte.

In England hatte der Fall von Madras Empörung erregt und nicht nur die
Kompagnie, sondern auch die Regierung zu großen Aufwendungen veranlaßt.
Ende 1747 ging =Kontreadmiral Boscawen= mit 10 Linienschiffen sowie 11
Schiffen der Kompagnie, die viele Vorräte und 1500 Soldaten an Bord
hatten, in See; am Kap der Guten Hoffnung schlossen sich 6 Schiffe der
holländisch-ostindischen Kompagnie mit 400 Mann an. Eine derartig große
europäische Flotte hatte der Osten bisher noch nicht gesehen.

=Boscawen sollte zunächst die Inseln Isle de France und Bourbon
wegnehmen.= Er erschien am 4. Juli 1748 vor Isle de France, da er jedoch
nach seinen Erkundungen die Insel für zu stark befestigt und besetzt
hielt, segelte er drei Tage später nach Indien weiter, zumal da die
Jahreszeit für Unternehmungen an der Koromandelküste schon reichlich
vorgerückt erschien. Allerdings hatte man in Isle de France alles
mögliche für die Befestigungen getan, aber es standen nur 500 Soldaten
und 1000 Seeleute zur Besetzung bereit; ein Angriff wäre mithin nicht
aussichtslos gewesen. Am 11. August erreichte die Flotte St. David und
vereinigte sich mit dem dort schon befindlichen Geschwader. Nachdem man
einige Schiffe von diesem, die schon lange draußen waren, heimgesandt und
einige andere zu besonderen Zwecken abgezweigt hatte, verfügte =Boscawen=
an Kriegsschiffen über 1 zu 74, 1 zu 64, 4 zu 60, 4 zu 50, 4 zu 8-24
Kanonen und mit den vielen armierten Ostindienfahrern insgesamt über 30
gefechtsfähige Segel. Am Lande standen, einschließlich der Seesoldaten
der Schiffe, gegen 5200 Mann Fußtruppen (darunter 3700 Europäer) und etwa
2000 eingeborene Reiter. =Dupleix= hatte nur 1800 Europäer und 3000
Inder. Trotzdem wurde =der Angriff auf Pondichery= abgeschlagen.

 =Admiral Boscawen= leitete den Angriff am Lande. Am 18. August rückten
 die Truppen von St. David gegen Pondichery vor und schlossen die Stadt
 ein, die durch die Flotte unter =Kapitän Lisle= blockiert wurde.
 =Dupleix= verteidigte sich mit größter Bravour und verlor auch den Mut
 nicht, als Truppen des Nabob zu den Engländers stießen (wohl die schon
 erwähnte indische Reiterei). Ein Angriff auf das Außenwerk Ariancopan
 wurde blutig zurückgeschlagen und bei einem Ausfall aus ihm sogar der
 tüchtigste englische Offizier, Major =Lawrence=, gefangen genommen;
 leider fiel auch Paradis dabei. Das Fort mußte dann allerdings infolge
 einer Explosion geräumt werden; die weitere Berennung der Stadt machte
 jedoch keine Fortschritte, obgleich sich noch die Flotte an der
 Beschießung beteiligte. Die Schiffe konnten des flachen Wassers halber
 nicht nahe genug herankommen; die englischen Quellen schieben die
 Schuld im übrigen auf die Unfähigkeit der Landoffiziere, insbesondere
 der Ingenieure. Als die Regenzeit einsetzte und die Truppen schwer
 unter Krankheit litten, mußten die Engländer die Belagerung aufgeben;
 sie gingen am 14. Oktober nach St. David zurück. Die Franzosen hatten
 200 Europäer und 50 Eingeborene verloren, die Engländer büßten 1065
 Tote ein. Bemerkenswert ist, daß bei dieser Belagerung der =Fähnrich
 Clive=, der später so berühmte Gouverneur von Indien, zuerst von sich
 reden machte.

=Dieser Mißerfolg war ein großer Schlag für die Engländer.= Das Ansehen
der Franzosen, insbesondere des Generalgouverneurs Dupleix, wuchs bei den
eingeborenen Fürsten ungemein; viele dieser sandten Glückwünsche.
=Dupleix= rüstete nun seinerseits wieder zum Angriff. Zu Anfang $des
Jahres 1749$ trafen 200 Soldaten sowie einige Geldmittel von Frankreich
ein, auch kamen 7 Schiffe von Isle de France nach Madras; ehe jedoch die
Feindseligkeiten wieder aufgenommen wurden, erhielt man Kenntnis vom
Friedensschluß. Die englische Flotte, die nach der Belagerung von
Pondichery während der schlechten Jahreszeit nach Atchin und Ceylon
gegangen war, kehrte im Januar 1749 gleichfalls nach St. David zurück;
sie beschränkte sich jedoch, von dem Frieden schon unterrichtet, auf die
Beobachtung des französischen Geschwaders in Madras.

Im Frieden zu Aachen wurde, wie schon bekannt, =Madras gegen Louisbourg
an England ausgeliefert=. Die Übergabe erfolgte im August 1749 und war
ein schwerer Schlag für Dupleix, der schon bedeutende Mittel für bessere
Befestigung aufgewendet hatte. Die Engländer ernteten nun die Früchte
seiner Arbeit und besetzten auch sogleich noch den ehemalig
portugiesischen Platz Sao Tomé, vier Meilen südlich von Madras gelegen.

$Im übrigen Indien$ waren kriegerische Ereignisse nicht vorgekommen. In
=Bengalen=, wo beide Völker Niederlassungen in naher Nachbarschaft
besaßen, hatte dies der Nabob des Moguls verhindert; er erhob von beiden
Seiten Kontributionen, von den Engländern etwa 100000 Lstrl. =Der Handel
der englisch-ostindischen Kompagnie= hatte sich während des Krieges sogar
gehoben, da die englischen Seestreitkräfte den der anderen Staaten
lahmlegten. Die englische Ausfuhr nach Indien stieg von 568000 Lstrl.
(1745) auf 834000 Lstrl. (1748).


                           Der Kleine Krieg.

Über den Kampf um den Handel -- Schutz des eigenen, Schädigung des
feindlichen -- im Österreichischen Erbfolgekriege enthalten die Quellen
nicht so genaue Angaben wie bisher. Gelegentliche Andeutungen rufen den
Eindruck hervor, als ob diese Art der Kriegführung nach der langen
Friedenszeit auf beiden Seiten nicht mit der gleichen Tatkraft betrieben
worden sei wie in den früheren und auch wieder in den nächstfolgenden
Kriegen[66]. In Frankreich fehlt das planmäßige Vorgehen mit eigens dazu
gebildeten Divisionen, wie es die Minister Pontchartrin, Vater und Sohn,
in den Kriegen 1688-1697 und 1702-1713 vorbereitet hatten; die Marine war
bei ihrer jetzigen Schwäche durch die Bestrebungen zum Schutze der
Kolonien vollauf in Anspruch genommen.

 [66] Auch =Mahan=, der (Band I, Seite 126, 188 und 526) für seine
      Betrachtungen »über den Wert des Kreuzerkrieges«, die wir in
      unserem ersten Bande (Seite 304 und 471) teilweise wiedergegeben
      haben, die sämtlichen früheren sowie späteren Kriege benutzt,
      zieht hierbei den Österreichischen Erbfolgekrieg nicht heran.

Auch England leistete im Kleinen Kriege nicht das, was man bei seiner
Überlegenheit zur See hätte erwarten können; hier lag der Grund wohl in
der zur Zeit herabgesetzten Leistungsfähigkeit der Marine. Der Kampf um
den Handel in Westindien wurde, wie erwähnt, englischerseits nicht mit
genügender Kraft durchgeführt, weil man bis 1744 die Seestreitkräfte zu
schließlich doch unfruchtbaren Unternehmungen gegen spanische
Niederlassungen zusammenhielt und weil man nach diesem Jahre den
vereinigten Gegnern nicht überlegen genug war, um die See zu beherrschen.

Aber auch in den europäischen Gewässern waren die englischen
Seestreitkräfte sowohl während des Krieges mit Spanien allein, wie später
an der spanischen Küste und im Mittelmeer nicht imstande, den eigenen
Handel genügend zu schützen; im Kanal und in der Biscaya war dies ja bei
der günstigen Lage französischer Häfen als Stützpunkte für Kreuzer und
Freibeuter auch früher schon schwierig gewesen. Erst von 1747 an wurde es
überall leichter, als die Marine Frankreichs vom Meere verschwunden und
auch seine Kaper größtenteils weggefangen waren. »20000 Matrosen, die
Besatzungen der Freibeuter,« sagt Bonfils, »schmachteten in englischen
Gefängnissen.« Andrerseits war nach und nach frischeres Leben in die
englische Marine gekommen und man hatte die Zahl der für den Kleinen
Krieg besonders geeigneten Schiffe wesentlich vermehrt.

Damit soll nun aber keineswegs gesagt sein, daß der Kampf um den Handel
keine bedeutende Rolle in diesem Kriege gespielt habe. Bei der
Schilderung der kriegerischen Ereignisse sind die Operationen und Kämpfe
um größere Konvois bereits zur Sprache gekommen. Von beiden Seiten
kreuzten außerdem zahlreiche Kriegsschiffe und Freibeuter, und in
Frankreich wurden, wie schon in den früheren Kriegen, Schiffe der
königlichen Marine Privatpersonen zu diesem Zwecke überlassen. =Die
Verluste an Handelsschiffen= bezeugen den bedeutenden Umfang des Kleinen
Krieges. =Es verloren=: die Spanier 1249, die Franzosen 2185 = 3434
Schiffe. Die Engländer durch Spanier 1360, durch Franzosen 1878 = 3238
Schiffe. Man darf jedoch aus diesen Angaben weder schließen, daß die
Gegner Englands tätiger gewesen seien, noch daß der englische Handel im
großen ganzen ebenso gelitten habe wie der seiner Feinde. Da
die Schiffahrt Englands weit bedeutender war, bot sie mehr
Angriffsgelegenheit, und aus gleichem Grunde steht die Zahl der
verlorenen Schiffe für England in einem ganz anderen Verhältnis zur
Gesamtzahl der Handelsfahrzeuge, als bei Spanien und Frankreich. Die
Schiffahrt dieser Länder war durch den Verlust nahezu lahmgelegt, ihr
Handel vernichtet, der englische durchaus nicht. Da ferner viele den
Spaniern abgenommene Schiffe einen ungeheuren Wert hatten, war der durch
die Prisen gemachte Gesamtgewinn Englands größer als sein Gesamtverlust;
man nennt einen Überschuß von 2 Millionen Lstrl. Ferner hemmte der
Ausfall der verlorenen Schiffe keineswegs den Handel des Landes; dieser
nahm sogar zu, je mehr der der andern Völker abnahm. Nach Zimmermann
(Band II, Seite 311) hatte der Gesamthandel Englands 1744 einen Wert von
17791000 Lstrl., im Jahre 1748 aber einen solchen von 20487000 Lstrl.

Die Ergebnisse des Kleinen Krieges haben sicher dazu beigetragen, beide
Parteien dem Frieden geneigter zu machen. In Frankreich verschlechterten
sie die ohnehin schon bedenkliche Finanzlage noch wesentlich, aber auch
in England wurden trotz der günstigen Bilanz zwischen Gewinn und Verlust
sowie der Zunahme des Handels im allgemeinen die betroffenen Kreise des
Krieges müde.


                         Schlußbetrachtungen.

Der besprochene Seekrieg ist der Anfang einer fast ununterbrochenen Reihe
von Kämpfen zwischen England und Frankreich im 18. Jahrhundert, aus denen
England schließlich als Alleinherrscherin auf dem Meere und als erste
Kolonialmacht hervorging. Er brachte in letzter Beziehung noch keine
Ergebnisse von Bedeutung, wie denn der Österreichische Erbfolgekrieg
überhaupt nahezu ergebnislos blieb. Auch die Kriegführung selber in ihm
erweckt nicht das gleiche Interesse wie in den anderen großen
Seekriegen. Er regt aber doch zur Betrachtung verschiedener Punkte an,
die in geschichtlicher, insbesondere seekriegsgeschichtlicher Hinsicht
bemerkenswert und lehrreich sind. Im Nachstehenden soll versucht werden,
diesen kurz gerecht zu werden.

$Das unmittelbare Eingreifen des Seekrieges in den Landkrieg$ war gering;
es beschränkte sich auf den Kriegsschauplatz in Norditalien. Gemeinsame
Waffentaten von Bedeutung, wie z. B. Angriffe auf Küstenstädte der See-
und Landstreitkräfte, sind jedoch auch hier nicht zu verzeichnen und
kommen nur im Kolonialkriege vor. Mehr tritt die Tätigkeit der Flotten
bei den Versuchen Spaniens und Frankreichs hervor, die Verbindung ihrer
in Italien fechtenden Truppen mit der Heimat aufrecht zu halten, sowie in
dem Bestreben Englands, dieses zu verhindern. Der Einfluß der
Seestreitkräfte auf den Verlauf des Landkrieges ist denn auch zu
bemerken. Eine französisch-spanische Flotte deckte im Winter 1741/42 das
erste Landen der Spanier in Italien. Aber schon das Versprechen Englands,
im Mittelmeere eine starke Flotte halten zu wollen, brachte Sardinien auf
die Seite Österreichs. Englische Geschwader hinderten dann tatsächlich
1742/43 den weiteren Nachschub von Verstärkungen für das spanische Heer
und zwangen Neapel, seine Hilfstruppen zurückzuziehen; dem Vordringen der
Spanier und Franzosen am Lande wurde um diese Zeit ein Ziel gesetzt. Nach
der für Englands Seemacht nicht ruhmreichen Seeschlacht von Toulon (1744)
dagegen, und als 1745 die verminderte englische Flotte im Mittelmeer ihre
Aufgaben nicht voll zu lösen vermochte, beteiligte sich Neapel wieder am
Kriege, und es gelang den Franzosen, ihr Heer in Italien auch über See zu
unterstützen; wir finden die französisch-spanisch-neapolitanischen
Truppen in Piemont und in der Lombardei im Vorteil.

1746 vertreiben die Österreicher ihre Gegner aus Italien und bedrohen
sogar die Provence; allerdings hatten sie durch den Frieden mit Preußen
freiere Hand gewonnen, aber auch die englische Flotte trat in diesem
Jahre wesentlich verstärkt auf. In den meisten Schilderungen des Krieges
wird der Einfluß der englischen Seemacht nur in Hinsicht auf das
Verhalten Sardiniens und Neapels gewürdigt; es dürfte jedoch wohl kein
Zufall sein, daß die Kriegslage überhaupt stets dann für Österreich
günstiger stand, wenn die englische Flotte die See beherrschte. Wir
wollen jedoch nicht behaupten, daß der Einfluß der Seemacht hierbei den
Ausschlag gegeben habe.

$Der mittelbare Einfluß des Seekrieges$ auf den großen europäischen
Landkrieg ist bedeutend gewesen. Alles in allem wurde Frankreich durch
den Mangel an einer starken und leistungsfähigen Marine gezwungen, die im
Landkriege errungenen Vorteile aufzugeben, während England seine Stellung
mit Hilfe der Seemacht rettete, obgleich es nicht einmal den besten
Gebrauch von ihr machte. Um dies zu erweisen, müssen wir zunächst auf
=die Verhältnisse Frankreichs vor dem Kriege= eingehen. In der langen
Friedenszeit hatte dieser Staat aufs neue begonnen, seinen Seehandel und
seinen Kolonialbesitz zu heben. Man behielt aber stets eine europäische
Gebietserweiterung im Auge und ließ sich dadurch bei der ersten
geeigneten Gelegenheit in einen Festlandskrieg verwickeln, obschon ein
gleichzeitiger Seekrieg mit England vorauszusehen war. Bei Ausbruch des
Österreichischen Erbfolgekrieges spielte schon der Kampf auf dem Meere
zwischen England und Spanien, und Frankreich war durch Vertrag gebunden,
Spanien zu decken, außerdem bedrohte die Eifersucht zwischen den
englischen und den französischen Kolonien stets den Frieden. Der große
Landkrieg sog dann die Hilfsquellen des Landes auf; man hatte aber, um
England nicht zu reizen, die Marine verfallen lassen und damit den
Seehandel und die Kolonien, die Haupthilfsquellen, des Schutzes beraubt.
Während des Krieges war man nicht imstande -- auch wohl aus Mangel an
Einsicht für die Bedeutung des Seekrieges kaum geneigt --, die Marine zu
stärken; diese brach schließlich zusammen.

Da ist es kein Wunder, daß der Seekrieg für Frankreich so ungünstig
verlief, daß die Vernichtung des Handels und die dadurch beschleunigte
Erschöpfung des Landes sowie endlich der drohende Verlust der Kolonien
wesentlich zu einem Friedensschluß beitrugen, der bei den Erfolgen im
Landkriege eigentlich demütigend war. Hätte Frankreich eine Marine
besessen, die der englischen entgegentreten konnte, wenn sie dieser auch
nicht gewachsen war, so würde es dank seiner Gewalt über die
österreichischen Niederlande und über Maastricht günstigere
Friedensbedingungen haben durchsetzen können.

$Die Kriegführung Frankreichs zur See$ entsprach der Schwäche seiner
Marine; sie mußte sich auf die Verteidigung beschränken. So finden wir
denn auch nur zwei ernstliche Versuche, zum Angriff überzugehen: das eine
Mal, als man noch vor der Kriegserklärung beabsichtigte, überraschend in
England einzufallen (1744), das andere Mal, als die starke Expedition
nach Nordamerika entsandt wurde (1746). Die Vorbereitung zu einem Einfall
in England (1745), um die Erhebung Schottlands zu unterstützen, ist
wahrscheinlich mehr als eine Demonstration anzusehen. Die Marine
beschränkte sich darauf, den eigenen Handel zu schützen, den englischen
zu schädigen und den Kolonien Verstärkungen zuzuführen. Selbst wenn die
Regierung der Seemacht höhere Aufgaben gestellt hätte und Führer von
hoher Begabung vorhanden gewesen wären, würde ein Kampf um die
Seeherrschaft kaum Erfolge erzielt haben, die von größerem Einfluß auf
den Krieg im allgemeinen sein konnten; wahrscheinlich wäre nur der
Zusammenbruch der Marine beschleunigt worden. Die untergeordneten
Aufgaben hat sie aber einige Jahre hindurch nahezu gelöst.

 Zwei neuere französische Marineschriftsteller äußern sich sehr
 verschieden hierüber: =Lacour-Gayet= schreibt (Seite 189): »Was fehlte,
 um die Führer von Verdienst und die tapfern Schiffsbesatzungen zum
 Erfolge zu führen? Der feste Wille der Regierung, die Marine ihren Teil
 an der großen Politik nehmen zu lassen! Man benutzte sie zu zwar
 bemerkenswerten, aber untergeordneten Unternehmungen, wie die
 Kreuzfahrten nach Westindien. Für die entscheidenden Kriegshandlungen
 aber, wie den Einfall in England, die Wiedereroberung von Louisbourg,
 die Kämpfe in Ostindien, schien man sie nur widerwillig heranzuziehen;
 hier bewilligte man nur so ungenügende Mittel, daß das Mißlingen
 vorauszusehen war.«

 Chabaud-Arnault sagt dagegen (Seite 158; hier gekürzt): »Die meisten
 unserer Geschichtschreiber verurteilen den Minister, der die Verwendung
 der Marine leitete. Sie gehen viel zu weit! Unsere Marine war infolge
 der schändlichen Politik Fleurys völlig ungenügend für ihre wichtige
 Aufgabe. Sie konnte nicht um die Seeherrschaft kämpfen und widmete sich
 deshalb der einzig möglichen Kriegführung: der Begleitung von Konvois
 und der Störung des feindlichen Handels. Hierbei ging sie zugrunde,
 aber sie hatte Erfolge, die nicht zu verkennen sind. England wollte uns
 die Kolonien nehmen; es ist ihm nicht gelungen und sein Handel ist zum
 Teil vernichtet.« Die Auffassung Chabaud-Arnaults dürfte unserem
 Erachten nach den Verhältnissen entsprechender sein.

$Die Kriegführung Spaniens$ war durchaus schwächlich. In den europäischen
Gewässern verlautet mit Ausnahme der Truppenüberführung 1741 nach Italien
und der Schlacht vor Toulon 1744 nichts von spanischen Flotten oder
Geschwadern. Der Zustand der Marine muß trostlos gewesen sein. Welch eine
lange Zeit gebrauchte die Flotte in Toulon, um segelfertig zu werden,
obgleich die Franzosen sie mit Material, Mannschaften, ja selbst
Offizieren unterstützten! In Westindien stand es ähnlich. Von den nicht
unbedeutenden Kräften (18 Linienschiffe), die hier 1740 versammelt waren,
wurde nur ein Drittel dazu bestimmt, die bedrohten Besitzungen in
Mittelamerika zu decken; diese Schiffe (6) gingen in Cartagena verloren.
Der Rest lag fast tatenlos, sich gewissermaßen an die Franzosen in Haiti
anlehnend, in Havanna, nur auf den Schutz dieser Stadt und wohl auch auf
den eigenen bedacht. Von hier aus scheinen sie, wie das Zusammentreffen
mit den Engländern (1748) zeigt, in nächster Nähe gekreuzt zu haben, aber
sie machten nicht einmal den Versuch, einzugreifen, als der Feind vor
Santiago de Cuba stand. Infolge der Fehler der Engländer war Spanien
längere Zeit erfolgreich im Kleinen Kriege durch Freibeuter und auch,
besonders in den europäischen Gewässern, durch einzelne Kriegsschiffe;
von diesen fielen jedoch manche den Engländern zum Opfer. In mehreren
dieser Einzelgefechte haben sich übrigens spanische Schiffe tapfer
geschlagen, so auch das Geschwader vor Havanna.

$Die Kriegführung Englands$ entsprach nicht seiner Überlegenheit zur See.
Die englische Marine war 1739 fast dreimal so stark als die spanische.
Trotzdem hatten die Angriffe auf spanische Niederlassungen in Westindien
-- sonst richtig als die geeignetste Maßregel gegen Spanien ins Auge
gefaßt -- keine durchschlagenden Erfolge, im Mittelmeer wurde die
Verbindung Spaniens mit Italien nicht völlig abgeschnitten und selbst im
Kleinen Kriege war England nicht im Vorteil. Überall und besonders in
Westindien hätte man mit stärkeren Streitkräften auftreten müssen, um so
mehr, als man doch damit rechnen konnte und auch tatsächlich rechnete,
daß die Franzosen eingreifen würden. Als der Krieg mit Frankreich dann
wirklich ausbrach, war die Überlegenheit auf seiten Englands zwar nicht
mehr so groß, aber immer noch vorhanden und wuchs fortlaufend
beträchtlich; England trat aber auch weiterhin außerhalb des Kanals nur
selten mit genügender Kraft auf, und so währte es lange, bis die
englische Marine die See beherrschte. Erst im letzten Jahre des Krieges
vermochte England die französische Marine lahmzulegen, die Gegner von
ihren Kolonien sowie von Italien völlig abzuschließen und den Vorteil im
Kleinen Kriege ganz auf seine Seite zu bringen.

Hierdurch wurde nun allerdings Frankreich zum Frieden bestimmt, aber auch
England wünschte ihn, da es seinen Verbündeten, Holland, arg gefährdet
sah und weil der Krieg schon bedeutende Kosten verursacht hatte; das Geld
begann knapp zu werden und jetzt versuchte sogar Holland bei ihm zu
borgen. England hatte in dem langen Kampfe den Handel und die Marinen der
Gegner für den Augenblick vernichtet; es mußte sich aber mit einem
Frieden begnügen, der ihm keine Gebietserweiterungen brachte, ja der
sogar die Hauptursachen des Krieges -- die Entlastung seiner Schiffahrt
von spanischem Drucke in Westindien, die Grenz- und Machtfragen zwischen
seinen und den französischen Kolonien in Nordamerika und in Ostindien --
unerledigt ließ. Bei seiner Überlegenheit zur See hätte man erwarten
können, daß es England gelungen wäre, den eigenen Handel vor größeren
Verlusten zu schützen, den Kampf in Nordamerika und Ostindien zu einem
günstigen Austrag zu bringen, sowie den Gegnern wichtige Besitzungen in
Westindien abzunehmen und mit diesen als Pfand einen schnelleren,
jedenfalls aber vorteilhafteren Friedensschluß zu erzwingen. England
machte jedoch unter einer schwachen Regierung von seiner Seemacht nicht
den richtigen Gebrauch. Weder nach einem klaren strategischen Plane noch
mit voller Kraft wurde die Marine eingesetzt; eine mittelbare Bestätigung
dieser Behauptung wird uns der nächste Krieg bringen, in dem man unter
=William Pitts= Leitung den richtigen Weg einschlug. Hierzu kam, daß auch
die Leistungsfähigkeit der englischen Marine derzeit zu wünschen übrig
ließ.

 $Die Gründe für die Lähmung der englischen Marine$ sind also in ihrer
 mangelhaften Verwendung und in ihrer derzeitigen geringeren
 Leistungsfähigkeit zu suchen; hierüber noch einige Worte. Es zeigte
 sich, daß England auf allen auswärtigen Kriegsschauplätzen mit
 ungenügenden Kräften auftrat. Dies ist wohl für die ersten Jahre neben
 der Abneigung Walpoles gegen den Krieg den unsicheren Zuständen in
 England zuzuschreiben. Die Sache der Stuarts war noch lebendig und man
 wagte nicht, die Heimat zu sehr von Truppen und Schiffen zu entblößen.
 Hierbei sprach wahrscheinlich noch eine falsche Einschätzung der
 spanischen und vor allem der französischen Marine mit, gegründet auf
 die zahlenmäßige Stärke dieser ohne Rücksicht auf ihren geringen
 inneren Wert. Bekannt ist Walpoles Erklärung vor dem Ausbruch des
 Krieges 1739, England sei dem vereinigten Spanien und Frankreich nicht
 gewachsen. Außerdem stand für den König Hannover und damit der
 Landkrieg im Vordergrund; sein dienstwilliges und schwaches Ministerium
 fügte sich hierin, anstatt den Seekrieg in richtige Bahnen zu lenken
 und ihn im richtigen Geist zu führen, selbst nicht, nachdem man die
 Schwäche der feindlichen Marinen erkannt hatte. =William Pitts=
 Auftreten schon in dieser Zeit zugunsten der wahren Interessen Englands
 gegen die hannoversche Politik gab den Anlaß, daß der König so lange
 zögerte, ihm eine leitende Stellung anzuvertrauen, obgleich die
 öffentliche Meinung dies forderte. Seine Neigung, das Augenmerk
 vorzugsweise auf den Landkrieg zu richten, wurde dann dadurch bestärkt,
 daß Frankreich (seit 1745) den Hauptkriegsschauplatz in die
 österreichischen Niederlande verlegte und Holland bedrohte; Länder,
 die England ihm seines eigenen Handels wegen unter keinen Umständen
 preisgeben wollte. Man erkannte nicht, daß gegen die Erfolge
 Frankreichs hier gerade das beste Gegengewicht zu gewinnen war, wenn
 man ihm wertvolle auswärtige Besitzungen als Pfand abgenommen hätte.

 Aber auch die Marine selber war nach der langen Friedenszeit nicht in
 der Verfassung, in der sie hätte sein sollen. Die Verwaltung stand
 nicht auf der Höhe. Die Zahl der Schiffe ist zwar ungemein groß und
 wird immer größer, aber mehrfach zeigt sich, daß für die fernen
 Gewässer bestimmte Geschwader weit später auslaufen, als ursprünglich
 geplant war. -- Englische Quellen fügen oft hinzu: »wie gewöhnlich« --
 und auch in den heimischen Meeren scheinen die Flotten nicht immer
 rechtzeitig bereit gewesen zu sein, so z. B. als im Jahre 1745 ein
 Einfall der Franzosen drohte. Ferner war der Nachrichtendienst
 mangelhaft, und so konnten französische Geschwader unbelästigt, ja
 öfters unbemerkt auslaufen. Auch die anfängliche Überschätzung der
 Gegner beruhte wohl hierauf. Die Franzosen waren stets weit besser
 unterrichtet, wie schon unter Ludwig XIV. wohl durch die Anhänger der
 Stuarts in England. Endlich fehlten im Offizierkorps zu dieser Zeit
 vielfach der frische Geist und Schneid, die militärische Vorbildung für
 den Krieg, ja sogar teilweise die Disziplin. Beweise hierfür liefern
 die Kriegsgerichte über Admiral Lestock und die Kommandanten nach der
 Schlacht vor Toulon, über Kommodore Peyton nach dem Gefecht bei
 Negapatam und sein Verhalten nach diesem, sowie über Admiral Knowles
 nach der Schlacht vor Havanna; ein ähnlicher Fall wie der Peytons
 ereignete sich noch 1746 in Westindien, wo ein Kommodore (=Mitchel=)
 dem Kampfe mit einem schwächeren französischen Geschwader auswich.

 Über diese Schwächen im englischen Offizierkorps haben wir uns schon
 früher (vgl. Seite 80 ff.) näher ausgelassen und gleichfalls mehrfach
 darauf hingewiesen, daß bei dem englischen Seeoffizier lange Zeit im
 18. Jahrhundert das Interesse für die seemännische Seite seines Berufes
 die für die militärische überwog; gerade für die Zeit unmittelbar nach
 den langen Friedensjahren trifft dies ganz besonders zu. Diese Mängel
 haben sicher nicht nur in einzelnen Fällen ihre Wirkung gezeigt,
 sondern auch im allgemeinen die Durchführung der Aufgaben der Marine
 gelähmt, denn bessere Zustände in der Marine und infolgedessen bessere
 Leistungen würden wohl auch die Tätigkeit des Ministeriums dahin
 beeinflußt haben, die Seemacht richtiger und kräftiger auszunutzen. Ein
 Läuterungsprozeß begann vor der Schlacht vor Toulon; seit 1747 ist ja
 auch schon ein Fortschritt zu erkennen, sein Endergebnis kam jedoch
 diesem Kriege nicht mehr zugute.

Für die Geschichte der $Entwicklung der Taktik$ (vgl. Seite 36 ff.)
bringt dieser Krieg noch nicht viel Bemerkenswertes; nur zwei rangierte
Schlachten wurden geschlagen: Toulon 1744, Havanna 1748. Diese zeigen uns
aber die beschränkte Auffassung der Taktik in der englischen Marine, nach
beiden werden die Führer kriegsgerichtlich verurteilt, weil sie gegen den
Buchstaben der Vorschrift verstoßen haben. -- Die zwei Schlachten bei
Finisterre gereichen beiden Gegnern zur Ehre. Die englischen Führer
nutzen ihre Überlegenheit richtig dadurch aus, daß sie ohne Ordnung so
schnell wie möglich angreifen und die Melee herbeiführen; die
französischen Admirale halten mit eigener Aufopferung den Gegner fest, um
den ihnen anvertrauten Konvois die Möglichkeit der Rettung zu geben.

$Angriffe auf die feindliche Küste$ fanden in diesem Kriege vielfach
statt und bestätigen die strategischen und taktischen Lehren, die sich
aus den früheren Kriegen ergeben haben[67].

 [67] Im ersten Bande auf den Seiten 231, 300, 357, 484. Es ist dabei
      auf das sehr lesenswerte Werk des Admirals Colomb »Naval warfare«
      verwiesen, in dem »der Kampf um die Seeherrschaft« und »die
      Bedingungen, unter denen Angriffe auf Feindesland von See aus
      Erfolg haben« an der Hand von Beispielen aus den großen Seekriegen
      kritisch beleuchtet worden. Auch nachstehenden Betrachtungen ist
      dieses Werk (Kapitel VII, Seite 131, sowie Kapitel XV und XVI)
      zugrunde gelegt.

=Zu erfolgreichen Unternehmungen gegen die Seegrenze des Gegners ist
stets die Beherrschung des Meeres nötig.= Der letztbesprochene Krieg
bringt 1744 wieder einen Versuch Frankreichs, ein Heer nach England
überzuführen und hierzu durch die Flotte den Weg freimachen zu lassen.
Als ein vollwertiges Unternehmen, die Seeherrschaft vor der Überführung
zu erringen, kann jedoch dieser Fall nicht gelten; Colomb sagt
bezeichnend: »Es war nicht ein Fall von »Naval warfare«, sondern von
»Naval gambling«.« Denn wenn auch England nicht gerade eine Flotte in
Spithead versammelt hatte und auch nicht genau über den französischen
Plan unterrichtet war, so durfte Frankreich doch nicht annehmen, daß der
Gegner, der schon im Kriege mit Spanien und vor einem solchen mit
Frankreich stand, seine Küsten völlig unbewacht und unbeschützt gelassen
hätte. Zu einem ernsten Kampfe um die Seeherrschaft war aber die
französische Marine zu schwach, und selbst wenn man durch überraschendes
Auftreten Teile der noch nicht zusammengezogenen englischen Streitkräfte
vernichtet hätte, wäre der Erfolg eines Einfalles nicht gesichert
gewesen, da England im Winter vorher zu Wasser und zu Lande stark
gerüstet hatte. Tatsächlich trat ja auch eine überlegene Flotte der
französischen entgegen, und diese konnte von Glück sagen, daß sie heil
davonkam, durch die Witterungsverhältnisse begünstigt. Im Jahre 1745
wurde der gleiche Plan gar nicht ins Werk gesetzt, weil England die See
beherrschte; dieses dagegen unternahm 1746 den aus anderen Gründen
erfolglosen Angriff auf Lorient ganz richtig, als die französische
Atlantikflotte zur Wiedereroberung Louisbourgs abwesend war. -- In den
Kolonien ging man gegen Küstenstädte nur vor, wenn der Angreifer sich vor
feindlichen Seestreitkräften sicher wußte. So nahm =Vernon= 1739/40
Puerto Belo sowie Chagres und beschoß Cartagena, gab aber derartige
Unternehmungen auf, sobald er Kenntnis vom Eintreffen spanischer und
französischer Geschwader in Westindien erhielt.

Als die englischen Seestreitkräfte wesentlich verstärkt waren und die
Franzosen die Station verlassen hatten, folgen in den Jahren 1741-1743
neue Angriffe auf Küstenstädte, dann aber sehen die Engländer wieder bis
1748 (Angriffe auf Port Louis und auf Santiago de Cuba) davon ab, da sie
während dieser Zeit den Gegnern zur See nicht überlegen waren. Die
Ereignisse auf den andern Kriegsschauplätzen liefern gleiche Beispiele.
Die Engländer nehmen (1745) unter dem Schutz eines starken Geschwaders
Louisbourg in Nordamerika. Wäre eine französische Entsatzflotte während
der langdauernden Berennung herangekommen, so würde aus der belagernden
englischen Flotte eine belagerte geworden sein oder sie hätte die
gelandeten Truppen im Stich lassen müssen; die Franzosen wurden aber
durch Blockade in den Heimatshäfen festgehalten. In Ostindien
überwältigen die Franzosen (1746) Madras, weil das englische Geschwader
unter Peyton das Feld räumt -- schon wenn es nur in der Nähe geblieben
wäre, würde es den Angriff verhindert haben, sie müssen das Vorgehen
gegen St. David (1747) aufgeben, als der Gegner wider Erwarten zur See
auftritt; die Engländer greifen Pondichery an (1748), nachdem die
Franzosen die ostindischen Gewässer völlig geräumt hatten.

=Bei der Eroberung von Küstenstädten fällt die Hauptaufgabe den
Landstreitkräften zu=; die Flotte deckt, versorgt und unterstützt diese.
Nach der Zusammenstellung Colombs haben Angriffe durch Seestreitkräfte
allein nur in Ausnahmefällen zur Übergabe eines Platzes geführt, so in
diesem Kriege bei Puerto Belo (1739), Chagres (1739) und Port Louis
(1748). Dabei lagen aber die Verhältnisse besonders günstig für den
Angreifer. Im ersten war die Besatzung schwach und entmutigt, in den
beiden andern konnten die Schiffe auf ganz nahe Entfernung an die
Befestigungen herangehen; in einer solchen Lage hatten aber zu jener Zeit
die Schiffe wegen der ungeheuren Überzahl an Geschützen den Befestigungen
gegenüber einen großen Vorteil. Die Angriffe auf La Guayra (1743), Puerto
Cabello (1743) und Port Louis (1748) durch die Flotte allein führten
nicht zur Übergabe. -- Beispiele eines gemeinsamen Angriffes von Land-
und Seestreitkräften sind die Berennungen von Cartagena (1741), Santiago
de Cuba (1741), Pondichery, Louisbourg und Madras. Besonders in den
beiden zuletzt genannten Fällen nahmen Flotte und Heer die ihnen
zukommende Aufgabe wahr und erzielten einen Erfolg. Wenn solcher in den
anderen Fällen ausblieb, so lag dies an Fehlern oder an mangelnder
Tatkraft bei der Berennung vom Lande her; Uneinigkeit zwischen den
einander gleichgestellten Führern der beiden Waffen sowie ungünstige
Klimaverhältnisse traten hinzu. Das Unternehmen der Engländer gegen
Lorient kann hier nicht herangezogen werden; es war schon in seiner
Anlage verfehlt und ermangelte jeder Energie.

=Ein bemerkenswerter Ausspruch Colombs= sei noch angeführt. Er sagt
(Seite 359 ff., hier kurz zusammengefaßt): »Dieser Krieg bringt uns den
Anfang jener höheren Strategie, nicht an Ort und Stelle und unmittelbar
unsere (Englands) fernen Besitzungen zu schützen und unsere Flotten in
den fernen Meeren zu stärken, sondern mittelbar und in den heimischen
Gewässern dadurch, daß man die wichtigen europäischen Häfen des Gegners
bewacht und diesen hindert, Verstärkungen hinauszusenden. Von 1747 an
geschah dies und mit Erfolg; man hatte wohl eine Lehre aus dem Fehler
gezogen, den man 1746 begangen, indem man die große französische Flotte
nach Nordamerika auslaufen nach Nordamerika auslaufen ließ «.

[Illustration]

                   *       *       *       *       *

[Illustration]


                           Viertes Kapitel.

    Der Siebenjährige See- und Kolonial-Krieg zwischen England und
                    Frankreich (Spanien) 1756-1763.

        Die politischen Verhältnisse vor Ausbruch des Krieges.

Die Friedensschlüsse von Dresden (1745 zwischen Österreich und Preußen)
und von Aachen (1748 zwischen den übrigen Gegnern im Österreichischen
Erbfolgekriege) trugen den Keim zu neuen Kämpfen in sich.

=Österreich= wollte weder auf Schlesien verzichten noch Preußens
Großmachtstellung anerkennen; von gleichen Gefühlen der Eifersucht war
=Rußland= erfüllt. Besonders von ihm, wo seit der Thronbesteigung
=Elisabeths= die altrussische Partei am Ruder war, ging der Anstoß zu
einem neuen Kriege aus, schon 1749 versuchte man, Österreich, Sachsen,
sowie England zum Angriff auf Preußen zu bestimmen. Standen diese Mächte
auch seit 1748 im Bündnis unter sich und mit Rußland, so hatten sie doch
zunächst noch keine Neigung, sich aufs neue in einen Krieg zu stürzen.
=Friedrich= II. mußte in Frankreich seinen einzigen Bundesgenossen sehen,
er blieb deshalb nach 1748 in enger Verbindung und schloß noch 1753 einen
Handelsvertrag mit ihm.

England zu gewinnen, erschien für Friedrich aussichtslos. =Georg= II.
blieb als Kurfürst von Hannover infolge der Machtentwicklung Preußens,
sowie des Streites um Ostfriesland sein Gegner, aber auch mit der
englischen Regierung bestanden Zwistigkeiten, da diese sich weigerte,
Schadenersatz für im letzten Kriege unrechtmäßig aufgebrachte
Handelsschiffe zu leisten. Das Verhältnis zwischen beiden Staaten spitzte
sich so zu, daß sie 1750 ihre Gesandten abberiefen, auch verpflichtete
sich England 1751, Sachsen auf vier Jahre Subsidien zu zahlen, wobei es
hauptsächlich den Schutz Hannovers gegen Preußen im Auge hatte. Während
nun aber der Bund zwischen Österreich, Rußland und Sachsen mit der
ausgesprochenen Absicht, Preußen zu vernichten, immer festere Gestalt
annahm, trat 1755 ein =völliger Umschwung in der Politik Englands und
Frankreichs= und damit in ihrer Stellung zu Preußen ein.

Die Nebenbuhlerschaft dieser beiden Staaten um Seehandel und
Kolonialbesitz war der Anlaß. Nach dem Frieden von Aachen hatten die
Schiffahrt sowie die Kolonien Frankreichs wieder einen bedeutenden
Aufschwung genommen. Der Einfluß der Franzosen in Indien wuchs in einer
für England bedenklichen Weise; in Westindien versuchte Frankreich sich
in den alleinigen Besitz der sogenannten neutralen Inseln (Seite 9) zu
setzen; in Nordamerika wurden die gegenseitigen Beziehungen unhaltbar.
Hier nahmen auf beiden Seiten die Kolonisten ihre Sache selber in die
Hand; schon 1754 kam es zwischen ihnen zu Blutvergießen. Die englische
Regierung hatte nun zwar keine Neigung, wegen der nordamerikanischen
Fragen einen Krieg mit Frankreich zu beginnen[68], als aber dieses in den
Verhandlungen unannehmbare Bedingungen stellte, kam es überraschend
schnell zum Zusammenstoß. Im Frühjahr 1755 entbrannte zwischen den
Kolonien der offene Krieg, beide Staaten sandten starke, schon länger
vorbereitete, See- und Landstreitkräfte hinüber und England griff bereits
im Sommer den französischen Handel in den europäischen Gewässern an. Wenn
auch die Kriegserklärung erst im Frühjahr 1756 erfolgte, nachdem die
Franzosen Port Mahon angegriffen hatten (April), so war doch der $See-
und Kolonialkrieg$ schon im Gange, ehe der Siebenjährige Krieg auf dem
Festlande ausbrach.

 [68] Französische Geschichtschreiber sagen dagegen, England habe den
      baldigen Ausbruch eines Krieges gewünscht, um sein Ziel, die
      Vernichtung der französischen See- und Kolonialmacht, zu
      erreichen, ehe die französische Flotte ausgebaut sei. Dies dürfte,
      wenn auch nicht der Ansicht der damaligen Regierung, so doch wohl
      der eines großen Teils des englischen Volkes entsprochen haben.

England sah sich angesichts dieser Verhältnisse nach Bundesgenossen zum
Schutze Hannovers um. Im September 1755 wurde ein Vertrag mit Rußland
geschlossen, der England gegen Subsidien ein russisches Heer zur
Verfügung stellte. Dagegen ging das alte Bündnis mit Österreich in die
Brüche. Sein Hauptwert hatte für England stets darin gelegen, daß Belgien
(insbesondere Antwerpen) in österreichischem Besitze bliebe; Österreich
zeigte sich jetzt aber geneigt, diese Provinz an Frankreich abzutreten,
um dessen Hilfe gegen Preußen zu gewinnen. Gleichzeitig lockerte sich
auch das gute Verhältnis zwischen Preußen und Frankreich. Dieses fühlte,
es könne in dem Kriege mit England nicht auf Preußens Unterstützung
rechnen. Friedrich II. durfte sich nicht an einem Kampfe um Hannover
beteiligen, da er dann den sofortigen Angriff Österreichs zu gewärtigen
hatte, zudem erfuhr er von den Verhandlungen Österreichs mit Frankreich.

Unter diesen Verhältnissen machte nun England den Versuch, Preußen
wenigstens bedingungsweise für sich zu gewinnen, und Friedrich ging
darauf ein, als er von dem Abkommen zwischen England und Rußland Kenntnis
erhielt. So schlossen England und Preußen den Neutralitätsvertrag von
Westminster (Januar 1756), in dem beide Mächte sich Frieden und
Freundschaft gelobten und sich verpflichteten, ihre bisherigen
Verbündeten von Angriffen auf Gebiete des anderen -- also Rußland von
Preußen, Frankreich von Hannover -- abzuhalten. Dieses Abkommen sollte
mithin die letztgenannten Mächte einschränken, beförderte aber
tatsächlich $eine neue Gruppierung der Staaten$, auf die Österreich unter
Fürst Kaunitz schon lange hinarbeitete. Es gelang ihm, Rußland, Sachsen,
Schweden, sowie die meisten deutschen Fürsten zu einem Angriffskriege
gegen Preußen, auf dessen völlige Zerstücklung es abgesehen war, an sich
zu ziehen und diesem Bunde die Unterstützung Frankreichs zu sichern. Es
dauerte jedoch geraume Zeit, bis dies erreicht war; erst im Frühjahr 1757
kam die Koalition zustande und erst im Sommer waren die Rüstungen überall
vollendet.

 Frankreichs bisheriger Politik widersprach dieses Bündnis völlig,
 bezweckte es doch einen Krieg, der das österreichische Kaiserreich
 stärken sollte, für dessen Demütigung und Schwächung Frankreich bisher
 gekämpft hatte; es wurde auch nur durch die Hofpartei begünstigt. Als
 Preis versprach Österreich Belgien; ein Teil dieser Provinz sollte an
 Frankreich abgetreten werden, den Rest der in Parma regierende
 spanische Infant Philipp gegen Überlassung seines bisherigen Besitzes
 an Österreich erhalten. Noch mehr aber förderten persönliche Einflüsse
 das Zustandekommen dieses Vertrages. Man benutzte den religiösen
 Aberglauben Ludwigs XV., um ihn zu einem Kriege der beiden katholischen
 Großmächte gegen die neuentstehende protestantische zu begeistern, auch
 wurde die Pompadour, die durch den Spott Friedrichs II. gereizt war,
 für den Plan gewonnen. Im Mai 1756 schlossen Österreich und Frankreich
 zu Versailles ein Schutzbündnis als Antwort auf den
 englisch-preußischen Neutralitätsvertrag, und im Mai 1757 verpflichtete
 sich Frankreich, ein Heer nach Deutschland zu schicken, auch erklärte
 es gleichzeitig den Krieg an Preußen. -- Bei der Teilung Preußens
 sollte =Rußland= Ostpreußen erhalten, an =Schweden= sollte Pommern, an
 =Sachsen= der Saalekreis sowie Magdeburg fallen, =Österreich= wollte
 natürlich Schlesien behalten. -- Auch Rußland und Schweden erklärten
 erst im Sommer 1757 den Krieg, nur das =Deutsche Reich= hatte dies auf
 einen Notruf Sachsens schon im Januar getan und zwar an den »Kurfürsten
 von Brandenburg«.

=Friedrich der Große= hatte aber schon 1756 den als $der Siebenjährige
Krieg$ bekannten Kampf begonnen. Er war im Juli 1756 durch Holland von
der ihm drohenden Gefahr unterrichtet und hoffte mittels eines schnellen
Stoßes die Koalition zu sprengen, Österreich zu entmutigen, sowie dessen
Bundesgenossen abzuschrecken; 1756 nahm er Sachsen in Besitz und drang im
April 1757 in Böhmen ein. Ehe seine übrigen Gegner im Felde erschienen,
hatte er auch mit England einen festeren Bund geschlossen (Januar 1757).
Im Mai und Juni 1756 hatten England und Frankreich formelle
Kriegserklärungen gewechselt; in dem neuen Vertrage mit Preußen
verpflichtete sich England-Hannover, in Westfalen ein Heer aufzustellen,
eine starke Flotte in die Ostsee zu senden und jährlich eine Million
Lstrl. Subsidien zu zahlen; auch lieferte es Hilfsgelder an die wenigen
deutschen Fürsten, die zu Preußen standen.

 Dieser Vertrag war ein Verdienst des älteren =Pitt=, des späteren
 Grafen von Chatham, Staatssekretärs des Auswärtigen, des Leiters der
 englischen Politik vom November 1756 bis April 1757 und sodann vom Juni
 1757 bis Oktober 1761. Er war trotz mancher Gegensätze ein begeisterter
 Verehrer Friedrichs II. und rechnete überdies ganz richtig, daß die im
 deutschen Kriege angelegten Gelder in Nordamerika, sowie in Ostindien
 Zinsen tragen würden. Mit dem Tode Georgs II. (Oktober 1760) schwand
 sein Einfluß; Georg III. sah in ihm einen Feind der königlichen Rechte,
 bald wurde die Strömung gegen ihn so stark, daß er (5. Oktober 1761)
 sein Amt niederlegte, und damit hörten auch die Unterstützungen
 Englands an Preußen auf.

Durch dieses preußisch-englische Bündnis tritt =der Seekrieg zwischen
England und Frankreich in Verbindung mit dem Siebenjährigen Kriege=. Der
große König ward in seine gewaltigen Ringen durch englisches Geld sowie
auch durch Truppen wesentlich unterstützt, und Frankreich war genötigt,
neben dem Kampfe gegen Preußen einen See- und Kolonialkrieg zu führen und
seine Küsten gegen englische Angriffe zu schützen. Englands Nutzen aus
dieser Verbindung war jedoch noch größer, denn Frankreich verbrauchte im
Landkriege so viel von seiner Kraft, daß es dem Gegner auf und über See
nicht standhalten konnte. Die Truppen, die es zum Schutz seiner Küsten
zurückbehalten mußte, sowie die Geldmittel, die es notgedrungen und nur
widerwillig für den Seekrieg aufwandte, hätten in dem Kriege mit Preußen
keine ausschlaggebende Rolle gespielt; dagegen muß man allerdings auch
wohl anrechnen, daß Frankreich durch die Vernichtung seines Seehandels
und durch den Verlust seiner Kolonien infolge des Seekrieges stark
geschwächt und dadurch Preußen noch zur rechten Zeit von diesem
gefährlichen Gegner befreit wurde, als es nach Pitts Rücktritt 1761 von
England verlassen war.

=In den See- und Kolonialkrieg trat auch Spanien ein=, allerdings erst
1762. England sowohl wie Frankreich hatten lange versucht, diesen Staat
zu einer engeren Verbindung zu bewegen; letzteres hatte ihm Minorka und
Hilfe zur Rückeroberung Gibraltars angeboten, Pitt sogar die freiwillige
Rückgabe dieses wichtigen Platzes, allerdings zu einer Zeit, 1757, als
die Sache Englands in Nordamerika schlecht stand. Solange Ferdinand VI.
regierte, war jedoch alles vergeblich, anfangs, weil der schwer
gemütskranke König ganz unter dem Einfluß der einsichtigen Königin stand,
dann, weil nach deren Tode alle Geschäfte ruhten. Erst als Karl III. den
Thron bestiegen hatte (1759), gelang es Choiseul, ihn für Frankreich zu
gewinnen und ihn zur Kriegserklärung an England am 1. Mai 1762 zu
bestimmen; England kam dem jedoch durch die eigene Kriegserklärung schon
im Januar zuvor.

 $Der Bourbonische Familienvertrag.$ Im ersten Bande ist (Seite 598)
 fälschlich ein Defensivbündnis zwischen Spanien und Frankreich schon
 mit diesem Namen belegt, während erst das jetzige vom 15. Oktober 1761,
 dem auch die spanischen Sekundogenituren Neapel und Parma beitraten,
 gewöhnlich so bezeichnet wird. In ihm garantierten sich sämtliche
 Herrscherhäuser bourbonischen Stammes ihren gegenseitigen Besitz; der
 Vertrag schuf ihnen die Grundlage für eine gemeinsame Politik bis zur
 französischen Revolution.

 Karl III., bis 1759 König beider Sizilien, war ein Feind Englands, dem
 er die Demütigung im Österreichischen Erbfolgekriege (s. Seite 73)
 nicht vergessen konnte. Er gab die Neutralität auf, obgleich sie, wenn
 auch vielfach von England verletzt, Spaniens Finanzen und Handel zur
 Blüte gebracht hatte. Pitt erfuhr frühzeitig von den Verhandlungen und
 wollte sofort den Krieg erklären, aber sein Einfluß genügte nicht mehr,
 dies durchzusetzen. Als jedoch bald nach seinem Rücktritt die
 Silberflotte des Jahres 1761 mit den für einen Krieg nötigen Mitteln
 unversehrt eingelaufen war, trat Spanien so anmaßend auf, daß England
 sich doch zur Kriegserklärung am 2. Januar 1762 genötigt sah.

=Auch Portugal ward in den Krieg hineingezogen.= Frankreich und Spanien
forderten diesen Staat auf, ihrem Bunde gegen den »Tyrannen der See«
beizutreten und sich dadurch von England freizumachen, das ihm alles Geld
aus dem Lande zöge (vgl. über den englisch-portugiesischen
»Methuen-Vertrag«, Band I, Seite 490). Portugal ging aber nicht darauf
ein in der richtigen Ansicht, daß ein gutes Einvernehmen mit England ihm
nützlicher sei. Frankreich und Spanien fielen nun 1762 in das Land ein,
wurden aber mit englischer Hilfe zurückgeschlagen.

 Bei der alten Abneigung zwischen den beiden Staaten der Pyrenäischen
 Halbinsel hatte Portugal einen Verbündeten nötig, der zu jeder Zeit
 imstande und gewillt zu seinem Schutze, vor allem auch zu dem des so
 wichtigen brasilianischen Handels, war. Auf England konnte es sich
 verlassen, da für dessen Seemacht die Verfügung über die
 portugiesischen Häfen eine große Bedeutung hatte. So blieb Portugal dem
 bisherigen Verbündeten treu, obgleich es auch unter Verletzungen der
 Neutralität durch England litt. Man gab an, das Bündnis mit England sei
 rein defensiver Natur; Frankreich und Spanien erklärten es jedoch für
 offensiv, da Englands Flotte nur durch die Benutzung der
 portugiesischen Häfen imstande sei, zu allen Jahreszeiten die See zu
 halten und dadurch ihren Handel sowie die Bewegungen ihrer Flotten zu
 bedrohen.

=Nur Holland blieb neutral= im See- wie im Landkriege. Es war sich seiner
Schwäche zu Wasser und zu Lande bewußt, auch sah es sich nicht bedroht,
da infolge des Bündnisses zwischen Frankreich und Österreich in diesem
Kriege Belgien nicht wie früher Streitobjekt war. Auf Einwirkung
Frankreichs hin band es sich aber auch nicht an den alten Schutzvertrag
mit England, was seinem Seehandel teuer zu stehen kam.


            Der Verlauf des Siebenjährigen (Land-)Krieges.

Dieser Landkrieg steht mit unserem Seekriege in keiner näheren
militärischen Beziehung. Wir wollen über seinen Verlauf jedoch soviel
sagen, als nötig erscheint, um bei der Betrachtung des Seekrieges zu
jedem Zeitpunkt den Stand des Landkriegs in Vergleich ziehen, sowie
beurteilen zu können, welche Leistungen er von den Gegnern im Seekriege
verlangte; auch ist dies notwendig für die Beteiligung der schwedischen
und russischen Marinen am Landkriege, die wir später (Kapitel VI,
»Nebenkriege«) behandeln werden.

 $1756.$ Friedrich II. wollte durch einen überraschenden Stoß in das
 Herz Österreichs hinein die ihn bedrohende Koalition sprengen. Er brach
 am 29. August in Sachsen ein, um sich dieses Land als Basis zu sichern.
 Am 10. September schloß er das sächsische Heer bei Pirna ein und schlug
 ein heranrückendes österreichisches am 1. Oktober bei Lobositz; ein
 zweites, das Schlesien bedrohte, wurde durch Graf Schwerin
 festgehalten. Die Sachsen ergaben sich am 14. Oktober, das ganze Land
 kam nun bald in Besitz des Königs, aber infolge des unerwartet langen
 Widerstandes war die Jahreszeit zu weit vorgeschritten, um den Stoß
 gegen den Hauptgegner noch unternehmen zu können; eine verhängnisvolle
 Verzögerung, denn im Winter wurden seine Gegner einig und sammelten
 ihre Kräfte.

 $1757.$ Unter Zurücklassung genügender Truppen zum Grenzschutz brach
 König Friedrich mit der Hauptmacht im April in Böhmen ein. Am 6. Mai
 wurde ein österreichisches Heer (Karl von Lothringen) geschlagen, in
 die Festung Prag geworfen und dort berannt, dann ging Friedrich dem
 unter Daun erscheinenden Entsatzheer entgegen, in der Hoffnung, durch
 einen zweiten Sieg dem Kriege ein Ende zu machen. Da er aber die
 Belagerung Prags aufrechterhielt, wurde er mit seinen unzureichenden
 Kräften am 18. Juni bei Kolin geschlagen. Dies war seine erste und
 zugleich seine folgenschwerste Niederlage, denn sie machte seinem
 Vorwärtsdringen ein Ende; von jetzt an bedrohte man ihn von allen
 Seiten, er konnte nur noch um den Bestand seines Staates kämpfen.

 Friedrich II. war zu schwach, um allen Gegnern gleichzeitig und gleich
 kräftig entgegenzutreten, er strebte deshalb dahin, mit seiner
 Hauptmacht stets an der bedrohtesten Stelle zu erscheinen, dann
 errungene Vorteile durch die Grenzkorps festhalten zu lassen und sich
 selber gegen die nächste größte Gefahr zu wenden. Seine Feldherrnkunst,
 die Unterstützung durch tüchtige Generale, die Beherrschung der
 kürzeren inneren Linien sowie die erstaunliche Marschfähigkeit seiner
 Truppen ermöglichten ihm, die schwierigsten Lagen zu überwinden und die
 Gegner schließlich zu ermüden, obgleich auch er schwere Niederlagen
 erlitt. Zugute kam ihm, daß die Kräfte der Gegner nicht in einer Hand
 und daß ihre Führer oft uneinig waren, endlich auch deren Langsamkeit.
 Die Heere waren nach damaligem Brauch bei ihren Bewegungen an Magazine
 gebunden; der große König machte sich zuweilen durch unmittelbare
 Beitreibungen hiervon frei. Man sagt, er habe den Nutzen dieses
 Verfahrens voll gewürdigt, aber nur im äußersten Notfalle davon
 Gebrauch gemacht, um es nicht seine Gegner zu lehren, die ihn dann
 erdrückt haben würden.

 1757 hatten Friedrichs Feinde 500000 Mann aufgebracht, denen dieser nur
 250000 (einschließlich seiner Verbündeten und der Festungsbesatzungen)
 entgegenstellen konnte. Die Russen drangen in Preußen ein, zwangen mit
 Hilfe einer Flotte Memel zur Übergabe (5. Juli), siegten bei
 Groß-Jägersdorf (30. August) und bedrohten Königsberg; sie mußten aber
 im Herbst zurückgehen, da sie sich in dem verwüsteten Lande nicht
 halten konnten. Ein Vorstoß der Schweden in Pommern wurde
 zurückgeworfen. Die Franzosen griffen Westfalen an, schlugen die
 Hannoveraner (Herzog von Cumberland) bei Hastenbeck (26. Juli) und
 breiteten sich in Hannover und Braunschweig aus. Die Reichsarmee im
 Verein mit einem französischen Korps unter Prinz Soubise hatte durch
 einen Angriff über Thüringen auf Sachsen die Umklammerung Preußens
 schließen sollen; ihr galt der erste Stoß des Königs. Er kam von Kolin
 mit einem Teil des Heeres durch Sachsen heran -- der andere Teil deckte
 Schlesien -- und zerstreute die Verbündeten durch den Sieg bei Roßbach
 (5. November); dann befreite er durch die Schlacht bei Leuthen (5.
 Dezember) das schon fast ganz verlorene Schlesien bis auf Schweidnitz.
 Er hatte also in diesem Jahre seine Staaten sowie Sachsen behauptet.
 Das hannoversche Heer wurde im Winter, jetzt auch durch englische
 Truppen verstärkt, neu aufgestellt (Herzog Ferdinand von Braunschweig).

 $1758$ stellten die Verbündeten 320000 Mann auf. Österreich sollte
 gegen Schlesien sowie Sachsen vorgehen, den Russen im Osten, den
 Franzosen im Westen die Hand reichen; Friedrich verfügte über 236000
 Mann. Ferdinand von Braunschweig trieb im Februar die Franzosen über
 den Rhein und siegte am 22. Juni bei Krefeld; wenn er auch dann durch
 den Vormarsch eines französischen Korps von Hessen her zum Zurückgehen
 gezwungen wurde, so behauptete er sich doch das Jahr über in Westfalen.
 Ebenso wurden die Schweden, die fast schon Berlin erreicht hatten, bis
 Ende des Jahres nach Stralsund zurückgetrieben. Nur die Russen hatten
 im Januar Preußen besetzt und waren dann in Pommern bis Kolberg, in der
 Mark bis Küstrin vorgedrungen. Friedrich selber eröffnete den Feldzug
 mit der Eroberung von Schweidnitz, rückte in Mähren ein und belagerte
 Olmütz. Das seine Verbindungen bedrohende Vorgehen der Österreicher
 unter Daun zwang ihn, die Belagerung abzubrechen, doch gelang es ihm,
 unbehindert Schlesien zu erreichen, um den Russen entgegenzutreten.
 Diese wurden durch den Sieg bei Zorndorf am 25. August aus der Mark
 sowie Pommern vertrieben und zogen sich bis hinter die Weichsel zurück.
 Der König eilte nach Sachsen, wo Prinz Heinrich von der Reichsarmee und
 Daun arg bedrängt war. Er zog diesen, dessen Verschanzungen
 unangreifbar waren, durch Bedrohung seiner Magazine nach der Lausitz,
 erlitt aber durch den Überfall bei Hochkirch (14. Oktober) eine schwere
 Niederlage. Trotzdem entsetzte er das belagerte Neiße und verhinderte
 Daun an einem zweiten Vorstoß auf Sachsen. Wieder hatte er seine
 Staaten bis auf die Provinz Preußen erhalten und Schwedisch-Pommern
 sowie Westdeutschland bis zum Rhein gewonnen.

 $1759$ stellten die Verbündeten 392000 Mann, Preußen und
 England-Hannover 252000 auf. Die ersteren planten einen konzentrischen
 Stoß auf Berlin: Russen und Österreicher von der Oder her, Reichsheer
 und Franzosen über Sachsen, die Schweden von Norden, Franzosen über
 Hannover; ein zweites österreichisches Heer (Daun) sollte den König im
 Süden festhalten. Die vom Süden kommenden Franzosen besetzten schon am
 2. Januar Frankfurt a. M. und schlugen Herzog Ferdinand bei Bergen (13.
 April). Dieser siegte jedoch bei Minden (1. August) über die von Westen
 heranrückenden Franzosen, sowie im November über die Württemberger; er
 behauptete das Jahr über Westfalen. Die Schweden breiteten sich in
 Schwedisch-Pommern aus. Für Friedrich wurde dies Jahr das
 unheilvollste. Er mußte abwarten, wo sein Eingreifen am nötigsten war
 oder wo die Gegner sich eine Blöße gäben. Die Russen unter Soltikof und
 die Österreicher unter Laudon vereinigten sich bei Frankfurt a. O.; der
 General Wedell wurde von den ersteren bei Key (23. Juli) geschlagen.
 Als der König dort hineilte, erlitt er die furchtbare Niederlage bei
 Kunersdorf (12. August). Dresden ging an das Reichsheer verloren. Da
 aber Daun und Soltikof nicht einig waren, versäumten sie die
 Gelegenheit, Friedrich zu erdrücken. Prinz Heinrich hielt Daun, der
 König Soltikof und Laudon fest, bis letztere im Oktober nach Polen
 abzogen; ein Versuch des Königs, Dresden wiederzugewinnen, gelang
 jedoch nicht. So blieben ein Teil Sachsens, Schwedisch-Pommern sowie
 Preußen in der Gegner Hände; der Feldzug 1759 hatte außerdem des Königs
 Heer stark gelichtet.

 $1760$ konnte Friedrich II. sein Feldheer nur auf 90000 Mann, dazu
 70000 unter Herzog Ferdinand, bringen, während die Verbündeten 430000
 zählten; dennoch verlief das Jahr verhältnismäßig günstig. Herzog
 Ferdinand behauptete sich, wenn auch mit wechselndem Waffenglück,
 weiter, und die Schweden machten keine Fortschritte; die Russen in
 Pommern mußten eine Belagerung Kolbergs zu Wasser und zu Lande
 aufgeben. In Schlesien und in Sachsen stand es anfangs schlimm; hier
 standen Daun und das Reichsheer, dort strebten Russen und Laudon aufs
 neue nach Vereinigung. Laudon schlug Fouqué bei Landshut. Der König
 wandte sich von Sachsen nach Schlesien, Daun folgte ihm, kehrte dann
 aber plötzlich zur Eroberung Dresdens zurück. Da jedoch Laudon Glatz
 nahm, Breslau bedrohte, und die Russen gleichfalls im Anmarsch waren,
 mußte der König doch nach Schlesien gehen. Unmittelbar rechts vor und
 hinter ihm folgten zwei österreichische Korps (Daun und Lascy), während
 Laudon ihm entgegenkam; doch der große Feldherr zerriß dieses Netz
 durch den Sieg über Laudon bei Liegnitz am 15. August. Auch zu einer
 völligen Vereinigung der Österreicher mit den Russen kam es nicht. Nur
 eine abgezweigte russische Abteilung drang mit Lascy vereint bis Berlin
 vor (Einnahme am 9. Oktober), mußte aber wieder abziehen, als der König
 heranrückte; dieser trieb dann Daun, der inzwischen ganz Sachsen
 besetzt hatte, durch den Sieg bei Torgau (3. November) wieder auf
 Dresden zurück. Friedrich stand mithin nicht schlechter da als zu Ende
 1761.

 $1761$ waren die Streitkräfte der Gegner etwa die gleichen wie im
 Vorjahre und auch der Plan der Verbündeten war nahezu derselbe. Größere
 Ereignisse im Felde brachte das Jahr nicht. Der König konnte die
 Vereinigung der Russen unter Butturlin und der Österreicher unter
 Laudon in Schlesien nicht hindern, wich ihnen jedoch geschickt aus und
 bezog endlich eine sichere Stellung im Lager von Bunzelwitz;
 Uneinigkeit der feindlichen Feldherren führte zum Abzug der Russen. Es
 gelang aber den Österreichern am 9. Oktober Schweidnitz, und den Russen
 am 16. Dezember Kolberg zu nehmen; damit hatten sie in Schlesien sowie
 Pommern festen Fuß gefaßt.

 $1762.$ Immer kleiner war das Gebiet geworden, das Friedrich noch
 behauptete, und jetzt fielen durch Pitts Rücktritt auch die englischen
 Hilfsgelder fort. Schon sahen die Gegner der Niederlage Preußens mit
 Zuversicht entgegen, da wandte sich das Blatt. Nach dem Tode der
 Kaiserin Elisabeth am 2. Januar schloß ihr Nachfolger Peter III. von
 Rußland Frieden mit dem König (Petersburg, 6. Mai) und stellte ihm
 sogar ein Hilfskorps unter Czernitschew in Schlesien zur Verfügung.
 Friedrich griff Schweidnitz an, das Daun in einer festen Stellung auf
 den Höhen bei Reichenbach deckte. Nach der Entthronung Peters wurde
 Czernitschew zurückberufen, ließ sich aber bestimmen, unter
 Geheimhaltung der Order noch einige Tage zu bleiben, damit Daun mit ihm
 rechnen müsse. Der König siegte bei Burkersdorf am 21. Juli über diesen
 und wies dann noch einen weiteren Entsatzversuch Dauns bei Reichenbach
 am 16. August zurück. Am 9. Oktober fiel Schweidnitz, Schlesien war
 wiedergewonnen. Prinz Heinrich hatte im Sommer in Sachsen die
 Reichstruppen von den Österreichern getrennt und nach Franken
 vertrieben; als sich beide in Böhmen wieder vereinigt hatten, schlug er
 sie bei Freiburg (29. Oktober). Herzog Ferdinand erfocht über die von
 Kassel aus vordringenden Franzosen zweimal einen Sieg bei Wilhelmsthal
 am 24. Juni, bei Lutterberg am 23. Juli. Kaiserin Katharina von Rußland
 zog sich vom Kriege zurück, bestätigte den Frieden Peters und räumte
 Preußen.

 =Der Krieg war zu Ende!= England und Frankreich schlossen am 2.
 November den =Präliminarfrieden zu Fontainebleau=. England gab dabei
 Preußen völlig preis, es zog seine Truppen zurück und gestattete
 Frankreich, Kleve, Wesel sowie Geldern besetzt zu halten. Nur der
 Umstand, daß dieser Staat auch des kostspieligen Landkrieges müde war,
 bewahrte Preußen vor den Folgen der englischen Treulosigkeit, denn
 Österreich verzagte daran, allein Friedrich II. niederzuwerfen, schloß
 Waffenstillstand und trat in Friedensverhandlungen ein.

$Der Frieden zu Hubertusburg$, 15. Februar 1763, stellte den Besitzstand
vor dem Kriege wieder her: Österreich verzichtete auf Schlesien und
Glatz, Preußen räumte Sachsen. Friedrich II. versprach außerdem seine
Stimme für die Kaiserwahl des Erzherzogs Joseph. Des großen Königs
überlegener Geist, sowie die opferwillige Hingabe seines tapferen Volkes
hatten den preußischen Staat und mit ihm die Zukunft Deutschlands
gerettet.


         Der allgemeine Verlauf des See- und Kolonialkrieges.

Der Seekrieg spielte sich auf verschiedenen Schauplätzen -- in den
europäischen, den nordamerikanischen, den west- und ostindischen
Gewässern -- ab. Um aber stets über die ganze Kriegslage im klaren zu
sein, sowie auch weil England von Anfang an nach einem alle Schauplätze
umfassenden Plane vorging, erscheint es angebracht, zunächst den
allgemeinen Verlauf dieses Seekrieges etwas eingehender zu schildern, als
dies bisher bei anderen geschehen ist.

=Kennzeichnung der Kriegführung seitens der Gegner.= Der vorherzusehende
Zusammenstoß zwischen England und Frankreich erfolgte nur wegen
Streitfragen auf oder über der See; dies wies deutlich genug auf den
wahren Kriegsschauplatz hin, und man hätte einen reinen Seekrieg zwischen
den beiden Mächten erwarten müssen. Aber nur England besaß eine starke
Flotte und erkannte das Richtige, =Frankreich= hatte Vorbereitungen für
einen Seekrieg versäumt und ließ sich außerdem durch den Landkrieg vom
Seekriege ablenken. Zu Anfang zeigten sich zwar Unternehmungslust und
Tatkraft auf seiten der Franzosen und sie hatten schon wichtige Erfolge
errungen, als sie 1757 in den Landkrieg eintraten. Durch die
überraschende Einnahme von Port Mahon, durch die Gewinnung Korsikas (wo
ihnen Genua zum eigenen Schutz gegen einen Aufstand die befestigten
Plätze übergeben hatte) besaßen sie im Verein mit Toulon eine starke
Stellung im Mittelmeer; in Nordamerika stand ihre Sache sehr günstig und
in Indien war ihre Lage mittelbar dadurch gestärkt, daß die Engländer um
ihren bengalischen Besitz mit den Eingeborenen in schwerem Kampfe lagen.
Frankreich hätte nun ernstlich dahin streben müssen, durch Bündnisse
seine Kraft zur See zu verstärken, Holland und Spanien zu gewinnen; dies
geschah oder gelang aber nicht.

 $Englands rücksichtsloses Auftreten$ gegen die neutralen Staaten, das
 aus dem Gefühl seiner Macht zur See entsprang, gab hierzu Gelegenheit.
 Daß Holland den alten Bund nicht erneuert hatte, vergalt England mit
 harten Maßregeln gegen dessen Handel[69]. Es erklärte alle Häfen
 Frankreichs in Blockadezustand und ordnete an, daß sämtliche nach dort
 bestimmten Schiffe als gesetzliche Prisen zu nehmen wären. Ferner faßte
 es den Begriff der Kriegskontrebande weit schärfer als bisher und hielt
 sich nicht mehr an die mit Holland getroffene Abmachung »Frei Schiff«
 -- »Frei Gut«, sondern legte Beschlag auf holländische Schiffe mit
 französischer Ladung. Der holländische Handel mit französischen
 Kolonien, ja sogar der nach den holländischen wurde arg belästigt;
 Holland war genötigt, seine Kauffahrer durch starke Bedeckungen
 geleiten zu lassen. Auch andere Staaten, so insbesondere Spanien,
 litten unter Englands Vorgehen; der Versuch, Spanien zu gewinnen,
 scheint aber erst von Choiseul ernstlich gemacht zu sein.

 [69] Näheres hierüber, so auch einzelne, besonders hervortretende
      Fälle, vgl. de Jonge, Band IV, Seite 314 ff.

Dagegen ließ sich Frankreich in den Siebenjährigen Landkrieg verwickeln,
der seine Mittel stark in Anspruch nahm, da es nicht nur die eigenen
Rüstungen, sondern auch die der deutschen Fürsten zahlen, sowie
Österreich mit Geld unterstützen mußte. Deshalb vernachlässigte es nun
trotz der ersten Erfolge seine schon an und für sich schwächere Marine
schmählich, anstatt die für diese durch die Einnahme von Port Mahon im
Lande hervorgerufene Begeisterung zu ihrer Hebung zu benutzen. So zeigen
sich denn auch Frankreichs Flotten nur einmal, 1759, im Kampfe um die
Seeherrschaft, und mit dem Verzicht auf diese gab es auch seine Kolonien
auf. Spaniens Hilfe kam zu spät, seine Kolonien teilten nur das Schicksal
der französischen.

 Es mag sein, daß bei der geringen Bevölkerung der französischen
 Kolonien in Nordamerika gegenüber den englischen die Seemacht dort
 nichts am Ausgang des Kampfes geändert haben würde; bei der Lage der
 beiden Völker in Indien hing aber alles von der Beherrschung der See
 ab.

 Ebenso ist es nicht sicher, ob Frankreich ohne den Landkrieg England
 hätte erfolgreich gegenübertreten können. Die Marine war vor 1755 noch
 nicht genügend vorbereitet, obgleich ein tüchtiger Marineminister für
 sie gearbeitet hatte. Die etwaigen Bundesgenossen waren gleichfalls
 schwach; Hollands Marine war unbedeutend, die spanische besaß zwar
 eine stattliche Zahl von Linienschiffen, nach den früheren Leistungen
 darf man aber zweifeln, ob ihr Wert der Zahl entsprach.

=England= nutzte wohl anfangs seine überlegene Seemacht nicht mit der
nötigen Tatkraft und Umsicht aus, aber bald nach Pitts Amtsantritt im
November 1756 trat hierin eine Änderung ein; dieser erkannte, wo Englands
wahre Vorteile lagen. Auf dem Festlande führte er den Kampf gegen
Frankreich fast nur mit Geld, die Hauptkraft verwandte er auf den
Seekrieg. England beherrschte bald alle Gewässer, schnitt den Gegner von
den Kolonien ab und vernichtete dessen Handel; der eigene wuchs
infolgedessen. So wurde Frankreich die finanzielle Kraft zur Kriegführung
genommen, während England die Kosten leichter tragen konnte.

=Ein Ausblick auf den Verlauf des Seekrieges= veranschaulicht
Vorstehendes. Als 1755 in Nordamerika zwischen den Kolonien der offene
Krieg ausgebrochen war, von den Mutterländern unterstützt, rüsteten beide
Gegner, wenn auch die Unterhandlungen noch fortliefen; England ließ
bereits im Sommer an den Küsten Frankreichs Kriegs- und Handelsschiffe
abfangen. Es geschah vielleicht, um den Gegner noch zum Nachgeben zu
bewegen, aber vor allem, um ihn in seinen Rüstungen zu stören; wurden
doch 500 Schiffe mit 6000 Seeleuten, also den Besatzungen von acht bis
zehn Linienschiffen entsprechend, genommen. Dagegen gelang es den
Franzosen 1756, durch Vorbereitung eines Einfalls in England die
Aufmerksamkeit des Gegners vom Mittelmeer abzulenken und dessen Schwäche
dort zur Eroberung von Port Mahon zu benutzen; der Versuch Englands, die
belagerte Stadt zu entsetzen, wurde durch die Schlacht von Minorka
vereitelt. Jetzt erst erklärte England den Krieg, entfaltete aber bald
seine Seemacht in durchgreifender Weise.

=Der Plan für das Vorgehen der englischen Flotte= gipfelte in folgenden
Maßnahmen:

1. Unterstützung des Kolonialkrieges in Nordamerika;

2. die französischen Häfen am Atlantik, besonders Brest, wurden mit
überlegenen Kräften blockiert, so daß sich auslaufende Flotten oder
Geschwader schlagen mußten.

 Eine vollständige Blockade von Brest wurde in diesem Kriege zum ersten
 Male planmäßig betrieben. Die Lage dieses Hafens erleichterte eine
 solche. Wenn die Blockierenden durch schwere Westwinde zu ihrer
 Unterbrechung gezwungen wurden, konnten auch die Blockierten nicht
 auslaufen; die Engländer gingen dann nach einem ihrer Kanalhäfen, waren
 aber sicher, mit östlichen Winden ihre Station wieder zu erreichen, ehe
 eine große und mangelhaft gehandhabte Flotte wesentlichen Vorsprung
 gewinnen konnte. Außer ihrem eigentlichen Zweck hatte nämlich eine
 strenge Blockade noch eine wichtige Folge: Die französische Marine
 wurde dauernd außerstand gesetzt, die Handhabung ihrer Schiffe und
 Schiffsverbände zu üben; in diesen wie in den Kriegen zu Ende des
 Jahrhunderts -- dargestellt in unserem fünften Abschnitt --, in denen
 die Blockaden jahraus, jahrein meisterhaft durchgeführt wurden, waren
 daher die Franzosen, selbst bei gleicher Stärke, beim Zusammentreffen
 den Engländern nicht gewachsen, während diese gerade durch den
 schwierigen Blockadedienst zu vorzüglichen Seeleuten herangebildet
 wurden.

3. Fliegende Geschwader unternahmen Angriffe auf Frankreichs Küsten,
bisweilen mit kleineren Landungen verbunden. Diese Vorstöße, deren Ziel
der Gegner nicht voraussehen konnte, sollten ihn zwingen, an vielen
Stellen Truppen bereit zu halten und damit dem Kriege in Deutschland zu
entziehen.

4. In der Nähe von Gibraltar wurde eine Flotte gehalten, um die
Seestreitkräfte von Toulon zu hindern, sich mit der Atlantikflotte zu
vereinigen oder die auswärtigen Stationen zu verstärken. Dieser Teil der
englischen Streitmacht war zwar selbständig, hatte aber etwaigen
Anforderungen der Atlantikflotte Folge zu leisten.

 Auf die Wiedereroberung des Hafens von Port Mahon, ja selbst auf eine
 Unterbindung des Verkehrs mit ihm, scheint man keinen Wert gelegt zu
 haben. Der Besitz der Seeherrschaft im Mittelmeer spielte nicht die
 Rolle wie in den früheren Kriegen, die Hauptinteressen lagen anderswo.

5. Es wurden Züge gegen die französischen Besitzungen in Westindien sowie
Afrika unternommen und in Ostindien ein ständiges Geschwader unterhalten,
um die Herrschaft in jenen Meeren zu sichern, den Franzosen die
rückwärtigen Verbindungen abzuschneiden und ihren Handel zu vernichten.
Diese niemals ausgesetzte Tätigkeit nahm größeren Umfang an, als die
französische Marine (1759) lahmgelegt war und als durch Spaniens Eintritt
in den Krieg (1761) die Aussicht auf wertvolle Eroberungen sowie Beute
größer wurde.

=Frankreich= versuchte in den ersten Jahren noch, seine auswärtigen
Stationen zu verstärken, sowie die Kolonien zu unterstützen, und kleinere
Geschwader schlüpften auch des öfteren, namentlich während der
Wintermonate, durch die Blockade. Dem aber machte Englands Übermacht nach
und nach ein Ende; selten nur noch gelang es, Kriegsschiffe oder Konvois
nach den Kolonien abzusenden. In den europäischen Gewässern hatte man
sich nach dem Vorstoß gegen Port Mahon auf den Kleinen Krieg mittels
einzelner Kriegsschiffe und Kaper beschränkt. Erst als zu Ende des Jahres
1758 der feurige =Choiseul= ans Ruder gekommen war, raffte man sich auf.
Herabgestimmt durch die Mißerfolge des Jahres im Landkriege, gereizt
durch die englischen Küstenangriffe, faßte man den Entschluß, alle Kraft
auf ein Ziel zu setzen und in Großbritannien zu landen; ein Plan, mit dem
man sich vom Beginn des Krieges an getragen hatte. Gleichzeitig sollten
Truppen nach Irland, England sowie Schottland geworfen und zu diesem
Zwecke die gesamte Streitmacht zusammengezogen werden. Aber die
Toulonflotte wurde auf dem Wege nach Brest von der englischen
Gibraltarflotte vernichtend geschlagen (bei Lagos, August 1759). Trotzdem
gab Choiseul den Plan nicht auf. Die Brestflotte lief aus, als die
Blockade durch stürmisches Wetter unterbrochen war, aber auch sie wurde
von dem rechtzeitig zurückkehrenden Gegner gestellt und aufgerieben.
(Schlacht in der Quiberonbucht, November 1759.)

=England= errang inzwischen große Erfolge, da durch das Sammeln der
französischen Seestreitkräfte die anderen Kriegsschauplätze für das Jahr
1759 ganz ohne Unterstützung geblieben waren. Schon 1758 war die wichtige
Festung Louisbourg in Nordamerika gefallen; 1759 eroberte England auch
Quebec, in Westindien Guadeloupe, in Afrika Gorée und in Indien räumte
das französische Geschwader, nach mehreren nicht unbedingt verlorenen
Gefechten, das Feld, worauf bis Januar 1761 (Übergabe von Pondicherry)
ganz Französisch-Indien verloren ging. Die Streitkräfte Frankreichs
draußen mußten sich eben aufzehren. Die beiden großen Niederlagen 1759
nahmen nun der französischen Marine jegliche Kraft, während England
infolge der geringen Beanspruchung daheim in den fernen Gewässern noch
tatkräftiger auftreten konnte. Spaniens Hilfe für Frankreich kam zu spät,
und auch das sonst erfolgreiche Streben Choiseuls, der 1761 das
Marineministerium mit übernahm, die Marine zu heben, konnte für diesen
Krieg keine Früchte mehr tragen. Nicht imstande, zur See etwas zu
unternehmen, griffen die Verbündeten (1762) Portugal zu Land an, wurden
jedoch mit Englands Unterstützung zurückgeschlagen. England dagegen nahm
im Jahre 1762 Frankreich noch Martinique, die Perle der Antillen und ein
wichtiger Stützpunkt für Freibeuterei, den Spaniern Havanna und die
Philippinen ab. Frankreich hatte alle Kolonien bis auf seinen Anteil an
Haiti verloren.

Der Kleine Krieg gegen den Handel in allen Meeren spielte auch im
Siebenjährigen Kriege eine bemerkenswerte Rolle; er zeigte fast dieselbe
Eigenart wie in den früheren englisch-französischen Kämpfen. Obgleich er
wiederum von Frankreich mit großer Kühnheit und Ausdauer geführt wurde,
um so tatkräftiger, je mehr die Marine zurückging, brachte er schließlich
doch wie im österreichischen Erbfolgekriege den Niedergang des
französischen Handels bis zur Vernichtung, dagegen ein Aufblühen der
englischen Schiffahrt und Industrie. Damit wurde für Frankreich eine
wichtige Hilfsquelle verstopft, die für England desto reichlicher floß.


                Der Friede zu Paris. 10. Februar 1763.

Die Eroberung der Philippinen[70] war das letzte Ereignis dieses Krieges.
Neun Monate hatten genügt, um =Spanien= niederzuwerfen; es bat um
Frieden, und Frankreichs letzte Hoffnung war damit zertrümmert.
=Choiseul= hatte schon 1761 Friedensvorschläge gemacht; es war ihm aber
wahrscheinlich kaum Ernst damit und er wollte wohl nur England über seine
Verhandlungen mit Spanien täuschen. =Pitt= durchschaute jedoch diese
Absicht und war auch nicht gewillt, auf das Verlangen Frankreichs
einzugehen, Preußen ganz fallen zu lassen; er rechnete im Gegenteil
weiter damit, durch die Fortsetzung des Land- und Seekrieges Frankreich
als See- und Kolonialmacht völlig zu vernichten. 1762 waren nun beide
Gegner des Krieges müde, Frankreich war erschöpft und die englische
Regierung glaubte, gegen Pitts und seiner Anhänger Ansicht, mit der
augenblicklichen Vernichtung der feindlichen Flotten und Wegnahme der
Kolonien genügend erreicht zu haben. Die Friedensverhandlungen gingen
nach Pitts Rücktritt sogar von der schwachen englischen Regierung aus und
wurden trotz der glänzenden Erfolge mit unwürdiger Hast zu Ende geführt.
=Georg= III. und der nunmehrige Leiter der Politik, =Lord Bute=,
wünschten den Frieden aus anderen Gründen: Mangel an politischer
Einsicht, Abneigung gegen Friedrich II., Verlangen nach Frieden von
außen, um sich gegen Widersacher der Regierung im Lande wenden zu können.
Sie schlossen schon am 3. November 1762 einen =Präliminarfrieden zu
Fontainebleau= mit Frankreich und Spanien unter weit bescheideneren
Bedingungen[71] ab, als die Gegner erwarteten und England nötig gehabt
hätte; der Vertrag wurde am 10. Februar 1763 zu Paris bestätigt.

 [70] Clowes, Band III, Seite 238, setzt diese Eroberung (mit sonst
      gleichen Monats- und Tagesangaben) wohl irrtümlich auf 1761 und
      beschreibt sie unter den Ereignissen dieses Jahres im Gegensatz zu
      allen anderen Geschichtsbüchern.

 [71] Die Bedingungen, soweit sie die Kolonien betrafen (und dies war
      die Hauptsache), sehr genau in Zimmermann, Band II, sowie Band IV.

$Die Friedensbedingungen.$ =Frankreich= gab alle Ansprüche auf Kanada,
Neuschottland und Neubraunschweig -- mit Kap Breton sowie den anderen
Inseln im St. Lorenzstrom -- auf; es trat das Ohiotal und das ganze
Gebiet östlich vom Mississippi an England ab. Es gab auch Minorka zurück,
und da es die Insel Spanien versprochen hatte, entschädigte es diesen
Staat durch die Gebiete Louisianas, westlich vom Mississippi,
einschließlich der Stadt New Orleans. Es war aus Nordamerika vertrieben.
-- In Westindien erhielt Frankreich sämtliche Inseln bis auf Grenada
zurück. Die neutralen Inseln wurden geteilt: St. Lucia fiel an
Frankreich, St. Vincent, Tabago, Dominica an England. -- In Ostindien
bekam Frankreich Pondicherry nebst den Besitzungen an der Koromandelküste
wieder, die es 1749 besessen hatte, es mußte aber auf die seitdem hier
sowie in Orissa gemachten Erwerbungen und auf das Recht verzichten, in
Bengalen Befestigungen anzulegen und Truppen zu halten. Es konnte in
Indien wohl in beschränktem Maße Handel treiben, aber sein politischer
Einfluß -- der Traum eines großen Reiches hier -- war zu Ende. -- In
Afrika wurden die Niederlassungen im Senegal (mit Ausnahme von Gorée) an
England abgetreten. -- Das Recht, an den Küsten Neufundlands, sowie in
einigen Teilen des Lorenzgolfes zu fischen, ward Frankreich zugestanden
und ihm zu diesem Zweck die kleinen Inseln St. Pierre und Miquelon als
Fischerstationen belassen. -- Dünkirchen, der gefährliche Stützpunkt der
Freibeuterei, mußte, wie nach dem Aachener Frieden, wieder entfestigt
werden.

=Spanien= bekam Havanna sowie die Philippinen zurück, trat aber Florida
an England ab und erhielt die französischen Teile von Louisiana. Von dem
beanspruchten Rechte der Fischerei bei Neufundland wurde es
ausgeschlossen. Es gestand zu, daß England in Honduras Holz holen dürfe,
und erklärte sich mit der Aburteilung der Prisenfälle in England
einverstanden.

=England= kam mithin durch den Frieden in den Besitz eines
nordamerikanischen Reiches, das Kanada sowie die sämtlichen jetzigen
Vereinigten Staaten östlich des Mississippi umfaßte. Es gewann einige
westindische Inseln und Senegal. In Ostindien wurden der englischen
Kompagnie alle Eroberungen stillschweigend zugestanden; England war hier
unbedingt die Vormacht geworden. Fast noch wichtiger als diese
Gebietserweiterungen waren das Übergewicht zur See und das Ansehen, das
England durch den Krieg erlangt hatte. Aber England hätte weit
bedeutendere Forderungen durchsetzen können: solche, wie sie Pitt und
seine Anhänger wünschten, um Frankreich aus der Reihe der Kolonialmächte
zu streichen. Diese versuchten denn auch, die übereilten
Friedensvorschläge rückgängig zu machen, das Parlament war jedoch
größtenteils in der Hand der Regierung und bestätigte sie[72].

 [72] Der Einfluß des Pariser Friedens auf die Beendigung des
      Siebenjährigen Krieges ist bereits Seite 123 geschildert.

 $Captain Mahan äußert sich hierzu$ (Band I, Seite 309; hier gekürzt
 wiedergegeben): =Pitt sagte=: Frankreich ist uns hauptsächlich als See-
 und Kolonialmacht gefährlich. Was wir in dieser Hinsicht gewinnen, ist
 uns durch den Schaden wertvoll, den Frankreich davon bat. =Jetzt läßt
 man ihm die Möglichkeit, seine Marine wieder ins Leben zu rufen.= Die
 Zurückgabe der Kolonien in West- und Ostindien sowie des Rechtes der
 Fischerei in Nordamerika gaben Frankreich die Möglichkeit und den
 Antrieb, Schiffahrt, Handel und Marine wieder herzustellen, und waren
 geeignet, es von dem Pfade des Ehrgeizes auf dem Festlande, der so
 günstig für das Wachsen der Macht Englands auf den Ozeanen gewesen war,
 abzulenken. Die Opposition in England war auch der Ansicht, daß das
 noch öde Florida ein schlechter Ersatz für das wichtige Havanna sei;
 Portoriko war als solcher vorgeschlagen, Florida wurde angenommen.

 Das Ministerium rechtfertigte seine Nachgiebigkeit mit dem ungeheuren
 Wachsen der Staatsschuld durch den Krieg (von 78 Millionen Lstrl. im
 Jahre 1748 auf 122); aber gerade weil dieser Wechsel auf die Zukunft
 gezogen war und sich dies durch die Erfolge im Kriege bewährt hatte,
 mußte man beim Friedensschluß alles nehmen, was man erhalten konnte.
 Auch brauchte England in dieser Hinsicht nicht in Sorge zu sein. Der
 zunehmende Handel und die wachsende Industrie, für die der große
 Kolonialbesitz ihm den Absatz sicherte, während im übrigen Europa
 Seehandel und Industrie daniederlagen, boten ihm genügende Garantie.
 Aber das Volk hatte keine Vertretung in der Regierung; der einzige
 Mann, der der Ausnutzung der günstigen Lage gewachsen war, Pitt, stand
 in Ungnade bei Hofe.«

Frankreich war über die geringen Forderungen erstaunt. Man hätte hier das
reiche Martinique, Guadeloupe sowie das handelspolitisch und strategisch
wichtig gelegene St. Lucia[73] geopfert; Guadeloupe gab aber Lord Bute
sogar über den Kopf des Premierministers hin fort. Die ostindische
Kompagnie war empört, daß sie die fast nur auf ihre Kosten eroberten
Philippinen nicht behalten durfte; nicht einmal der volle Betrag der
auferlegten Kontribution wurde ihr von Spanien gezahlt. Die Entrüstung
auf Bute wuchs so rasch im Lande, daß er schon im April 1763 zurücktrat;
man sagte ihm sogar nach, er sei von Frankreich bestochen worden.

 [73] St. Lucia, zu Luward von Guadeloupe und Martinique gelegen, war
      vorzüglich geeignet, diese wichtigen französischen Inseln zu
      überwachen, wie sich 1782 zeigen sollte.


                         Die Streitmittel.[74]

$Frankreich$ trat dank den Bemühungen der Minister =Maurepas= und
=Rouillé= mit einer größeren Zahl von Schiffen in den Siebenjährigen
Krieg ein als in den vorigen.

 [74] Die innere Geschichte der Marinen Frankreichs und Englands ist
      schon im Kapitel II (Seite 24 ff.) behandelt, dort sind auch
      (Seite 33) die beiden Marinen auf ihren Wert an Material und
      Personal verglichen. Wir beschränken uns hier deshalb fast ganz
      auf Angaben über die Schiffsbestände und Schiffsverluste in diesem
      Kriege. Diese Angaben stützen sich auf Charnock, Teil III, Seite
      174, 178, 183, 196, der auch die Namen der Schiffe angibt (über
      Spanien ebenfalls). Die Verluste der drei Marinen vgl. auch Clowes
      III, Seite 310 ff. (gleichfalls mit Namen).

=Der Schiffsbestand= betrug 1756: 6 Schiffe zu 84 Kanonen, 29 zu 74, 3 zu
70, 29 zu 64, 5 zu 60, mithin 72 Linienschiffe; ferner 10 Schiffe zu 50
sowie 6 zu 36-46 Kanonen, gewöhnlich Fregatten genannt, und an richtigen
Fregatten 17 zu 32 sowie 24 zu 22-26 Kanonen, endlich 12 Korvetten zu
10-16 Kanonen und etwa 100 kleinere Fahrzeuge. Fast alle diese Schiffe,
besonders aber die Linienschiffe, waren seit 1748 neu erbaut.

 Zu den Linienschiffen zählen von dieser Zeit an nur solche, die über 50
 Kanonen führen, doch stellte Frankreich noch manchmal 50-Kanonenschiffe
 in die Linie ein (England nur sehr selten). Frankreich scheint auch in
 diesem Kriege noch keine Dreidecker gehabt zu haben, dagegen die neuen,
 sehr starken Zweidecker zu 84 Kanonen (vgl. Seite 12 und 14). Mehrere
 Quellen geben für 1756 nur 60-70 Linienschiffe an.

Auch die Zahl der =Seeoffiziere= war von 660 um 1740 wieder auf 900
gewachsen, aber wie bei Beginn des vorigen Krieges fehlte ihnen die
Übung, und bei den Mannschaften war dies noch mehr der Fall. Die
traurigen Verhältnisse unter den späteren Ministern machten eine Stärkung
der Marine während des Krieges unmöglich; der Aufschwung unter =Choiseul=
(1761) kam zu spät. Im Siebenjährigen Kriege erhielt die königliche
Marine noch Unterstützung durch die Ostindische Kompagnie, deren Schiffe
und Offiziere jedoch nicht vollwertig waren (vgl. Seite 57).

=Der Verlust an Schiffen= betrug 20 Linienschiffe und 34 Fregatten, vom
Feinde genommen, 14 und 22 Schiffe dieser Arten vernichtet oder sonst
verunglückt; eine Anzahl kleinerer Fahrzeuge trat hinzu. Die Marine war
also um 1763 wieder bis auf 40 Linienschiffe und, trotz einiger
Neubauten, auf vielleicht 10 Fregatten zurückgegangen, wozu dann die 15
Linienschiffe im Bau, die die Nation der Regierung schenkte, traten.

$Spanien$ hatte gleichfalls seine Marine seit 1748 sehr verstärkt. 1759
besaß es 49 Linienschiffe, nämlich: 2 zu 80 Kanonen, 6 zu 70, 30 zu 68, 8
zu 60, 3 zu 58. Hinzu kamen 2 Schiffe zu 50 Kanonen, 22 Fregatten zu
22-30 und 14 Korvetten. Die Schiffe waren fast sämtlich neu, jedenfalls
die Linienschiffe erst nach 1750 erbaut. Es liegen aber keinerlei
Andeutungen vor, die darauf hinweisen, daß die Schiffe besser imstande
gehalten wären, noch daß das Personal auf einer höheren Stufe gestanden
habe, als bisher. Spanien verlor in dem Kriege 9 Linienschiffe sowie 5
Fregatten, vom Feinde genommen, und beim Angriff auf Havanna (1762)
waren 3 Linienschiffe zur Sperrung der Einfahrt versenkt.

In $England$ war der =Schiffsbestand= um $1756$: 5 Schiffe zu 100
Kanonen, 10 zu 90, 6 zu 74, 27 zu 70, 5 zu 64, 36 zu 60, mithin 89
Linienschiffe; 30 Schiffe zu 50 Kanonen sowie 38 zu 40-44 (die letzteren
oft Fregatten genannt); 59 Fregatten zu 20-24 Kanonen und viele kleinere
Fahrzeuge. Insgesamt 274 Segel. Der =Verlust= betrug 15 Linienschiffe
(aber nur eins vom Feinde genommen), 4 50-Kanonenschiffe, 3 zu 40 und 14
zu 20-28 Kanonen. Trotz dieses Verlustes und obgleich während des Krieges
eine ziemlich große Zahl als abgenutzt aus den Listen gestrichen wurde,
war doch durch Neubau oder Einstellung genommener Schiffe der
=Gesamtbestand um 1763= auf 340 Segel gewachsen. Die schon früher
gegebene Tabelle (Seite 18) weist für 1762 an Linienschiffen 141 nach;
aus ihr ist ferner zu ersehen, daß besonders Schiffe der dritten Klasse
(zu 74 und 64 Kanonen) sowie Fregatten zu 28-38 Kanonen erbaut oder
eingestellt sind, während man die verlorenen 50- oder 44-Kanonenschiffe
nicht ersetzt hat. Auch begann man gegen Ende des Krieges in England nach
dem Muster genommener französischer großer Zweidecker solche zu 80
Kanonen zu erbauen.

Im Gegensatz zum vorhergegangenen Kriege würde die englische Marine nicht
überlegen gewesen sein, wenn das Bündnis zwischen Frankreich und Spanien
sofort in Kraft getreten wäre. Auch nach den niedrigsten Angaben hätten
diese Staaten über 100 Linienschiffe den englischen 89 (oder mit
Einschluß der 50-Kanonenschiffe 120) entgegenstellen können. Gegen
Frankreich allein trat England allerdings überlegen auf, und als Spanien
(1761) den Krieg erklärte, hatte die französische Marine schon die
angegebenen ungeheuren Verluste erlitten, die englische war dagegen
bedeutend gewachsen.


             Der Verlauf des See- und Kolonialkrieges.[75]

                Die Ereignisse vor der Kriegserklärung.

$Die Reibungen in den Kolonien$ begannen schon unmittelbar nach dem
Frieden von Aachen. =In Westindien= besetzte der Gouverneur von
Martinique 1749 die neutrale Insel Tabago und räumte sie erst wieder, als
England sehr ernstlich Einsprache erhob; ein ähnlicher Fall ereignete
sich an der Westküste von =Afrika=. =In Ostindien= aber hatten die
Kompagnien und in =Nordamerika= die Kolonisten der beiden Länder den
Kampf trotz des Friedensschlusses eigentlich ununterbrochen fortgesetzt,
wie sich später bei der Schilderung des Krieges in den Kolonien ergeben
wird. Um 1755 war der Kampf, in Amerika schon beträchtlich von den
Mutterländern unterstützt, zu einem derartigen Umfange gediehen, daß die
Regierungen daheim Maßregeln ergriffen, die einen großen Krieg
unabwendbar erscheinen ließen. =Frankreich= bereitete in Brest sowie
Rochefort eine starke Expedition nach Kanada vor, und =England= rüstete
daraufhin gegen 35 Linienschiffe aus, warb oder preßte Seeleute und
ordnete die Aufstellung von 50 Kompagnien Seesoldaten an.

 [75] Besonders benutzte Quellen: Clowes, Band III; Lacour I; Mahan I;
      Troude, Band I; Bonfils, Band II; für die politischen Verhältnisse
      sowie den Krieg am Lande in den Kolonien Zimmermann. Band II und
      IV.

Am 3. Mai 1755 verließ Lieutenant-Général =Comte de Macnemara= Brest mit
einer Flotte von 20 Linienschiffen und 6 Fregatten. Von den
Linienschiffen waren jedoch nur 9 vollständig armiert, nämlich 6, die, zu
einem Geschwader vereint, dem genannten Admiral unmittelbar unterstellt
waren, und 3 zum Geschwader des Chef d'Escadre =Dubois de la Motte=
gehörige. Dieser Flaggoffizier war der Führer der eigentlichen Expedition
nach Kanada, und die ihm weiter unterstellten 11 Linienschiffe, die 12
Bataillone Infanterie (unter Baron =Dieskau=) sowie Kriegsmaterial in die
Kolonie überführen sollten, waren nur als Flüten[76] armiert. Macnemara
ging mit seinen Linienschiffen sowie 3 Fregatten nach Brest zurück,
sobald er seine Aufgabe gelöst hatte und die Expedition sicher auf hoher
See wußte. Nun sollte er an den Küsten Frankreichs kreuzen. Er legte aber
krankheitshalber sein Kommando nieder und starb bald darauf, 65 Jahre
alt; das Geschwader kreuzte dann unter dem Befehle des Comte Du Guay.
=Dubois= segelte nach Nordamerika, zweigte bei Annäherung an die Küste 4
Linienschiffe nach Louisbourg ab und führte den Rest nach Quebec; 3
Schiffe waren im Nebel von ihm abgekommen, und nur diese stießen mit den
Engländern zusammen.

 [76] Es war in Frankreich üblich, Linienschiffe »en flûte« zu armieren,
      wenn sie Truppen und Material nach den Kolonien brachten. Es waren
      dann, um Raum zu gewinnen, nur 20-22 Kanonen aufgestellt, die
      anderen wurden zurückgelassen oder in den Lasten verstaut. --
      Französische Quellen sagen, im vorliegenden Falle sei es auch aus
      Sparsamkeit geschehen, sowie, um England nicht zu reizen.

In England war man nur oberflächlich von der französischen Expedition
unterrichtet gewesen, hatte aber doch schon am 27. April den Vizeadmiral
=Edward Boscawen= mit 11 Linienschiffen, einer Fregatte sowie einigen
Transportern, die 2 Regimenter an Bord führten, nach Amerika gesandt. Als
die Stärke der Franzosen bekannt wurde, folgte am 11. Mai ein Nachschub
von 6 Linienschiffen unter Kontreadmiral =Francis Holburne=, die am 21.
Juni auf den Neufundlandbänken zu Boscawen stießen. Dieser war zwar mit
Dubois nicht zusammengetroffen, jedoch am 6. Juni den drei versprengten
Franzosen begegnet, hatte sie mit dem ganzen Geschwader gejagt und am 8.
zwei von ihnen, ein voll- und ein en flûte-armiertes Schiff, genommen;
dem dritten, einem guten Segler, gelang es, im Nebel nach Louisbourg zu
entkommen. Als Boscawen dann erfuhr, daß Dubois wohlbehalten Quebec
erreicht habe, ging er nach Halifax, da seine Mannschaft sehr unter
Krankheit litt; nur ein kleineres Geschwader unter Holburne blockierte
Louisbourg. Nach Ausschiffung der Truppen begab sich =Dubois= auf die
Rückreise und langte am 21. September in Brest an; auch den Schiffen in
Louisbourg gelang es, während eines Sturmes zu entschlüpfen und sich ihm
anzuschließen. Nun ging auch =Boscawen=, dessen Bleiben in den
nordamerikanischen Gewässern nicht mehr nötig erschien und der gegen 2000
Mann an Krankheiten verloren hatte, mit Holburne nach England und traf am
4. November in Spithead ein; nur wenige Schiffe unter Kommodore =Spry=
überwinterten in Halifax.

 =Dubois= wäre ohne Zweifel zu schwach gewesen, um gegen Boscawen
 aufzutreten, aber auch seine Instruktion verbot es ihm. Bemerkenswert
 ist hier die Verschiedenheit der Befehle für die Führer. Die
 französischen schrieben vor, jeden Zusammenstoß zu vermeiden, solange
 es die Ehre der Flagge zuließe; =Boscawen= hatte Order, die Kolonie zu
 schützen und das feindliche Geschwader anzugreifen, wo er es fände. Der
 Erlaß dieses Befehls war sogar dem französischen Gesandten bekannt
 gegeben.

Die Wegnahme der beiden französischen Schiffe erregte in Frankreich große
Entrüstung, blieb aber nicht die einzige Gewalttat Englands vor der
Kriegserklärung. Im Sommer 1755 erhielt der Kontreadmiral =Sir Edward
Hawke= den Auftrag, mit einem starken Geschwader in der Biscaya zu
kreuzen und jedes französische Linienschiff zu nehmen; im August wurde
der Befehl auf alle feindlichen Kriegsschiffe, Kaper und Handelsschiffe
ausgedehnt. Der gleiche Befehl erging an das Mittelmeergeschwader. Bis
Ende des Jahres nahmen Hawke, später die Admirale =Byng= und
=Temple-West= 500 Handelsschiffe im Wert von über einer Million Lstrl.,
sowie einige Kriegsschiffe; auf ihnen befanden sich 6000 französische
Seeleute und 1500 Soldaten, einschließlich der Besatzungen der in
Nordamerika genommenen Schiffe, in englischer Gefangenschaft. Diese
entsprachen den Besatzungen von wohl 10 Linienschiffen, bedingten also
einen schweren Verlust für Frankreich vor Eintritt in den Krieg.

$Frankreich nimmt Minorka 1756.$ Trotz aller dieser Vorgänge und obgleich
sich die Stimmung des englischen Parlaments im November 1755 sehr
kriegerisch äußerte, setzte die französische Regierung die Verhandlungen
über die amerikanischen Streitfragen fort; sie zeigte sich sogar so
friedfertig, daß sie einen vor Brest genommenen englischen Kreuzer
zurückgab und dem englischen Mittelmeergeschwader das Anlaufen von Toulon
behufs Auffüllung von Vorräten gestattete. Hoffte man noch, den Frieden
zu erhalten, oder wollte man die Zeit zu einem plötzlichen Schlage
abwarten? Wie in den früheren Kriegen war in Frankreich große Stimmung
für einen überraschenden Einfall in Großbritannien; See- und
Landoffiziere sowie auch Private legten dem Marineminister Pläne zu einem
solchen vor[77]. Mit Beginn des Jahres 1756 wurden Truppen an der
Kanalküste zusammengezogen, und in Brest rüstete man eifrig. Es ist
fraglich, ob dies Ernst war, aber man rief damit in England wieder die
Furcht wach, die seit Ruyters Einfall hier so leicht die Gemüter erregte.
Sogar die Regierung erließ eine Proklamation, die selbst englische
Quellen (vgl. Laird Clowes, Band III, Seite 142) »foolish« nennen, an
die Bevölkerung über Maßregeln bei einer Landung der Franzosen.
Besonders aber wurde die Aufmerksamkeit Englands von den anderen
wahrscheinlichen Kriegsschauplätzen abgelenkt, so besonders vom
Mittelmeer. Der von allen früheren Strategen seit Drakes Zeiten längst
als einzig richtig anerkannte Grundsatz, das Land vor einem Einfall durch
entschieden angriffsweise Tätigkeit der Flotte zu schützen, geriet wieder
einmal in Vergessenheit.

 [77] Lacour I, Seite 244 ff., bringt einige dieser Pläne.

Und nun wählte Frankreich das Mittelmeer zu einem plötzlichen Vorstoß.
Während man die Vorbereitungen im Norden möglichst geräuschvoll betrieb
und dabei kleine Geschwader oder Divisionen von dort nach den Kolonien
sandte, rüstete man in Toulon und Marseille ganz insgeheim eine mächtige
Expedition gegen Port Mahon aus, um diesen wichtigen Stützpunkt vor der
eigenen Küste den Engländern zu entreißen. Am 12. April 1756 ging der
Lieutenant-Général =Marquis de La Gallissonnière=[78] mit 12
Linienschiffen und 5 Fregatten in See, er deckte eine Transportflotte von
176 Segeln mit 12000 Mann unter dem =Herzog von Richelieu=. Eine Woche
später wurde das Heer auf Minorka gelandet, Port Mahon berannt und von
der Flotte blockiert. Die erst spät zum Entsatz erscheinende englische
Flotte unter Vizeadmiral =John Byng= wurde abgewiesen; die Festung ergab
sich am 29. Juni.

 [78] =Roland Michel, Marquis de La Gallissonnière=, geboren 1693, trat
      1710 in die Marine, wurde, da er keine besondere Protektion besaß,
      nur langsam befördert: 1726 Leutnant, 1738 Kapitän, 1750 Chef
      d'Escadre, 1755 Lieutenant-Général. Er diente unter Gabaret und de
      Court mit Auszeichnung im Österreichischen Erbfolgekriege; war
      1747-1750 Gouverneur von Kanada und sorgte für die Befestigungen
      an dessen Grenzen; einige Jahre in Landstellungen der Marine,
      führte er 1754 und 1755 Schulgeschwader im Mittelmeer und machte
      sich verdient um Geschwaderübungen sowie Signalwesen. Er
      kommandierte in der Schlacht bei Minorka 1756 und starb am 26.
      Oktober desselben Jahres. Gallissonnière war ein tüchtiger
      Offizier, aber doch kein höherer Führer und auch jetzt wohl zu
      alt, sonst hätte er seinen Erfolg bei Minorka besser ausgenutzt.

[Illustration: Marquis de La Gallissonnière.]

 $Die Eroberung von Port Mahon 1756.$ Die Expedition war sehr geheim
 gehalten. Truppen, Artillerie-parks und Munition waren unter
 mannigfachen Vorwänden in Toulon und Marseille gesammelt. Der
 bezügliche Befehl erging an =Richelieu=, den derzeitigen
 Oberbefehlshaber der Truppen an der Mittelmeerküste, erst am 16. März,
 an Gallissonnière am 22., sonst hatten selbst die höheren See- und
 Landoffiziere keine Kenntnis vom Zweck der Rüstungen. Die Schiffe waren
 schnell und gut ausgerüstet, man hatte dazu Arbeiter aus Genua und
 Venedig herangezogen. Die Einschiffung erfolgte vom 4. bis 8. April;
 die Gesamtflotte ging am 10. in See; sie mußte zwar wegen Gegenwindes
 wieder ankern, setzte aber am 12. die Reise fort und erreichte am 18.
 Minorka, ohne von einem englischen Schiffe gesehen zu sein. Des
 herrschenden Windes wegen wählte man Ciudadela als Landungsplatz; vom
 18. abends bis zum 20. wurden die Truppen ausgeschifft.

 Die Flotte blieb dann noch vor dieser Stadt liegen, um die Landung des
 Trains zu decken. Man hat dies dem Admiral zum Vorwurf gemacht; er habe
 die Deckung Fregatten überlassen können. Er versäumte nämlich dadurch
 die Gelegenheit, einige englische Schiffe abzufangen, die in Port Mahon
 lagen. Aus seiner Verteidigung[79] geht jedoch hervor, daß er sich
 genau an die ihm gewordene Order gehalten hat. Diese lautete: »Die
 Ausschiffungsstelle nicht zu verlassen, ehe der Marschall völlig zum
 Angriff auf Port Mahon bereit sei; seine Kräfte nie zu teilen und nur
 zum Schutz der Expedition zu verwenden.« Erst vom 24. April ab kreuzte
 er dementsprechend vor der belagerten Stadt.

 [79] Näheres vgl. Lacour I, Seite 263.

 Marschall Richelieu besetzte die Stadt Port Mahon am 22. Die Garnison
 hatte sich in das Fort San Felipe zurückgezogen; sie war nur schwach,
 viele Offiziere befanden sich auf Heimatsurlaub und der sonst tüchtige
 Gouverneur, General =Blakney=, war alt und krank. Auf dessen Anfrage,
 was die Landung bezwecke, antwortete der Marschall: Das gleiche wie das
 Wegnehmen französischer Schiffe durch die englische Flotte. Die
 Beschießung des Forts und seiner Außenwerke begann erst am 11. Mai, da
 das Gelände die Belagerungsarbeiten sehr erschwerte; auch war noch
 Material verschiedener Art aus Frankreich nachzusenden. Man mußte mit
 dessen Beschaffung eilen, da täglich die Verbindung mit der Heimat
 durch englische Seestreitkräfte unterbrochen werden konnte. Eine
 englische Flotte erschien gegen Ende des Monats, wurde aber
 zurückgeschlagen. Die Besatzung kapitulierte nach tapferer Gegenwehr am
 29. Juni unter ehrenvollen Bedingungen; sie wurde auf französischen
 Handelsschiffen nach Gibraltar gebracht.

$Die Seeschlacht bei Minorka am 20. Mai 1756.$ In England hatte man mit
Rücksicht auf die französischen Rüstungen im Norden das Mittelmeer ganz
aus dem Auge gelassen, obgleich schon im Oktober 1755 das Gerücht von
einem Plane des Feindes gegen Port Mahon aufgetaucht war und Schiffe
genug zur Verfügung standen, um die nur schwache Mittelmeerstation zu
verstärken. Auch war die Gefahr einer Landung in England keineswegs
besonders drohend. Einige Kriegsschiffe, die im Januar 1756 Kauffahrer
aus dem Kanal geleitet hatten, stellten auf ihrer Rückreise fest, daß in
Brest sowie Rochefort nur 16 Linienschiffe bis zum Mai seeklar sein
würden. Bis dahin aber konnte man mit Sicherheit über 50 bis 60
Linienschiffe verfügen. Erst am 6. April sandte man auf Drängen der
öffentlichen Meinung den Vizeadmiral =John Byng= und den Kontreadmiral
=Temple-West= nach dem Mittelmeer. Deren Flotte zählte aber nur 11
Linienschiffe, obgleich schon um diese Zeit 27 im Kanal und der Biskaya
kreuzten und 28 in den Häfen lagen (außerdem waren gegen 40 Fregatten im
Dienst). Byngs Schiffe hatten ein Regiment zur Verstärkung Port Mahons an
Bord; um die Soldaten besser unterbringen zu können, waren die
Seesoldaten der Besatzungen zurückgelassen. Am 2. Mai traf der Admiral
in Gibraltar ein und erfuhr hier von dem bisherigen Befehlshaber im
Mittelmeer, Kommodore =George Edgcumbe=, die Landung der Franzosen.

 =Edgcumbe=, der nur drei Linienschiffe und einige kleinere
 Kriegsfahrzeuge befehligte, hatte bei der Landung der Franzosen in Port
 Mahon gelegen, wohin er genommene französische Kauffahrer gebracht
 hatte; er hätte also leicht abgefangen werden können. Es gelang ihm
 aber, nach Gibraltar zu entschlüpfen, nachdem er noch seine Seesoldaten
 sowie eine Anzahl Seeleute der Garnison überwiesen hatte. Nur eins
 seiner Schiffe wurde durch französische Fregatten in Palma blockiert
 und erst durch die englische Flotte auf ihrer Fahrt nach Minorka
 befreit. Die Division Edgcumbe trat zu Byngs Flotte, zwei ihrer
 Linienschiffe finden wir in der Schlacht.

=Admiral Byng= versuchte in Gibraltar als Ersatz für die fehlenden
Seesoldaten Landtruppen zu erhalten, der Gouverneur konnte jedoch bei der
Schwäche der Garnison diesem Wunsche nicht voll entsprechen. Am 8. Mai
ging die Flotte weiter und sichtete am 19. bei Tagesanbruch Minorka; Byng
sandte Fregatten voraus, um mit Fort Philippe in Signalverbindung zu
treten, mußte sie aber zurückziehen, als die französische Flotte
herankam. =La Gallissonnière= hatte am 17. durch eine Fregatte das Nahen
des Gegners erfahren und sich daraufhin dicht bei der Insel gehalten; da
der Wind vom 18. an nördlich war, blieb er nordöstlich der Stadt, um sich
die Luvstellung gegenüber dem Feinde zu sichern. Er benutzte die Zeit des
Wartens, um seine Schiffsbesatzungen vom Lande her zu verstärken.
=Richelieu= ließ am 18. mehrere Kompagnien auf Küstenfahrzeugen
einschiffen, aber infolge flauen Windes und grober See erreichten nur
einige von ihnen die Flotte; eins fiel sogar am 20. den Engländern in die
Hände. Der 19. Mai, teilweise nebelig und fast windstill, verging mit
Manövrieren der Flotten, um aneinander heranzukommen, wobei die Engländer
die Luvstellung zu gewinnen, die Franzosen sich diese sowie ihre Lage
zwischen dem Feinde und der Stadt zu erhalten suchten. Byng benutzte den
Tag, um die Besatzung schwachbemannter Linienschiffe durch Leute der
Fregatten zu ergänzen, sowie ein minderwertiges Schiff von 20 Kanonen zum
Brander vorzubereiten. Am 20. Mai bei Tagesanbruch war es noch unsichtig
und flau, als aber gegen Mittag der Wind nach Osten drehte und
auffrischte, griff Byng an.

=Die englische Flotte zählte=: 1 Schiff zu 90 Kanonen (das Flaggschiff
Byngs »Ramillies«), 1 zu 74, 1 zu 68 (»Buckingham«, Flaggschiff
Temple-Wests), 8 zu 60-66, 2 zu 50, insgesamt 13 =Schiffe= mit 834
Kanonen =in der Linie=; außerhalb dieser 1 Schiff zu 40, 3 zu 20, 1 zu 14
Kanonen. Die =französische Flotte= zählte: 1 Schiff zu 84 Kanonen (das
Flaggschiff La Gallissonnières »Foudroyant«), 2 zu 74 (»Redoutable« und
»Couronne«, Flaggschiffe der Chefs d'Escadre de Glaudevez, Vorhut, und de
La Clue, Nachhut), weitere 2 zu 74, 5 zu 64, 2 zu 50, insgesamt 12
=Schiffe= mit 760 Kanonen =in der Linie=; außerhalb der Linie 1 Schiff zu
46 sowie 4 zu 26 Kanonen.

 $Die Schilderung der Schlacht bei Minorka$ ist in den verschiedenen
 Quellen nicht ganz gleich; diese weichen in den Angaben über
 Windrichtung und Bug der Flotten während des Kampfes voneinander ab.
 Das stellt aber nur den Kurs in Frage, denn über die Lage zueinander
 und zum Winde stimmen die Quellen überein; einen Einfluß auf die
 Beurteilung des Verlaufes der Schlacht haben die Abweichungen also
 nicht. Die nachfolgende Darstellung versucht, alle sonstigen
 Widersprüche möglichst in Einklang zu bringen; sie fällt nahezu mit der
 Mahans (I, Seite 274) zusammen.

 Als es am 20. Mai morgens aufklarte, lagen die Franzosen bei östlichem
 Winde mit SSO.-Kurs über Steuerbordbug zwischen den Engländern und der
 Insel. =Byng= führte nun seine Flotte über Backbordbug an der
 feindlichen vorüber, bis sie genau querab von ihr stand, und wendete
 dann mit allen Schiffen zugleich; er verfuhr also genau nach der
 englischen Instruktion für den Fall, daß man dem Feinde mit
 entgegengesetztem Kurse begegnet (vgl. Seite 39). Beide Flotten lagen
 jetzt querab voneinander über gleichen Bug, aber nicht parallel,
 sondern in einem Winkel von 30 bis 40 Grad. Ihre Spitzenschiffe waren
 etwa 2, die Schlußschiffe etwa 4 Seemeilen voneinander entfernt; die
 französische Linie lag unter kleinen Segeln dicht beim Winde und
 erwartete den Angriff, die englische steuerte raum auf sie zu. Als Byng
 gegen 2 Uhr nachmittags das Signal zum »Angriff« gab, wie in der
 Schlacht bei Toulon 1744, blieb das vorher gegebene Signal
 »Gefechtslinie einnehmen« stehen (Lage I des Planes). Nun traten die
 Nachteile der englischen Angriffsart im vollsten Maße ein, denn die
 Schiffe konnten nicht annähernd gleichzeitig an den Feind kommen.

[Illustration: Admiral The Hon. John Byng.]

 Auf das Angriffssignal hielten die Schiffe der Vorhut beinahe senkrecht
 auf ihre entsprechenden Gegner in der französischen Linie ab; sie
 mußten auf eigenes Feuer fast ganz verzichten, erhielten dagegen drei
 furchtbare Breitseiten und wurden in der Takelage sehr beschädigt. Das
 sechste Schiff von vorn, »Intrepid«, verlor die Vormarsstenge und
 drehte in den Wind; damit brachte es die folgenden Schiffe in
 Unordnung, die rechts und links vorbeisegeln mußten, um Linie zu
 halten, und behinderte deren Feuer (Lage 2). Jetzt hätte Byng den
 Hinterschiffen ein Beispiel geben und hart auf den Feind abhalten
 müssen, aber eingedenk der Vorschrift und der Verurteilung Mathews nach
 der Schlacht bei Toulon wagte er es nicht. Er sagte zu seinem
 Flaggkapitän: »Sie sehen, daß ich vor »Louisa« und »Trident« (Schiffe,
 die vor ihm sein sollten) bin. Ich kann doch als Admiral nicht
 abhalten, als wenn ich ein einzelnes Schiff angreifen wollte? Es war
 Mathews Unglück, daß er seine Streitmacht nicht zusammen heranführte;
 das will ich vermeiden.«

 So staute sich der ganze Angriff und stockte. Inzwischen wichen die
 französischen Spitzenschiffe aus, um den Nahkampf zu vermeiden; der
 Rest der französischen Linie mehrte Segel, zog an der beschädigten
 englischen Vorhut vorüber und überschüttete sie mit Feuer. Sie konnte
 dies ohne Belästigung durch die übrigen englischen Schiffe ausführen,
 da diese Segel geborgen hatten, um die Linie wieder herzustellen (Lage
 3). Die Franzosen halsten dann im Kontremarsch und nahmen über
 Backbordbug ihre abwartende Stellung unter kleinen Segeln wieder ein.
 Ein zweiter Angriff erfolgte aber nicht, da die englische Flotte durch
 die Beschädigung der vordersten Schiffe zu sehr geschwächt war. =Byng=
 zog sich auf die Südseite der Insel zurück; =Gallissonnière= verfolgte
 ihn nicht.

 =Der Verlust= der Franzosen in dem etwa dreistündigen Kampfe betrug 38
 Tote und 184 Verwundete; nur ein Schiff war schwerer beschädigt. Die
 Engländer büßten 45 Tote und 162 Verwundete ein, die auf die vordersten
 sieben Schiffe entfielen; diese waren auch sehr zerschossen.

[Illustration: Schlacht bei Minorka, 20. Mai 1756.]

=Die Schlacht= muß wohl =taktisch unentschieden= genannt werden, =aber
der Erfolg= war doch auf =französischer Seite=. Im englischen Kriegsrate
kam man zu der Ansicht, man sei nicht imstande, die französische Flotte
nochmals anzugreifen, ja man würde durch eine neue Schlacht, wenn sie
ungünstig verliefe, sogar die Sicherheit Gibraltars sowie des Handels im
Mittelmeer aufs Spiel setzen. So ging =Byng nach Gibraltar= zurück; der
Entsatz Port Mahons war vereitelt. Die Franzosen fühlten sich jedoch
keineswegs vor dem Wiedererscheinen der dann wohl verstärkten englischen
Flotte sicher. =La Gallissonnière= blieb deshalb in der Nähe der Insel,
bis Port Mahon gefallen war, und drang danach auf schleunige Einschiffung
der Truppen. Diese erfolgte vom 4. bis 7. Juli; am 18. trafen das Gros
der Expedition, am 21. die letzten Nachzügler wieder in Toulon ein.
Tatsächlich erschien auch noch im Juli der englische Admiral =Hawke= bei
Minorka.

 $Das weitere Schicksal Port Mahons in diesem Kriege$ sei gleich hier
 kurz berührt. Wenn Frankreich im Besitz einer leistungsfähigen Marine
 gewesen wäre, so würde dieser Stützpunkt im Verein mit Toulon und
 Korsika eine Stellung von Bedeutung gewesen sein. Da man aber den
 Seekrieg bald nur schwächlich führte und seine Vorzüge nicht ausnutzen
 konnte, so wurde für Port Mahon nichts getan. Man überließ es seinem
 Schicksal; der Hafen war meistens blockiert und der Garnison mangelte
 oft das Notwendigste; die Engländer hielten eine Wiedereroberung nicht
 der Mühe wert. Beide Gegner waren überzeugt, daß Minorka beim
 Friedensschluß doch an England zurückfallen würde. Nach Ausspruch eines
 französischen Autors (Lacour I, Seite 277), plante man in Frankreich
 schon vor Ausführung der Expedition, nach der Einnahme die enge
 Einfahrt Port Mahons durch Verschüttung zu sperren, um den Hafen
 überhaupt als Stützpunkt unbrauchbar zu machen; es lag wohl stets die
 Absicht vor, bei vorteilhafter Gelegenheit Minorka an Spanien
 zurückzugeben.

$Die Bedeutung der Schlacht bei Minorka für die Geschichte der Seetaktik$
ist noch größer als die der Schlachten vor Malaga (1704) und vor Toulon
(1744). Sie gibt in geradezu vollkommener Weise ein Bild zu dem, was über
die Taktik des Zeitabschnittes gesagt ist. Der englische Admiral führt
seine Flotte genau nach den Gefechtsinstruktionen zum Angriff und
verharrt, wie seine Kommandanten, in der buchstäblichen Befolgung dieser
Vorschriften, obgleich der Verlauf des Kampfes, selbst nach seiner
eigenen Erkenntnis, ein Abweichen erfordert hätte. Auch die
unvermeidlichen Folgen der englischen Angriffsart, die bei dieser
Gelegenheit wegen des großen Winkels der beiden Gefechtslinien besonders
schwierig war, zeigen sich deutlich in allen Einzelheiten dieser
Schlacht. Die vordere Hälfte der englischen Linie, die in ungünstiger
Lage zunächst allein ins Gefecht eintritt, wird in ihrer
Bewegungsfähigkeit gelähmt; eins ihrer Schiffe bringt die hintere Hälfte
in Unordnung; infolge des Bestrebens, die Ordnung wiederherzustellen,
kommt diese überhaupt nicht zu ernstlichem Kampfe.

Auch die Franzosen verfahren genau nach ihrer Taktik. Ihre vorderen
Schiffe weichen aus, ehe die Gegner zum Nahkampf heran sind; die hinteren
benutzen die Untätigkeit der gegenüberstehenden Feinde und ziehen in
vollster Ordnung unter Ausnutzung ihres Feuers an den schon beschädigten
Engländern vorüber; dann nimmt der französische Admiral außer Schußweite
eine neue Stellung ein und erwartet das Weitere. Der englische Admiral
fühlt sich aber zu schwach und bricht das Gefecht ab. -- Endlich ist auch
das Ergebnis der Schlacht so, wie es theoretisch beim Aufeinandertreffen
der beiden Taktiken sein muß. Die Schlacht bleibt unentschieden; die
Franzosen haben zwar mehrere feindliche Schiffe schwer beschädigt, aber
keins vernichtet oder genommen; die Engländer müssen in Rücksicht auf den
augenblicklichen Ausfall der Beschädigten von einem zweiten Angriff
absehen. (Wenn in diesem Falle ihr Mannschaftsverlust fast ebenso groß
war wie der der Franzosen, so ist dies wohl dem Umstande zuzuschreiben,
daß ihre Schiffe durch die Soldaten für Port Mahon überfüllt gewesen
sind.)

Neuere französische Marineschriftsteller tadeln den Admiral La
Gallissonnière, daß er die Unordnung in der feindlichen Linie und die
dadurch hervorgerufene Trennung der hinteren Hälfte von der vorderen
nicht benutzt habe, mit den ihm folgenden Schiffen durch die Lücken auf
die Luvseite der vorderen englischen Hälfte zu gehen, um sie von beiden
Seiten anzugreifen; seine vorderen Schiffe hätten standhalten müssen und
durften nicht ausweichen. Dafür, daß nicht so verfahren sei, wird von
anderer Seite als Entschuldigung angeführt, die hinteren französischen
Schiffe seien zu sehr beschädigt gewesen, um ein solches Manöver
auszuführen, auch seien die Engländer durch die Soldaten an Bord so stark
bemannt gewesen, daß man französischerseits besser tat, einen Nah- oder
gar Enterkampf zu vermeiden. Der erste Grund muß hinfällig erscheinen, da
die fraglichen Schiffe nur wenig Feuer erhalten haben können; der zweite
hat vielleicht mitgewirkt. Die bestimmende Ursache aber für den Führer
wie den Oberbefehlshaber war die Hinneigung zur Vorsicht und damit zur
Defensive, die sich in allen Orders und Instruktionen von höchster Stelle
jenes Zeitabschnitts ausspricht und die damalige französische Taktik wie
Strategie kennzeichnet. Man strebte mehr danach, sich augenblickliche
Vorteile zu erhalten oder gemachte Eroberungen zu sichern, als durch
kräftiges Vorgehen Errungenes weiter auszunützen und vor allem die
feindlichen Seestreitkräfte zu vernichten; »niemals wollte man viel aufs
Spiel setzen«.

Dieser zuerst wohl auf strategischem Gebiet als Folge der schwächeren
Marine in den früheren Kriegen erwachte Gedanke hat wahrscheinlich ebenso
zur Ausbildung einer defensiven Taktik beigetragen, wie die Erkenntnis
der Schwächen in der englischen Taktik, die auf eine solche hinwiesen.
Auch bei Minorka hat La Gallissonnière wohl sicher von der Offensive
abgesehen, um seine Flotte zu schonen; daß er nach der Schlacht dem
geschwächten Gegner nicht folgte, um ihm weitere Verluste beizubringen,
geschah nach seiner eigenen Äußerung tatsächlich, um »seiner Instruktion
gemäß« das Landunternehmen nicht aus dem Auge zu lassen und zu dessen
Schutz seine Flotte möglichst stark und schlagfertig zu erhalten.

 Bei der allgemeinen Betrachtung des französischen Personals (Seite 43)
 wurde betont, daß die Orders unter Louis XV. nicht dazu geeignet waren,
 die Offiziere zu schneidigem Handeln zu erziehen. Schon während der
 Landung hatte sich der Admiral die Gelegenheit entgehen lassen, die
 englischen Schiffe im Hafen abzufangen, und jetzt nach der Schlacht
 verfolgte er nicht. Ein französischer Autor (Lacour I, Seite 264) sagt
 gerade bei Beschreibung der Minorka-Expedition: »Mais des instructions
 trop timides ont souvent paralysé dans notre histoire maritime l'ésprit
 d'initiative des chefs les plus capables.«

=La Gallissonnière= fand volle Anerkennung und Billigung seines
Verfahrens; der Erfolg über das seemächtige England erregte in Frankreich
großen Jubel und Begeisterung für die Marine. Er erhielt das Großkreuz
des Ludwigsordens sowie eine hohe Pension; auch seine Ernennung zum
Marschall war in Aussicht genommen, doch starb er schon am 26. Oktober
1756. -- Der Admiral =Byng= dagegen wurde ein Opfer für die Fehler seiner
Regierung, die ihm zu schwache Streitmittel gegeben hatte, und des
Volksunwillens. Er wurde kriegsgerichtlich zum Tode verurteilt und
erschossen.

 $Das Kriegsgericht über Byng.$ Nach dem Eintreffen in Gibraltar wurde
 der Admiral abberufen und in Untersuchung gezogen. Die
 Hauptanklagepunkte waren, daß er nicht mit der ganzen Linie
 angegriffen, sondern mit den der »Intrepid« folgenden Schiffen Segel
 gemindert habe, um die Ordnung herzustellen. Gewiß wäre dies richtig
 gewesen und hätte auch im allgemeinen wohl den Vorschriften
 entsprochen, aber man hatte doch nach Toulon den Admiral Mathews
 angeklagt, weil er aus der Linie gebrochen war, und ähnlich würde Byng
 auch haben handeln müssen. Ferner wurde ihm vorgeworfen, daß er nach
 notdürftiger Ausbesserung seiner Schiffe nicht bei Minorka geblieben
 sei und alles versucht habe, Port Mahon zu unterstützen. Dies hatte ja
 aber der Kriegsrat der Land- und Seeoffiziere für unmöglich erklärt.

 Er wurde verurteilt nach dem Kriegsartikel, der mit dem Tode diejenigen
 bedrohte, die aus Feigheit, bösem Willen oder Nachlässigkeit es
 unterließen, alles daran zu setzen, feindliche Schiffe zu nehmen oder
 zu vernichten. Die Verurteilung zeigt, daß die englischen
 Gefechtsvorschriften mangelhaft und hemmend waren, sowie daß die
 meisten englischen Seeoffiziere dieser Zeit sie nur dem Buchstaben,
 nicht dem Sinne nach auffaßten. Das Kriegsgericht empfahl nun zwar den
 Angeklagten der Gnade des Königs, da er nicht aus Feigheit, noch mit
 Kopflosigkeit gehandelt, sondern, wenn auch irrig, kühl und mit
 Überlegung. Das Urteil wurde aber dennoch bestätigt, denn die Regierung
 hatte das Mittelmeer vernachlässigt, jetzt war der Schaden da und der
 Volksunwille groß; man brauchte einen Sündenbock. Nun hatte gar Byng,
 als er auf der Ausreise in Gibraltar die Landung der Franzosen erfuhr,
 in einem Bericht an die Admiralität die bisherige Vernachlässigung des
 Mittelmeeres sowie die Schwäche seiner Flotte kritisiert. Der mehrfach
 angezogene französische Autor (Lacour I, Seite 266) sagt treffend:
 »Einen solchen Brief verzeiht man wohl einem siegreichen, aber nie
 einem geschlagenen Admiral.«

 =Byng= war ein tapferer, see- und diensterfahrener, ehrenwerter Mann,
 aber doch wohl kein bedeutender höherer Führer; sein Bericht über die
 Schlacht enthielt zu viele Entschuldigungen und zeigte zu wenig
 Selbstbewußtsein. Während der Untersuchung und bei seinem Tode trat er
 jedoch würdig auf. Am 17. März 1757 wurde er in Spithead auf dem
 Achterdeck des Linienschiffes »Monarch« erschossen.[80]

 [80] Näheres über Byngs Bericht, das Kriegsgericht und seinen Tod vgl.
      Clowes, Band III, Seite 152-160.


               Der Krieg In den europäischen Gewässern.

=Am 17. Mai 1756=, wenige Tage vor der Schlacht bei Minorka, als die
Nachricht von der Landung der Franzosen auf dieser Insel eingetroffen
war, =erklärte England den Krieg=.

$Das Jahr 1756$ brachte jedoch $in der Biskaya und im Kanal$ keine
Ereignisse von Bedeutung. $England$ hielt aus Besorgnis vor einer
Invasion seine Hauptmacht, die nach und nach auf über 50 Linienschiffe
sowie gegen 40 Fregatten gebracht wurde, in den Kanalhäfen zusammen. Von
hier aus beobachtete Ende Februar Admiral =Sir Edward Hawke= mit einem
ziemlich starken Geschwader Brest; vorher war es zwei französischen
Divisionen geglückt, nach Westindien auszulaufen. Diese Beobachtung,
später unter den Admiralen =Boscawen= und dann =Knowles=, wurde bis zum
November aufrechterhalten, doch man verringerte die dazu bestimmten
Kräfte allmählich, da im Sommer ein Leutnant durch eine kühne nächtliche
Bootsfahrt in den Hafen von Brest festgestellt hatte, daß dort nur wenige
Schiffe lägen. Bald darauf entschlüpften wieder zwei französische
Divisionen, die eine nach Westindien, die andere nach Westafrika. Die
starke Streitmacht Englands hatte also nicht einmal den Gegner von
seinen Kolonien abgeschnitten. =Frankreich= vermochte indessen, außer den
Entsendungen nach den Kolonien, nichts zu unternehmen.

 $Der Plan zu einer Invasion in England$ blieb in Frankreich während der
 Jahre 1756-1759 rege, in jedem Jahre wurden Rüstungen dazu angeordnet.
 Entweder konnte man aber die Mittel nicht aufbringen oder man betrieb
 die Sache nicht ernstlich; die Schiffe, die in Dienst gestellt wurden,
 gingen dann größtenteils nach den Kolonien. Im Jahre 1756 trug man sich
 auch mit der Absicht, die normannischen Inseln, die so wichtigen
 Vorposten Englands im Kanal, zu erobern, jedoch dies kam gleichfalls
 nicht zur Ausführung. All diese Gedanken wurden jedoch 1759 aufgegeben,
 als man sich stark genug glaubte, aber schon bei den ersten Schritten
 zu ihrer Ausführung die schweren Niederlagen von Lagos und Quiberon
 erlitt.

$Im Mittelmeer$ verlief der Krieg 1756 schleppend. Admiral =Byng= traf
nach der Schlacht bei Minorka am 19. Juni in Gibraltar ein, fand hier
eine von England gesandte Verstärkung von 5 Linienschiffen und bereitete
die Rückkehr ins Mittelmeer vor. Am 3. Juli langte jedoch =Hawke= mit dem
Kontreadmiral Saunders an und brachte die Rückberufung Byngs sowie
Temple-Wests mit. Er übernahm das Kommando und führte die jetzt 21
Linienschiffe starke Flotte nach Minorka, doch war es zu spät, um Port
Mahon zu retten oder auch nur den Rücktransport des französischen Heeres
anzugreifen. Hawke beschränkte sich darauf, den Hafen zu blockieren und
den Handel im Mittelmeer zu schützen.

Die französische Toulonflotte zeigte sich nicht mehr, obgleich sie nach
Rückkehr von Minorka instandgesetzt wurde und im August 16 Linienschiffe
sowie 6 Fregatten zählte. So ganz unbedingt müssen jedoch die Engländer
die See nicht beherrscht haben, denn es gelang den Franzosen wiederholt,
Port Mahon zu verproviantieren sowie im November 3600 Mann von Antibes
nach Korsika zur Unterstützung Genuas gegen die Aufständischen
überzusetzen; genannte Republik übergab dann alle befestigten Hafenplätze
dieser Insel den Franzosen. Im Dezember kehrte Hawke mit einem Teil der
Flotte nach England zurück und überließ dem Kontreadmiral =Charles
Saunders= den Befehl auf der Mittelmeerstation.

Auch $im Jahre 1757$ bieten die Operationen $im Mittelmeer$ wenig
Bemerkenswertes. Im März gingen 4 Linienschiffe unter Kapitän =Durevest=
von Toulon nach Nordamerika. =Saunders= hatte Nachricht davon erhalten
und lauerte ihnen in der Straße von Gibraltar mit 5 Linienschiffen auf.
Am 5. April um 5 Uhr nachmittags sichteten sich die Gegner; es kam bei
Einbruch der Dunkelheit zu einem zweistündigen Gefechte auf weitere
Entfernung, aber in der Nacht entschlüpften die Franzosen und erreichten
unbelästigt ihr Ziel (15. Juni in Louisbourg). Im Mai wurde die englische
Station unter dem Kommando des Vizeadmirals =Henry Osborne= wieder
verstärkt. Dieser nahm das Kreuzen wie im Vorjahre auf; er erschien im
Juni mit 14 Linienschiffen vor Toulon und landete auch einmal bei Bormes,
einem Küstenplatz östlich der Hyèren, zur gewaltsamen Eintreibung von
Schlachtvieh sowie frischem Proviant.

In Toulon lagen nur 6 Linienschiffe unter dem Chef d'Escadre =de La
Clue=; man beabsichtigte, weitere 8 in Dienst zu stellen, aber es fehlte
an Material wie Mannschaften. Auch de La Clues Division, die über St.
Domingo nach Louisbourg segeln sollte, war erst im Oktober seeklar und
ging am 8. November in See. Der Admiral wagte jedoch wegen Osbornes
Anwesenheit dort nicht, die Straße von Gibraltar zu passieren, sondern
suchte Cartagena auf, um hier Verstärkungen zu erwarten; diese trafen
aber erst im nächsten Jahre ein.

$Im Atlantik$ wurde es $1757$ etwas lebhafter. Obgleich die Engländer das
Kreuzen vor den französischen Häfen im Frühjahr wieder mit verstärkten
Kräften aufnahmen, gelang es doch drei Geschwadern, auszulaufen: Der Chef
d'Escadre =de Bauffremont= verließ am 30. Januar Brest mit 5
Linienschiffen und einer Fregatte und traf am 23. Mai in Louisbourg ein;
Chef d'Escadre =Comte d'Aché= segelte am 4. Mai mit einem Linienschiff
sowie 7 großen Schiffen der Ostindischen Kompagnie nach Ostindien, er war
am 11. Dezember in Isle de France; Lieutenant-Général =Dubois de La
Motte= führte am 3. Mai 9 Linienschiffe nebst 4 Fregatten nach Louisbourg
und erreichte es am 19. Juni. Im weiteren Verlauf des Jahres entwickelte
aber England mehr Tatkraft, was sicher mit dem Eintritt Pitts in die
Regierung zusammenhängt. Es wurden Angriffe auf die feindliche Küste ins
Auge gefaßt, als Gegenstoß gegen französische Invasionspläne, mit denen
man in England immer noch rechnete. Ein =Angriff auf Rochefort= schlug
jedoch gänzlich fehl, was bei den bedeutenden Kosten, die er verursacht
hatte, großen Unwillen im englischen Volke erregte.

 $Angriff der Engländer auf Rochefort 1757.$ Man wählte diese Stadt, da
 man hoffte, hier leicht die Docks, Magazine, Arsenale und Schiffe
 zerstören zu können. Im Jahre 1754 hatte ein Kapitän =Clark=, der von
 Gibraltar nach England reiste, die Stadt besucht und mit Erlaubnis der
 Behörden sämtliche Anlagen besichtigt. Er fand die Befestigungen
 fehlerhaft angelegt und seit sechzig bis achtzig Jahren vernachlässigt,
 entwarf danach einen Angriffsplan und legte diesen jetzt, im Juli 1757,
 =William Pitt= vor. Da nun ein verräterischer französischer Lotse,
 Thierry, die Angaben Clarks bestätigte und weitere über L'Ile d'Aix,
 die kleine befestigte Insel vor der Charente, von der die Reede von
 Rochefort (gewöhnlich Reede von L'Ile d'Aix benannt), sowie die
 Flußmündung beherrscht werden -- sowie über Fouras, ein Fort an der
 Flußmündung, hinzufügte, glaubte man, hier leichtes Spiel zu haben.

 Insgeheim wurde eine Flotte von 16 Linienschiffen, zahlreichen
 kleineren Fahrzeugen sowie Transportern mit 10000 Soldaten ausgerüstet;
 die Flotte befehligten Admiral =Hawke=, Vizeadmiral =Knowles= und
 Kontreadmiral =Broderick=, die Truppen standen unter Generalleutnant
 =Sir John Mordaunt=. Die Expedition segelte am 8. September und
 erschien am 20. überraschend in der Durchfahrt zwischen den Inseln
 Oléron und Ré. Noch am selben Tage ging Knowles mit 2 Mörserbooten
 gegen Ile d'Aix vor, zwei französische Schiffe, die auf der Rhede
 lagen, liefen in die Charente ein und alarmierten. Am 23. wurden die
 Befestigungen der Insel beschossen, leicht niedergekämpft, besetzt und
 zerstört. In der Zwischenzeit suchten kleinere Fahrzeuge einen
 geeigneten Landungsplatz auf dem Festlande. Sie fanden jedoch die
 Landung überall schwierig, bei Widerstand sogar unmöglich; ein
 Kriegsrat am 25. beschloß daher, von dem Unternehmen abzusehen. In
 einer zweiten Versammlung am 28. wurde zwar doch der Angriff wieder ins
 Auge gefaßt, obgleich der Gegner jetzt manche Verteidigungsmaßregeln
 getroffen hatte, aber am 29. wehte heftiger Landwind, und man stand
 abermals davon ab. Am 1. Oktober ging die Flotte unter Segel und traf
 am 6. in Spithead ein.

 Nach französischen Auffassungen hätte das Unternehmen gelingen müssen.
 So sagt ein Autor (Lacour I, der die Ereignisse Seite 305 genauer
 beschreibt): »Die Macht der Engländer war stark genug, den Erfolg
 sicherzustellen. Man fing 1757 eben an, die Insel Aix zu befestigen....
 Die Werke Rocheforts waren in dem Zustande, wie sie Clark beschrieben
 hatte.... Im Fort Fouras war keine Batterie in Ordnung, und es lagen
 nur 300 Mann dort.... Der Marinekommandant und der Intendant dieses
 Hafens waren so überrascht und von der Einnahme der Stadt so überzeugt,
 daß sie nur an die Rettung der Dokumente und Akten, nicht aber an
 Verteidigungsmaßregeln dachten. (Rettung der Kassen wird nicht erwähnt,
 in ihnen war wohl nichts?).... Aber was die Verteidiger aus
 Kopflosigkeit sowie Kleinmut verfehlten, das hoben die Angreifer durch
 Mangel an Tatkraft und schnellem Handeln auf. Der Befehlshaber der
 Truppen, Generalleutnant =Langeron=, gewann Zeit, die Garnison von
 Fouras zu verstärken, sowie an einigen Stellen am Strande Schanzen
 aufzuwerfen, auch verstand er es, seine schwachen Kräfte stärker
 erscheinen zu lassen; so wagten die Gegner nicht, etwas gegen das
 Festland zu unternehmen.«

Kurz nach der Rückkehr der Expedition ging Admiral =Hawke= am 22. Oktober
aufs neue mit 15 Linienschiffen in See, um die französische Flotte
abzufangen, die unter =Dubois de La Motte= von Louisbourg zurückerwartet
wurde. Seine Schiffe wurden jedoch in der Biskaya durch einen Sturm
zersprengt, und ehe sie sich wieder vereinigt hatten, lief der Gegner am
23. November in Brest ein.

$Im Jahre 1758$ fanden in =England= schon im Winter große
Indienststellungen statt. Im Februar verließ Admiral =Boscawen=
Portsmouth mit einer Expedition von 20 Linienschiffen, 18 Fregatten,
vielen kleineren Fahrzeugen sowie über 100 Transportern mit 12000 Mann
(14000?), die Louisbourg nahm. Kleinere Geschwader gingen nach West- und
Ostindien sowie nach Westafrika ab. Die Admirale =Lord Anson= und =Hawke=
wurden zur Blockade von Brest und zur Beobachtung der Kanalhäfen
entsandt; man sammelte ein kleineres Geschwader unter Kommodore =Richard
Howe= sowie Truppen auf Wight zu Vorstößen gegen die feindliche Küste.
Endlich kreuzte Kommodore =Holmes= mit einigen Schiffen an der
holländischen Küste.

 Die Division Holmes griff durch die =Eroberung Emdens= unmittelbar in
 den Siebenjährigen Krieg ein. Die Stadt war am 4. Juli 1757 von den
 Franzosen besetzt, jetzt wurde sie im März 1758 mit Unterstützung der
 Seestreitkräfte zurückerobert.

=Frankreich= gelang es wiederum, von den atlantischen Häfen Verstärkungen
nach Kanada zu senden, und zwar während der Wintermonate, als der Gegner
die Blockade noch nicht in vollem Maße aufgenommen hatte oder sie auch
wegen der Stürme nicht streng durchführen konnte. In drei Abteilungen --
unter Führung der Kapitäne =Des Gouttes=, =Beaussier de L'isle= und
=Comte de Du Chaffault= -- segelten insgesamt 9 Linienschiffe ab, von
denen aber nur 4 voll, die anderen als Flüten armiert waren, 2 Fregatten,
ein schweres Schiff der Indischen Kompagnie, sowie einige Transporter mit
Truppen und Kriegsmaterial. Im April sollte ein weiterer Transport von
Ile d'Aix aus folgen, wurde jedoch durch Hawke festgehalten.

 $Angriff auf französische Schiffe bei Ile d'Aix 1758.$ Am 3. April
 erschien =Hawke= vor der Insel; auf der Rhede lagen 5 Linienschiffe, 2
 Fregatten und etwa 40 Transporter. Als er am 4. nachmittags herankam,
 kappten die Franzosen ihre Ankertaue und setzten sich auf Strand. Die
 Engländer mußten gleichfalls der geringen Wassertiefe halber ankern und
 vermochten sich auch am 5. bei Flut nicht so weit zu nähern, daß sie
 die feindlichen Schiffe hätten vernichten können. Die französischen
 Kriegsschiffe erleichterten sich dann durch Überbordwerfen der Kanonen
 und liefen in die Charente ein; ihre Gegner mußten sich damit begnügen,
 die Bojen auf den Kanonen zu entfernen. Immerhin war die Abfahrt der
 Verstärkung verhindert, was vielleicht die Eroberung Louisbourgs
 erleichtert hat.

Nun folgte =eine Reihe von Angriffen auf französische Kanalhäfen=. Ihr
Zweck war angeblich, zugunsten Friedrichs II. französische Truppen vom
Kriegsschauplatz in Deutschland abzuziehen, doch wollte wohl England, wie
in den früheren Kriegen, hierdurch die Ausgangshäfen der französischen
Freibeuterei vernichten. Der Flotte unter =Anson=, dem =Hawke= als
zweiter im Kommando zur Seite stand, fiel die Aufgabe zu, jede Störung
durch französische Seestreitkräfte von den atlantischen Häfen aus zu
hindern; zur Ausführung war unter =Howe= ein Geschwader von Schiffen
bestimmt, die besonders für die Küstengewässer geeignet waren; die
Landungstruppen, 14000 Mann, befehligte General =Herzog von Marlborough=,
an dessen Stelle im Juli General =Bligh= trat. Da die Ereignisse wenig
Bemerkenswertes bieten, sollen sie nur kurz behandelt werden[81].

 [81] Genaueres bieten Clowes III, Seite 192-195; Lacour I, Seite
      312-317.

 $Angriffe auf französische Kanalhäfen 1758.$ =Howes= Geschwader zählte
 1 Linienschiff, 4 Schiffe zu 50 Kanonen, 10 Fregatten, 5 Sloops, 2
 Brander, 2 Mörserboote, viele kleine Fahrzeuge zu besonderen Zwecken
 sowie 100 Transporter für die Truppen; die Schiffe hatten eine große
 Zahl flachgehender Boote für Landungen an Bord. Am 1. Juni segelte
 =Anson= von England, um sich mit Hawke vor Brest zu vereinen, bald
 darauf ging Howe in See. Am 5. Juni nachmittags ankerte die Expedition
 in einer Bucht 6 Seemeilen östlich von $St. Malo$, 3 Fregatten sowie 1
 Sloop setzten die dort befindliche Strandbatterie außer Gefecht und
 vertrieben am Strande befindliche Truppen, so daß die Landung ohne
 Verlust vor sich gehen konnte; sie war am 6. beendet und am 7. wurde
 auf St. Malo marschiert. Die Einnahme der Stadt zeigte sich jedoch
 undurchführbar, und am 11. sowie 12. schiffte man die Truppen wieder
 ein, nachdem die Umgebung gebrandschatzt war; das Unternehmen hatte 30
 Tote und Verwundete gekostet. Durch ungünstigen Wind aufgehalten,
 langte die Expedition erst am 26. vor $Le Havre$ an. Hier versuchte man
 eine Landung nicht erst, da der Gegner zu gut vorbereitet war. Man
 ankerte am 29. Juni zwei Seemeilen entfernt vor $Cherbourg$. Hier
 vereitelte aufkommender Sturm die schon vorbereitete Landung. Da die
 Wetteraussichten für die nächste Zeit ungünstig erschienen, und da auch
 auf den überfüllten Schiffen Krankheiten ausgebrochen waren, ging
 =Howe= nach Spithead zurück; eine französische Fregatte war während der
 Unternehmungen genommen.

 In England wurden zunächst die Truppen zur Erholung ausgeschifft. Einen
 Teil derselben sandte man später zum Heere in Deutschland, mit dem Rest
 ging die Expedition am 1. August aufs neue in See. Am 6. wurde vor
 $Cherbourg$ erkundet, am 7. und 8. in einer Bucht 6 Seemeilen westlich
 der Stadt fast ungestört gelandet und diese dann ohne ernsten
 Widerstand besetzt. Stadt sowie Werke waren von den Franzosen geräumt.
 Man zerstörte nun die Befestigungen, Magazine und Schiffe im Hafen,
 doch war der Erfolg mehr moralischer Art, da Cherbourg damals nur eine
 unbedeutende Marinestation war; in kleinen Scharmützeln hatte man 20
 Tote sowie 30 Verwundete eingebüßt. Am 16. nahm man die Truppen wieder
 an Bord und ankerte am 18. bei Portland, da aber der Regierung der
 Erfolg nicht genügte, wandte man sich wieder gegen $St. Malo$.

 Am 4. September landete man in der Bucht von St. Lunaire, westlich der
 Stadt, sah aber auch diesmal vom Angriff auf die Stadt ab und
 beschränkte sich auf Brandschatzen. Da die genannte Bucht sehr felsigen
 Grund hatte, und das Wetter bedrohlich aussah, erachtete der Kommodore
 die Wiedereinschiffung hier für gefährlich; man wählte deshalb die
 Bucht von $St. Cas$, aber der Marsch dahin brachte eine schwere
 Niederlage. Aus Wäldchen und Hecken wurden die Truppen beschossen und
 sahen sich plötzlich am 11. September durch eine stärkere feindliche
 Streitmacht bedroht. In Eile wurde der Weg nach St. Cas fortgesetzt,
 aber hier gelang es nur noch, etwa ein Drittel der Truppen in Ruhe und
 Ordnung an Bord zu bringen, wobei man zuerst die Reiter und die
 Artillerie einschiffte. Da griffen die Franzosen mit allen Waffen an,
 und der Rückzug artete in Flucht aus. Der Gesamtverlust dieses
 Unternehmens bezifferte sich auf 822 Tote, Verwundete und Gefangene;
 darunter 4 Schiffskommandanten, die bei der Einschiffung befehligt
 hatten.

 $Bemerkenswert$ ist, daß der »Sieg am 11. September« in der Bretagne
 wie in ganz Frankreich großen Jubel erregte; er wurde gefeiert, in
 Liedern besungen, und der =Herzog von Aiguillon=, der die Truppen von
 Brest herangeführt hatte, war der Held des Tages.

Die englische Hauptflotte unter =Anson= blockierte die französischen
Kriegshäfen bis Mitte September. Als dann die Angriffe auf die Kanalhäfen
aufgegeben wurden, ging sie heim und ließ ein kleineres Geschwader
zurück, das erst im Dezember eingezogen wurde. Im Oktober kam =Du
Chaffault= mit seiner Division -- 4 Linienschiffen, 2 davon als Flüten
armiert, dem Kompagnieschiff und einer Fregatte -- von Kanada; er wäre
wohl abgefangen worden, wenn die Blockade noch in vollem Umfange
bestanden hätte. So erlitt er nur durch Zufall Verluste. Er =traf=
nämlich vor dem Eingang des Kanals =mit Boscawen zusammen=, der mit einem
Teile seiner Flotte gleichfalls auf der Heimreise von Nordamerika war.
Zum Glück der Franzosen war diese durch einen Sturm versprengt; Boscawen
hatte nur 4 Linienschiffe und 3 Fregatten bei sich. Die Gegner sichteten
sich am 27. Oktober und es kam gegen Abend zu einem Gefecht, das jedoch
wegen stürmischen Windes und hoher See bald abgebrochen wurde. In der
Nacht kam Du Chaffault von seinen Schiffen ab und erreichte Rochefort.
Seine übrigen Schiffe wurden am 28. von Boscawen gejagt; das
Kompagnieschiff wurde aufgebracht, ein Linienschiff lief in Seenot
Bristol an und wurde dort mit Beschlag belegt, der Rest rettete sich nach
Brest.

$Im Mittelmeer$ kreuzte $1758$ die englische Flotte unter Vizeadmiral
=Henry Osborne=. =De La Clue= lag seit November 1757 in Cartagena, wo er
Verstärkungen erwartete. Im Januar stießen 2 Linienschiffe nebst einer
Fregatte zu ihm, weitere 3 und eine Fregatte mußten noch in Toulon das
Eintreffen einer Division von der Levante, die Kauffahrer heimführte,
abwarten, um ihre Besatzungen zu ergänzen. Sie erschienen am 27. Februar
bei Cartagena und erhielten Befehl, vor dem Hafen zu bleiben, da de La
Clue nunmehr die Reise nach Westindien sofort antreten wollte. In der
Nacht aber wurden die Wartenden durch Sturm vertrieben und stießen am
anderen Morgen beim Kap de Gata auf Osborne. Sie wurden einzeln gejagt: 2
Linienschiffe wurden genommen, das dritte auf den Strand getrieben, nur
die Fregatte entkam. Da nun in Toulon keine Schiffe mehr bereit waren und
de La Clue ohne Verstärkung die Ausfahrt aus dem Mittelmeer nicht wagen
konnte, rief man ihn nach Toulon zurück, wo er am 26. April eintraf. Daß
die geschilderten Bewegungen der Franzosen überhaupt möglich gewesen
waren, spricht nicht zugunsten der Engländer; Osborne verfügte insgesamt
über 14 Linienschiffe, je zwei zu 40 und 50 Kanonen, 6 Fregatten und 2
Sloops.

$Der Versuch der Franzosen, 1759 in England einzufallen$, macht dieses
Jahr zu einem entscheidenden im See- und Kolonialkriege. Zwei große
Niederlagen in den europäischen Gewässern brachten der französischen
Marine derartige Verluste, daß ihre Tätigkeit auf allen
Kriegsschauplätzen gelähmt war. Pläne zu einem Einfall in England
beschäftigten =Frankreich= bereits seit 1756. Die verflossenen Jahre
hatten nun erkennen lassen, daß man nicht imstande sei, in allen Meeren
zu kämpfen, ja daß die Geldmittel den doppelten Krieg auf dem Festlande
und auf der See überhaupt nicht erlaubten. Der eigene Handel lag
hoffnungslos danieder, während der englische aufblühte und diesem Lande
die Mittel zu reichlicher Unterstützung der Gegner Frankreichs lieferte.

Diese Erwägung im Verein mit der Verstimmung über die Mißerfolge des
Jahres 1758 auf dem Lande brachten den feurigen =Choiseul=, der seit
November dieses Jahres Frankreich leitete, zu dem Entschlusse, die ganze
Kraft der Marine auf ein Ziel zu richten, auf den Einfall in England. Mit
dem Kriegsminister, =Marschall von Belle-Isle=, entwarf er folgenden
Plan[82]: Von Ostende aus sollten auf eigens dazu erbauten flachen
Fahrzeugen 20 000 Mann unter =General de Chevert= nach der Mündung des
Blackwater, nordöstlich von London, übergeführt werden; ein gleichstarkes
Heer unter dem =Herzog d'Aiguillon= sollte bei Vannes gesammelt, in der
Morbihanbucht[83] eingeschifft und in Schottland gelandet werden; ein
kleineres Korps endlich wollte man von Dünkirchen aus nach Irland werfen,
da man hier auf einen allgemeinen Aufstand rechnete. Die vereinigten
Seestreitkräfte von Brest und Toulon -- 35 bis 40 Linienschiffe -- waren
bestimmt, unter =Marschall de Conflans= zuerst die Expedition nach
Schottland zu führen und dann den Übergang nach England zu decken; für
die Überführung nach Irland waren nur einige Kriegsschiffe vorgesehen. --
Schon im Winter 1758/59 wurde mit den Vorbereitungen zu diesem großen
Unternehmen begonnen, aber Beratungen über den Plan, Mangel an
Geldmitteln, sowie der schlechte Zustand der Werften und Arsenale
verzögerten die Ausführung; erst spät im Sommer glaubte man sich bereit.
Inzwischen aber war eine Hauptsache, die Vereinigung der Toulonflotte mit
den Streitkräften des Atlantik, durch die Schlacht bei Lagos verhindert,
und England hatte Zeit zu nachdrücklichsten Abwehrmaßregeln gefunden.

 [82] Näheres über die verschiedenen Entwürfe, die in den verflossenen
      Jahren sowie jetzt in Erwägung gezogen sind, vgl. Lacour I, Seite
      293-303 sowie Seite 318 bis 322. Wir geben auch den nachstehenden
      Plan nach dieser Quelle; andere französische oder englische
      Angaben weichen nur unwesentlich ab.

 [83] $Morbihanbucht$ ist der Sammelname für die verschiedenen
      Meerbusen, die östlich der Quiberonbai in das Land eindringen.

 Obgleich man sämtliche Schlachtschiffe in Brest zusammenziehen wollte,
 hatte man zu Anfang 1759 den Chef d'Escadre =de Bompart= mit 8
 Linienschiffen und 3 Fregatten von Brest nach Westindien gesandt. Er
 sollte Truppen nach den bedrohten Inseln bringen und dann sofort
 zurückkehren. Durch die Ereignisse in Westindien wurde er zwar länger
 aufgehalten, als vorauszusehen war; da sich die Expedition aber
 verzögerte, so traf er noch vor deren Abgang in Brest wieder ein.

In =England= erfuhr man bald von der Absicht Frankreichs, und die Furcht
vor der Invasion erregte wie gewöhnlich die Gemüter. Aber die leitenden
Kreise hatten doch in strategischer Hinsicht gelernt und der
einsichtsvolle =Pitt= stand an der Spitze. Man hielt nicht mehr, wie
bisher so oft, die Streitkräfte ängstlich an der eigenen Küste zusammen,
sondern verwendete sie jetzt ganz in der Art, wie sie in der Einleitung
zu diesem Kriege (vgl. Seite 125) geschildert ist. Ein Geschwader
(=Kommodore Boys=) kreuzte vor Dünkirchen und Ostende, eins
(=Kontreadmiral Rodney=) vor der Küste der Normandie; hinter diesen lag
ein Geschwader (=Admiral Thomas Smith= und =Kommodore Sir Piercy Brett=)
in den Downs. =Sir Edward Hawke= blockierte Brest, und das
Mittelmeergeschwader (=Admiral Edward Boscawen=) war verstärkt. Diese
Streitkräfte zur Beobachtung und Abwehr des Gegners in den europäischen
Gewässern gewannen im Laufe des Jahres mehr und mehr an Stärke. Genaue
Zahlen stehen uns leider nicht zu Gebote, doch mag als Anhalt dienen, daß
Hawke im Juni über 25 Linienschiffe (dazu 4 50-Kanonenschiffe) und
Boscawen über 13 (dazu 2 50-Kanonenschiffe) verfügte; die kleineren
Beobachtungsgeschwader waren aus nur wenigen Linienschiffen zu 60
Kanonen, sonst aus 50-Kanonenschiffen und Fregatten zusammengesetzt.

 Aber auch die anderen Kriegsschauplätze wurden nicht vergessen. Nach
 Nordamerika ging im Februar eine Flotte unter Vizeadmiral =Charles
 Saunders= ab und brachte die dortigen Streitkräfte auf 20 Linienschiffe
 (dazu 2 50-Kanonenschiffe); zur Verstärkung der sonstigen Stationen
 waren schon im November 1758 8 Linienschiffe nach Westindien, 5 nach
 Ostindien ausgelaufen. Ferner sandte man Truppen nach diesen drei
 Kriegsschauplätzen sowie zum Festlandskriege; in England selber wurden
 die Milizen aufgeboten. Da die Franzosen nur an den Einfall in England
 dachten, blieben ihre Kolonien außer Westindien ohne Unterstützung und
 die Engländer errangen überall große Erfolge.

$Die Schlacht bei Lagos, 18. August 1759.$ In Toulon rüsteten =die
Franzosen= ein Geschwader von 12 Linienschiffen, darunter 2
50-Kanonenschiffe, und 3 Fregatten aus, das der Chef d'Escadre =de La
Clue=[84] nach Brest führen sollte. Dies war bei der Überlegenheit der
Engländer eine schwierige Aufgabe, zumal diesen Gibraltar als
Beobachtungsplatz zur Verfügung stand, wenn die Blockade von Toulon nicht
durchführbar war. Gerade jetzt erwies sich die Wichtigkeit dieses
Wachtturmes am Ausgange des Mittelmeeres, und es ist sehr befremdend, daß
selbst der einsichtige Pitt noch 1757 die Rückgabe Gibraltars Spanien als
Preis für ein Bündnis angeboten hat. Die englische Mittelmeerflotte war
während des Winters und des Frühjahrs auf 13 Linienschiffe, 2
50-Kanonenschiffe, 10 Fregatten, 2 Sloops und 2 Brander gebracht.

 [84] =De La Clue-Sabran= trat 1715 in die Marine, wurde 1727 Enseigne,
      1734 Lieutenant, 1742 Capitaine, war Schiffskommandant bei Toulon
      (1744), wurde 1755 Chef d'Escadre und führte bei Minorka (1755)
      die Nachhut. Bei Lagos schwer verwundet, wurde er nicht mehr aktiv
      verwendet, schied aber erst 1764 mit der Pension eines
      Lieutenant-Général aus dem Dienste.

=Admiral Boscawen=[85] übernahm am 16. Mai das Kommando und blockierte
sofort Toulon streng; am 7. Juni ließ er sogar durch 3 Linienschiffe 2
französische Fregatten auf der Äußeren Rhede angreifen, die englischen
Schiffe gerieten aber unter den Befestigungen in Windstille und litten
schwer. Um sie auszubessern, sowie um Wasser und Vorräte der Flotte zu
ergänzen, ging der Admiral Anfang Juli nach Gibraltar; er gebrauchte aber
die Vorsicht, auf der Höhe von Malaga, sowie vor Ceuta je eine Fregatte
auszulegen.

 [85] =R. Honorable Edward Boscawen=, geboren 1716, hatte sich schon im
      österreichischen Erbfolgekriege bei Vernons Expedition in
      Westindien und in der Schlacht bei Finisterre (1747) als
      Kommandant, dann als Kontreadmiral und Befehlshaber in den
      indischen Gewässern (vor Pondicherry 1748) ausgezeichnet. Im
      Siebenjährigen Kriege war er als Vizeadmiral 1755 Chef der Station
      in Nordamerika, 1756/57 leitete er zeitweise die Blockade von
      Brest, 1758 nahm er als Admiral Louisbourg. Nach dem Siege von
      Lagos wurde er zum »General of Marines« (nur ein Ehrentitel)
      befördert. 1760 leitete er wieder (abwechselnd mit Hawke) die
      Blockade von Brest; er starb am 10. Januar 1761.

=De La Clue= verließ am 5. August, als seine Schiffe endlich segelfertig
und mit genügender Mannschaft versehen waren, Toulon, traf am 17. August
vor der Straße von Gibraltar ein und wurde hier durch die eine der
Fregatten gesichtet. Diese meldete den Feind schon um 7-1/2 Uhr abends in
Gibraltar. Der französische Admiral beabsichtigte, sich jedem
Zusammenstoße zu entziehen, aber Boscawen ging mit äußerster
Beschleunigung unter Segel und bereitete ihm, der von einem Teil seiner
Schiffe im Stich gelassen wurde, in einem Verfolgungsgefechte am 18. und
19. August eine schwere Niederlage.

 $Schilderung der Schlacht bei Lagos.$ =Boscawen= war nicht völlig
 seeklar gewesen, sein Flaggschiff hatte nicht einmal Segel
 untergeschlagen, dennoch gelang es, noch vor 10 Uhr nachts die Flotte
 in zwei einige Seemeilen voneinander getrennten Gruppen in See zu
 bringen. =De La Clue= hatte mit östlichem Winde die Straße in Kiellinie
 passiert; er beabsichtigte nun, unter vollen Segeln mit westlichem
 Kurse in die offene See zu steuern, um sich einer Verfolgung zu
 entziehen. Er minderte auf dem Flaggschiff Segel und gab das Signal
 für den neuen Kurs; als dies von den nächsten Hinterleuten beantwortet
 war, löschte er die Admiralslaternen am Heck, mehrte Segel und steuerte
 WNW. Die Kiellinie war wohl bisher nicht gut geschlossen gefahren, denn
 die Segeleigenschaft der Schiffe war sehr verschieden, die des
 Flaggschiffes besonders gut, und so kam es, daß die letzten 5
 Linienschiffe sowie die Fregatten das Signal nicht bemerkten; als sie
 die Admiralslaternen aus Sicht verloren, steuerten sie NNW, um Cadiz zu
 erreichen, da dieser Hafen durch einen früheren Befehl als Sammelpunkt
 bei verloren gegangener Fühlung bezeichnet war.

 Am 18. August gegen 7 Uhr vormittags sichtete Boscawen mit seiner vorn
 segelnden Gruppe, 8 Linienschiffen, de La Clue mit 7 Linienschiffen
 unter vollen Segeln in Kiellinie; er gab seinen drei besten Seglern den
 Befehl, Segel zu pressen und die letzten Schiffe der Franzosen
 festzuhalten. Um 2-1/2 Uhr nachmittags kam der vorderste Engländer mit
 dem hintersten Feinde ins Gefecht; zum Vorteil der Verfolger flaute der
 Wind für die westlicher stehenden Schiffe ab, während die nachfolgenden
 noch Wind genug hatten, so daß bis bald nach 4 Uhr die ganze Gruppe
 Boscawens eingreifen konnte.

 Um 4-1/2 Uhr kam es zum Kampf zwischen den beiden Flaggschiffen, in dem
 das englische, »Namur« mit 90 Kanonen, von dem französischen, »L'Océan«
 mit 80 Kanonen, im Laufe einer halben Stunde durch Beschädigung der
 Takelage außer Gefecht gesetzt wurde, so daß Boscawen auf ein anderes
 Schiff gehen mußte. Hervorragend focht auch das letzte französische
 Schiff, »Centaure«, mit 74 Kanonen unter Kapitän de Sabran, der 11
 Wunden davontrug; es hielt stundenlang gegen 5 englische Schiffe stand,
 bis es wrack und halb voll Wasser die Flagge strich. Dieser Opfermut
 gab den anderen Franzosen Gelegenheit, ihre Flucht fortzusetzen.
 Boscawen warf später einigen seiner Kommandanten vor, nicht tatkräftig
 genug eingegriffen zu haben, doch wurden sie anscheinend durch
 Windstille zurückgehalten. Während der unsichtigen Nacht retteten sich
 dann zwei Franzosen durch Ausbrechen aus ihrem Geschwader; der Rest
 wurde am 19. in die Bucht von Lagos gejagt. Das Flaggschiff setzte sich
 hier auf den Strand, die anderen ankerten unter den portugiesischen
 Batterien. Boscawen, dessen zweite Gruppe (Vizeadmiral Broderick) nun
 auch herangekommen war, nahm aber keine Rücksicht auf die Neutralität
 Portugals und griff an; 2 feindliche Schiffe wurden genommen, 2
 verbrannt. Unter den letzteren war das Flaggschiff; den an beiden
 Beinen schwer verwundeten Admiral hatten seine Leute vorher an Land
 geschafft.

 =Der Verlust= der Franzosen betrug 5 Linienschiffe, sowie gegen 200
 Tote und Verwundete allein auf »Océan« und »Centaure«. Die Engländer
 büßten 175 Mann ein, und zwar fast nur auf den Schiffen der ersten
 Gruppe. Aber auch die entwichenen französischen Schiffe waren außer
 Gefecht gesetzt. Die nach Cadiz gesegelten wurden hier bis zum Januar
 1760 blockiert gehalten; die beiden später geflohenen erreichten auf
 Umwegen erst im Oktober Rochefort.

=Die Schlacht bei Lagos= kostete Frankreich seine Mittelmeerflotte und
=ist bemerkenswert als gutes Beispiel eines reinen Verfolgungsgefechtes=.
Die französischen Streitkräfte waren den englischen an Schlachtschiffen
nur wenig unterlegen; es standen 12 Franzosen mit 806 Kanonen gegen 15
Engländer mit 998. Dennoch handelte =de La Clue= richtig, wenn er ein
Zusammentreffen unbedingt zu vermeiden suchte; seine Aufgabe war, die
Flotte ungeschwächt und schnell zur Vereinigung nach Brest zu führen.
Sich dem Kampfe durch Einlaufen in Cadiz, dem von ihm für alle Fälle
angegebenen Sammelpunkt, zu entziehen, wäre zwecklos gewesen, da er dann
hier wie bislang in Toulon blockiert worden wäre.

Er hätte aber für Zusammenhalten der Flotte sorgen müssen, in der Nacht
vor der Schlacht trennten sich jedoch die hintersten 5 Schiffe und
segelten nach Cadiz. Von älteren französischen Quellen werden die
Kommandanten dieser Schiffe des Ungehorsams, ja selbst der Feigheit,
beschuldigt, neuere Schriftsteller urteilen mit Recht milder. Der Admiral
mußte seine Absicht noch bei Tageslicht kundgeben oder hätte sich doch in
der dunkeln Nacht erst überzeugen müssen, ob sein Signal allgemein
verstanden sei, ehe er den beschleunigten Marsch antrat; bei dem noch
unvollständigen Signalsystem[86] war dies unbedingt notwendig. Er hätte
ferner schon vorher die Marschgeschwindigkeit der Flotte den langsamsten
Schiffen anpassen müssen, um einem Zurückbleiben dieser vorzubeugen.

 [86] Nach =Colomb=, Seite 139, gab es zu dieser Zeit in der
      französischen Marine noch keine genauen Nachtkurssignale; der
      Admiral konnte in vorliegendem Falle für seinen Zweck nur etwa
      signalisieren: »Raum segeln über Backbordbug«.

Den Nachteil, der einer Flotte durch ungleiche Marschfähigkeit ihrer
Schiffe erwächst, wenn sie sich dem Kampfe entziehen will, nützte
=Boscawen= richtig aus, als er am 17. folgte, ehe er seine Flotte
aufgeschlossen hatte, und als er am 18. August ohne Rücksicht auf Ordnung
durch seine schnellsten Schiffe die letzten des Gegners angreifen ließ,
um diesen überhaupt festzuhalten. Der Kommandant des hintersten
französischen Schiffes, Kapitän =de Sabran=, verdient das höchste Lob
dafür, daß er hierbei durch heldenmütige Verteidigung und Aufopferung so
viele Gegner festhielt, um seine Kameraden zu retten.

 =Kapitän de Sabran= wurde während seiner Gefangenschaft in Gibraltar
 von den Engländern mit Auszeichnung behandelt und später in Toulon, in
 Paris sowie am Hofe sehr gefeiert. Den übrigen Kommandanten warf die
 öffentliche Meinung Ungeschick und Ungehorsam, ja sogar Feigheit und
 Verrat vor. Auch =de La Clue= fiel in Ungnade. Nach älteren Quellen
 soll er bald nach der Schlacht seinen Wunden erlegen sein, nach
 englischen Angaben schon in Lagos. Dies muß ein Irrtum sein, denn
 Lacour führt ausdrücklich an, er sei von =Choiseul=, der 1761 das
 Marineministerium übernahm, milder beurteilt und habe erst 1764 den
 Dienst verlassen.

Bezeichnend ist endlich noch das Auftreten des englischen Admirals an der
Küste des neutralen Portugals; aber dieser Staat war so abhängig von
England, daß man keine Rücksicht zu nehmen brauchte. Es erfolgte auch
später nur eine förmliche Entschuldigung durch den englischen Gesandten;
dieser war aber durch Pitt angewiesen, dabei keinen Zweifel zu lassen,
daß man weder die genommenen Schiffe wieder ausliefern noch den Admiral
tadeln würde.

$Das Auslaufen der französischen Brestflotte 1759.$ Am 3. Juli erschien
Kontreadmiral $Rodney vor Le Havre$ mit einem Linienschiffe, 4
50-Kanonenschiffen, 5 Fregatten und 6 Mörserbooten, um die hier für die
Expedition gebauten flachen Transportfahrzeuge, sowie die angehäuften
Ausrüstungsgegenstände zu vernichten. Er überschüttete während 52 Stunden
Stadt und Hafen mit 1900 Bomben und 1100 Brandgeschossen. Die Einwohner
flüchteten; die Kauffahrer im Hafen, sowie die Magazine erlitten großen
Schaden, und die flachen Boote, die in einem benachbarten kleinen
Seinehafen Schutz gesucht hatten, wurden verbrannt, um sie nicht in
Feindeshand fallen zu lassen.

=Admiral Hawke= hatte die Blockade von Brest im Juni mit 25
Linienschiffen nebst zahlreichen Fregatten aufgenommen. Er ließ hierbei
seine leichten Schiffe dicht vor dem Hafen kreuzen, während er sich mit
den schweren in sicherer Entfernung von der Küste hielt. Später zweigte
er eine kleine Division unter =Kommodore Robert Duff= zur Beobachtung der
Morbihanbucht ab, wo sich die französische Expedition sammelte, und
sandte bald darauf noch eine zweite unter =Admiral Geary= vor die
Quiberonbucht, um dem von Westindien zurückerwarteten Geschwader de
Bompart (siehe Seite 148) den Weg nach Rochefort zu verlegen. Nur einmal
versuchten die Franzosen mit 4 Linienschiffen von Brest zur Morbihanbucht
durchzubrechen; diese mußten jedoch wieder umkehren, da die innere
Blockadelinie aufmerksam war und die Flotte heranrief.

Diese kleine französische Division unter Kapitän =de Morogues= sollte die
unmittelbare Deckung des Transportes für den Einfall in England
übernehmen. An diesem hielt man nämlich immer noch fest, obgleich die
Rüstungen so langsam fortschritten, daß die Herbststürme herannahten, und
obgleich mit der Mittelmeerflotte nicht mehr gerechnet werden konnte. Der
Plan erlitt aber insofern eine Einschränkung, als von der Überführung
eines Heeres über den Kanal abgesehen und nur die große Landung in
Schottland, sowie die Diversion nach Irland im Auge behalten wurde. Auch
diese Einschränkung scheint erst spät beschlossen oder überhaupt nur die
Folge der weiteren Ereignisse gewesen zu sein, denn noch in einer
Verfügung an Admiral =Conflans= in Brest vom 13. September ist von dem
gegen England bestimmten Heere die Rede, als dessen Führer man jetzt den
Prinzen =Soubise= nannte.

 Das Mißgeschick bei Lagos sowie die sorgfältige Überwachung der Küsten
 durch die Engländer hätte wohl von dem ganzen Unternehmen abmahnen
 müssen. Aber man wünschte in Paris durch einen Erfolg auf dem Meere die
 im Landkriege erlittenen Scharten auszuwetzen und dadurch einen
 ehrenhaften Frieden herbeizuführen. Französische Quellen besagen, das
 Aufgeben des Planes nach den großen Vorbereitungen wäre für Frankreich
 ein volles Eingeständnis seiner maritimen Ohnmacht gewesen. Daraufhin
 aber sich in ein fast aussichtsloses Wagnis zu stürzen, spricht nicht
 für die Einsicht der leitenden Kreise. Doch kann dies kaum mehr
 wundernehmen als die Bestimmung des Prinzen von Soubise, der sich bei
 Roßbach ganz unfähig gezeigt hatte, zum Führer eines so schwierigen
 Unternehmens.

Im September hielt man das an der Morbihanbucht zusammengezogene Heer,
sowie die Flotte in Brest für schlagfertig und erteilte am 15. d. M. dem
Vizeadmiral der Levante, =Marschall de Conflans=[87], den Befehl, von
Brest in See zu gehen, die Truppen abzuholen und am Clyde oder an der
Ostküste Schottlands zu landen. Doch wieder traten Verzögerungen ein,
weil die Ansichten über die Ausführung des Planes auseinandergingen. Der
Marineminister =Berryer= erachtete den Admiral taktisch für nicht
geschickt genug, um das Vorgehen des Feindes zu hindern und die Überfahrt
der Transportflotte ohne entscheidenden Kampf zu sichern. Sein Plan war
daher, für die unmittelbare Begleitung der Transporter nur 6
Linienschiffe zu bestimmen, die Flotte aber vorauszusenden, um die
Schlacht vorher zu schlagen; brachte diese einen entscheidenden Sieg, so
wäre der Weg frei, verlief sie ungünstig, so würde wenigstens der
Transport nicht gefährdet.

 [87] =Hubert de Brienne, Chevalier (später Comte) de Conflans=, trat
      1706 in die Marine ein, wurde bei dem damals schlechten Avancement
      erst 1712 Enseigne, 1727 Lieutenant de vaisseau, 1735 Capitaine
      (1747 Gouverneur von St. Domingue), 1748 Chef d'Escadre, 1752
      Lieutenant-Général, 1756 Vizeadmiral der Levante und 1758
      Marschall. Im Österreichischen Erbfolgekriege zeichnete er sich
      dadurch aus, daß er mehrmals mit nur wenig Kriegsschiffen starke
      Konvois von Kauffahrern oder Transportern glücklich nach und von
      Westindien führte. Im Siebenjährigen Kriege Chef der Streitkräfte
      am Atlantik, hatte er bisher keine Gelegenheit zu kriegerischer
      Tätigkeit gehabt, da die verfügbaren Schiffe stets überseeisch
      verwendet waren. Jetzt war er gegen 70 Jahre alt und, wenn auch
      ein tüchtiger Offizier, seiner hohen Stellung und schweren Aufgabe
      wohl kaum noch gewachsen; er starb am 22. Januar 1777 in Paris.

=De Conflans= -- der sich übrigens stets darüber beklagt hatte, daß Heer
und Transporter nicht bei Brest gesammelt seien und daß er so bei
Benutzung einer günstigen Gelegenheit für das Auslaufen zu einem
zeitraubenden Umweg gezwungen sei -- war anderer Ansicht; er bestand
darauf, den Transport mit der ganzen Flotte zu begleiten und, wenn nötig,
auch so einen Angriff abzuschlagen. Am 14. Oktober erhielt er denn auch
eine neue Order (wörtlich bei Lacour I, Seite 366), die ihm freistellte,
»ganz nach seiner Ansicht und Erfahrung zu handeln«. Der Augenblick war
günstig, da die englische Flotte wegen eines Sturmes die Blockade für
kurze Zeit hatte aufgeben müssen. Aber Conflans zögerte immer noch und
zwar, wie er berichtete, weil die Ausrüstung der Flotte nicht
abgeschlossen und die Besatzungen nicht vollzählig, sowie zu wenig
eingeübt seien; die meisten Schiffe hatten seit drei Jahren den Hafen
nicht verlassen. Am 9. November sah sich die englische Flotte wiederum
durch das Wetter genötigt, die Blockade abzubrechen und nach Torbay zu
segeln; diese Gelegenheit benutzte das gerade vor Westindien anlangende
Geschwader =Bomparts=, um in Brest einzulaufen. Es zählte 8 Linienschiffe
und würde die Brestflotte auf 27 solcher gegenüber 23 der englischen
Blockadeflotte gebracht haben; Conflans zog sie aber hierzu nicht heran,
sondern füllte mit ihren seeerfahrenen Besatzungen seine Schiffe auf.
Diese Maßregel wird sehr verschieden beurteilt, muß aber wohl als
zweckentsprechend angesehen werden; sie läßt auf den traurigen Zustand
der übrigen Schiffe schließen. =Conflans= ging dann am 14. November mit
östlichem Winde in See und steuerte südwärts.

Admiral =Hawke= hatte am 12. Torbay wieder verlassen, sobald das Wetter
besser geworden, war aber nochmals zur Umkehr gezwungen; er trat dann
auch am 14. die Fahrt nach Brest an und hörte vor dem Hafen, daß der
Feind im Süden mit östlichem Kurse gesehen sei; er schloß richtig, daß er
zur Quiberonbucht wolle, und folgte unter einem Preß von Segeln.

$Die Schlacht bei Quiberon, 20. November 1759$[88]. Marschall =de
Conflans= hoffte zwar eine Schlacht zu vermeiden, mußte aber eine solche
sogar suchen, wenn er auf die englische Flotte stieß und dennoch die
Expedition mit den Transportern durchführen wollte; die Vereinigung
allein mit diesen in der Quiberonbucht würde sonst nur eine weitere
Blockade von Flotte und Konvoi zur Folge gehabt haben, nunmehr in =einem=
Hafen, also eine leichtere Aufgabe für den Gegner. In einem ausführlichen
Flottenbefehle betonte er, daß man wahrscheinlich bald mit dem Feinde
zusammenstoßen würde, und er erließ ausführlichste Gefechtsvorschriften
für alle möglichen Verhältnisse, unter denen dies erfolgen könnte. Stets
war mit tönenden Worten auf ein schneidiges Vorgehen hingewiesen. Mit
Vorstehendem aber stimmte der weitere Verlauf der Dinge durchaus nicht;
=Conflans= traf weder Maßregeln, um sich durch Aufklärer vor Überraschung
zu sichern, noch trat er dem Feind entgegen, als dieser erschien.
Südöstliche Winde hemmten die Fahrt der Flotte und versetzten sie
westlich; erst am 19. November abends stand sie etwa 70 Seemeilen
südwestlich von Belle-Ile.

 [88] Nach Troude I (dort Seite 381 ff. wörtlich der Flottenbefehl
      Conflans' vor der Abfahrt, sowie dessen Bericht über seine
      Absichten, als er den Gegner sichtete, und über den Verlauf der
      Schlacht); Clowes III; Lacour I; Mahan I; Colomb. -- Die Schlacht
      wird in Frankreich auch »=La bataille des Cardinaux=« genannt.

Jetzt drehte der Wind nach Westen und Conflans nahm Kurs auf die
Quiberonbucht; da der Wind schnell auffrischte, mußte er aber kleine
Segel führen, um nicht während der Nacht vor der Einfahrt anzukommen. Bei
Tagesanbruch am 20. wurden voraus einige Segel gesichtet. Es war die
Division des Kommodore =Duff=, der die Quiberonbucht bewachte: 1
Linienschiff, 4 50-Kanonenschiffe, sowie 3 oder 4 Fregatten. Duff hatte
hinter Belle-Ile vor Anker gelegen und war in wenigen Minuten, nach
Kappen der Ankertaue, unter Segel gegangen, als er durch eine vor der
Einfahrt kreuzende Fregatte das Nahen der Franzosen erfuhr. =Conflans=,
der in Brest stets Nachrichten von der Morbihanküste erhalten hatte,
schloß ganz richtig, daß er es nur mit Duff zu tun habe, und befahl
allgemeine Jagd. Die englische Division teilte sich; einige Schiffe
segelten über Backbordbug beim Winde nach Süden, die anderen unter Duff
hielten raum wieder auf die Küste zu. Diesen folgte Conflans mit Vorhut
und Mitte seiner Flotte, da sie den größeren Teil des Feindes ausmachten
und auf seinem Kurse lagen; gegen den kleineren Teil sandte er die
Nachhut. Bald darauf aber meldete diese zahlreiche Schiffe im NW und auch
das Flaggschiff sichtete sie; es war =Hawkes= Flotte, die unter vollen
Segeln herankam. Duff ging nun an den Wind und vereinigte sich mit Hawke;
Conflans rief seine Nachhut zurück und gab Befehl zum Bilden der
Kiellinie, sowie für Vorbereitung zum Gefecht.

Wenn er wirklich zunächst die Absicht gehabt hatte, den Kampf auf offener
See anzunehmen, so gab er sie doch bald auf, da es mit allen Anzeichen
aufkommenden schweren Wetters hart aus WNW wehte und da die Flotte dicht
unter einer Leeküste einem überlegenen Feinde gegenüber in Lee stand. Er
entschloß sich, einzulaufen, in der sicheren Voraussetzung, daß Hawke
nicht wagen würde, bei den Wetterverhältnissen ohne Lotsen und genaue
Karten in das mit Bänken und Riffen besetzte Gewässer zu folgen. Er
hoffte noch unbehelligt hineinzukommen und wollte dann dicht unter dem
westlichen Ufer der Bucht ankern. So dachte er den Gegner, falls dieser
doch folgen sollte, zu zwingen, zum Angriff nun seinerseits die
Leestellung mit der Küste in Lee einzunehmen. Er setzte sich mit dem
Flaggschiff an die Spitze der Flotte, um sie zu führen; auf seinen Platz
für die Gefechtsformation in der Mitte beabsichtigte er erst später
wieder zu gehen.

[Illustration: Admiral Edward Lord Hawke.]

Aber keine seiner Voraussetzungen traf ein. Das Bilden der Linie dauerte
lange, die Engländer kamen schnell näher, und =Hawke= ließ sich keinen
Augenblick durch die vor ihm liegenden Gefahren beirren. Als erfahrener
Seemann würdigte er sie vollauf, aber er war ein ruhiger und tapferer
Mann und er schätzte den Schneid sowie die Erfahrung seiner, durch die
harte Schule langer Blockaden erprobten Offiziere und Mannschaften höher
ein als die der Franzosen; er wußte, daß sein Land die Vernichtung der
feindlichen Flotte erwartete -- wurde er doch, während er hier dieses
Werk vollbrachte, in England in effigie verbrannt, weil er diese aus
Brest hatte entschlüpfen lassen. Zweifellos rechnete er auch damit, daß
die vorausfahrenden Franzosen ihm als Lotsen dienen oder zuerst auf den
Grund kommen würden. Er nahm die Verfolgung auf, erreichte die feindliche
Flotte noch in der Einfahrt und setzte sie durch einen Kampf in der Melée
unter den schwierigsten Umständen -- Sturm, schwere See, sowie Leeküste;
eine ungeheure Zahl von Schiffen auf kleinem, gefährlichem Raum -- für
den weiteren Verlauf des Krieges außer Gefecht.

 $Die Stärke der Flotten$:

   ====================================================================
   Kanonenzahl         |100| 90| 80| 74| 70| 64| 60|
   ====================================================================
   Englische Schiffe   |  1|  3| --|  7|  5|  2|  5| = 23 Linienschiffe
   Französische Schiffe| --| --|  4|  6|  4|  7| --| = 21       "

 Hinzu traten auf englischer Seite: 4 50-Kanonenschiffe (Division Duff),
 6 Fregatten zu 28-36 Kanonen; auf französischer Seite: 2 oder 3
 Fregatten zu 30 Kanonen, 2 Korvetten mit 6 und 16 Kanonen.

 $Französische Flaggoffiziere$: Vorhut Chef d'Escadre =de Bauffremont=,
 Prince de Linois; Mitte Marschall =de Conflans=; Nachhut Chef d'Escadre
 =St. Andrée du Verger=.

 $Englische Flaggoffiziere$: Vizeadmiral =Sir Charles Hardy=; Admiral
 =Hawke=; Kommodore =James Young=.

 $Der Verlauf des Kampfes$ wird in allen Quellen nur skizzenhaft
 gegeben, ergänzt durch Schilderung der Schicksale einzelner Schiffe;
 dies ist dadurch erklärlich, daß auf beiden Seiten bald jede Ordnung
 aufhörte. Die englische Flotte stand beim Sichten des Feindes gegen 10
 Uhr vormittags WzS von Belle-Ile, die französische in SW dieser Insel
 und näher bei ihr. =Hawke= bildete Dwarslinie, um seine hinteren
 Schiffe aufkommen zu lassen, gab aber bald den 7 Schiffen, die dem
 Feinde am nächsten waren, Befehl zur Jagd. Auf französischer Seite
 dauerte das Bilden der Linie sowie das Aufnehmen der abgezweigten
 Vorhut längere Zeit, in der die Engländer vor dem stürmischen Westwinde
 schnell aufkamen. =Conflans= setzte dann schon frühzeitig so viel Segel
 als möglich, und während der nun folgenden Jagd gingen infolge der
 ungleichen Segelfähigkeit der Schiffe bald Fühlung und Ordnung in der
 französischen Linie verloren; die Nachhut war überhaupt noch nicht ganz
 herangekommen.

[Illustration: Quiberonbucht.]

 Gegen 2-1/2 Uhr nachmittags passierte Conflans mit dem Flaggschiff die
 Felsen =Les Cardinaux= und ging näher an den Wind, um in die
 Quiberonbucht zu steuern; zu gleicher Zeit griff das vorderste
 englische Schiff südlich von Belle-Ile das letzte französische an und
 nach kurzer Frist waren 9 Engländer mit 4 oder 5 Franzosen der Nachhut
 in einem laufenden Gefecht. Bald darauf drehte der zum Sturm mit
 schweren Böen gewordene Wind nach NNW, wodurch die Ordnung der
 französischen Linie noch mehr gestört und dem Rest der Engländer das
 Herankommen erleichtert wurde; auch die letzten Schiffe der
 französischen Mitte wurden nun angegriffen. Gegen 3-1/2 Uhr wendete
 =Conflans= mit dem Flaggschiff, um sich nach der Mitte zu begeben, auch
 heißte er für die anderen Schiffe das Signal, im Kontremarsch zu
 wenden; er hoffte so eine geordnete Linie wieder herzustellen, scheint
 also die Absicht gehabt zu haben, den Kampf aufzunehmen, um seine
 Nachhut zu retten. Von diesem Augenblicke an ist es nicht mehr möglich,
 den Verlauf des Gefechtes zu übersehen. Bei dem Versuche, dem Befehle
 nachzukommen, trieben die französischen Schiffe in Haufen zusammen, und
 immer mehr Engländer kamen heran; dabei ging der kurze Novembertag zu
 Ende.

 In dem Dreieck zwischen den Bänken =Les Cardinaux= und =Le Four= sowie
 der Insel =Dumet= fochten gegen 50 Schiffe in der Melée. Manche,
 namentlich französische, sind wohl kaum zum Feuern gekommen, weil sie
 sich gegenseitig behinderten, wie denn auch verschiedene Zusammenstöße
 erfolgten; dazu kamen der schwere Sturm sowie die hohe See, die die
 Manöver erschwerten und viele Schiffe zwangen, die Pforten der
 untersten Batterie geschlossen zu halten. Die 7 Schiffe der
 französischen Nachhut, die den Kampf wacker aufnahmen, hatten schon zu
 Anfang schwer gelitten. =St. Andrée= fiel und ebenso sein Flaggkapitän
 (sein Bruder), aber das Schiff strich erst um 4-1/2 Uhr die Flagge, als
 es 200 Tote verloren hatte und fast wrack war; ein zweites war
 genötigt, die Flagge zu streichen und zu ankern, da es jedoch des
 schweren Wetters wegen vom Gegner nicht besetzt wurde, heißte es die
 Flagge wieder und zog sich aus der Melée; ein drittes endlich floh
 schwer beschädigt und sank vor der Loiremündung. Von der französischen
 Vorhut kenterte ein von beiden Seiten hart bedrängtes Schiff, da in
 einer schweren Bö das Wasser durch die Leepforten der untersten
 Batterie hineinströmte; ein anderes wurde durch das Feuer des
 englischen Flaggschiffes zum Sinken gebracht.

 Nach Eintritt der Dunkelheit löste sich das Gewühl. =Conflans= wollte
 seine Flotte wieder ins offene Meer hinausführen, konnte sich jedoch
 zuerst nicht aus dem Knäuel lösen, fürchtete dann, unklar von Le Four
 zu kommen und ankerte in der Nähe dieser Bank. 7 Schiffe, unter ihnen
 der Führer der Vorhut, =Bauffremont=, entwichen nach Süden und fanden
 sich später vor Rochefort zusammen; 7 andere sowie die Fregatten
 ankerten vor der Mündung der Vilaine. Admiral =Hawke=, der in der
 Dunkelheit an keine Verfolgung denken konnte, ging ungefähr in der
 Mitte des Kampfplatzes vor Anker, seinem Beispiele folgten aber nur die
 Schiffe in seiner Nähe, die dies bemerkten. Das Nachtsignal zum Ankern,
 zwei Kanonenschüsse, wurde nicht verstanden, da auch sonst noch
 gefeuert wurde; so suchten die anderen Schiffe sich Ankerplätze nach
 Belieben, einige gingen auch in See hinaus.

 Am 21. November bei Tagesanbruch hatte =Hawke= nicht viele Schiffe
 beisammen und englische Quellen sagen, hier sei für die Franzosen
 Gelegenheit gewesen, mit Übermacht aufzutreten. Dabei wird angenommen,
 daß die sieben nach Süden entwichenen französischen Schiffe während der
 Nacht in der Nähe, vielleicht südlich Le Four, vor Anker gelegen
 hätten; nach Andeutung einer französischen Quelle (Lacour) scheint dies
 der Fall gewesen zu sein, doch schweigen die anderen hierüber.
 =Conflans= sah sich am Morgen fast allein nicht weit von Hawke liegen,
 nur das Schiff der Nachhut, das die Flagge wieder geheißt hatte, war in
 seiner Nähe; er glaubte nicht mehr entkommen zu können und setzte sein
 Schiff in der Bucht von Croizic auf den Strand, wie es kurz vor ihm das
 eben genannte Schiff getan. =Hawke= hatte tatsächlich ein Schiff gegen
 diese beiden beordert, doch strandete dies auf Le Four, wo schon ein
 anderes englisches seit dem Tage vorher festsaß. Weitere Versuche, den
 Sieg auszunutzen, konnte Hawke des Wetters wegen am 21. noch nicht
 machen und infolgedessen gelang es den französischen Schiffen vor der
 Vilaine an diesem und dem folgenden Tage, nachdem sie sich durch
 Überbordwerfen von Geschützen sowie Material möglichst erleichtert
 hatten, die Barre vor dem Flusse zu überschreiten, diesen eine Strecke
 hinaufzulaufen und sich so vor Angriffen von See her zu sichern. Als am
 22. das Wetter besser geworden war, wollte =Hawke= die Schiffe bei
 Croizic verbrennen, die Franzosen zündeten sie aber selber an; es
 wurde ihnen dadurch unmöglich, die wertvolle Artillerie des
 Flaggschiffes zu bergen.

 $Beurteilung der Franzosen.$ Der 20. November 1759 war kein Ruhmestag
 für diese, weder für den Admiral noch für die meisten Kommandanten. Daß
 die französischen Seeoffiziere im allgemeinen tapfere Männer waren, wie
 es bei dem Charakter ihres Volkes und bei ihrer Abstammung von dem
 alten kriegerischen Adel von vornherein anzunehmen ist, beweist die
 ehrenvolle Verteidigung der Nachhutschiffe, die noch unter einigermaßen
 normalen Verhältnissen in den Kampf eintraten; aber fast allgemein
 fehlte es ihnen an Umsicht und an Selbstvertrauen. In Frankreich wurden
 dann auch Klagen erhoben, die von französischen Schriftstellern zum
 Teil noch jetzt als begründet angesehen werden[89].

 [89] Vgl. Lacour I, Seite 330 ff.; Verteidigungen der Betroffenen vgl.
      Troude I, Seite 385 ff. und 399.

 Dem Admiral =Conflans= wirft man zunächst vor, daß er sich auf seinem
 Marsche nicht gesichert habe; überrascht, habe er dann den Kopf
 verloren. Er hätte -- wie es auch =de La Clue= bei Lagos hätte tun
 müssen -- beim Ansteuern der Quiberonbucht die Geschwindigkeit der
 Flotte nach der des langsamsten Schiffes regeln und vor allem die
 Nachhut herankommen lassen müssen. Als diese angegriffen wurde, hätte
 er sofort wenden sollen; vielleicht war dann noch Zeit, sie zu retten,
 ehe die Gesamtmacht des Feindes in Gefechtsordnung auftreten konnte.
 Oder er hätte sie opfern und seinen Plan, eine Verteidigungsstellung in
 der Bucht einzunehmen, mit Mitte und Vorhut zur Ausführung bringen
 müssen; durch den zu späten Versuch, dem Gegner entgegenzutreten, habe
 er die völlige Unordnung der Flotte und damit deren Ohnmacht
 hervorgerufen. Es wird dem Marschall endlich vorgeworfen, sein Schiff,
 das gar nicht sehr gelitten hatte und ein vorzüglicher Segler war,
 vorzeitig ohne Fluchtversuch auf den Strand gesetzt und später ohne
 jeden Kampf verlassen zu haben. -- Den Chef der Vorhut, =Bauffremont=,
 traf der Vorwurf der Indisziplin, sogar auch, wie zu allen Zeiten in
 Frankreich bei Katastrophen üblich, der des »Verrates«, weil er »mit
 seiner Division« den Marschall im Stich gelassen habe. Wörtlich trifft
 dies aber nicht zu; die nach Rochefort geflüchteten Schiffe kamen
 einzeln und teilweise vor Bauffremont dort an und zwar nicht nur
 Schiffe der Vorhut, sondern auch solche der Mitte und der Nachhut,
 ebenso wie sich die nach der Vilaine gesegelten aus allen drei
 Divisionen zusammensetzten. Aus diesem Umstande geht hervor, daß jeder
 französische Kommandant selbständig seine Rettung aus dem Gewirr
 gesucht hat. Wohl aber hätte Bauffremont als Zweiter im Kommando am 21.
 versuchen müssen, möglichst viel Schiffe zu sammeln und seinen Chef zu
 unterstützen. -- Der gleiche Vorwurf der Indisziplin und des Mangels an
 Tatkraft wurde allen =Kommandanten= gemacht.

 Diese Beschuldigungen sind gewiß nicht ganz unberechtigt, aber man muß
 sich auch die Lage der französischen Offiziere vergegenwärtigen. Der
 größere Teil der Schiffe ging zum ersten Male seit Jahren in See, die
 Besatzungen waren ungeübt, die Flotte hatte noch niemals im Verbande
 gesegelt, und nun sollten schwierige Manöver unter den ungünstigsten
 Umständen ausgeführt werden. Welch ein Zustand mag dabei auf den
 Schiffen geherrscht haben. Das niederdrückende Gefühl der Flucht vor
 einem überlegenen Feinde trat hinzu; da kann es nicht wundernehmen,
 wenn den Verantwortlichen die Nerven versagten und sie alles verloren
 glaubten. Hinterher entschuldigten sie sich mit der Pflicht, in solcher
 Lage wenigstens ihr Schiff dem Könige zu erhalten. Eine wirkliche
 Untersuchung fand nicht statt, wohl weil die beiden Admirale dem Kreise
 der Pompadour nahestanden; die öffentliche Meinung aber verhöhnte den
 Oberbefehlshaber dadurch, daß sie die Schlacht »den Tag des Marschalls
 de Conflans« nannte. Es war ein eigenartiger Zufall, daß das
 Flaggschiff »Le Soleil Royal« hieß, wie das des Admirals Tourville, das
 bei La Hogue verbrannt wurde, dessen Vernichtung jedoch der zwar
 unglückliche, aber höchst ehrenvolle Kampf bei Cap Barfleur
 vorhergegangen war. =De Conflans= zog sich vom Dienste zurück;
 =Bauffremont= mußte, wohl unter dem Druck der öffentlichen Meinung, bis
 1764 auf seine Beförderung zum Lieutenant-General warten.

$Der Erfolg der Engländer$ -- mit einem Verluste von nur zwei
gestrandeten Schiffen, 50 Toten und etwa 250 Verwundeten erkauft -- =war
entscheidend=. Drei französische Schiffe waren gesunken, eins genommen
und zwei verbrannt, acht Schiffe nach Rochefort und sieben nebst den
Fregatten in die Vilaine geflüchtet. Diese konnten ebenfalls als verloren
gelten, da es erst nach langer Zeit gelang, sie paarweise wieder aus dem
Flusse zu bringen. Zwei Linienschiffe und zwei Fregatten passierten die
Barre im Januar 1761, zwei weitere am 28. November und die letzten erst
im April 1762. Alle erreichten Brest, obgleich die Engländer die Mündung
der Vilaine bewachten, doch waren sie kaum mehr kriegsbrauchbar[90]. Die
Schlacht bei Quiberon legte die französische Marine im Atlantik lahm, wie
es die bei Lagos für das Mittelmeer getan hatte; infolgedessen sah
Frankreich von der Expedition gegen England ab und löste das Heer bei
Morbihan auf. England war diese Sorge los und konnte sich mit größerer
Kraft dem Kriege in den Kolonien zuwenden. =Mahan= nennt Quiberon »das
Trafalgar des Siebenjährigen Krieges«, der französische Autor =Guérin=
»das La Hogue, aber ohne wie dort Ruhm und Ehre Frankreichs gewahrt zu
haben«.

 [90] Näheres über das Schicksal dieser Schiffe, die mit Geschick die
      Blockade brachen, vgl. Lacour I, Seite 347, und Troude II, Seite
      403 und 415. Bei Troude, Seite 405, auch Bemerkenswertes über den
      Versuch des Admirals Hawke, durch Verhandlungen in den Besitz der
      Artillerie des »Soleil Royal« zu kommen und die Besatzung des
      anderen gestrandeten Schiffes als kriegsgefangen ausgeliefert zu
      erhalten.

Die englische Flotte wurde wenige Tage nach der Schlacht noch durch 6
Linienschiffe verstärkt, die auf die Nachricht vom Inseegehen des
Marschalls de Conflans von England abgesandt waren. =Hawke= zweigte Ende
November eine Division nach der Quiberonbucht ab, um die Vilaine zu
blockieren, eine zweite nach Rochefort, um die Schiffe dort zu
vernichten. Diese hatten sich jedoch so weit in die Charente
zurückgezogen, daß man ihnen ebensowenig wie denen in der Vilaine
beikommen konnte. Die Blockierung der atlantischen Küste wurde aber den
Winter über aufrechterhalten, an Hawkes Stelle bald durch Admiral
=Boscawen=.

$Die Ereignisse der Jahre 1760-1762$ in den europäischen Gewässern können
wir kurz zusammenfassen. $Im Mittelmeer$ ging Admiral =Boscawen=, nachdem
er in Gibraltar ausgebessert hatte, mit 8 Linienschiffen nebst den bei
Lagos gemachten Prisen nach England zurück; er äußerte sich über seinen
Sieg: »Es war gut, aber es hätte besser sein können«. Vizeadmiral
=Broderick= blockierte mit dem Rest der Mittelmeerflotte die nach Cadiz
geflüchteten Franzosen; als er jedoch zu Ende des Jahres durch einen
Sturm gezwungen war, von der Küste abzustehen, brachen diese am 2. Januar
1760 aus und erreichten unbelästigt am 17. Toulon. Bald darauf übernahm
Vizeadmiral =Charles Saunders= die Mittelmeerflotte, beschränkte sich
aber auf die Sicherung des eigenen und die Störung des feindlichen
Handels. Wie schon angedeutet, scheint England nicht einmal Wert darauf
gelegt zu haben, die Verbindung Frankreichs mit Minorka zu verhindern.

Im Jahre 1762, als =Spanien= in den Krieg eintrat, verstärkte England die
Mittelmeerflotte noch einmal erheblich. Sie kam aber auch jetzt kaum zur
Geltung, da sich weder die spanische noch die französische Flotte zeigte,
und brachte nur viele Kauffahrer auf. In diesem Jahre faßte Frankreich
unter Choiseuls Einfluß noch einmal den Plan zu größeren Kreuzfahrten von
Toulon aus, ja sogar zu einem Angriff auf Gibraltar. Vielleicht glaubte
man wirklich, einen solchen mit Spaniens Unterstützung unternehmen zu
können, vielleicht hoffte man auch nur, durch derartige Gerüchte einen
schnelleren und günstigeren Friedensschluß herbeizuführen; ähnliches war
auch in den nördlichen Gewässern im Gange. Nach dem Friedensschluß ging
der größere Teil der englischen Flotte heim; Kontreadmiral =Sir Piercy
Brett= nahm mit dem Rest =Minorka= wieder in Besitz.

$In den atlantischen Gewässern$ waren $1760$ die englischen Streitkräfte
zur Blockade sowie zum Handelsschutz ähnlich verteilt wie im Vorjahre:
Kommodore =Brett= befehligte in den Downs und in der Nordsee; =Rodney=
kreuzte im Kanal; =Hawke= und =Boscawen=[91] bewachten wechselweise die
Quiberonbucht, die jetzt an Stelle Brests als Mittelpunkt des
Blockadebereichs Rochefort, Lorient und Brest angesehen wurde. Außerdem
verstärkte man die ostindische sowie die nordamerikanische Station und
nahm auf der westindischen die nötigen Ablösungen vor. Die Franzosen
hatten alle größeren Unternehmungen aufgegeben, nicht einmal
Verstärkungen nach den Kolonien gingen ab; nur vereinzelt liefen
Kriegsschiffe aus, um gegen den Handel des Gegners zu kreuzen. Die
englische Blockade zeitigte keine großen unmittelbaren Erfolge; sie
hinderte zwar Frankreichs Verbindung mit den Kolonien, brachte aber wenig
Beute, da der französische Handel schon völlig daniederlag; den kleinen
Freibeutern konnte sie das Handwerk nicht völlig legen. Aufzeichnungen
über Zusammenstöße zwischen den Kreuzern beider Parteien bringen die
Spezialwerke (z. B. Troude I und Laird Clowes III, Kap. »Minor Actions«).

 [91] Boscawen führte das Kommando vom Frühsommer bis August 1760; er
      starb im Januar 1761.

 $Der Einfall der Franzosen in Irland 1760$ ist das einzige
 bemerkenswerte Ereignis dieses Jahres; er war als Diversion geplant,
 die gleichzeitig mit der großen Expedition gegen Schottland ins Werk
 gesetzt werden sollte. Man hatte dazu in =Dünkirchen= 1300 Soldaten
 unter General =Flobert= gesammelt und eine Flottille von 4 Fregatten
 (zu 24-44 Kanonen), sowie 2 Korvetten (18 Kanonen) unter Kapitän
 =Thurot= ausgerüstet. Dieser war ein Freibeuter von Ruf, 1726 als Sohn
 eines kleinen Gastwirtes geboren, im Jesuitenseminar erzogen, dann als
 Apotheker tätig und 1744 als Arzt auf einem Freibeuter in englische
 Gefangenschaft geraten. Aus dieser entfloh er, widmete sich ganz der
 Freibeuterei und erhielt wegen seiner Verdienste im Österreichischen
 Erbfolgekriege ein Offizierspatent (als Transporterkapitän) in der
 königlichen Marine. Beim Ausbruch des Siebenjährigen Krieges rüstete er
 2 Fregatten und 2 Korvetten aus, mit denen er vom 16. Juli 1756 bis
 Februar 1759 ununterbrochen in der Nordsee sowie dem Kanal kreuzte,
 mehrere Gefechte bestand und zahlreiche Prisen machte. Ihm war schon
 eine Rolle bei dem geplanten Angriff auf die Kanalinseln (s. Seite 142)
 zugedacht gewesen, jetzt wurde er mit der seemännischen Führung der
 Expedition gegen Irland betraut, wo man mit einer Erhebung der
 Bevölkerung rechnete. Er erhielt seine Instruktion am 17. Juni 1759, es
 gelang ihm, am 15. Oktober auszulaufen, während das englische
 Blockadegeschwader durch Sturm vertrieben war; also gerade zu der Zeit,
 als man mit dem Inseegehen der großen Expedition rechnete. Um den Feind
 zu täuschen, lief Thurot zuerst Gothenburg, dann Bergen an; auf der
 stürmischen Reise wurde eine Korvette versprengt und eine Fregatte
 genötigt, wegen Beschädigungen nach Frankreich zurückzukehren.

 Am 1. Januar 1760 ankerte er bei den Färöerinseln und erschien dann am
 25. bei Londonderry an der irischen Küste. Die Wetterverhältnisse
 machten eine Landung unmöglich und auch die zweite Korvette wurde von
 der Flottille getrennt, so daß die anderen Kapitäne Thurot beschworen,
 das Unternehmen aufzugeben. Aber dieser blieb fest und ankerte nach
 einer kurzen Erholung auf der Insel Islay am 19. Februar in
 =Belfast-Lough=. Am 21. zwang General Flobert mit 600 Mann die nur
 schwach besetzte Stadt Carrickfergus zur Übergabe. Thurot konnte ihn
 aber nicht bewegen, gegen Belfast vorzugehen; dies wäre auch wohl ein
 hoffnungsloses Wagnis gewesen, man hatte schon 30 Tote und 60
 Verwundete eingebüßt. Nachdem man Proviant beigetrieben und einige
 kleine Fahrzeuge verbrannt hatte, wurde am 27. die Rückfahrt nach
 Frankreich angetreten. Natürlich waren alle benachbarten irischen sowie
 schottischen Häfen alarmiert und von Kingsale liefen 3 englische
 Fregatten (zu 36 Kanonen) unter Kapitän =John Elliot= aus. Diese
 stießen am 28. Februar in der Nähe der =Insel Man= auf die Franzosen;
 zwei dieser strichen fast sogleich die Flagge, nur =Thurot= kämpfte mit
 seinem Flaggschiff (44 Kanonen) tapfer, bis er fiel und seine Fregatte
 dem Sinken nahe war. Er hat selbst bei den Engländern als ein
 Freibeuter von ehrenhaftem Charakter gegolten, der stets Edelmut und
 Menschlichkeit zeigte.

Die Blockade wurde den Winter über aufrechterhalten, doch scheint man
$1761$ die Geschwader nach und nach verkleinert zu haben, so wurde z. B.
Admiral Rodney nach Westindien befehligt und durch einen Kommodore
ersetzt. Auch =Hawke= verließ im März mit dem größeren Teile seiner
Flotte die Biskaya, doch traf dafür eine neue Flotte mit einer besonderen
Aufgabe ein.

$Die Einnahme von Belle-Ile, April/Mai 1761.$ Schon im Herbst 1760 befand
sich eine Flotte mit Landungstruppen in Ausrüstung, die man anfangs gegen
die Inseln Isle de France und Bourbon, später aber gegen die französische
Küste verwenden wollte. Durch den Tod König Georgs II. (27. Oktober)
traten jedoch Verzögerungen ein und Pitt verlor an Einfluß, so daß man
die Sache für dieses Jahr aufgab. Im Frühjahre 1761 wurde sie mit Erfolg,
allerdings auch mit großem Kraftaufwand, ins Werk gesetzt. Ein Geschwader
von 13 Linienschiffen nebst drei Fregatten wurde vor Brest stationiert,
um jede Störung von dort aus zu hindern, und eine Flotte von 15
Linienschiffen, 8 Fregatten, 3 Sloops, 2 Brandern, 3 oder 4 Mörserbooten
und zahlreichen Transportern mit 10000 Mann segelte am 29. März (einige
der Schiffe etwas später) von St. Helens, Insel Wight, ab, um Belle-Ile
zu erobern. Die Flotte führte Kommodore =Augustus Keppel=, die Truppen
General =Hodgson=. Am 6. April sichtete man die Insel und Keppel zweigte
6 Fregatten ab, um sie von der Verbindung mit dem Festlande
abzuschneiden. Am 7. ankerte die Flotte vor dem Haupthafen Le Palais auf
der Nordostseite der Insel. Diese Stadt wurde durch eine Zitadelle nebst
einigen Außenwerken verteidigt, an anderen Landeplätzen lagen schwache
Forts oder Batterien; Erkundungen ergaben, daß die beste Landungsstelle
in einer kleinen Bucht an der Südostspitze der Insel sei.

Hier warf man am 8. Truppen an Land, nachdem die Batterie niedergekämpft
war, sie fanden aber derartigen Widerstand, daß sie sich wieder
zurückziehen mußten; das Wetter hinderte dann 14 Tage lang einen neuen
Versuch. Dem Kommandanten von Belle-Ile, =Chevalier de Saint-Croix=,
standen nur zwei Regimenter nebst einigen Bataillonen Miliz zur
Verfügung, trotzdem benutzte man die Frist nicht, Verstärkungen vom
Festlande (Lorient) heranzuziehen; auch französische Quellen können nicht
angeben, ob man es nicht wagte oder nicht konnte. Am 22. landeten die
Engländer aufs neue an drei Stellen der Bucht, zwei Landungen waren nur
Scheinangriffe; die Franzosen wurden durch das Feuer der Flotte
vertrieben und mußten sich auf Le Palais zurückziehen. Die Angreifer
schritten nun zur regelrechten Belagerung der Stadt, am 13. Mai wurden
die Außenwerke genommen und vom 16. an die Zitadelle auf das heftigste
beschossen. Als am 7. Juni Bresche gelegt war und zum Sturm geschritten
werden sollte, kapitulierte St. Croix mit allen militärischen Ehren. Die
Angreifer verloren in den Kämpfen 310 Tote und 500 Verwundete, aber
außerdem viele Leute durch Krankheiten.

Die englischen Quellen heben besonders hervor, daß bei diesem Unternehmen
stets völliges Einverständnis zwischen dem Admiral und dem General
geherrscht habe, ein bisher selten vorgekommener Fall. -- Die Insel blieb
bis zum Friedensschluß in den Händen der Engländer, diese hatten damit
einen Stützpunkt für die Blockade der atlantischen Häfen Frankreichs
gewonnen; französische Schriftsteller weisen darauf hin, daß Belle-Ile im
Verein mit den Kanalinseln ihren Gegnern einen Einfall in die Bretagne
möglich gemacht haben würde.

Bald nach der Landung hier hatte Keppel den Kapitän =Sir Thomas Stanhope=
mit 7 Linienschiffen nach der Rhede von =Ile d'Aix= gesandt. Dieses
Geschwader fand dort zwar keine feindlichen Schiffe vor, zerstörte aber
am 21. und 22. Juni die Befestigungen der Insel. Der Versuch der
Franzosen, dies von der Charente aus mit Kanonenschaluppen zu hindern,
schlug fehl, ebenso ein Unternehmen im Dezember, die blockierenden
Engländer mit Brandern zu vertreiben.

Für $das Jahr 1762$ sind keine Ereignisse von Bedeutung =in den
europäischen Gewässern= zu verzeichnen, obgleich Spanien im Januar auf
seiten Frankreichs in den Krieg eintrat. England beschloß, ohne Zaudern
auf das schärfste gegen den neuen Gegner vorzugehen und ihn an seiner
verwundbarsten Stelle, seinen Kolonien, anzufassen. Es sandte sofort eine
bedeutende Verstärkung nach Westindien, zog dort unter =Admiral Pocock=
eine Expedition gegen Havanna zusammen und schickte auch nach Ostindien
Streitkräfte, um die Philippinen anzugreifen. In Europa beschränkten sich
die Maßnahmen außer auf die Verstärkung der Mittelmeerflotte darauf, daß
man den größeren Teil der bisher für die Blockade der französischen
Küsten verwendeten Kräfte unter =Hawke=, später unter Admiral =Hardy=, in
den spanischen Gewässern stationierte. 8000 Mann wurden nach Lissabon
gesandt, mit deren Hilfe Portugal den Angriff der Franzosen und Spanier
zurückwies.

Wie im Mittelmeer, so zeigte sich die spanische Marine auch nicht im
Atlantik. Wohl weil die Blockadegeschwader in der Biskaya schwächer als
bisher gehalten wurden, gelang es in diesem letzten Jahre des Krieges
nochmals zwei französischen Geschwadern, bei Sturm durchzuschlüpfen. Früh
im Jahre verließ der Chef d'Escadre =de Blenac= mit 7 Linienschiffen, 4
Fregatten nebst 7 Bataillonen Infanterie Brest und segelte nach
Westindien; das englische Blockadegeschwader versuchte zwar, ihn
einzuholen, mußte jedoch die Verfolgung aufgeben, da die Proviantbestände
zu Ende gingen, und sich damit begnügen, den Admiral in Westindien von
der bevorstehenden Ankunft Blenacs in Kenntnis zu setzen. Im Mai lief
dann der Kapitän =de Ternay= mit 3 Linienschiffen, deren eins als
Transporter (Flüte) diente, 1 Fregatte und 600 Soldaten von Brest nach
Nordamerika aus und erreichte sein Ziel. Diese beiden letzten
Anstrengungen Frankreichs, den Kolonien Hilfe zu bringen, hatten aber auf
den Krieg in den fernen Gewässern keinen Einfluß mehr; dort war schon
alles verloren.

=Pläne für einen Einfall in England= entwarf man auch noch in den Jahren
1761 und 1762. Es befinden sich Arbeiten darüber in den Archiven des
französischen Marineministeriums und ebenso in einem Briefwechsel
zwischen =Choiseul=, der im Oktober 1761 dieses Ministerium übernahm, und
dem Gouverneur der Bretagne, Herzog =d'Aiguillon=, der schon 1759 zum
Chef des Einfallheeres bestimmt gewesen war.

 Näheres über einige dieser Arbeiten findet man in Lacour I, Seite 354.
 Ein Plan ist bemerkenswert, da er dem gleicht, der den Bestimmungen und
 Bewegungen der französisch-spanischen Seestreitkräfte vor der Schlacht
 von Trafalgar 1805 zugrunde lag. Aus den verschiedenen französischen
 und spanischen Häfen sollten Geschwader zu Vorstößen in den kolonialen
 Gewässern auslaufen, um England zur Teilung seiner Kräfte zu verleiten.
 Sie sollten sich aber an einem bestimmten Termin in Ferrol vereinigen,
 die in Europa verbliebenen Schiffe aufnehmen und dann dem Übergang
 eines Heeres über den Kanal den Weg freimachen.


                    Der Krieg in den Kolonien[92].

$Nordamerika. 1748-1755.$ Hier blieben die englischen und die
französischen Kolonien nach dem Frieden von Aachen 1748 eigentlich im
Kriegszustande, während von ihren Mutterländern Verhandlungen über die
unerledigt gelassenen Grenz- sowie Machtbereichsfragen geführt wurden,
wie es beim Friedensschluß bestimmt war. =Die englischen Kolonien= mußten
Wert darauf legen, daß Neuschottland stärker von Engländern besiedelt und
die nicht zuverlässige alte französische Bevölkerung dort verdrängt
würde. Die englische Regierung sträubte sich anfangs dagegen, sowohl der
Kosten wegen als auch in der Besorgnis, Neuengland könne zu mächtig
werden; sie mußte aber doch nachgeben, bot nun Auswanderern nach
Neuschottland große Vorteile und baute 1749 die Festung =Halifax=.

 [92] Im Anschluß an die Ereignisse des Krieges 1744-1748 (S. 93 ff.);
      Hauptquellen vgl. S. 131.

Deren erster Gouverneur begann dann sofort, die Indianer auszurotten und
die französischen Ansiedler zum Anschluß an England oder zur Auswanderung
unter Verlust ihres Eigentums zu zwingen. Noch wichtiger war es, dem
Vordringen der Franzosen im Ohiotale Einhalt zu tun, das die Ausdehnung
der Neuenglandstaaten über das Alleghanygebirge nach Westen hin unmöglich
zu machen drohte, während den Nebenbuhlern die Aussicht erwuchs, durch
den Mississippi mit der Kolonie Louisiana in Verbindung zu treten und so
die englischen Kolonien ganz ein- und abzuschließen. Schon 1748 wurde
deshalb in Virginia die Ohiokompagnie gegründet, deren Agenten und
Kolonisten sich im Ohiogebiet zwischen den Flüssen Monongahela und
Kenewka festsetzten.

=Die französischen Gouverneure in Kanada=, de la Gallissonnière (1747),
de la Jonquière (1749), de Menneville (1752), bemühten sich eifrig, die
französischen Interessen zu behaupten.

Ihre Agenten waren im ganzen Hinterlande Neuenglands tätig und bemühten
sich, in Akadien die französischen Sympathien zu nähren; man baute sogar
Befestigungen auf der Landzunge zwischen Neuschottland und
Neubraunschweig, um das Vordringen der Engländer zu hindern, obgleich die
Friedensbedingungen das Gebiet bis auf einen nördlichen noch strittigen
Strich England zugesprochen hatten. Endlich wurde die Kette von Forts,
die sich von Quebec zum Mississippi -- am Ontario- und Eriesee, sowie am
Ohio und seinen Nebenflüssen entlang -- ziehen sollte, in den Jahren 1749
bis 1754 weitergeführt und ausgebaut. Es würde zu weit führen, näher auf
die beiderseitigen Maßnahmen sowie auf die dabei vorgekommenen kleineren
Zusammenstöße einzugehen; von ihnen soll aber derjenige erwähnt werden,
der Frankreich für den Augenblick zum Herrn im Ohiotale machte und zum
Ausbruch des offenen Krieges führte. Bei ihm tritt auch zum ersten Male
=Washington= in der Geschichte auf.

 $Der erste Zusammenstoß im Ohiotale 1754.$ Im Jahre 1753 hatten sich
 die Verhältnisse bereits soweit zugespitzt, daß die englische Regierung
 gestattete, dem Eindringen der Franzosen in das Ohiogebiet mit Gewalt
 entgegenzutreten. 1754 führte der =Milizmajor Washington= etwa 500 Mann
 mit einigen Kanonen vor, um den Bau eines Forts der Ohiokompagnie am
 Zusammenfluß des Alleghany und des Monongahela zu schützen, wo jetzt
 =Pittsburg= liegt. Ehe er aber eintraf, hatten die Franzosen den Platz
 überfallen und sich dort festgesetzt (Fort Duquesne). Sie sandten dann
 Washington eine Abteilung mit der Forderung entgegen, das von
 Frankreich beanspruchte Gebiet zu räumen; es kam zu einem Gefechte, in
 dem der französische Führer fiel und 21 seiner Leute gefangen wurden.
 Washington verschanzte sich nun in der Hoffnung auf Verstärkung, wurde
 aber vom Fort Duquesne aus durch 600 Kanadier nebst 100 Indianern
 angegriffen und am 3. Juli zur Übergabe gezwungen.

Nach diesem Ereignis, das in ganz Europa Aufsehen erregte, war an einen
friedlichen Austrag der Streitigkeiten nicht mehr zu denken. =England=
brach zwar die Verhandlungen noch nicht ab, rüstete aber stark zur See,
und auf sein Betreiben faßten die nordamerikanischen Kolonien zum ersten
Male den Plan einer Bundesverfassung sowie ein gemeinsames Vorgehen in
ihrem Hinterlande ins Auge. Ende 1754 sandte die Regierung den =General
Braddock= mit zwei Regimentern nach Virginia. =Frankreich= tat zunächst
noch nichts, da die Kassen leer waren; man empfand aber wohl, daß Kanada
den vereinten englischen Kolonien nicht gewachsen[93] war und suchte
durch Fortführung der Verhandlungen Zeit zum Rüsten zu gewinnen.

 [93] Kanada zählte 1756 ungefähr 80000 Weiße gegen 425000 in den
      Neuenglandstaaten, 457000 in den mittleren und 283000 in den
      Südstaaten. Die letztgenannten kamen allerdings bei einem Kriege
      nicht in Betracht, da sie der starken Negerbevölkerung wegen keine
      Milizen ausrücken lassen konnten. In den mittleren Staaten lebten
      gegen 70000, in den südlichen gar 178000 Farbige, in den
      Nordstaaten nur 11000.

 =Frankreich= erbot sich im Januar 1755, die Verhältnisse dem Aachener
 Frieden (1748) gemäß herzustellen, =England= verlangte den Utrechter
 Frieden (1713) als Grundlage. Ersteres erklärte sich im Februar bereit,
 auch das Ohiogebiet preiszugeben; ernst war es ihm jedoch kaum damit,
 denn gleichzeitig wies es seinen Gouverneur an, die englischen Forts am
 Kennebec zu nehmen. Die englische Regierung, die dies wußte und zum
 Bruche entschlossen war, forderte jetzt, im März, daß Frankreich das
 Ohiogebiet räume, die Forts am Niagara schleife, die Neutralisierung
 des Ontario-, Erie- sowie des Champlainsees und auch des Südufers des
 St. Lawrencegolfes bewillige, endlich den noch strittigen nördlichen
 Teil von Neubraunschweig abtrete. Darauf konnte Frankreich nicht
 eingehen, setzte aber die Verhandlungen noch fort.

Der offene Krieg brach in Amerika bald aus. =Braddock=, der im Februar
1755 gelandet war, stellte im April im Verein mit den Gouverneuren der
wichtigsten Kolonien einen Kriegsplan auf, nach dem der Gouverneur von
Neuschottland die Gebiete bis zum Lawrencegolf besetzen, die Milizen von
New York und New Jersey, Crown Point (Fort St. Frederic, am Südende des
Champlainsees) nehmen, und der schon aus dem vorigen Kriege bekannte
Gouverneur von Boston, =Shirley=, Fort Niagara (an der Mündung des
Niagara in den Ontariosee) angreifen sollte, während Braddock mit der
Hauptmacht sich die Unterwerfung des Ohiogebietes vorbehielt. In
=Akadien= glückte der Plan. Im Juni wurden die französischen Forts auf
der Landzunge genommen und 7000 Einwohner, die den vollen Untertaneneid
verweigerten, unter Beschlagnahme ihres Eigentums, sowie ohne jede
weitere Fürsorge gewaltsam nach südlicheren Kolonien geschafft.
=Braddocks Zug= gegen das Fort Duquesne schlug jedoch völlig fehl; er
fiel am 9. Juli in einen Hinterhalt und kam mit einigen hundert Mann ums
Leben; ohne Washingtons Geschick wären alle verloren gewesen.

Inzwischen hatten auch die Franzosen Unterstützung erhalten. Im Mai 1755
hatte ein Geschwader unter =Dubois de la Motte= Truppen unter dem
deutschen General =Baron Dieskau= (mit ihm kam als neuer Gouverneur =de
Vaudreuil= nach Kanada) nach Louisbourg und Quebec gebracht, ohne daß das
englische Geschwader unter Boscawen es hatte hindern können. Diese
Verstärkung vereitelte auch die beiden anderen Vorstöße. =Der Zug gegen
Crown Point= war zwar vorgedrungen und hatte am oberen Hudson sowie am
Lake George Befestigungen angelegt, dann aber trat ihm Dieskau entgegen.
Zwar erlitt dieser eine Niederlage, in der er selber fiel, aber auch die
Engländer wurden so geschwächt, daß sie stehen blieben und nur ihr Lager,
Fort William Henry am Lake George, ausbauten. Infolgedessen kam auch =der
Zug gegen Fort Niagara= zum Stillstand. Hier hatte man den Ontariosee
erreicht, begnügte sich aber nun damit, die dort befindlichen englischen
Stationen, Oswego und Ontario, zu verstärken.

=Frankreich= hatte sich also 1755 außer in Akadien überall behauptet,
obgleich es nur 2800 Reguläre und 5000 Milizen gegen 15000 Mann, worunter
etwa 7000 Reguläre, ins Feld führen konnte.

 Trotz alledem ward der Krieg noch nicht erklärt. In =England= erwog man
 wiederum, ob nicht in den Kolonien bei weiterem Wachsen ihrer Macht
 Selbständigkeitsgelüste auftreten würden. =Gouverneur Shirley= erklärte
 aber, eine Vereinigung der Kolonien sei bei der Verschiedenheit der
 Verfassung, der Interessen sowie der Stimmung in den einzelnen
 unwahrscheinlich, auch könnten derartige Bestrebungen leicht durch die
 Besatzungstruppen niedergehalten werden; es gelang ihm, die Regierung
 zur Vertreibung der Franzosen aus Kanada zu bestimmen. =Shirley=
 erhielt nun die oberste Leitung sämtlicher Milizen und faßte den
 =Plan=, 1756 Quebec von zwei Seiten anzugreifen, sowie gleichzeitig
 alle vorgeschobenen Forts der Franzosen im Westen zu nehmen. Die Mittel
 der Kolonien würden jedoch hierzu trotz ihrer Wohlhabenheit und starken
 Bevölkerung nicht hingereicht haben; den Milizen mangelten Übung und
 gute Offiziere. In England zweifelte man auch an der Befähigung
 Shirleys als Führer; man rief ihn deshalb unter dem Vorwande ab, seinen
 Rat nötig zu haben, und ersetzte ihn 1756 durch den =Earl of Loudoun=.
 Dieser sollte, unabhängig von den Gouverneuren, den Befehl über
 sämtliche Streitkräfte übernehmen, aber auch die Eigenwilligkeit der
 Kolonien brechen. Zu diesem Zweck erließ man Verfügungen, die in
 bestehende Vorrechte eingriffen. Anderseits brachte Loudoun eine
 Million Lstrl. mit, um den Kolonien die Kosten des Krieges 1755 zu
 ersetzen, sowie Mittel und Offiziere zur Errichtung zweier königlicher
 Regimenter.

 =Frankreich= hatte zwar nach dem Auftreten des Admirals Boscawen im
 Juli 1755 die Verhandlungen abgebrochen, verhielt sich aber sonst doch
 friedlich und ergriff nicht einmal Gegenmaßregeln, als England überall
 französische Schiffe aufbrachte. Aber nach Nordamerika sandte man doch
 Verstärkungen; im April 1756 traf General =Marquis de Montcalm= mit
 drei Fregatten und drei Flüten dort ein, die 1500 Mann nebst
 Kriegsmaterial und Geldmitteln erhielten. Der neue Oberbefehlshaber
 fand ungünstige Verhältnisse vor. Der Feldzug hatte die Kolonie
 erschöpft, da die Milizen der Bestellung der Felder entzogen gewesen
 waren; zwischen diesen tüchtigen, aber wenig disziplinierten Kriegern
 und den Regulären herrschte schlechtes Einvernehmen; die Beamten der
 Kolonie wirtschafteten unredlich.

$Das Jahr 1756$ brachte für England nur weitere Rückschläge. =Loudoun=
zeigte sich seiner Aufgabe nicht gewachsen. Statt schleunigst zu handeln,
lag er mit 10000 Soldaten und 7000 Milizen untätig in Albany. Die
englischen Seestreitkräfte waren nur schwach; die von Boscawen
zurückgelassenen Schiffe unter =Kommodore Spry= kreuzten zwar in den
Gewässern bei Louisbourg, es gelang ihnen aber nicht, die französischen
Schiffe mit Verstärkungen zu fassen. Der französische Oberbefehlshaber,
=Montcalm=, war dagegen sehr tätig. Von den Forts Crown Point, Frontenac
(am Niagara) und Niagara aus beunruhigte er die vorgeschobenen englischen
Posten und deren Rückverbindungen; er nahm sogar Oswego sowie Ontario,
wobei 1640 weiße Soldaten nebst 113 Kanonen und große Vorräte in seine
Hände fielen. So faßte er festen Fuß am Ontariosee und bereitete weitere
Angriffe vor, während verbündete Indianer die englischen Grenzgebiete
verwüsteten.

Jetzt wäre es für Frankreich an der Zeit gewesen, Kanada mit aller Kraft
zu unterstützen, aber man hatte in Paris mehr Vorliebe für Pläne gegen
England in Europa und für den Krieg in Deutschland. Ganz ohne Erfolg
blieben Montcalms Bitten um Hilfe indessen nicht. Bekanntlich gelang es
im Frühjahr 1757 drei französischen Geschwadern mit Truppen und Material,
die Blockade zu brechen. =Bauffremont= traf am 23. Mai mit 4
Linienschiffen, =Durevest= am 25. mit 4, und =Dubois de la Motte= am 19.
Juni mit 9 in Louisbourg ein; von nun an waren die französischen
Seestreitkräfte den englischen stets gewachsen, zuzeiten überlegen.
Dubois verfügte im Juni über 18 Linienschiffe und 5 Fregatten, während
die Engländer erst im Juli, nach Eintreffen einer Verstärkung, 15
Linienschiffe zählten.

$Der Hauptplan Loudouns für 1757$ ging denn auch durch die Überlegenheit
der Franzosen zur See in die Brüche. Zu einem kräftigen Vorgehen gegen
die Forts an den Seen war der General auch in diesem Jahre nicht geneigt,
aber er hatte einen =Angriff auf Louisbourg= vorgeschlagen und dafür die
Billigung der Regierung erhalten; diese bestimmte den Gouverneur von New
York, Kontreadmiral =Sir Charles Hardy=, zum seemännischen Führer des
Unternehmens. In New York wurden im Mai 3500 Mann zusammengezogen, aber
erst im Juni nach Halifax übergeführt, weil sich bis dahin französische
Schiffe dort gezeigt hatten; mit den Truppen in Halifax zählte das
Angriffskorps nunmehr 11000 Mann. Es wurden aber Wochen mit Exerzitien
und Paraden verloren, vielleicht wollte man auch die eben erwähnte
Verstärkung erwarten, die längst in Aussicht gestellt war; hatte man
Anfang Juni die französische Flotte für zu stark erachtet, um in See zu
gehen, so war dies nach Dubois' Eintreffen noch mehr der Fall.

Es fällt auf, daß =Dubois= diese Gelegenheit nicht benutzte, seinerseits
anzugreifen. Er hatte jedoch nach dem französischen Brauche zu jener Zeit
wieder den gemessenen Befehl, »Louisbourg nur zu verteidigen; die
feindlichen Seestreitkräfte nur anzugreifen, wenn er derartig überlegen
sei, daß der Erfolg unbedingt sicher stände«; er hatte außerdem viele
Kranke auf seinen Schiffen und war 65 Jahre alt. Am 7. Juli traf endlich
die Verstärkung unter Vizeadmiral =Francis Holburne= ein, der den
Oberbefehl zur See übernahm. Dieser ließ durch Fregatten die Kräfte der
Gegner erkunden und daraufhin wurden die Truppen am 1. und 2. August
eingeschifft, um sie in der Gabarusbucht, 6 Seemeilen westlich von
Louisbourg, zu landen. Als man aber auf einer Prise Papiere fand, die
höhere und richtigere Angaben über die Stärke der Franzosen enthielten,
sah man doch von dem Unternehmen ab; die Truppen wurden wieder
ausgeschifft und teilweise nach New York zurückgeführt.

=Auf den anderen Kriegsschauplätzen= brachte das Jahr 1757 den Engländern
nur Verluste. =Montcalm= hatte schon im Winter versucht, sich des Forts
William Henry am Georgesee zu bemächtigen, und im August gelang es ihm,
dieses zu zerstören; dann stellte er allerdings die Operationen ein, da
er die Milizen zum Einbringen der Ernte entlassen mußte, und da unter den
Indianern die Blattern ausbrachen. Immerhin blieben die Franzosen Herren
des Hinterlandes von New York und Loudoun tat auch nach Aufgabe des
Angriffs auf Louisbourg hiergegen nichts. Er glaubte genügendes zu
leisten, wenn er die über die mangelhafte Kriegführung entrüsteten
Kolonisten zum Befolgen seiner Verordnungen anhielt und über etwaige
Selbständigkeitsgelüste wachte. Die Entrüstung wuchs aber noch, als die
englische Flotte bald heimsegelte.

=Admiral Holburne hatte schwer durch Sturm gelitten.= Er war am 26.
August vor Louisbourg erschienen, um in Person die Verhältnisse zu
erkunden, ging aber nach Halifax zurück, als Dubois Miene machte,
herauszukommen. Hier fand er eine neue Verstärkung von 4 Linienschiffen
vor, die seine Flotte auf 19 Linienschiffe und 2 50-Kanonenschiffe
brachte. Jetzt dem Gegner überlegen, ging er abermals in See, um Dubois
durch Abschneiden aller Zufuhren zum Kampfe zu zwingen. Aber als die
Flotte am 24. September etwa 60 Seemeilen südlich von Louisbourg stand,
kam ein schwerer Oststurm auf, der am 25. zum Orkan anschwoll; die Flotte
wäre wahrscheinlich verloren gewesen, wenn der Wind nicht nach Norden
gedreht hätte. So schon scheiterte ein Linienschiff, eine Sloop kenterte
und die anderen Schiffe litten schwer, 12 wurden entmastet. Der Admiral
sah sich genötigt, einen Teil der Flotte sofort nach England zu senden;
er folgte bald darauf mit dem Rest und ließ nur eine kleine Division in
Halifax, die Louisbourg die Zufuhren abschneiden sollte. Nun verließ im
Oktober auch =Admiral Dubois= die Station, er entging dem
Blockadegeschwader Hawkes und lief am 22. November in Brest ein. Den
Gesundheitszustand auf seinen Schiffen kennzeichnet die Tatsache, daß er
nach seiner Ankunft 4000 Kranke ausschiffte, wodurch in Brest eine
Epidemie ausbrach, die täglich 50-80 Opfer forderte.

$England erobert Louisbourg 1758.$ In diesem Jahre wandten sich die
Verhältnisse zugunsten Englands: als =Pitt= ans Ruder gelangt war, der
gerade auf den Kolonialkrieg Wert legte, kam ein anderer Geist in die
englische Kriegführung.

 =Pitt= änderte vor allem die innere Politik in Nordamerika: Loudoun
 wurde abberufen; alle gegen die Freiheiten der Kolonien gerichteten
 Maßregeln wurden aufgegeben; den Milizoffizieren bewilligte man
 gleiche Rechte wie denen des Heeres; anstatt Kriegssteuern zu fordern,
 ersuchte man die Neuenglandstaaten, gegen Rückerstattung der Kosten so
 viel Leute als möglich ins Feld zu stellen. -- Pitt wandte sich mit
 Erfolg an die Vaterlandsliebe der Kolonisten.

=Pitt= entwarf mit =Benjamin Franklin=, der sich gerade in England
aufhielt, einen =Kriegsplan=: Mit einer Hauptmacht, einer starken Flotte
unter Admiral =Boscawen= nebst 12000 (14000?) Mann Landungstruppen,
sollten Louisbourg und dann Quebec genommen werden, eine weitere
Expedition unter General =Abercromby= gleichzeitig gegen Crown Point und
eine dritte unter =John Forbes= gegen Fort Duquesne vorgehen. Die Kräfte
der beiden letztgenannten Unternehmen waren auf 50000 Mann, Reguläre und
Milizen, veranschlagt. Aber auch =Frankreich= hatte in den Wintermonaten
Verstärkungen hinausgesandt; in drei Abteilungen segelten 4 voll armierte
Linienschiffe, 2 Fregatten, 5 als Flüten ausgerüstete Linienschiffe,
sowie ein schweres Schiff der indischen Kompagnie mit Truppen und
Vorräten nach Louisbourg und Kanada.

Was wollte dies jedoch gegen die Übermacht sagen, mit der England
auftrat. Als der Angriff erfolgte, standen in Louisbourg nur 3000
Soldaten, mit den Schiffsbesatzungen und einigen Milizen wahrscheinlich
7000 Verteidiger insgesamt; =Montcalm= verfügte in Kanada über 6000
Reguläre und 15000 Milizen, die auf viele weitentlegene Stationen
verteilt waren, sowie über Indianerhorden. Er konnte daher nicht mehr
angriffsweise vorgehen und hielt auch die Kolonie ohne schleunige Hilfe
oder Friedensschluß für verloren. Wohl wollte Frankreich noch weitere
Verstärkungen senden, aber Hawke machte dies durch sein Auftreten auf der
Rhede von Ile d'Aix am 3. April 1758 (Seite 145) unmöglich. Dennoch
verlor Montcalm den Mut nicht; am 16. Juni schrieb er nach Paris: »Wir
werden fechten und uns unter den Trümmern der Kolonie begraben lassen.«
-- Trotz der üblen Lage der Gegner gelang den Engländern nur der Angriff
auf Louisbourg vollständig; im Landkriege ward nur ein Teilerfolg
erzielt.

 $Die Einnahme von Louisbourg[94] 1758.$ Lage sowie Befestigungen der
 Stadt sind bereits Seite 93 beschrieben. Die Befestigungen waren jetzt
 besser im Stande als damals, besonders auf der Seefront, aber der
 Gouverneur, Kapitän zur See =Chevalier Drucourt=, verfügte nur über
 3000 Soldaten und einige Milizen. Im Hafen lagen 5 Linienschiffe, davon
 3 als Flüten armiert, 2 Fregatten und 2 Korvetten. Diese vier kleineren
 Schiffe wurden in der Hafeneinfahrt versenkt und die Linienschiffe
 hinter der so hergestellten Sperre mit der Breitseite nach See zu
 verankert. Die letzte Abteilung der obenerwähnten Verstärkung, Kapitän
 =Du Chaffault=, war angelangt, als der Hafen schon gesperrt war; er gab
 die für die Festung bestimmten Truppen sowie Vorräte ab und ging nach
 Quebec weiter.

 [94] Nach Clowes III, Seite 183; Lacour I, Seite 361; Troude I,
      Seite 369.

 Die englische Expedition unter =Admiral Boscawen= hatte im Februar
 Portsmouth verlassen; sie zählte 20 Linienschiffe, 18 Fregatten, einige
 leichtere Schiffe sowie über 100 Transporter; insgesamt 167 Segel mit
 12000 Mann Landungstruppen. Diese befehligte Generalmajor =Jeffrey
 Amherst=, unter ihm stand als Brigadegeneral =James Wolfe=, der spätere
 Held von Quebec. Auf der Überfahrt durch Sturm teilweise versprengt,
 fand sich die Expedition erst am 2. Juni in der Gabarusbucht wieder
 zusammen. Mehrere Tage lang verhinderte starke Brandung das Landen,
 erst am 8. gelang es. Fregatten und Sloops hielten den Strand unter
 heftigem Feuer; an zwei Stellen wurde eine Scheinlandung vorgetäuscht,
 an einer dritten setzte Wolfe Truppen an Land. Obgleich mehrere Boote
 kenterten und ihre Besatzungen teilweise ertranken und obwohl fast alle
 Munition naß geworden war, trieben die Gelandeten den Feind mit dem
 Bajonett zurück und faßten festen Fuß. Abends waren alle Truppen
 ausgeschifft; -- zum Glück, denn bald frischte der Wind auf und die
 Verbindung mit den Schiffen wurde auf mehrere Tage unterbrochen.

 Am 13. Juni begann die regelrechte Belagerung der Festung, wozu man
 auch die Seesoldaten der Flotte heranzog. Das Feuer der Linienschiffe
 hinter der Sperre belästigte die Angreifer sehr, aber am 21. Juli wurde
 das stärkste von ihnen in Brand geschossen, flog auf und entzündete
 noch zwei andere. In der Nacht zum 25. ließ Boscawen die beiden
 letzteren durch 600 Mann in Booten angreifen; trotz heftigen Feuers der
 Schiffe sowie der Befestigungen gelang es, das eine zu verbrennen, das
 andere zu nehmen und von der Sperre wegzuschleppen. Dies führte zur
 Entscheidung. Als Boscawen Vorbereitungen traf, mit Linienschiffen in
 den Hafen einzudringen, trat =Drucourt= in Verhandlungen ein und
 übergab am 27. Juli die fast in Trümmern liegenden Befestigungen[95];
 gegen 800 Mann waren gefallen oder schwer verwundet, 1200 lagen krank.
 Die Garnison und die Schiffsbesatzungen, gegen 4000 Mann, wurden
 kriegsgefangen, 216 Kanonen sowie einige Mörser erbeutet; die Einwohner
 der Stadt (wahrscheinlich auch die Milizen) sandte man nach Frankreich.
 Die Engländer sollen nur 400 Mann verloren haben. Erwähnenswert ist,
 daß es einem französischen Freibeuter gelungen war, während der
 Belagerung in den Hafen einzulaufen und ihn auch wieder zu verlassen.

 [95] 1760 zerstörten die Engländer die Befestigungen von Louisbourg
      vollständig; sie sind nicht wieder erbaut, aber noch kenntlich.

Mit Louisbourg fiel die ganze Insel =Kap Breton= und auch die
benachbarte, =St. Jean= (englischerseits später =Prince Edwards Insel=
benannt), und den Engländern stand die Mündung des St. Lawrencegolfes
offen; den Franzosen war damit einer ihrer besten Fischgründe sowie ein
Ausgangspunkt der Freibeuterei genommen, die bisher den Handel der
Kolonien schwer geschädigt hatte. Der Angriff auf Quebec wurde aber noch
vertagt, weil die Jahreszeit zu weit vorgeschritten erschien und weil der
=General Amherst= durch ungünstige Nachrichten vom General Abercromby zu
dessen Unterstützung abgerufen wurde. =Admiral Boscawen= ließ nach dem
Fall von Louisbourg zunächst französische Niederlassungen auf den
Magdaleneninseln sowie auf dem Festlande von Neubraunschweig zerstören,
die Insel St. Jean besetzen und den General Amherst nebst einigen
Bataillonen nach Boston bringen. Später segelte er mit dem größeren Teile
der Flotte nach England, nur wenige Schiffe blieben unter Kontreadmiral
=Durell= in Nordamerika. Daß Boscawen vor dem Kanal zufällig mit der aus
Kanada heimkehrenden Division =Du Chaffault= zusammenstieß, ist bereits
erzählt (Seite 146).

=Auf dem Landkriegsschauplatze 1758= hatte =General Abercromby= 15000
Mann, darunter 6000 Reguläre, am Lake George zusammengezogen, um Fort
Carillon (später Ticonderoga genannt) am Nordende dieses Sees, sowie
dann Crown Point zu nehmen und sich so den Weg nach Montreal zu bahnen.
=Montcalm=, der sich persönlich in Carillon befand, war zwar nur ein
Viertel so stark, aber infolge falscher Maßnahmen der Engländer auf dem
Marsche und besserer Geländekenntnis gelang es ihm, diesen im Juli eine
Niederlage beizubringen und dann einen Sturm so kräftig abzuschlagen, daß
sie sich mit großem Verluste zurückzogen und nichts weiter wagten. Nur
einen kleinen Erfolg errangen sie. Einer Truppe von New York, 3000 Mann,
war es geglückt, im August das fast ganz von Verteidigern entblößte Fort
Frontenac zu nehmen. Sie konnte sich dort zwar nicht halten und mußte
sich mit der Zerstörung des Werkes begnügen, aber dieser Erfolg zog den
Fall des Forts Duquesne nach sich, das mit seiner Versorgung ganz auf
Frontenac angewiesen war. Brigadier =Forbes=, der Duquesne angreifen
sollte, hatte längere Zeit mit dem Bau einer Straße zum Ohio verloren und
war bereits entschlossen, den Angriff für dieses Jahr aufzugeben; von
Waldläufern über die traurige Lage des Forts unterrichtet, sandte er
=Washington= mit Milizen hin. Dieser fand das Werk schon verlassen und
aufgesprengt vor; der Ort ward mit Garnison belegt und nunmehr Pittsburg
benannt. Abercromby wurde im Herbst abberufen und General Amherst
übernahm den Oberbefehl an seiner Statt.

$England erobert Quebec, 17. September 1759.$ Der teilweise Mißerfolg des
Vorjahres hinderte Pitt nicht an der Verfolgung seines Planes. Das
Parlament bewilligte ihm 12 Millionen Lstrl. und früh im Jahre 1759 wurde
eine neue starke Flotte unter =Vizeadmiral Sir Charles Saunders= mit
Truppenverstärkungen abgesandt; begeistert für Pitt und unter dem
Eindruck der englischen Erfolge in Westindien boten auch die Kolonien
alle ihre Kräfte auf. General =Stanwix= wurde mit der Unterwerfung des
Gebietes westlich von Pittsburg bis zum Eriesee beauftragt; Brigadier
=Prideaux= erhielt Befehl, das Fort Niagara zu nehmen; =Amherst= wies man
an, über den Champlainsee nach Montreal vorzudringen; =Wolfe= sollte,
unterstützt durch die große Flotte, Quebec erobern. -- =Montcalm= sah
jetzt das Ende voraus; er soll schon beabsichtigt haben, sich nach
Louisiana zurückzuziehen, um dort bessere Zeiten abzuwarten. Aber er tat,
was in seinen Kräften stand; er verstärkte die Stellung am Champlainsee
mit 2000, die am Ontariosee mit 900 Mann und hielt sich bereit, mit 14000
Mann Quebec zu verteidigen.

 =Montcalms= Bitten um Unterstützung hatten keinen Erfolg, man war in
 Frankreich nur mit dem Einfall in England und mit dem Festlandskriege
 beschäftigt. 1759 lief kein Kriegsschiff nach Kanada aus, nur einigen
 Freibeutern gelang es, 600 Rekruten sowie wenige Vorräte
 hinüberzuschaffen. Der Kriegsminister schrieb an Montcalm, der König
 sei außerstande, genügend Truppen zu senden, um den Engländern
 gewachsen zu sein, Verstärkungen würden diesen ja doch nur in die Hände
 fallen oder, falls sie glücklich ankämen, nur die Hungersnot in Kanada
 steigern.

Die englischen Vorstöße hatten trotz tapferster Gegenwehr überall Erfolg.
Stanwix und Prideaux erfüllten ihre Aufgaben. Auch Amherst nötigte
seinen Gegner, =Bourlamagne=, Carillon sowie Crown Point zu räumen; dann
allerdings verschanzte sich dieser beim Fort Isle aux Noix am Flusse
Richelieu und hielt hier Amherst stand. Dieser aber ging zur Winterruhe
nach Crown Point zurück; er war ohne Kenntnis von dem Stande des
Angriffes auf Quebec, dem er über Montreal hatte die Hand reichen sollen.

 $Die Einnahme von Quebec 1759.$ Das Gros der Flotte unter Admiral
 =Saunders= hatte England am 17. Februar verlassen, nachdem einige
 Schiffe unter =Kontreadmiral Holmes= bereits im Januar gesegelt waren,
 um in Halifax Vorbereitungen für die Expedition zu treffen; diese
 sammelte sich dann in Louisbourg. Mit Einschluß der Schiffe Durells,
 die vom Vorjahre her auf der Station waren, zählte die Flotte 20
 Linienschiffe, 2 50-Kanonenschiffe, 17 Fregatten und Sloops, 8 Brander
 und Mörserboote sowie zahlreiche Transporter. An Truppen verfügte
 General =Wolfe= über 10 Bataillone Infanterie und einige Kompagnien
 Artillerie; insgesamt 9200 Mann. Am 1. Juni ging die Expedition nach
 dem Lorenzstrome in See und erreichte am 23. die Insel Bic, etwa 120
 Seemeilen von Quebec. Hier lag seit dem 23. Mai die Division =Durell=,
 die bereits im Frühjahr, sobald die Witterung es erlaubte, in den Fluß
 eingedrungen war. Die Gesamtflotte ging nun weiter stromauf. Bei der
 Insel Condres, etwa 60 Seemeilen von Quebec, wurde Durell
 zurückgelassen, noch durch einige Linienschiffe (wahrscheinlich die
 schwersten weil tiefgehendsten) verstärkt, um hier den Fluß
 abzusperren. Saunders setzte seine Flagge auf einem kleinen
 Linienschiff (64 Kanonen) und führte die Flotte bis zur Insel
 d'Orleans, die wenige Seemeilen vor der Stadt den Fluß in zwei Arme
 teilt; auf dieser Insel wurde das Lager für die Truppen aufgeschlagen.

 =Montcalm= hatte zwar die Bojen und Marken des Fahrwassers entfernen
 lassen, sonst aber nichts getan, um dem Gegner an geeigneten Stellen
 entgegenzutreten, obgleich Brander und Kanonenboote vorbereitet waren.
 Die Stadt, am linken Ufer gelegen, wurde nur durch die Zitadelle und
 vor allem durch ein verschanztes Lager auf ihrer Nordostseite
 verteidigt; das rechte Ufer war unbesetzt gelassen. Das Lager, in dem
 fast das ganze französische Heer, 14000 Mann, stand, konnte der steilen
 Ufer wegen vom Flusse her nicht angegriffen werden, auf der anderen
 Seite war es durch die Täler der Flüsse Montmorency sowie St. Charles
 gesichert; in dem letzteren lagen zwei armierte Hulks zur Verbindung
 mit der Stadt. Zwischen Montcalm und dem Gouverneur =Vaudreuil=, einem
 Seeoffizier, bestanden andauernd Zwistigkeiten. Montcalm wünschte
 Maßregeln für einen etwaigen Rückzug zu treffen, Vaudreuil hielt dies
 mit der Begründung für unnötig, daß der Gegner höchstens einige Häuser
 der Stadt zerstören könne, wenn die ganze französische Macht vereinigt
 sei. So waren außer dem Lager nur die Zitadelle und mehrere Punkte
 stromaufwärts der Stadt besetzt, die zu einer Landung geeignet
 schienen.

 Nach der Landung legte =Saunders= einige Linienschiffe und Fregatten
 weiter stromauf der Stadt gegenüber an das rechte Ufer und =Wolfe=
 landete dort (bei Point Levis) Soldaten. In der Nacht zum 29. Juni
 schickten die Franzosen 7 Brander und Brandflöße gegen die Flotte, doch
 diese hatte Vorbereitungen getroffen, und die gefahrdrohenden Fahrzeuge
 wurden durch Boote unschädlich gemacht; ebenso mißlang den Franzosen am
 1. Juli der Versuch, mit schwimmenden Batterien die bei Point Levis
 Gelandeten zu vertreiben. Der Angriff wurde durch das Feuer der dort
 liegenden Schiffe abgewiesen. Wolfe baute hier eine Batterie, und in
 wenigen Tagen lag der größte Teil der Stadt in Trümmern. Die
 hochgelegene Zitadelle war aber nicht unter wirksames Feuer zu nehmen
 und ein Sturm auf die Stadt der steilen Ufer wegen ausgeschlossen;
 Montcalm ließ sich nicht herauslocken und wartete, daß sich der Feind
 eine Blöße gäbe. Wolfe legte nun Batterien am Montmorency an und
 beschoß von dort das Lager, doch auch dies blieb ohne Erfolg und zum
 Sturm fand sich keine geeignete Stelle. Man sandte einige kleine
 Schiffe an der Stadt vorbei, aber ein Landungsversuch dieser ward
 abgeschlagen, ebenso ein endlich am 31. Juli doch unternommener Sturm
 am Montmorency. Die Angreifer kamen nicht vorwärts, und die Zuversicht
 der Verteidiger wuchs so, daß man 3000 von ihnen unter dem fähigsten
 Offizier, =de Levis=, nach Montreal sandte, um Bourlamagne zu
 verstärken. Montcalm hoffte jetzt, seine Stellung halten zu können, bis
 die Herbststürme den Feind zum Abbruch der Belagerung nötigten; er
 wurde in seiner Hoffnung durch die Nachricht bestärkt, daß Wolfe
 fieberkrank daniederläge.

 Aber dieser dachte nicht an Rückzug. Weitere Erkundungen oberhalb der
 Stadt wurden vorgenommen und eine derselben, von ihm in Person
 geleitet, ließ einen zum Landen geeigneten Punkt im Westen der Stadt
 finden. Die Flottille stromaufwärts wurde nun verstärkt und in der
 Nacht des 4. September sandte man soviel Soldaten dorthin, als die
 vorhandenen flachen Fahrzeuge sowie alle entbehrlichen Schiffsboote der
 Flotte fassen konnten; um den Feind zu täuschen, setzte man in den
 nächsten Tagen die Erkundungsfahrten fort. In der Nacht vom 12./13.
 drangen dann die Boote weiter den Fluß hinauf vor und lockten dadurch
 die zur Verteidigung des Ufers bestimmten Franzosen unter
 =Bougainville=[96] mit sich. Eine Stunde vor Tagesanbruch aber wendeten
 sie plötzlich und ruderten mit aller Kraft, jetzt unterstützt durch die
 Strömung und die Ebbe, so schnell stromab zu dem beabsichtigten
 Landungspunkte, daß die Franzosen am Ufer nicht folgen konnten. Mit
 Tagesanbruch wurde unter Wolfes Führung gelandet, die Wache
 überrumpelt, das steile Ufer erstiegen und oben eine kleine Batterie
 genommen; bald standen die Engländer auf der Höhe vor den Toren der
 Stadt. Jetzt erst erfuhr Montcalm, was geschehen war. Er eilte mit
 einigen Truppen über den Charlesfluß herbei und sandte Befehl an
 Bougainville, den Gegner im Rücken anzugreifen. Aber dieser konnte
 seine Leute nicht schnell genug sammeln und Vaudreuil hielt den
 größeren Teil des Heeres im Lager zurück, da die englische Flotte mit
 den Seesoldaten in den noch vorhandenen Schiffsbooten eine
 Scheinlandung am Montmorency unternahm.

 [96] =Louis Antoine de Bougainville=, später als Seefahrer berühmt, war
      ursprünglich Jurist und 1755 Gesandtschaftssekretär in London; bei
      Quebec Adjutant Montcalms; 1763 Kapitän zur See, umsegelte er
      1766-1769 die Erde und entdeckte den Salomons- sowie den
      Bismarckarchipel; diente im nordamerikanischen Befreiungskriege
      als Chef d'Escadre und wurde 1791 Lieutenant-Général. Während der
      Revolution zog er sich zurück; er wurde von Napoleon zum Senator
      ernannt und starb 1811.

 So hatte Montcalm um 10 Uhr vormittags nur 4500 Mann zur Verfügung; er
 griff dennoch Wolfe an, um ihm keine Zeit zur Verschanzung sowie zur
 Verstärkung zu lassen. Aber trotz der Tapferkeit des Generals und
 seiner Offiziere schlugen die Engländer den Angriff ab; =Montcalm=
 selber ward tödlich verwundet, der nächstälteste Offizier fiel und die
 an den Kampf im offenen Gelände nicht gewöhnten Kanadier wichen in
 Stadt und Lager zurück. Bei der herrschenden Verwirrung hätten die
 Engländer mit kräftigem Nachdringen wohl das Lager nehmen können, aber
 jetzt erschien Bougainville, und auch bei ihnen ging die Oberleitung
 verloren, da =Wolfe= sowie dessen Nachfolger gefallen waren.
 Bougainville war aber allein zu schwach zum Angriff, so daß sich die
 Engländer in ihrer Stellung verschanzen und die Verbindung zwischen
 Lager und Stadt durch den Bau einer Batterie unterbrechen konnten.

 =Vaudreuil= gab nach einem Kriegsrate Lager und Stadt auf und zog sich
 auf Montreal hin zurück. In Quebec blieben nur 1700 Mann mit dem
 Befehl, sich nach Erschöpfung ihrer Vorräte zu ergeben. Dies geschah
 schon am 17. September, als die Engländer Miene machten, die
 Beschießung vom Lande und von der Flotte aufzunehmen. Den Einwohnern
 der Stadt sowie den Milizen war Erhaltung ihres Besitzes und
 Religionsfreiheit zugesichert; nur die Soldaten wurden kriegsgefangen.
 Vaudreuil traf auf seinem Marsche bald =de Levis=, der nach der Kunde
 von dem Geschehenen stehen geblieben war. Dieser übernahm nun den
 Oberbefehl und führte das Heer zum Entsatze Quebecs heran, ging aber
 nach Montreal zurück, als er die Übergabe der Stadt erfuhr.

Nach dem Falle Quebecs ging =Saunders= mit der Flotte nach England heim;
nur 5 Linienschiffe nebst einigen Fregatten und Sloops verblieben unter
Kommodore =Lord Colville= in den amerikanischen Gewässern. Als die Flotte
den Lorenzstrom verlassen hatte, entschlüpften einige französische
Freibeuter, die sich vor der Belagerung stromaufwärts der Stadt verborgen
hatten. Diese brachten die Nachricht von den Ereignissen mit neuen Bitten
um schleunigste Hilfe nach Frankreich.

$Letzter Kampf um Kanada. Montreal fällt 1760.$ General =de Levis=, der
nach Montcalms Tode den Oberbefehl übernahm, gab trotz der verzweifelten
Lage den Kampf nicht auf. Er zog alle verfügbaren Truppen bei Montreal
zusammen und beunruhigte von dort aus während des Winters die englischen
Posten. Im Frühjahr 1760 machte er sogar den Versuch, Quebec wieder zu
nehmen, da hier nur 3000 Engländer unter =General Murray= lagen. Er
führte 5000 Mann[97] auf Fahrzeugen verschiedener Art den Fluß hinunter,
landete etwas oberhalb der Stadt, schlug die Gegner zurück und schloß sie
ein. Dieser Erfolg wurde nur durch die Unentschlossenheit des Feindes
ermöglicht. Englischerseits hatte man geplant, die Franzosen in Montreal
zu erdrücken: Amherst sollte mit 11000 Mann vom Champlainsee vorrücken,
ihm zur Seite Oberst Havyland mit 5000 Mann und Murray von Quebec aus;
Colvilles Geschwader sollte wieder nach Quebec gehen, sobald die
Jahreszeit es erlaubte. De Levis war ihnen zuvorgekommen; die Stadt stand
schon vor dem Fall, als endlich am 15. Mai die ersten Schiffe eintrafen
und sofort den Kampf gegen die französischen Belagerungsbatterien
aufnahmen.

 [97] Nach Zimmermann, der wohl nur die regulären Soldaten zählt, denn
      englische Angaben sprechen von 14000 Mann.

Jetzt mußte de Levis nach Montreal zurück, er verstand es aber, noch
monatelang die Wege dorthin zu verteidigen. =Amherst= hatte nicht die
gerade, kaum noch streitig gemachte Straße nach Montreal eingeschlagen,
sondern war zum Ontariosee marschiert, auf dem man im Winter eine
Flottille von Segelkuttern und Ruderfahrzeugen gebildet hatte. Er nahm
hier und bei dem Vordringen flußabwärts nach und nach die letzten kleinen
französischen Posten und langte erst am 7. September vor Montreal an. Am
selben Tage erschienen auch =Havyland=, der Bougainville hatte
zurückdrängen müssen, und Murray, der nur langsam, von kleinen
Kriegsschiffen unterstützt, flußaufwärts hatte herankommen können. Jetzt
war allerdings das Schicksal der Franzosen entschieden. =De Levis= wollte
es zwar noch auf einen Kampf ankommen lassen, mußte sich aber auf
Vaudreuils Befehl am 8. September ergeben. Bald darauf fielen auch die
letzten Posten Frankreichs am Eriesee und Colvilles Schiffe säuberten den
St. Lawrencegolf von französischen Freibeutern, die noch zahlreich in den
verschiedenen Buchten gelegen hatten. Die Beamten und Offiziere Kanadas
mit ihren Angehörigen, sowie die Soldaten wurden nach Frankreich
geschafft; gegen 500 der angesehensten Ansiedler folgten ihnen, und
England begünstigte deren Abzug. =Kanada war für die Franzosen
verloren=[98].

 [98] Ein abenteuerlicher Versuch Frankreichs, 1762 nochmals in
      Neufundland Fuß zu fassen, soll zu Ende des »Kleinen Krieges«
      geschildert werden.

 In Frankreich erregte der Verlust Kanadas die größte Empörung. Das Volk
 wußte nicht, daß die Regierung schon lange damit gerechnet hatte; es
 fühlte nur die Schmach und den Schmerz über die nutzlosen Opfer. Der
 Hof beschloß deshalb, was schon früher hätte geschehen müssen, die
 pflichtvergessenen Beamten zur Rechenschaft zu ziehen. Vaudreuil sowie
 der Intendant und zahlreiche Beamte kamen in die Bastille; sie wurden
 später verbannt oder sonst bestraft, auch mußten sie 11-1/2 Millionen
 veruntreuter Gelder ersetzen. Frankreich hatte von 1749-1760 für Kanada
 123 Millionen aufgewendet; von 40 Millionen, die man der Kolonie
 schuldig war, wurden nur 12 zurückgezahlt. Die Tapferkeit der Offiziere
 dagegen fand Anerkennung; viele von ihnen fanden später noch eine
 ehrenvolle Laufbahn.

=England hatte ein Hauptziel des Krieges erreicht=; der sehnliche Wunsch
der Kolonien war erfüllt, ihrer Ausdehnung stand nichts mehr im Wege.
Allerdings erklärte die Regierung das Hinterland der Neuenglandstaaten
vom Alleghanygebirge bis zum Mississippi für Kronland, während es zu
diesen Kolonien hätte geschlagen werden müssen, da nach den alten
Chartres bei Gründung der Niederlassungen stets ein Landstreifen vom
Atlantik bis zum Stillen Ozean verliehen war. Aber die Staaten brauchten
doch ihre Männer sowie ihr Geld nicht mehr für Kriege gegen die Kanadier
zu verwenden und ein großer wirtschaftlicher Aufschwung mußte die Folge
sein. Ebenso zweifellos aber war eine außerordentliche Steigerung des
Selbstgefühls dieser schon so eifersüchtig über ihre Rechte wachenden
Kolonien. Es wurden deshalb auch in England beim Friedensschlusse Stimmen
laut, die rieten, Kanada an Frankreich zurückzugeben und lieber
Guadeloupe zu behalten. Frankreich erhielt aber nur die beiden kleinen
Inseln =Saint Pierre= und =Miquelon= an der Südküste Neufundlands als
Stützpunkte seiner Kabeljaufischerei zurück; sie gehören ihm noch heute.
Ihre Kolonie =Louisiana= traten die Franzosen an Spanien ab; =von
Nordamerika war Frankreich damit ausgeschlossen=.

$Westindien 1755-1757.$ Dieser Kriegsschauplatz bietet in den ersten
Jahren des Krieges wenig Bemerkenswertes, obgleich auch hier schon bald
nach dem letzten Friedensschluß Streitigkeiten eintraten, so zunächst um
=die neutralen Inseln=.

 Wie bereits erwähnt, hatte man 1730 die Inseln Tabago, Sta. Lucia, St.
 Vincent und Dominica als neutral erklärt. Beim Friedensschluß 1748
 erhielt Frankreich das Besitzrecht auf Sta. Lucia, wurde aber von
 England stets gedrängt, die Insel wieder aufzugeben; anderseits machten
 die Franzosen schon 1748 den Versuch, von Martinique aus Tabago zu
 besetzen und zu befestigen, den sie nur auf ernstliche Vorstellungen
 Englands unterließen. Im Frieden 1763 erhielt Frankreich aufs neue Sta.
 Lucia zugesprochen, während die drei anderen neutralen Inseln an
 England fielen; ebenso das bisher französische Grenada; Sta. Lucia kam
 erst 1814 endgültig an England.

Besonders eifersüchtig aber war England auf das Aufblühen der
französischen Inseln in den letzten Jahren, so daß =Frankreich= wohl auf
Angriffe gegen diese beim Ausbruch des Krieges gefaßt sein mußte. Es
wurden deshalb überall die Befestigungen verstärkt und neue angelegt.
1755 stellte man auf allen Inseln Miliz- und Negertruppen auf und rüstete
Kaperschiffe aus; um dem Mangel an Nahrungsmitteln vorzubeugen, wurden
die Häfen neutralen Schiffen geöffnet. Anfang 1756 sandte man von
Frankreich je ein Geschwader nach den beiden Stationen, St. Domingue und
Martinique für die Antillen, die Truppen sowie Vorräte hinausbringen und
den feindlichen Handel schädigen sollten.

=England= dachte jedoch vorläufig noch nicht an Unternehmungen gegen die
feindlichen Kolonien; man hielt zunächst aus Besorgnis vor einer Invasion
die Seestreitkräfte in Europa zusammen. Man verstärkte zwar die beiden
westindischen Stationen (Jamaika und Barbados für die Kleinen Antillen)
aber auch nur mit dem Zwecke, den Handel des Gegners lahmzulegen und
seinen Inseln die Zufuhren abzuschneiden, in der Hoffnung, sie mit der
Zeit auszuhungern.

Somit führte man nur den Kleinkrieg, denn keine Partei war zu größeren
Unternehmungen genügend stark. Aber auch in diesem war keine
ausgesprochen im Vorteile; wahrscheinlich litt England mehr, wie wir es
meistens bei Beginn der Kriege gesehen haben. Wenn auch die Engländer
viele Kauffahrer abfingen, so sorgten doch Holland und Spanien für die
Einfuhr und Ausfuhr der französischen Inseln, und das Lahmlegen des
französischen Handels wurde wenig fühlbar; anderseits fielen mehr
englische Schiffe in Feindeshand, weil Englands Schiffahrt beträchtlich
größer war als die der Franzosen und weil diese über mehr Freibeuter
verfügten. Namentlich im Jahre 1756 scheinen die Engländer in den
westlichen Gewässern schwere Verluste erlitten zu haben; die
Jamaikastation war nur schwach besetzt, und die Schiffe wurden aus Furcht
vor einem Angriff auf die Insel zusammengehalten. Außer Zusammenstößen
einzelner Schiffe kam es in den ersten Jahren nur zu einem größeren
Gefechte.

 $Seegefecht bei Le Cap[99] am 21. Oktober 1757.$ Im November 1756 war
 ein französisches Geschwader unter Kapitän =de Kersaint= von 3
 Linienschiffen, 2 Fregatten und einer Korvette aus Brest über
 Westafrika nach Westindien ausgelaufen und hatte nach Berühren von
 Martinique im Sommer 1757 Le Cap erreicht; von hier sollte es einen
 Konvoi Handelsschiffe nach Frankreich geleiten. Um dies zu hindern,
 sandten die Engländer im Herbst von Jamaika den =Kapitän Forrest= mit
 drei Linienschiffen zum Kreuzen vor Le Cap, Kersaint hatte aber hier
 andere Schiffe vorgefunden und trat dem Gegner, wider dessen Erwarten,
 am 21. Oktober mit Überlegenheit entgegen. Es standen
 französischerseits 2 Schiffe zu 74 Kanonen, 1 zu 64, 1 zu 50, 1 zu 44
 und 2 zu 32 Kanonen gegen 1 Schiff zu 64 und 2 zu 60 englischerseits.
 Als die Franzosen in Sicht kamen, rief Forrest die beiden anderen
 Kommandanten zu sich an Bord und sagte ihnen: »Well, gentlemen, you see
 they are come out to engage us«, worauf Kapitän =Suckling= antwortete:
 »It would be a pity to disappoint them«. Dann griffen die Engländer um
 3-1/2 Uhr nachmittags an, wobei Suckling führte, und nach scharfem,
 zweistündigem Kampfe mußte sich Kersaint mit seinem Schiffe durch eine
 Fregatte aus dem Gefecht schleppen lassen, worauf auch die anderen
 Franzosen abbrachen.

 [99] Hafenstadt an der Nordwestküste der Insel Haiti, im damaligen
      französischen Teile St. Domingue und =Cap Français= genannt; jetzt
      eigentlich Le Cap Haiti, oft aber nur Le Cap bezeichnet. Cap
      Français war der Haupthafen für die französische St.
      Dominguestation sowie Sammelplatz der französischen
      Westindienfahrer vor ihrer Abreise im Konvoi nach Europa.

 Die Engländer verloren an Toten und Verwundeten 119 Mann; ihre Schiffe
 waren in der Takelage so beschädigt, daß sie zum Ausbessern nach
 Jamaika zurückfuhren. Die Franzosen sollen gegen 500 Mann verloren
 haben; Kersaint konnte jedoch seinen Konvoi nach Frankreich führen und
 hatte somit den strategischen Erfolg auf seiner Seite. Trotzdem gilt
 das Gefecht bei den Engländern als eines der ruhmreichsten ihrer
 Geschichte, und wohl mit Recht. Suckling war der Oheim Nelsons, und auf
 seinem Schiff trat dieser ein. Als 48 Jahre später am gleichen Datum
 Trafalgar geschlagen wurde, gedachte Nelson dieses Gefechtes und sah es
 als eine gute Vorbedeutung an.

$Im Jahre 1758$ brachte Pitts Einfluß auch in Westindien wie auf den
übrigen Kriegsschauplätzen durch Belebung der Tatkraft einen Umschwung
zugunsten Englands hervor. Zunächst erklärte dieses jegliche Zufuhr von
Lebensmitteln in französische Kolonien seitens spanischer oder
holländischer Schiffe für Neutralitätsbruch und handelte dementsprechend.
Zwar beschränkte man sich noch auf den kleinen Krieg, wohl weil die
Expedition gegen Louisbourg große Aufwendungen erforderte, aber man
übertraf den Gegner doch schon an Zahl der Streitkräfte. Frankreich
sandte 1758 nur insgesamt 6 Segel nach Westindien; ein größeres
Geschwader unter de La Clue wurde durch die Engländer im Mittelmeer
festgehalten. Gegen Ende des Jahres faßte man denn auch das Vorgehen
gegen die französischen Inseln ins Auge.

$England nimmt Guadeloupe und andere Inseln 1759.$ Im November 1758
segelten 8 Linienschiffe mit einem Transport von 8000 Soldaten nach
Barbados und traten hier im Januar 1759 unter den Befehl des =Kommodore
John Moore=, der nun über 10 Linienschiffe zu 60-80 Kanonen, 2 Schiffe zu
50 und 2 zu 44 Kanonen, sowie 4 Fregatten, 4 Sloops, 4 Mörserboote
verfügte. Am 13. Januar ging die Expedition in See und wandte sich
zunächst =gegen Martinique=, doch blieb dieser Vorstoß =erfolglos=. Am
15. ankerte die Flotte in der Bucht von Fort de France und am 16.
beschossen die kleineren Schiffe ein Fort sowie einige schwächere
Batterien an der zum Landen geeignetsten Stelle in der Bucht Cas des
navires, etwa 5 Seemeilen von der Stadt; es wurden auch 4500 Mann
gelandet. Als man aber erfuhr, daß die Stärke des Gegners einschließlich
Milizen 10000 Mann betrüge, schiffte man die Gelandeten wieder ein. Die
Flotte segelte nun vor den Hafen von St. Pierre, jedoch nur ein Schiff
ging am 19. näher heran, wohl nur zur Erkundung, und wechselte einige
Schüsse mit den Befestigungen. Dann aber ging =Moore gegen Guadeloupe=
vor und hier =mit Erfolg=.

 $Die Eroberung von Guadeloupe Januar/April 1759.$ Am 22. Januar
 erschien die englische Flotte vor der Stadt =Basse-Terre=, auf
 Basse-Terre, dem östlichen Teile der Insel Guadeloupe gelegen. Schon
 am 23. wurden die Befestigungen durch sechs schwere Linienschiffe zum
 Schweigen gebracht und am 24. legten die Mörserboote die Stadt fast in
 Trümmer. Am gleichen Tage landeten die Truppen und besetzten sie,
 rückten aber so langsam vor, daß die Franzosen Zeit hatten, sich in die
 Berge zurückzuziehen. Es war überflüssig, die Schiffe dem Kampfe mit
 den Befestigungen auszusetzen, denn man hätte gleich im Norden der
 Stadt landen und diese einnehmen können, da sie nach Land zu nicht
 befestigt war; noch weniger Zweck hatte die Beschießung durch die
 Mörserboote. Moore ließ dann noch durch einige Schiffe am 23. Februar
 =St. Louis=, auf Grande-Terre, dem westlichen Teil der Insel, nehmen,
 aber der Kampf in den Bergen zog sich als Guerillakrieg noch lange hin;
 die Franzosen ergaben sich erst am 23. April auf Basse-Terre und am 1.
 Mai auf Grande-Terre.

Auch dieser Erfolg wäre fast noch in Frage gestellt worden oder hätte
doch größere Opfer kosten können. Am 8. März war in Martinique der Chef
d'Escadre =de Bompart= mit 8 Linienschiffen und 3 Fregatten nebst Truppen
von Frankreich angekommen. =Moore= sah sich dadurch genötigt, mit seiner
Flotte in die Prinz-Rupert-Bucht (Dominica) zu gehen, um von hier aus die
Bewegungen Bomparts zu überwachen. Dieser wurde jedoch vom Gouverneur von
Martinique, =de Beauharnais=, der wohl für seine Insel fürchtete, sechs
Wochen lang festgehalten; als er am 23. April endlich segelte und bei
Guadeloupe erschien, war dessen Schicksal schon entschieden. Moore
versuchte vergeblich, seinen Gegner zu treffen; Bompart war sofort nach
Martinique zurückgegangen, segelte später nach St. Domingue, wo er
Truppen landete, und dann nach Frankreich zurück; hier traf er kurz vor
der Schlacht in der Quiberonbucht im November ein.

Nach dem Fall von Guadeloupe =ergaben sich= die umliegenden kleineren
Inseln, =Marie-Galante=, =Les Saintes= und =Petite-Terre=, gleichfalls
den Engländern. Diese hatten nach Bomparts Abfahrt wieder die See frei,
waren durch die letzte Verstärkung sehr viel mächtiger geworden und
konnten mithin den kleinen Krieg mit gutem Erfolge führen. So blieb die
Lage auch 1761, wo weiter keine Ereignisse von Bedeutung vorfielen.

$England nimmt Dominica 1761 und Martinique, sowie den Rest der
französischen Inseln 1762.$ Im Jahre 1761 verstärkten die Engländer ihre
westindischen Stationen weiter durch Schiffe -- besonders kleine
Linienschiffe, sowie 50 Kanonenschiffe und Fregatten -- und Truppen, die
in Nordamerika freigeworden waren. Der kleine Krieg gewann noch an Kraft
und von der Antillenstation aus besetzte man im April ohne jedes
Hindernis die neutrale Insel =Dominica=. Im Spätherbst trafen auch noch
Truppen von der Belle-Ile-Expedition ein. Am 22. November übernahm
Kontreadmiral =Rodney= bei den Antillen den Oberbefehl zu einem Angriff
auf Martinique. Er sandte sofort den bisherigen Stationschef, Kommodore
Douglas, mit einer Division ab, um die Insel von jeder Zufuhr
abzuschneiden, folgte mit der Hauptmacht am 5. Januar 1762 und vereinigte
sich am 7. mit Douglas bei der genannten Insel. =Am 1. März war
Martinique im Besitz der Engländer.=

 $Die Einnahme von Martinique Januar/Februar 1762.$ =Rodneys=
 Streitmacht zählte 13 Linienschiffe zu 60-84 Kanonen, 4 50- und 3
 44-Kanonenschiffe, 11 Fregatten, 5 Sloops, sowie 4 Mörserboote; auf 150
 Transportern waren gegen 14000 Mann unter General =Monkton=
 eingeschifft. Bei dem schwierigen Gelände der Insel wäre es richtig
 gewesen, zum Angriff auf die Stadt Fort de France, damals Fort Royal
 genannt, in deren möglichster Nähe zu landen; dieser Umstand war aber
 nicht genügend bekannt, und der Admiral wünschte, die Stadt ohne Kampf
 mit ihren Seebefestigungen zu nehmen. Er sandte daher nur eine kleine
 Division vor die Bucht von Fort de France, ließ einen Scheinangriff in
 der Bucht von La Trinité machen und ging mit der Hauptmacht in die
 Bucht von St. Anne. Hier wurden die schwachen Befestigungen bald
 niedergekämpft und die Truppen gelandet. Nun aber stellte sich heraus,
 daß der Marsch auf Fort de France sehr schwierig sein würde; man
 schiffte daher wieder ein, und die ganze Flotte ging zur
 Fort-de-France-Bucht. Am Vormittag des 16. Januar wurden die
 Befestigungen zum Schweigen gebracht, dann landeten die Soldaten in der
 Bucht Cas des Navires, 5 Seemeilen von der Stadt. Am Abend waren zwei
 Drittel des Landungskorps ausgeschifft, der Rest sowie die Seesoldaten
 folgten am nächsten Morgen. Gegen eine hartnäckige Verteidigung, die
 jeden Fels und jeden Baum, sowie auch künstliche Hindernisse benutzte,
 gelang es erst am 24., unterstützt durch die armierten Boote der
 Flotte, bis an die Stadt vorzudringen.

 Am 25. begann die Beschießung der Zitadelle aus schnell aufgeworfenen
 Batterien, aber erst am 4. Februar ergab sie sich. Am 13.
 unterzeichnete der Gouverneur der Insel, der sich am 28. Februar von
 Fort de France nach St. Pierre begeben hatte, einen Waffenstillstand
 mit der Zusage, die Insel am 1. März zu übergeben, wenn er bis dahin
 keine Unterstützung erhielte. Und so geschah es; ein auf dem Wege
 befindliches französisches Geschwader kam 8 Tage zu spät.

Schon während der Belagerung von Fort de France sandte =Rodney= kleinere
Divisionen gegen =Grenada= und =Sta. Lucia=, und auch diese Inseln mußten
sich ergeben. Dagegen gelang es ihm nicht, ein französisches Geschwader
abzufangen. 1762, als Spanien auf seine Seite getreten war, machte
Frankreich noch einen letzten Versuch, den Kolonien Hilfe zu bringen, und
der Chef d'Escadre =de Blenac= entschlüpfte aus Brest. Dieses Geschwader,
7 Linienschiffe und 4 Fregatten mit 7 Bataillonen, erschien am 8. März an
der Ostküste von Martinique. Das Blockadegeschwader vor Brest hatte zwar
Rodney von der bevorstehenden Ankunft Blenacs in Kenntnis gesetzt, aber
sein Versuch, diesen zu treffen, schlug fehl. Blenac war schon am 10.
nach St. Domingue weiter gesegelt, als er sich vom Falle Guadeloupes
überzeugt hatte.

Die Kolonie =St. Domingue= war noch allein in Frankreichs Besitz, doch
griff =Rodney= diese nicht an. Er erhielt die Nachricht vom Ausbruche des
Krieges mit Spanien, vom Eintreffen eines starken spanischen Geschwaders
in Havanna und mußte auf einen Angriff gegen Jamaika gefaßt sein. Er
warnte daher den Chef dieser Station und beorderte ihn zu einem
Zusammentreffen beim Kap St. Nicolas an der Nordwestspitze Haitis; er
wollte wohl dem neuen Gegner entgegentreten und gleichzeitig dessen
Vereinigung mit Blenac hindern. Ehe er aber selber seeklar war, traf am
26. März der Befehl für ihn und General Monkton ein, vorläufig nichts zu
unternehmen, sondern die Ankunft des Admirals =Sir George Pocock=
abzuwarten; dieser sei mit Verstärkungen unterwegs und solle ein großes,
vorläufig noch geheim gehaltenes Unternehmen führen. =Rodney= sandte nun
den Kommodore Douglas mit 10 Linienschiffen nach Jamaika, um die dortigen
Schiffe zur Vereinigung mit Pocock nach Kap St. Nicolas zu geleiten; er
schickte eine kleine Division für den Handelskrieg in die spanischen
Gewässer Mittel- und Südamerikas und erwartete mit dem Rest seiner Flotte
den neuen Oberbefehlshaber in Martinique.

$England erobert Havanna. Juni/August 1762.$ Admiral =Pocock= traf am 20.
April in Barbados ein und übernahm am 26. in Martinique den Befehl. Er
ließ dann Rodney mit einigen Schiffen bei den Kleinen Antillen zurück und
trat am 6. Mai mit der Flotte den Marsch nach Havanna an. Diese Stadt war
das geheime Ziel; England beabsichtigte, gleich einen schweren Schlag
gegen Spanien zu führen. Nachdem Pocock am 8. Mai bei der Monastraße
einen Teil der Schiffe der Jamaikastation, die von Douglas zur
Beobachtung Blenacs dorthin abgezweigt waren, und am 23. beim Kap Nicolas
den Rest an sich gezogen hatte, zählte =seine Streitmacht=: 22
Linienschiffe zu 60-90 Kanonen, 4 Schiffe zu 50 und 3 zu 40, 12
Fregatten, 8 Sloops, 3 Mörserboote, Hospital- und Vorratsschiffe, sowie
zahlreiche Transporter, auf denen 15500 Mann unter dem General =Earl
George of Albemarle= eingeschifft waren; insgesamt gegen 200 Segel.

=Pocock= wählte vom Kap St. Nicolas nach Havanna nicht den üblichen Weg
südlich der Insel Kuba, sondern den kürzeren durch den alten Bahamakanal.
Dieser ist navigatorisch für Segelschiffe schwieriger und galt damals
wegen der noch wenig genauen Karten als nicht ungefährlich, aber der
Admiral beabsichtigte, möglichst schnell und überraschend vor Havanna zu
erscheinen, sowie auch zu verhindern, daß der Stadt auf diesem Wege
Nachrichten und Unterstützung durch die Franzosen in St. Domingue
zugingen. Er benützte auf dieser Fahrt eine von Anson aufgenommene Karte,
auch sandte er Boote voraus, die gefährliche Stellen markierten. Am
Morgen des 6. Juni stand die Flotte 15 Seemeilen östlich von Havanna; die
Stadt wurde nach zehnwöchiger Belagerung genommen.

 $Die Einnahme von Havanna 1762.$ Noch am 6. Juni gab =Pocock= die
 Anordnung für die Landung, die östlich der Stadt erfolgen sollte. Zu
 ihrer Deckung blieb Kommodore =Keppel= mit 6 Linienschiffen und einigen
 Fregatten zurück; der Admiral segelte mit der Hauptflotte vor die
 Einfahrt des Hafens, in dem man 12 Linienschiffe zählte; drei waren im
 Eingange versenkt. Havanna wurde nach See zu hauptsächlich durch das
 starke, hochgelegene Fort Moro auf der Ostseite der Einfahrt und durch
 ein Werk auf der Westseite verteidigt; nach Land zu waren die
 Befestigungen nur unbedeutend. Am 7. morgens ließ Pocock durch die
 Seesoldaten der Schiffe eine Scheinlandung, etwa vier Seemeilen
 westlich der Stadt, ausführen, während =Albemarle= das ganze Heer sechs
 Seemeilen östlich von Havanna zwischen den Flüssen Coximar und Boca Nao
 landete.

 Hier fand man erst beim Vormarsch gegen Fort Moro, als man den Coximar
 überschritt, Widerstand, der jedoch bald durch das Eingreifen der
 Fregatten gebrochen wurde. Man begann dann sogleich mit der
 regelrechten Berennung Moros. Um diese zu fördern, beschossen am 1.
 Juli drei schwere Linienschiffe das Fort, mußten sich aber nach
 sechsstündigem Kampfe, stark beschädigt mit einem Verluste von 42
 Toten und 130 Verwundeten, zurückziehen und das Niederkämpfen des
 Forts der Belagerungsartillerie überlassen; am 30. Juli war Bresche
 gelegt, und man nahm das Werk im Sturm. Nach weiterer Beschießung der
 kleinen Befestigungen der Landseite, sowie der Stadt selber ergab sich
 diese am 14. August. Den Engländern kostete die Belagerung 1790 Tote
 und Verwundete; sie verloren außerdem viele Leute an Krankheiten in der
 ungesunden Gegend bei ungünstigster Jahreszeit.

 Wegen dieses starken Verlustes wurden den Führern Vorwürfe gemacht:
 =Pocock= habe die Schiffe unnötig dem Kampfe mit dem Fort ausgesetzt,
 =Albemarle= ebenso unnötig das starke Werk als Angriffsobjekt gewählt,
 auch ohnedies wäre die Stadt leicht zu nehmen gewesen und Moro dann von
 selbst gefallen. Hervorgehoben wird das gute Einvernehmen zwischen den
 Führern beider Waffen während des ganzen Unternehmens.

Der Fall Havannas war ein Erfolg von großem, moralischem Werte Spanien
gegenüber und fügte diesem schweren Schaden zu; er brachte England aber
auch bedeutenden materiellen Gewinn. Die erbeuteten Gelder und Güter
hatten einen Wert von drei Millionen Lstrl; 9 Linienschiffe -- 5 zu 70, 4
zu 60 Kanonen -- waren genommen, zwei noch auf Stapel liegende verbrannt;
drei nebst einer großen Galere hatten die Spanier versenkt.

=Pocock= ging im November mit 4 Linienschiffen und einem Teil der Prisen
nach England, 5 weitere folgten etwas später mit dem Rest der genommenen
Schiffe. =Der große Krieg in Westindien war zu Ende=; zu einem
wahrscheinlich ins Auge gefaßten Angriff auf St. Domingue kam es infolge
des Präliminarfriedens vom 12. November 1762 nicht mehr. Frankreich
erhielt durch den Frieden von Paris seine Inseln bis auf Grenada zurück.
Sta. Lucia wurde ihm aufs neue zugesichert, aber die neutralen Inseln
Tabago, St. Vincent und Dominica fielen an England. Spanien bekam
gleichfalls Havanna wieder, trat aber Florida an England ab, wofür ihm
Frankreich Louisiana überließ.

$Westafrika.$ Über dieses als Kriegsschauplatz ist nur wenig zu sagen.
Englands Hauptniederlassungen lagen am Golf von Guinea, nur wenige (zwei
Forts) an der Sierra-Leone-Küste, und in Senegambien besaß es fast gar
keinen Einfluß (ein Fort an der Mündung des Gambia). Hier war Frankreich
die vorherrschende Macht mit vielen Forts vom Kap Branco bis etwas
südlich vom Gambia; Hauptstützpunkte waren St. Louis am Senegal und Gorée
beim Kap Vert[100]. Stärkere Seestreitkräfte wurden von keinem der beiden
Länder hier gehalten; England scheint meist einige Kriegsschiffe an der
Guineaküste gehalten zu haben.

 [100] Genaueres über die Besitzungen beider Länder in Westafrika vgl.
       Band I, Seite 619 ff., sowie Zimmermann, Band III, Seite 361 und
       Band IV, Seite 217.

Im Februar 1757 erschien der französische Kapitän =de Kersaint= auf
seinem Wege nach Westindien mit 3 Linienschiffen, 2 Fregatten und einer
Korvette in den westafrikanischen Gewässern; er brachte einige englische
Sklavenschiffe auf und beunruhigte die Niederlassungen an der
Guineaküste, ein ernstlicher Angriff auf Cap Coast Castle wurde jedoch
abgeschlagen. =England= dagegen sandte 1758 kleinere Expeditionen hinaus,
um die französischen Niederlassungen wegzunehmen, und =bemächtigte sich
Senegambiens=.

 $Einnahme von Port Louis und Gorée 1758.$ Am 9. März 1758 verließ
 =Kapitän Marsh= mit einem Linienschiff (64 Kanonen), einem
 50-Kanonenschiff, sowie drei kleineren zu 8, 16 und 20 Kanonen England,
 erschien am 23. April vor der Mündung des Senegal, drang bei nur
 geringem Widerstande durch Küsten- und Flußfahrzeuge über die Barre
 nach =Port Louis= vor und zwang mit Hilfe vorher gewonnener
 eingeborener Fürsten das Fort am 1. Mai zur Übergabe; mit ihm fielen
 auch die anderen, weiter stromauf gelegenen Plätze. Es mutet seltsam
 an, daß die Anregung zu diesem Kriegszuge von einem Quäker ausging, der
 in Afrika ansässig gewesen war; dieser hatte auch die einheimischen
 Fürsten gewonnen. Marsh versuchte dann im Mai vergeblich, das besser
 befestigte Gorée zu nehmen. Aber schon am 28. Dezember trafen unter
 Führung des Kommodore =Augustus Keppel= 3 Linienschiffe, je ein 50- und
 ein 44-Kanonenschiff, verschiedene kleinere Fahrzeuge, zwei
 Mörserboote, sowie Transporter mit Soldaten vor =Gorée= ein, und die
 Niederlassung fiel bereits am nächsten Tage. (Näheres über diese
 Vorgänge siehe Laird Clowes, Band III, Seite 186 ff.)

Frankreich trat beim Friedensschluß Senegambien an England ab, erhielt
aber Gorée zurück.

$Ostindien[101].$ =Ereignisse vor Ausbruch des Krieges.= Sicher bestand
nach dem Frieden von Aachen bei den Leitern der ostindischen Kompagnien
in London wie in Paris der Wunsch, neue Zerwürfnisse zu vermeiden, denn
der letzte Krieg hatte große Kosten verursacht und dem Handel sehr
geschadet. Aber die erfolgreiche Einmischung des französischen
Gouverneurs =Dupleix= in die Streitigkeiten der indischen Fürsten hatte
das frühere System der Kompagnien, von befestigten Niederlassungen aus
nur Handel zu treiben, unmöglich gemacht. Die Europäer hatten die
Überlegenheit ihrer Waffen zu gut kennen gelernt, um den indischen
Fürsten weiter nur als Bittende entgegenzutreten, und diese strebten
dahin, sich der unbesiegbaren Europäer gegen ihre einheimischen Feinde zu
bedienen. Wollten die Kompagnien also weiter Geschäfte machen, so mußten
sie Partei nehmen und ihren Freunden Waffen und Soldaten stellen. Wenn
nun die Kompagnien selbst noch in den ersten Jahren nicht miteinander im
Streit lagen, so unterstützte doch eine jede einheimische Fürsten, die
vielleicht mit den Schützlingen der anderen Krieg führten; so mußten bald
auch die Truppen der beiden Kompagnien in diese Kämpfe verwickelt werden.

 [101] Im Anschluß an Seite 97-107. -- Die Verhältnisse in Indien, die
       sehr verwickelten Streitigkeiten der indischen Herrscher, in die
       die englische und französische Kompagnie des eigenen Vorteils
       halber eingriffen, geben wir nur soweit, als es zum Verständnis
       der kriegerischen Unternehmen nötig erscheint, insbesondere, um
       das Auftreten der Seestreitkräfte zu verstehen und zu würdigen.
       Genaueres findet man in Zimmermann, Band III, Seite 311 und Band
       IV, Seite 188 ff., wo die Geschichte der englischen und
       französischen Kolonie in Indien von 1748 an fortgeführt wird.
       Diese ist sehr lesenswert und man ersieht aus ihr, wie die
       Kompagnien mit wenig hundert Mann Europäern und einigen tausend
       Sepoys Einfluß über Staaten gewannen, deren Heere nach Zehn- ja
       Hunderttausenden zählten.

$Bis zum Jahre 1751$ zog =Frankreich= aus der Einmischung in indische
Angelegenheiten bei weitem =den größeren Vorteil=. =England= gewann zwar
1749 bei einer Thronfolgefrage im Staate Tanjore die Stadt =Devicotta=,
an der Mündung des Coleroon, etwa 30 Seemeilen südlich von Cuddalore,
aber dem Gouverneur von Pondicherry, =Dupleix=, gelang fast die
Verwirklichung seiner langgehegten Absicht, die Gründung eines
Vasallenstaats von großer Ausdehnung für Frankreich. Um das =Dekan= --
ein Vizekönigreich des Großmogulstaats, das fast ganz Vorderindien
umfaßte und in viele kleine Gebiete, jedes unter einem Nabob, zerfiel --
erhob sich 1749 gleichfalls ein Thronfolgestreit. Hier nahm Dupleix
Partei und wandte Politik wie Waffengewalt so geschickt an, daß sein
Schützling Sieger blieb.

Dieser machte als Vizekönig des Dekan 1750 Dupleix zum Nabob der
Küstenstaaten von Masulipatam bis zum Kap Komorin, erweiterte das Gebiet
der französischen Kompagnie bei Pondicherry sowie bei Karikal und trat
ihr neues Land bei Masulipatam ab; auch erhielt der Gouverneur selber
reichen Landbesitz als Eigentum. Der Vizekönig huldigte ihm sogar am 26.
Dezember 1750 in Pondicherry, und sein Nachfolger dehnte 1751 durch ein
weiteres Zugeständnis die französische Macht an der Orissaküste aus.
Dupleix beherrschte tatsächlich den ganzen Süden Vorderindiens, da er als
mächtiger Nabob beratende Stimme in allen wichtigen Angelegenheiten
besaß, und da der Vizekönig wie die meisten anderen Nabobs seiner Hilfe
ihre Stellungen verdankten. Mit nur 800 Mann Europäer und 3000 Sepoys
hatte Dupleix seinen Einfluß über 35 Millionen Inder zur Herrschaft
gebracht; die Engländer waren an der Ostküste Vorderindiens lahmgelegt,
ihre völlige Austreibung schien nur noch eine Frage der Zeit.

$Bis zum Jahre 1755$ gingen diese =Errungenschaften Frankreichs= jedoch
=wieder verloren=. Die Stellung Dupleix' und seines Verbündeten war nicht
fest genug, als sich 1751 England unmittelbar einmischte und in =Robert
Clive=[102] ein ebenbürtiger Gegner für Dupleix erwuchs. Der Vizekönig
besaß noch nicht die volle Herrschaft im ganzen Dekan; er hatte im Norden
mit widerspenstigen Fürsten zu schaffen und auch im Süden behauptete sich
der von ihm abgesetzte Nabob des Carnatic in einigen festen Städten.
Dieser gewann die Engländer für sich. Als der Vizekönig versuchte, ihn
mit Hilfe der Franzosen niederzuwerfen, unterstützten ihn die Engländer
von Madras, sowie von St. Davids aus mit Truppen. Hiermit war von Mitte
Juli 1751 =der Krieg zwischen den Kompagnien= entbrannt. Es folgten
zunächst vier Jahre des Kampfes im Carnatic, in denen mit wechselndem
Kriegsglück bald die eine, bald die andere Partei im Vorteil war, je
nachdem sich die unzuverlässigen indischen Fürsten gruppierten -- auch
die Mahratten an der Westküste Vorderindiens, die alten Feinde des
Mogulreiches, traten in den Kampf ein; zuerst auf englischer, später auf
französischer Seite.

 [102] =Robert Clive=, geboren 1725, kam 1743 als Beamter der jüngsten
       Klasse (Schreiber) der Kompagnie nach Madras, ging aber bald zum
       Kriegsdienst über und zeichnete sich schon als Fähnrich bei der
       Belagerung von Pondicherry 1748 aus. Jetzt war er erst 26 Jahre
       alt, aber mit scharfem, militärischem Blick begabt und in den
       indischen Angelegenheiten sehr erfahren. Durch seine Erfolge in
       Bengalen in diesem Kriege wurde er der Begründer der englischen
       Macht in Indien.

Wohl war die französische Kompagnie anfangs an Europäern wie an Sepoys
stärker, aber die Engländer zogen Truppen aus Bengalen heran, und ihre
Führer =Lawrence=, sowie =Clive= waren den Franzosen =d'Auteuil= und
=Law= (Sohn des berüchtigten Finanzmannes, s. Band I, Seite 595) weit
überlegen. Dupleix erhielt von der Heimat keine wesentlichen
Unterstützungen, auch mußte er seinen fähigsten Offizier, =de Bussy=, mit
einem Teil der Truppen abgeben, um den Vizekönig im Norden zu verstärken
und an dessen Hofe Frankreichs Vorteil gegen eine von England gewonnene
Partei wahrzunehmen. Zu Ende des Jahres 1752 stand es für die Franzosen
sehr schlecht; ein Unternehmen gegen St. Davids -- der erste unmittelbar
gegen die Engländer selber gerichtete Stoß -- wurde schon auf dem
Anmarsch mit großem Verluste zurückgewiesen.

Anfang 1752 lagen im Carnatic nur noch 360 Franzosen gegen 700 Engländer
im Felde; die erste, jetzt erwartete, bedeutendere Verstärkung von der
Heimat, 700 Mann, blieb aus, da das Schiff unterwegs verbrannte. Dennoch
behauptete sich Dupleix das Jahr über und errang sogar einige Vorteile,
als Clive aus Gesundheitsrücksichten nach England gegangen war. Wegen
Mangels an Truppen sowie an Geld -- er hatte schon bedeutende Summen aus
eigenem Vermögen vorgeschossen --, sowie auf Drängen der Kompagnie, die
des kostspieligen Krieges müde war, trat Dupleix im Januar 1754 mit dem
Gouverneur von Madras, =Saunders=, in Unterhandlungen. Diese zerschlugen
sich aber schon nach wenigen Tagen, da dieser unter keinen Umständen
Dupleix als Nabob des Carnatic anerkennen wollte und auch erfahren hatte,
daß dessen Stellung in Paris schwer erschüttert sei. Dennoch verlor der
tapfere Mann nicht den Mut. Der Nabob von Tanjore, ein mächtiger Fürst,
schien geneigt, sich auf seine Seite zu schlagen, im Februar wurde ein
Sieg über die besten englischen Truppen erfochten und de Bussy hatte mit
dem neuen Vizekönig, dem zweiten Nachfolger des ersten Freundes der
Franzosen, ein vorzügliches Verhältnis hergestellt. Wiederum erhielt die
Kompagnie große Gebiete an der Orissaküste, =die vier Circars=, die durch
ein Einkommen von 400 000 Lstrl. genügende Geldmittel sicherten. So
schöpfte =Dupleix= neue Hoffnung, da wurde er am 1. August 1754
=abberufen=.

 $Die Abberufung Dupleix'$ war die Folge von Verhandlungen, die schon
 seit 1752 zwischen den Kompagnien unter Teilnahme der Regierungen
 geführt wurden. Die englische Regierung machte Dupleix für alle Wirren
 in Indien verantwortlich und forderte unter Androhung schärfster
 Maßregeln seine Entfernung; auch Clive vertrat diesen Standpunkt
 energisch, als er sich 1753/54 in England aufhielt. So lange draußen
 alles gut ging, war die französische Regierung mit Dupleix ganz
 zufrieden gewesen und die Kompagnie hatte über die schlechten
 Geschäftsergebnisse hinweggesehen; als aber von 1752 an eine Hiobspost
 nach der anderen eintraf und die Mittel zusammenschrumpften, ließ man
 den tüchtigen Mann fallen. Bei seiner Abberufung erhielt er weder ihm
 noch zustehende Gelder, noch die von ihm vorgeschossenen 6-7 Millionen
 Francs, selbst die Einkünfte aus seinem Privatbesitz enthielt man ihm
 vor, so daß er beinahe mittellos die Heimreise antreten mußte. Ohne daß
 seine gerechten Ansprüche befriedigt waren, starb er 1764 verlassen und
 vergessen, während man in England annahm und noch annimmt, daß die
 Engländer in den nun noch folgenden Kämpfen wahrscheinlich aus Indien
 verdrängt worden wären, wenn man Dupleix nicht abberufen hätte.

In Europa waren die Regierungen sowie die Kompagnien übereingekommen,
beide Gouverneure abzuberufen und die Streitigkeiten durch besondere
Kommissäre zu schlichten. England ernannte aber den bisherigen Gouverneur
zu seinem Vertreter, während Frankreich einen früher in Bengalen tätig
gewesenen Beamten, =Godeheu=, der stets gegen Dupleix intrigiert hatte,
zum Kommissar bestellte. Dieser traf am 1. August 1754 mit 2000 Soldaten
in Pondicherry ein und übernahm schon am 2. die Geschäfte. Er wies sofort
die im Felde stehenden Befehlshaber an, die Feindseligkeiten
einzustellen, =schloß= am 26. Oktober einen Waffenstillstand und =im
Januar 1755= einen für die französische Kompagnie =höchst ungünstigen
Frieden=.

 $Godeheu$ folgte bei den Verhandlungen in keiner Hinsicht einer ihm von
 Dupleix hinterlassenen Denkschrift, in der die politische wie die
 militärische Lage dargestellt und die erforderlichen Maßnahmen
 entwickelt waren; auch sah er darüber hinweg, daß England gegen die
 Abmachung seinen früheren Gouverneur als Kommissar bestellt hatte. Er
 lieferte die Gefangenen aus, begann die an Frankreich abgetretenen
 Gebiete zu räumen und benachrichtigte den Vizekönig, daß er sich nicht
 mehr in dessen Angelegenheiten mischen dürfe; er ließ de Bussy zwar
 noch im Lager bei diesem, sandte ihm aber weder Truppen noch Geld.

 $Das Ergebnis der Verhandlungen$ war, daß sich beide Kompagnien
 verpflichteten, sich nicht mehr in die Streitigkeiten der indischen
 Fürsten zu mischen, auch keine Würden oder Ämter vom Großmogul
 anzunehmen. =England= sollte St. George (Madras), St. Davids
 (Cuddalore) und Devicotta, =Frankreich= Pondicherry, Carical und
 Nizampatam behalten; das Gebiet von Masulipatam, das ansehnliche
 Einkünfte lieferte, wurde geteilt. England behauptete somit alles, was
 es besessen und hinzugewonnen, Frankreich gab an Besitz und an Einfluß
 auf, was ihm Dupleix erworben hatte. In den Augen der indischen Fürsten
 mußte dieser Friedensschluß als ein völliger Sieg Englands erscheinen.

Schon im Februar 1755 sah =Godeheu= seine Aufgabe als erledigt an, gab
die Geschäfte an den neuen Gouverneur, =de Leyrit=, einen alten Beamten
der Kompagnie, ab und kehrte nach Frankreich zurück. De Leyrit hatte zwar
den Auftrag und die Absicht, Godeheus Politik fortzuführen, aber die
Ereignisse zwangen ihn bald in andere Bahnen, und die Verwicklungen
begannen abermals.

$Die Jahre 1756/57.$ Schon im Februar 1755 brachen die Engländer den
Vertrag, indem sie dem Nabob von Carnatic, der nun von den Franzosen
nicht mehr bekämpft wurde, wiederum Soldaten stellten, um seine Macht zu
befestigen; =de Leyrit= nahm darauf auch seinerseits Partei, verstärkte
de Bussy und stellte die Räumung des Orissagebietes ein. Das alte Spiel
begann von neuem. Zwar traf =Clive=, zum Kommandanten von St. Davids
ernannt, 1755 mit einem Geschwader von 3 Linienschiffen, einem
50-Kanonenschiffe, einer Fregatte und einer Sloop unter Kontreadmiral
=Charles Watson= nebst Truppen in Indien ein, um im Einverständnis mit
dem Gouverneur von Madras von Bombay aus den Vizekönig des Dekan
anzugreifen, wozu auch die Unterstützung der Mahratten gewonnen war, aber
die Behörden in Bombay wollten mit Rücksicht auf den eben geschlossenen
Frieden nichts davon wissen. Sie benützten die Streitkräfte Clives lieber
zur Befestigung ihrer Macht an der Westküste durch Niederwerfung eines
Seeräuberstaates.

 $Der Seeräuber Angria$ war das Haupt einer Mahrattenfamilie, die seit
 etwa 100 Jahren an der Westküste Vorderindiens Seeraub trieb und zu
 großem Landbesitz gekommen war. Sie belästigte sowohl den europäischen
 Handel wie den der Inder und griff selbst größere Kriegsschiffe an.
 Jetzt verband sich die englische Kompagnie mit den übrigen Mahratten
 zur Vernichtung Angrias. Schon im März 1755 nahmen ihre Schiffe den
 nördlichsten Hafen des Seeräuberstaates, =Bencote= (später Fort
 Victoria auf 18° Nordbreite), ein und im Januar 1756 gingen Clive und
 Watson mit ihrer Kriegsflotte, einigen Schiffen der Kompagnie sowie
 Fahrzeugen der Mahratten und einem Landungskorps gegen die Hauptstadt
 =Geriah= (auf 16-1/2° Nordbreite) vor. Diese nebst ihren Befestigungen
 mußte zwei Tage regelrecht beschossen werden, ehe sie sich am 14.
 Februar ergab. Man erbeutete 100000 Lstrl. an barem Gelde, sowie 30000
 an Gütern, und verbrannte die Seeräuberflotte, die aus einigen größeren
 Segelschiffen und zahlreichen Rudergaleren bestand. Die Engländer
 behielten die ganze Beute und auch den festen Platz, da die Mahratten
 sich unzuverlässig gezeigt hatten.

Im Mai 1756 trafen Clive und Watson dann vor St. Davids ein, und der
Gouverneur von Madras wollte nun angriffsweise gegen die Franzosen
vorgehen, insbesondere gegen de Bussy, der durch englische Einwirkung zur
Zeit mit dem Vizekönig entzweit war. Dies wurde zwar durch die Ereignisse
in Bengalen verhindert, aber =der offene Krieg zwischen den Kompagnien=
brach gleichwohl =in Bengalen= wie =im Carnatic= aus.

$England wirft Frankreich in Bengalen nieder 1756/57.$ Bengalen war lange
Zeit von einem Vizekönig -- wie der im Dekan ein ziemlich unabhängiger
Vasall des Großmogul -- regiert, der beide Kompagnien gleich begünstigte,
um seinen Vorteil daraus zu ziehen; während des vorigen Krieges hatte er
alle Feindseligkeiten zwischen ihnen verhindert. Im Jahre 1756 kam sein
Enkel auf den Thron, dem der wachsende Einfluß der Europäer ein Dorn im
Auge war. Dieser fiel schon im ersten Jahre über die Engländer her, nahm
die Faktorei Cosimbazar ein und griff am 18. Juni =Kalkutta= an, wo nur
260 englische Soldaten und 250 Milizen standen. Sie riefen die Holländer
in Chinsura, sowie die Franzosen in Chandernagore um Hilfe an, aber jene
lehnten rundweg ab, diese rieten Aufgabe der Stadt und Rückzug nach
Chandernagore. Die Engländer beschlossen nun allgemeine Flucht auf den
vorhandenen Schiffen. Zuerst sollten die Familien mit der wertvollsten
Habe an Bord gehen, aber man verlor den Kopf, und nur der Gouverneur
sowie die höheren Offiziere retteten sich. Bei dem Sturm der Inder auf
Kalkutta fielen 95 Engländer, die Soldaten flohen, und nach Einnahme der
Stadt kamen von den übriggebliebenen 146 Männern 123 in dem berüchtigten
Black Hole um; einem 18 Fuß langen und 14 Fuß breiten Raume, in dem sie
für eine Nacht eingesperrt waren. Der Vizekönig besetzte die Zitadelle
Fort William und zwang die Franzosen wie die Holländer zur Zahlung hoher
Summen.

Auf die Nachricht von diesen Ereignissen, die im August 1756 in Madras
eintraf, beschloß man hier, vor allem in Bengalen Rache zu nehmen.
Schiffe, Mannschaft sowie tüchtige Offiziere, Clive und Lawrence, waren
vorhanden, aber zwei Monate dauerte der Streit der maßgebenden Personen
über die Stellung von Flotte und Heer zueinander, über den Oberbefehl, ja
sogar über die Verteilung der Beute. Hervorzuheben ist, daß Admiral
Watson die soeben erhaltene Anweisung, mit dem Geschwader nach England
zurückzukehren, in richtiger Würdigung der Verhältnisse in Indien nicht
befolgte. Erst am 16. Oktober segelte die Expedition ab. =Clive=, der die
Truppen führte, erhielt den Befehl, im April 1757 wieder in Madras zu
sein, weil in Europa der Krieg ausgebrochen war, und Frankreich
beabsichtigte, große Verstärkungen nach Pondicherry zu senden. =Watsons=
Geschwader zählte die obengenannten Kriegsschiffe (mit Ausnahme der
Sloop) und ein Mörserboot; Clive befehligte 906 englische und 1500
indische Soldaten.

An der Koromandelküste blieben nur die schwachen Besatzungen der festen
Plätze sowie einige Schiffe der Kompagnie zurück. Die Expedition war am
27. Dezember an der Mündung des Ganges versammelt, wo man die Flüchtlinge
von Kalkutta fand; dann drang man zu Wasser und zu Lande ohne erheblichen
Widerstand stromaufwärts vor, nahm am 2. Januar 1757 nach zweistündiger
Beschießung Kalkutta nebst Zitadelle und wenige Tage darauf die Stadt
Hugly, 30 Seemeilen weiter stromauf. Der Vizekönig war mit seinem
eigentlichen Heere noch nicht herangekommen, sondern versuchte, die
Franzosen vorher auf seine Seite zu ziehen. Diese zeigten sich
unschlüssig, da sie hofften, die Bedrängnis der Engländer wie im vorigen
Kriege zum Abschluß einer Neutralität ausbeuten zu können. Geschickt
hielt nun Clive die Franzosen mit Verhandlungen hin, bis er einen
bedeutenden Sieg über die Truppen des Vizekönigs errungen und diesen am
9. Februar zu einem Friedensschluß bewogen hatte, in dem England alle
früheren Vorrechte zurückerhielt.

=Clive= hatte seine Aufgabe erfüllt und konnte nun nach Madras
zurückgehen. Er erachtete aber die Gelegenheit für günstig, die Franzosen
anzugreifen und schloß am 14. März 1757 im Verein mit =Watson= die Stadt
=Chandernagore= ein, die gut befestigt, aber nur von 446 Europäern und
300 Sepoys verteidigt war. Am 19. zerstörten die Boote der Flotte einige
diese bedrohende Brander; am 23. wurde die Stadt vom Lande wie vom Flusse
her beschossen, worauf die Franzosen sie übergaben. Damit war =die
französische Macht in Bengalen vernichtet= und der Kampf der Kompagnien
hier beendet.

 $Weitere Ereignisse in Bengalen bis 1763.$ =Clive= wollte jedoch noch
 seine Stellung den indischen Fürsten gegenüber befestigen und blieb
 deshalb in Bengalen, trotz mehrfacher, dringender Mahnungen aus Madras.
 Er hatte einen Angriff des Vizekönigs zu erwarten, der über die
 Einnahme von Chandernagore empört war und mit dem Rest der von dort
 nach Bhagulpore, etwas weiter stromauf geflohenen Franzosen sowie mit
 de Bussy im Dekan in Verbindung trat. Durch Verhandlungen und Intrigen
 gelang es Clive, eine Verschwörung gegen den Vizekönig in dessen Lager
 anzuzetteln und ihn mit nur 1000 Europäern nebst 2000 Sepoys gegen eine
 zwanzigfache Übermacht bei Plassey vernichtend zu schlagen. Dann setzte
 er einen England ergebenen Mann an dessen Stelle.

 =Die Schlacht bei Plassey am 23. Juni 1757 gilt als der Anfang der
 englischen Herrschaft in Indien.= Noch fast das ganze Jahr 1758 über
 hielt Clive seine Landstreitmacht in Bengalen zusammen, um die
 Herrschaft des neuen Vizekönigs zu befestigen; erst im Oktober sandte
 er 500 Europäer und 2000 Sepoys nach Vizagapatam an der Orissaküste. Er
 selber ward jetzt zum Gouverneur von Bengalen ernannt, und damit weiter
 unabkömmlich; bald wurde auch der Vizekönig ihm feindlich gesinnt. Als
 im August 1759 sieben holländische Ostindienfahrer mit 1500 Soldaten
 für die Niederlassung Chinsura vor dem Ganges eintrafen, mußte er
 befürchten, daß der Vizekönig diese für seine Zwecke benützen würde. Er
 verlangte deshalb, daß ihnen die Einfahrt in den Strom verboten wurde,
 und als dies nicht geschah, ließ er sie auf ihrer Fahrt stromauf durch
 englische Ostindienfahrer und durch seine Truppen wegnehmen; auch zwang
 er die holländische Niederlassung zur Verpflichtung, keine
 Befestigungen anzulegen sowie keine Truppen zu halten, und gab die
 Schiffe nur gegen Zahlung einer Entschädigung zurück, die seine
 Kriegskosten deckte. Alles dies geschah, obgleich England mit Holland
 im Frieden war.

 Anfang 1760 kam =Clive= nach England, wo er als =Baron v. Plassey= zum
 Peer von Irland ernannt und ins Parlament berufen wurde; sein Vermögen
 zählte mehrere Millionen. Erst 1764 kehrte er infolge auftretender
 Unruhen als =Generalgouverneur= und Chef aller Truppen nach Kalkutta
 zurück, wo sich bis dahin seine Nachfolger, wenn auch unter schwierigen
 Verhältnissen und mancherlei Kämpfen, behauptet hatten. 1767 ging Clive
 aus Gesundheitsrücksichten abermals nach England; er wurde 1772 wegen
 Mißbrauch seiner Gewalt in Indien zur Untersuchung gezogen, verteidigte
 sich aber so glänzend, daß die Verhandlung niedergeschlagen und seine
 großen Verdienste förmlich anerkannt wurden. Krank am Körper und
 verbittert im Gemüt, ergab er sich dem Opiumgenuß und endete durch
 Selbstmord am 22. November 1774.

$In Vorderindien$ dagegen stand $1757$ die Sache der Engländer schlecht.
=De Leyrit= hatte Ende 1756 gleichfalls die Nachricht erhalten, daß man
daheim eine große Expedition ausrüste, um die Engländer aus Indien zu
vertreiben; er beschloß, schon vor Eintreffen derselben die Entsendung
der englischen Truppen nach Bengalen zum Vorgehen zu benutzen. Vom April
1757 an bemächtigte er sich verschiedener fester Plätze im Carnatic, und
auch =de Bussy=, der seine Stellung am Hofe des Vizekönigs trotz aller
englischer Umtriebe behauptet hatte, nahm englische Niederlassungen im
Norden genannter Provinz sowie an der Orissaküste fort, hier z. B.
Vizagapatam. De Bussy war dadurch verhindert, dem Rufe des Vizekönigs von
Bengalen Folge zu leisten; als ihm dies 1758 möglich gewesen wäre, wurde
er beordert, seine Truppen zu einem großen Schlage im Carnatic
heranzuführen, da die erwartete Expedition aus Frankreich eingetroffen
war.

$Im Jahre 1758$ =gewinnt die Kriegführung zur See an Bedeutung=. Schon am
6. März 1757 waren 3 Schiffe der französisch-indischen Kompagnie mit 2
Bataillonen von Lorient nach Isle de France gesegelt, hier vereinigte
sich der Gouverneur =Bouvet de Loziers= nebst drei weiteren
Kompagnieschiffen mit ihnen und landete die Truppen im August bei
Pondicherry, ohne Behinderung durch das englische Geschwader in Bengalen
oder eine eben für dieses in Bombay eingetroffene Verstärkung von 3
Linienschiffen unter Kommodore =Charles Stevens=. Er kehrte dann nach
Isle de France zurück, um das Gros der Expedition zu erwarten. Dieses
verließ, durch Änderungen in seiner Zusammensetzung aufgehalten, erst am
2. Mai Lorient. Die Seestreitkräfte bestanden aus einem Linienschiffe und
6 (oder 10?) größeren Schiffen, sowie 2 Fregatten der Kompagnie unter dem
Chef d'Escadre =Comte d'Aché=; eingeschifft waren 1200 Soldaten unter
Generalleutnant =Comte de Lally=, der zum Oberbefehlshaber in Indien
ernannt war.

Infolge ungünstiger Windverhältnisse -- man spricht auch von
Ungeschicklichkeit der Kommandanten --, sowie einer Epidemie an Bord, die
zu einem sechswöchentlichen Aufenthalt in Rio de Janeiro zwang, erreichte
die Expedition erst am 16. Dezember Isle de France. Der Admiral stellte
hier aus den besten aller versammelten Schiffe ein Geschwader von 11
Segeln zusammen, übte es in den dortigen Gewässern, ging dann nach Indien
und ankerte am 28. April 1758 vor der Stadt Cuddalore; er überraschte
hier zwei englische Fregatten, die genötigt waren, sich auf den Strand zu
setzen und zu verbrennen. Graf de Lally segelte auf 2 Schiffen (einem zu
74 Kanonen und einer Fregatte) mit seinem Stabe nach Pondicherry weiter,
um von hier aus Cuddalore zu Lande anzugreifen.

 =Comte de Lally=, Baron de Tollendale, ein Irländer von Geburt, der
 England glühend haßte, galt im französischen Kriegsministerium als ein
 hervorragender Offizier. Er hatte schon 1755 als einziges Mittel,
 Englands Herr zu werden, eine Landung dort oder unbedingte Sicherung
 Kanadas oder die Vertreibung des Gegners aus Indien empfohlen -- mit
 anderen Worten, die Hauptkraft auf =ein= Ziel zu richten. Lange zögerte
 man mit einem Entschlusse, als man endlich überzeugt war, daß England
 unbedingt Kanada zu erobern strebte, wurden 3 Linienschiffe, mehrere
 Schiffe der Kompagnie nebst 3000 Mann für Indien bestimmt. De Lally
 erhielt den Oberbefehl, obgleich er den indischen Verhältnissen ganz
 fremd war, auch wurden die an sich schon genügenden dafür bestimmten
 Kräfte zugunsten des Krieges in Nordamerika auf die oben angegebene
 Stärke von Schiffen und Truppen herabgesetzt. Es trat hinzu, daß
 zwischen Lally und Aché das denkbar schlechteste Einvernehmen herrschte
 und daß ihr dienstliches Verhältnis zueinander keineswegs genügend
 geregelt war.

 Was Lallys Stellung in Indien anbetraf, so erteilte man ihm die
 weitgehendste Vollmacht und stellte ihm als Hauptaufgabe die
 Vertreibung der Engländer und die Hebung des Handels hin; er sollte
 nicht etwa die Politik Dupleix' verfolgen, die doch de Leyrit sowie de
 Bussy notgedrungen hatten wieder aufnehmen müssen. Da Lally außerdem
 von schroffem, wenn auch ehrenwertem Charakter war, kann es nicht
 wundernehmen, daß er dem Gouverneur von Pondicherry, sowie den Beamten
 und Offizieren sehr ungelegen kam. In der Stadt angelangt, traf er
 sofort seine Anordnungen, ohne jemand um Rat zu fragen.

$Die Seeschlacht vor Cuddalore, 29. April 1758.$ Das englische Geschwader
in Indien führte jetzt Vizeadmiral =George Pocock=, da Watson im August
1757 gestorben war; er lag am 24. März in Madras, als die Verstärkung
unter Stevens zu ihm stieß. Am 17. April ging er in See, um Cuddalore vor
dem erwarteten französischen Geschwader zu schützen, traf aber erst am
29. vor der Stadt ein. =D'Aché= lichtete, als die Engländer zu Luward in
Sicht kamen, Anker, bildete die Kiellinie beim Winde -- der Wind war SO
-- über Backbordbug und erwartete den Angriff. Dieser erfolgte genau nach
der englischen Gefechtsinstruktion (vgl. Seite 39) und =die Schlacht=
blieb infolgedessen, wie gewöhnlich, =unentschieden=, wurde =aber ein
strategischer Erfolg der Franzosen=.

 $Der Verlauf der Schlacht vor Cuddalore[103].$ Um 2-1/4 Uhr nachmittags
 hatte auch =Pocock= etwa drei Seemeilen querab vom Feinde die Kiellinie
 beim Winde über Backbordbug gebildet und steuerte nun mit seinem
 Flaggschiff schräg auf das feindliche zu, um so sein Geschwader Spitze
 auf Spitze und Flaggschiff gegen Flaggschiff auf nahe Entfernung neben
 das feindliche zu legen. In den Gefechtslinien traten sich 9
 französische Schiffe mit 476 Kanonen und 7 englische mit 404 Kanonen in
 folgender Reihenfolge, nach Zahl der Geschütze bezeichnet, entgegen:

  Die französische Linie: 58  54  44  56  74 (Flagge)  50  44  36  60
  Die englische      "    60  50  56  64 (Flagge)  56  50  60

 [103] Nach: Mahan I; Bonfils II; Clowes III; Troude I.

 Bei der scheinbaren Überlegenheit der Franzosen durch größere Zahl der
 Schiffe und Kanonen muß man aber berücksichtigen, daß nur ihr
 Flaggschiff der Königlichen Marine angehörte und daß die
 Kompagnieschiffe aus verschiedenen Gründen (vgl. Seite 57)
 Kriegsschiffen gleicher Größe an Gefechtskraft nicht ebenbürtig waren.

 Die Angriffsart brachte für die Engländer die ihr anhaftenden Nachteile
 mit sich. Die vordersten vier Schiffe einschließlich des Flaggschiffes
 kamen zwar gut an die feindliche Linie heran, hatten aber auf dem Wege
 dahin fast deren ganzes Feuer auszuhalten, ohne es erwidern zu können,
 bis sich etwa um 3-3/4 Uhr Pocock querab von Aché wieder an den Wind
 legte und das Signal zum Nahgefecht gab. Die drei Schiffe hinter Pocock
 traten nicht sogleich in dieses ein; sie waren beim Heransegeln etwas
 zurückgeblieben, sei es durch Ungeschick, sei es dadurch, daß der
 unmittelbare Hintermann des Admirals ein schlechter Segler war. Dies
 konnte für die vorderen Schiffe bedenklich werden, doch auch in der
 französischen Linie traten Mißstände hervor: das dritte Schiff von vorn
 verlor sogleich sein Ruder und verließ die Linie; das kleine Schiff von
 36 Kanonen wurde durch eine Breitseite aus ihr vertrieben; das
 Schlußschiff zu 60 Kanonen hatte sich von Anfang an nicht auf seinem
 Posten, sondern weiter in Lee gehalten. Auf erneutes Signal Pococks
 kamen die hinteren Schiffe zögernd näher, besonders das sechste zeigte
 sich so langsam, daß das siebente endlich an ihm vorbeisegelte. Beim
 Herankommen dieses großen Fahrzeuges scheint das schwache französische
 Schiff zu 44 Kanonen etwas aus der Linie gewichen zu sein. Hinter
 Pocock war so in der englischen Linie eine Lücke entstanden und sein
 Schiff wurde auch vom Hintermann d'Achés beschossen, während es wie
 seine Vorderleute unter langsamer Fahrt in scharfem Gefecht
 weitersegelte. Gegen 6 Uhr kamen die beiden französischen Schiffe in
 Sicht, die Lally nach Pondicherry gebracht hatten.

 Bis zu diesem Zeitpunkt sind die verschiedenen Angaben über den Verlauf
 des Gefechtes wohl in Übereinstimmung zu bringen, über das nun folgende
 Manöver des französischen Admirals weichen die Meinungen ab. =D'Aché=
 erteilte nämlich jetzt den Befehl zum Halsen, wartete jedoch nicht ab,
 bis das Signal beantwortet war, sondern führte das Manöver mit dem
 Flaggschiff sofort aus. Die Schiffe hinter ihm folgten seinem
 Beispiele, wobei sein dichtaufgeschlossener Hintermann Gelegenheit
 hatte, dem englischen Flaggschiffe beim Vorbeisegeln nochmals eine
 Breitseite zu geben; die Schiffe vor ihm brachen das Gefecht erst etwas
 später ab, so daß die Ordnung der französischen Linie gestört war.

 Einige Quellen erzählen nun, d'Aché habe durch »gleichzeitiges Halsen«
 aller Schiffe schnell die Linie über Steuerbordbug bilden, dann in der
 Lücke der englischen Linie durchbrechen und so deren letzte Schiffe
 abschneiden wollen; diese Absicht sei durch seine Ungeduld vereitelt.
 Andere nehmen an, er habe das Gefecht abgebrochen, um die ausgefallenen
 sowie die von Pondicherry kommenden Schiffe an sich zu ziehen und
 weiter in Lee aufs neue den Angriff abzuwarten; er habe dazu den Befehl
 »im Kontremarsch Halsen« gegeben. Diese Ansicht hat für sich, daß ein
 derartiges Manöver fast ganz der späteren Taktik der Franzosen (vgl.
 Seite 42) entsprechen würde, auch ist es bei dieser Annahme leichter zu
 erklären, daß der Hintermann des Admirals »beim Vorbeisegeln« nochmals
 eine Lage auf den englischen Admiral abgeben konnte. Tatsächlich wurde
 das Gefecht durch das Manöver abgebrochen und nicht wieder aufgenommen,
 denn die Nacht kam herauf. Aber auch sonst wäre =Pocock= zu einem
 zweiten Angriffe nicht in der Lage gewesen, da seine vordersten Schiffe
 zu sehr beschädigt waren -- eine weitere gewöhnliche Folge der
 englischen Angriffsart; der schon gegebene Befehl zur Verfolgung des
 Feindes mußte aus diesem Grunde widerrufen werden.

 =Der Verlust= der Engländer betrug nur 29 Tote, sowie 89 Verwundete;
 der der Franzosen 162 und 360. Dieser große Unterschied war einerseits
 die Folge der verschiedenen Taktik -- bekanntlich schossen die
 Franzosen auf die Takelage, die Engländer auf den Rumpf --, anderseits
 aber auch des Umstandes, daß die französischen Schiffe mit Soldaten
 Lallys überfüllt waren.

 Erwähnt sei, daß =d'Aché= den Kommandanten seines letzten Schiffes
 wegen Lauheit im Gefecht des Kommandos entsetzte, und daß auch von den
 drei Kommandanten der letzten englischen Schiffe durch
 kriegsgerichtlichen Spruch einer entlassen, ein zweiter vom Kommando
 enthoben und der dritte auf ein Jahr im Dienstalter zurückgestellt
 wurde.

$Die Franzosen nehmen St. David 1758.$ Nach der Schlacht segelte =Pocock=
nach Sadras, um seine Schiffe auszubessern, gab also den Schutz von
Cuddalore auf. =D'Aché= ankerte zunächst bei Lampraavy, 20 Seemeilen
südlich von Pondicherry; -- hier ging ein Kompagnieschiff zu 74 Kanonen
verloren, das infolge beschädigten Ankergeschirrs strandete -- und
segelte dann nach Pondicherry; er stand also noch immer zwischen
Cuddalore und dem Feinde. =De Lally= hatte aber schon am 29. April
Truppen gegen diese Stadt in Bewegung gesetzt, nahm sie am 3. Mai und
schritt zur Belagerung des Forts St. David. Die Engländer verfügten hier
nur über 619 weiße und 1600 indische Soldaten, die Franzosen fast genau
über dieselbe Gesamtzahl, aber im umgekehrten Verhältnis. Am 16. begann
die Beschießung, bald fielen die Außenwerke, und am 2. Juni ergab sich
das Fort; die Besatzung wurde kriegsgefangen.

Die Engländer räumten kurz darauf auch =Devicotta=; von wichtigeren
Plätzen behielten sie nur noch Madras und Trichinopoly. =Pocock= hatte
versucht, St. David zu entsetzen; er war am 10. Mai von Sadras in See
gegangen, infolge ungünstigen Windes aber erst am 30. bis auf die Höhe
von Pondicherry gekommen. D'Aché erhielt von de Lally den Auftrag, den
Gegner zu schlagen; er ging zwar in See, hielt sich aber zu Luward vom
Feinde und kehrte bald auf Verlangen der Behörden in Pondicherry -- de
Lally war nach St. David abgegangen -- zum Schutz dieser Stadt zurück.
Pocock hatte seinerseits nicht an den Feind herankommen können; als er am
6. Juni die Nachricht von dem bevorstehenden Falle St. Davids erhielt,
segelte er nach Madras, um wenigstens diesen Platz zu schützen.

$Die Schlacht vor Negapatam am 3. August 1758.$ Nach der Einnahme von St.
David wäre es de Lally bei seiner großen Überlegenheit an Soldaten
wahrscheinlich leicht geworden, Madras zu erobern, und er forderte auch
d'Aché zur Mitwirkung hierbei auf; dieser lehnte jedoch mit der
Begründung ab, daß er in Ceylon Vorräte auffüllen müsse und dabei gegen
den englischen Handel kreuzen wolle. =De Lally= zog nun am 18. Juni gegen
Tanjore zu Felde, um hier eine alte Schuldforderung einzutreiben. Er
erreichte die Stadt erst am 18. Juli, wurde dann durch Verhandlungen
sowie kleine Teilzahlungen hingehalten, und als er endlich zum Sturme
schreiten wollte, erhielt er die Nachricht, daß das französische
Geschwader vor Negapatam geschlagen und Karikal, von wo aus sein Heer
allein verpflegt werden konnte, sowie Pondicherry in Gefahr seien. Er
ging deshalb am 10. August auf diese Stadt zurück. Am 17. Juli war
=Pocock= dort erschienen, und =d'Aché=, der so lange untätig gelegen
hatte, ging nun in See, anscheinend, um sich einem Kampfe zu entziehen,
und steuerte, von Pocock gefolgt, südwärts. Die nächsten Tage brachten
nur Manöver der beiden Geschwader, teils in Sicht, teils außer Sicht
voneinander, aber am 3. August erfolgte der Zusammenstoß. Die
Streitkräfte waren dieselben wie bei Cuddalore; französischerseits traten
die damals nach Pondicherry gesandten Schiffe jetzt an die Stelle des
gestrandeten und des kleinsten zu 36 Kanonen; wieder standen 9 Franzosen
gegen 7 Engländer.

 $Der Verlauf des Kampfes vor Negapatam.$ Am 3. August um 5 Uhr
 vormittags sichtete Pocock den Gegner, der tags zuvor aus Sicht gewesen
 war, zu Luward in Gefechtslinie vor Negapatam. Während er sein
 Geschwader ordnete, wären infolge flauen Windes und zeitweiser Stille
 fast seine beiden letzten Schiffe abgeschnitten. Um Mittag sprang
 Seebrise auf, wodurch die Engländer die Luvstellung erhielten, und um
 12-1/2 Uhr griff Pocock in der üblichen Weise an. Es kam zu einem
 zweieinhalbstündigen Kampfe, der zwar ganz nach Vorschrift begonnen,
 aber nicht lange so durchgeführt zu sein scheint. Gleich nach dem
 Zusammenstoß fing das vorderste französische Schiff am Kreuzmast Feuer,
 mußte diesen kappen und wäre verloren gewesen, wenn sein Hintermann es
 nicht gedeckt hätte. Dem französischen Admiralschiff wurde das Ruderrad
 zerschossen, es trieb auf ein anderes, und auch hier legte sich ein
 drittes zwischen diese beiden und den Gegner; die zwei
 44-Kanonenschiffe wurden bald aus der Linie vertrieben. So war die
 französische Ordnung schnell gelöst und d'Aché, dessen Schiff gleich
 nach Ausbesserung des Ruders in Brand geriet, gab gegen 2 Uhr
 nachmittags den Befehl, das Gefecht abzubrechen. Die Schiffe hielten in
 Unordnung ab. Pocock gab zwar den Befehl zur allgemeinen Jagd und
 führte bis 3 Uhr noch ein laufendes Gefecht, aber die Franzosen
 entkamen; einige englische Schiffe waren wieder so in der Takelage
 zerschossen, daß man das Überbordgehen der Masten befürchten mußte.
 =Der Verlust= der Engländer betrug 31 Tote und 166 Verwundete gegen 250
 bzw. 600 der Franzosen; beide Geschwaderchefs waren verwundet.

=Die Schlacht vor Negapatam= muß als taktisch unentschieden bezeichnet
werden und schließt für die nächste Zeit den Seekrieg in Indien, der
französischerseits aufgegeben wurde. =D'Aché= ging nämlich nach
Pondicherry, fand hier auch noch Material zur Ausbesserung seiner
Schiffe, hielt es aber noch für nötig, diese zu kalfatern, was hier bei
Anwesenheit des Feindes nicht angängig war. Obgleich er Befehl hatte,
bis zum 15. Oktober in den indischen Gewässern zu bleiben, lehnte er die
erneute Aufforderung zu einem Angriff auf Madras ab und erklärte, er
dürfe die Schiffe in ihrem jetzigen Zustande weder einem neuen Kampfe
noch den Unbilden der schlechten Jahreszeit aussetzen, er müsse sie, die
so wichtig für Indien seien, erhalten. Trotz de Lallys Einsprache und den
Bitten der Behörden ging er am 3. September nach Isle de France in See.
Wahrscheinlich haben sein schlechtes Einvernehmen mit de Lally sowie die
Überzeugung von der Überlegenheit der englischen Seestreitkräfte zu
diesem Entschluß beigetragen. =Pocock= hatte nach der Schlacht vor
Karikal gelegen und dadurch wohl zum Abbruch der Belagerung von Tanjore
mitgewirkt, blieb aber sonst untätig; schon am 20. August ging er zum
Überwintern nach Bombay. Dies muß befremden, da er nichts von d'Achés
Absicht wußte, Indien zu verlassen, und da doch die englische Sache am
Lande recht ungünstig stand. Alle englischen Quellen übergehen diesen
Punkt! Während er in Trincomali auf Ceylon Wasser nahm, wurde ihm durch
eine Ausguckfregatte das Passieren der Franzosen auf ihrem Wege nach Isle
de France gemeldet; er ging sofort in See, konnte den Gegner aber nicht
mehr erreichen.

$Niederlagen der Franzosen 1759.$ Obgleich von d'Aché im Stich gelassen
und durch Geldmangel gelähmt, gab =de Lally= seinen Plan nicht auf. Nach
Heranziehen de Bussys aus dem Dekan eroberte er im Oktober 1758 Arcot,
die Hauptstadt des Carnatic, um sich Geld zu verschaffen, und wenn er
auch hier fast nichts fand -- seine ganzen Mittel bestanden in 94000
Rupien und das Heer allein kostete im Monat 40000 --, zog er doch Anfang
November mit 2700 Europäern sowie 5000 Sepoys =gegen Madras=, das durch
Major =Lawrence= mit 1760 Engländern nebst 2400 Indern besetzt war. Da
sich die Engländer in die Zitadelle, Fort George, zurückzogen, fiel die
Stadt sogleich, am 12. Dezember, in die Hände der Franzosen, die hier
eine Beute von 15 Millionen Francs gemacht haben sollen, von denen aber
nur 92000 in die amtliche Kasse geflossen sind. Infolge mangelnder
Mannszucht, ja des stillen Widerstandes vieler Offiziere, auch de Bussys,
der über die Abberufung von seiner so wichtigen Mission im Dekan empört
war, sowie der Tapferkeit der Engländer zog sich die Belagerung des Forts
lange hin. Im französischen Lager herrschte bald Mangel, während die
Belagerten trotz der Winterstürme über See aus Bengalen Zufuhren
erhielten.

Am 16. Februar 1759 wollte de Lally einen Sturm wagen, da trafen in der
Stadt zwei englische Fregatten nebst 6 Fahrzeugen mit Soldaten, Munition
und Proviant von Bombay ein, so daß er die Belagerung abbrechen und das
schwere Geschütz im Stich lassen mußte. An der =Orissaküste= errangen die
Engländer gleichfalls Erfolge. Die im Oktober 1758 von Clive aus Bengalen
dort hingesandten Truppen schlugen die Franzosen im Dezember vernichtend
und zwangen im Januar 1759 in Masulipatam ihre Trümmer zur Übergabe. Der
Vizekönig vom Dekan trat jetzt auf seiten Englands, wies die Franzosen
aus seinem Reiche aus und teilte das ihnen früher überlassene Land, diese
wichtige Errungenschaft Dupleix', den Engländern zu.

=De Lally= sah sich auf wenige feste Plätze außer Pondichery beschränkt
und für den Sommer 1759 zur Untätigkeit verdammt; seine letzte Hoffnung
war das Geschwader d'Achés, dessen Rückkehr längst fällig war.
Glücklicherweise vermochte auch der Gegner nichts zu unternehmen, denn
die Kompagnie sandte kein Geld, in der Meinung, daß die bengalische Beute
alles bezahlt mache.

$Die Schlacht vor Porto Novo, 10. September 1759.$ =Pocock= hatte mit
seinem Geschwader am 7. April Bombay verlassen und kreuzte in Erwartung
des Gegners an der Koromandelküste; zu ihm stieß im Juni, von der Heimat
kommend, Kontreadmiral =Charles Stevens= mit 2 Linienschiffen. =D'Aché=
erschien erst im September wieder in Indien. Wenn er somit gerade ein
Jahr vom Felde seiner Tätigkeit entfernt blieb, so ist dies keineswegs
ihm allein zur Last zu legen. Bei seiner Ankunft in Isle de France im
Oktober 1758 fand er zwar 3 Linienschiffe vor, die von Frankreich mit
einigen wenigen Soldaten (90 oder 180 Mann), etwas Munition sowie 800000
Francs für Indien angekommen waren, aber die Zustände auf Isle de France
und Bourbon waren derart, daß er sein Geschwader nur mit Mühe und in
langer Zeit wieder schlagfertig machen konnte.

 Auf Isle de France herrschte eine Hungersnot, die durch die Ankunft des
 Geschwaders noch fühlbarer wurde. Der Admiral mußte im November 9
 Schiffe nach Kapstadt senden, um Nahrungsmittel zu holen; die dort
 erlangten Vorräte genügten aber nicht im geringsten, so daß der
 Gouverneur den Admiral des öftern bat, mit den Schiffen die Insel zu
 verlassen. Es fehlte ferner an Ersatzmannschaften, an Munition sowie an
 jeglichem Material; man war genötigt, aus Ankertauen Tauwerk für die
 Takelage anzufertigen. Schließlich schleppte man einige Schiffe auf, um
 mit deren Personal und Material den anderen auszuhelfen. -- Diese
 Mißstände beweisen die Unfähigkeit und Kurzsichtigkeit, mit denen
 Frankreich den Seekrieg führte; man wollte in Indien stark auftreten
 und hatte nichts zur Erhaltung der Schlagfertigkeit seiner Streitmittel
 vorgesehen. =D'Aché= schrieb nach seiner Ankunft in Port Louis: »Ich
 verließ Indien, da es dort an allem mangelte, ich kam hier an und
 geriet in noch größere Not.« Vor seiner Rückfahrt nach Indien
 berichtete er: »Ich bin im Begriff, abzusegeln, um meine Besatzungen
 vor dem Hungertode zu retten, aber man kann von dem Geschwader nichts
 erwarten, wenn keine Hilfsmittel gesandt werden.«

Am 17. Juli 1759 ging =d'Aché= endlich von Port Louis in See, lief
Bourbon sowie Madagaskar an, um sich noch nach Möglichkeit mit Vorräten
zu versehen, erreichte am 30. August Batticaloa auf Ceylon und stieß am
2. September an der Nordostspitze dieser Insel auf das englische
Geschwader. Wieder vergingen einige Tage mit Manövrieren; erst der 10.
September brachte =die dritte Schlacht zwischen Pocock und d'Aché= auf
der Höhe von Porto Novo.

 Vom $Verlauf der Schlacht vor Porto Novo$ bringen die Quellen beider
 Völker nur Angaben über die Zusammenstöße einzelner Schiffe, jedoch
 nichts über die Taktik[104]. Die =Streitmittel= bestanden auf
 englischer Seite in 9 Schiffen zu 50-68 Kanonen nebst einer Fregatte,
 auf französischer Seite in 4 Linienschiffen zu 64-74 Kanonen, 5
 Kompagnieschiffen zu 54-68 Kanonen, nebst 2 Fregatten. Wieder also
 waren die Franzosen an Zahl der Schiffe wie der Geschütze überlegen,
 und das Verhältnis der Königlichen Schiffe zu denen der Kompagnie hatte
 sich günstiger gestaltet als in den beiden früheren Gefechten. Beide
 Geschwader lagen in Kiellinie über Backbordbug, und die Engländer
 griffen um 11 Uhr vormittags von Luward her an. Der Angriff scheint gut
 gelungen zu sein, so daß der Kampf bald auf der ganzen Linie im Gange
 war. Etwa um 4 Uhr hielt das französische Flaggschiff auf Befehl des
 zweitältesten Offiziers ab -- der Kommandant war gefallen, der Admiral
 zum Verbinden einer Wunde unter Deck gegangen -- und die übrigen
 Schiffe folgten dem Beispiel in der Annahme, das Gefecht solle
 abgebrochen werden. Die Engländer waren aber nicht imstande zu folgen,
 da ihre vordersten Schiffe wie gewöhnlich stark beschädigt waren. Die
 Nacht über lag das englische Geschwader in Gefechtslinie bei, die
 beschädigten Schiffe besserten hinter ihr aus. Am nächsten Tage sahen
 sich die Gegner nur auf weitere Entfernung und verloren sich gegen
 Abend aus Sicht, da die Franzosen nach Norden aufkreuzten, während die
 Engländer nach Süden segelten; letztere hatten dabei drei Schiffe im
 Schlepp, waren also wohl nicht imstande, am Feinde zu bleiben. =Der
 Verlust= betrug auf englischer Seite 569 Tote und Verwundete, auf
 französischer gegen 1500.

 [104] So sagt z. B. Clowes, die Schlacht biete nichts taktisch
       Bemerkenswertes; Bonfils schreibt, nähere Angaben seien nicht
       vorhanden.

Auch diese =Schlacht= blieb =taktisch unentschieden, beendete aber= durch
ihre Folgen =den Krieg= zugunsten der Engländer. =Pocock= besserte seine
Schiffe vor Negapatam notdürftig aus und segelte dann nach Madras. Auf
dem Wege hielt er sich den 27. September über vor Pondichery auf, dem
Gegner vergeblich den Kampf anbietend. Hierher war =d'Aché= gesegelt und
hatte seine Truppen gelandet; er erschien auch vor dem Hafen, aber wohl
nur, um nicht vor Anker angegriffen zu werden. So hatte =de Lally= zwar
eine kleine Verstärkung erhalten, Unterstützung durch die heißersehnte
Flotte sollte ihm jedoch nicht zuteil werden. =D'Aché= erklärte wiederum,
der Zustand seiner Schiffe erlaube ihm nicht, dem Feinde nochmals
entgegenzutreten, um so weniger, da dieser in nächster Zeit aufs neue
eine Verstärkung erwarte. Er gab zwar 900 Mann von den Schiffsbesatzungen
ab, ging aber am 30. September nach Isle de France unter Segel, und nach
seiner Abfahrt kamen =keine französischen Seestreitkräfte mehr nach
Indien=[105].

 [105] Ein geringer Erfolg des =Comte d'Estaing= in den indischen
       Gewässern 1759/60 soll bei Schilderung des Kleinen Krieges
       erwähnt werden.

Die Absicht, d'Achés Geschwader im Jahre 1760 dort wieder auftreten zu
lassen, hat wohl bestanden, aber man hielt es zurück, da es hieß, England
rüste eine Expedition gegen Isle de France aus (vgl. Seite 161). Außerdem
waren durch einen Orkan im Januar 1760 mehrere Schiffe kriegsunbrauchbar
geworden. =D'Aché= segelte dann im Dezember dieses Jahres mit dem
größeren Teile des Geschwaders nach Frankreich; die zurückbleibenden
Schiffe mußten wegen Mangels an Ankergeschirr auf den Strand geschleppt
werden.

 $Beurteilung d'Achés.$ Dieser Admiral -- geboren 1702, 1717 in die
 Marine eingetreten, 1743 Kapitän, 1756 Chef d'Escadre -- wird von den
 meisten französischen Schriftstellern zwar als ein tüchtiger Seemann,
 aber als ungeeignet für höhere Stellungen bezeichnet; auch werden ihm
 Kleinlichkeit und Halsstarrigkeit vorgeworfen. Diese soll er schon 1748
 dadurch gezeigt haben, daß er das Kommando eines Schiffes ablehnte,
 das er »ohne Grund« als seeuntüchtig erklärt hatte, und auch beim
 Antritt seines Kommandos nach Indien machte er Schwierigkeiten, da ihm
 die Seestreitkräfte dort zu gering erschienen. Er hat nun wohl,
 wenigstens im zweiten Falle, recht gehabt, aber sein Verhalten de Lally
 gegenüber zum Schaden der allgemeinen Sache spricht allerdings nicht
 für ihn. Sein Auftreten als Admiral darf dagegen nicht zu schroff
 beurteilt werden. Der französische Grundsatz, das Geschwader nicht zu
 gefährden, war ja falsch; denn was nützte die =Erhaltung= der Flotte,
 wenn sie nicht =verwendet= wurde. Aber diese Ansicht entsprach dem
 allgemeinen Bestreben in der französischen Marine jener Zeit (auch in
 der Taktik) und war durch häufige dahin zielende Befehle und
 Instruktionen hervorgerufen, die den Wagemut der höheren Führer
 herabstimmen mußten. Sogar jetzt noch nennen einzelne französische
 Autoren d'Achés Verfahren in dieser Hinsicht richtig, da er seine
 Schiffe in Indien nicht hätte ausbessern können. Man muß ferner in
 Betracht ziehen, daß sein Geschwader durch das Überwiegen von
 Kompagnieschiffen dem englischen entschieden unterlegen war, und daß er
 mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, um es schlagfertig zu
 erhalten.

 Ein bedeutenderer Mann hätte sich wohl von all diesem freigemacht --
 =Suffren= überwand im nächsten Kriege die gleichen Schwierigkeiten --
 und mehr geleistet; gelang es doch selbst d'Aché, wenn er auftrat, dem
 Gegner die Seeherrschaft streitig zu machen, und im letzten Jahre
 erschien sein Geschwader durchaus nicht mehr als minderwertig. Zu
 dieser Zeit war er aber wohl tatsächlich seiner Aufgabe nicht mehr
 gewachsen. 1758 erklärte er in Port Louis, der mit der Verstärkung
 herausgekommene Chef d'Escadre de L'Eguille wäre geeigneter zum
 Oberbefehlshaber, er selber sei durch die vielen Widerwärtigkeiten
 ermüdet. D'Aché wurde übrigens noch 1761 zum Lieutenant-Général und
 1770 zum Vizeadmiral des Atlantik befördert; er starb 1780.

=Pocock= ging am 16. Oktober zum Überwintern nach Bombay, traf unterwegs
die herausgesandte Verstärkung von 4 Linienschiffen unter Kontreadmiral
Samuel Cornish und führte dann einen wertvollen Konvoi nach England. Auf
der Station verblieben jedoch unter =Cornish= und =Stevens= genügend
Schiffe, die in den nächsten Jahren erfolgreich in den Landkrieg
eingreifen konnten.

$Der Zusammenbruch der französischen Macht in Indien 1760/61.$ Nach
d'Achés Abfahrt gingen die Engländer am Lande mit fast ununterbrochenem
Erfolge angriffsweise vor; sie erhielten ständig Verstärkungen aus der
Heimat, die Franzosen nie. Ihre Führer waren denen der Gegner überlegen;
de Lally war längere Zeit krank und de Bussy wurde im Januar 1760
gefangen genommen, auch sank die Mannszucht bei den Franzosen. =Die
Engländer eroberten= im November 1759 Wandewash, im Februar 1760 Arcot,
im April Karikal und Cuddalore; wo es anging, wirkte das Geschwader
unmittelbar oder durch Landung von Mannschaften mit. Am 1. Mai schritten
sie zur Belagerung von =Pondichery=, das gleichzeitig vom Admiral
=Stevens= blockiert wurde; die Stadt verteidigte sich aber hartnäckig,
immer noch in der Hoffnung auf Entsatz durch d'Aché. Das englische
Geschwader hielt die Blockade auch im Winter aufrecht, verlor dabei
jedoch in einem Orkan am 1. Januar 1761 4 Linienschiffe, 2 Fregatten
sowie 2 kleinere Fahrzeuge mit insgesamt 1100 Mann Besatzung. Am 15.
Januar mußte die Stadt kapitulieren; sie wurde zerstört und 1100 Europäer
gerieten in Kriegsgefangenschaft. Bald nach Pondichery fielen die letzten
festen Plätze im Carnatic. Im Februar hatte Admiral =Cornish= mit 4
Linienschiffen die französische Stadt =Mahé= an der Malabarküste
genommen.

 $De Lally$ wurde gleichfalls kriegsgefangen. Bei seiner Abreise
 verhöhnten ihn die eigenen Offiziere und Beamten. Sein Intendant, der
 Beweise für die Mißwirtschaft und Untreue der Beamten gesammelt haben
 soll, wurde erstochen. Später nach Paris zurückgekehrt, wollte de Lally
 die Beamten anklagen, diese kamen ihm jedoch zuvor und wurden von den
 Offizieren unterstützt; nach langem Prozeß wurde er 1766 wegen Verrates
 an der Sache des Königs und der Kompagnie =enthauptet=. =De Leyrit=,
 viele Beamte und auch =de Bussy= sollen große Vermögen erworben haben.

=Frankreich hatte alles verloren=; der Traum eines französischen Indiens
war zu Ende. Wenn es auch beim Friedensschluß Pondichery mit den
dazugehörigen Küstenfaktoreien zurückerhielt, so waren doch die Plätze
der Befestigungen beraubt, verarmt und einflußlos geworden. =England war
Herr in Indien=, im Carnatic und in den ehemaligen französischen
Provinzen. In Bengalen erhielten zwar die Franzosen Chandernagore
gleichfalls zurück, aber auch hier durften sie keine Befestigungen
anlegen und mußten die von England eingesetzten Nabobs anerkennen.
Englands Stellung in Indien wurde nicht wieder erschüttert, selbst nicht
durch Suffrens Kraft und Führertalent im nächsten Kriege.

 $Die französisch-ostindische Kompagnie$ löste sich 1770 auf. Die
 Regierung kaufte ihr schon 1764 die Inseln Isle de France und Bourbon,
 sowie den Hafen von Lorient ab, hob 1769 ihr Monopol auf und gab allen
 Franzosen den Handel nach Indien frei. Die Kompagnie soll von 1725-1769
 ein Kapital von 169 Millionen Francs verloren haben.

$England erobert die Philippinen 1762.$ Wie bereits erwähnt, hatte
England bei Ausbruch des Krieges mit Spanien beschlossen, tatkräftig
gegen dessen Kolonien, insbesondere die Philippinen, vorzugehen. Die
Anregung dazu gab der Oberst, später General, =Sir William Draper=, ein
indischer Offizier. Er hatte von Indien aus einen Krankheitsurlaub in
Manila verbracht und dabei erkundet, daß im Vertrauen auf die
Entlegenheit dieser Kolonie die Befestigungen vernachlässigt waren. Mit
einem Regiment Infanterie sowie einer Kompagnie Artillerie wurde er
sodann nach Indien gesandt und hier auf dem Geschwader des Admiral
=Cornish= -- 8 Linienschiffe, 3 Fregatten und 2 Ostindienfahrer --
eingeschifft; mit Einschluß der Schiffslandungsabteilungen standen ihm
2300 Mann zur Verfügung.

Die Vorbereitungen in Indien wurden sehr schnell getroffen, auch sandte
man sogleich eine Fregatte voraus, die alle nach Manila bestimmten
Schiffe abfangen und so verhindern sollte, daß die Spanier gewarnt
würden. Am 1. August 1762 segelte die Expedition ab und traf am 23.
September vor Manila ein, wo der Ausbruch des Krieges noch gar nicht
bekannt war. Die Stadt wurde von nur 600 Soldaten mit 80 Kanonen
verteidigt, weigerte aber die Übergabe. Vom 24. bis 26. landeten die
Engländer trotz schwerer Brandung, aber sonst fast ohne Widerstand;
Batterien wurden aufgeworfen und durch diese, von flankierenden Fregatten
unterstützt, vom 29. an die Stadt beschossen. Am 5. Oktober war Bresche
gelegt; die Stadt fiel durch Sturm und die Zitadelle ergab sich. Die
Übergabebedingungen waren im allgemeinen günstig, aber die Stadt wurde
drei Stunden geplündert. In die Übergabe wurden ganz Luzon sowie die
übrigen Inseln eingeschlossen, doch beschränkte sich die Herrschaft der
Engländer tatsächlich auf die Küstenplätze, da die Spanier im Innern die
Übergabe nicht anerkannten und bis zum Friedensschluß einen Guerillakrieg
führten. Ebenso vermochten die Engländer von der bedungenen
Kriegskontribution, 4 Millionen Pesos, nur etwa die Hälfte zu erhalten;
sie wurde nie voll bezahlt. Dagegen fiel ihnen eine andere Beute zu. Der
Admiral hatte ein Schiff abgesandt, um das erwartete Acapulcoschiff[106]
abzufangen. Dies gelang zwar nicht, aber man traf das im August mit
Werten von fast 3 Millionen Pesos von Manila abgegangene Schiff und nahm
es. =Der Verlust= der Engländer vor Manila betrug nur 150 Tote und
Verwundete.

 [106] Bekanntlich lief jährlich ein Schiff mit Schätzen und Waren von
       Manila nach Acapulco in Mexiko aus und umgekehrt kam von dort ein
       Schiff mit Geld für die Waren, sowie mit der jährlichen
       Subvention für die Kolonie von Acapulco nach Manila; diese nannte
       man Acapulcoschiffe.

Die Philippinen wurden beim Friedensschluß an Spanien zurückgegeben, zum
größten Unwillen der ostindischen Kompagnie, die hier fast die ganzen
Kosten der Expedition getragen hatte.


                        Der Kleine Krieg[107].

Wie in allen vorhergegangenen englisch-französischen Kriegen, so spielt
auch in diesem der Angriff auf den Handel des Gegners eine große Rolle,
und wiederum scheint es, als ob hierbei die Franzosen den größeren Erfolg
erzielt hätten, sogar in noch höherem Maße als früher; während im Kriege
1702-1713 Frankreich mehr Kauffahrer verlor als England, und 1739-1748
der Verlust auf beiden Seiten, Spanien und Frankreich zusammengenommen,
ungefähr gleich war, stellt er sich im Siebenjährigen Kriege für England
sehr viel höher.

 [107] Vgl. hierzu das über den Handelskrieg, sowie über den Wert des
       Kreuzerkrieges im ersten Bande, Seite 304 und Seite 471 Gesagte.
       -- Hervorragende Zusammenstöße von Kriegsschiffen im Kleinen
       Kriege sowie sonstige bemerkenswerte Angaben über diesen findet
       man in den englischen und französischen Spezialwerken; so z. B.
       Clowes III, Kapitel Minor actions, und Troude I.

 Die Umstände, die diese Kriegführung für Frankreich begünstigten, seien
 kurz hervorgehoben. Die Häfen am Kanal, besonders Dünkirchen und St.
 Malo, boten vorzügliche Stützpunkte für die Freibeuter, in Westindien
 dienten Martinique und Guadeloupe dem gleichen Zweck; je mehr die
 französische Schiffahrt durch den Angriff der Engländer niederging, um
 so mehr wurde die Freibeuterei ein Erwerbszweig der Reeder sowie der
 seemännischen Bevölkerung; das Lahmlegen der Kriegsmarine wies die
 Regierung darauf hin, den Kreuzerkrieg durch ihre Schiffe betreiben zu
 lassen -- wenn sie auch nicht wie in den Kriegen des vorigen
 Abschnittes besondere Geschwader dazu aufstellte -- und die
 Freibeuterei durch Überlassen von Schiffen sowie Personal zu
 unterstützen. Vor allem aber kommt wiederum und in diesem Kriege mehr
 als je zuvor in Betracht, daß die englische Handelsschiffahrt der
 französischen an Zahl sehr überlegen war, also ein weit leichter zu
 schädigendes Angriffsobjekt bot; auch wird englischerseits
 hervorgehoben, daß viele Verluste dem Ungehorsam der Handelsschiffe
 gegen die Anordnungen der sie begleitenden Kriegsschiffe zuzuschreiben
 seien.

Einige Angaben sollen den Umfang des Kleinen Krieges, sowie die Verluste
auf beiden Seiten veranschaulichen. Im Jahre 1755, vor Ausbruch des
Krieges, nahm England 500 französische Handelsschiffe im Werte von über
einer Million Lstrl; gegen 6000 Seeleute, einschließlich der Besatzungen
einiger Kriegsschiffe, wurden kriegsgefangen. Dieses Vorgehen sollte
Frankreich zum Nachgeben bewegen und ihm die Mobilmachung erschweren,
denn der Verlust an Seeleuten entsprach der Besatzung von 10
Linienschiffen. Anderseits aber brachten in der Zeit vom Juni 1756 bis
Juni 1760 die französischen Freibeuter 2500, die englischen Kreuzer nur
950 feindliche Kauffahrer auf; bis 1761 waren 240 französische Kaper
weggefangen trotzdem Frankreich keine Geschwader mehr auf See hatte,
nahmen deren Kameraden in diesem Jahre noch 812 Handelsschiffe, über
dreimal so viel, als der eigene Verlust betrug; im Jahre 1762 fielen nur
120 französische Freibeuter und Kauffahrer den Engländern in die Hände.

Im ganzen hat England während des Krieges über 4000 Handelsschiffe
verloren, 1400 davon wurden in Westindien und hauptsächlich von
Martinique aus genommen; der Verlust Frankreichs soll sehr viel geringer
gewesen sein, was die Anzahl der Fahrzeuge anbetrifft. Es ist dies aber
kein Beweis für den größeren materiellen Erfolg. Unter den Prisen, die
Frankreich machte, zählen viele kleinere und Küstenfahrzeuge, während die
Engländer größere, wertvollere Schiffe sowie Freibeuter fingen. Außerdem
stand der Verlust auf beiden Seiten in ganz anderem Verhältnis zur
Gesamtschiffahrt. Der Handel und die Freibeuterei Frankreichs wurden nach
und nach lahmgelegt. Ein französischer Autor (Troude) sagt: »1759
verursachte die glückliche Ankunft des westindischen Konvois bei den
französischen Kaufleuten Überraschung und Freude; ein Zeichen, wie selten
ein solches Ereignis geworden war in Meeren, die Englands Geschwader
pflügten.« Der englische Handel aber blühte wie in den Jahren 1744-1748
so auch gerade während dieses Krieges auf; 1760 und 1761 befuhren 8000
englische Handelsschiffe die Meere. Der Seehandel und die gleichfalls
gedeihende Industrie lieferten reichlich die Mittel für den eigenen Krieg
wie für die Unterstützung der anderen Gegner Frankreichs.

England vollendete die Vernichtung des französischen Handels durch die
Wegnahme der Kolonien, durch die Blockade der Häfen des Gegners und durch
sein Auftreten neutralen Mächten gegenüber. (Seite 124.) Es band sich
weder an den bisherigen Brauch hinsichtlich der als Kriegskontrebande
anzusehenden Güter noch an den alten Grundsatz »Frei Schiff -- frei Gut«,
sondern nahm neutrale Schiffe mit den Erzeugnissen französischer Kolonien
und sah die französischen Häfen als in Blockade befindlich an, auch ohne
daß eine solche tatsächlich bestand. Schon 1758 nahm England auf Grund
dieser Auffassung 176 neutrale Schiffe fort, namentlich spanische, aber
auch holländische.

 $Einige kleinere Expeditionen$, die den abenteuerlichen Zügen früherer
 Kriege gleichen, seien noch angeführt. Im Jahre 1759 rüstete der
 Brigadegeneral =d'Estaing=, bisher im indischen Heere de Lallys, in
 =Isle de France= zwei Schiffe der Kompagnie aus, ging am 1. September
 in See, nahm einen wertvollen englischen Ostindienfahrer in Maskat,
 zerstörte dann am 14. Oktober das englische Fort Gombroon am Persischen
 Golf und im Februar 1760 die Niederlassungen auf Sumatra. Nach einer
 Kreuzfahrt von 22 Monaten kehrte er nach Port Louis zurück.

 Als Choiseul die Leitung der Marine übernommen hatte und mit Hilfe
 Spaniens den Krieg zur See wieder zu beleben gedachte, unternahm er
 einen =Versuch, in Nordamerika= nochmals =Fuß zu fassen=. England hatte
 den größten Teil seiner Truppen von dort nach Westindien gezogen und
 auch die Seestreitkräfte sehr verringert. Am 18. Mai 1762 entschlüpfte
 Kapitän =de Ternay=, uns schon durch die Flottmachung und Überführung
 der in der Vilaine nach der Schlacht von Quiberon eingeschlossenen
 Schiffe bekannt, mit 2 Linienschiffen, einer Fregatte sowie einer Flüte
 mit 570 Soldaten aus Brest. Er erschien am 20. Juni im Hafen von St.
 John auf Neufundland, besetzte die Stadt und fügte von hier aus den
 Engländern durch Aufbringen von Fischerfahrzeugen großen Schaden zu.
 Bald allerdings blockierten ihn herbeigerufene englische Kriegsschiffe,
 es gelang ihm aber doch, während eines Sturmes auszulaufen und
 Frankreich wohlbehalten wieder zu erreichen. Die kleine französische
 Garnison mußte sich allerdings am 18. September den von Louisbourg
 herangerückten Truppen ergeben. -- Ohne Aussicht auf Beute unternommen,
 ist dieser Zug lediglich ein Beweis kühnsten Wagemuts.

 Im gleichen Jahre bereitete Frankreich eine größere =Expedition gegen
 Rio de Janeiro= vor, um Portugal für seine Begünstigung Englands zu
 strafen. Als Chef des Geschwaders -- 9 Linienschiffe und 10 Transporter
 mit Soldaten -- war Kapitän =Beaussier de l'Isle= bestimmt, als Führer
 des Landungskorps =General d'Estaing=. Dieser erhielt den Oberbefehl,
 er wurde gleichzeitig zum Chef d'Escadre ernannt und in das
 Seeoffizierkorps eingereiht (im nächsten Kriege war er Flottenchef). In
 seiner Instruktion wurde er auf das Beispiel Duguay-Trouins, 1712,
 hingewiesen; es galt also in erster Linie, Beute zu machen, die hier ja
 auch zu finden war. Im November 1762 fast segelfertig, wurde die
 Expedition des bevorstehenden Friedensschlusses wegen zurückgehalten.

 Schließlich finden wir noch eine =englische Expedition= ähnlicher Art,
 die ganz den Raubzügen zur Zeit der Königin Elisabeth entspricht. 1762
 rüstete eine Gesellschaft von Edelleuten und Handelsherren einen Zug
 =gegen= die spanische Kolonie =Buenos Aires= aus. Mit zwei
 Kriegsschiffen, eins zu 50, eins zu 28 Kanonen, von der Admiralität
 gekauft, und 2 Transportern mit 500 Soldaten, traf ein Seeoffizier der
 ostindischen Kompagnie, =Macnemara=, am 2. November im La Plata ein,
 fand aber die Spanier besser vorbereitet, als er erwartet hatte. Zwei
 Versuche, die Stadt Colonia zu nehmen, wurden abgeschlagen; bei dem
 zweiten, am 6. Januar 1763, ging das größere Schiff in Flammen auf und
 mit ihm fanden der Führer sowie 270 Mann ihren Tod, die anderen
 entkamen nach Rio.


                         Schlußbetrachtungen.

$Über Strategie[108].$ Der Zusammenstoß zwischen England und Frankreich
wegen maritimer sowie kolonialer Interessen war unvermeidlich und wurde
auch von beiden Staaten seit dem letzten Friedensschluß vorausgesehen.
=Frankreich= hatte deshalb während der Friedensjahre viel für seine
Marine getan, aber sie bis 1755 doch noch nicht der englischen ebenbürtig
machen können. Es gab aus diesem Grunde scheinbar überall nach, als in
Nordamerika und Ostindien die Reibungen zwischen den beiderseitigen
Kolonien bereits bis zum Kriege gediehen waren; vielleicht hatte man
wirklich die Hoffnung, den allgemeinen Krieg noch hinausschieben zu
können, vielleicht beabsichtigte man nur, einen günstigeren Augenblick
abzuwarten.

 [108] Bei dieser Betrachtung sei zur Ergänzung auf die Auslassungen
       hingewiesen, die wir schon vor der Schilderung des
       Kriegsverlaufes (Seite 123 ff.) über die Kriegführung der Gegner,
       sowie ihre strategischen Pläne und Maßnahmen aus dem dort
       angeführten Grunde genauer gegeben haben, als es bei den früheren
       Kriegen geschehen ist.

Nach französischer Auffassung suchte =England= dagegen den Krieg
herbeizuführen, ehe die feindliche Marine mächtiger wurde, und Englands
Forderungen bei den weiterlaufenden Verhandlungen sowie sein schon
ausgesprochen kriegerisches Auftreten gegen französische Kriegs- und
Handelsschiffe im Jahre 1755 lassen allerdings glaubhaft erscheinen, daß
es den Franzosen den Krieg aufzwingen wollte, falls diese nicht
bedingungslos nachgaben. Unter diesen Umständen hätte Frankreich seine
ganze Kraft auf den bevorstehenden Seekrieg richten müssen, um wenigstens
auf einem Kriegsschauplatze bald Erfolge zu erringen; zu einem klaren
Entschlusse in dieser Hinsicht kam man aber nicht. Zwar gelang es 1756
die Aufmerksamkeit des Gegners abzulenken und durch überraschendes
Vorgehen ihm Minorka, den wichtigen Stützpunkt im Mittelmeer zu
entreißen; dann aber beschränkte man sich auf die Unterstützung der
Kolonien. Durch den altüberlieferten Wunsch auf Ausdehnung nach Osten
ließ sich ferner Frankreich verleiten, in den siebenjährigen
Festlandskrieg einzutreten und diesem seine Hauptaufmerksamkeit wie seine
Hauptkraft zuzuwenden, obgleich gerade jetzt, Anfang 1757, seine Sachen
in Nordamerika sowie in Westindien recht günstig standen.

Auch England ergriff Partei in diesem Kriege, schon um das mit ihm
verbundene Kurfürstentum Hannover gegen Frankreich zu schützen, besonders
aber, weil sein Gegner dadurch eben vom Seekriege abgelenkt wurde; es
beteiligte sich jedoch am Landkriege fast nur durch die Hilfsgelder, die
es an Preußen und dessen Verbündete zahlte. Zur See entfalteten die
Engländer dagegen ihre ganze Macht nach einem einheitlichen strategischen
Plane, dessen Richtigkeit sich in den beiden letzten Jahren des
vorangegangenen Krieges gezeigt hatte. Sie blockierten die französischen
Seestreitkräfte in den atlantischen Häfen und hielten die in Toulon
versammelten von Gibraltar aus im Mittelmeere fest; liefen französische
Flotten aus, so stießen sie mit ihren seeentwöhnten Besatzungen auf
stärkere, durch den schweren Blockadedienst erprobte englische Kräfte.
Eine Vereinigung der französischen Flotten wurde so verhindert, und auch
der Weg nach den Kolonien ward ihnen verlegt, während Englands stets
wachsende Seemacht gestattete, in den fernen Gewässern nach und nach
immer stärker aufzutreten.

Das Jahr 1757 brachte für England zwar noch keine Erfolge, sondern es
gelang Frankreich, die Machtmittel seiner Kolonien zu verstärken. In
Nordamerika waren die französischen Seestreitkräfte überlegen und
verhinderten größere Unternehmungen des Gegners. In Ostindien stand sogar
die englische Sache infolge des Krieges mit den Eingeborenen in Bengalen
recht schlecht; aus Vorderindien würden die Engländer wahrscheinlich ganz
vertrieben sein, wenn Frankreich seine Verstärkungen so bemessen hätte,
wie es ursprünglich beabsichtigt gewesen war.

Aber schon 1758 wandte sich das Blatt, da die Unterstützung der Kolonien
französischerseits ungenügend wurde. In Nordamerika gewannen die
Engländer die Seeherrschaft, und der wichtigste Stützpunkt der Franzosen,
Louisbourg, fiel, wodurch der Verlust Kanadas bedingt war; in Ostindien
wurde zwar noch um die Seeherrschaft gekämpft und die Franzosen errangen
Erfolge am Lande, aber hier wie zur See schwanden ihre Kräfte dahin. Im
Jahre 1759 fiel dort Quebec, hier kamen alle Unternehmungen der Franzosen
auf dem Festlande zum Stillstand und ihre Seestreitkräfte räumten, völlig
erschöpft, zu Ende des Jahres endgültig die indischen Gewässer. Auch in
Westindien, wo sich die Gegner bis 1758 die Wage gehalten und auf den
kleinen Krieg beschränkt hatten, bekamen die Engländer in diesem Jahre
die Übermacht und eroberten 1759 Guadeloupe.

Man sah in Frankreich endlich die Unmöglichkeit ein, auf allen
Kriegsschauplätzen mit Erfolg zu fechten, ja überhaupt den Land- und
Seekrieg gleichzeitig weiterzuführen, und war zu dem Entschlusse
gekommen, alle Seestreitkräfte zu einem Hauptschlage zusammenzuraffen.
Einsichtsvolle Männer hatten ihre Ansicht dahin ausgesprochen, daß
England als Frankreichs gefährlichster Gegner anzusehen sei, daß der
deutsche Krieg das Land nur an Geld und Menschen ruiniere, und daß ein
Einfall in England die einzige Möglichkeit sei, den unheilvollen Kampf
günstig zu beenden. Jetzt aber war es zu einem solchen Unternehmen zu
spät; von einer Überrumpelung des Gegners konnte keine Rede mehr sein,
und das Verhältnis der Stärke zur See hatte sich noch viel ungünstiger
für Frankreich gestaltet. Trotzdem es die fernen Gewässer aufgab, standen
ihm nur 12 Schlachtschiffe in Toulon und 21 in Brest zur Verfügung;
England konnte diesen, ohne seine anderen Aufgaben zu vernachlässigen, 15
und 27 entgegenstellen und behielt dann noch Reserven übrig. Wie es mit
der Brauchbarkeit der französischen Streitkräfte bestellt war, zeigt der
Umstand, daß de Conflans die aus Westindien zurückgekehrten Schiffe, die
seiner Brestflotte dem Gegner an Zahl überlegen gemacht hätte, nicht
einstellte, sondern deren Besatzungen zum Auffüllen seiner Besatzungen
benutzte. Beide Teile der französischen Flotte wurden von ihren Gegnern
bei Lagos und Quiberon vernichtend geschlagen.

Von nun an gab Frankreich alle größeren Unternehmungen zur See auf und
England heimste seine Ernte ein. 1760 fiel Montreal und damit Kanada,
1761 Pondichery, mit ihm Ostindien; in Westindien wurde 1762 Martinique
nebst fast allen übrigen französischen Inseln erobert; England gewann
1761 sogar einen Stützpunkt für seine Blockade an der feindlichen Küste
selbst durch die Einnahme der Insel d'Aix. Die letzte ferne Besitzung
Frankreichs, sein Teil der Insel Haiti, St. Domingue -- Senegambien war
schon 1758 verloren gegangen, -- wäre wohl nach Martinique an die Reihe
gekommen, wenn sich England nicht zunächst gegen Spanien, seinen neu
hinzugetretenen Feind, gewandt hätte. Diesem Staate kostete seine
Verbindung mit Frankreich, ehe es diesem irgendwie hatte nützen können,
1762 Havanna sowie die Philippinen. Außerdem war Frankreichs Seehandel
vernichtet und damit die Hauptquelle für die zur Kriegführung nötigen
Gelder versiegt; Englands Handel und Industrie wuchsen dagegen während
des Krieges und lieferten ihm reiche Mittel.

=England= verdankte seine Erfolge nur der richtigen Verwendung seiner
überwältigenden Seemacht, die während des Krieges fortlaufend an Kraft
gewann; kaum je hat sich der Einfluß einer solchen durchschlagender
gezeigt, als in diesem großen See- $und$ Kolonialkriege.

=Frankreich= unterlag, weil es seine Marine nicht genügend für den
unabwendbaren Waffengang vorbereitet hatte, und sie dann während des
Krieges vernachlässigte; wurde doch sogar im Februar 1757 ein tüchtiger
Marineminister seines Postens enthoben, bis 1761 durch ungeeignete
Persönlichkeiten ersetzt (vgl. S. 30), und der dann folgende Aufschwung
kam für diesen Krieg zu spät. Die vorhandenen Kräfte wurden aber auch nur
schwächlich verwendet. Hervorragende französische Schriftsteller schieben
die Schuld hierfür besonders den höheren Führern zu, doch geschieht dies
zu Unrecht. Einmal ist es Aufgabe der Regierung, tüchtige Männer auf die
wichtigen Posten zu stellen -- und tüchtige Offiziere besaß die Marine
zweifellos --, sowie diesen die nötigen Mittel in brauchbarem Zustande in
die Hand zu geben. Dann aber spricht für die Beschuldigten der Umstand,
den wir schon mehrfach berührt haben. Ihre Aufgaben waren meistens eng
begrenzt und ihre Instruktionen wiesen darauf hin, vorsichtig zu
verfahren, es nicht zu zweifelhaften Kämpfen kommen zu lassen, sondern
das kostspielige Material zu schonen. Nach solchen Bestimmungen handelten
=La Gallissonnière= nach der Schlacht bei Minorca 1756 und =Dubois de la
Motte= 1757 in Nordamerika, wenn sie ihre augenblickliche Überlegenheit
nicht ausnutzten. Derartige Mahnungen, schon im vorigen Kriege üblich,
mußten aber nach und nach den Schneid und den Wagemut der höheren Führer
überhaupt lähmen und sie auf stete Verteidigung hinführen; sie eigneten
sich die Gewohnheit an, freiwillig das Feld zu räumen, sobald es ihnen
ein Gegner, selbst ein schwächerer, in kühner Weise streitig machte,
obgleich doch sonst eine ängstliche Defensive wahrlich nicht dem
französischen Charakter entspricht.

Nach diesen Leitsätzen handelten dann die Führer, auch wenn sie nicht
ausdrücklich darauf hingewiesen waren, so z. B. =de Conflans= bei
Quiberon 1759 und =d'Aché= in Indien 1758/59; bei diesen sprach auch noch
der berechtigte Mangel an Vertrauen auf ihre Streitkräfte mit. Diese von
der Oberleitung der französischen Marine in den Kriegen Ludwigs XV.
vertretene Auffassung, die den Admiralen aufgab, ihre Schiffe zu schonen,
beruht auf völligem Verkennen der Grundsätze für eine Kriegführung, die
durchschlagenden Erfolg erringen will, besonders einer solchen zur See.
Die Betrachtung der früheren Seekriege (im ersten Bande) lehrt, wie sich
die Strategie naturgemäß derartig entwickelte, daß die Niederwerfung der
feindlichen Seestreitkräfte und damit die Erringung der Seeherrschaft
immer mehr in den Vordergrund trat.

 Es ist auffallend, daß Frankreich fast stets den Seekrieg anders
 aufgefaßt hat. Schon unter =Ludwig= XIV. zeigen sich Beispiele dafür
 und auch unter =Ludwig= XVI. blieb es ähnlich, obgleich die Marine weit
 stärker geworden war. Noch 1802 schrieb eine französische Autorität in
 bezug auf Seekriegführung (A. Ramatuelle, Cours élémentaire de tactique
 naval; Paris 1802): »Die französische Marine hat stets den Ruhm höher
 geschätzt, eine Eroberung zu sichern oder zu halten, als den vielleicht
 glänzenderen, aber tatsächlich weniger nützlichen, einige Schiffe zu
 nehmen; sie hat sich damit mehr dem wahren Ziele genähert, das man sich
 im Kriege steckt.«

 =Mahan=[109] sagt hierzu (gekürzt): »Die Richtigkeit dieses Schlusses
 hängt von der Ansicht ab, die man vom wahren Zweck des Seekrieges hat.
 Kommt es nur darauf an, eine Stellung an der Küste zu sichern, so wird
 die Marine für diesen besonderen Zweck ein Teil der Armee und ordnet
 sich deren Tätigkeit unter. Ist jedoch der wahre Zweck der, des Gegners
 Seeherrschaft zu brechen, ihm die Verbindung mit sonstigen Besitzungen
 abzuschneiden und seinen Handel abzugraben, so bildet dessen Marine das
 Angriffsobjekt. Diesem Verfahren verdankt England seine Seeherrschaft;
 hier sagte schon =Monk=, wer die See beherrschen wolle, müsse stets
 angreifen. -- =Gallissonnière= hielt die Unterstützung der Belagerung
 von Port Mahon für wichtiger als die Vernichtung der englischen Flotte;
 England erhielt aber Minorca nur infolge seiner Seeherrschaft zurück.
 Schon die Seeschlacht bei der Insel und die Einnahme der Festung hatte
 im französischen Volke Begeisterung für die Flotte erregt; hätte
 Gallissonnière dem Gegner auch noch 4 oder 5 Schiffe abgenommen, so
 wäre dieselbe vielleicht gleich der von 1760 geworden und die Regierung
 hätte sie schon damals zum Ausbau der Flotte ausnützen können.«
 Allerdings hat der Erfolg damals, nach Äußerung eines französischen
 Autors, auf den Marineminister so wenig Eindruck gemacht, »daß er es
 für angebracht hielt, die Schiffe und Takelagen zu verkaufen, die wir
 noch in unseren Häfen hatten«.

 [109] Mahan I, Seite 276. Dieser Autor läßt sich, dem Zwecke seines
       Werkes entsprechend, überhaupt sehr eingehend über den hier
       angeregten Punkt aus; vgl. z. B. Seite 73/75, 276/77, 324/25.

Aber selbst wenn ein Staat die strategische Offensive nicht zu ergreifen
vermag, um die Seeherrschaft zu erringen -- in welcher Lage sich
Frankreich im besprochenen Kriege bald befand --, so muß er doch auch in
der strategischen Defensive gegen die feindlichen Streitkräfte vorgehen,
wo es irgend möglich ist; das Vermeiden des Kampfes, um die teuern
Schiffe zu schonen, kann auch hier keine Erfolge zeitigen.

$Über Taktik.$ Die rangierten Schlachten dieses Krieges -- Minorca 1756,
Cuddalore sowie Negapatam 1758, Porto Novo 1759 -- liefern gute Beispiele
für die Taktik, die diesen Abschnitt kennzeichnet[110]. In ihnen folgen
die Engländer genau ihrer Gefechtsinstruktion -- gleichzeitiger Angriff
auf die ganze feindliche Linie unter strenger Aufrechterhaltung der
Ordnung --, deren Schwächen sich in jedem Falle deutlich zeigen. Sie sind
infolgedessen nie imstande, den Gegner niederzuwerfen, auch wenn sie ihn
durch Ungestüm erschüttert haben. Der Verlauf der Schlacht bei Minorca
führt über den Admiral wieder ein Kriegsgericht herbei, aus dessen Spruch
die engherzige Auffassung der Gefechtsinstruktion zu ersehen ist. Diese
große rangierte Schlacht zeigt auch zum ersten Male die französische
Taktik in ihrer vollen Eigenart: Das Erwarten des Angriffs in freiwillig
gewählter Leestellung; das Ausweichen der Spitze, sobald der Gegner zum
Nahkampf heran ist; das Vorbeiziehen der ganzen Linie an den vordersten,
schon beschädigten feindlichen Schiffen; das Einnehmen einer neuen
Stellung, um einem zweiten Angriff zu begegnen. Auch bei den drei Kämpfen
in Indien tritt die rein defensive Taktik der Franzosen, hier wohl noch
mehr im Widerspruch zum Volkscharakter, hervor. Wie schon mehrfach
angedeutet, entsprang diese nicht nur der Überlegung, die Schwächen der
englischen Angriffsart auszunutzen, sondern auch dem Bestreben, das
Material zu schonen; die Führer hielten sich für verpflichtet,
abzubrechen, ehe der Kampf eine zu ernste Wendung nahm. Da nun die
Engländer infolge starker Beschädigung eines Teiles ihrer Schiffe nie zum
zweiten Angriff schreiten konnten, so blieben die rangierten Schlachten
sämtlich unentschieden.

 [110] Über diese Taktik vgl. Seite 36 ff., sowie Seite 113.

Die beiden großen und ausschlaggebenden, ja sogar für den Krieg
entscheidenden Kämpfe -- Lagos und Quiberon 1759 -- waren, wie die beiden
Entscheidungsschlachten bei Finisterre im vorhergegangenen Kriege,
Verfolgungsgefechte. In ihnen verdankten die Engländer dem Schneid ihrer
Admirale sowie der seemännisch-militärischen Tüchtigkeit ihrer Offiziere
und Mannschaften den Sieg; die Franzosen unterlagen infolge taktischer
Fehler ihrer Führer und der Minderwertigkeit des übrigen Personals. In
beiden Fällen zeigt sich der große Nachteil, der einer verfolgten Flotte
aus ungleicher Geschwindigkeit der Schiffe erwächst. Sie beweisen aber
auch, daß der Führer diesem Umstande Rechnung tragen muß; aus einem
Rückzuge wird sonst leicht eine regellose Flucht mit ihrem
niederdrückenden Einfluß; eine moralische Überlegenheit besitzt der
Verfolger ja schon von vornherein. Es tritt in diesen Schlachten auch
wieder die Richtigkeit des Grundsatzes hervor, daß der Verfolger eines
fliehenden Feindes auf die eigene Ordnung nur soweit Rücksicht nehmen
soll, als nötig ist, um den Schiffen gegenseitige Unterstützung zu
sichern; in beiden Fällen handelten die Engländer hiernach.

$Die Angriffe auf feindliche Küsten$[111] in diesem Kriege bestätigen
weiter die schon früher gezogenen Lehren. =Die Eroberung Minorcas= 1756
gelang, weil Frankreich die See beherrschte. Dies war nur eine Folge der
Nachlässigkeit Englands; hätte dessen Mittelmeerstation 12 anstatt 3
Linienschiffe gezählt, so würde der Gegner wahrscheinlich nicht einmal
den Versuch gewagt haben. Dieser Fehler ist weder mit völliger Unkenntnis
noch mit Mangel an Kräften zu entschuldigen. -- In dem =Versuch
Frankreichs, in England zu landen=, 1759, findet Colomb vor allem einen
Verstoß gegen den Grundsatz des Seekrieges, daß ein solches Unternehmen
nur nach Eroberung der See nicht gleichzeitig mit dieser sicheren Erfolg
verspricht. =Colomb= führt aus (hier gekürzt):

»Frankreich hatte Geschwader in Brest, Rochefort, Toulon und Westindien;
gute Anordnungen vorausgesetzt und von Fehlern sowie unglücklichen
Zufällen abgesehen, war Möglichkeit vorhanden, die getrennten englischen
Beobachtungsgeschwader einzeln mit Übermacht zu schlagen. Hieraufhin
mußte der Plan gemacht werden, reichten die Kräfte dazu nicht aus, so
genügten sie noch weniger zu dem Versuche, ein Heer angesichts anerkannt
überlegener Seestreitkräfte über das Meer zu führen. Glaubte man aber an
die Möglichkeit, daß der Transport unbelästigt durchschlüpfen könne, so
war es unnötig, ihn durch die Hauptflotte begleiten zu lassen. -- Bei der
Ausführung des Versuches treten weitere Fehler auf. Es war falsch, die
Transportmittel für den Teil der Invasion, der über den Kanal erfolgen
sollte, in Havre zu sammeln, wo sie leicht vom Gegner vernichtet werden
konnten (wie es tatsächlich durch Rodney geschah) und auch =de la Clue=
durfte für sein Geschwader auf dem Marsche von Toulon nach Brest nicht
Cadiz als Sammelpunkt bestimmen; dieser Umstand (zu große Nähe bei dem
englischen Beobachtungsposten Gibraltar) rief die anderen Fehler hervor,
die zu seiner Niederlage bei Lagos führten. Weshalb endlich ging =de
Conflans= zum Abholen des Transportes zur Quiberonbucht? Seine Aufgabe
wäre gewesen, die englische Flotte, als sie die Blockade hatte
unterbrechen müssen, zu suchen und sie möglichst fern von dem Transporte
zu engagieren. Mit den von Westindien zurückgekehrten Schiffen wäre er
dem Gegner überlegen gewesen, aber selbst wenn er geschlagen wäre, hätte
er denselben vielleicht so geschwächt, daß der Transport nun tatsächlich
unter dem Schutz der besonders dazu bestimmten Bedeckung das Ziel
unbelästigt hätte erreichen können. Dadurch aber, daß de Conflans zur
Quiberonbucht ging, zog er den Gegner gerade zum Transport hin und machte
dessen Segeln unmöglich.«

 [111] Anschließend an Seite 113 ff.; wie dort ist hier weiter dem Werke
       Colombs, Kapitel VII, Seite 135 ff., und Kapitel XVI, Seite
       356 ff., gefolgt.

Colombs Ausführung enthält viel Bemerkenswertes, sie rechnet aber auch
mit verschiedenen Umständen, die auf französischer Seite nicht vorlagen.
So wissen wir, daß Conflans die westindischen Schiffe aus berechtigtem
Grunde nicht zur Verstärkung seiner Flotte heranzog, daß das zur
besonderen Bedeckung des Transportes bestimmte Geschwader nicht von Brest
zur Quiberonbucht hatte gelangen können, und daß die Engländer diesen
Platz ebenfalls blockierten; hätte Conflans die Bedeckung nach seinem
Inseegehen abgezweigt, so wäre er um so viel Schiffe schwächer gewesen.
-- Während der später noch vorgekommenen großen Landungen -- auf
Guadeloupe, Martinique und Belle-Ile -- waren die Engländer stets
unbestritten Herren der See ebenso bei den =Belagerungen von
Küstenstädten= -- Louisbourg, Havanna, Manila --, für deren Eroberung
dann naturgemäß den Landstreitkräften wieder die Hauptaufgabe zufiel. Mit
einfachen Beschießungen von Küstenplätzen (am Kanal) haben die Engländer
wohl stets die Schädigung des feindlichen Landes wie die Schwächung der
Freibeuterei bezweckt, wenn auch als Hauptgrund für die Bedrohung der
französischen Küsten das Ablenken Frankreichs vom deutschen Kriege
angegeben wird.

                   *       *       *       *       *

[Illustration]


                           Fünftes Kapitel.

            Der Nordamerikanische Freiheitskrieg 1775-1783.

                     Entstehung des Krieges[112].

$England und die Kolonien bis zu ihrer Erhebung.$ Bekanntlich fand die
Erwerbung Kanadas im Frieden von Paris keineswegs den Beifall aller
Politiker in England; viele hätten eine Erweiterung des englischen
Besitzes in Westindien lieber gesehen und betonten, die eigenen Kolonien
in Nordamerika könnten zu kräftig und selbstbewußt werden, wenn sie die
Nachbarschaft der Franzosen nicht mehr zu fürchten brauchten; erzeugten
sie doch fast alle ihre Bedürfnisse schon selber und ihre Abhängigkeit
von England verminderte sich stetig. Die öffentliche Meinung und die
meisten Staatsmänner teilten aber diese Befürchtung nicht, sie wollten
Frankreich aus Nordamerika verdrängen. =Pitt= war gleicher Ansicht, denn
er plante, Frankreich sämtlicher Kolonien zu berauben und es von der
Hochseefischerei auszuschließen, um ihm Antrieb und Grundlage zur
Aufstellung einer starken Marine zu nehmen. Auch der Amerikaner =Benjamin
Franklin= trat öffentlich für die Erwerbung Kanadas ein. Bei der
Verschiedenheit der englisch-amerikanischen Kolonien erklärte er es für
ausgeschlossen, daß diese jemals gemeinsame Sache gegen das Mutterland
machen würden, eher könne ein Aufgeben Kanadas sie zum Abfall führen.
Seine wahre Ansicht wird dies wohl kaum gewesen sein.

 [112] Hauptquellen zu dieser Betrachtung der politischen Verhältnisse:
       Schlosser, »Geschichte des 18. und 19. Jahrhdts. bis zum Sturz
       des französischen Kaiserreiches«, Band III und IV, sowie,
       besonders für die englisch-amerikanischen Verhältnisse,
       Zimmermann, »Europäische Kolonien«, Band II.

Tatsächlich wuchs das Selbstvertrauen der Kolonisten außerordentlich nach
den Erfolgen, die sie während des Krieges und durch ihn erreicht hatten.
Sie zeigten sich zwar in allerhand Äußerlichkeiten dankbar für Englands
militärische und finanzielle Unterstützung -- sogar Massachusetts, die
ungefügigste der Kolonien, versicherte in einer Adresse dem Könige ewige
Treue, errichtete dem gefallenen General Lord Howe ein Denkmal und taufte
Fort Duquesne um in Pittsburg --, aber sie hielten eifersüchtig fest an
jedem ihrer wirklichen oder vermeintlichen Rechte dem Mutterlande
gegenüber und verlangten vor allem, das englische Parlament, in dem die
Kolonien nicht vertreten seien, solle auch keine Gesetze für sie machen,
sondern das ihren eigenen gesetzgebenden Körperschaften überlassen. Ganz
besonders sträubten sie sich gegen Zahlung direkter Steuern und erhoben
Einspruch gegen die Beschränkung ihres Handels sowie ihrer Industrie
zugunsten des Mutterlandes.

 $Die innere Lage der Kolonien$ ist bereits im ersten Bande (Seite 606)
 erörtert. Im Laufe des 18. Jahrhunderts war sie großenteils nach den
 Wünschen der Kolonisten gestaltet; diese regierten sich in der
 Hauptsache selbständig. Die Gouverneure wurden zwar vom Könige ernannt,
 da aber ihre Besoldung von den Kolonien gezahlt wurde und jährlich
 bewilligt werden mußte, so waren sie von diesen abhängig; ähnlich
 verhielt es sich mit den Richtern. Die stehenden Truppen beschränkten
 sich auf schwache englische Besatzungen in den Forts, die
 Kolonialmilizen traten für Englands Zwecke nur auf besondere Abmachung
 sowie Soldzahlung ein. Die Zollbeamten allein wurden von England
 ernannt und besoldet, über Zollvergehen urteilten nicht die
 Geschworenen, sondern Admiralitâtsgerichte ab.

 Dieser Entwicklung der Dinge hatte man in England lange ihren Lauf
 gelassen, da sich die Kolonien in manches fügten, das zu Englands
 Vorteil diente, so in die Zoll-, Handels- und Schiffahrtsgesetze.
 Schwierigkeiten ergaben sich naturgemäß häufig aus der
 verschiedenartigen Stellung der Regierung und der Gouverneure zu diesen
 Fragen. So hielt es der Minister =Walpole= zu Englands Nutzen für
 vorteilhaft, die Kolonien sich frei entwickeln zu lassen; der tüchtige,
 langjährige Gouverneur =Shirley=, uns von den beiden letzten Kriegen
 her bekannt, verlangte dagegen tatkräftigeres Auftreten der Regierung,
 Einführung direkter Steuern zur Besoldung der Beamten sowie eines
 stehenden Heeres u. dgl. Während des letzten Krieges wurde 1756 der
 =Earl of Loudoun= mit scharfen Anordnungen gegen Eigenmächtigkeiten der
 Kolonien hinausgesandt, während =Pitt= später auf alle schroffen
 Maßregeln verzichtete und einzig den Patriotismus der Neuengländer
 anrief.

Diese Meinungsverschiedenheiten gestalteten sich seit dem
Regierungsantritt =Georgs= III. zu ernsten Zerwürfnissen zwischen England
und den Kolonien. Wie der König Minister und Parlament seinem Willen
unterordnen wollte, so erstrebte er dies auch bei den Kolonien. Hier
sollte nicht nur die strenge Beachtung der bislang vielfach umgangenen
Handelsgesetze durchgeführt, sondern auch Geld zur Erhaltung eines
stehenden Heeres aufgebracht werden. Beides war an sich nicht
unberechtigt, denn bisher überschritten die Erhebungskosten der Zölle
deren Einkünfte um das Vierfache, und England hatte doch auch im Kriege
gegen Kanada ungeheure Geldopfer gebracht; aber die Maßnahmen Englands
führten Schritt für Schritt bis zur offenen Empörung seiner
Pflanzstaaten, die mit dem sog. =Theesturm in Boston= am 18. Dezember
1773 ihren Anfang nahm.

 $Die Streitigkeiten Englands mit den Kolonien$ waren in ihren
 Hauptpunkten folgende: Unter dem Minister =Grenville= beschloß das
 Parlament im April 1764 für die sämtlichen englischen Kolonien eine
 Einfuhrsteuer auf verschiedene Produkte, deren Ertrag nebst »anderen
 Abgaben« nach Anordnung des Parlamentes für die Auslagen verwendet
 werden sollten, die England aus dem Schutze der Kolonien erwüchsen.
 Als eine dieser »anderen Abgaben« war für Nordamerika die Einführung
 einer Stempelsteuer in Aussicht genommen, falls die Kolonien nicht auf
 andere Weise die nötigen Gelder aufbringen würden; gleichzeitig ward
 strenge Durchführung der Handelsgesetze und scharfe Unterdrückung des
 Schleichhandels angeordnet. In Amerika sträubte man sich gegen die
 Maßnahmen der Zollbeamten und Massachusetts erklärte jede Steuer ohne
 seine Einwilligung für ungesetzlich. Dennoch erließ England im Frühjahr
 1765 die Stempelakte.

 Darauf berief Massachusetts einen Kongreß von Deputierten aller 13
 Staaten nach New York, auf dem 9 Kolonien vertreten waren, einen
 Protest gegen die Akte abfaßten und beschlossen, keine der besteuerten
 Waren mehr zu kaufen, sowie sich den Stempelabgaben zu widersetzen.
 Tatsächlich wurden beim Inkrafttreten des Gesetzes im November überall
 die Stempelpapiere vernichtet, so daß die Gouverneure das Gesetz nicht
 durchzuführen vermochten, da Gerichtsverfahren sowie Handel
 stillstanden. Die Regierung in England, das Ministerium =Rockingham=,
 sah sich 1766 genötigt, die Stempelakte und auch die neuen Zollgesetze
 wieder aufzuheben, nicht am wenigsten auf das Drängen der
 Kaufmannschaft und der klugen Vermittlung =Franklins=, des Agenten für
 Pennsylvanien in London.

 Pitt wurde durch schweres körperliches Leiden in seinem Wirken für
 einen Ausgleich behindert, und so gewann der Schatzkanzler =Townsend=
 das Übergewicht im Ministerium und setzte im Mai 1767 ein neues
 Zollgesetz auf Tee sowie andere Waren durch. Auch sein Nachfolger,
 =Lord North=, hielt daran fest. Wieder weigerten sich die Kolonien, die
 besteuerten Artikel zu kaufen, und die Stimmung ward noch erregter.
 Schon forderten vereinzelte Stimmen Lossagung von England sowie
 Widerstand mit den Waffen, und im Juni 1768 kam es bereits zum
 Zusammenstoß englischer Zollpolizeibeamten mit leidenschaftlich
 erregten Amerikanern -- sons of liberty, Söhne der Freiheit --, die
 sich der Beschlagnahme eines Handelsschiffes widersetzten.

 Die englische Regierung schien jedoch Ernst machen zu wollen; im Sommer
 1768 wurden die Truppen in Boston verstärkt und man drohte mit
 Verhaftung der Hauptagitatoren. Es ist wohl tatsächlich die letzte
 Gelegenheit für England gewesen, durch völliges Nachgeben oder durch
 äußerste Gewalt sich die Kolonien zu erhalten, aber keins von beiden
 geschah. Die angedrohten Maßnahmen blieben Schreckschüsse, bei
 Wiederaufhebung der Steuern 1769 ließ man anderseits die auf den Tee
 bestehen, teils um den Grundsatz zu wahren, teils zugunsten der
 ostindischen Kompagnie und hielt hierdurch die einmal erregte
 Widersetzlichkeit wach. Mißhelligkeiten zwischen den Gouverneuren und
 den Kolonisten an verschiedenen Orten kamen hinzu.

 Die Bewegung wurde in Boston sowie in New York, wo es schon zu
 Reibungen mit dem durch Beschimpfung erbitterten Militär kam, immer
 stürmischer und ergriff auch die anderen Provinzen. =Franklin=, der
 bisher in England öffentlich versöhnlich gewirkt hatte, goß jetzt
 dadurch Öl ins Feuer, daß er vertrauliche Briefe der Gouverneure und
 England ergebener Personen, die schroffe Urteile über die Kolonien
 enthielten, zur Kenntnisnahme nach Boston sandte. Endlich wurde der nur
 geringe Teezoll der Anlaß zum Ausbruch offener Empörung. Wieder waren
 die Kolonien einig geworden, keinen Tee zu kaufen, und als nun die
 ostindische Kompagnie versuchte, ihn durch gewinnsüchtige Spekulanten
 doch in den Handel zu bringen, trat man diesen überall entgegen. In den
 meisten Staaten hinderte man nur die Ausschiffung, in dem demokratisch
 schroffsten Massachusetts aber brauchte man Gewalt. Am 18. Dezember
 1773 drangen in Boston die »Söhne der Freiheit« als Indianer verkleidet
 auf die Teeschiffe und warfen die Ladungen, 342 Kisten, über Bord.

Diese Gewalttat der Kolonisten machte den Bruch mit dem Mutterlande
unheilbar; Regierung und öffentliche Meinung in England stimmten darin
überein, daß jetzt rücksichtslos, besonders gegen Massachusetts,
vorgegangen werden müsse. Das Parlament faßte im März 1774 drei
Beschlüsse: Sperrung des Hafens von Boston für alle Waren außer
Bedürfnissen des königlichen Dienstes; Aufhebung der demokratischen
Verfassung in Massachusetts und Einführung einer vorläufigen
Militärdiktatur; Ausdehnung der Grenzen Kanadas mit seiner
absolutistischen Verfassung auf Gebiete, die von den Neuenglandstaaten
beansprucht wurden.

Zugleich ward =General Gage= mit vier Regimentern Mitte Mai als neuer
Gouverneur nach Boston gesandt; er schloß den Hafen, sperrte die Stadt
ab, verlegte die gesetzgebende Versammlung nach Salem und löste sie bald
hernach ganz auf. Die Einwohner von Massachusetts begannen jetzt, sich
überall zu widersetzen, den Engländern die Beschaffung von Lebensmitteln
zu erschweren und durch Anhäufung von Kriegsmaterial sowie Übungen der
Milizen den Kampf vorzubereiten; der gesetzgebende Körper forderte vor
seiner Auflösung die übrigen Kolonien auf, Deputierte zu einem
allgemeinen =Kongreß in Philadelphia= zu senden.

Dieser Kongreß ward im September 1774 von zwölf Staaten[113] beschickt,
nur Georgia schloß sich erst im folgenden Jahre an. Ein Ausschuß der
bedeutendsten Männer des Kongresses verfaßte mit Mäßigung, großer
Beredsamkeit, sowie mit steter Berufung auf die englischen Gesetze eine
Anzahl von Staatsschriften, die eine Abhilfe der Mißstände, aber immer
noch auf loyalem Wege anbahnen sollten; sie erschienen im Herbst 1774.
Die wichtigsten sind: Eine Schilderung der Verhältnisse der in ihrer
Verfassung bedrohten Provinz Massachusetts; eine »Erklärung der Rechte
der Kolonien« nach Art der einst vom englischen Parlament gegen Karl I.
ergangenen »Petition of rights«; eine Bittschrift an den König; eine
Adresse an das englische Volk, in der zu beweisen versucht wurde, daß die
Amerikaner Verteidiger der Rechte aller Engländer gegen die Übergriffe
der Regierung seien.

 [113] =Die 13 Kolonien= seien nochmals aufgeführt: =Die vier
       nördlichen=, die sogenannten »Neuenglandstaaten«, Newhampshire,
       Massachusetts mit Maine, Connecticut, Rhode-Island; =die fünf
       mittleren=, New York, New Jersey, Delaware, Pennsylvanien,
       Maryland; =die vier südlichen=, Virginien, Nord- und Südcarolina,
       Georgien. In den Neuenglandstaaten war die Stimmung gegen das
       Mutterland am schroffsten.

In den Schriften lagen jedoch auch versteckte Drohungen, u. a. die
Erklärung, die Kolonien würden jede Verbindung mit England abbrechen, bis
ihren Beschwerden abgeholfen wäre. Der Kongreß sprach ferner den
Einwohnern von Boston seine Zustimmung für ihr bisheriges Auftreten aus
und ermutigte sie, den Widerstand fortzusetzen, auch wurden die Kanadier
aufgefordert, sich den Kolonien anzuschließen. In England fanden diese
Erklärungen und Petitionen kein Gehör, obgleich sie durch den
Handelsstand sowie durch Pitts Partei warm unterstützt wurden. Im übrigen
Europa, besonders in Frankreich, erregten sie große Begeisterung für die
Amerikaner.

Der König wies die Bittschrift geringschätzig ab, und =das Parlament
erklärte im Februar 1775 Massachusetts für im Aufstande befindlich=,
untersagte allen Verkehr mit Neuengland, sowie die Ausübung der Fischerei
auf den Neufundlandbänken seitens der Amerikaner, um so deren Handel
lahmzulegen, und bewilligte 6000 Mann neue Truppen. Nun brachte zwar
=Lord North= noch den Zusatz durch, die Zwangsmaßregeln sollten
erlöschen, sobald eine Kolonie sich unterwerfe und einen festen
Steuerbetrag bewillige, aber diesen schwachen Versöhnungsversuch wiesen
die Amerikaner zurück und den Regierungsmaßregeln setzten sie Gewalt
entgegen. Die Mehrzahl des Volkes erklärte sich gegen England, nur
wenige, die sogenannten »Loyalisten« blieben ihm treu. England dagegen
gab seinen Beschlüssen keinen genügenden Nachdruck durch die Tat, sondern
hoffte immer noch durch bloße Drohungen Nachgiebigkeit zu erreichen und
ließ so dem Gegner Zeit zum Rüsten. Dies wurde besonders in Massachusetts
eifrig betrieben. Die Milizen wurden besser gegliedert; mit Hilfe fremder
Offiziere und vieler Amerikaner, die bisher im englischen Dienst
gestanden hatten, stellte man stehende Truppen auf; Arsenale, Waffen- und
Pulverfabriken wurden eingerichtet. Im Winter 1774/75 standen in
Massachusetts bereits so viel Amerikaner unter Waffen, daß sich General
=Gage= auf Boston beschränkt sah; in Newhampshire bemächtigten sich
(Dezember) die Milizen zweier kleiner Forts und in Rhode-Island nahmen
sie 40 Kanonen.

Im Mai 1775 trat der Kongreß in Philadelphia wieder zusammen. Er sandte
nochmals Adressen an König und Parlament, traf aber gleichzeitig
Maßregeln für den Krieg. Es wurde die Ausgabe von drei Millionen
spanischer Dollars Papiergeld festgesetzt, jeder Verkehr mit England und
dessen anderen Kolonien verboten, sowie die Aufstellung eines
Nationalheeres angeordnet; zum Oberbefehlshaber ward am 16. Juni =George
Washington= ernannt -- der rechte Mann an der rechten Stelle. Tatsächlich
hatte =der Krieg= mit einem blutigen =Zusammenstoß bei Lexington= am
18./19. April =schon begonnen= und gleich darauf setzte Massachusetts
Truppen gegen Boston und gegen die Grenzen Kanadas in Marsch. Als der
Kongreß unter dem Einfluß des aus England zurückgekehrten Franklin, sowie
in sicherer Hoffnung auf französische Hilfe am 4. Juli 1776 die
=Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika= erklärte, dauerte
der Krieg bereits ein Jahr.

$England, Frankreich und Spanien bis zum Aufstande der Kolonien.$ Wenn
man in England mit Recht über die Ergebnisse des Pariser Friedens (vgl.
Seite 127) mißgestimmt war, so hatte man doch in Frankreich noch mehr
Grund, mit dem Ausgange des letzten Krieges unzufrieden zu sein. Englands
Gewinn entsprach nahezu dem Verluste Frankreichs und dieses mußte die
Einbuße Spaniens, die Abtretung Floridas an den Sieger, auch noch durch
Überlassung Louisianas an seinen Verbündeten wettmachen. Der Ingrimm über
die erlittenen Niederlagen trat hinzu, um in Frankreich den Gedanken an
Wiedervergeltung in der Zukunft wachzuerhalten. Der =Herzog von
Choiseul= arbeitete auf dieses Ziel hin, solange er am Ruder blieb. Er
verstärkte die Streitmacht zu Wasser wie zu Lande und pflegte das Bündnis
mit Spanien (der Bourbonische Familienvertrag von 1761; vgl. Seite 119),
das auch diesem Staat durch die Familienbande zwischen den
Herrscherhäusern wie durch die Furcht vor Englands Seemacht nahelag;
hierzu trat der Haß wegen alter wie neuer Verluste an England -- Jamaika,
Gibraltar, Minorca, Florida. Für den letzten Krieg war das Bündnis zu
spät gekommen, aber bei rechtzeitiger Vorbereitung versprach es Erfolg.
Den beiden benachbarten Königreichen mit ihren vorzüglichen Kräften mußte
es gelingen, gemeinsam eine Seemacht aufzustellen, die der englischen
gewachsen war; vielleicht fanden dann auch schwächere Seestaaten den Mut,
sich gegen die Seeherrschaft Englands aufzulehnen.

Nur die ungünstigen inneren Verhältnisse Englands bedingten es, daß dem
Siebenjährigen Kriege nicht sehr bald ein neuer Seekrieg mit den alten
Gegnern folgte. Französische Geschichtschreiber behaupten, England habe
den Ausbruch des genannten Krieges beschleunigt, um den Ausbau der
französischen Marine zu verhindern. Der gleiche Grund lag jetzt vor und
um so schwerwiegender, da man in England wußte, daß Frankreich und
Spanien entschlossen seien loszuschlagen, sobald man sich stark genug
fühle und eine günstige Gelegenheit sich biete. Auch hat es für England
nicht an Anlässen gefehlt. Solchen bot zunächst die Erwerbung Corsicas
durch Frankreich, dessen maritime Stellung im Mittelmeer dadurch sehr
gestärkt wurde.

 $Corsica von Frankreich erworben.$ Die kriegerischen Corsen waren, auf
 die Unzugänglichkeit ihrer Gebirge trotzend, schon seit 1730 gegen die
 aussaugende Herrschaft Genuas im Aufstande, der nicht ohne kaiserliche
 oder französische Hilfe und dann immer nur auf kurze Zeit
 niedergeworfen werden konnte. Müde der vergeblichen Kämpfe, trat
 endlich die Republik im Vertrage vom Compiègne 1768 Corsica förmlich an
 Frankreich ab; um Österreich und England gegenüber diese
 Gebietserweiterung Frankreichs zu verschleiern, erfolgte sie in Form
 eines Unterpfandes für aufgewandte Kriegskosten. Frankreich unterwarf
 dann mit 30000 Mann in kurzer Zeit die Insel. =Pasquale Paoli=, der
 tapfere Führer der Aufständischen, mußte 1769 nach England fliehen, wo
 er begeistert aufgenommen wurde und von der Regierung eine Pension
 erhielt.

Wohl wies u. a. Burke auf die hierdurch für England geschaffene Gefahr
hin, und der Admiral Sir Charles Sounders erklärte im Unterhause, es wäre
besser, Frankreich den Krieg zu erklären, als ihm Corsica zu überlassen.
Die Regierung führte auch anfangs eine geharnischte Sprache, verschleppte
aber dann die Sache, bis Frankreich im sicheren Besitz war. Die Aufhebung
einer englischen Niederlassung auf den Falklandinseln hätte noch leichter
Anlaß zum Kriege geben können.

 $Englisch-spanischer Streit um die Falklandinseln.$ 1764 hatten die
 Franzosen durch den Weltumsegler =Bougainville= auf diesen Inseln eine
 Kolonie Port Louis gegründet, die Engländer folgten 1766 mit der
 Niederlassung Port Egmont. Gegen beide erhob Spanien Einspruch, und
 Frankreich holte seine Kolonisten wieder ab, die Engländer wurden mit
 Gewalt vertrieben. Die Spanier verlangten von dem englischen
 Befehlshaber dort die Räumung der Ansiedlung innerhalb von sechs
 Monaten und erzwangen diese, ehe noch Weisung von London ergangen war,
 im Juni 1770 mit fünf Fregatten und 1600 Mann; die schwache Garnison,
 die keinen Widerstand hatte leisten können, ward nach England
 geschickt.

Dieser Gewaltakt erregte die öffentliche Meinung in England heftig,
während der corsicanische Zwischenfall mehr nur die Staatsmänner
beschäftigt hatte. =Choiseul= und die spanischen Minister erwarteten und
erhofften eine Kriegserklärung, da sie sich schon stark genug glaubten.
England rüstete auch eine Flotte von 40 Linienschiffen, zeigte sich aber
doch mit einer leichten Genugtuung zufrieden. König Karl III. mochte zwar
anfangs nicht nachgeben, aber Ludwig XV. wollte keinen Krieg, und
=Choiseul=, dessen Stellung durch die Freunde der Dubarry schon
erschüttert war, wurde im Dezember 1770 gestürzt. Sein Nachfolger, der
=Herzog d'Aiguillon=[114] -- der »Held von St. Cas« (vgl. Seite 146) --,
der nur den Willen des Königs ausführte, wurde schnell mit Lord North
einig, und England gab Port Egmont als zu kostspielig freiwillig auf.

 [114] Der =Herzog von d'Aiguillon= war als Günstling Louis' XV. schnell
       bis zum Gouverneur der Bretagne gestiegen. Als solcher geriet er
       durch gewissenlose Willkür in so schwere Händel mit dem
       Parlament, daß er 1768 abberufen wurde. Durch die Dubarry ward er
       Nachfolger Choiseuls. Sein Ministerium gilt als die äußerste
       Entartung des »alten Regime«. Ludwig XVI. entließ ihn sofort.

=Die Schwäche der englischen Politik=, die sich bei beiden Gelegenheiten
offenbarte, war =eine Folge der inneren Zwistigkeiten in England=, die ja
auch den übereilten Frieden von Paris verschuldet hatten. König =Georg=
III. strebte seit seiner Thronbesteigung (25. Oktober 1760) danach, eine
selbständige, persönliche Politik zu führen, besaß aber weder die
Geistes- noch die Charaktereigenschaften dazu. Er wollte die Macht der
Krone erweitern und das Parlament in ihr gefügiges Werkzeug verwandeln;
Männer von festem Charakter waren ihm zuwider, jede republikanische
Gesinnung verhaßt. Er verdrängte den tatkräftigen =Pitt= durch seinen
Günstling =Lord Bute=, der ihm ein gefügiges Werkzeug war. Dieser mußte
zwar gleich nach dem mißliebigen Friedensschlusse wieder zurücktreten,
aber das System blieb dasselbe.

Viele dem Volke mißliebige Regierungsmaßregeln, so auch das schroffe
Vorgehen gegen die amerikanischen Kolonien, sind auf des Königs
persönliche Anregung zurückzuführen. Seiner inneren Politik folgte eine
Auflösung aller Parteiverhältnisse und statt fester langjähriger
Ministerregierungen wie bisher, fand ein ununterbrochener Wechsel statt;
erst =Lord North= blieb von 1770 an 12 Jahre im Amte. Immer lauter
erscholl im Lande der Ruf nach einer Reform der Volksvertretung, immer
heftiger wurden Regierung und Parlament angegriffen und gleichzeitig
spitzte sich der Streit mit den Kolonien immer mehr zu.

Die englische Regierung war unter diesen Umständen weder kampflustig noch
fühlte sie sich kriegsbereit, und auch in Frankreich erlosch die
Kriegsneigung nach dem Falle Choiseuls bis zum Tode Ludwigs XV.; die
unfähige Regierung hatte auch hier genug mit den inneren Verhältnissen zu
tun. Doch ist es von Wichtigkeit, Choiseuls Pläne gegen England kennen zu
lernen, da man späterhin mehrfach auf sie zurückkam.

 $Choiseuls Pläne gegen England.$ =Choiseul= suchte nicht nur die
 Streitmittel Frankreichs und Spaniens für die nächste günstige
 Gelegenheit zur Abrechnung mit England bereitzustellen, sondern traf
 auch sonst alle Maßnahmen für den Krieg. Da er Streitigkeiten Englands
 mit seinen Kolonien voraussah, sandte er 1764 und 1766 einen
 Seeoffizier nach Nordamerika, um die Küstenverhältnisse zu erforschen,
 sowie 1767 den Baron =von Kalb=, den späteren amerikanischen General
 und Freund Lafayettes, um sich über die Stimmung in den Kolonien zu
 unterrichten.

 Vor allem aber ließ er Pläne für einen Einfall in England entwerfen.
 Man findet in Lacour (I, Seite 416 ff.) verschiedene derselben, von
 denen besonders zwei bemerkenswert sind. Auch nach England waren
 Offiziere zur Untersuchung geeigneter Landungsplätze geschickt. Einer
 dieser, ein Landoffizier =de Berille=, schlug nun vor, Spanien solle
 für sich Demonstrationen oder Diversionen unternehmen, um die Nachteile
 gemeinsamer Operationen auszuschalten, Frankreich aber an vier Stellen
 -- Lime, Dartmouth, Fowey und Looe -- landen und auf Bristol
 marschieren, um diesen wichtigen Handelsplatz zu nehmen, dann würde
 London vom Könige und Parlament den Friedensschluß verlangen. Die
 Expedition solle von den kleinen Häfen der Bretagne ausgehen und auf
 Fischerfahrzeugen in einer der langen Nächte gegen Ende des Winters,
 »plötzlich und heimlich wie Schmuggler« übergeführt werden, wenn ein
 Sturm die englische Flotte vertrieben habe.

 Auch =Choiseul= selber entwarf einen Plan mit genauer Verteilung der
 französischen Flotte, die dazu bis 1770 auf 80 Linienschiffe und 40
 Fregatten zu bringen sei; Spanien sollte 20 Linienschiffe dazu stellen
 und gleichzeitig Portugal erobern. Ein ähnlicher Plan, und zwar der
 bemerkenswerteste, stammte vom =Graf Broglie=, dem Bruder des berühmten
 Marschalls. Wie Ludwig XV. sich ihm allein bekannte Agenten im Auslande
 hielt -- man sagt, nur um das Vergnügen zu haben, besser unterrichtet
 zu sein als seine Minister --, so hatte er auch Broglie heimlich mit
 der Aufstellung eines Planes betraut und einen Ingenieuroffizier nach
 England gesandt, der die Mündung der Themse sowie die Häfen, Arsenale
 und die Marschwege nach London von der Küste von Cornwallis an
 erkundete.

 Nach Broglies Entwurf sollte Spanien Jamaika und Nordamerika mit einer
 Flotte bedrohen, mit einer andern Irland und gleichzeitig Gibraltar
 angreifen, während Frankreich Seestreitkräfte von Toulon gegen Minorca
 und Ostindien, von Brest gegen Schottland zu senden habe. Es waren dies
 aber nur Diversionen. Zum Hauptangriff sollte das Gros der Brestflotte
 60000 Mann über den Kanal führen und sie zwischen Dungeness und
 Beachyhead landen; der Marsch gegen London war tagweise festgelegt.
 =Broglie= arbeitete den Plan 1763-1766 aus, legte ihn aber 1768 mit
 Genehmigung des Königs Choiseul vor, wohl aus Furcht vor dessen Zorn
 und auch, um nicht nur zum Vergnügen des Königs gearbeitet zu haben.
 Choiseul billigte ihn, er wurde auch 1777 =Ludwig= XVI. unterbreitet,
 und endlich nahm =Napoleon= I. Kenntnis von ihm.

 Eingehende Tabellen über die nötigen Streitkräfte und Transportmittel,
 sowie über die Maßregeln, die England voraussichtlich zur Abwehr
 ergreifen müsse, waren aufgestellt; wir geben einige Auszüge aus
 ihnen[115].

 [115] Wir geben diese Auszüge zum späteren Vergleich mit den
       Vorbereitungen, die Napoleon I. 1803/05 für den Einfall in
       England durch Aufstellung des sog. Lagers von Boulogne traf.

                      Frankreich sollte stellen:

        für den Einfall   40 Liniensch.,   20 Freg.,  60000 Mann
         "  Schottland                      6   "       800  "
         "  Minorca       10   "           10   "     15000  "
         "  Ostindien  (dieselben Schiffe)             1500  "
        ----------------------------------------------------------
        Insgesamt         50 Liniensch.,    36 Freg.,  77300 Mann.

                               Spanien:

           Gegen Gibraltar 12 Liniensch.,  8 Freg., 20000 Mann
             "   Westind.  15     "       10   "    12000  "
             "   Irland    15     "       20   "    15000  "
           ---------------------------------------------------
           Insgesamt       42 Liniensch., 28 Freg., 47000 Mann

                        England brauche dagegen

           für den Einfall 45 Liniensch., 25 Freg.  40000 Mann
            "  Schottland                  6   "   5-6000  "
            "  Minorca                               4500  "
            "  Ostindien   10     "

           Gegen Gibraltar d. v. Minorca }           4000 Mann
             "   Westind.  20            } einige    8000  "
             "   Irland    15            }          10000  "
           ---------------------------------------------------
           Insgesamt      101                       72000 Mann

 Die Truppen für den Einfall in England -- 54000 Mann Infanterie, 3000
 Kavallerie, 3000 technische Waffen, eingeteilt in vier Divisionen --
 sollten in Dünkirchen, Calais, Boulogne auf 130 Transportern
 eingeschifft werden, in Dieppe und Havre auf 200, in Honfleur und
 Cherbourg auf 110, in St. Malo und Morlaix auf 150 solchen. Die
 Brestflotte, 40 Linienschiffe, hatte die englischen Seestreitkräfte in
 den heimischen Gewässern, die mit Sicherung der ganzen Küste betraut
 und nicht vereint sein würden, zu schlagen, um den Weg freizumachen.

 Es ist bemerkenswert, daß bei Ausbruch des Krieges 1778 in Frankreich
 wie in Spanien das in diesem Plane verlangte Schiffsmaterial reichlich
 vorhanden und daß auch die Stärke der englischen Marine richtig
 eingeschätzt war. Wir werden dies aus den späteren Betrachtungen der
 Streitmittel der Gegner in diesem Kriege ersehen.

$Die Entstehung des Seekrieges zwischen Frankreich, Spanien, Holland und
England.$ Als =Ludwig= XVI. die Regierung antrat, näherten sich die
Unruhen in Nordamerika ihrem Höhepunkt. Der drohende Bruch zwischen
England und seinen Kolonien schien für Frankreich eine günstige
Gelegenheit, die erlittenen Verluste wettzumachen, und der Minister des
Äußern unter dem neuen König, =Graf von Vergennes=, der letzte tüchtige
Staatsmann des alten Regimes, war bereit, sie auszunützen. Er stützte
sich dabei auf weite Kreise des Volkes. Die französische Jugend der
höheren und höchsten Stände brannte darauf, die militärische Ehre des
Landes wiederherzustellen, und die sogenannte »aufgeklärte Gesellschaft«,
begeistert für die Gedanken Montesquieus und Rousseaus, hegte die wärmste
Teilnahme für die demokratischen Amerikaner. Die Erhebung der Kolonien
1775 erregte in Frankreich großen Jubel, und die geheimen Bemühungen der
Amerikaner um Frankreichs Hilfe hatten Erfolg, wenn auch zunächst nicht
offensichtlich.

=Vergennes= neigte zwar schon Anfang 1776 zur erklärten Parteinahme gegen
England, aber der Finanzminister =Turgot=, mit durchgreifenden Reformen
in seinem Ressort beschäftigt, riet zum Abwarten. Er scheute die Kosten,
solange der Erfolg nicht ganz sicher schien, und äußerte die Ansicht, daß
schon der Kampf Englands mit seinen Kolonien Frankreich Vorteile bringen
würde. Er empfahl Beobachtung der Vorgänge in Großbritannien und
Nordamerika, weitere Stärkung der Marine, sowie Vorbereitungen für einen
Einfall in England und vorsichtige Unterstützung der Amerikaner mit
Kriegsmaterial. Seine Ansicht wurde von bedeutenden Männern geteilt,
aber nicht von der Hofpartei, und als er von dieser wegen seiner Reformen
gestürzt war (Mai 1776), die den privilegierten Ständen mißfielen, wurde
aus der heimlichen Parteinahme bald eine offene. Nach der
Unabhängigkeitserklärung traten an Stelle der bisherigen geheimen Agenten
wirkliche Bevollmächtigte der »Vereinigten Staaten von Nordamerika«.

Im Dezember 1776 erschienen als solche =Benjamin Franklin=, =Silas Deane=
und =Lee= in Paris, um von der französischen Regierung die Anerkennung
des neuen Staates, sowie den Abschluß eines Bündnisses zu erlangen. Diese
Verhandlungen gingen zwar vorläufig nur durch Mittelspersonen, da die
französische Regierung noch nicht mit England brechen wollte -- auch der
neue Finanzminister =Necker= erklärte sich wegen der Finanznot gegen
unmittelbare Einmischung; man war noch nicht genügend gerüstet und große
militärische Erfolge hatten die Amerikaner bislang nicht aufzuweisen --,
aber sie hoben doch die Begeisterung für Amerika in Frankreich noch mehr.

 $Die amerikanischen Agenten in Frankreich.$ =Silas Dean=, ein Mitglied
 des Kongresses, war schon vor dem Abfall der Kolonien als politischer
 Agent und Handelskommissär nach Frankreich gekommen, wo er mit der
 Regierung sowie Privaten unterhandelte, um Geld zu leihen,
 Kriegsmaterial zu kaufen, Offiziere und Freiwillige zu werben; er
 sammelte auch einen Kreis von Personen um sich, die von Begeisterung
 für die Sache der Amerikaner, von Haß gegen England und von Kriegslust
 erfüllt waren. Auf sein Betreiben gingen mit Erlaubnis der Regierung
 reiche Geldmittel, Kriegsmaterial, durch dritte Hand von der Regierung
 erhalten, sowie zahlreiche Offiziere nach Amerika. Die nach der
 Unabhängigkeitserklärung eingetroffenen Gesandten gewannen die
 öffentliche Meinung noch mehr für die amerikanische Sache. Ohne jede
 Kenntnis der engherzigen religiösen und politischen Ansichten der
 herrschenden Klasse in den Kolonien sah man in den Amerikanern Kämpfer
 für religiöse Freiheit und politische Ideale, selbst die recht
 nüchternen Nachrichten der nach Amerika gegangenen Offiziere blieben
 unbeachtet.

 =Franklin= war der rechte Mann, diese Stimmung zu heben. Statt eines
 klugen und berechnenden Diplomaten, wie er es war, sah man in dem mit
 gesuchter Einfachheit, mit Ruhe und Milde auftretenden alten Manne das
 Vorbild des vollendeten Philosophen. Er wurde der Mann des Tages;
 Philosophen, junge Offiziere, Damen der Gesellschaft und Höflinge
 drängten sich zu ihm. Immer mehr gab man dem Bestreben der Gesandten
 nach, Frankreich zu offener Parteinahme zu bewegen, vernachlässigte die
 Vorsicht bei den Unterstützungen und versuchte kaum noch, England durch
 friedliche Versicherungen zu täuschen. Viele bedeutende Personen gingen
 von oder über Frankreich nach Amerika, so der junge =Marquis de
 Lafayette=, einer der glänzendsten und reichsten Edelleute, der in
 Begleitung des schon als Agent Choiseuls erwähnten deutschen =Barons
 von Kalb= und einer kleinen auserlesenen Schar auf eigenem Schiff
 hinübersegelte; die Regierung sandte ihm mit Rücksicht auf England der
 Form halber einen Haftbefehl nach und ließ ihn auch durch zwei
 Kriegsschiffe verfolgen. Ihm folgten später der ehemalige preußische
 Offizier und Adjutant Friedrichs II. =von Steuben=, der Pole
 =Kosciusko= sowie verschiedene Franzosen, die sich nachher in den
 Revolutions- sowie Napoleonischen Kriegen auszeichneten, z. B.
 =Custine= und =Berthier=.

Als dann am 4. Dezember 1777 die Nachricht von der Kapitulation des
englischen Generals =Burgoyne= bei Saratoga eintraf, schien der günstige
Augenblick gekommen, Englands Verlegenheit auszunutzen. =Vergennes=
empfing am 12. Dezember die Gesandten öffentlich, Frankreich erkannte am
6. Februar 1778 die neue Republik an, schloß mit ihr einen Handelsvertrag
und verpflichtete sich, sie mit seiner ganzen Kraft zu unterstützen, bis
sie ihre Unabhängigkeit errungen habe. Es stellte nur die Bedingung, daß
die Amerikaner nicht Frieden schließen dürften, ehe ihre Unabhängigkeit
gesichert sei, denn man nahm an, England werde um seine wertvollste
Kolonie bis aufs äußerste kämpfen und so schwere Schädigung erleiden.
Frankreich verzichtete dagegen feierlich für alle Zeiten auf jeden Besitz
in Nordamerika, womit auch der Wiedererwerb Kanadas ausgeschlossen war;
es behielt sich nur Eroberungen südlich der Bermudainseln, in Westindien,
vor.

Dieser Vertrag wurde am 13. März an England bekanntgegeben mit dem
Zusatz, daß sich die Vereinigten Staaten bereits im Besitz ihrer
Unabhängigkeit befänden und daß Frankreich erwarte, England würde alles
vermeiden, was seinen Handel mit denselben stören könne. Dies war eine
ausgesprochene Kriegsdrohung, und England rief darauf ohne weiteres
seinen Gesandten ab, der Paris am 16. März ohne Abschied verließ.
Frankreich tat das gleiche am 17. Eine formelle Kriegserklärung erließ
keine der Parteien, auch nicht, als die kriegerischen Unternehmungen
begannen. Der König von Spanien versuchte noch zu vermitteln, von
Frankreich hierzu angeregt, und dieses beging den Fehler, nicht gleich
anzugreifen, obgleich es kriegsbereiter als England war. Der Krieg ward
erst im Juni von diesem eröffnet, doch war schon am 13. April eine
französische Flotte nach Amerika gesegelt.

=Spanien= zur offenen Parteinahme zu bewegen, war bisher nicht gelungen.
Wenn auch die Minister den Krieg mit England wünschten, so war doch der
König nicht geneigt, eine Republik anzuerkennen, geschweige denn, sich
mit ihr zu verbünden, und so gab man vorläufig nur Geldunterstützungen
für die Amerikaner; man sollte überhaupt annehmen, daß es einer Macht,
die selber weitentlegene Kolonien besaß, nicht hätte ratsam erscheinen
dürfen, aufständische Kolonien eines anderen Staates zu unterstützen,
aber die Hoffnung Gibraltar, Minorca und vielleicht gar Jamaika
wiederzuerringen, ließ wohl über diesen Punkt hinwegsehen. Frankreich und
die spanischen Minister versuchten stetig weiter, den König umzustimmen,
jedoch noch im März 1779 blieb der König von Spanien selbst eigenhändigen
Briefen Ludwigs XVI. unzugänglich. Da benutzte man seine persönliche
Eitelkeit, machte ihn glauben, es sei seine Pflicht, zwischen Frankreich
und England zu vermitteln, und als dann seine Bemühungen an Englands
unannehmbaren Bedingungen scheiterten, hatte man ihn gewonnen. Am 12.
April 1779 unterzeichnete Spanien einen Vertrag mit Frankreich,
demzufolge ein gemeinsamer Einfall in England oder Irland unternommen und
Minorca erobert werden solle; beide Mächte verpflichteten sich, in keinen
Frieden oder Waffenstillstand zu willigen, ehe Gibraltar genommen sei.
Den Krieg erklärte Spanien erst am 16. Juni, um seine Rüstungen
inzwischen zu vollenden.

 $Ziele des spanisch-französischen Bündnisses.$ In dem Vertrage wurden
 als Ziele des Krieges festgelegt: Für Spanien: die Wiedergewinnung von
 Gibraltar, Minorca, Pensacola nebst der Küste von Florida längs des
 Bahamakanales; Vertreibung der Engländer aus der Honduras- und
 Campeche-Bucht. Für Frankreich: Aufhebung der Verpflichtungen,
 Dünkirchen sowie die Niederlassungen in Ostindien nicht zu befestigen;
 Eroberung Dominicas.

An =Holland= erklärte England am 20. Dezember 1780 selber den Krieg, als
sein Versuch 1779, auf Grund des nun gerade hundert Jahre alten Vertrages
von den Niederlanden Unterstützung zu erhalten, wenn ein Einfall in
England drohe, am Widerstand der französischen Partei der Republik
gescheitert war. Dagegen hatten auch hier die Unterhändler Amerikas
Erfolg. In Amsterdam war es ihnen gelungen, Anleihen unterzubringen, ja
1779 im geheimen einen Handelsvertrag abzuschließen. England erhielt 1780
Kenntnis davon und suchte nun einen Kriegsgrund, denn auf Hollands Hilfe
konnte man nicht mehr rechnen, als Gegner aber fiel es bei der Schwäche
seiner Marine nicht ins Gewicht, sein Handel und seine Kolonien boten
dagegen lohnende Angriffsobjekte. Als nun Holland der gegen England
gerichteten sogenannten »bewaffneten Neutralität der Ostseemächte«
beitreten wollte, war der Grund gefunden[116].

 [116] Ein genaueres Eingehen auf diese Verhältnisse würde zu weit
       führen. Es sei verwiesen auf allgemeine Geschichtswerke, z. B.
       Schlosser, Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts, Band 4, Seite
       293 ff. Vgl. auch Kirchhoff Band 1, Seite 317, über die
       bewaffnete Neutralität, und de Jonge Band 4, Seite 379 ff., über
       Reibungen auf See zwischen England und Holland vor der
       Kriegserklärung.

 $Die bewaffnete Neutralität der Ostseemächte$ und ihre seerechtlichen
 Forderungen. England hatte schon im vorigen Kriege das Recht
 beansprucht, feindliches Gut in neutralen Schiffen wegzunehmen (vgl.
 Seite 124 und 199). Dieser Grundsatz schädigte auch jetzt Holland und
 die Ostseemächte schwer, in deren Hände während des Krieges ein großer
 Teil des europäischen Handels überging; anderseits lag England daran,
 gerade die Produkte der Ostsee, Schiffsmaterialien (Bauholz) und
 Getreide, seinen Gegnern vorzuenthalten. Im Jahre 1780 traten auf
 Anregung der Kaiserin =Katharina= II. Rußland, Dänemark und Schweden
 zusammen und erließen eine Erklärung, in der gefordert wurde:

 1. Neutrale Schiffe sollten das Recht haben, nicht nur nach
 unblockierten Häfen, sondern auch von Hafen zu Hafen einer
 kriegführenden Macht zu segeln (also den Küstenhandel dort im Gange zu
 halten).

 2. Das Eigentum der Untertanen einer kriegführenden Macht an Bord
 neutraler Schiffe sollte unantastbar sein. (»Frei Schiff -- frei Gut«.)

 3. Nur Waffen, Ausrüstungsgegenstände und Kriegsmunition sollten als
 Kontrebande gelten. (Dies schloß Lebensmittel und Schiffsmaterialien
 aus, soweit sie nicht der Regierung eines Kriegführenden gehörten.)

 4. Die Blockaden sollten eine entsprechende Seestreitmacht in nächster
 Nähe des blockierten Hafens erfordern, um bindend zu sein.

 Die verbündeten Mächte verpflichteten sich, diesen Forderungen durch
 Bereithaltung einer gemeinsamen Flotte von festgesetzter Mindeststärke
 Nachdruck zu verleihen. Dem Vertrage schlossen sich am 8. Mai 1781
 Preußen und am 9. Oktober 1781 der Kaiser (mit Rücksicht auf die
 österreichischen Niederlande) an, später traten auch Portugal sowie
 Neapel bei. Frankreich und Spanien erklärten sich einverstanden.

 England versprach Rußland, dessen übrigens geringfügigen Handel zu
 schonen und erhob zwar gegen die Erklärung keinen Widerspruch, dachte
 aber auch nicht daran, sie zu beachten, was bei seiner Stärke zur See
 kaum wundernehmen kann. Die Generalstaaten hatten sich nach langen
 Verhandlungen am 20. November 1780 entschlossen, dem Bunde der
 Ostseemächte beizutreten, ehe aber die Erklärung in Petersburg eintraf
 (24. Dezember), erklärte England den Krieg. Rußland lehnte nun den
 Beitritt Hollands -- und damit die Verpflichtung, für dasselbe
 einzutreten -- mit der Begründung ab, daß dieser Staat nicht mehr
 neutral sei; von England im geheimen beeinflußte Personen hatten dies
 bewirkt.

$Kennzeichnung und Bedeutung des Seekrieges von 1778.$ =Der Landkrieg in
Nordamerika= ist für uns nur soweit von Wichtigkeit, als Seestreitkräfte
unmittelbar in ihn eingriffen und durch ihn Flottenbewegungen
hervorgerufen wurden; wir werden ihn deshalb auch nicht eingehender
schildern, als die Berücksichtigung dieser Punkte fordert. =Der Seekrieg=
aber, der 1778 begann, =ist von großer Bedeutung für die
Seekriegsgeschichte=. Es ist ein Kampf, wie ihn das 18. Jahrhundert noch
nicht gesehen hatte. In den vorangegangenen Kriegen -- dem Spanischen,
dem Österreichischen Erbfolgekriege und dem Siebenjährigen -- war
Englands Macht zur See weit überlegen. Es fand in den beiden
erstgenannten auch noch den Beistand der holländischen Marine, und wenn
diese auch nur gering war, so glich er doch die Unterstützung Frankreichs
durch Spanien aus, und im Siebenjährigen Kriege blieb Holland wenigstens
neutral. Außerdem war England, besonders in den beiden letztgenannten
Kriegen, an keinem Landkriege beteiligt, während Frankreich durch einen
solchen abgelenkt und zu großen Opfern genötigt wurde. So war es England
stets gelungen, durch früher oder später einsetzendes kräftiges Vorgehen
die Marine Frankreichs niederzuwerfen und dann die Früchte unbedingter
Seeherrschaft zu ernten, indem es dem Gegner die Hilfsquellen verstopfte
und ihm seine fernen Besitzungen abnahm.

Jetzt mußte England mit seinen abgefallenen Kolonien einen ernsten
Landkrieg führen und auch einen Teil seiner Seestreitkräfte in dessen
Dienst stellen; Frankreich dagegen war am Lande frei. Es war England
nicht geglückt, Verbündete zu finden, ja sogar die Anwerbung der durchaus
nötigen Hilfstruppen in Deutschland wurde bald durch Preußen und den
Kaiser eingeschränkt. Spanien trat diesmal beizeiten auf die Seite
Frankreichs, und die vereinten Marinen dieser Länder, beide in den
letzten Jahren wesentlich erstarkt, waren der englischen an Zahl der
Schiffe überlegen. Später kam dann noch Holland als Gegner Englands
hinzu, und dieses mußte auch mit den Kräften der »bewaffneten
Neutralität« bis zu einem gewissen Grade rechnen. Nicht zu unterschätzen
ist endlich die Schädigung der englischen Marine durch den Wegfall der
Seeleute aus den amerikanischen Kolonien, den man auf 18000 berechnet.

England war in einer gefährlichen Lage; es mußte neben dem Kampfe um
Wiederherstellung seiner Oberhoheit in Nordamerika auch seine, während
der letzten hundert Jahre errungene Seeherrschaft verteidigen. Diese
Obmacht zu brechen, die außer auf einer starken Marine auf den Kolonien,
den Marinestationen draußen und dem Seehandel in allen Teilen der Welt
beruhte, war das Ziel der Gegner. England befand sich in diesem Kriege in
der Verteidigung und suchte seine außerheimischen Besitzungen überall
durch eine genügende Macht zu sichern. Da nun seine Seestreitkräfte denen
der Gegner zahlenmäßig anfangs unterlegen, später etwa gleich waren,
hatten die Gegner mehrfach auf einem der Kriegsschauplätze, meistens auf
dem europäischen, das Übergewicht. Englands Streitkräfte waren aber aus
einem Guß und lagen in einer Hand, die der Verbündeten verstanden sich
nicht immer und wurden oft getrennt zu Sonderzwecken eingesetzt; beides
Schwächen der meisten Bündnisse. Zudem war auch der innere Wert der
englischen Marine doch ein höherer als der der anderen, vornehmlich der
spanischen, und so ging England schließlich unbesiegt aus dem schweren
Kampfe hervor.

In den vorhergegangenen Kriegen des 18. Jahrhunderts tritt zwar der große
Einfluß der unbeschränkten Seeherrschaft mehr hervor, das darauf fußende
stolze Auftreten Englands kennzeichnet ihn, aber der jetzt zu
besprechende ist seekriegsgeschichtlich bedeutungsvoller. Die
europäischen Gewässer von England bis Gibraltar, die Küsten Nordamerikas,
sowie West- und Ostindien bieten Kriegsschauplätze für große Flotten. Die
Strategie beider Parteien gibt Anlaß zu eingehenden Betrachtungen, und
auch in Hinsicht auf die Taktik bringt der Krieg viel Bemerkenswertes.
Auf allen Kriegsschauplätzen messen sich Flotten gleicher Stärke in
zahlreichen rangierten Schlachten, während die vorhergegangenen Kriege
deren nur wenige brachten. Gerade in den Kämpfen des Seekrieges 1778-1783
erkennen wir deutlich die Entwicklung der Seetaktik, wie wir sie als eins
der Kennzeichen des IV. Abschnittes hingestellt haben.


                           Die Streitmittel.

 Die innere Geschichte der Marinen Frankreichs und Englands ist bereits
 im Kapitel II (Seite 24 ff.) behandelt, dort sind sie auch auf ihren
 Wert miteinander verglichen unter Hervorhebung einiger gerade für den
 vorliegenden Krieg bemerkenswerten Punkte. Wir können uns deshalb hier
 fast ganz auf Angaben über die Schiffsbestände und Schiffsverluste,
 sowie auf Hinweise betreffend die wichtigsten anderen Punkte
 beschränken.

$Frankreich.$ Den =Schiffsbestand= um 1778 kann man mit einiger
Sicherheit auf 70-80 Linienschiffe, 70 Fregatten und Korvetten, sowie
etwa 100 kleinere Fahrzeuge annehmen. Zur Verwendung überhaupt sind
während des ganzen Krieges 92 Linienschiffe gekommen: 6 des ersten Ranges
(110 Kanonen), 2 des zweiten (86 Kanonen), 84 des dritten (7 zu 80, 48 zu
74, 29 zu 64 Kanonen). Diese Zahl ist gleichzeitig niemals vorhanden
gewesen, in ihr sind Schiffe enthalten, die verloren gingen, und solche,
die neu erbaut wurden. =Der Verlust= betrug 18 Linienschiffe, sowie etwa
50 Fregatten und Korvetten; von den ersteren sind 12 vom Feinde
genommen, die übrigen vernichtet oder sonst verunglückt[117].

 [117] Den Schiffsbestand für 1778 geben Chab.-Arnault zu 70
       Linienschiffen, Bonfils zu 72, Mahan zu 80 an. Die Angabe über
       die zur Verwendung gelangten, sowie über die verlorenen sind
       Charnock, Band 3, Seite 220 entnommen (dort mit Namen der
       Schiffe); eine Liste der Verlorenen bringt auch Clowes, Band 4,
       Seite 114.

=Die Schiffe= waren fast sämtlich neu, vorzügliche Seeschiffe und auch
besser gehalten als in den vorangegangenen Kriegen, da Werften, sowie
Arsenale leistungsfähiger waren, doch scheint hierin nach der
Amtstätigkeit der beiden =Choiseul= schon wieder ein Rückschritt
eingetreten zu sein. Frankreich hatte jetzt auch Dreidecker (Schiffe
ersten Ranges), es stellte aber, wenn auch selten, noch immer
50-Kanonenschiffe in die Linie ein; seine Hauptkraft lag in Schiffen zu
74 Kanonen. Nur ein Bruchteil der Linienschiffe war gekupfert, und dies
gereichte ihnen zum Nachteil gegenüber den englischen durchweg
gekupferten, da die ungekupferten langsamer waren und dadurch häufig die
schnelleren behinderten.

=Die Seeoffiziere= waren besonders theoretisch sehr gut ausgebildet. Ihre
Zahl reichte aber bei der Indienststellung während dieses Krieges nicht
aus, so daß man stark auf die Reserve aus der Handelsmarine (die
sogenannten »officiers bleus«, vgl. Seite 31) zurückgreifen und auch
Offiziere des Heeres in die Marine einstellen mußte. Auch an
=Mannschaften= mangelte es, obgleich die seemännische Bevölkerung
zugenommen hatte und gegen 67000 Mann in den Inskriptionslisten
verzeichnet waren. Besonders später nach Verlusten, hauptsächlich durch
Krankheiten infolge der schlechten gesundheitlichen Verhältnisse an Bord
hervorgerufen, mußte man Fremde (Malteser, Genueser, ja Albaneser)
anwerben, Seesoldaten sowie Mannschaften des Heeres an Stelle fehlender
Matrosen einschiffen.

$Spanien$ besaß 1778 70 Linienschiffe: 2 zu 110 und 114 Kanonen, 2 zu 86,
7 zu 80, 48 zu 70-74, 11 zu 64. Hinzu traten 2 Schiffe zu 60, 2 zu 50,
sowie genügend Fregatten usw. Die Marine war mithin unter =Karl= III.
stattlich gewachsen, auch waren die Schiffe neu und gut gebaut. Aber alle
Quellen stimmen darin überein, daß es der spanischen Marine infolge der
sonstigen Verhältnisse im Lande an einer gesunden Organisation gefehlt
habe und daß, wie bisher, Werften und Arsenale nicht imstande gewesen
wären, die Schiffe gut auszurüsten. Ebenso sollen Offiziere wie
Mannschaften wie früher im allgemeinen minderwertig gewesen sein. =Der
Verlust= an Linienschiffen betrug 8, darunter 4 vom Feinde genommen, und
18 andere Kriegsfahrzeuge[118].

 [118] Angaben nach Charnock, Seite 233. Mahan gibt für 1778 nur 60
       Linienschiffe an, Chab.-Arnault gar nur 50. Eine Verlustliste
       auch in Clowes, Seite 115.

=Holland= hatte kaum noch eine nennenswerte Marine.

 $Die innere Geschichte seiner Marine$ sei kurz berührt (anschließend an
 Seite 59; zusammengestellt nach de Jonge, Band IV, Seite 282, 392, 432,
 472). =Wilhelm= IV., seit 1747 Statthalter, hatte versucht, die Marine
 wieder zu heben. Er schuf Einrichtungen zu besserer wissenschaftlicher
 Ausbildung der Seeoffiziere und sorgte für ihre Vermehrung, sowie
 schnellere Beförderung. Er ernannte 5 Leutnantsadmirale, 6 Vize- und 8
 Kontreadmirale, so daß die Marine mehr Flaggoffiziere zählte als zur
 Zeit ihres höchsten Glanzes. Er erstrebte ferner, die Admiralitäten von
 ihren Schulden zu befreien und die Zahl der Schiffe zu vermehren. Man
 faßte auch dahinzielende Beschlüsse, doch wurden diese weder während
 der kurzen Regierung Wilhelms (bis 1751) noch unter der
 vormundschaftlichen Regierung seiner Gemahlin =Anna= durchgeführt, und
 nach deren Tode (1759) schlief die Teilnahme für die Marine wieder
 völlig ein.

 So kam es, daß Holland bei Ausbruch des Siebenjährigen Krieges, in dem
 nur einige Schiffe zum Handelsschutz Verwendung fanden, nicht stärker
 dastand als 1741 und daß 1772 der Schiffsbestand sogar nur noch 12
 Schiffe über 60 Kanonen (also zeitgemäße Linienschiffe), 14 zu 50-54, 6
 zu 44, 15 zu 36, 18 zu 20-24 und 1 zu 12 -- also insgesamt 66 Segel --
 betrug. =Wilhelm= V., der 1766 die Regierung selbständig übernahm,
 versuchte den Bau der längst als notwendig erkannten Schiffe
 durchzusetzen, aber erst 1778, als der Krieg zwischen England und
 Frankreich ausbrach, beschlossen die Provinzen einstimmig, den Bau von
 24 Linienschiffen (aber noch von 50 Kanonen an aufwärts gerechnet).

Im September 1780, also kurz ehe England den Krieg an Holland erklärte,
war man wegen Mangels an Geld und Mannschaften nur imstande, von dem eben
angeführten geringen Bestande 8 Schiffe zu 60-71 Kanonen, 10 zu 50-54,
sowie 11 Fregatten von 36-44 und 20 kleinere Fahrzeuge in Dienst zu
stellen. Der seit 1778 begonnene Bau von neuen Schiffen ging infolge
Geldmangels und zu geringer Leistungsfähigkeit der Werften nur langsam
vorwärts; erst 1783, vor dem Friedensschluß, zählte Holland im Bestande 9
Schiffe zu 70-76 Kanonen, 23 zu 60-64, 14 zu 50-54, 26 zu 36 bis 40, 12
zu 20 und 56 kleinere Fahrzeuge (Kutter, Advijsjagden und
Küstenfahrzeuge). Um diese in Dienst zu stellen, wären 31000 Mann nötig
gewesen; wirklich in Dienst waren jedoch nur 11 Linienschiffe über 60
Kanonen, 11 über 50, 21 schwere Fregatten, 11 Korvetten, sowie sämtliche
kleineren Fahrzeuge mit einer Gesamtbesatzung von 19000 Mann. Man
beabsichtigte die ganze Flotte mobil zu machen, aber infolge des
Waffenstillstandes kam es nicht mehr dazu. =Der Verlust= an Schiffen im
Kriege betrug 4 Schiffe von 50-64 Kanonen und 5 von 16-38; 7 dieser
Fahrzeuge waren vom Feinde genommen.

$Die bewaffnete Neutralität der Ostseemächte$ verpflichtete sich, an
Seestreitkräften bereit zu halten:

         ----------------------+-------+-------+-------+-------
         Schiffe mit Kanonen   | 70-76 | 60-66 | 40-50 | 20-38
         ======================+=======+=======+=======+=======
         Rußland               |   3   |  16   |   6   |   9
                               |       |       |       |
         Dänemark              |   6   |   6   |   4   |   9
                               |       |       |       |
         Schweden              |   6   |   8   |   3   |  11
         ----------------------+-------+-------+-------+------
         Gesamt                   15      30      13      29
                                  -----------
                                       |
                               45 Linienschiffe.

$England$ hatte $1775$ einen =Schiffsbestand=[119]: von 131
Linienschiffen: 4 zu 100 Kanonen, 17 zu 90 und 98, 99 zu 64-80, 11 zu 60,
16 Schiffe zu 54 und 4 zu 44; an Fregatten: 38 zu 32 und 36 Kanonen, 24
zu 28, 7 zu 24, 13 Schiffe zu 22 und 20, 38 Sloops zu 8-18 Kanonen.
Insgesamt 269 Segel, zu denen noch eine große Zahl kleinerer Fahrzeuge
(cutter, adviceboats) traten. =Der Verlust= im Kriege betrug 13
Linienschiffe (nur eins fiel in Feindeshand), 57 Schiffe von 20-50
Kanonen (16 genommen) und 100 Sloops sowie kleinere Fahrzeuge (50 in
Feindeshand). Aber wiederum vermehrte England während des Krieges seine
Flotte derart, daß um $1788$ 174 Linienschiffe und insgesamt 450, ja mit
Einschluß der ganz kleinen Fahrzeuge 650 Segel vorhanden waren.

 [119] Vgl. Seite 18 die Tabellen mit den Angaben für 1775 und 1783. In
       diesen großen Zahlen sind aber ohne Frage stets viele alte
       Schiffe enthalten, die nicht mehr den Anforderungen genügten. --
       Die Verluste an Schiffen unter Angabe der Namen vgl. Clowes, Bd.
       IV, Seite 109.

Hervorzuheben ist dabei, daß der Zuwachs an Linienschiffen vorwiegend in
solchen zu 74 Kanonen (etwa 40 solcher) bestand; ferner waren die Schiffe
zu 44 und 50 Kanonen (auch etwa um 40), sowie die Fregatten mit über 30
Kanonen (etwa um 50) besonders vermehrt. Die englischen =Seeoffiziere=
zeichneten sich vor den französischen besonders durch seemännische
Geschicklichkeit und Erfahrung, sowie infolge der vorhergegangenen
siegreichen Kriege durch Kühnheit und Selbstvertrauen aus. Für die
=Mannschaften= war gleichfalls vorzügliches Material vorhanden, hier aber
trat im Gegensatz zu Frankreich bei Beginn des Krieges, wie auch früher
stets, Mangel zutage, weil viele Seeleute mit den Handelsschiffen
abwesend waren; es mußte beim Pressen auf minderwertiges Personal
zurückgegriffen werden.

Wenn wir =den Vergleich der Seestreitkräfte= (vgl. Kapitel II, Seite 33)
nochmals zusammenfassen, so ergibt sich, daß die Vorteile für Frankreich
und Spanien aus den neueren und besseren Schiffen durch die Tüchtigkeit
der englischen Besatzungen mehr als aufgewogen wurden; auch führte
England während des Krieges die Kupferung der Schiffe allgemein durch und
erreichte damit eine annähernd gleiche Geschwindigkeit dieser in den
Flotten. An Schiffszahl aber konnte England in diesem Kriege nicht
überlegen auftreten. Sein Gesamtschiffsbestand war zwar 1778 dem der
vereinigten Gegner gleich und überwog ihn 1783 bedeutend. Aber in keinem
Kriegsjahre hat England auch nur annähernd so viel Schiffe in Dienst
gestellt, wie der Bestand aufwies, während Frankreich und Spanien dies
taten.

Es ist möglich, daß England durch Mangel an Geld, Material und Leuten
beschränkt wurde, wahrscheinlicher ist es jedoch, daß der Gesamtbestand
eine große Zahl von Fahrzeugen enthielt (namentlich unter den
Linienschiffen[120], die nicht mehr kriegsbrauchbar waren; ein Umstand,
der bei den neugegründeten Marinen der Gegner fortfiel. Da nun Englands
Strategie -- häufig als unrichtig beurteilt -- in diesem Kriege dahin
strebte, auf allen Kriegsschauplätzen stets einem Angriff gewachsen zu
sein, waren die Verbündeten in den europäischen Gewässern immer und auch
auf den überseeischen Schauplätzen bisweilen die Stärkeren. Man hatte in
England vor diesem Kriege, obgleich er lange vorauszusehen war, den
schon weit früher von Marineautoritäten aufgestellten Grundsatz aus dem
Auge gelassen, die Marine stets der vereinigten Seemacht der beiden
bourbonischen Königreiche gewachsen zu halten.

 [120] Wir werden ein Beispiel finden (Schlacht auf der Doggerbank
       1781), wo sich selbst unter den in Dienst gestellten
       Linienschiffen anerkannt minderwertige befanden.

 $Eine Zusammenstellung der Indiensthaltungen$ während der Kriegsjahre
 möge Vorstehendes veranschaulichen. Die Angaben über England sind einer
 Tabelle aus Colomb, »Naval Warfare«, Seite 366 entnommen. Es ist die
 einzige ihrer Art, die in den Quellen zu finden war, und auch sie ist
 nach Angabe des Autors nur im allgemeinen genau, da infolge von
 Konvoibegleitungen, Ablösungen ausbesserungsbedürftiger Schiffe usw.
 beständig Verschiebungen vorkamen. Über Frankreich und Spanien war
 keine solche Zusammenstellung zu finden (mit Ausnahme der Angabe über
 Frankreich für das Jahr 1700, welche Lacour II, Seite 305 entnommen
 ist); wir mußten die Zahlen nach den Angaben über die bei kriegerischen
 Ereignissen zur Verwendung gelangten Schiffe annähernd errechnen.

 Die so geschätzten Zahlen werden zu niedrig sein, denn wie bei England
 die Gesamtzahl der Schiffe auf den Stationen stets weit größer ist als
 die bei den großen Unternehmungen genannte, ist es auch bei den
 Verbündeten der Fall; auf beiden Seiten wurde eine gewisse Zahl von
 Linienschiffen durch Ablösungsfahrten, Handelsschutz und Handelskrieg,
 Schutz der Häfen usw. der Verwendung in den großen Schiffsverbänden
 entzogen. Immerhin werden die Angaben einigermaßen zu einem Vergleiche
 der von beiden Seiten aufgestellten Seestreitkräfte dienen können.

              =Englands Seestreitkräfte= (Linienschiffe).
 ---------+----------+-------------+--------------+---------+---------
 Heimische|Mittelmeer|Westindien 1)|Nordamerika 2)|Ostindien|Insgesamt
  Gewässer|          |             |              |         |
 =========+==========+=============+==============+=========+=========
 1778:  48|    1     |     14      |      12      |    2    |    77
 1779:  43|    2     |     30      |      10      |    8    |    93
 1780:  43|    2     |     33      |      17      |    8    |   102
 1781:  39|    1     |     44      |      19      |   12    |   115
 1782:  35|    1     |     59      |      12      |   22    |   129

 1) In Westindien waren zwei Stationen besetzt: die Kleinen Antillen
    (Barbados) und Jamaika; letztere war im allgemeinen die weit
    schwächere.

 2) In Nordamerika lag der Schwerpunkt der Station in New York, doch
    war auch Halifax besetzt.

                    =Streitkräfte der Verbündeten.=
 ------------------------+-----------+---------+-------+------+---------
       Brest bzw.        |Toulon bzw.|West-    | Nord- | Ost- |Ins-
     spanische Küste     |Mittelmeer |indien 1)|amerika|indien|gesamt 2)
 ========================+===========+=========+=======+======+=========
 1778 Frankreich 32      |     5     |    23   |  --   |   2  |  62
 1779{Frankreich 30      |     5     |    25   |  --   |   2  |  62} 118
     {Spanien    38      |    --     |    18   |  --   |  --  |  56}
 1780{Frankreich 27      |     4     |    27   |   7   |   5  |  70} 123
     {Spanien    35      |    --     |    18   |  --   |  --  |  53}
 1781{Frankreich 26      |     ?     |    29   |   8   |  11  |  74} 124
     {Spanien    32      |     3     |    15   |  --   |  --  |  50}
 1782{Frankreich 15(min.)|     ?     |    36   |  --   |  13  |64(?)}109
     {Spanien    35      |    --     |    20   |  --   |  --  |55   }(?)

 1) Die französische Flotte Westindiens trat auch in Nordamerika auf.

 2) Zu diesen Zahlen sind nach oben Gesagtem sicher noch einige
    zuzurechnen. So gibt Campbel (Band 7, Seite 94) für Frankreich 1782
    als in Dienst befindlich 89 Linienschiffe an; diese Zahl erscheint
    allerdings viel zu hoch, während anderseits die für dieses Jahr von
    uns angegebene wahrscheinlich sehr gering bemessen ist.

$Die Vereinigten Staaten von Nordamerika$[121] schufen während des
Krieges eine kleine Marine; der 22. Dezember 1775 gilt als ihr
Geburtstag. Der Kongreß befahl am 5. Oktober 1775 dem General
=Washington=, zwei vor Massachusetts zum Kreuzen gegen Zufuhren der
Engländer ausgerüstete Fahrzeuge in den Dienst der Allgemeinheit zu
nehmen, um zwei mit Waffen und Munition erwartete Schiffe abzufangen, da
dem Landheere besonders Pulver fehlte. Am 13. Oktober wurde dann eine
Kommission eingesetzt, um die Ausrüstung von weiteren vier Fahrzeugen in
die Wege zu leiten, und im November beschloß man, durch Aufbringen von
englischen Kriegs- sowie Handelsschiffen den Krieg auch zur See zu
führen.

[121] Nach Spears, Band 1. Die Flottille, die für die Kämpfe auf dem
     Champlainsee gebaut wurde, ist hier nicht berücksichtigt.

Die Kommission ward dann zur festen Behörde für Angelegenheiten der
Marine und erließ organisatorische Bestimmungen für eine solche; am 11.
Dezember ordnete man den Bau von 5 Schiffen zu 32 Kanonen, 5 zu 28, 3 zu
26 an, die im März 1776 seeklar sein sollten. Sechs dieser Schiffe sind
niemals in See gegangen, sie wurden schon in den Bauhäfen von den
Engländern zerstört. Gleichzeitig wurden geeignete Handelsschiffe zu
Kriegszwecken eingerichtet -- 2 Vollschiffe zu 20 und 24 Kanonen, 2
Briggs, 1 Sloop und 2 Schoner -- und am 22. Dezember 1775 die Offiziere
für diese ernannt, nämlich ein Kommodore, 4 Kapitäne, 5 Leutnants I.
Klasse (unter diesen der bald berühmte =John Paul Jones=), 8 II. Klasse.
An einem der nächsten Tage heißte auf dem Flaggschiff »Alfred« der erste
Offizier (=Jones=) eigenhändig die neue Flagge: 13 Streifen, abwechselnd
rot und weiß, mit dem britischen Union Jack[122]. Das kleine Geschwader
konnte jedoch des Eises wegen nicht vor dem 17. Februar 1776 zum ersten
Male in See gehen (zu einer Expedition gegen die Bahamainseln). Die 8
Fahrzeuge führten insgesamt 110 Kanonen, als schwerste aber nur 9-Pfdr.
Zu Offizieren hatte man meist Personen ernannt, die sich schon auf den
kleinen Kreuzern der Küstenstaaten ausgezeichnet hatten, unter den
Mannschaften befanden sich dagegen viele Nichtseeleute, da die
seemännische Bevölkerung den Dienst auf Freibeutern vorzog.

 [122] Am 14. Juni 1776 änderte der Kongreß den Union Jack in ein blaues
       Feld mit 13 weißen Sternen um, und wieder war es =Paul Jones=,
       der die neue Flagge auf seinem Schiffe »Ranger« in Portsmouth
       (Newhampshire) zum ersten Male und eigenhändig heißte.

Als die Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli 1776 erfolgte, zählte die
Marine 24 Fahrzeuge aller Größen bis zur schweren Fregatte (32 Kanonen)
mit 422 Geschützen. Während der Kriegsjahre wurde sie nach Kräften durch
Neubau, Kauf und Einstellung genommener Fahrzeuge vermehrt, aber fast
alle Schiffe fielen dem Feinde in die Hände, wurden vernichtet oder
gingen sonst verloren; beim Friedensschluß waren nur noch 3 größere
Schiffe mit insgesamt 84 Geschützen vorhanden. =Der Verlust=[123] betrug
3 Schiffe zu 40-44 Kanonen, 13 zu 28-32, 6 zu 20-26, 11 zu 12-14 und 6 zu
4-10. Rühmend heben amerikanische Quellen hervor, daß kein Kriegsfahrzeug
von englischen Freibeutern genommen sei, während amerikanische Freibeuter
16 englische Kriegsschiffe genommen hätten.

 [123] Nach einer Liste Clowes IV, Seite 113, in der die Namen der
       Schiffe und der Kommandanten, sowie die Ursache des Verlustes
       angegeben sind.

Verwendung fand die Marine nur in Verbindung mit Operationen am Lande
sowie im Kleinen Kriege; die Angaben über die Größe der Schiffe machen
dies selbstverständlich. Nach dem Kriege wurden die noch vorhandenen
Fahrzeuge verkauft, da die öffentliche Meinung gegen jede stehende Waffe
als eine monarchische Einrichtung war und auch deren Kosten scheute. Erst
1794 gaben die Schäden, die der Seehandel durch die Barbaresken erlitt,
Anlaß zur Gründung einer neuen Marine.


                Der Krieg in Nordamerika bis 1778[124].

$Das Jahr 1775$ verlief für England ungünstig. Dies hatte in
Friedenszeiten in den Kolonien stets nur wenig Truppen, schwache
Garnisonen in einigen Städten sowie in den kleinen Forts, und selbst als
die Lage bedenklich wurde, sandte man nur geringe Verstärkungen hinaus,
obgleich die Kolonien 1775 schon gegen 2 Millionen weiße Einwohner
zählten. Es war für England auch nicht leicht, sofort größere Kräfte
aufzubieten.

 [124] =Hauptquellen=: Schlosser und Zimmermann (vgl. Fußnote Seite
       205); Clowes Band III; Spears Band I; Campbell Band V. -- Die
       Angaben über die Stärke der Heere auf beiden Seiten in den
       verschiedenen Quellen weichen oft sehr voneinander ab. Der Grund
       mag darin liegen, daß die Zahlen bei der Unzuverlässigkeit der
       amerikanischen Milizen sehr wechselten und daß ein
       Kriegsschauplatz häufig dem andern aushalf; englischerseits
       darin, daß der eine Autor nur die regulären Truppen zählt, der
       andere die Milizen Kanadas und die Truppenkörper der sogenannten
       Loyalisten mitrechnet. Wir geben die Zahlen nach sorgfältigster
       Abwägung; bei der untergeordneten Bedeutung des Landkrieges für
       uns dürften etwaige Irrtümer ohne Belang sein.

 Die englische Landarmee betrug 1774 nur 17500 Mann -- die Flotte war
 mit 20000 Seeleuten bemannt; für 1775 waren gar nur 18000 ausgeworfen
 --, für 1776 bewilligte das Parlament 55000 Soldaten, für die Marine
 28000 Mann, von denen die größere Zahl nach Amerika bestimmt war, aber
 man vermochte sie nicht aufzustellen, da die Werbungen in
 Großbritannien und Irland wenig Rekruten brachten. Nur unter Entblößung
 der Heimat konnte man die nötigsten Verstärkungen hinaussenden, und der
 Kriegsminister empfahl, die aufständischen Kolonien allein durch
 Vernichtung ihres Handels sowie Zerstörung der Küstenstädte mürbe zu
 machen. Hiervon wollte jedoch der König nichts wissen, sondern kaufte
 für 1776 etwa 18000 Soldaten von den kleinen deutschen Fürsten; in den
 nächsten Jahren bis zu 25000 insgesamt. Als Kurfürst von Hannover
 sandte er ferner 2300 Hannoveraner nach Gibraltar und Minorca zur
 Ablösung englischer Regimenter. Auf diese Weise wurden noch mehr
 Truppen aufgestellt, als das Parlament bewilligt hatte, zum Teil aus
 Mitteln, die Korporationen und Private zur Verfügung stellten. -- Wie
 =Friedrich der Große= über den Menschenhandel in Deutschland dachte,
 zeigte sein Ausspruch: »Es sei billig, wenn er für die durch sein Land
 ziehenden Soldaten den Viehzoll erhebe, da sie doch wie Vieh verkauft
 wären.«

$Gefechte bei Lexington und Bunkershill.$ Als =General Gage= im Frühjahr
den Gouverneursposten in Boston übernahm, hatte er nur etwa 3500 Mann
zur Verfügung, während in Massachusetts schon 12 000 Mann unter Waffen
standen und eifrig weiter gerüstet wurde. Bei Concord, etwa 6 Stunden von
Boston, war ein Magazin eingerichtet; um es aufzuheben, entsandte Gage
Mitte April 800 Mann. Diese Truppe wies zwar auf dem Hinmarsche eine
kleine Abteilung Milizen blutig ab, die sich ihr in den Weg stellte, und
führte ihren Auftrag aus, wurde aber auf dem Rückmarsch durch große
Scharen der durch das erste Blutvergießen erregten Bevölkerung bei
=Lexington am 19. April= angegriffen, verlor 65 Tote, 180 Verwundete
sowie 28 Gefangene und würde vernichtet worden sein, wenn ihr nicht von
Boston 16 Kompagnien zu Hilfe gekommen wären. =Dieses Gefecht gilt als
der Anfang des Krieges=; Gage erklärte das Kriegsrecht, mußte sich aber
in Boston verschanzen, da die Stadt von jetzt an durch die Amerikaner
eingeschlossen wurde.

Am 24. Mai trafen nun zwar die Generale =Howe=, =Clinton= und =Burgoyne=
mit Truppen ein, wodurch das Heer auf 10000 Mann kam, unternahmen aber
noch nichts. Dagegen erlitten die Engländer eine neue Niederlage. Als sie
auf der durch den Charles-River von Boston getrennten Landzunge eine die
Stadt beherrschende Höhe -- =Bunkershill= -- befestigen wollten (jetzt
erst!), kamen ihnen die Gegner zuvor. Die von diesen am =16. Juni=
angelegte Befestigung wurde nun allerdings am =17. Juni= von den
Engländern genommen, aber der Angriff kostete ihnen, trotz Unterstützung
durch das Feuer ihrer Kriegsschiffe, 1054 Mann, einschließlich 89
Offiziere, an Toten und Verwundeten, während die Amerikaner nur 449 Mann
einbüßten und sich -- wegen Munitionsmangels -- in guter Ordnung
zurückzogen. Nun trat =George Washington= an die Spitze des
amerikanischen Heeres und brachte es auf 20000 Mann, aber die Disziplin
ließ sehr viel zu wünschen übrig, und es mangelte an Kriegsmaterial jeder
Art. Die Engländer, über die im Oktober =Sir William Howe= den Oberbefehl
übernahm, versuchten nicht einmal, die Linie der Belagerer zu
durchbrechen, obgleich diese später kaum 9000 Mann zählten, als die
Milizen heimgingen, die ihren Dienst hinter sich hatten; sie hofften,
durch verschärfte Maßregeln -- Beschlagnahme aller amerikanischen Schiffe
und Waren, sowie Blockade aller Häfen -- die Kolonien zum Nachgeben zu
zwingen.

$Vordringen der Amerikaner gegen Kanada.$ In dem eben begonnenen Kriege
war für beide Parteien die =Hudsonlinie= wichtig, die fast
ununterbrochene Wasserstraße, die durch den Hudson, den George-, den
Champlainsee und endlich den Richelieu-River von New York bis zum St.
Lawrencestrom unterhalb Montreals gebildet wird. In der größtenteils noch
unwegsamen Gegend bot sie den Weg für amerikanische Angriffe auf Kanada
sowie für englische von dort; von den Engländern völlig beherrscht,
setzte sie diese in den Stand, die gefährlichsten Kolonien -- die
Neuenglandstaaten -- von den weniger feindseligen mittleren
abzuschneiden. Deshalb und auch wohl in der Hoffnung, die widerstrebenden
Kanadier doch noch herüberzuziehen, =bemächtigten sich= im Mai die
Obersten =Arnold= und =Allen= von Massachusetts aus mit nur 270 Mann des
=Forts Ticonderoga=, an der Südspitze, und des =Forts Crownpoint= am
Westrande des Champlainsees.

Von hier aus segelte =Arnold= in einem Schoner zur Nordspitze des
Champlainsees bis zu dessen Ausfluß, dem Richelieu-River, und nahm hier
das =Fort St. Johns=. Halten konnte er sich hier allerdings nicht, da
eine starke englische Truppe im Anmarsch war, die der Gouverneur von
Kanada, =General Carleton=, zur Verstärkung der Grenzforts abgesandt
hatte, aber er verbrannte vor seinem Rückzuge alle Fahrzeuge im Norden
des Sees und sicherte sich so Crownpoint und Ticonderoga. Der Kongreß,
der im Mai wieder zusammengetreten war und mit England verhandelte, war
zwar anfangs mit diesem Vorgehen nicht einverstanden, gab aber später
Washington Befehl, Truppen für einen Einfall in Kanada bereitzustellen.
Am 4. September schiffte General =Montgomery= in Crownpoint 2-3000 Mann
ein, nahm Fort Chambly am Richelieu-River und zwang St. John am 3.
November zur Übergabe. Er zog dann weiter, besetzte am 13. November
=Montreal= ohne Kampf und ging den St. Lawrencestrom hinab gegen =Quebec=
vor; hier traf er auf =Arnold=. Dieser war während des Oktober durch die
Wälder vorgedrungen, wobei er infolge von Strapazen 500 Mann von 1200
verlor, hatte am 13. November oberhalb Quebec den Strom überschritten und
dieselbe Höhe besetzt, die =Wolfe= 16 Jahre früher erklommen; Carleton
zählte nur 1500 Mann und war zu schwach, ihn zu vertreiben. Nach
Montgomerys Eintreffen, Anfang Dezember, ward die Stadt eingeschlossen.
Zu einer regelrechten Belagerung waren aber keine Mittel vorhanden, und
ein Sturm am 31. Dezember, bei dem Montgomery fiel, wurde abgeschlagen.
=Arnold= mußte sich nun begnügen, dem Feinde die Zufuhren vom Lande her
abzuschneiden; von See her tat dies das Eis. Die Kanadier zeigten keine
Neigung, von England abzufallen.

$Das Jahr 1776$ brachte gleichfalls einige $bemerkenswerte Ereignisse zur
See$. Auf die Nachricht von dem ersten Blutvergießen bei Lexington
bemächtigten sich die Einwohner von Machias (Maine) mittels einer Sloop
eines bewaffneten Regierungsschoners, der mit Mastenhölzern beladene
Fahrzeuge nach Boston bringen sollte. Sie armierten mit seinen Kanonen
die besser segelnde Sloop und nahmen dann zwei Kriegsschoner, die von
Halifax zur Verhaftung des Rädelsführers der ersten Gewalttat geschickt
waren. Diese drei Fahrzeuge ließen sie gegen Schiffe kreuzen, die den
Engländers in Boston Proviant und Material brachten. In ähnlicher Weise
wurde bei Rhode-Island ein Kriegsschoner genommen, dessen Kommandant
wegen seiner Schroffheit beim Durchsuchen von Handelsschiffen verhaßt
war. Wie Maine sandten auch Massachusetts und Rhode-Island kleine Kreuzer
gegen die englischen Zufuhren aus; bald nahm der Kongreß diesen
Kaperkrieg in die Hand (vgl. Seite 225). Besonders erwünscht war das
Abfangen von Transportern mit Munition, da die eigenen Milizen hieran
Mangel litten.

Diese Kreuzfahrten hatten mehr Erfolg[125] als man glauben sollte.
Allerdings kamen die englischen Zufuhrschiffe ohne Deckung, und es ist
kaum verständlich, weshalb die Engländer sich nicht besser vorsahen, da
sie doch in Boston ganz auf Zufuhren von See her angewiesen waren. Wie
stark ihre Seestreitkräfte an der Küste waren, ist leider nirgend zu
ersehen, nur Laird Clowes sagt, sie seien weder stark genug noch geeignet
gewesen, ihre Aufgabe zu erfüllen, und erst im Oktober habe der Chef der
Station, Admiral =Graves=, den Befehl erhalten, seinerseits amerikanische
Handelsschiffe aufzubringen. Um diese Zeit wurden schroffe Maßregeln
ergriffen und zu diesen gehörten =Expeditionen gegen Küstenstädte=, die
Feindseligkeiten begangen hatten. So bombardierte Kapitän Mouatt mit 4
Kriegsschiffen am 16. Oktober Falmouth (jetzt Portland; Maine) und legte
es in Trümmer; später wurden noch andere Städte beschossen, z. B. Norfolk
in Virginia, das den Gouverneur vertrieben hatte.

 [125] Die Haupttaten dieser Kreuzer, wie auch der spätere
       Freibeuterkrieg der Amerikaner sind eingehend und lesenswert
       dargestellt in Spears Band I.

 Die Kunde von der barbarischen Beschießung der offenen Stadt Falmouth
 traf am 31. Oktober gleichzeitig mit der Nachricht in Philadelphia ein,
 daß England deutsche Truppen angeworben habe. Beides erhöhte die
 Erbitterung in den Kolonien, so daß der Kongreß beschloß, eine Marine
 zu schaffen und den Krieg auch zur See zu führen.

$Das Jahr 1776$ brachte zunächst $die Räumung Bostons$. Die bisherige
Untätigkeit der Engländer hatte den Amerikanern Zeit zur Durchführung
ihrer Rüstungen gegeben; durch die von den Freibeutern gemachten Prisen
hatten sie Waffen und Munition erhalten. Im März fühlte sich =Washington=
stark genug, gegen Boston vorzugehen; =Howe= mußte, da Freibeuter und
Winterstürme die Zufuhr an Lebensmitteln abschnitten, am 17. März die
Stadt aufgeben. Er segelte auf 150 Fahrzeugen mit 7-8000 Mann nach
Halifax ab, und etwa 1500 englisch gesinnte Einwohner schlossen sich ihm
aus Furcht vor der Rache ihrer Landsleute an. Er überließ dabei dem
Gegner ansehnliche Kriegsvorräte und später fielen diesem auch noch viele
mit solchen beladene Schiffe in die Hände, die ohne Kenntnis von dem
Abzuge der Engländer einliefen. =Howe= wollte in Halifax die Ankunft
einer großen Verstärkung abwarten, die von England in Aussicht gestellt
war.

=Der Kriegsplan für= 1776 war, mit der Hauptarmee von New York aus den
Hudson hinauf nach Albany vorzugehen, bis wohin der Fluß schiffbar war,
und dort einem von Kanada aus über die Seen geführten Angriff die Hand zu
bieten. Außerdem war ein kleinerer Vorstoß gegen die Carolinastaaten
geplant, da man hoffte, diese beiden südlichen Kolonien mit Unterstützung
der zahlreichen Englandfreunde dort leicht wieder gewinnen zu können; wie
aus Virginia hatten auch aus Nord- und Südcarolina die Gouverneure
flüchten müssen. Im Laufe des Sommers trafen gegen 30000 Mann, darunter
die deutschen Truppen, ein, so daß England einschließlich der kanadischen
Milizen und der Loyalisten über etwa 40000 Mann verfügte. Gleichzeitig
wurden die Seestreitkräfte vermehrt und unter den Befehl des
Vizeadmirals =Sir Richard Howe=, eines Bruders des Generals =Sir
William Howe=, gestellt; an schwereren Schiffen sandte man den
Küstenverhältnissen entsprechend nur kleinere Linienschiffe zu 64 Kanonen
und 50-Kanonenschiffe hinaus. Zahlreich scheint die Verstärkung nicht
gewesen zu sein, denn noch 1777/78 verfügte Howe nur über 7 oder 8 der
ersteren und 6 oder 7 der letzteren an der ganzen nordamerikanischen
Küste einschließlich Kanadas. Vor Darstellung der Begebnisse auf den
verschiedenen Kriegsschauplätzen, auf denen überall Seestreitkräfte
mitwirkten, sei das Nötigste über den =Fortgang der politischen
Verhältnisse= gesagt.

$Die Unabhängigkeitserklärung der Kolonien$ war schon im Mai 1775 auf dem
Kongresse angeregt, und im Februar 1776 wurden sämtliche
Provinzialversammlungen aufgefordert, ihren Deputierten beim Kongreß
Vollmacht zur Zustimmung zu geben, als =Franklin= im Mai von England
heimkam, Nachrichten über die schroffe Haltung des Parlaments sowie der
maßgebenden Kreise dort mitbrachte und Mitglied des Kongresses ward,
wurde es ihm leicht, diese Angelegenheit zu fördern. Die Zerstörung der
Küstenstädte, die Anwerbung deutscher Truppen, maßlose Ausfälle der
englischen Presse hatten die Erbitterung weiter geschürt, während
anderseits die leicht erlangte Räumung Bostons sowie die Aussicht auf
Frankreichs Unterstützung die Zuversicht hoben. Eine Kolonie nach der
anderen entschied sich für die Lossagung vom Mutterlande. Ende Juni waren
zwar die Deputierten von New York, Delaware, Pennsylvanien und
Südcarolina, in welchen Provinzen besonders viele Loyalisten wohnten,
noch nicht gewonnen, aber der Kongreßausschuß, der die Angelegenheit
bearbeitete -- Jefferson, Adams, Franklin, Sherman und Livingston --,
wußte geschickt den Widerstand zu besiegen: Carolina fügte sich; Delaware
sandte noch einen Deputierten, der für den Abfall stimmte; zwei
Abgeordnete Pennsylvaniens blieben der Abstimmung fern.

So erhielten die Befürworter der Unabhängigkeit Stimmenmehrheit, und die
von =Jefferson= entworfene =Declaration of Independance= ward in
Abwesenheit der Abgeordneten New Yorks =am 4. Juli 1776= einstimmig
angenommen; aber auch die New Yorker unterzeichneten nachträglich. Man
schickte nun die Gesandtschaft nach Frankreich, um sich dessen Beistand
zu sichern, denn ein gewagter Schritt blieb der Abfall immerhin. Zwar
rechnete man auf die Stimmung bei einem Teil des englischen Volkes und
mit der Schwierigkeit der Kriegführung für England in dem schwer
zugänglichen Innern der Kolonien, aber die eigenen Verhältnisse lagen
auch nicht günstig. England hatte noch viele Anhänger und die übrigen
Einwohner waren größerenteils zu Opfern an Gut und Blut wenig geneigt;
für regelrechten Kriegsdienst waren sie weder begeistert noch geeignet,
und als Milizen gingen sie heim, wenn sie ihrer zwölfmonatlichen
Verpflichtung genügt hatten. Es fehlte an Mitteln; bares Geld war an und
für sich wenig im Lande, etwa nur 12 Millionen Dollars, und dem Kongreß
fehlte vorläufig jede gesetzliche Grundlage. Man suchte sich mit
Beschlagnahme des Vermögens von Verrätern und Verdächtigen zu helfen und
gab Papiergeld aus, aber die erste Quelle versiegte schnell und das
Papiergeld fiel bald im Werte[126]. Die Preise aller Waren stiegen; es
fehlte an Kleidung, Waffen und Unterhaltungsmitteln für das Heer.
=Washington= und seine Freunde kamen mehr und mehr zur Erkenntnis, daß
nur die Ausnutzung der weiten, wenig bevölkerten Gebiete und die
Aushungerung der Engländer den Freiheitskampf so lange hinhalten konnten,
bis irgendwelche Hilfe kam. Die meisten dieser ungünstigen Zustände
erhielten sich bis zum Ende des Krieges, und man kann wohl mit Recht
sagen, daß die Freiheit Amerikas nicht durch den Heldenmut des Volkes,
sondern durch die Einsicht, Tatkraft und Aufopferung einer kleinen Zahl
hervorragender Männer sowie durch die Hilfe Frankreichs errungen ist.

 [126] Nach Zimmermann, Band III, Seite 409 stand das Papier zum
       Metallgelde Ende 1776 wie 2-1/2 : 1; 1778 wie 5-1/2 : 1; 1779 wie
       27-1/2 : 1; 1780 wie 55 : 1.

$Der Angriff auf Charleston (Südcarolina) 28. Juni 1776$. Zuerst setzten
die Engländer die Expedition gegen Carolina ins Werk. Im Januar 1776
segelten 2 50-Kanonenschiffe, 4 Fregatten zu 28 Kanonen, 4 kleinere
Fahrzeuge und ein Mörserboot unter Kommodore =Sir Peter Parker= nebst
1000 Soldaten unter =Lord Cornwallis= von England und trafen nach
stürmischer Überfahrt im Mai bei Kap Fear (Nordcarolina) ein. Hier befand
sich bereits General =Sir Henry Clinton=, der von =Howe= im Januar mit
2000 Mann dorthin gesandt war. Bei seiner Ankunft hatten sich die
Loyalisten zu erheben versucht, wurden aber von den Aufständischen
niedergehalten, und Clinton fühlte sich nicht stark genug, in das Land
einzudringen. Bei Ankunft der Verstärkung aus England übernahm er den
Oberbefehl und beschloß, Charleston anzugreifen. Die Expedition segelte
am 1. Juni weiter, ankerte am 4. außerhalb der Barre vor der Einfahrt zur
genannten Stadt, passierte die Barre vom 7. bis 10. Juni, griff am 28.
das Fort Moultrie an, das die Einfahrt deckte, vermochte es jedoch weder
von See her niederzukämpfen noch von Land aus zu erstürmen.

 $Der Verlauf des Angriffes$ war kurz folgender. (Nach Colomb, Seite
 417, mit Plan, und Clowes III, Seite 372, dort sehr eingehend.) Die
 Haupteinfahrt, der Mainshipchannel, führt zunächst zwischen einer
 langgestreckten nur an ihrem Südende passierbaren Barre, und
 Morris-Island etwa fünf Seemeilen nördlich und wendet sich dann
 zwischen der Nordspitze genannter Insel und Sullivan-Island, nahe unter
 dieser, nach Westen der Stadt zu. Diese engste Stelle der Einfahrt ist
 noch etwa 4 Seemeilen von der Stadt entfernt und wurde damals nur durch
 ein Werk auf Sullivan-Island beherrscht -- später nach seinem jetzigen
 Verteidiger =Fort Moultrie= genannt. Das Fort besaß Bastionen auf den
 vier Ecken, die Wälle bestanden aus Sand und waren mit zusammengefügten
 Palmstämmen bedeckt. Nur die Hauptfront, die nach Süden die Einfahrt
 bestrich, und die Westfront waren fertig, die beiden anderen erst
 notdürftig gegen Ersteigen gesichert. 28 Geschütze (18- und 9-Pfünder)
 waren aufgestellt und zwar 21 in der Hauptfront; eine von Osten nach
 Westen laufende Traverse deckte diese gegen Rückenfeuer, doch ein
 Schutz gegen Enfilieren war nicht vorhanden und die Munition war sehr
 knapp. Letzterer Umstand war jedoch den Angreifern nicht bekannt.
 =Parker= ließ die tiefste Stelle der Barre ausloten und ausbojen; dann
 erfolgte die Durchfahrt, die Fregatten und die Transporter ankerten am
 7. Juni innerhalb der Barre, ein 50-Kanonenschiff folgte erst am 10.,
 da es zur Erleichterung Geschütze hatte abgeben müssen, das zweite
 50-Kanonenschiff war noch nicht eingetroffen.

 Vom 9.-15. landete =Clinton= seine Truppen auf Long Island, einer
 Insel, unmittelbar nördlich von Sullivan-Island. Man beabsichtigte, das
 Fort aus den Schiffen zu beschießen und vom Lande her zu erstürmen. Die
 Wasserrinne zwischen den Inseln war aber selbst bei niedrigstem
 Wasserstande noch 7 Fuß tief, und da man keine Mittel zum Überschreiten
 hatte, genügte ein kleiner, in niedrigem Gestrüpp liegender Trupp
 Amerikaner, jede Mitwirkung der Gelandeten beim Angriff zu verhindern.
 Die Verteidiger fanden noch Zeit, ihre Befestigungen zu verstärken,
 denn der Angriff erfolgte erst am 28., da das zweite schwere Schiff
 nicht vor dem 26. zur Stelle war und am 27. ungünstiger Nordwind wehte.

 Am genannten Tage legten sich die 50-Kanonenschiffe sowie 2 Fregatten
 um 11 Uhr vorm. auf etwa 330 Meter Entfernung in Linie parallel der
 Hauptfront und eröffneten ein schnelles, gutgerichtetes Feuer; sie
 wurden durch das Mörserboot unterstützt. Die Entfernung war jedoch zu
 groß, um Kartätschen verwenden zu können; die Vollkugeln drangen nicht
 durch den Wall, wenn auch zuweilen 3 bis 4 gleichzeitige Breitseiten
 diesen so erschütterten, daß die Verteidiger fürchteten, er würde nach
 innen fallen; die Bomben des Mörserbootes richteten keinen Schaden an,
 da sie entweder tief in den Sand eindrangen oder in einen Morast im
 Innern des Werkes fielen. Das Mörserboot wurde überhaupt bald durch
 Zusammenbrechen seiner Geschützbettung gefechtsunfähig. Die Amerikaner
 unterhielten ein ruhiges, mit Rücksicht auf den geringen
 Munitionsbestand sehr langsames Feuer nur auf die 50-Kanonenschiffe,
 welche sehr in der Takelage beschädigt wurden und starke
 Mannschaftsverluste erlitten. Die beiden anderen Fregatten sowie eine
 Sloop hatten das Fort passieren und im Westen desselben ankern sollen,
 um die kämpfenden Schiffe gegen Branderangriffe von der Stadt her zu
 decken und um die Hauptfront zu enfilieren. Sie liefen jedoch sämtlich
 auf einer Bank in der Mitte des Fahrwassers auf; zwei von ihnen kamen
 nach einigen Stunden bei steigendem Wasser frei, aber eine Fregatte
 mußte verbrannt werden, als der Kampf aufgegeben wurde. Nach Aussage
 der Verteidiger würden ihre Leute von den Geschützen vertrieben sein,
 wenn diese Schiffe die richtige Stellung eingenommen oder wenn die
 anderen Kartätschen hätten verwenden können. So verloren sie nur durch
 einige Schartentreffer 37 Tote und Verwundete, während der englische
 Verlust 94 Mann betrug; Parker wurde leicht, sein Flaggkapitän tödlich
 verwundet. Nach Eintritt völliger Dunkelheit, 9 Uhr abends, brach der
 Kommodore den Kampf ab und ging auf seinen Ankerplatz an der Barre
 zurück.

 =Parker= hat wohl auf einen leichteren Erfolg und auch bis zuletzt auf
 Mitwirkung der Gelandeten gerechnet. Es wäre gar nicht nötig gewesen,
 das Werk zu nehmen, um nach Charleston zu gelangen. Bei dem Angriff
 1780 liefen die Schiffe ohne Schwierigkeit an dem Fort vorbei und auch
 bei dieser Gelegenheit hatten die Verteidiger ein Gleiches erwartet.

Der Angriff wurde nicht erneuert, da die Schiffe sehr beschädigt und die
Munitionsvorräte fast erschöpft waren. Es wurde auch sonst kein Versuch
gemacht, sich ohne Rücksicht auf das Fort der Stadt zu bemächtigen; die
Führer erachteten doch wohl das Landungskorps für zu schwach, um sich in
der Kolonie halten zu können, da in dieser zahlreiche Milizen unter
General =Lee= zusammengezogen waren. Die Expedition segelte nach der
nötigsten Ausbesserung der Schiffe wieder ab und traf gerade rechtzeitig
am 4. August vor New York ein, um an der Einnahme dieser Stadt
teilzunehmen.

$Der Angriff der Engländer von Kanada aus, 1776[127]$, hatte mehr Erfolg.
Im April ward =General Carleton= aus seiner gezwungenen Untätigkeit in
Quebec erlöst. Am 12. traf ein kleines Geschwader unter Kapitän =Charles
Douglas= mit einigen Transportern an der Mündung des St. Lawrencestromes
ein. Er preßte seine Schiffe durch das mürbe gewordene Eis den Fluß
hinauf und erschien am 6. Mai vor der Stadt. Die Amerikaner hatten
während des Winters unter Entbehrungen und Krankheiten schwer gelitten
und =Arnold= verfügte nur über 1500 Mann. Carleton drang nun vor und
Arnold wich langsam zurück; er traf am 3. Juli in Crownpoint ein, die
Engländer folgten bis St. Johns. Sie wollten auf der Hudsonlinie bis
Albany vorgehen, um hier dem Vorstoß von New York aus die Hand zu
reichen; dies erschien durchführbar, da das Heer in Kanada mit dem
Eintreffen der großen Verstärkungen aus Europa Ende Oktober fast 13000
Mann betrug, während die Amerikaner nur schwache Kräfte bei Crownpoint
stehen hatten. Aber der Marsch an den Ufern des Champlainsees war wegen
der völligen Unwegsamkeit des Geländes unmöglich, man mußte den Wasserweg
wählen. Dies führte zu einem Kampfe um den See, und hierfür schufen sich
beide Parteien eine Flottille. Bei ihrem Rückzuge hatten die Amerikaner
sämtliche Fahrzeuge vom Norden mit sich genommen, so auch einen
englischen Schoner aus St. Johns; vorläufig beherrschten sie den See.

 [127] Eingehender, besonders auch über die Flottillen auf den
       Binnenseen, vgl. Clowes III, Seite 357, und Spears I, Seite 84.

 $Die Flottillen auf dem Champlainsee.$ =Arnold= hatte durch Briefe
 schon während seines Rückzuges den Bau von Fahrzeugen vorbereitet. Er
 ließ Schiffszimmerleute, Segelmacher sowie Material von der Küste nach
 Crownpoint kommen. Zwei Schoner zu 12 Kanonen waren bereits vorhanden;
 nun wurden noch ein Schoner, eine Sloop zu 10 und 3 Galeonen zu 6-8 und
 8 Gondolas zu 3-5 Kanonen gebaut. Die 15 Fahrzeuge führten insgesamt 88
 Geschütze und waren mit 700 Mann, allerdings meist Nichtseeleuten,
 bemannt. Die Galeren und Gondolas waren Ruderfahrzeuge, erstere auch
 zum Segeln eingerichtet, und führten ein oder 2 schwerere Geschütze im
 Bug. Die anderen Fahrzeuge hatten nur wenig schwere Geschütze (12- und
 18-Pfünder), meist nur 4-Pfünder oder 9-Pfünder; die Munition war
 knapp. Die Schoner, die Sloop und 5 Gondolas waren Mitte August bereit.

 War es für die Amerikaner schwierig, Material und Personal zu
 beschaffen, so konnten sie doch in genügend tiefem Wasser bauen. Den
 Engländern hingegen standen zwar die genannten Bedürfnisse durch das
 Geschwader in Quebec reichlich zur Verfügung, aber die Aufstellung im
 See machte Schwierigkeiten. Der Wasserweg von Quebec war für größere
 Fahrzeuge nur bis Fort Chambly am Richelieu-River, etwa zehn Seemeilen
 unterhalb St. Johns, schiffbar. =Carleton= und =Douglas= ließen nun in
 Quebec die Hölzer für zwei Schoner vorbereiten, sowie ein schon
 fertiges Vollschiff von 180 tons wieder auseinandernehmen; dieses
 Material wurde dann zu Wasser nach Chambly, von dort über Land nach St.
 Johns gebracht, um hier die Fahrzeuge zusammenzusetzen. Anfang Oktober
 waren bereit: 1 Schiff zu 18 Kanonen (12-Pfünder); zwei Schoner mit 14
 oder 12 (6-Pfünder); 1 floßartiges Blockschiff mit 6 (24-Pfünder), 12
 (6-Pfünder), 2 Haubitzen, allerdings ein sehr unhandliches Fahrzeug; 1
 Gondola und 12 Boote mit je einem Geschütz, 24-Pfünder bis zum
 kleinsten Feldgeschütz hinab. Munition war reichlich vorhanden, und
 unter der 1000 Mann starken Besatzung der Flottille befanden sich 8
 Offiziere nebst 700 ausgesuchten Matrosen der Kriegsschiffe in Quebec.

Schon Anfang September erschien =Arnold= mit 8 Fahrzeugen vor St. Johns,
um den Gegner zu beobachten und das Fahrwasser zu sperren, er konnte sich
aber hier nicht halten, als die Engländer an den Ufern Batterien
errichteten. Er ging deshalb bis etwa 14 Seemeilen südlich des Forts
zurück und nahm hinter der Insel =Valcour= -- zwischen Grand-Island und
dem Weststrande des Sees, wo jetzt Platsburg liegt -- Stellung; hier
sammelten sich nach und nach die 15 Fahrzeuge seiner Flottille. Als am
10. Oktober Meldung vom Nahen des Feindes eintraf, riet der nächstälteste
Offizier, unter Segel zu gehen und ein Rückzugsgefecht zu führen, um
nicht von beiden Seiten angegriffen zu werden; Arnold glaubte jedoch, daß
er dann sicher vernichtet werden würde, da der Gegner durch Größe und
Schnelligkeit der Schiffe überlegen war. In der engen Straße, in der er
sich befand, war er gegen Norden durch eine Untiefe gedeckt, und glaubte
bei einem Angriffe von Süden günstige Aussichten für den Kampf zu haben,
da fast stets nördlicher Wind wehte, der Gegner also aufkreuzen mußte und
seine Fahrzeuge voraussichtlich ohne Ordnung und nur einzeln heranführen
konnte. In der Hauptsache kam es auch so.

$Gefechte auf dem Champlainsee am 11. und 13. Oktober 1776.$ Am 11.
Oktober in der Frühe passierte =Carleton=, als seemännischer Führer unter
ihm Kommander =Pringle= mit der englischen Flottille die Straße zwischen
Grand- und Valcour-Island bei frischem Nordostwinde. Als er die
Amerikaner entdeckte, ging er gegen den Wind zum Angriff vor, aber das
Vollschiff vermochte in der Enge kaum zu manövrieren, und das Blockschiff
sowie die Gondolas kamen überhaupt nicht zum Kampf. =Arnold= ging ihm mit
einem Schoner und den Galeren entgegen, während die anderen Fahrzeuge in
Halbmondformation vor Anker blieben; es entspann sich ein blutiges
Gefecht, das von 10 Uhr vormittags bis zum Eintritt der Dunkelheit
dauerte. Der vorderste englische Schoner mußte schwer beschädigt
zurückgehen, 3 Kanonenboote sanken, und die Engländer verloren gegen 40
Mann. Die Amerikaner büßten den vorgeschickten Schoner, der auf Valcour
strandete, eine Gondola und 60 Mann ein, doch waren auch die anderen
Fahrzeuge beschädigt und die Munition erschöpft.

Bei Einbruch der Nacht ankerte =Carleton= in einer die Straße im Süden
absperrenden Linie, um am nächsten Tage das Vernichtungswerk zu vollenden
oder die feindlichen Schiffe zur Übergabe zu zwingen. Über Land konnten
ihre Besatzungen nicht entweichen, da die englische Flottille von
Indianertrupps begleitet war, die schon vom Lande her mit Gewehrfeuer in
den Kampf eingegriffen und auf Valcour die Leute des gestrandeten
Schoners unter den üblichen Martern getötet und skalpiert hatten.
=Arnold= aber führte während der dunkeln Nacht und in nebeligen
Morgenstunden seine Schiffe, eins dicht hinter dem anderen, unbemerkt
durch die feindliche Linie und erreichte Schuylers Island, einige Meilen
südlicher, wo er durch Gegenwind zum Ankern gezwungen wurde. Zwar setzte
er noch am selben Tage die Flucht fort, ward aber am 13. Oktober von den
Engländern eingeholt und mußte nach hartnäckiger Gegenwehr eine Galere
und vier Gondolas verbrennen. Er deckte die Ausführung selbst mit einer
Galere und verließ diese erst, als auch sie gut in Brand war; mit den
Besatzungen erreichte er trotz der Indianer glücklich Crownpoint. So war
zwar die amerikanische Flottille nahezu vernichtet, aber das Vorgehen
der Engländer kam doch für dieses Jahr zum Stehen. Die Amerikaner zogen
sich nach Ticonderoga zurück; =Carleton= führte seine Truppen zunächst
nach Crownpoint, ging aber dann wieder nach St. John und bezog hier
Winterquartiere. Er hielt die Jahreszeit nicht mehr für geeignet, die
starke Stellung bei Ticonderoga anzugreifen. Der rechtzeitige Bau der
amerikanischen Flottille, die Schwierigkeit, selber eine solche
aufzustellen, aber auch wohl der hartnäckige Widerstand Arnolds hatten
den Plan der Engländer vereitelt.

$Der Kampf der Hauptheere um New York, New Jersey und die
Narragansett-Bucht (Rhode-Island) 1776$ brachte den Engländern bedeutende
Erfolge. =General Howe= traf mit den Truppen aus Halifax am 29. Juni bei
Sandy Hook ein und landete am 3. Juli auf Staten Island; am 12. kam
=Vizeadmiral Howe= von England an und bald darauf auch die erwartete
große Verstärkung, die das englische Heer auf diesem Kriegsschauplatze
auf 24000 Mann brachte; etwa ein Drittel davon bestand aus Hessen. Am 3.
August stieß =Clinton= mit den 3000 Mann der Charlestonexpedition zu ihm.
=Washington= war von Boston mit 18000 Mann herangeeilt und hatte in der
Stadt New York sowie auf Long Island eine Verteidigungsstellung
eingenommen. Ehe jedoch =General Howe= die Feindseligkeiten eröffnete,
versuchte er nochmals durch ein Manifest an die Bevölkerung sowie durch
Verhandlungen mit dem Kongreß die Amerikaner zum Nachgeben zu bewegen;
vier Wochen gingen darüber hin, erst gegen Ende August schritt man zum
Angriff. =Admiral Howe= hatte gleich nach seiner Ankunft vier
Kriegsschiffe unter Kapitän =Hyde-Parker= 25 Seemeilen den Hudson
hinaufgeschickt, wohl zur gewaltsamen Erkundung; die Schiffe erhielten
schweres Feuer von Befestigungen auf beiden Seiten, ließen sich aber
dadurch nicht aufhalten.

[Illustration: New York und Umgebung.]

 $Die Einnahme von Long Island, 22.-29. August 1776.$ Die Stadt New York
 nahm damals nur die Spitze der Insel Manhattan ein, die vom Hudson,
 hier Northriver genannt, im Westen, dem Eastriver, der Fortsetzung des
 Long Island-Sound, im Osten, dem Harlemriver, der Verbindung zwischen
 North- und Eastriver, und von der oberen Bucht von New York im Süden
 umgrenzt wird; von der letzteren führen die Narrows, die Wasserstraße
 zwischen Staten- und Long Island, zur unteren Bucht von New York
 zwischen Staten Island und Sandy Hook. Diese Bucht war in den Händen
 der englischen Seestreitkräfte, und Staten Island hatte leicht besetzt
 werden können, da Washington die Insel wegen Mangel an Kräften nicht
 mehr in den Bereich seiner Stellung gezogen hatte. Am Strande von
 Manhattan, am North- und am Eastriver waren kleine Forts erbaut und
 ebenso kleine Redouten im Norden der Stadt zwischen beiden Flüssen.
 Etwa 18 Kilometer nördlich lagen zwei stärkere Werke am Hudson zur
 Sperrung des Stromes -- Fort Washington am Ost- und Fort Lee am
 Westufer --, die jedoch bei der Verteidigung der Stadt noch nicht in
 Betracht kamen. Der Schlüssel der amerikanischen Stellung lag auf Long
 Island New York gegenüber, wo der Strand den von Manhattan überhöhte.
 =Washington= hatte deshalb hier eine Linie von Schanzen angelegt, die
 sich mit ihren Flügeln an die Narrows und an den Eastriver lehnte; in
 dieser lag die Hälfte seines Heeres (9000 Mann). Auch Governors Island,
 eine kleine Insel in der oberen Bucht zwei Kilometer südlich der Stadt,
 war besetzt, sie flankierte diese Linie.

 Am 22. August brachte =Howe= unter dem Schutze der Kriegsschiffe 15000
 Mann nebst 40 Feldgeschützen von Staten Island nach Long Island
 hinüber. Er ging nach seiner Art sehr behutsam vor, so daß die Truppen,
 nach und nach auf 25000 Mann verstärkt, erst am 27. der ganzen
 feindlichen Linie gegenüber in Stellung waren. Die Amerikaner verloren
 während dieser Tage in Scharmützeln gegen 1500 Mann; =Washington= ließ
 sie durch 2000 ersetzen, da er einen Sturm erwartete und erhoffte; Howe
 leitete aber den förmlichen Angriff ein.

 Am 27. versuchte Kommodore =Sir Peter Parker= mit drei schweren
 Schiffen und zwei Fregatten in die obere Bucht aufzukreuzen, um die
 feindliche Linie flankieren oder gar in den Rücken fassen zu können,
 aber es gelang ihm weder an diesem noch an den beiden nächsten Tagen;
 am 28. begannen am Lande die Belagerungsarbeiten. Da Washington sich
 nicht imstande fühlte, hiergegen die Stellung zu halten, führte er in
 der Nacht des 29. August seine Truppen über den breiten und
 schnellfließenden Eastriver nach Manhattan und räumte auch Governors
 Island; die Soldaten eines aus Fischern gebildeten Regimentes leisteten
 dabei treffliche Dienste. Es war heller Mondschein, und wenn auch ein
 nebeliger Morgen folgte, so ist es doch kaum verständlich, daß die
 Engländer weder am Lande noch auf dem Wasser den Abzug bemerkten.
 Dieser Tadel trifft besonders die Schiffe, denn leicht hätten sie durch
 Boote mit umwickelten Riemen auch bei Nacht die Wasserstraße beobachten
 können. Als der Nebel sich hob, sah man gerade die letzten Boote
 hinüberfahren und feuerte noch einige wirkungslose Kanonenschüsse
 hinterher.

=Nach dem Rückzuge von Long Island= nahm =Washington= eine Stellung am
Harlemriver ein, die sich mit ihrem rechten Flügel an Fort Washington am
Ostufer des Hudson anlehnte; 4000 Mann blieben in New York. Wieder
unterhandelte =Howe= und traf erst am 13. September Maßnahmen zur
Eroberung der Stadt. Er sandte Schiffe gegen die Werke am North- und
Eastriver, teils als Diversionen, teils um das Übersetzen der Truppen
vorzubereiten; diese litten zwar wie bei der Erkundung im Juli nicht
unbedeutend, aber man konnte doch am 15. auf der Ostseite von Manhattan
landen, und =Washington= gewann die Überzeugung, daß die Befestigungen
Schiffe bei günstigem Winde nicht an der Durchfahrt aufhalten könnten,
und daß daher die Stadt nicht zu halten sei. Wiederum gelang es ihm, die
Garnison während der Nacht am Westrande der Insel unbemerkt zur
Hauptmacht heranzuziehen[128].

 [128] =Clowes= sagt, Band III, Seite 385: »Diese Bewegung, eine Meile
       vor der Front des Feindes, gelang infolge der Trägheit General
       Howes und seiner Vorliebe für eine gute Mahlzeit; er war in
       dieser Nacht von einer listigen amerikanischen Dame (a shrewd
       lady) eingeladen.« Auch in allgemeinen Geschichtswerken wird dem
       General Bequemlichkeit und daraus entsprungene Nachlässigkeit
       vorgeworfen im schroffen Gegensatz zu seinem Bruder, dem Admiral.

=Howe besetzte nun New York ohne Kampf=, befestigte sich hier und nahm am
12. Oktober die Offensive wieder auf. Da er die feindliche Stellung für
einen Frontangriff zu stark erachtete, bedrohte er sie durch Vorgehen vom
Long Island-Sound aus im Rücken. Diese Bewegungen nötigten =Washington=
zunächst zu einem Frontwechsel und schließlich, Anfang November, zum
Rückzuge über den Fluß nach New Jersey hinein; zwischen dem Hudson und
dem Sound konnte er sich nicht halten, da beide Wasserstraßen von den
englischen Schiffen beherrscht wurden. Aufs neue waren schwere Fregatten
an den Forts Washington und Lee vorübergelaufen, die Zufuhren über den
Hudson waren aber für sein Heer die wichtigsten. Bei diesem Rückzuge
trafen ihn zwei schwere Mißgeschicke. Sein Befehl, Fort Washington
rechtzeitig zu räumen, war nicht befolgt; das Werk ward am 16. November
vom General =Knyphausen= erstürmt, wobei 2700 Mann in Gefangenschaft
gerieten. Ferner kam auch der Führer einer Heeresabteilung von 7000 Mann
seinem Befehl, über den Fluß zu gehen, nicht rechtzeitig nach, sondern
blieb im Staate New York.

So war =Washington=, mit nur 6000 Mann, nicht mehr imstande, eine gute
Stellung im Hudsontale bei Westpoint einzunehmen, sondern mußte eilig
durch New Jersey bis hinter den Delaware zurückgehen. Um diese Zeit
verließ ihn ein Teil der Milizen, deren Dienstzeit abgelaufen war; ebenso
ging es dem in New York zurückgebliebenen Korps. Als dieses ihn endlich
erreichte und auch noch einige Bataillone von Ticonderoga zu ihm gestoßen
waren, zählte sein Heer wieder nur 6000 Mann. =Howe besetzte New Jersey=
bis an den Delaware.

Die Engländer bemächtigten sich ferner noch der =Narragansett-Bucht=, mit
ihren Inseln Rhode-Island, Conanicut und Prudence, sowie der Stadt
Newport. Am 1. Dezember 1776 ging ein Geschwader von fünf
50-Kanonenschiffen nebst acht kleineren Fahrzeugen unter =Sir Peter
Parker= mit 7000 Mann unter General =Clinton= nach dort ab und besetzte
Newport am 8. ohne Widerstand. Hierdurch ward den Amerikanern ein
wichtiger Ausgangspunkt für ihre Kreuzer gegen die englischen Zufuhren
genommen, die Engländer aber gewannen einen vorzüglichen Stützpunkt für
ihre Seestreitkräfte. Die Narragansett-Bucht war der geräumigste und
sicherste Ankerplatz an der ganzen Küste, zu jeder Zeit ohne Rücksicht
auf Ebbe und Flut zugängig; von ihr aus waren die wichtigsten Städte der
Kolonien -- Boston, New York, Philadelphia -- in wenigen Tagen zu
erreichen.

Das Jahr 1776 hatte den Engländern also wesentliche Erfolge gebracht. Bei
ihrer Überlegenheit kann man diese aber kaum hoch einschätzen, und selbst
englische Quellen sagen, daß der Bathorden, den =Howe= erhielt, nie
leichter verdient war. Und noch im Dezember traten =Rückschläge= ein.
Anstatt die Erfolge auszunutzen und gegen Philadelphia vorzugehen, ließ
Howe Winterquartiere beziehen und erfreute sich selber der
Annehmlichkeiten New Yorks. Der Feind gewann Zeit zur Erholung und
Rüstung.

 Der Kongreß hatte eingesehen, daß die Schaffung eines stehenden Heeres
 nötig sei, und ordnete als Kern eines solchen die Aufstellung einer
 Anzahl Bataillone an, deren Mannschaften sich auf drei Jahre
 verpflichteten. Die Offiziere wurden nicht mehr von den Soldaten
 gewählt, sondern durch die einzelnen Staaten ernannt. Für Offiziere und
 Soldaten wurden Prämien an Geld sowie Grundeigentum ausgesetzt, aber
 man verschärfte auch die Dienstvorschriften, und Washington erhielt mit
 dem Titel Brigadier-General größere Vollmachten. Doch alle diese
 Beschlüsse trugen nur allmählich ihre Früchte, und es fehlte nach wie
 vor an Geld.

=Washington= zog bald aus der Sorglosigkeit der Engländer in ihren
Winterquartieren Nutzen. Am 25. Dezember ging er nachts über den
eistreibenden Delaware, überfiel =bei Trenton= drei hessische Regimenter,
machte gegen 1000 Gefangene und zog sich wieder zurück. Acht Tage später
erschien er nochmals am selben Orte; diesmal aber stieß er auf den
tüchtigen General Cornwallis, wich ihm indessen durch einen geschickten
Nachtmarsch aus und überraschte =bei Princetown= vier englische
Regimenter, denen er schwere Verluste beibrachte. Die Folge dieser Siege
sowie weiterer klug berechneter Bewegungen war, daß =Howe= seine Truppen
mehr auf die Stadt New York, bis nach New Brunswick, zurückzog und
=Washington= im mittleren, hügeligen Teile von New Jersey eine gute
Stellung einnehmen konnte, die den Weg von New York nach Philadelphia
flankierte.

Für $1777$ hielt die englische Regierung an dem Kriegsplane des Vorjahres
fest und beauftragte =General Burgoyne=, der an Carletons Stelle getreten
war, wiederum mit einem $Angriff von Kanada aus$. Burgoyne brach Ende
Juni von St. Johns mit 10000 Mann -- 8000 Reguläre, darunter viele
Braunschweiger, der Rest kanadische Milizen und Loyalisten der
Neuenglandstaaten -- nebst einer starken Artillerie sowie Indianerhorden
auf und erschien am 2. Juli vor =Ticonderoga=. Die Amerikaner wurden bald
zum Rückzuge gezwungen, den sie unter großen Verlusten auf dem Wasserwege
antraten und bei dem die englische Seenflottille am 6. Juli den Rest der
amerikanischen vernichtete. Die erstere fand ferner nur noch Verwendung
zur Schaffung und Deckung eines Nachfuhrdepots auf dem Georgesee;
Burgoyne setzte seinen Marsch nicht auf dem Wasserwege fort, sondern
drang durch die Wildnis vor. Dies war fehlerhaft, denn er mußte
angesichts des allerdings nur schwachen Feindes -- anfangs unter
=Schuyler=, später unter =Gates= -- Wege bahnen, Bäume fällen und Brücken
über Flüsse, Moräste, Schluchten bauen. Er gelangte erst am 30. Juli nach
Fort Edward am Hudson, noch etwa 40 englische Meilen von =Albany=
entfernt. Hier mußte er längere Zeit verweilen, um die Verpflegung
sicherzustellen, wobei kleine abgezweigte Abteilungen empfindliche
Verluste erlitten; erst Mitte September drang er weiter vor.

Am 19. stieß er bei =Stillwater= (20 Meilen von Albany) auf General
=Gates= mit 5000 Mann. Das Gefecht blieb zwar unentschieden, aber
=Burgoyne= wurde doch festgehalten und war mit Rücksicht auf die nach und
nach erlittenen Verluste, auf viele Kranke sowie Mangel an Proviant
genötigt, am 9. Oktober den Rückmarsch nach Fort Edward anzutreten. Man
beziffert seine Verluste auf 4000 Mann, worin aber wohl die kanadischen
Milizen eingerechnet sind, die ihn nach Stillwater größtenteils verlassen
hatten; auch die Indianer waren abgezogen. Am 10. Oktober wurde er bei
=Saratoga= mit nur noch 6-7000 Mann, darunter viele Kranke, vom Feinde
eingeschlossen; =Gates= hatte von Washington bedeutende Verstärkungen
erhalten und alle Übergänge über den Hudson vor und hinter den Engländern
besetzt. =Burgoyne= konnte auf Unterstützung von New York her nicht
hoffen; seit drei Wochen waren seine Leute auf halbe Rationen gesetzt und
dadurch erschöpft, der Proviant reichte nur noch auf 5-6 Tage. Er mußte
die Waffen strecken. Besonders wertvoll für den Gegner war die erbeutete
Artillerie.

=Die Kapitulation bei Saratoga am 17. Oktober 1777= wurde dadurch
bedeutungsvoll, daß sie Frankreich auf die Seite der Amerikaner führte.
Sie wog reichlich die Erfolge auf, die Howe auf dem anderen
Kriegsschauplatze erzielte, und sie würde vermieden sein, wenn dieser
General dem Kriegsplane der Regierung entsprechend gehandelt hätte.

$Der Angriff auf Philadelphia 1777.$ Der ausdrückliche Befehl für =Howe=,
den Hudson hinauf vorzudringen und Burgoyne die Hand zu reichen, war zwar
in London ausgefertigt, aber nicht rechtzeitig abgesandt worden[129].
Howe hielt es nun aus politischen Gründen für richtiger, den Angriff auf
Philadelphia als Sitz des Kongresses und wegen der günstigen
Volksstimmung in Pennsylvanien zu erneuern. Aber auch diesen betrieb er
lässig, obgleich =Washington= anfangs nur schwach war.

 [129] =Vom Lord Germaine=, der an der Spitze des Kolonialamtes stand
       und dem die Leitung des Krieges zufiel, wird wie von Howe gesagt,
       daß er seine Pflichten sehr leicht genommen habe; häufig soll er
       in Gesellschaften die eiligsten Depeschen ungelesen in die Tasche
       gesteckt und dann vergessen haben.

 Der Zuzug zu Washingtons Heer blieb zunächst gering und es litt unter
 mangelhafter Verpflegung sowie schlechten Quartieren; im März zählte es
 nur 4500 Mann. Nun trafen allerdings aus Frankreich Geld, Material und
 Menschen ein, so langte im Mai =Lafayette= mit seinen Begleitern an und
 wurde sogleich zum amerikanischen General ernannt. Dies schuf aber auch
 neue Schwierigkeiten. Die Milizen wollten nicht unter fremden Führern
 dienen und viele amerikanische Offiziere traten aus. Es bedurfte großen
 Taktes sowie unerschöpflicher Geduld auf seiten Washingtons, hier zu
 vermitteln und die verschiedenen Elemente dem Gemeinwohle dienstbar zu
 machen.

Bis zum Juni blieb =Howe= in New York; als er dann den Vormarsch beginnen
wollte, war =Washington= gegen 10000 Mann stark geworden und ließ sich
nicht aus seiner festen Stellung zur offenen Schlacht hervorlocken. Trotz
seiner Übermacht von insgesamt 30000 Mann wagte der englische General ihn
nicht anzugreifen, scheute sich aber auch, mit dem Feinde in der Flanke
durch New Jersey auf Philadelphia vorzudringen; er beschloß, über See den
Delaware hinaufzugehen und segelte mit 14000 Mann in etwa 250
Transportern am 23. Juli von Sandy Hook ab. =Admiral Howe= deckte den
Transport mit 5 Linienschiffen (64 Kanonen), einem 50-Kanonenschiffe und
10 kleineren Fahrzeugen; der Rest des Heeres blieb unter =Clinton= in
New York und auf Rhode-Island. =Washington=, der nicht annehmen konnte,
daß Howe von dem Plane der englischen Regierung abgehen würde, hielt die
Bewegung nur für eine scheinbare, um ihn aus der Stellung zu locken, und
rührte sich nicht.

Am 31. Juli stand die englische Expedition vor der Delaware-Bucht; da der
Fluß unterhalb Philadelphias gesperrt war, beschloß man, am Nordende der
Chesapeake-Bucht zu landen. Infolge Gegenwindes und Stillen gelang dies
erst am 25. August und erst Anfang September begann der Vormarsch auf
genannte Stadt. =Washington=, der schließlich doch zu ihrer Deckung
herbeigeeilt war, hatte am =Brandywine=, einem bei Wilmington in den
Delaware fallenden Fluß, mit 14000 Mann Aufstellung genommen, ward aber
hier am 11. September umgangen und völlig geschlagen; das englische Heer
hatte nach seinem Abzuge aus New Jersey Verstärkung erhalten. Abermals
verfolgte Howe seinen Sieg nicht und die Amerikaner konnten sich wieder
sammeln. =Er besetzte= am 26. =Philadelphia=, wobei eine amerikanische
Fregatte vernichtet wurde; =Washington= zog sich in die nahen Wälder
zurück, machte am 3. Oktober noch einen erfolglosen Vorstoß und nahm dann
eine feste Stellung bei Valley-Forge, unweit Philadelphia ein. Auch
=Howe= bezog Winterquartiere.

$Die englischen Seestreitkräfte$ hatten inzwischen auch noch den Delaware
als kürzesten Zufuhrweg für das Heer bei Philadelphia freigemacht.
=Admiral Howe= war nämlich am 14. Dezember mit dem Geschwader und den
Transportern von der Chesapeake-Bucht nach der Mündung des genannten
Flusses gegangen. In diesem hatte der Feind zwei Linien von Sperren
gelegt und durch Batterien am Ufer gedeckt; Howe sandte ein Linienschiff,
2 Fregatten und 2 Sloops den Fluß hinauf. Die unterste Sperre ward leicht
aufgeräumt und die Batterien genommen. Schwieriger war die Überwältigung
der oberen Stellung etwa 10 englische Meilen unterhalb Philadelphias.
Hier befanden sich auf dem Ostufer das Fort Redbank und am Westufer ein
Werk auf einer kleinen Insel, Mud-Island; zwei schwimmende Batterien
sowie eine Anzahl von Galeren und Branderflößen verstärkten die Linie.

Ein Angriff der Engländer am 22. Oktober wurde sowohl zu Lande wie auf
dem Wasser abgeschlagen; das Linienschiff und eine Sloop kamen auf Grund
und wurden verbrannt. Man baute nun Batterien am Lande und armierte sie
mit Schiffsgeschützen. Mud-Island fiel jedoch am 15. November
hauptsächlich dadurch, daß die andere Sloop und eine schwimmende Batterie
mit schweren Geschützen am Westufer entlang segelten und die Kehle des
Werkes bedrohten; in der Nacht räumten die Amerikaner das Werk und gaben
auch Redbank am 21. auf. Die englischen Schiffe drangen nun nach
Philadelphia vor und vernichteten hier eine zweite Fregatte sowie fünf
kleinere Fahrzeuge der eben geschaffenen amerikanischen Marine.

Unter Beihilfe der Kriegsschiffe hatte endlich noch General =Clinton= am
3. Oktober mit einigen Fregatten und 3000 Mann von New York =einen
Vorstoß den Hudson= hinauf unternommen. Er zerstörte leicht alle
Uferbefestigungen, Depots und Fahrzeuge, auch zwei Kriegsschiffe und kam
in einer Woche nach Westpoint; von hier gelangte ein Teil der Truppen auf
kleinen Fahrzeugen bis auf 40 englische Meilen an Albany heran, gerade
als =Burgoyne= von Stillwater den Rückzug antrat. Dieser hatte mehrere
Boten mit der Nachricht über seine Lage an Clinton abgesandt, von denen
allerdings nur einer sein Ziel erreichte. =Clinton= hielt sich aber für
weiteres Vorgehen zu schwach und kehrte nach New York zurück.
Verschiedene Autoren behaupten, er habe die Kapitulation von Saratoga
doch wohl hindern können. Jedenfalls zeigt sein leichtes Vordringen, daß
=Howe= mit seiner ganzen Macht die Vereinigung bei Albany erreicht haben
würde; er hätte es dann zwar auch mit Washingtons Heere zu tun gehabt, im
Besitze des Flusses aber seine Übermacht gut zur Geltung bringen können.

 $Der Nutzen der englischen Seestreitkräfte 1777$ war bei sämtlichen
 Unternehmungen groß gewesen; sie hatten die Landtruppen an den Ort
 ihrer Verwendung gebracht, deren rückwärtige Verbindungen gesichert und
 auch in die Kämpfe eingegriffen. Daneben kreuzten einzelne
 Kriegsschiffe gegen feindliche Handelsfahrzeuge und Kreuzer, nicht nur
 an den Küsten Nordamerikas, sondern auch in den westindischen und
 europäischen Gewässern; seit 1776 gab England auch Kaperbriefe aus.

$Die amerikanischen Seestreitkräfte$[130] dehnten den Kleinen Krieg, der
1775 durch Freibeuter der einzelnen Staaten begonnen war, schon 1776 keck
weiter aus. Am 17. Februar 1776 verließ das erste amerikanische
Geschwader von 6 Fahrzeugen (vgl. Seite 225; 2 Schoner blieben zurück)
unter =Kommodore Hopkins= den Delaware und segelte =nach den
Bahama-Inseln=, um dort aufgespeicherte englische Kriegsvorräte
wegzunehmen. Auf der Insel Abaco bemächtigte sich Hopkins der
Küstenfahrzeuge und führte auf ihnen 300 Mann nach New Providence
hinüber, in der Hoffnung, diese Insel zu überraschen. Die Garnison war
jedoch auf ihrer Hut, so daß die Landung unter Deckung durch die größeren
Kriegsschiffe erzwungen werden mußte. Dann wurden die Forts erstürmt,
gegen hundert Kanonen sowie viel Material erbeutet und bei der Rückfahrt,
Mitte März, der Gouverneur nebst angesehenen Einwohnern als Geiseln
mitgenommen, da England alle auf amerikanischen Kaperschiffen gemachten
Gefangenen für Piraten erklärte und sie, wenn auch nicht gerade hängte,
doch sehr schlecht behandelte.

 [130] Die kecken Taten der kleinen Marine sind ausführlich und
       lesenswert beschrieben in Spears Band I; die wichtigsten Gefechte
       mit englischen Schiffen auch in Clowes Band IV, Minor actions
       1762-1792. Einiges werden wir bei Betrachtung des »Kleinen
       Krieges« am Schluß des Kapitels bringen.

Die Kriegsschiffe, zu denen bald Neubauten oder Neuerwerbungen traten,
wurden einzeln oder in Gruppen zum Kleinen Kriege verwendet, auch die
Zahl der Freibeuter wuchs ungemein. Beide machten den Engländern an der
Küste Nordamerikas und in Westindien viel zu schaffen, 1777 erschienen
sie sogar in der Biskaya und bei England. In Westindien fanden sie
Zuflucht auf den französischen und holländischen Inseln, in Europa
stützten sie sich auf französische Häfen. In diesen verkauften sie ihre
Prisen; um die Neutralität Frankreichs wenigstens scheinbar zu wahren,
ward der Kauf auf offener See abgeschlossen und das Geld dem
amerikanischen Gesandten in Paris ausgezahlt. Dieser Krieg führte zu
vielen Gefechten, in denen auch kleinere englische Kriegsschiffe genommen
wurden, doch büßte die schwache amerikanische Marine im Laufe der
späteren Jahre so viel Schiffe dabei ein, daß sie trotz aller Neubauten
nie größere Macht erlangen konnte. Der englische Handel erlitt jedoch
bedeutenden Schaden. In den Jahren 1776/77 wurden 560 englische
Kauffahrer aufgebracht, während die Engländer nur 60 Handelsschiffe und
24 Freibeuter wegnahmen. Auf den westindischen Inseln trat schließlich
Mangel an Sklaven und an Nahrungsmitteln ein; die Einfuhrartikel stiegen
sehr im Preise, die der Ausfuhr fielen entsprechend; die Versicherung der
Schiffe ging auf 23%. Der Gesamtschaden des Handels durch unmittelbaren
Verlust oder Behinderung betrug in diesen Jahren über 1-1/2 Millionen
Lstrl.

$Das Jahr 1778 brachte bis zur Teilnahme Frankreichs am Kriege nichts von
Bedeutung.$ =General Howe= blieb auch noch im Frühjahr, bis auf kleinere
Vorstöße zur Verproviantierung, untätig in den Winterquartieren, obgleich
=Washingtons= Streitkräfte in traurigster Verfassung waren. Wo die
Engländer standen und wohin sie kamen, wandte sich nämlich die Mehrheit
der Bevölkerung von ihm ab; er erhielt von ihr weder Nachrichten noch
Lieferungen. Sein Heer verlor während des Winters so viel Leute durch
Krankheit und Fahnenflucht, daß es im Februar nur noch 5000 Waffenfähige
neben 4000 Kranken zählte, die kaum die nötigste Kleidung hatten. So
mußte auch er sich darauf beschränken, seine Truppen zu verstärken und zu
verbessern[131].

 [131] Hierbei leistete der ehemalig preußische Offizier =von Steuben=,
       der im Dezember 1777 eintraf und zum Inspekteur sowie Instrukteur
       ernannt wurde, wesentliche Dienste. Ihm ist es hauptsächlich zu
       danken, wenn aus den Milizen nach und nach ein leidlich
       brauchbares Heer geschaffen wurde.

Anfang Mai bekam er Nachrichten aus England, daß wegen des Erscheinens
einer französischen Flotte die plötzliche Räumung Philadelphias nötig
werden würde. Er zog daraufhin einen Teil seiner Kriegsschiffe in der
Delaware-Bucht zusammen und verlud sämtliche Vorräte der Truppen bei
Philadelphia bis auf den Bedarf für 14 Tage auf Transporter.

=Der Rückzug der Engländer vom Delaware -- General Howe= leitete ihn
nicht mehr; er war am 24. Mai vom General =Clinton= im Oberbefehl
abgelöst und nach England gegangen -- trat tatsächlich schon im Juni als
eine Folge der veränderten politischen Verhältnisse ein. =Frankreich=
trat nach Saratoga offen auf die Seite der Amerikaner und sandte am 13.
April eine längst vorbereitete Flotte ab, die ihnen zunächst am Delaware
Luft schaffte. =England= machte zwar noch einen letzten Versuch zur
Versöhnung mit den Kolonien, jedoch gingen diese nicht mehr darauf ein,
sondern nahmen nach Eintreffen der französischen Hilfe den Krieg mit
erneuter Zuversicht wieder auf.

 $Der letzte Versuch Englands zur Versöhnung.$ In England hatte man
 bislang sicher gehofft, den Aufstand bald niederzuschlagen. Die
 öffentliche Meinung, empört über die erfolgreiche Freibeuterei der
 Amerikaner, hieß alle harten Maßregeln der Regierung gut; nur die
 strengsten Whigs, damals in heftigem Streit mit der Regierung, traten
 für die Kolonien ein, erbitterten aber dadurch die große Menge nur noch
 mehr. Die Niederlage von Saratoga führte jedoch einen völligen
 Umschwung der öffentlichen Meinung herbei; man fand plötzlich die
 Wünsche der Kolonien billig und forderte schleunigen Frieden. Auch der
 König und die Regierung wurden nachgiebig, da Schwierigkeiten
 finanzieller Art sowie für die Beschaffung weiterer Soldtruppen aus
 Deutschland und endlich der Krieg mit Frankreich drohten.

 Im Februar 1778 brachte =Lord North= eine Anzahl Bills vor das
 Parlament zur Bewilligung früherer Forderungen der Kolonien: Aufhebung
 der Verfassungsänderungen sowie des Teezolles; Befreiung von Steuern
 und Verwendung der Zolleinkünfte nach den Beschlüssen der Kolonien;
 Bevollmächtigte sollten darüber mit dem Kongreß verhandeln. Diese
 Beschlüsse verblüfften zwar sogar die Anhänger der Regierung, fanden
 aber keinen ernstlichen Widerspruch und wurden am 11. März vom Könige
 vollzogen. Doch die Demütigung war umsonst. Zwei Tage später übergab
 Frankreich die bekannte Erklärung (vgl. Seite 217) in London und die
 Gesandten wurden beiderseits abberufen. Der schwerkranke =Pitt= sprach
 bei seinem letzten Auftreten im Oberhause am 7. April kurz vor seinem
 Tode in einer gewaltigen Rede gegen die Unabhängigkeit der Kolonien und
 entschied den Entschluß, auch mit Frankreich den Krieg aufzunehmen.

 Die trotzdem nach Amerika abgehenden Bevollmächtigten trafen im Mai in
 Philadelphia ein. Obgleich sie ihre Vollmacht überschritten und
 Vertretung der Kolonien im Parlament wie die Verpflichtung anboten, nie
 wieder europäische Truppen herüberzusenden, fanden sie kein Gehör. Der
 Kongreß hatte den Vertrag mit Frankreich unterzeichnet und bestand auf
 der Unabhängigkeitserklärung. Während die Bevollmächtigten noch
 unterhandelten, traf der Befehl zur Räumung Philadelphias ein, der ihre
 Aufgabe wahrlich nicht förderte, da er den Amerikanern als ein Zeichen
 der Schwäche Englands erscheinen mußte und ihnen den Rücken steifte.
 Einige Quellen sagen, =North= habe die ganz aussichtslosen
 Unterhandlungen nur wieder aufgenommen, um bei den Franzosen Mißtrauen
 gegen die Amerikaner zu erwecken.

Mit dem Auslaufen der französischen Flotte nach Amerika sind wir beim
=Beginn des großen Seekrieges= angelangt und wenden uns diesem zu. Den
weiteren Verlauf des Landkrieges flechten wir in die Schilderung des
Seekrieges ein, soweit es zum Verständnis der unmittelbaren Mitwirkung
von Seestreitkräften oder zur Beurteilung der durch ihn hervorgerufenen
Bewegungen großer Flotten nötig ist.


                       Der grosse Seekrieg[132].

$Über Anordnung der Schilderung nach den Kriegsschauplätzen.$ Der
Seekrieg spielte sich wie die letztvorhergegangenen auf vier Schauplätzen
ab: den europäischen, den nordamerikanischen, den west- und den
ostindischen Gewässern. In den früheren Kriegen war der erstgenannte der
wichtigste; der Verlauf hier war für den Krieg auf den anderen
ausschlaggebend. Wir konnten deshalb, ohne die Übersicht zu verlieren,
zunächst die Ereignisse auf diesem zusammengefaßt geben und dann in
gleicher Weise die auf den übrigen folgen lassen. Bei dem jetzt zu
besprechenden Kriege müssen wir einen anderen Weg wählen, da das Ringen
auf den verschiedenen Meeren gleich folgenschwer ist und eng ineinander
greift. Bei einer streng chronologisch durchgeführten Schilderung der
Ereignisse auf allen Kriegsschauplätzen zugleich würde nun aber infolge
des reichen Materials der strategische Faden verloren gehen, und so
bleibt nur eine Verbindung beider Wege übrig. Für eine solche geben =die
militärische Lage, sowie die Ziele der Gegner in den verschiedenen
Weltteilen= einen guten Anhalt.

 [132] Besonders benutzte Quellen: Mahan I; Clowes Band III (das
       betreffende Kapitel ist auch hier von Kapitän Mahan bearbeitet,
       aber später als dessen eigenes Werk, und weicht deshalb zuweilen
       von diesem ab); Lacour II, Chevalier II, zwei Werke, die sich
       wertvoll ergänzen; Campbell Band V und VII; Troude Band II;
       Bonfils Band III. Die kleinen Begebenheiten findet man bei Clowes
       erst im Bande IV, Kapitel »Minor actions 1763-1793«.

=In Europa= beschränkte sich England im Gegensatz zu den früheren Kriegen
ganz auf die Verteidigung, da es bei dem Bestreben, auch in allen fernen
Meeren die Herrschaft zu wahren und Angriffen entgegenzutreten, hier den
Gegnern nicht gewachsen war. Diese hatten es auf Einfälle in England
sowie auf die Eroberung von Port Mahon und Gibraltar abgesehen; zum Glück
für England lag die erste Aufgabe Frankreich, die zweite Spanien mehr am
Herzen, und dieses Auseinandergehen der Ziele schwächte das
Zusammenwirken der Verbündeten.

=In Nordamerika= handelte es sich für die Engländer um die Unterwerfung
der Kolonien. Sie waren 1778 im Besitze New Yorks, der Narragansettbucht,
Philadelphias und Kanadas. New York war politisch wertvoll als die größte
Stadt neben Boston und militärisch durch seine Lage am Ausgangspunkte der
Hudsonlinie. Die Narragansettbucht gab den besten Hafen der Küste,
vorzüglich gelegen zu ihrer Beherrschung. Der Besitz von Philadelphia
bildete jedoch eine Schwäche in der englischen Stellung, da das Heer hier
von dem in New York über Land getrennt und auch in Hinsicht auf Zufuhren
ganz auf die See angewiesen war; von dieser abgeschnitten, schwebte es in
der Luft. Hierher richtete denn auch Frankreich den ersten Stoß seiner
Flotte, und England mußte die mühsam errungene Stellung am Delaware
aufgeben, sobald es seine Seeherrschaft bedroht sah. Bei den späteren
Unternehmungen Englands gegen die südlichen Kolonien spielte der Besitz
der Chesapeakebucht eine ähnliche Rolle. Da an dieser keine Befestigungen
lagen, fiel sie der seebeherrschenden Partei zu und wurde deshalb
Streitobjekt für die beiderseitigen Flotten. Kanada zu erobern oder für
ihre Sache zu gewinnen, war den Amerikanern nicht gelungen, sie
versuchten dies auch nach 1777 nicht mehr -- vielleicht trauten sich die
neuen Verbündeten, Frankreich und Amerika, in dieser Beziehung nicht
recht -- und so blieb die Kolonie eine feste Basis für England.

=In Westindien= war der Besitz der Engländer und der Franzosen auf den
Kleinen Antillen ungefähr gleich. Der Kampf entspann sich zunächst um
strategisch besonders wichtige Inseln (Dominica, Sta. Lucia); später
erstrebte Frankreich die Eroberung englischen Gebietes überhaupt, wohl
in der Hoffnung, sich hier ein großes Kolonialreich schaffen zu können.
Dieser Versuch ging auf Kosten des Kampfes in den europäischen Gewässern.
Auf den großen Inseln würde Spanien das Übergewicht gehabt haben, da es
Kuba, Portoriko und mit Frankreich gemeinschaftlich Haiti besaß, während
England nur Jamaika gehörte. Es trat jedoch nicht kräftig auf.
Verschiedene Pläne Frankreichs und Spaniens, zusammen gegen diese Insel
vorzugehen, kamen nicht zur Durchführung, und England hatte anderwärts zu
viel zu tun, um gegen spanische Besitzungen wirksam zu werden. Jamaika
lag außerdem so weit in Lee des Hauptkriegsschauplatzes, daß die Gegner
ungern eine größere Streitmacht dorthin führten. Spaniens Waffen machten
sich nur in dem Gebiete östlich von Mississippi, das damals Florida hieß
und in englischem Besitze war, sowie gegen die Bahamainseln fühlbar. Sein
Auftreten war hier, wie in den europäischen Gewässern das Vorgehen gegen
Gibraltar ein Ausfluß von Sonderinteressen, wodurch der gemeinsamen Sache
nur Kräfte entzogen wurden.

=Die Kriegsschauplätze Nordamerika und Westindien= berührten sich, die
Ereignisse auf beiden griffen ineinander. Nicht nur ihre Nachbarschaft
bedingte dies, sondern auch die Wetterverhältnisse trugen dazu bei. Die
Winterstürme setzten in den nördlichen Breiten den Unternehmungen der
Seestreitkräfte eine Grenze, und in Westindien ließ man sie ungern
während der Orkanzeit; so fanden sie je nach der Jahreszeit an der Küste
der nördlichen Staaten, an der der südlichen oder in Westindien
Verwendung. Deshalb fallen bei Schilderung der Kämpfe diese beiden
Schauplätze zusammen.

=In Ostindien= hatte England seit dem letzten Kriege seine Macht
wesentlich ausgebreitet und gestärkt. Es war aber ständig mit mächtigen
eingeborenen Feinden beschäftigt, und Frankreich hätte bei Ausbruch des
Krieges hieraus Nutzen ziehen können. Es tat dies nicht, während England
sofort mit Erfolg über die französischen Besitzungen herfiel. Die
Seestreitkräfte beider Parteien waren hier anfangs unbedeutend; von 1779
an erhielten die englischen das Übergewicht, und mit ihrer Hilfe wurden
auch die holländischen Besitzungen genommen. Erst 1782 trat Frankreich
überlegen auf (Admiral =Suffren=) und es folgte ein Kampf um die
Seeherrschaft. Da die Ereignisse dieses Schauplatzes ganz für sich
dastehen, können sie und mit ihnen die auf dem Wege nach Indien (Kapland)
am Schlusse für alle Jahre zusammengefaßt betrachtet werden.

 $Die Einteilung für den Verlauf des Seekrieges$ wird nach vorstehendem
 diese sein:

 =Die europäischen Gewässer= 1778. Die Franzosen vor dem Kanal.

 =Nordamerika und Westindien= 1778/79. Der Feldzug der ersten
 französischen Flotte (d'Estaing).

 =Die europäischen Gewässer= 1779/80. Bedrohung der englischen Küste
 durch die Verbündeten; Beginn der Belagerung von Gibraltar; die Festung
 versorgt (Rodney).

 =Westindien und Nordamerika= 1780. Die zweite französische Flotte (de
 Guichen) in Westindien; erstes Auftreten Rodneys; die französische
 Hilfsarmee in Nordamerika.

 =Die europäischen Gewässer= 1781. Gibraltar aufs neue versorgt (Darby);
 die Verbündeten vor dem Kanal; Eintreten Hollands in den Krieg.

 =Westindien und Nordamerika= 1781. Die dritte französische Flotte (de
 Grasse) in Westindien; Kampf um die Chesapeakebucht und Fall von
 Yorktown.

 =Europa= 1782. Die Verbündeten vor dem Kanal; der große Angriff auf
 Gibraltar; Howe rettet die Festung endgültig.

 =Westindien= 1782. Rodney und de Grasse; der Krieg beendet.

 =Ostindien= 1778-1783.

$Die Rüstungen der Gegner.$ =Frankreich= bereitete den Krieg frühzeitig
vor. Vom August 1775 an wurde zwischen Versailles und Madrid ein
Briefwechsel über gemeinsame Rüstungen geführt und solche auf den Werften
von Brest und Toulon sowie Cadiz und Ferrol begonnen. =Vergennes'= erste
Sorge war, zu verhindern, daß England wie im Jahre 1755 vor Ausbruch des
Krieges einen großen Schlag gegen den französischen Handel führe. Schon
1776 erhielt deshalb das kleine Geschwader, das jährlich in Brest zu
Übungszwecken zusammentrat, den Befehl, seine Fahrten auf die Gewässer
zwischen Ouessant und Finisterre zu beschränken und die Schiffe zu
beobachten, die England in diesem Jahre gegen amerikanische Kauffahrer
sowie Freibeuter kreuzen ließ. Im Jahre 1777 lag sogar in Brest eine
Flotte von 15 Linienschiffen seeklar, um einer etwa an der Küste
erscheinenden englischen entgegentreten zu können, und leichtere Schiffe
kreuzten außerdem wie im Vorjahre. Diese Flotte hielt man jedoch auf der
Reede fest, aus Furcht, daß schon ihr Auslaufen zu einer Kreuzfahrt Anlaß
zum Kriege geben könne. Im August wurde ein Fahrzeug nach den
Neufundlandbänken gesandt, um die Fischerflottillen zurückzurufen. Als
die Nachricht von Saratoga eintraf und man sich zum Kriege entschloß,
hatte Frankreich 48 Linienschiffe, 31 in Brest, 17 in Toulon, zur
Indienststellung bereit; bei dem Versuche, auch Spanien zum Losschlagen
zu bewegen, wurde diesem schon ein Plan zur Verwendung der vereinten
Kräfte mitgeteilt. =Vergennes= hob hierbei nochmals hervor, daß der Druck
der englischen Seemacht nicht länger zu ertragen sei.

 $Übergriffe der Engländer auf See.$ Die englischen Schiffe, die an
 Frankreichs Küsten kreuzten, gingen mit größter Rücksichtslosigkeit
 vor. Sie hielten alle Kauffahrer an und nahmen sie beim leisesten
 Verdacht auf Kriegskontrebande, deren Begriff sie weit ausdehnten, in
 Beschlag. 1777 und während der ersten Monate 1778, vor dem Ausbruch des
 Krieges, brachten sie gegen 130 Fahrzeuge mit einem Werte von 16
 Millionen Franken auf. Sogar Kriegsschiffe hielten sie unter dem
 Vorwand an, sich vergewissern zu müssen, ob es tatsächlich französische
 wären, da die amerikanischen Freibeuter oft die französische Flagge
 zeigten. 1776 waren sogar englische Schiffe in ihrem Übermut durch die
 Formation des französischen Übungsgeschwaders hindurchgesegelt.
 Frankreich ließ sich alles dies gefallen, um nur den Bruch noch
 hinzuhalten. Die französischen Seeoffiziere waren darüber empört und
 klagten mit Recht, daß die Anmaßung der Engländer infolgedessen immer
 größer würde; verwunderlich ist, daß es nicht zu blutigen
 Zusammenstößen kam, denn die Schiffe beider Völker waren beim Begegnen
 stets gefechtsklar. Die Empörung in Frankreich über die Schärfe des
 englischen Beobachtungsdienstes war übrigens ungerechtfertigt, denn man
 unterstützte die Amerikaner mit Kriegsmaterial und gestattete ihren
 Freibeutern den Aufenthalt in französischen Häfen.

Als jedoch Spanien noch nicht am Kriege teilnehmen mochte, mußte
Frankreich allein seine weiteren Maßregeln treffen. Mit der Abberufung
der Gesandten (März 1778) erging der Befehl zur Indienststellung der
gebrauchsbereiten Schiffe. Im April schon konnten 12 Linienschiffe unter
Vizeadmiral =d'Estaing= von Toulon nach Nordamerika auslaufen, in Brest
waren im Juni 20 und im Juli 30 unter Lieutenant-General =Comte
d'Orvilliers= segelfertig. Man hatte ferner in den vorangegangenen
Monaten Truppen und Kriegsmaterial nach Westindien und vier Fregatten
nach Isle de France gesandt; 30000 Mann hatte man in der Normandie
zusammengezogen. Marschall =de Broglie= übernahm im Mai den Oberbefehl
über dieses Heer unter dem Vorwande, mit ihm Übungen zur Klärung
taktischer Fragen anzustellen. Frankreich war also gut gerüstet.

=England= dagegen hatte seit dem letzten Kriege versäumt, seine
Seestreitmittel stets denen der vereinten beiden bourbonischen
Königreiche überlegen zu halten, die vorhandenen Schiffe waren auch nicht
so bereit, wie sie bei der Wahrscheinlichkeit eines Krieges hätten sein
müssen, und die Vorbereitungen für den Kampf begannen zu spät. Schuld
hieran wird dem Minister des Äußern, der die Nähe und Größe der Gefahr
unterschätzte oder der inneren Streitigkeiten halber verheimlichte, sowie
der Sorglosigkeit des Ersten Lords der Admiralität gegeben.

=John, Earl of Sandwich=, bekleidete diesen Posten von Januar 1771 bis
März 1782. Für die Jahre 1776 und 1777 waren die Geldmittel der Marine
nur soweit erhöht, als es der amerikanische Krieg und das Kreuzen in den
europäischen Gewässern erforderte. Im November 1777 erklärte der Erste
Lord im Parlamente auf eine Klage der Opposition über die zu geringe
Stärke der Kanalflotte, er glaube nicht, daß Frankreich und Spanien
feindselige Gesinnungen hegten, im übrigen seien in der Heimat 42 Schiffe
in Dienst, 35 derselben bereit, sofort auszulaufen; er fühle sich zu der
Erklärung berechtigt, daß man damit den Flotten des Hauses Bourbon
gewachsen sei. Dies wäre, wie wir wissen, nicht der Fall gewesen, aber
auch gegen Frankreich allein konnte man sich kaum behaupten. Als nämlich
nach Abbruch des diplomatischen Verkehrs eine Flotte von 13
Linienschiffen unter Admiral =Byron= für Amerika in Dienst gestellt war
und etwa 3 Schiffe unter den Admiralen =Barrington= nach Barbados, sowie
=Sir Peter Parker= nach Jamaika segelten, fand =Admiral Keppel= die
Kanalflotte bei Übernahme des Kommandos, nach seinem Ausdrucke mit
»Seemannsauge gemustert«, recht schwach vor; bei einem ersten Auslaufen
im Juni verfügte er nur über 21 und erst im Juli über 30 Schiffe.

 Also nicht einmal eine Übermacht Frankreich allein gegenüber war
 vorhanden. =Byron= stand mit 13 Schiffen gegen =d'Estaing= mit 12;
 =Keppel= mit 30 gegen =d'Orvilliers= mit 32. Schiffe sowie Werften
 waren eben nicht in Ordnung; es sollen (nach Campbell) Monate nötig
 gewesen sein, um das seit Jahren auf den Werften verrottende Material
 zu sichten, Masten und Raaen zu flicken. Auch der Mannschaftsmangel war
 groß, obgleich für 1778 vom Parlamente 60000 Mann (darunter 11000
 Seesoldaten) für die Marine bewilligt waren. Da der Krieg noch nicht
 erklärt war, scheute man sich anfangs, zu scharfem Pressen zu
 schreiten, man wollte lieber die Rückkehr der Handelsschiffe aus allen
 Weltteilen im Frühjahr und Sommeranfang abwarten. Um wenigstens die
 Flotte Byrons bald seeklar zu machen, mußten Leute sowie Material von
 der Kanalflotte genommen werden. An Geldmitteln waren für 1778 fünf
 Millionen bewilligt; sie umfaßten die Kosten für Indiensthaltungen,
 Reparaturen sowie Neubauten und 1 Million Überschreitungen vom
 Vorjahre.

Bei Ausbruch des Krieges legten beide Parteien Beschlag auf die
Handelsschiffe des Gegners in ihren Häfen und hielten die eigenen zurück.
Letzteres geschah, um das Personal für die Kriegsschiffe zu gewinnen und
um sie selber nicht der Wegnahme auszusetzen. Das englische Volk, bisher
so stolz auf seine Marine, war empört über ihre hierdurch eingestandene
augenblickliche Schwäche. Kaufleute und Reeder tadelten die Admiralität
scharf; mit Recht, denn es mußten beispielsweise 100 Westindienfahrer
drei Monate auf Bedeckung warten, wodurch ein Schaden von 90000 Lstrl.
erwuchs und in Westindien Mangel am nötigsten eintrat.

Bei dem unfertigen Zustande der Marine kann es nicht verwundern, daß
=England= weder den Krieg erklärte noch losschlug, obgleich es den
diplomatischen Verkehr abgebrochen hatte; wäre es in der Lage gewesen,
würde es sicher wie 1755 über Frankreichs Handel hergefallen sein. So
hielt man sogar Byrons Flotte bis zum Juni fest, um die heimischen
Gewässer nicht zu entblößen, und auch die Kanalflotte lief dann erst aus.
Gegen Frankreichs Truppen in der Normandie hatte England Milizen an den
Küsten aufgeboten, und schon im März war über Suez der Befehl nach
Ostindien gesandt, die französischen Besitzungen anzugreifen. Aber auch
=Frankreich= begann den Krieg nicht; man wollte vorläufig nur den
Amerikanern an Ort und Stelle Hilfe leisten, die Brestflotte bereithalten
und die Küsten durch Kreuzer bewachen lassen. Erst als =Keppel=
französische Kriegsschiffe aufgebracht hatte, erhielt =d'Orvilliers=
Befehl, dies zu vergelten.


             Der Krieg in den europäischen Gewässern 1778.

$Die Eröffnung des Krieges.$ Am 13. April ging die Flotte des
Vizeadmirals =d'Estaing= von Toulon mit versiegelten Ordres in See. Man
hatte verbreitet, sie sei nach Brest bestimmt; ein Mitglied der
amerikanischen Gesandtschaft in Paris, sowie der für die neue Republik
bestimmte Gesandte Frankreichs waren unter falschen Namen eingeschifft,
um das Ziel nicht zu verraten. Infolge ungünstigen Windes passierte sie
erst am 17. Mai die Straße von Gibraltar, und am 20. wurden 120 Seemeilen
westlich vom Kap St. Vincent die Ordres geöffnet. Die Flotte war nach
Amerika bestimmt und sollte von jetzt an schon die Feindseligkeiten gegen
englische Kriegs- wie Handelsschiffe beginnen. Eine englische Fregatte
war ihr von Gibraltar aus gefolgt, behielt sie noch weitere 150 Seemeilen
in Sicht und überbrachte am 7. Juni die Meldung in England. Am 8.
segelte dann die Flotte des Vizeadmirals =John Byron= gleichfalls nach
Amerika ab.

Zu gleicher Zeit (am 8. oder 12. Juni) ging =Admiral Augustus
Keppel=[133] mit der Kanalflotte -- 21 Linienschiffe, 3 Fregatten, 2
Kutter, ein Brander -- in See, um vor Brest zu kreuzen. Er hatte den
Befehl, die Brestflotte zu beobachten, den Kanal für die eigenen
Handelsschiffe offenzuhalten und die Vereinigung der Toulon- mit der
Brest-Flotte durch Waffengewalt zu verhindern. Am 17. Juni traf er vor
dem Kanal auf eine kleine französische Flottille, die Fregatten »La Belle
Poule«, Kapitän =de la Clocheterie=, »La Licorne«, die Korvette
»L'Hirondelle« und den Lugger »Le Coureur«. Wenn auch der Krieg noch
nicht erklärt war, hielt es =Keppel= doch für nötig, die Schiffe
anzuhalten, sowohl um zu verhindern, daß seine Bewegungen dem Gegner
bekannt würden, als auch um Nachrichten über diesen zu erhalten. Er jagte
die Fahrzeuge mit der ganzen Flotte und ließ sie durch vorauseilende
Fregatten auffordern, längsseit seines Flaggschiffes zu kommen.

 [133] $Augustus Keppel$, 1782 Viscount K., geboren 2. April 1725, 1744
       Kapitän, 1762 Kontreadmiral, 1770 Vizeadmiral, 1778 Admiral der
       blauen und 1782 der weißen Flagge, gestorben 2. Oktober 1786,
       führte schon im österreichischen Erbfolgekriege ein Linienschiff
       und geriet durch Strandung bei Verfolgung eines französischen
       Schiffes in Gefangenschaft. Als er 1754 mit einem kleinen
       Geschwader zum Dei von Algier gesandt war und dieser seine
       Verwunderung aussprach, daß der König von England ihm einen
       bartlosen Knaben zur Unterhandlung schicke, antwortete er: »Wenn
       die Weisheit nach der Länge des Bartes ginge, so würde man einen
       Ziegenbock gewählt haben.« Als dann der Dei ihm mit dem Tode
       drohte, sagte er, sein Geschwader würde für angemessene
       Begräbnisfeierlichkeiten sorgen. Im Siebenjährigen Kriege führte
       er 1758 die Expedition gegen Gorée, befehligte bei Quiberon ein
       Schiff mit Auszeichnung, nahm 1761 die Insel Belle-Ile und war
       1762 zweiter im Kommando bei der Eroberung von Havanna. 1778 Chef
       der Kanalflotte, schlug er die Schlacht bei Ouessant, nach
       derselben wegen Verstoß gegen die Gefechtsinstruktion angeklagt,
       aber freigesprochen, legte er sein Kommando nieder und blieb
       unbeschäftigt, bis er nach dem Ministerwechsel vom 30. März 1782
       bis Dezember 1783 das Amt des Ersten Lords wahrnahm.

»Licorne« tat dies, versuchte aber später zu entwischen, antwortete auf
Warnungsschüsse mit einer Breitseite und strich dann die Flagge.
»Hirondelle« entkam, »Coureur« ward bald genommen. »Belle Poule« führte
ein hartnäckiges laufendes Gefecht mit der englischen Fregatte »Arethusa«
und lief unter die französische Küste; hier konnten ihr die Engländer
nicht beikommen, und sie erreichte am 21. Juni Brest. Am 19. Juni nahm
=Keppel= noch die Fregatte »Pallas«. Aus den Papieren der Prisen ersah
er, daß die französische Flotte der seinigen überlegen war oder es doch
bald werden würde, er kehrte deshalb nach Spithead zurück, um
Verstärkungen an sich zu ziehen.

Diese Wegnahme von Kriegsschiffen =sah man in Paris als Kriegserklärung
an=. Man bezeichnete sie als verräterisch und gegen das Völkerrecht
verstoßend, obgleich doch auch =d'Estaing= den Befehl hatte, die
Feindseligkeiten zu eröffnen. Spanien wurde benachrichtigt, daß
Frankreichs Geduld nunmehr erschöpft sei und man den Krieg beginne;
Kaperbriefe wurden ausgegeben und =d'Orvilliers= erhielt am 2. Juli den
Befehl, in See zu gehen. Aber trotz vorher erlassener Kabinettsordres,
deren hochgemute Worte auf eine besonders kräftige Verwendung der
Seestreitkräfte hatten schließen lassen und in denen den kommandierenden
Offizieren der Marine die größte Unerschrockenheit bei ihrem Auftreten
ans Herz gelegt wurde, war =die Instruktion für den Flottenchef= eine
recht beschränkte. Er sollte einen Monat kreuzen und als Repressalie
Kriegs- und Handelsschiffe aufbringen. Später, schon auf See, ging ihm
sogar in einer Verfügung vom 12. Juli noch die Mahnung zu, daß der König
bei der jetzt bekanntgewordenen Stärke der feindlichen Flotte sehr auf
die Klugheit des Admirals rechne; die Minister wälzten also die
Verantwortlichkeit ganz auf ihn ab.

 $Befehle Ludwigs XVI.$[134] In einem Schreiben des Marineministers
 =Sartines= an =d'Orvilliers= vom 2. April 1778 findet man die Sätze:
 »Sie (der Chef, die Flaggoffiziere und die Kommandanten) müssen sich
 bewußt sein, daß die Augen Europas auf das erste Geschwader gerichtet
 sind, das nach dem letzten Kriege unsere Häfen verläßt. Ihre Pflicht
 ist es jetzt, der französischen Flotte wieder den alten Ruhm zu
 verleihen, der sie einst umstrahlt hat. Nur durch die glänzendsten
 Waffentaten können die letzten Unglücksfälle und Fehler gutgemacht
 werden; die zur Verfügung stehenden Mittel sichern ihnen die
 Überlegenheit, ihr Mut muß das übrige dazu tun....« »Aber in welche
 Lage auch immer die Flotte kommen mag, der König erwartet, daß seine
 Schiffe mit der größten Unerschrockenheit angreifen und sich stets bis
 aufs äußerste verteidigen werden.«

 [134] Auszüge aus Chevalier II, Seite 80; Lacour II, Seite 120; Troude
       II, Seite 3.

 In diesem Sinne folgt noch mehr, und =Troude= sagt hierzu richtig: »Wie
 verschieden war diese Sprache von jener, die unsere Admirale im letzten
 Kriege zu hören bekamen«; wir sind mehrfach auf die früheren Befehle
 eingegangen, die stets zur Vorsicht mahnten. Diesen tapferen Worten
 folgten aber bald wieder solche in abschwächender Tonart, so der
 obenerwähnte Befehl, den =d'Orvilliers= vor dem Inseegehen erhielt.
 Hierzu wurden die französischen Minister =Vergennes= und =Sartines=
 durch die Erwägung gebracht, daß ein Fehlschlag beim ersten Auftreten
 der Flotte sehr schädlich wäre. Wahrscheinlich überschätzten sie auch
 die Stärke des Gegners. Man ließ sich durch die große Schiffszahl
 Englands einschüchtern, ohne die ungünstigen Verhältnisse dort in
 Rechnung zu ziehen -- obwohl der Mannschaftsmangel durch Berichte aus
 London allerdings bekannt war -- auch glaubte man, daß =Byron= nur
 einen Konvoi ins offene Meer zu führen habe und sich dann mit =Keppel=
 vereinigen würde.

 In ihrem Hange zu ängstlicher Schonung der Seestreitkräfte wurden die
 leitenden Personen durch hervorragende Seeoffiziere bestärkt. Diese
 empfahlen, durch Zurückhalten der Flotte und durch die
 Truppenansammlung England zu zwingen, seine Seestreitkräfte gleichfalls
 zusammenzuhalten; dies müsse dann durch Entsendung zahlreicher Kreuzer
 gegen den englischen Handel ausgenutzt werden. =D'Orvilliers= schlug
 aber in einem Brief vom 22. Juni vor, mit der Flotte auszulaufen. Zwar
 wollte auch er nicht zum entscheidenden Kampfe in den Kanal gehen, »wo
 er keine Zufluchtshafen habe und durch die vorherrschenden Winde leicht
 an der englischen Küste festgehalten werden könnte«, sondern eine
 Kreuztour gegen den Handel vor demselben aufnehmen. Er wollte dabei
 versuchen, die Vereinigung Byrons und Keppels zu verhindern, diese
 gegebenenfalls einzeln schlagen, beiden vereint aber ausweichen. Ihm
 schwebte die »Campagne au large« des Admirals =Tourville= 1691 vor, der
 wochenlang die überlegene englische Flotte hinter sich herzog und
 dadurch lähmte. (Vgl. Band I, Seite 441.) Diese Kreuztour sollte
 gleichzeitig zur Ausbildung der Flotte dienen. Die ihm zugegangene
 Instruktion -- sie hatte sich mit seinem obenerwähnten Briefe gekreuzt
 -- entsprach also gewissermaßen seinem Gedanken, der Nachtrag vom 12.
 Juli machte ihn aber für alle Folgen verantwortlich.

=D'Orvilliers= antwortete auf den letzten Befehl, er werde, wie zuerst
angeordnet sei, einen Monat kreuzen, falls er nicht ausdrücklich
zurückgeworfen würde, und auch einen Kampf annehmen; nur falls =Keppel=
sehr überlegen aufträte, werde er ausweichen, dies könne aber unter
Umständen schwierig sein, wenn der Gegner den Kampf ernstlich suche. Es
ist bemerkenswert, daß die Flaggoffiziere und Kommandanten, als ihnen am
9. Juli der Befehl bekannt gegeben wurde, in den Chef drangen, er möge
die Erlaubnis nachsuchen, in den Kanal einzulaufen und den Feind, selbst
auf der Reede, anzugreifen.

$Die Schlacht bei Ouessant 27. Juli 1778.$ =Admiral Keppel= lief am 9.
Juli zu einer zweiten Kreuzfahrt von Portsmouth mit 24 Linienschiffen aus
und auf dem Wege kanalabwärts stießen noch 6 von Plymouth zu ihm. Erregt
durch den Umstand, daß er das erste Mal das Feld hatte räumen müssen,
sowie durch die deshalb von der öffentlichen Meinung ihm gemachten
Vorwürfe, war er fest entschlossen, den Feind aufzusuchen und zum Kampfe
zu zwingen. =Lieutenant-Général Comte d'Orvilliers=[135] war nach Empfang
seiner Instruktion durch Gegenwind einige Tage festgehalten, erst am 8.
Juli ging er mit 32 Linienschiffen in See, von denen jedoch drei als zu
schwach für die Linie erklärt und wie die Fregatten während der Schlacht
in Feuerlee von ihr gehalten wurden. Er nahm seinen Kurs nach dem
Kanaleingange und benützte die Fahrt zu taktischen Übungen. Mit deren
Ausfall war er durchaus nicht zufrieden, und es ist wohl anzunehmen, daß
dies im Verein mit der erhaltenen Mahnung sein Verhalten in der Schlacht
beeinflußt hat.

 [135] =Louis Guillonet, Comte d'Orvilliers=, geboren 1710, trat 1728 in
       die Marine ein, wurde 1754 Kapitän, 1764 Chef d'Escadre, 1777
       Lieutenant-Général. Er hatte 1754 unter La Gallissonnière, 1757
       unter Dubois de la Motte gedient; 1772 befehligte er das
       neueingerichtete Übungsgeschwader. 1775 Marinekommandant in
       Brest, unterstützte er den Minister Sartines bei der
       Neuorganisation der Marine. Von 1777 bis 1779 war er Chef der
       Brestflotte. Er galt als ein vorzüglicher Taktiker, war aber
       jetzt 68 Jahre alt. Auch seine körperliche Rüstigkeit ließ zu
       wünschen übrig; im Januar 1778 nach Paris berufen, schrieb er, er
       könne die Reise nur »wie ein Greis« in kurzen Tagestouren machen.
       Infolge der Vorwürfe, die man ihm über die Führung der Flotte
       1778/79 machte, zog er sich in eine religiöse Anstalt zurück und
       starb dort 1792.

Am Nachmittage des 23. Juli sichteten sich die Gegner etwa 100 Seemeilen
westlich der Insel Ouessant; bei frischem WNW-Winde lagen die Franzosen
nordöstlich der Engländer, also in Lee von ihnen, aber während der Nacht
gewannen sie die Luvstellung nordwestlich des Gegners. Diese Lage
befriedigte beide Führer, denn =Keppel= sah sich zwischen dem Feinde und
Brest, während =d'Orvilliers= durch seine Luvstellung im Sinne seines
Befehles zu handeln vermochte, nämlich die See zu halten und doch nur zu
fechten, wenn er es für vorteilhaft hielt; er sollte aber sein Bedenken
bestätigt finden, daß dies bei einem kampfesmutigen Gegner nicht leicht
durchzuführen sei. In der Nacht waren außerdem drei seiner Schiffe von
der Flotte abgekommen, in Lee der Engländer geblieben und konnten bis zur
Schlacht nicht mehr herankommen, so daß bei dieser nur 27 Schiffe in der
Linie standen.

Während der nächsten Tage manövrierten beide Teile in Sicht voneinander;
=Keppel=, um an den Feind heranzukommen, =d'Orvilliers= wahrscheinlich,
um dies zu verhindern. Zwar sagen französische Quellen, er habe sich nur
die Luvstellung wahren wollen, aber sie deuten auch an, daß seine
Geschwaderchefs ihn erst zu dem Entschlusse gebracht hätten, den Kampf
aufzunehmen. Am 27. Juli kam es zur Schlacht, die aber nur in einem zwei-
bis dreistündigen Feuergefecht im Passieren bestand.

 $Der Verlauf der Schlacht bei Ouessant$ kann in groben Zügen gegeben
 werden, ohne auf Einzelheiten einzugehen; die für uns bemerkenswerten
 Punkte treten trotzdem genügend hervor[136].

 [136] Die genaueste und, wie es scheint, objektivste Schilderung findet
       man in Clowes Band III, Seite 412.

 =Die englische Flotte= zählte 32 Linienschiffe: Vorhut, Vizeadmiral
 =Sir Robert Harland=, 10 Schiffe; Mitte, =Keppel=, 11 Schiffe; Nachhut,
 Vizeadmiral =Sir Hugh Palliser=, 11 Schiffe. =Die französische Flotte=
 hatte 27 Schiffe in der Linie: Vorhut, Lieutenant-Général =Comte
 Duchaffault=, 9 Schiffe; Mitte, =d'Orvilliers=, 9 Schiffe; Nachhut,
 Lieutenant-Général =Duc de Chartres=, 9 Schiffe.

 Am 27. Juli wehte frischer westlicher Wind mit heftigen Regenböen. Bei
 Tagesanbruch waren die Flotten etwa 6 Seemeilen voneinander entfernt,
 beide lagen über Steuerbordbug, die französische »in Kiellinie beim
 Winde« genau in der Windrichtung zu Luward der englischen; diese hatte
 kurz vorher »alle Schiffe zugleich« gewendet, über den neuen Bug aber
 die Kiellinie nicht wieder hergestellt, so daß sie in einer
 Peilungslinie segelte, aus der jedoch durch abermals gleichzeitiges
 Wenden sofort die Kiellinie über Backbord-Bug gebildet werden konnte.
 =Keppel= hatte keine Zeit mit Ausrichten verlieren wollen, um schnell
 an den Feind heranzukommen; auch befahl er allgemeine Jagd. Die Ordnung
 in seiner Flotte war nicht gut, besonders der rechte Flügel (über
 Steuerbordbug die Nachhut) war während der Nacht nach Lee geraten; sie
 erhielt jetzt Befehl, möglichst Luv zu gewinnen. Um 9 Uhr vorm. ließ
 =d'Orvilliers= im Kontremarsch, also ein Schiff nach dem anderen auf
 der gleichen Stelle, halsen, um den Feind besser beobachten und seine
 Stärke genauer erkunden zu können; er verlor hierdurch allerdings
 beträchtlich an Luv, aber doch nicht so viel, daß er nicht unter
 normalen Verhältnissen nach Belieben hätte den Kampf vermeiden oder
 angreifen können, sobald es ihm günstig schien.

 Jetzt aber drehte der Wind südlicher, die englische Flotte konnte mehr
 auf die französische zuhalten, stand um 10-1/4 Uhr in deren Kielwasser,
 als sie eben die Kiellinie über Backbord-Bug gebildet hatte, und
 =Keppel= wendete mit allen Schiffen zugleich; er segelte nun also
 gleichfalls in Kiellinie über Backbord-Bug hinter seinem Gegner her.
 =D'Orvilliers= mußte fürchten, daß seine letzten Schiffe eingeholt und
 mit Übermacht angegriffen werden könnten, er ließ deshalb mit allen
 Schiffen zugleich wenden, wodurch seine eigentliche Nachhut, der Herzog
 von Chartres, zur Vorhut wurde, und segelte dem Feinde über
 Steuerbordbug entgegen. Nun folgte ein Passiergefecht, bei dem die
 Franzosen zu Luward standen, und zwar in leidlich guter Ordnung,
 während die Engländer infolge der Jagd schlecht ausgerichtet waren; in
 der Nachhut hinderten sich die Schiffe sogar gegenseitig im Feuer.
 Keppel hatte nach der letzten Wendung das Signal »Schlachtlinie
 bilden«, worauf diese ausgerichtet worden wäre, gar nicht gegeben,
 sondern nur das zur Eröffnung des Kampfes. Während des Passierens
 zielten die Franzosen, wie stets, besonders auf die Takelage, die
 Engländer auf den Rumpf der Schiffe.

 Als die englische Vorhut gegen 1 Uhr die französische Linie passiert
 hatte, ließ =Harland= sie wenden, um am Feinde zu bleiben, und =Keppel=
 befahl der Mitte das gleiche, als sie soweit war. Da aber viele Schiffe
 der beschädigten Takelage halber das Manöver nicht ausführen konnten
 und ihr Halsen der nachfolgenden wegen schwierig und damit zeitraubend
 wurde, entstand große Unordnung, besonders in der Mitte. Der Admiral
 holte deshalb gegen 2 Uhr nachm. das Signal zum Gefecht nieder und
 heißte »Schlachtlinie bilden«. Die Linien hatten sich passiert, der
 Kampf war zu Ende.

 Gleichzeitig gab =d'Orvilliers= den Befehl zum Halsen in Kontremarsch.
 Er wollte seine Linie aufs neue am Feinde vorüberführen und zwar in Lee
 derselben; mit Recht versprach er sich großen Erfolg von seinem Feuer
 auf die ungeordneten feindlichen Schiffe, und um so mehr, da er nun von
 Lee aus auch seine untersten Batterien hätte gebrauchen können, deren
 Pforten beim Passieren zu Luward der hohen See wegen hatten geschlossen
 bleiben müssen. Dieser Befehl ward jedoch nicht sofort ausgeführt, denn
 die Spitzenschiffe sahen das Signal nicht; der Führer der Vorhut,
 =Herzog von Chartres=, segelte sogar mit seinem Flaggschiff längsseit
 des Oberbefehlshabers, um nach dessen Absichten zu fragen. Dann erst
 begann das Manöver gegen 1/2-3 Uhr, aber nun war die rechte Zeit
 verpaßt; =Keppel= hatte seine Linie, wenigstens aus Vorhut und Mitte
 wiederhergestellt und segelte auf einige beschädigt in Lee liegende
 Schiffe zu, um sie zu decken. =D'Orvilliers= gab deshalb seine Absicht
 auf, hielt ab und nahm weiter in Lee eine abwartende Stellung ein, also
 entsprechend der alten französischen Taktik.

 =Keppel= hatte auch die Absicht, aufs neue anzugreifen, aber ihm fehlte
 seine Nachhut. Die Schiffe dieser hatten sich auf das Signal zur
 Herstellung der Ordnung vorschriftsmäßig auf das Flaggschiff ihres
 Führers, =Palliser=, formiert, das etwa 2 Seemeilen zu Luward der Mitte
 lag. =Palliser= aber führte sein Geschwader nicht heran, obgleich er
 den Befehl dazu nicht nur durch Signal, sondern auch durch eine
 Fregatte erhielt; er entschuldigte dies später damit, daß sein Schiff
 nicht manövrierfähig gewesen wäre. Erst als =Keppel= die einzelnen
 Schiffe der Vorhut zu sich rief, trafen sie nach und nach ein, jetzt
 aber, gegen 7 Uhr, war es zu spät zur Wiederaufnahme des Kampfes
 geworden.

 =Die Verluste= werden sehr verschieden angegeben. Die französischen
 Quellen nennen für die Franzosen 163 Tote und 517 Verwundete, für die
 Engländer 407 Tote, 789 Verwundete; die englischen geben für sich nur
 133 bzw. 373 zu und behaupten, der Gegner habe weit mehr verloren als
 er zugestanden, erkennen jedoch die stärkere Beschädigung ihrer Schiffe
 an. Bei der verschiedenartigen Verwendung der Artillerie auf beiden
 Seiten ist anzunehmen, daß die Franzosen den größeren Verlust an Leuten
 gehabt haben.

=Die Schlacht blieb unentschieden.= In der folgenden Nacht entfernten
sich die Flotten voneinander; beide Parteien aber schrieben sich den Sieg
zu und behaupteten, der Gegner habe das Feld geräumt. Die Franzosen
sagten aus, sie hätten am Morgen des 28. Juli den Gegner nicht mehr
gesehen; er habe während der Nacht das Weite gesucht, ohne Lichter zu
zeigen. Die Engländer behaupten, sie hätten die Nacht über gefechtsbereit
gelegen; der Feind habe zur Täuschung drei Schiffe mit Admiralslichtern
in Geschwaderabstand voneinander liegen lassen, sei dann abgesegelt und
am anderen Morgen in der Richtung auf Ouessant nur noch von den
Mastspitzen gesehen worden. Tatsächlich sind beide Flotten in ihre Häfen
zurückgegangen, die französische traf am 29. Juli in Brest, die englische
am 31. in Plymouth ein. Daß =d'Orvilliers= nichts weiter unternahm, ist
leicht mit seiner Instruktion und mit der in der französischen Marine
herrschenden Auffassung von der Verwendung der Flotten zu erklären: Er
hatte die Ehre der Flagge gewahrt, seine Schiffe in brauchbarerem
Zustande als die des Gegners erhalten und diesen vorläufig außerstand
gesetzt, an der französischen Küste zu kreuzen. Er hatte durchgeführt,
was er versprochen, und auch die Leistungen seiner Schiffe waren besser
gewesen, als er nach dem Ausfall der Vorübungen erwartet hatte. Nun
wollte er die beiden versprengten Schiffe aufnehmen und dann ausbessern,
ehe er die Kreuzfahrt wieder aufnahm. Es ist mithin wohl möglich, daß
=er= das Feld geräumt hat.

 Die englische Behauptung gewinnt auch dadurch an Zuverlässigkeit, daß
 sie sich auf Angaben stützt, die von vielen als Zeugen in der
 Untersuchung gegen Keppel vernommenen Kommandanten unter eidlicher
 Bekräftigung gemacht sind, während der französischen Schilderung wohl
 nur die üblichen Berichte zugrunde liegen.

Auch =Keppel= hatte insoweit seinen Zweck erreicht, als er den Feind zum
Kampfe nötigte. Es liegt auch kein Grund zum Zweifel an seiner Absicht
vor, diesen am Nachmittag wieder aufzunehmen. Es ist ihm allerdings
vorzuwerfen, daß er die Schiffe der Vorhut nicht gleich einzeln
heranrief, aber er hatte keine Meldung von Palliser über dessen
Manövrierunfähigkeit und wartete wohl von Minute zu Minute auf die
Befolgung seiner Befehle. Daß er es am folgenden Tage für aussichtslos
hielt, mit seinen beschädigten Schiffen den Feind einzuholen, und auch
für gefährlich, mit ihnen an der feindlichen Küste zu bleiben, ist als
berechtigt anzusehen.

$Die öffentliche Meinung in beiden Ländern$ war mit dem Ergebnis der
Schlacht nicht zufrieden. =In Frankreich= hatte zwar zuerst die
Vertreibung des Gegners von der Küste großen Jubel erregt, als aber die
näheren Umstände bekannt wurden, fand man, daß viel mehr hätte erreicht
werden müssen. Man schob die Schuld auf den =Herzog von Chartres=, weil
er den Befehl des Flottenchefs nicht sofort ausgeführt habe; man
beschuldigte ihn des Ungehorsams, ja der Feigheit. Er wurde aus der
Marine entfernt.

 $Louis Philippe, Duc de Chartres$ -- nach seines Vaters Tode Herzog von
 Orleans, während der Revolution als Bürger =Philippe Egalité= bekannt
 --, war bestimmt, später Admiral von Frankreich zu werden. Er hatte
 keine seemännische Erfahrung, weshalb man ihm in seinem Flaggkapitän,
 dem Chef d'Escadre =de Lamotte-Picquet=, einen hervorragend tüchtigen
 Seeoffizier zur Seite gestellt hatte; so wird er während der Schlacht
 kaum von irgendwelchem Einfluß gewesen sein. Die neueren französischen
 Marineautoren lehnen denn auch die gegen ihn erhobenen Vorwürfe
 bestimmt ab. Wie man sagt, erfolgte seine Entfernung auf Betreiben der
 Königin, und dies trug zur Vergrößerung der schon bestehenden Spannung
 zwischen dieser und dem Herzoge bei, obgleich letzterer zum
 Generaloberst der Husaren ernannt wurde -- ein für ihn neugeschaffener
 Titel.

In =England= war schon der erste Rückzug Keppels übel vermerkt worden.
Jetzt hatte man die Vernichtung des Gegners erwartet und der Ausfall der
Schlacht zog eine Flut von maritimen sowie von politischen Erörterungen
nach sich; je nach dem Parteistandpunkte der Kritiker richteten sich die
Vorwürfe gegen die Regierung und die Admiralität oder gegen =Keppel=, und
dieser ward schließlich im Januar 1779 in kriegsgerichtliche Untersuchung
gezogen. Wenn auch in allen Ehren freigesprochen, so legte er doch sein
Kommando nieder.

 $Kriegsgericht über Keppel.$ Der Admiral hatte =Palliser= nicht
 angeschuldigt, war aber gezwungen, zu Äußerungen der Presse über die
 Schlacht Stellung zu nehmen, und als er dabei das Verhalten seines
 Untergebenen zur Sprache brachte, erhob dieser Anklage gegen ihn; diese
 lautete auf zwei grobe Verstöße Keppels gegen die Gefechtsinstruktion
 dadurch, daß er zum Angriff vorgegangen sei, ehe die Gefechtslinie
 ordnungsmäßig gebildet war, sowie insofern, als er nach dem Passieren
 der Flotten nicht den Angriff sofort erneuert habe, sondern sogar vom
 Feinde fortgesegelt sei (wie bekannt zur Deckung einiger Schiffe), also
 nicht alles zur Vernichtung des Gegners getan habe.

 =Keppel= wurde jedoch vom Kriegsgericht in allen Ehren freigesprochen;
 die Mehrzahl der englischen Seeoffiziere und die öffentliche Meinung
 standen gleichfalls auf seiner Seite. =Palliser= dagegen ward genötigt,
 seinen Abschied zu nehmen. Er hatte versucht, sich damit zu
 entschuldigen, daß er das Signal nicht gesehen habe und daß sein Schiff
 bewegungsunfähig gewesen sei; beides wurde ihm widerlegt und ihm
 außerdem vorgeworfen, wenn letzteres wirklich der Fall gewesen wäre,
 hätte er dies seinem Chef melden und ihm die anderen Schiffe senden
 müssen. Die Stimmung war derart, daß man nach Bekanntwerden des Urteils
 zu Ehren Keppels Feuerwerke abbrannte, während der betrunkene Pöbel das
 Haus Pallisers zerstörte und seinen Freunden die Fenster einwarf.
 (Näheres über das Kriegsgericht vgl. Campbell Band V, Seite 432, und
 Clowes Band III, Seite 423.)

=Für die Geschichte der Seetaktik ist die Schlacht bei Ouessant
bemerkenswert= als ein wichtiges Glied in der Entwicklung der englischen
Taktik. Bei Toulon 1744 trat =Mathews= gleichfalls ins Gefecht, ehe er
die Linie gebildet hatte, da er fürchtete, daß ihm der Gegner sonst
entweichen könne; als das Ergebnis der Schlacht den Erwartungen nicht
entsprach, ward er für diesen Verstoß gegen die Gefechtsinstruktion aus
dem Dienste entlassen. Nach diesem Vorgange wagte =Byng= bei Minorca
trotz günstiger Gelegenheit nicht von der Vorschrift abzuweichen; er
wurde erschossen, weil er nicht alles zur Vernichtung des Feindes getan
habe. Beide Kriegsgerichte standen im englischen Offizierkorps noch gut
in Erinnerung, Keppel war selber ein Mitglied des zweiten gewesen.
Trotzdem griff er an, ohne die Linie völlig hergestellt zu haben, damit
der Feind sich ihm nicht entziehe. Ihn sprach das Kriegsgericht frei; die
meisten seiner Kommandanten hatten seinem Handeln mit der Begründung
zugestimmt, daß es sonst nicht zur Schlacht gekommen wäre.

Ähnliches zeigt sich bei der Beurteilung der Unterführer. =Lestock=, der
seinen Chef bei Toulon im Stich gelassen hatte, wurde freigesprochen, da
er sich auf den Buchstaben der Instruktion berufen konnte, =Palliser=
wurde jetzt wegen des gleichen Verhaltens wenigstens gemaßregelt. Dies
sind doch Anzeichen, daß man in England die Notwendigkeit zu erkennen
begann, mit der buchstäblichen und schematischen Befolgung der
Gefechtsvorschriften zu brechen. Durchgedrungen war dieser Gedanke noch
nicht. =Keppel= war sich wohl bewußt, welche Gefahr er lief; er äußerte,
daß sein Handeln eine Frage um Leben und Tod für ihn sei. Auch das
Verhalten der Schiffe der Vorhut zeigt, daß eine freiere Auffassung noch
nicht genügend Platz gegriffen hatte, sonst würden sie ohne Befehl zur
Mitte gesegelt sein, wenn ihr Geschwaderchef bewegungsunfähig war. Es ist
übrigens bemerkenswert, daß =Keppel= nach der Schlacht befahl, in Zukunft
hätten auf das Signal »Schlachtlinie bilden« die einzelnen Schiffe auf
den Flottenchef und nicht wie bisher auf die Geschwaderchefs ihre Posten
in der Linie einzunehmen.

Das Verhalten der Franzosen zeigt gleichfalls, wie schwer es ist, mit
eingewurzelten Überlieferungen zu brechen; sie blieben bei ihrer
defensiven Fechtart, wenn sie auch diesmal in der Luvstellung den Kampf
annahmen. Hierdurch waren sie beim Passieren imstande, den Nahkampf
herbeizuführen. Sie taten es nicht, obgleich sie der weniger geordneten
englischen Linie gegenüber wahrscheinlich großen Erfolg gehabt hätten;
sie blieben auch bei ihrem Feuer auf die Takelage, um dem Gegner die
Offensivkraft zu nehmen. =D'Orvilliers= hatte nach dem Passieren zwar den
richtigen Gedanken, dessen ungünstige Lage zum Angriff zu benutzen, die
Durchführung versprach jedoch nur bei sofortigem Beginn der Manöver
Erfolg und der Flottenchef war genötigt, seine Absicht erst den
Untergebenen klar zu machen, so fern lag diesen ein tatkräftiges
angriffsweises Vorgehen. Als sich inzwischen ein Teil der englischen
Flotte geordnet hatte, sah =d'Orvilliers= vom Angriff ab und nahm die
übliche Verteidigungsstellung ein.

Die Schlacht zeigt endlich, daß es zur See einem ausdauernden Verfolger
oft gelingen wird, den Gegner zur Schlacht zu stellen, da für ihn
günstige Umstände eintreten können; hier wurde es den Engländern durch
die Windänderung möglich, obgleich sie in Lee standen. (Vgl. Hostes
Regeln, Seite 37.)

$Weitere Ereignisse$ von Bedeutung brachte das Jahr $1778 in den
europäischen Gewässern$ nicht mehr. =D'Orvilliers= ging aufs neue am 17.
August mit 28 (29?) Linienschiffen zum Handelsschutz in See. Seine
Instruktion hielt sich jetzt ganz nach der vorsichtigen Art früherer
Zeiten, sie befahl ihm nicht gerade das Vermeiden, aber verbot ihm doch
das Suchen eines Kampfes; =Vergennes= schrieb, daß man es nicht für
richtig erachte, Schlachten herbeizuführen, »die doch oft nur Verluste
brächten«. Vielleicht ist man dabei von dem Gedanken geleitet, die Kräfte
für den Versuch einer Landung in England im nächsten Jahre zu erhalten.
Die Flotte kreuzte sechs Tage vor dem Eingange des Kanals, später
zwischen Ouessant und Finisterre und lief am 18. September wieder in
Brest ein. Bis in den November hinein kreuzten dann mit Ablösung einige
Linienschiffe bei Ouessant, Fregatten in der Biskaya und kleinere
Fahrzeuge in der Nordsee sowie an der portugiesischen Küste. =Keppel= war
gleichfalls vom 22. August bis zum 28. Oktober in See, meist am Eingange
des Kanals. Beide Parteien behaupten, der Gegner sei einem Zusammenstoß
ausgewichen. Die französische Flotte scheint, dem Befehle entsprechend,
den Kanal verlassen zu haben, als Keppel erschien, und in England wollte
man die schwache Heimflotte wahrscheinlich nicht zu weit von den eigenen
Küsten entfernen.

$Die Kriegführung in den europäischen Gewässern 1778 zeigte auf beiden
Seiten keine Tatkraft.$ =In England= war dies eine Folge der mangelhaften
Vorbereitungen, man mußte sich ganz auf den Schutz der eigenen Gewässer
beschränken. Das Ausrüsten wie das Auslaufen der Toulonflotte erfuhr man
frühzeitig genug und war doch nicht imstande, Gegenmaßregeln zu
ergreifen. Hätte =d'Estaing= nicht so ungewöhnlich lange Zeit von Toulon
bis Gibraltar gebraucht, so würde er bei einer Bestimmung nach Brest
seine Vereinigung mit der Flotte dort ohne Zweifel unbelästigt erreicht
haben; nach Nordamerika beordert, wie es der Fall war, trat er mit Erfolg
auf und sein Erscheinen würde ohne die erwähnte lange Reise noch
verhängnisvoller für England geworden sein. Dies hätte seine Rüstungen
darauf einrichten müssen, daß es die Straße von Gibraltar sperren oder
sich wenigstens dort an die Toulonflotte hängen konnte. Die beim Beginn
fast eines jeden Krieges auftretende Furcht vor einer Invasion wirkte
übrigens mit, die englische Tatkraft zu lähmen; alle Schiffe wurden
vorläufig daheim festgehalten. Nach Entsendung =Byrons= war England dann
zu schwach, um aus den heimischen Gewässern herauszutreten.

=Frankreich= hatte den Krieg besser vorbereitet und auch rechtzeitig
Befehle erlassen, um überall an erster Stelle im Felde erscheinen zu
können, aber nur der Vorstoß in Amerika wurde durchgeführt. Alle neueren
französischen Autoren stimmen, gestützt auf Aussprüche der
Marineautoritäten jener Zeit, darin überein: »Frankreich wäre imstande
gewesen, auch in Brest rechtzeitig eine den englischen Seestreitkräften
weit überlegene Flotte aufzustellen, Schiffe lagen genügend auf den
Werften bereit und an Leuten fehlte es nicht. Man hätte die Engländer in
den Häfen blockieren und über deren Handel herfallen müssen, wie diese
1755 getan hatten; das würde nicht nur große Beute gebracht, sondern
ihnen auch die Mobilmachung noch mehr erschwert haben. Vielleicht wäre
wirklich eine Invasion, jedenfalls aber die Wegnahme der Kanalinseln
ermöglicht worden. Die französische Marine sei für ein derartiges
Vorgehen mit äußerster Kraft begeistert gewesen.«

In dem hierzu nötigen Umfange wurden die Rüstungen jedoch nicht
angeordnet. Überschätzte man die Kraft Englands, und glaubte man, ohne
die Mitwirkung Spaniens Großes nicht wagen zu dürfen? Aber auch mit den
vorgenommenen Rüstungen blieb Frankreich monatelang überlegen und durfte
angriffsweise vorgehen. Man konnte wenigstens =Byrons= Abfahrt nach
Nordamerika hindern; hierdurch würde =d'Estaing=, wenn er auch zur Lösung
seiner ersten Aufgabe zu spät kam, für sein weiteres Auftreten freiere
Hand gehabt haben. Statt dessen hielt man die Brestflotte zurück, solange
England sich nicht rührte, =Byron= konnte segeln und auch =Keppel=
erschien als erster auf dem Plane. Und selbst noch nach den ersten
Gewalttaten des englischen Admirals wäre es Zeit gewesen, loszuschlagen,
aber Wochen vergingen, bis =d'Orvilliers= den Befehl zum Auslaufen
erhielt, und nun war die feindliche Flotte ihm gewachsen. Der
französischen Regierung fehlte hier wieder, wie wir es in den früheren
Kriegen so oft gesehen haben, Verständnis dafür, daß ein
durchschlagender Erfolg gegen England nur durch eine kräftige Offensive,
hauptsächlich gegen die Seestreitkräfte des Gegners, zu erzielen war. Sie
hatte zwar oft große Pläne, führte dann aber die Kriege im allgemeinen
defensiv mit nur vereinzelten Offensivstößen -- wie hier in Nordamerika
--, über die sie die großen Ziele aus dem Auge verlor. So blieb auch der
Vorteil unbenutzt, den Frankreich in diesem Kriege durch bessere
Vorbereitung hatte, und dies war bei den großen Hilfsquellen Englands ein
schwerwiegender Fehler.[137]

 [137] Die neueren französischen Quellen, Lacour sowie Chevalier, äußern
       sich sehr freimütig und ganz objektiv in diesem Sinne.


          Der Krieg in Nordamerika und Westindien 1778/1779.

$Die Räumung Philadelphias$ (anschließend an Seite 242). =General
Clinton= erhielt im Juni 1778 Befehl, die Stellung am Delaware zu räumen;
sie mußte als unhaltbar angesehen werden, sobald die französische Flotte
=d'Estaings= in den nordamerikanischen Gewässern auftrat und England die
Seeherrschaft streitig machte. Der Rückzug, vom =Admiral Howe= schon
vorbereitet, begann am 18. Juni und wurde über Land durch New Jersey
angetreten. Wenn man auch diesen Marsch angesichts des Feindes im
Vorjahre für zu gefährlich angesehen hatte, so mußte er jetzt doch
gewählt werden, denn der Transport der Truppen über See erschien noch
gewagter, da die französische Flotte jeden Tag erscheinen konnte. =Howe=
deckte den Übergang des Heeres über den Delaware und führte dann die
Transporter mit Material den Fluß hinab. Widriger Winde halber
beanspruchte dies die Zeit bis zum 28. Juni, ein frischer Wind führte
dann die Schiffe in kaum 48 Stunden nach Sandy Hook und auch =Clinton=
traf am 30. mit dem Heere dort ein. =Washington=, jetzt sehr verstärkt,
hatte zwar den Marsch beunruhigt, konnte ihn aber nicht aufhalten und
wagte auch keine entscheidende Schlacht. Von Sandy Hook wurden die
Truppen durch die Flotte bis zum 5. Juli nach New York übergeführt. Es
war die höchste Zeit. Schon am 29. Juni erhielt =Howe= durch ein
Postschiff die bestimmte Nachricht, daß =d'Estaing= unterwegs sei; das
Fahrzeug hatte ihn sogar gesichtet. Am 7. Juli meldete einer der vom
Admiral entsandten Kreuzer, daß er die Franzosen an der Küste gesehen
habe, und am 9. traf die Nachricht ein, daß sie tags zuvor in der
Delawarebucht geankert hätten.

$Vizeadmiral Graf d'Estaing[138] traf zu spät ein$, er hätte sonst großen
Erfolg erringen können. Wie seine Fahrt von Toulon nach Gibraltar, so
hatte auch die über den Ozean außergewöhnlich lange gedauert. Seine
Order, die er am 20. Mai 120 Seemeilen westlich vom Kap St. Vincent
öffnete, trug ihm auf, von nun ab die Feindseligkeiten zu beginnen, nach
Nordamerika zu segeln und dort etwas zum Ruhme der französischen Flagge
sowie zu nennenswertem Vorteile der Amerikaner zu unternehmen. In erster
Linie war er angewiesen, die weit schwächere Flotte =Howes= in der
Delawarebucht zu suchen und zu vernichten; sollte sie schon abgesegelt
sein, so wäre sie zu verfolgen und anzugreifen, wo sich Gelegenheit
biete. Man nahm an, mit der Vernichtung der Seestreitkräfte sei auch das
englische Heer verloren. Nach Lösung dieser Aufgabe sollte der Admiral
den Umständen gemäß handeln, also etwa Angriffe der Amerikaner auf
Neubraunschweig unterstützen und ihre Küsten von Kreuzern sowie
Freibeutern reinhalten. Erlange die englische Flotte durch Verstärkungen
die Überlegenheit, so sollte =d'Estaing= Boston als Ausrüstungshafen und
Stützpunkt aufsuchen und bei passender Gelegenheit nach Westindien
(Kleine Antillenstation) segeln. Infolge der späten Ankunft ging die
günstigste Aussicht auf einen großen Erfolg verloren; das einzige
Ergebnis des Erscheinens vor der Delawarebucht war die Vernichtung zweier
englischer Ausguckfregatten, die sich dort überraschen ließen.

 [138] =Comte Charles-Henri-Théodat d'Estaing Du Saillans=, geboren
       1729, trat 1745 als Mousquetaire in das Heer ein, war 1748 Oberst
       des Regimentes de Rouerque in der Armee des Marschalls von
       Sachsen, diente 1756 als Brigadier unter de Lally in Indien und
       kreuzte 1759/60 mit zwei Schiffen der ostindischen Kompagnie
       gegen die Engländer. Als Generalleutnant der Armee sollte er 1762
       gegen Rio de Janeiro führen und wurde bei dieser Gelegenheit auch
       Chef d'Escadre in der Marine (vgl. Siebenjährigen Krieg). 1763
       war er Lieutenant-Général in der Marine und Gouverneur der
       Antillen. 1777 schuf man für ihn besonders die Stelle eines
       dritten Vizeadmirals der amerikanischen und asiatischen Gewässer.
       1792 zum Admiral von Frankreich ernannt, wurde er zur Zeit der
       Revolution in die Versammlung der Notabeln gewählt, zum
       Befehlshaber der Nationalgarde von Versailles ernannt und spielte
       eine Rolle im Prozeß der Königin. Später als verdächtig
       verhaftet, ward er am 28. April 1794 guillotiniert. Im hier
       besprochenen Kriege finden wir ihn 1778/79 in Nordamerika und
       Westindien, 1780 als Chef des französischen Kontingentes der
       spanisch-französischen Flotte unter Cordoba. Für 1783 war ihm die
       Leitung einer Expedition gegen Havanna zugedacht. =D'Estaing= war
       ein fähiger und feuriger Offizier, aber in der Marine unbeliebt.
       Hier sah man ihn als Eindringling an und neidete ihm seine durch
       Hofgunst erlangte schnelle Beförderung. Man warf ihm Mangel an
       seemännischer Kenntnis vor, Bevorzugung der aus der Armee
       stammenden Offiziere und daß er den Rat erfahrener Seeoffiziere
       verschmähe. Manche seiner Mißerfolge sind auch diesem Umstande
       zuzuschreiben.

[Illustration: Comte d'Estaing.]

 $Die auffallend lange Reise der französischen Flotte$ wird vielfach dem
 Admiral zur Last gelegt, seinem Mangel an seemännischer Erfahrung sowie
 dem Umstande, daß er während der Fahrt durch unnötige Übungen viel Zeit
 verloren habe. Es mag etwas Wahrheit hierin liegen, aber von anderer
 Seite wird er mit der sehr ungleichen Segelfähigkeit seiner Schiffe
 entschuldigt. Er selber hat berichtet, daß seine besten Segeler häufig
 nur gereffte Marssegel hätten führen dürfen, wenn die schlechtesten mit
 Gefahr für die Masten Segel gepreßt hätten. Die Behauptung, einige,
 ihm übelgesinnte Kommandanten hätten absichtlich durch fehlerhaftes
 Manövrieren sowie schlechtes Steuern die Fahrt aufgehalten, ist nach
 neueren Forschungen haltlos. =D'Estaing= hat in allen Berichten,
 Tagebüchern und Briefen stets den Eifer der Kapitäne anerkannt,
 obgleich er ihnen sonst nicht wohlwollend gegenüberstand; er klagt
 immer nur über die Schiffe. Eher ist anzunehmen, daß dieser Umstand gar
 nicht so schwer ins Gewicht fiel, daß dagegen die mangelnde Erfahrung
 der Offiziere im Segeln in großen Verbänden das Zusammenhalten der
 Flotte erschwert hat. (Vgl. Lacour II über die Personalien und über
 diese Reise d'Estaings.)

Bei dem =Stärkeverhältnis der Flotten= war die Lage für Frankreich sehr
günstig. Die französischen Streitkräfte zählten 12 Linienschiffe, 1 zu 90
Kanonen, 1 zu 80, 6 zu 74, 3 zu 64 und 1 zu 50, sowie vier Fregatten;
1000 Mann Infanterie waren für Landungen eingeschifft. Die englische
Flotte bestand aus 6 Schiffen zu 64 Kanonen, 3 zu 50, 2 zu 44 und einigen
Fregatten (in Halifax lagen noch drei oder vier kleinere Linienschiffe
nebst mehreren Fregatten). Von diesen befand sich aber nur ein Teil in
der Delawarebucht, der Rest lag in New York und in der Narragansettbai.
Wäre =d'Estaing= 10-12 Tage früher angekommen, so hätte er den durch die
Transportflotte noch behinderten Teil leicht vernichten können. Die dann
nur von dem anderen Teile beschützte Bucht von New York wäre darauf
voraussichtlich auch den Franzosen in die Hände gefallen und =Clintons=
Heer, von den französischen See- und den amerikanischen Landstreitkräften
in die Mitte genommen, zur Übergabe gezwungen gewesen.

[Illustration: Richard Earl Howe.]

$D'Estaings erfolgloser Angriff auf New York und Rhode-Island.$ Die
Überlegenheit der französischen Flotte hätte zwar auch jetzt noch
ausgenutzt werden können, aber =d'Estaing= war zu vorsichtig und zu
langsam, fand dagegen in seinem Gegner einen umsichtigen, tatkräftigen
und schnell entschlossenen Führer. =Admiral Sir Richard Howe=[139] hatte
inzwischen seine sämtlichen Schiffe in der unteren Bucht von New York
zusammengezogen, nur 4 Fregatten verblieben vor Newport an der
Narragansettbucht. Brander wurden hergestellt und die nicht vollzähligen
Schiffsbesatzungen durch zahlreich sich meldende Freiwillige der
Transport- und Handelsschiffe sowie des Heeres aufgefüllt. Schiffer und
Steuerleute von Kauffahrern liefen mit kleinen Fahrzeugen aus, um für New
York bestimmte Schiffe zu warnen. Sobald die Truppen Clintons am 5. Juli
nach der Stadt übergeführt waren, ließ der Admiral die Kriegsschiffe nach
einem bereits aufgestellten Plane eine Verteidigungsstellung bei Sandy
Hook einnehmen, die den Feind schon beim Einsegeln in die untere Bucht
mit starkem, enfilierenden Feuer bedrohte und später die ganze eigene
Kraft zur Verteidigung entfaltete.

 [139] =Sir Richard Howe=, Viscount (1788 Earl), geboren 1726, Kapitän
       1746, Kontreadmiral 1770, Vizeadmiral 1776, Admiral der blauen
       Flagge 1782, der weißen 1787, Admiral of the Fleet 1796,
       gestorben 5. August 1799, war ein erfahrener Seemann und ein
       Admiral, der sich durch seine Eigenschaften --
       Entschlußfähigkeit, Tatkraft und Ausdauer -- gerade für die
       defensive Kriegführung des Jahres 1778 eignete, indem er jeder
       Bewegung des Gegners rechtzeitig entgegentrat. Nicht im
       Einverständnis mit dem Ersten Lord (er war Whig und überhaupt
       abgeneigt, gegen die Amerikaner zu fechten), ging er nach
       Beendigung der Operationen 1778 nach England zurück. Er fand erst
       1782 nach dem Wechsel des Ministeriums wieder Verwendung und
       verproviantierte Gibraltar. Im nächsten Kriege befehligte er von
       1793 an die Kanalflotte und errang am 1. Juni 1794 den glänzenden
       Sieg bei Ouessant. Biographie von =J. Barrow=, The life of
       Richard, Earl Howe (London 1838).

 $Für Howes Stellung vor New York$ (vgl. Plan von New York, Seite 235)
 genügt eine kurze Schilderung, da es nicht zum Kampfe kam; sie ist
 genau und lesenswert beschrieben in =Elkins=, Naval Battles. Der über
 die Barre in die untere Bucht führende Kanal für tiefergehende Schiffe
 läuft in der Richtung Ost-West rechtwinklig auf Sandy Hook zu und dicht
 unter dieser Landspitze vorbei. =Howe= erbaute auf ihr eine Batterie
 und legte seine Hauptmacht, 5 Schiffe zu 64 Kanonen, 1 zu 50 und einen
 armierten Transporter, von Sandy Hook nach Westen in Linie. Die Schiffe
 lagen jedoch nicht genau in Kiellinie, sondern ein jedes war etwas
 nördlicher verankert als sein Vordermann, und hatte vom Heck aus einen
 Anker querab Backbord-Bug ausgefahren. Die Franzosen konnten nur bei
 westlichem Winde in Kiellinie passieren und den Kanal westwärts
 hinaufsegeln, wenn dann die Engländer ihre Springankertaue festhielten
 und die Bugankertaue fierten, so schwoiten sie mit der Breitseite nach
 Osten und bestrichen sämtlich den Kanal, ohne sich gegenseitig im Feuer
 zu hindern. Die Franzosen konnten das Feuer nicht erwidern und mußten
 schwer leiden; gelang es ihnen trotzdem, querab von den Engländern zu
 kommen, so brauchten diese nur die Springankertaue loszuwerfen, um
 wieder die geschlossene Ost-West-Linie herzustellen, die an ihren
 Flügeln nicht umgangen werden konnte. Hinter der Linie lagen als
 Reserve ein 64-Kanonenschiff nebst einigen Fregatten; auf der Barre
 selber, etwa 2-3 Seemeilen von der Landspitze, war ein 50-Kanonenschiff
 nebst kleineren Fahrzeugen stationiert, um den Feind schon hier zu
 enfilieren und sich dann zurückzuziehen; mit gleicher Bestimmung lagen
 vier Galeren im Kanal querab von der Huk. Bei der großen Übermacht der
 Franzosen blieb aber die Lage der Engländer immer gefährlich, und sie
 mußten eines harten Kampfes, vielleicht der Vernichtung gewärtig sein,
 wenn der Gegner zum Nahkampf herangelangte.

Diese Vorbereitungen waren noch nicht beendet, als am 11. Juli die
Nachricht vom Nahen der französischen Flotte eintraf, doch blieb Zeit
genug, sie durchzuführen. =D'Estaing= hatte zwar die Absicht, seiner
Instruktion entsprechend die englische Flotte zu suchen, war aber erst am
10. Juli von der Delawarebucht aufgebrochen und ankerte am 11. abends
etwa 4 Seemeilen südlich von Sandy Hook unter der Küste, um den Angriff
auf =Howe= einzuleiten. Hier trat er mit =Washington= in Verbindung, der
gleichzeitig die Stadt New York angreifen wollte. Die Verhältnisse lagen
also noch günstig genug, um das englische Heer zur Übergabe zu zwingen,
aber =d'Estaing= glaubte, ohne Lotsen nicht in die Bucht von New York
eindringen zu können. Erst am 16. Juli trafen solche ein, erklärten
jedoch, daß ein Passieren der Barre für die schweren Schiffe mit einem
Tiefgange von 23 bis 25 Fuß unmöglich sei, da man selbst unter den
günstigsten Verhältnissen nur auf 22 Fuß Wasser rechnen könne. In den
nächsten Tagen von ihnen unter Aufsicht französischer Offiziere
vorgenommene Lotungen ergaben auch nur 22-1/2 Fuß. Ein am 20. Juli
zusammentretender Kriegsrat der Kommandanten, in dem den Lotsen ohne
Erfolg 150 000 Francs angeboten wurden, beschloß, daß unter diesen
Umständen sowie in Hinblick auf die starke Stellung der Engländer am
Einfahrtskanal von einem gewaltsamen Eindringen abgesehen werden müsse,
daß man sich dagegen im Verein mit dem amerikanischen Heere in Besitz der
Stadt Newport mit der seemännisch und strategisch wichtigen
Narragansettbucht setzen wolle. =Washington= hatte dies vorgeschlagen,
falls der Plan gegen New York nicht auszuführen sei. Am 22. Juli zeigte
sich die französische Flotte vormittags bei Sandy Hook, segelte aber
nachmittags nach Süden ab; =Howe= ließ ihr kleinere Fahrzeuge zur
Beobachtung folgen, da er zunächst nicht glaubte, daß sie den Angriff
aufgegeben habe.

 $Englische Berichte über die Lage$ besagen, daß ein Eindringen durchaus
 möglich gewesen wäre. Infolge der Gezeiten sei vom 20. Juli an bei Flut
 genügend Wasser auf der Barre gewesen, am Nachmittag des 22. bei
 Springflut sogar 30 Fuß, und dabei habe der Wind aus günstigster
 Richtung zum Einsegeln geweht; spätere Beobachtungen haben
 festgestellt, daß genannte Wassertiefe bei Springflut gewöhnlich
 vorhanden ist. Schon daß =Howe= nach genauen Lotungen so vorsorglich
 seine Verteidigungsstellung einnahm, beweist, daß er ein Eindringen für
 möglich hielt. Wenn die Lotsen anderer Ansicht waren, so ist dies
 erklärlich, da sie bislang keine Gelegenheit gehabt hatten, mit so
 schweren Schiffen zu rechnen, weil nur kleinere englische Linienschiffe
 an der Küste stationiert gewesen waren; französische Angaben deuten
 allerdings auch an, es seien Männer gewesen, die nicht warm zur
 amerikanischen Sache hielten. Die englische Flotte hat am 22. mittags
 den Angriff sicher erwartet.

=D'Estaing= verlor so die zweite Gelegenheit zu einem durchschlagenden
Erfolg. Er wählte nun südlichen Kurs, um den Angriff auf Newport
vorläufig zu verschleiern, und setzte ihn bis zur Delawarebucht fort.
Nachdem ihn hier die englischen Beobachtungsfahrzeuge verlassen hatten,
steuerte er nach Norden und ankerte am 29. Juli drei Seemeilen südlich
von Rhode-Island. Er drang auch in die Narragansettbucht ein, sah sich
aber genötigt, sie wieder zu verlassen, ehe es ihm oder den
amerikanischen Truppen gelungen war, die Insel Rhode-Island nebst der
Stadt Newport zu nehmen und sich so festzusetzen.

 $Die Narragansettbucht$ an der Küste des Staates Rhode-Island wird nach
 See zu durch die Inseln Rhode-Island und Conanicut abgeschlossen, so
 daß drei Einfahrten entstehen. Die östlichste zwischen Rhode-Island und
 dem Festlande ist oberhalb genannter Insel nicht schiffbar; die
 mittlere zwischen den beiden Inseln ist die Haupteinfahrt und vereinigt
 sich oberhalb Conanicut mit der westlichen, die durch diese Insel und
 das westliche Festland gebildet wird. Die Stadt Newport liegt auf der
 Westseite Rhode-Islands etwa 4 Seemeilen vom Anfang der Haupteinfahrt.
 Ihr innerer Hafen wird durch die kleine Goatinsel geschützt, deren
 Batterien mit denen auf Rhode-Island im Norden und Süden der Stadt die
 Haupteinfahrt bestrichen; auf Conanicut befanden sich kleine Werke zur
 Beherrschung der Westeinfahrt.

Die englische Stellung an der Narragansettbucht befehligte =General Sir
Robert Pigot=, dem 5-6000 Mann, sowie 5 Fregatten, 2 Sloops und einige
Galeren unterstanden. Als =d'Estaing= vor der Haupteinfahrt geankert
hatte, erhielt er von dem amerikanischen General =Sullivan=, der auf dem
Festlande östlich der Bucht stand, die Nachricht, er sei noch nicht zum
Angriff bereit und erwarte noch Milizen. So ging die Überraschung
verloren und der Admiral mußte sich zunächst auf eine Art Blockade
beschränken, um das Entweichen der englischen Schiffe, sowie das
Einlaufen von Unterstützungen zu hindern. Am 30. Juli sandte er 2
Linienschiffe unter dem Befehle des später berühmten Kapitäns =Suffren=
in die westliche Einfahrt; sie ankerten am Nordende dieser Insel, kaum
behindert von den Batterien auf Conanicut. Gleichzeitig drangen 2
Fregatten, sowie eine Korvette in die östliche Einfahrt und zwangen hier
zwei englische Fregatten, eine Sloop sowie einige Galeren, sich zu
verbrennen, da sie nicht entrinnen konnten. =Pigot= rief jetzt seine
Truppen von Conanicut zurück und zog seine ganze Kraft um Newport
zusammen. Am 5. August durchsegelte =Suffren= die westliche und ankerte
am Nordende der Haupteinfahrt; an seiner Stelle übernahmen zwei weitere
Linienschiffe die Sperrung der Westeinfahrt. Der bei Newport befindliche
Rest der englischen Schiffe war nebst fünf Transportern somit
eingeschlossen; man versenkte sie zur Sicherung des inneren Hafens bei
der Goatinsel, doch nahm man vorher Geschütze nebst Munition an Land, und
die Besatzungen, gegen 1000 Mann, verstärkten die Garnison. -- Am 8.
August erfuhr =d'Estaing=, daß Sullivan zum Angriff bereit sei; er lief
nun mit den ihm verbliebenen 3 Linienschiffen, Schüsse mit den
Befestigungen wechselnd, durch die Haupteinfahrt, ankerte an deren
Nordende außerhalb des feindlichen Feuerbereichs in Linie und traf
Vorbereitungen, sich durch Springanker mit den Breitseiten nach See legen
und einen Angriff der englischen Flotte wirksam empfangen zu können.
=Sullivan= führte in der Nacht vom 8./9. August 10 000 Mann nebst
zahlreichen Feldgeschützen unter Deckung der dort liegenden Fregatten
über die östliche Einfahrt nach dem Nordende von Rhode-Island und am 9.
morgens landete der Admiral 4000 Soldaten sowie Seeleute auf Conanicut;
dieses Landungskorps sollte hier formiert, etwas eingeübt und im
gegebenen Augenblick zum gemeinsamen Angriff nach Rhode-Island gebracht
werden. Das Wetter am 9. war nebelig, als aber die Sonne durchbrach, sah
man die Schiffe vor der Westeinfahrt mit vollen Segeln in diese
einlaufen; die englische Flotte war in Sicht. =D'Estaing= schiffte sein
Landungskorps wieder ein und ließ die Schiffe quer zur Haupteinfahrt
legen.

=Admiral Howe= hatte abermals schnell entschlossen gehandelt, auch war er
inzwischen um vier Schiffe verstärkt. Am 26. Juli war ein
50-Kanonenschiff, zu seinem Geschwader gehörig, von Westindien
eingetroffen, bald darauf stieß ein gleiches von Halifax zu ihm und am
30. Juli ein 74-Kanonenschiff; dieses war von Byrons herannahender Flotte
im Sturm abgesprengt. Zwei Tage vorher war noch ein 64-Kanonenschiff von
Halifax eingelaufen und hatte gemeldet, es habe die französische Flotte
am 27. nach Norden steuern sehen. Alle diese Schiffe hätten also dem
Feinde in die Hände fallen können. =Howe= faßte sofort den Entschluß,
Newport zu entsetzen. Er war auch bereits am 1. August seeklar, konnte
aber erst am 6. morgens die Barre bei Hochwasser passieren und erschien
am 9. vor Rhode-Island. =Seine Flotte zählte= jetzt 1 Schiff zu 74
Kanonen, 7 zu 64, 5 zu 50, 2 zu 44, 4 Fregatten, 3 Sloops, 3 Brander, 2
Mörserboote, 4 Galeren und einige Transporter mit Truppen, Proviant und
Munition. An Zahl der Schiffe von 50 Kanonen aufwärts war er so dem
Gegner gleich, aber dieser gebot doch über weit schwerere. Trotzdem hielt
=d'Estaing= seine Lage für gefährlich, da die vorherrschenden südlichen
Winde einen Angriff der Engländer, besonders ihrer Brander, begünstigten,
als daher der Wind in der Nacht vom 9. auf 10. August ausnahmsweise aus
NO wehte, ließ er um 7 Uhr morgens die Ankertaue kappen, ging in See und
steuerte auf =Howe= zu. Die Fregatten in der Osteinfahrt blieben zurück,
um Sullivans rückwärtige Verbindungen zu sichern. Der englische Admiral
hatte sich am 9. für einen Angriff zu schwach gefühlt und wollte aus
gleichem Grunde jetzt in der Leestellung, in der er seine Brander nicht
verwenden konnte, nicht fechten; er wich aus. Fast zwei Tage vergingen
nun mit Manövrieren. Am Nachmittage des 11. August wäre es beinahe zur
Schlacht gekommen, aber =ein Sturm trennte die Gegner und versprengte
ihre Flotten=.

 $Die Manöver der beiden Flotten.$ =Howe= steuerte beim Herauskommen der
 Franzosen südlich in der Hoffnung, daß der Wind bald wieder nach Süden
 drehen und ihm die Luvstellung geben würde; =d'Estaing= folgte, um den
 Kampf zu erzwingen. Der Wind blieb aber ostnordöstlich und der Morgen
 des 11. August fand beide Flotten über Steuerbordbug nach SO liegen,
 die französische im Nordosten der englischen. =Howe= wollte sich nicht
 zu weit von Rhode-Island abziehen lassen und bildete nachmittags die
 Schlachtlinie über Backbordbug mit nördlichem Kurse; es ist sehr
 bemerkenswert, daß er sein Flaggschiff verließ und sich auf einer
 Fregatte einschiffte, um im Fall des Kampfes seine Flotte besser leiten
 und so ihre Schwäche durch seine Geschicklichkeit ausgleichen zu
 können[140]. =D'Estaing= legte seine Flotte gleichfalls über
 Backbordbug (gegen 4 Uhr nachm.) und näherte sich nun schnell der
 englischen, da seine schweren Schiffe bei dem zunehmenden Seegange
 besser liefen und er auch raumer steuern konnte. Er hat scheinbar
 beabsichtigt, an die englische Linie von hinten und von Lee aus
 heranzugehen, um so die Zahl der anzugreifenden Gegner bestimmen und
 auch seine untersten Batterien verwenden zu können; =Howe= ließ deshalb
 eng auf die Mitte schließen.

 [140] Dies ist der erste derartige Fall. Die Franzosen ahmten ihn
       später nach, aber das Verfahren wurde doch in beiden Marinen
       wieder aufgegeben. =Mahan= bringt (Mahan I, Seite 338) eine
       lesenswerte Betrachtung über die verschiedenen Plätze eines
       Flottenchefs -- ob an der Spitze, in der Mitte oder ganz
       außerhalb der Linie -- mit ihren Vor- und Nachteilen und
       bezeichnet den hier in Frage stehenden Platz als den
       ungeeignetsten, weil er den Admiral wahrscheinlich zum untätigen
       Zuschauer des Kampfes mache und ihm die Möglichkeit nähme, durch
       sein Beispiel zu wirken.

 Aber jetzt frischte der Wind sehr auf und schwere Regenböen setzten
 ein. Als die französische Vorhut die englische Nachhut fast erreicht
 hatte (gegen 6 Uhr), sah sich d'Estaing genötigt, in einer schweren Bö
 mit dem Flaggschiffe beizudrehen. Die anderen Schiffe folgten seinem
 Beispiele; die ganze Flotte lag unter Sturmsegeln bei. Bald wehte
 schwerer Sturm. In der Nacht verlor das Flaggschiff Bugspriet, Besan-
 sowie Fockmast und das Ruder wurde beschädigt; auch die anderen Schiffe
 litten sehr und die Flotte wurde auseinandergesprengt. Der Sturm hielt
 bis zum Nachmittag des 13. an. Um diese Zeit sah sich das Flaggschiff
 ganz allein und wurde von einem unbeschädigten englischen
 50-Kanonenschiffe angegriffen; ebenso erging es einem völlig
 entmasteten französischen 74-Kanonenschiff. Die Angegriffenen waren in
 ihrem wracken Zustande kaum fähig, sich zu verteidigen, da die
 beweglichen Gegner sie enfilierten, und nur der Einbruch der Nacht
 rettete sie; das Flaggschiff kam seinem Gegner aus Sicht, das andere
 erhielt Unterstützung. =D'Estaing= ankerte noch in der Nacht etwa 60
 Seemeilen östlich vom Kap May am Eingang zur Delawarebucht und am 14.
 trafen die anderen Linienschiffe bei ihm ein, nur eins war nach Boston
 gesegelt. -- Auch =Howes= Flotte hatte mit dicht gerefften Marssegeln
 beigedreht und wurde gleichfalls auseinandergesprengt. Ein
 50-Kanonenschiff sah sich schwer bedrängt von einem französischen
 Linienschiff, das jedoch beim Nahen anderer Engländer absegeln mußte;
 eine Sloop und ein Mörserboot wurden aber genommen. Der Admiral mit
 seiner Fregatte und nur zwei Linienschiffen sichtete am 15. die
 Franzosen auf ihrem Ankerplatze und traf dann am 17. bei Sandy Hook mit
 den übrigen Schiffen zusammen. Auch die englische Flotte war schwer
 beschädigt, aber doch weniger als die französische.

Nachdem =d'Estaing= seine Flotte nahe beim Eingang zur Delawarebucht
wieder gesammelt und die Sturmschäden notdürftig ausgebessert hatte, ging
er am 17. August nach Rhode-Island zurück und traf hier am 20. ein.
=Sullivan= hatte seine Truppen an die englische Stellung um Newport
herangeführt und seine Batterien schon bis auf 1500 Yards an die
feindlichen Werke vorgeschoben. Er bat nun den Admiral dringend, mit den
Schiffen die alte Stellung einzunehmen und aufs neue Leute zu landen, da
er allein zu einem Angriffe zu schwach sei. =D'Estaing= erklärte sich zu
der Landung bereit, aber nur, wenn der Erfolg innerhalb zweier Tage zu
erreichen sei. Er hatte erfahren, daß Byrons Ankunft bevorstehe, ja daß
einige von dessen Schiffen schon in New York angekommen seien, auch
hatten einige seiner Schiffe einen zu Howes Flotte nicht gehörenden
Dreidecker gesehen, wahrscheinlich Byrons Flaggschiff. Da nun ein so
schneller Erfolg nicht sicher stand, erklärte d'Estaing, er dürfe sich
mit seinen Schiffen dem Erscheinen eines stärkeren Feindes nicht
aussetzen, und seine Kommandanten pflichteten ihm bei; dies entsprach ja
auch völlig der Instruktion. =Am 22. segelte er nach Boston=.

 $Die Amerikaner ließen den Angriff auf Newport fallen.$ =General
 Sullivan= zog zunächst geschickt seine schwere Artillerie auf das
 Festland zurück und folgte dann, die Engländer abwehrend, mit den
 Truppen; am 31. August war er in Sicherheit. Es war hohe Zeit gewesen,
 denn am 1. September kamen von New York über See 4000 Engländer auf
 Rhode-Island an. -- Empört über die Abfahrt =d'Estaings= erließ
 =Sullivan= später einen Tagesbefehl, der die Bevölkerung der
 Nordstaaten, sowie die Milizen aus diesen Kolonien gegen die Franzosen
 aufbrachte; er hatte anscheinend vergessen, daß der Mißerfolg
 größtenteils durch sein anfängliches Nichtbereitsein verschuldet war.
 In Boston wurden sogar infolgedessen bei einem Volksauflauf zwei
 französische Offiziere verwundet, von denen einer starb. Der Kongreß
 machte diese Vorfälle durch eine Adresse an d'Estaing wieder gut, in
 der er der französischen Flotte Dank für die bisherige Unterstützung
 aussprach; auch gab man den französischen Offizieren ein großes
 Festessen in Boston, ein richtiges Verbrüderungsfest, bei dem 25
 Trinksprüche ausgebracht wurden (vgl. Lacour, Seite 174, Fußnote). In
 der Adresse wurde auch warm hervorgehoben, daß sich der französische
 Admiral bereit erklärt habe, von Boston aus durch gelandete
 Mannschaften einen Angriff auf New York zu unterstützen; ein sehr
 leichtsinniges Versprechen, wie französische Quellen mit Recht sagen,
 denn die Flotte würde die Mannschaften zur Verteidigung ihrer Stellung
 in Boston sehr nötig gebraucht haben.

$D'Estaing$ traf am 28. August $in Boston$ ein und ergriff sofort
Verteidigungsmaßregeln. Drei schwer beschädigte Linienschiffe nebst den
Fregatten legte er in den inneren Hafen, die übrigen nahmen in der
äußeren Bucht eine halbmondförmige Stellung mit den Breitseiten nach See
zu ein, die durch bereits vorhandene oder sofort aufgeworfene Batterien,
armiert mit den Geschützen und bemannt durch die Besatzungen der im
inneren Hafen liegenden Schiffe, auf den Inseln an der Einfahrt flankiert
wurde. Schon am 31. war das notwendigste fertig. Es war auch die höchste
Zeit, denn bald darauf erschien der unermüdliche Gegner.

=Admiral Howe= sammelte seine Flotte am 17. August bei Sandy Hook und
ging schon am 22. wieder in See. =Pigot= hatte die Meldung gesandt, er
könne sich gegen die Amerikaner wohl halten, sei aber verloren, wenn die
französische Flotte aufs neue erscheine. Das englische Geschwader war
zusammengesetzt wie beim ersten Auslaufen, nur trat an die Stelle eines
schwer beschädigten Schiffes ein solches von =Byron=. Unterwegs hörte
Howe, daß d'Estaing nach Boston gesegelt sei und folgte ihm. Die
feindliche Stellung dort erschien ihm aber zu stark, und da er mit
Hinblick auf den Zustand seiner Schiffe sowie auf die Wetterverhältnisse
des herankommenden Herbstes auch eine längere Blockade für untunlich
erachtete, kehrte er nach New York zurück. Bei seinem Eintreffen hier am
11. September fand er sechs weitere Schiffe Byrons vor. Bald darauf gab
er sein Kommando an diesen ab.

 =Howe ging nach England.= Er hatte schon früher aus
 Gesundheitsrücksichten die Erlaubnis hierzu erbeten und auch erhalten,
 jetzt nach Byrons Ankunft glaubte er die englische Sache auf diesem
 Kriegsschauplatze gesichert. Er kämpfte nur ungern gegen die
 Amerikaner, und allein die bevorstehende Ankunft der Franzosen bewog
 ihn zum Bleiben. Er war ferner, wie die meisten tüchtigen Seeoffiziere,
 empört über die Nachlässigkeiten und Fehler der Admiralität und trat in
 England schroff gegen den Ersten Lord auf, weshalb er auch erst nach
 dessen Rücktritt 1782 wieder aktiv verwendet wurde.

$D'Estaing segelt nach Westindien. Die Engländer folgen.$ Mit dem
Einlaufen der französischen Flotte in Boston und der Ankunft Byrons in
Nordamerika schlossen die größeren Unternehmungen der Seestreitkräfte auf
diesem Kriegsschauplatze für das Jahr 1778, denen allerdings auch der
Eintritt der schlechten Jahreszeit ein Ende gemacht haben würde.
=D'Estaing= mußte zunächst seine Schiffe gründlich ausbessern, bei dem
Mangel an Material in Boston eine schwierige Aufgabe. Der Kapitän
=Suffren= schlug nun vor, aus einigen gefechtsbereiten Schiffen eine
fliegende Division zu bilden und mit dieser Vorstöße gegen
Neubraunschweig zu machen. Die Instruktion für den Admiral empfahl dies
ja auch, aber doch mehr noch die Verwendung der Flotte in Westindien,
zumal bei Überlegenheit der englischen Flotte; =d'Estaing= entschied sich
hierfür und erwartete eine günstige Gelegenheit zum Segeln. Zunächst
mußte er zwar noch auf einen Angriff gefaßt sein, da es hieß, =Byron= sei
am 18. Oktober von New York in See gegangen, als dieser aber in den
nächsten vierzehn Tagen nicht erschien und ein baldiges Auslaufen auch
dadurch geboten war, daß man in Boston kaum noch Lebensmittel erhalten
konnte, wurden die gelandeten Geschütze sowie Mannschaften eingeschifft
und die Flotte seeklar gemacht. Am 2. November wehte ein schwerer Sturm,
so daß man annehmen konnte, die englische Flotte sei aus der Nähe
vertrieben. Kurz vorher waren amerikanische Freibeuter mit Prisen
eingelaufen, die Lebensmittel für das englische Heer geladen hatten. Die
Flotte wurde so wenigstens für die Reise versorgt und trat diese am 3.
November an.

Vizeadmiral =John Byron= hatte am 8. Juni England mit 13 Linienschiffen
-- 1 zu 90 Kanonen, 11 zu 74, 1 zu 64 -- und einer Fregatte verlassen.
Stürmische Gegenwinde versprengten auf der Reise die Flotte. Die Schiffe
waren mangelhaft bemannt, schlecht ausgerüstet -- das Tauwerk vielfach
nicht neu, sondern nur umgeschlagen -- und litten in den Stürmen schwer.
Nach 67 tägiger Reise traf das Flaggschiff allein bei Long Island ein und
sichtete hier die auf ihrer zweiten Fahrt nach Rhode-Island befindliche
französische Flotte. Gänzlich ohne Nachricht über die Lage in
Nordamerika, wagte Byron weder New York noch die Narragansettbucht
anzusteuern, sondern segelte nach Halifax; seine Schiffe sammelten sich
teils hier, teils in New York. Seine Ankunft gab nun zwar den Engländern
eine große Übermacht in den amerikanischen Gewässern, aber der Zustand,
in dem sich sowohl Byrons wie Howes Schiffe befanden, schloß größere
Unternehmungen vorläufig aus. =Byron= traf persönlich am 26. September in
New York ein, vermochte aber erst am 18. Oktober mit 16 Linienschiffen in
See zu gehen. Er nahm Kurs auf Boston, seine Schiffe wurden jedoch durch
den Sturm am 2. November aufs neue beschädigt und teils nach New York
teils nach der Narragansettbucht zurückgetrieben. So konnten die
Franzosen segeln.

Das Auslaufen der englischen Flotte sollte anscheinend einer von New York
nach Westindien bestimmten Expedition den Weg freihalten. Da auch der
Landkrieg im nördlichen Amerika während des Winters zum Stillstand kam,
hatte =Clinton= Befehl erhalten, 5000 Mann nach Westindien abzugeben. Mit
diesen verließ ein Konvoi von Transportern am 4. November New York,
gedeckt durch zwei 64-, zwei 50-Kanonenschiffe, zwei Fregatten und ein
Mörserboot unter =Kommodore William Hotham=; diese Expedition segelte
gleichzeitig und parallel mit der französischen Flotte, ohne daß die eine
von der anderen wußte. Auf der Breite der Bermuda-Inseln fielen nach
einem Sturme drei versprengte Transporter den Franzosen in die Hände,
aber die Besatzungen verrieten ihren Bestimmungsort nicht. D'Estaing
nahm Antigua an, kreuzte auf seiner weiteren Reise zwei Tage bei dieser
Insel, ohne etwas von dem Konvoi zu sehen, und traf dann am 9. Dezember
in Martinique ein. Die englische Expedition erreichte am 10. Barbados.
Der Aufenthalt bei Antigua hat vielleicht dazu beigetragen, daß die
französische Flotte die Eroberung der Insel Sta. Lucia durch die
Engländer nicht hindern konnte.

=Byron= segelte am 16. Dezember mit 10 Linienschiffen von der
Narragansettbucht ab und traf am 6. Januar 1779 in Sta. Lucia ein; damit
wurde für das Jahr 1779 Westindien zum Schauplatz des großen Seekrieges,
wo bisher nur geringe Streitkräfte der Gegner tätig gewesen waren.

                   *       *       *       *       *

$Der Landkrieg in Nordamerika 1778/79$ brachte =in den nördlichen
Staaten= keine Ereignisse von Bedeutung. =Washington= war zwar dem von
Philadelphia abziehenden englischen Heere gefolgt und hatte dann eine
Stellung im Norden und Westen New Yorks bezogen, sah aber von einem
Angriff auf die Stadt ab, als die französische Flotte ihre Unterstützung
verweigerte. Er mußte seine ganze Kraft daransetzen, Rekruten zu werben,
den Kongreß zu Maßregeln zu bewegen, um die Offiziere an die Fahne zu
fesseln, und den Widerstand zu brechen, den ihm einige höhere Führer
entgegensetzten. Der General hielt um diese Zeit die amerikanische Sache
fast für verloren. Aber auch die englische Armee unternahm nichts von
Bedeutung, und so kam es zwischen den Hauptheeren nur zu kleineren
Zusammenstößen. An den Grenzen von Kanada verwüsteten von den Engländern
aufgereizte Indianer und Loyalistentrupps die amerikanischen Gebiete.
Auch 1779 änderte sich nichts; die Gegner lagen sich nur beobachtend
gegenüber. Zu erwähnen sind einige Unternehmungen der englischen
Seestreitkräfte; sie waren gegen die Stellung Washingtons und gegen die
Küstenstädte gerichtet, von denen die amerikanische Freibeuterei ausging.

 $Kleinere Unternehmungen der englischen Seestreitkräfte$ (Näheres
 hierüber vgl. Campbell, Band V, Seite 490 ff.). Am 30. Mai 1779 ging
 eine Flottille von einem Linienschiff und vier kleineren Fahrzeugen
 unter Kommodore =Sir George Collier= -- Befehlshaber der Station von
 der Abfahrt Byrons bis zum Eintreffen des Vizeadmirals =Arbuthnot= am
 3. November -- den Hudson hinauf und zerstörte die Forts Stoney Point
 und Verplanks Neck, die =Washington= an den beiden Ufern des Flusses
 zur Sicherung des Verkehrs zwischen den Staaten östlich und westlich
 des Hudson erbaut hatte. Washington sah sich dadurch gezwungen, seine
 Stellung weiter nördlich in das hüglige Gelände bei Westpoint zu
 verlegen. -- Im Juli führte =Collier= eine Expedition gegen die Städte
 Newhaven, New London, Fairfield und andere an der Küste von Connecticut
 und vernichtete zahlreiche Freibeuterschiffe, die von hier aus den
 Verkehr New Yorks unsicher machten, sowie Arsenale und Magazine; einige
 Orte wurden völlig eingeäschert. -- Ende Juli berannten die Amerikaner
 mit Land- und Seestreitkräften einen starken Posten, den die Engländer
 von Halifax aus an der Mündung des Penobscot, fast an der Grenze
 zwischen Maine und Neubraunschweig, angelegt hatten. =Collier= erschien
 am 13. August mit einem Linienschiffe, drei Fregatten und drei Sloops
 zum Entsatz. Die ganze dort befindliche amerikanische Flottille, 3
 Schiffe von 24-32 Kanonen, 16 von 10-22 und eine große Zahl von
 Transportern, ward vernichtet.

=In den südlichen Staaten= erzielten die Engländer 1779 einige Erfolge.
Wie man von New York Verstärkungen nach Westindien abgezweigt hatte, so
hielt man im Norden die Winterruhe für geeignet, auch den im Jahre 1776
gescheiterten Versuch zur Unterwerfung der Kolonien Carolina und Georgia
zu wiederholen. Am 27. November 1778 segelte =Oberst Campbell= mit einem
Truppentransport von New York, begleitet von einer Fregatte und drei
kleinen Fahrzeugen, unter =Kapitän Hyde Parker=; vier Wochen später ward
=Savannah (Georgia) in Besitz genommen=. Gleichzeitig rückte =General
Prevost= von der treugebliebenen Kolonie Florida vor, vereinigte sich mit
Campbell, übernahm den Oberbefehl und vertrieb die Amerikaner aus ganz
Georgia. Nun verstärkte der Kongreß die Truppen hier, und =General
Lincoln= trat den Engländern entgegen. Er hinderte deren Vordringen in
Carolina und zwang sie, von Charleston, wo sie am 11. Mai 1779 erschienen
waren, auf Savannah zurückzugehen. Dann trat für die heißen Sommermonate
Waffenruhe ein, bis im September =d'Estaing= mit der französischen Flotte
und dem amerikanischen Heere eine erfolglose Belagerung Savannahs
eröffnete, deren Verlauf später zur Darstellung gelangt.

Im Mai 1779 unternahm =Kommodore Collier= eine Expedition =nach
Virginien=, wo die Amerikaner an den Küsten der Chesapeakebucht Material
für den Seekrieg anhäuften. Er verließ am 5. Mai mit einem Linienschiff,
einer Fregatte, einigen kleineren Fahrzeugen, sowie 2500 Soldaten New
York und erreichte am 9. Hampton. Hier blieb das Linienschiff, während
die anderen Fahrzeuge in die südlichen Flüsse der Bucht eindrangen.
Norfolk und Portsmouth, die wichtigsten Plätze, wurden besetzt, aber auch
der James- sowie der Yorkfluß heimgesucht. Eine große Zahl von kleineren
Kriegsschiffen, Freibeutern und Kauffahrern, sowie Vorräte für die
amerikanischen Heere fiel den Engländern in die Hände. Brauchbares ward
mitgenommen, alles übrige sowie Magazine und Arsenale zerstört. =Collier=
schlug vor, in Norfolk einen Waffenplatz zu errichten, um dem Gegner die
Chesapeakebucht als Zufuhrweg zu verlegen, aber =Clinton= scheint das
damals noch nicht für zweckmäßig gehalten zu haben. Er rief die
erfolgreiche Expedition schon Ende Mai zurück, wahrscheinlich hielt er
die obenerwähnten Vorstöße auf dem Hudson und an der Küste von
Connecticut zunächst für wichtiger.

 =Mit der Eroberung Georgias und dem Einfall in Virginien= setzte im
 Jahre 1780 in den Südstaaten seitens der Engländer eine Kriegführung in
 großem Maßstabe ein. Sie schloß mit der Übergabe des englischen Heeres
 bei Yorktown (Oktober 1781), und diese Katastrophe beendete den Krieg.
 =Mahan= urteilt hierüber (Clowes, Band III, Seite 442): »daß die
 Aufnahme des Kampfes in den Südstaaten falsch gewesen sei; es sei
 derselbe Fehler, aber in noch größerem Maße, begangen, den General Howe
 gemacht, als er 1777 nach dem Delaware zog. Man habe das so schon
 ungenügende Heer in zwei Teile gespaltet, die ohne unmittelbare
 Verbindung gewesen wären.« Das Urteil ist richtig, denn die Verbindung
 war nur gesichert, solange England die See beherrschte, da am Lande der
 Feind zwischen den beiden Heeresteilen stand; die Seeherrschaft ward
 aber den Engländern mehrfach, und gerade in entscheidenden
 Augenblicken, mit Erfolg streitig gemacht.

$Bemerkungen zu der Kriegführung in den nordamerikanischen Gewässern
1778.$ Bei der Beurteilung der Kriegführung in Europa (Seite 257) wurde
dargelegt, daß England selber verschuldet hat, wenn seine Lage in
Nordamerika durch das Erscheinen der französischen Flotte dort mißlich
wurde. Einen weiteren Fehler beging es dadurch, daß es New York und
Newport nicht durch Anlage von Befestigungen gegen jeden Angriff von See
aus unbedingt sicherte, was bei der damaligen Beschaffenheit der Schiffe
möglich war; man hätte sich dadurch sichere Stützpunkte für die eigenen
Seestreitkräfte geschaffen, deren Aufgaben sehr vereinfacht und auch das
Heer entlastet. Wie die Sache tatsächlich lag, hat England es nur der
Wachsamkeit, Schnelligkeit und Erfahrung seines Admirals zu verdanken,
daß es nicht folgenschwere Niederlagen erlitt.

=Howe= erkannte die drohende Gefahr im Mai, einige Wochen nachdem die
französische Flotte Toulon verlassen hatte. Er mußte nun seine auf der
ganzen Küste verteilten Schiffe sammeln, den Troß eines ansehnlichen
Heeres einschiffen und den Delaware hinabführen, nach Sandy Hook segeln
und die Truppen von dort nach New York bringen, endlich eine
Verteidigungsstellung einnehmen. Er löste diese vielseitige Aufgabe,
indem er alles persönlich überwachte und durch seine Gegenwart den Eifer
wie die Leistungen der Offiziere und Mannschaften belebte; mit diesen
Eigenschaften bildete der Admiral einen scharfen Gegensatz zu seinem
Bruder, dem General. Er gewann seinem Gegner beständig Zeit ab. Vor dem
Delaware war =d'Estaing= 10 Tage gegen ihn im Rückstande, bei Sandy Hook
schon 12. Sobald dann die französische Flotte nach Süden segelte, ohne
anzugreifen, ließ =Howe= sie beobachten und rüstete sich schleunigst zu
ihrer Verfolgung; obgleich 6 Tage durch ungünstige Wind- und
Gezeitenverhältnisse in New York festgehalten, erschien er doch nur einen
Tag nach d'Estaings Einsegeln in der Narragansettbucht vor dieser.

Seine Lage hier war vorzüglich. Die vorherrschenden Winde sicherten ihm
die Luvstellung, und schon beim Herauskreuzen wären die feindlichen
Schiffe der Gefahr ausgesetzt gewesen, einzeln angegriffen zu werden.
Mutvoll und auf seine seemännische Geschicklichkeit vertrauend, nahm Howe
auch die Gefahr in den Kauf, daß der Wind dem Feinde günstig sein könne.
Wenn dies auch eintrat, so war das Glück doch dem englischen Admiral
insofern hold, als ihm der Sturm zu Hilfe kam. Dann war seine Flotte
schon nach 10 Tagen wieder see- und gefechtsbereit, obgleich die meisten
der Schiffe seit zwei Jahren auf einer Station in Dienst gewesen waren,
auf der es an leistungsfähigen Werften mangelte. So schlug =Howe= durch
seine Tüchtigkeit =d'Estaing= auf allen Punkten; kaum ein Schuß war
gewechselt und trotzdem hatte die schwächere Flotte entschiedene Vorteile
errungen. Allerdings war der Führer der Franzosen dem englischen gerade
in Seemannschaft nicht gewachsen und ähnlich standen die Besatzungen der
beiden Flotten zueinander. Dies dürfte sich auch daraus ergeben, daß die
französischen Schiffe in den Stürmen mehr litten als die englischen,
obgleich sie weit später die heimischen Werften verlassen und doch Zeit
genug gehabt hatten, sich einzuüben.

Die französische Expedition hätte den schwächern Engländern gegenüber
großen Erfolg haben können, wenn =d'Estaing= schneller und unternehmender
gewesen wäre, aber man darf diesen dennoch nicht zu hart beurteilen.
Inwieweit die lange Überfahrt seine Schuld ist, läßt sich kaum
entscheiden. Der Gegner gebot in Nordamerika immerhin über eine
bedeutende Macht und die französische Flotte mußte unbedingt geschlossen
an ihrem Ziele eintreffen; im Segeln in großen Verbänden hatten aber die
Franzosen keine Übung, da mußte das Zusammenhalten die Reise verzögern.
In welchem Zustande brachte denn =Byron= die Flotte der sonst an
Seemannschaft so überlegenen Engländer über den Ozean? Nur Glück war es,
daß nicht eine Anzahl seiner versprengten Schiffe dem Feinde in die Hände
fielen; allerdings hatte er sehr schlechtes Wetter. =D'Estaings= Zögern
bei Sandy Hook ist gleichfalls zu verstehen, denn er befand sich an einer
Küste, die der französischen Marine völlig unbekannt war. Bei dem
damaligen Stande des Kartenwesens konnte man Lotsen nicht entbehren, und
für solche rechtzeitig zu sorgen, wäre Sache der Amerikaner gewesen.

=D'Estaing= mußte ferner zunächst mit =Washington= über ihr gemeinsames
Vorgehen in Verbindung treten, und da gerade dieser den Angriff auf New
York im Auge hatte, mußte der Admiral einen solchen mit Hilfe von Lotsen
für aussichtsvoll halten, und es kam dann kaum in Betracht, wenn einige
Tage mit den Vorbereitungen verloren gingen. Von dem Angriff sah
=d'Estaing= infolge der Weigerung der Lotsen sowie der Ergebnisse der
eigenen Auslotungen ab; die Annahme ist erlaubt, daß die meisten in
seiner Lage ebenso gehandelt hätten. Bemerkenswert ist, daß sogar ein
Seemann wie =Suffren= -- gleicherweise andere tüchtige Offiziere des
Kriegsrates -- nicht für den Angriff eingetreten ist. Hätte er es getan
wie bei Sta. Lucia 1779 in einer ganz ähnlichen Lage, so würde dies
sicher überliefert sein, zumal da der Admiral unbeliebt war und ihm
gerade Mangel in seemännischer Kenntnis vereint mit Nichtbeachtung
technischer Ratschläge vorgeworfen wurde. Ein =Nelson= und ein =Farragut=
haben allerdings gleich gefährliche Unternehmungen durchgeführt.

 Man hat sich gefragt, ob =d'Estaing= zum Aufgeben des Angriffes, der
 schwere Opfer kosten und seine Flotte für lange Zeit lahmlegen konnte,
 nicht auch durch andere Rücksichten als rein militärische bestimmt
 worden sei. New York war der Mittelpunkt der englischen Macht, sein
 Fall mußte den Krieg mit den Kolonien schnell dem Ende nähern. Dies lag
 aber gar nicht im Interesse Frankreichs, da England dann ihm gegenüber
 die Hände freibekommen hätte. Sicher ist, daß die französische
 Regierung so dachte, mithin möglich, daß der Admiral geheime Weisungen
 in diesem Sinne erhalten hatte.

An der Verzögerung des Angriffes auf Newport war zunächst die
Unfertigkeit der Amerikaner schuld. Daß =d'Estaing= sich dadurch
hinhalten ließ und daß er das kaum begonnene Unternehmen beim Erscheinen
der englischen Flotte wieder aufgab, beruht wohl auf seiner
Unerfahrenheit zur See. Er war zweifellos ein tapferer und unternehmender
Soldat, unterschätzte jedoch hier sowie späterhin die Kraft seiner
Seestreitkräfte. Er wagte die nur schwache Stellung der Engländer ohne
Mitwirkung der amerikanischen Truppen nicht anzugreifen und fühlte sich
auf seinem Ankerplatz unsicher, obgleich ihm kaum eine Gefahr drohte;
tatsächlich hielt ja der erfahrene Seemann =Howe= die Stellung der
französischen Flotte für zu stark. Er hätte sicher seine Aufgabe
durchführen und dann erst bei günstigem Winde ausbrechen können. Auch daß
er nach dem Inseegehen den Gegner nicht zum Gefecht bringen konnte, ehe
der Sturm aufkam, scheint an seinem geringeren seemännischen Geschick
Howe gegenüber zu liegen. Seine spätere Vorsicht und das Absegeln nach
Westindien, als Byron erschien, entsprachen den erhaltenen Weisungen.
Diese englische Verstärkungsflotte hätte Frankreich schon in Europa
festhalten müssen und können (vgl. Seite 257).

Wenn nun auch die französische Expedition nicht die erwarteten Erfolge
brachte, so nützte sie doch den Amerikanern. Sie zwang England zum
Aufgeben der Stellung am Delaware, schaffte dadurch =Washington= Luft und
ließ als ein Zeichen der Schwäche Englands dessen letzten Versuch zur
Versöhnung scheitern. Der Aufenthalt der französischen Flotte an der
Küste hielt ferner =Clinton= von tatkräftigem Vorgehen gegen Washington
ab und erleichterte die Versorgung der Kolonien mit Zufuhren über See.
Der den Engländern zugefügte unmittelbare Schaden -- die Vernichtung
einiger Kriegsschiffe, das Aufbringen von Transportern und
Handelsfahrzeugen -- war dagegen kaum nennenswert.

                   *       *       *       *       *

$In Westindien$ hatten beide Parteien auf ihren zwei Stationen --
England: Hauptstützpunkt Barbados für die Kleinen Antillen und Jamaika;
Frankreich: Martinique für die kleinen Antillen und St. Domingue (Cap
Français)[141] -- nur geringe Streitkräfte, Fregatten und kleinere
Fahrzeuge. In Frühjahr 1778 sandte England die Admirale =Samuel
Barrington=[142] mit zwei Linienschiffen nach Barbados und =Sir Peter
Parker= mit einem solchen nach Jamaika. Diese sollten die
Feindseligkeiten erst auf Befehl beginnen, die Franzosen kamen ihnen aber
zuvor.

 [143] Cap Français oder Le Cap vgl. Fußnote Seite 176.

 [144] =Samuel Barrington=, geboren 1728, Kapitän 1747, Kontreadmiral
       1778, Vizeadmiral 1779, Admiral 1787, gestorben 1800. Als
       tüchtiger Seeoffizier von schnellem Entschluß hatte er sich schon
       im Siebenjährigen Kriege in verschiedenen Einzelgefechten
       ausgezeichnet.

 Wie bereits erwähnt, spielten sich die größeren Ereignisse des Krieges
 auf der Station der Kleinen Antillen ab. Bei den Großen Antillen wurde
 nur der Kleine Krieg geführt, dessen Vorfälle -- Aufbringen von
 Handelsschiffen, Einzelgefechte von Kriegsschiffen -- man in den
 Spezialwerken der beiden Marinen findet.

Am 17. August 1778 überbrachte eine Fregatte dem Generalgouverneur der
französischen Kleinen Antillen, =Marquis de Bouillé=, mit der Nachricht
von den ersten Gewalttaten der Engländer im Kanal den Befehl zur
=Eroberung Dominicas=. Diese vorher neutrale Insel war 1763 an England
gefallen, Frankreich wollte sich jetzt ihrer bemächtigen nicht nur zur
Erweiterung seines Besitzes, sondern auch um seine militärische Stellung
zu stärken, da sie zwischen den beiden wichtigsten französischen Inseln,
Martinique und Guadeloupe, in Sicht von diesen lag. Ihre Befestigungen
waren zwar stark, die Besatzung aber nur schwach. =Bouillé= segelte am 6.
September mit drei Fregatten, einer Korvette, 1200 Soldaten und 1000
Freiwilligen, Kreolen und Farbigen, in wenigen Stunden von Martinique
nach der Hauptstadt Dominicas, Le Roseau jetzt Charlottetown, hinüber,
und der englische Gouverneur unterzeichnete schon am nächsten Tage die
Übergabe, um unnützes Blutvergießen zu vermeiden. Gut gehaltene Werke mit
164 Kanonen sowie 48 Mörsern und reiche Vorräte fielen den Franzosen in
die Hände; sie waren jetzt im Besitz der vier in einer Linie liegenden
Inseln Sta. Lucia, Martinique, Dominica, Guadeloupe.

$Der Kampf um Sta. Lucia.$ =Barrington= hatte auf ausdrücklichen Befehl
in Barbados auf Weisungen gewartet und auch nichts von dem schnell und
geheim vorbereiteten Unternehmen =Bouillés= erfahren, sonst hätte er es
wohl leicht verhindert, da er über zwei 74-Kanonenschiffe verfügte. Er
erwies sich als tüchtiger und schnell entschlossener Führer. Als am 10.
Dezember 1778 der Kommodore =Hotham= mit 7 Kriegsschiffen nebst dem
Transporte von New York eintraf, beließ =Barrington= die Truppen an Bord,
ging schon am 12. zum =Angriff auf Sta. Lucia= in See und sandte Kreuzer
voraus, um zu verhindern, daß durch Handelsschiffe Nachricht dorthin
gelange. Die Insel, gleichfalls früher neutral und 1763 an Frankreich
gefallen, war strategisch wichtig für England, da man von ihr aus leicht
Martinique mit dem Haupthafen der französischen Antillen, Fort Royal,
beobachten konnte. Sie wurde fast ohne Kampf am 13. und 14. Dezember
genommen.

[Illustration: Samuel Barrington.]

 $Eroberung Sta. Lucias durch die Engländer.$ Am 13. Dezember 1778
 ankerte =Barrington= in der Bucht Cul de Sac auf der Westseite der
 Insel, landete einen Teil der Truppen und besetzte die Batterien am
 Strande sowie eine Höhe, die von Norden die Bucht beherrschte; die
 schwache französische Besatzung konnte bei Räumung der Werke nicht
 einmal die Geschütze vernageln. Am nächsten Tage bemächtigten sich die
 Engländer ebenso leicht eines Werkes auf der Höhe Morne de La vierge im
 Norden der benachbarten Bucht La Carenage (an der jetzt die Hauptstadt
 der Insel, Castries, liegt). wodurch sie auch diesen Ankerplatz
 beherrschten, und besetzten gleichfalls die damalige weiter im Innern
 gelegene Hauptstadt Morne fortuné. Der französische Gouverneur zog sich
 mit einigen hundert Soldaten und Milizen in die Berge zurück.

Aber bereits am 14. Dezember abends erschien =Vizeadmiral d'Estaing= mit
den 12 Linienschiffen, die er von Nordamerika hergeführt hatte, und den
Fregatten de Bouillés. Er war am 9. in Martinique angelangt und hatte den
Oberbefehl zur See übernommen. Er sollte nicht Eroberungen machen,
sondern nur englische Inseln überfallen, deren Befestigungen schleifen,
Kriegsmaterial und Garnisonen hinwegführen. Hätte er nun sofort einen
Aufklärungsdienst angeordnet, wo er wußte, daß =Hotham= angelangt sei,
würde er die Wegnahme Sta. Lucias leicht haben hindern können. So erfuhr
er erst am 13. durch einen amerikanischen Freibeuter die Abfahrt der
Engländer von Barbados. Er ging nun mit etwa 3000 Soldaten und Milizen am
14. in See und sichtete abends das englische Geschwader bei Sta. Lucia,
das er auf dem Wege nach Grenada geglaubt hatte. Trotz seiner großen
Übermacht an Zahl und Stärke der Schiffe (vgl. Seite 260) vermochte er
die Insel nicht zurückzuerobern, da =Barrington= bereits festen Fuß
gefaßt hatte und sich jedem Angriffe zu Wasser wie zu Lande gewachsen
zeigte.

 $Erfolgloser Angriff der Franzosen auf Sta. Lucia.$ =Barrington= war
 gerade in Besitz der Küste von La Vierge bis zum Südende des Cul de Sac
 gelangt und beabsichtigte, seine Schiffe in die sicherere Bucht Le
 Carenage zu legen, als eine Fregatte das Nahen der Franzosen meldete
 und diese auch von den Höhen gesichtet wurden. Er legte nun während der
 Nacht seine sieben Schiffe von über 50 Kanonen (nur zwei zu 74) in eine
 Linie am Eingange des Cul de Sac, wobei er die an den Strand sich
 anlehnenden Flügel durch Wahl der stärksten Schiffe und durch quer
 gelegte Fregatten gegen Umgehung sicherte; die Soldaten setzten die
 eben genommenen Werke in Gefechtsbereitschaft. =D'Estaing= steuerte am
 15. mit Tagesanbruch in die Bucht Le Carenage, um von hier aus den
 französischen Garnisonen Hilfe zu bringen, ein lebhaftes Feuer von La
 Vierge belehrte ihn erst, daß auch diese Bucht schon im Besitz des
 Feindes sei, und daß es sich nicht um Entsatz, sondern um
 Wiedereroberung der Insel handele. Er beschloß, das englische
 Geschwader anzugreifen. Um 11-1/2 Uhr vormittags führte er seine Flotte
 in großem Abstande an den englischen Schiffen vorüber, wechselte mit
 ihnen Schüsse und wiederholte dieses Manöver einige Stunden später;
 nennenswerte Verluste oder Beschädigungen erlitt keiner der Gegner, die
 Engländer verloren nur drei Tote.

 Es ist nun wahrscheinlich, daß die Franzosen an diesem Tage wegen
 Windstille unter Land nicht näher herankommen konnten, aber auf eine
 günstige Gelegenheit hierzu war mit Sicherheit früher oder später zu
 rechnen. Trotzdem entschied sich =d'Estaing=, die englische Stellung zu
 Lande anzugreifen. Er ankerte in einer Bucht nördlich von Le Carenage,
 schiffte die Landtruppen sowie etwa 4000 Mann der Flotte aus und
 marschierte am 18. gegen La Vierge. Da aber der Hügel mit dem Fort auf
 dem Ende einer niederen Landzunge lag, gerieten die Franzosen in ein
 vernichtendes Feuer, und drei durch d'Estaing und de Bouillé persönlich
 geführte, mit größtem Mute unternommene Angriffe wurden unter Verlust
 von 41 Offizieren und 800 Mann an Toten und Verwundeten abgeschlagen.
 Noch am Abend des 18. schiffte man sich wieder ein. Der Admiral zog nun
 doch den Angriff des englischen Geschwaders in Betracht. Er ließ durch
 eine Fregatte vor dem Cul de Sac die Windverhältnisse beobachten, und
 als diese am 24. günstig erschienen, lichtete er Anker. =Barrington=
 hatte aber die Frist benutzt, seine Schiffe weiter in die Bucht zu
 legen, wohin die Seebrise seltener kam und wo er noch sicherer vor
 Umgehung der Flügel war; auch die Zahl der Batterien am Lande war
 vermehrt. =D'Estaing= erachtete jetzt wohl die feindliche Stellung für
 zu stark oder den Tag zu weit vorgeschritten und nahm den alten
 Ankerplatz wieder ein. Als er hier am 28. Dezember erfuhr, daß =Byron=
 mit seiner Flotte in Westindien erwartet würde, gab er das Unternehmen
 gegen Sta. Lucia vorläufig auf.

=D'Estaing= segelte am 29. Dezember nach Martinique zurück und am 30.
unterzeichnete der französische Gouverneur die Übergabe von Sta. Lucia.
Die Insel blieb während des Krieges englischer Besitz und bewährte 1782
ihre strategische Wichtigkeit; von ihr aus beobachtete =Rodney= die
französische Flotte vor seinem großen Siege.

$D'Estaing erobert St. Martin, St. Barthélemy, St. Vincent und Grenada
1779.$ Die ersten Monate des Jahres verliefen ohne größere Ereignisse,
obgleich die Seestreitkräfte auf beiden Seiten ansehnlich verstärkt
wurden. Am 6. Januar traf =Vizeadmiral John Byron=[143] mit 10
Linienschiffen von Nordamerika in Sta. Lucia ein und übernahm den
Oberbefehl; in der zweiten Hälfte des Februar führte ihm Kontreadmiral
=Joshua Rowley=, der im Dezember England mit einem Konvoi Kauffahrer
verlassen hatte, noch 7 Linienschiffe zu. Zu d'Estaings Flotte stieß am
12. Februar mit 4 Linienschiffen der Chef d'Escadre =Comte de Grasse=,
der am 14. Januar von Brest abgesegelt war. Die Gegner waren zu dieser
Zeit also annähernd gleich stark. Vorher hatte =d'Estaing= einen Erfolg
gehabt. Am 11. Januar war er aufs neue vor Sta. Lucia erschienen, als
aber seine Fregatten dort 15 Linienschiffe zählten und damit die Ankunft
Byrons feststellten, ging er nach Martinique zurück, doch ließ er $St.
Martin und St. Barthélemy$ durch kleine Schiffe überrumpeln. Am 26. April
traf eine neue französische Verstärkung von 2 Linienschiffen, 2 Fregatten
sowie 3 Korvetten unter dem Chef d'Escadre =Marquis de Vaudreuil= ein;
diese Division hatte schon im Dezember Brest verlassen, aber zunächst
einen Vorstoß gegen die englischen Besitzungen in Westafrika gemacht.

 [143] =John Byron=, der Großvater des Dichters Lord Byron, geboren
       1723, machte als Midshipman auf der Fregatte »Wager« =Ansons=
       Weltumsegelung mit, litt aber schon 1741 in der Magelhaenstraße
       Schiffbruch und geriet bis 1745 in spanische
       Kriegsgefangenschaft; 1746 war er Kapitän. Im Siebenjährigen
       Kriege schleifte er 1760 als Befehlshaber eines kleinen
       Geschwaders die Befestigungen von Louisbourg und brachte
       Freibeuter im Lorenzgolf auf, 1761 nahm er teil an der Expedition
       gegen Belle-Ile. Von 1764 bis 1766 leitete er die Erdumsegelung
       zweier Schiffe besonders zum Zweck der Erforschung der Südsee,
       die aber wenig Ergebnis hatte. Er wurde 1775 Kontreadmiral, 1780
       Vizeadmiral der blauen Flagge. In der Schlacht bei Grenada erwarb
       er keinen Ruhm und ging wieder nach Nordamerika. Er war ein
       tüchtiger Seemann, aber kein Flottenchef, auch kein bedeutender
       Entdecker und wurde später nicht mehr verwendet. 1780 ward er
       Vizeadmiral der weißen Flagge und starb 1786. Über seine
       Weltumsegelung vgl. Clowes Band IV, Seite 117.

Auch =Byron= war im Januar vor Fort Royal erschienen, um den Feind
herauszulocken und ließ dann gegen französische Verstärkungen kreuzen;
beides ohne Erfolg. Anfang Juni mußte er Sta. Lucia auf längere Zeit
verlassen. Bei St. Christoffer hatte sich ein großer Konvoi von
Handelsfahrzeugen gesammelt, für dessen sichere Abfahrt er
verantwortlich war; mit Rücksicht auf die große französische Flotte begab
er sich mit sämtlichen Schiffen dorthin.

=D'Estaing= erhielt hiervon Kenntnis und benutzte die Gelegenheit. Am 9.
Juni sandte er 2 Linienschiffe, 2 Fregatten und 6 kleinere Fahrzeuge mit
400 Soldaten gegen $St. Vincent$. Am 17. traf die Expedition bei der
Insel ein und bemächtigte sich leicht der Hauptstadt Kingstown. Wenn auch
die englische Garnison von 7 Kompagnien nicht als schwach gelten konnte,
so mußte doch der Gouverneur mit den Eingeborenen rechnen, die den
Engländern feindlich gesinnt waren, und den Franzosen ihre Hilfe
angeboten hatten. Am 27. Juni stieß nun noch eine dritte Verstärkung zur
französischen Flotte, der Chef d'Escadre =La Motte-Picquet=, der am 1.
Mai mit 4 Linienschiffen, einem 50-Kanonenschiffe, 3 Fregatten und einem
großen Konvoi von Transportern (Zufuhren für die Flotte und die Inseln)
sowie Handelsschiffen Frankreich verlassen hatte. =D'Estaing= hielt sich
jetzt für stark genug, größeres zu unternehmen. Ohne den angekommenen
Schiffen nach der langen Reise Ruhe zu gönnen, ging er schon am 30.
Januar mit seiner ganzen Flotte von 24 Linienschiffen in See, um den
Hauptstützpunkt der Engländer, Barbados, anzugreifen; er hoffte, daß dann
auch Sta. Lucia fallen würde. Da jedoch der Wind für den Kurs nach dieser
Insel ungünstig war, bemächtigte er sich $Grenadas$. Am 2. Juli ankerte
er vor Georgetown, setzte 1200 Mann an Land und nahm, auch hier
persönlich führend, eine die Stadt beherrschende Höhe, nach der sich die
nur etwa 70 Mann starke Garnison zurückgezogen hatte. Am 4. ward die
Insel übergeben, eine Kriegssloop und 30 reichbeladene Kauffahrer fielen
den Franzosen in die Hände.

$Die Schlacht bei Grenada, 6. Juli 1779.$ Aber schon am 5. Juli erhielt
=d'Estaing= die Nachricht, daß die englische Flotte St. Vincent passiert
habe und herankomme. =Byron= war am 6. Juni mit dem Konvoi von St.
Christoffer abgefahren, hatte ihn in Sicherheit gebracht und traf dann am
1. Juli in Sta. Lucia ein. Auf die Nachricht, St. Vincent sei gefallen
und Grenada bedroht, ging er am 3. in See, um diese Insel zu schützen;
von der letzten Verstärkung der Gegner wußte er noch nichts, von der
vorletzten wahrscheinlich nichts Genaues. Am 6. morgens langte er an der
Nordwestspitze Grenadas an und es kam noch am selben Tage zur Schlacht.

 $Die französische Flotte$ zählte nach Troude: 2 Schiffe zu 80 Kanonen,
 11 zu 74, 7 zu 64, 4 zu 50 und einige Fregatten; $die englische$ nach
 Clowes: 1 Schiff zu 90, 11 zu 74, 1 zu 70, 7 zu 64, 1 zu 60, 1 Fregatte
 als Signalwiederholer und 26 Transporter mit Truppen sowie
 Kriegsmaterial.

Als =d'Estaing= am 5. Juli das Nahen der englischen Flotte erfuhr, blieb
er vor Anker liegen, um nicht bei den nur leichten östlichen Winden durch
die Strömungen nach Lee vertrieben zu werden und so dem Gegner die
Annäherung an die Insel preiszugeben. Erst als dieser am 6. morgens gegen
6 Uhr in Sicht kam, befahl er, die Schlachtlinie beim Winde über
Backbordbug zu bilden; ein Schiff nach dem anderen lichtete Anker und
nahm seinen Platz in der Linie ein. =Barrington= konnte in dem Knäuel der
zu Anker liegenden Schiffe deren Zahl nicht feststellen, wollte die
scheinbare Unordnung zum Angriff ausnutzen, befahl deshalb »allgemeine
Jagd« und richtete diesen Vorstoß besonders auf die noch still liegenden
Schiffe. Seine eigene Flotte befand sich nicht in Gefechtslinie. Drei
Schiffe unter Kontreadmiral =Rowley= waren zur Bedeckung des Konvois
abgezweigt (s. Plan A. a.), da es an Fregatten mangelte; drei Schiffe
standen ziemlich weit in Lee der anderen (b.); auf den Befehl zur Jagd
eilten das Flaggschiff des Vizeadmirals =Barrington=, des Zweiten im
Kommando, nebst zwei anderen der Flotte voraus (c.). Aus diesen Umständen
erwuchsen große Nachteile. Die Voraussegelnden erhielten bei ihrer
Annäherung enfilierendes Feuer von sämtlichen Franzosen, die sich in
Linie setzten, konnten es kaum erwidern und wurden schwer beschädigt. Von
der weiter segelnden französischen Linie, die mit der englischen Flotte
beim Passieren sonst nur auf weite Entfernung Kugeln wechseln konnte,
wurden die drei in Lee stehenden englischen Schiffe sehr mitgenommen
(Plan A. zeigt die Lage gegen 8 Uhr vorm.). Infolge des nur leichten
Windes erreichten =Barringtons= Schiffe die Bucht erst, als auch das
letzte feindliche bereits unter Segel war; sie halsten nun und steuerten
gleichfalls über Backbordbug zu Luward der französischen Linie entlang.

[Illustration: Grenada, 6. Juli 1779.]

=Byron= sah jetzt, daß am Lande schon französische Flaggen wehten, er
also zum Entsatz zu spät komme und vor allem an den Schutz des Konvois
denken müsse. Er ließ seine übrigen Schiffe auf die Barringtons (B. c')
die Gefechtslinie regelrecht einrichten, um sich zwischen den Gegner und
den Konvoi zu legen, und gab Befehl zum Nahgefecht. Die Linie wurde
dadurch schneller gebildet, daß =Rowley= mit seinen drei Schiffen (oder
nur mit zwei derselben?) nicht den voraussegelnden Kameraden folgte,
sondern geradeswegs auf die französische Spitze zu hielt (a.-a'.) und
diese angriff, wobei aber zwei Schiffe arg zusammengeschossen, das eine
bei dem Versuch, sich vor die feindliche Spitze zu legen, fast zum Wrack
wurde. Die in Lee stehenden englischen Schiffe hatten so gelitten, daß
sie das Manöver nicht mitmachen konnten und beinahe bewegungsunfähig nach
Süden trieben (b'.). (Plan B. zeigt die Lage gegen 1 Uhr nachm.)
=D'Estaing= gab nun den Befehl, abzuhalten, um weiter in Lee die Linie
besser zu ordnen, da einige Schiffe außerhalb dieser standen. Er
erwartete dann einen neuen Angriff (C.-C.). =Byron= wagte einen solchen
jedoch nicht, denn sieben oder acht seiner Schiffe hatten schwer gelitten
(a'. b'. c'.), während die Franzosen in der Takelage kaum beschädigt
waren, auch wollte er sich in der Nähe des Konvois halten, der sonst
durch die feindlichen Fregatten gefährdet war; er blieb dicht am Winde
liegen. So endete der Kampf um 1 Uhr nachm. und wurde auch nicht wieder
aufgenommen.

=Der Verlust= der Franzosen bezifferte sich auf 166 Tote und 763
Verwundete, der der Engländer auf 183 Tote und 346 Verwundete; von diesen
fielen zwei Drittel auf die 6 besonders betroffenen Schiffe (b. u. c.).

=D'Estaing= legte gegen 3 Uhr nachm. seine Flotte durch gleichzeitiges
Wenden aller Schiffe über Steuerbordbug (Kurs nach Süden), um in der Nähe
der Insel zu bleiben; =Byron= folgte dem Beispiel, um die im Süden
treibenden Schiffe (b'.) zu decken. Aber die Franzosen ließen diese
unbehelligt entkommen. Das eine rettete sich nach Jamaika, die beiden
anderen steuerten, nochmals von der feindlichen Linie beschossen, nach
Norden, wohin auch das beschädigte Spitzenschiff (a'.) entwich. Während
der Nacht und am anderen Morgen ankerte =d'Estaing= wieder vor
Georgetown, und =Byron= nahm Kurs nach St. Christoffer, wohin er den
Konvoi schon früher beordert hatte. Nur ein oder zwei Transporter fielen
am 7 Juli in die Hände der Franzosen.

 $Beurteilung der Schlacht bei Grenada.$ Es war ein =Fehler=, daß von
 der =englischen Flotte= drei Schiffe (b.) ausfielen. Bei der
 Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Zusammenstoßes mit dem Feinde
 mußte die Flotte geschlossen bleiben, und dies bot keine Schwierigkeit,
 da sie mit Rücksicht auf den langsamern Konvoi nur mit beschränkter
 Geschwindigkeit segeln konnte. Ferner brauchte =Byron= nicht
 anzugreifen, ehe die Ordnung hergestellt war. Er hatte frühmorgens die
 Luvstellung, konnte fest mit Auffrischen des Windes rechnen und der
 Feind mußte sich ihm stellen. Wollte =d'Estaing= einen Kampf unbedingt
 vermeiden, so hätte er seine Eroberung und voraussichtlich auch
 langsamere Schiffe im Stich lassen müssen. Endlich hat auch wohl
 =Barrington= den Befehl zur Jagd zu wörtlich aufgefaßt.

 Auch =d'Estaing= werden =Fehler= nachgewiesen, die ihn um einen großen
 Erfolg gebracht haben. Schon gegen Ende des ersten Abschnitts der
 Schlacht, als er seine Linie gebildet hatte, konnte er durch Wenden im
 Kontremarsch und Durchbrechen der lockeren feindlichen Linie einen
 entscheidenden Sieg herbeiführen. In seinem Bericht führt er aus, er
 habe dies unterlassen, weil andernfalls mehrere seiner Schiffe in Lee
 hätten abgeschnitten werden können. Hierauf wurde erwidert, seine Linie
 hätte besser sein können, wenn er schon am 5. in See gegangen wäre. Um
 Mittag des 6. lag er dann mit 24 kampfbereiten Schiffen 17 oder 18
 Engländern gegenüber, von denen einige so beschädigt waren (c'.), daß
 die übrigen in Manöver und Fahrt auf sie Rücksicht nehmen mußten;
 außerdem hatte =Byron= drei gefechtsunfähige Schiffe im Süden (b'.) und
 ein oder zwei (a'.)' im Norden zu schützen. Dies auszunutzen, standen
 dem französischen Admiral drei Wege offen. Er konnte vorwärts segeln,
 im Kontremarsch wenden, sich zwischen den Gegner und den Konvoi setzen
 und seine Fregatten auf letzteren werfen; dies fürchtete =Byron=, wie
 er berichtet hat. Er konnte ferner mit allen Schiffen zugleich wenden,
 angreifen und so einen Entscheidungskampf herbeiführen. Von beiden
 Maßregeln hat ihn wiederum die Rücksicht auf die in Lee stehenden
 Schiffe abgehalten. Endlich konnte er, als seine neue Linie (C.-C.)
 gebildet war, sofort nach Süden steuern, um die Engländer dort (b'.)
 abzuschneiden. Dieses Manöver bot den größten Vorteil. Es hätte den
 englischen General bewogen, wie er selbst zugibt, unter gewagten
 Umständen, nämlich ohne Rücksicht auf das Mitkommen der beschädigten
 Schiffe (c'.), anzugreifen, und die überlegene französische Flotte
 hätte leicht zu gleicher Zeit das bewegungslose Schiff im Norden (a'.),
 sowie den Konvoi durch die Fregatten angreifen können.

 =Suffren=, der keineswegs ein persönlicher Gegner =d'Estaings= war, hat
 erklärt: »Wäre des Admirals Seemannschaft seinem Mute gleich gewesen,
 so würden wir nicht vier entmastete Schiffe haben entkommen lassen.«
 Das Verhalten d'Estaings ist aber auch wohl durch die damals in der
 französischen Marine herrschende Ansicht über die Kriegführung zur See
 beeinflußt; ein Punkt, auf den wir sogleich und später noch öfter
 zurückkommen werden.

=Die Schlacht bei Grenada war ein Sieg der Franzosen=, denn die englische
Flotte wurde durch die Beschädigung einiger Schiffe für längere Zeit
lahmgelegt und die Eroberung Grenadas gesichert, =aber ihr Erfolg wäre
weit größer gewesen=, wenn =d'Estaing= seine Überlegenheit und die Fehler
des Gegners besser ausgenutzt hätte. In dieser Hinsicht ist sie =von
Bedeutung für die Seekriegsgeschichte=. Sie zeigt deutlich die schon
mehrfach erwähnte Neigung der Franzosen in jener Zeit für eine
Defensivtaktik, selbst unter so günstigen Verhältnissen wie hier weichen
sie nicht davon ab. Und gerade die Schlacht bei Grenada erweist den engen
Zusammenhang zwischen diesem Verhalten und der Auffassung über die
strategischen Aufgaben der Seestreitkräfte, wie sie damals bei der
Regierung und bei den Seeoffizieren in Frankreich vorherrschte. Man
begnügte sich mit Aufgaben und Erfolgen in beschränktem Maße, ließ aber
das wichtigste und richtigste Ziel, die Vernichtung der feindlichen
Marine, außer Augen. Bei Grenada sah =d'Estaing= seine Pflicht nur darin,
die Eroberung der Insel sicherzustellen, schonte seine Flotte und
unternahm nichts weiter, obgleich sich Gelegenheit bot, durch schwere
Schädigung der englischen Flotte die Seeherrschaft in den westindischen
Gewässern zu erringen. Ein ähnlich hervorragendes Beispiel gab uns die
Schlacht bei Minorka (1756).

 $Ramatuelle$, =ein Seetaktiker= (vgl. Quellenverzeichnis), der in
 diesem Kriege diente, zur Zeit Napoleons schrieb und wohl die
 herrschende Auffassung wiedergibt, sagt: »Die französische Marine hat
 stets den Ruhm, eine Eroberung zu sichern, dem vielleicht glänzenderen,
 aber in Wahrheit bedeutungsloseren vorgezogen, einige Schiffe zu
 nehmen, und damit hat sie sich mehr dem wahren Ziele genähert, das man
 sich in einem Kriege setzen soll. Was würde der Verlust einiger Schiffe
 den Engländern bedeutet haben? Der wesentliche Punkt war, sie in ihrem
 Besitze, der Quelle ihres Reichtums und ihrer Seemacht, anzugreifen!«
 =Ramatuelle= führt als einen Beweis für seinen Ausspruch gerade die
 Schlacht von Grenada an. Nun können gewiß Fälle eintreten, wo man
 einen augenblicklichen sicheren militärischen Erfolg zugunsten eines
 größeren aufgibt, aber wieder gerade bei Grenada trifft dies nicht zu.
 An der Erhaltung der kleinen Insel lag wenig, sie wäre mit Erringung
 der Seeherrschaft auch gesichert gewesen; diese hätte ferner die
 Eroberung weiterer Inseln, sowie die Lahmlegung des englischen Handels
 ermöglicht. Schon früher (S. 204) ist eine Äußerung Mahans über diesen
 Ausspruch Ramatuelles angeführt.

 Im übrigen hatte =d'Estaing= im Gegensatz zu La Gallissonnière bei
 Minorka gar nicht den Befehl, englische Inseln zu erobern, sondern er
 sollte ihnen nur den Wert als Stützpunkte der Gegner nehmen; aber ihm
 lag wohl viel an dem Besitze von Grenada, da diese Eroberung sein
 einziger Erfolg bisher war und auch bleiben sollte.

$D'Estaing verläßt Westindien.$ =Byron= ging nach St. Christoffer zum
Ausbessern. Dies machte große Schwierigkeiten, da die Admiralität wie
überall auf den auswärtigen Stationen nicht vorgesorgt hatte. Trotz der
Geschicklichkeit, mit der die englischen Seeoffiziere jener Zeit auch
unter den ungünstigsten Umständen ihre Schiffe wieder seefähig zu machen
verstanden, war die Flotte zu längerer Untätigkeit verdammt. =D'Estaing=
zog hieraus nur geringen Nutzen. Anstatt dem Feinde zu folgen, um ihm
noch mehr Abbruch zu tun und sich dann gegen andere Inseln zu wenden,
begnügte er sich damit, die Grenadinen zu besetzen. Am 15. Juli ging er
dann in See, lief am 19. Guadeloupe an und beorderte einen hier für die
Reise nach Europa gesammelten Konvoi, ihm zu folgen. Er erschien auch vor
St. Christoffer, wagte aber keinen Angriff, da er die Engländer in
Verteidigungsstellung fand, gestützt auf Batterien am Lande, und machte
selbst keinen Versuch, sich zweier Schiffe zu bemächtigen, die bei der
holländischen Insel Saba lagen; in seinem Berichte sagte er: »Weil er im
Gegensatze zu den Engländern eine neutrale Flagge achte.« Er paradierte
nur am 23. und 24. Juli in Gefechtslinie vor St. Christoffer und führte
dann den Konvoi nach Haiti; am 31. traf er in Cap Français ein. Hier fand
er den ausdrücklichen Befehl vor, mit den 1778 von Toulon ausgelaufenen
Schiffen nach Brest zurückzukehren, die nachgekommenen Verstärkungen aber
in Westindien zu belassen. Nun war ihm schon im Frühjahr eine Bitte des
amerikanischen Generals Lincoln, unterstützt durch den französischen
Konsul in Charleston, zugegangen, er möge nach Georgia kommen, um bei der
Vertreibung der Engländer aus den Südstaaten mitzuwirken; er hatte damals
geantwortet, daß er Westindien noch nicht verlassen könne. Jetzt wurde
die Bitte in dringendster Form erneuert, auch hörte er, das amerikanische
Volk murre über die Franzosen: diese hätten wohl die Hilfe Bostons zur
Ausbesserung der Schiffe gern angenommen, nachher aber die amerikanische
Sache im Stich gelassen. Er glaubte der allgemeinen Sache zu nützen, wenn
er jetzt der Bitte Folge leiste, ja sogar, falls das Unternehmen in
Georgia nicht lange dauere oder es sonst günstiger erschiene, mit
=Washington= im Norden zu operieren versuche. Trotz seines Befehles ging
er also mit 22 Linienschiffen am 25. August nach Savannah in See.

Hiermit fanden die größeren Ereignisse in Westindien für 1779 ihr Ende.
=Byron= segelte im August nach England; =Barrington=, bei Grenada
verwundet, war schon früher heimgekehrt. =Kontreadmiral Hyde Parker=
übernahm das Kommando der Antillenstation bis zum März 1780; dann traf
Admiral =Rodney= mit einer Flotte ein und der Kampf auf diesem
Kriegsschauplatze begann wieder.

 $Einige kleinere Ereignisse in Westindien$ sind noch zu erwähnen. Schon
 im September 1778 hatten sich die Franzosen von Cap Français aus der
 nahegelegenen kleinen =Turk-Inseln= bemächtigt, die von Engländern
 besiedelt waren. -- Durch die Abfahrt =d'Estaings= erlangten diese die
 Überlegenheit und behielten sie auch, als im November und Dezember ein
 Teil der französischen Flotte von Savannah zurückkehrte. =Hyde Parker=
 verfügte in Sta. Lucia über etwa 17 Linienschiffe, während =de La
 Motte-Picquet= Mitte Dezember in Martinique nur 6 oder 7 hatte, von
 denen sogar einige zeitweise außer Dienst gestellt waren. Hyde Parker
 überwachte Fort Royal, und es gelang ihm, am 18. Dezember vor diesem
 Hafen einen Konvoi von 26 Transportern und Handelsschiffen zu
 überraschen und auseinander zu sprengen, der im Oktober mit nur einer
 Fregatte von Marseille gesegelt war. Er würde alle Fahrzeuge genommen
 oder vernichtet haben, wenn ihm nicht =La Motte= mit drei in aller Eile
 seeklar gemachten Linienschiffen kühn entgegengetreten wäre. Durch
 einen vierstündigen =Kampf in der Bucht von Fort Royal=, in den auch
 die Befestigungen eingriffen, ermöglichte dieser 12 Fahrzeugen das
 Einlaufen, 10 wurden vom Feinde genommen, vier gerieten auf den Strand
 und wurden verbrannt, doch hatte man die Ladungen retten können. -- Am
 21. Dezember nahm Admiral =Rowley= mit einer Division Linienschiffe bei
 =Guadeloupe= drei französische Fregatten, die mit Truppen von Savannah
 zurückkamen.

 $Spanien$ hatte durch Entsendung von zwei Geschwadern zu 6 und 10
 Linienschiffen nebst Transportern mit Truppen und Kriegsmaterial im
 Februar und März 1779 die Stationen in Westindien schon vor der
 Kriegserklärung verstärkt. Wenige Tage nach dieser begann von
 Portoriko, Kuba und dem Festlande aus der Kleine Krieg; die Befehle
 hierzu müssen also schon längere Zeit vorher ergangen sein. Ihm trat
 =Admiral Sir Peter Parker= von Jamaika aus entgegen, obgleich er nur
 ein Linienschiff, ein 50-Kanonenschiff und 8 Fregatten oder Sloops zur
 Verfügung hatte. Er ließ sogar im Oktober den stark befestigten Ort
 =Omoa= an der Hondurasküste, einen Stützpunkt der Spanier für den
 Kleinen Krieg, nehmen; zwei Silbergaleonen und verschiedene Kauffahrer
 mit einem Gesamtwert von drei Millionen Dollars wurden dabei erbeutet.
 Die Spanier bemächtigten sich dagegen der englischen
 Handelsniederlassungen am Mississippi.

 (Näheres über diese kleineren Ereignisse vgl. Campbell Band V, Seite
 453, 503, 514; Chevalier II, Seite 155; Lacour II, Seite 326.)

$D'Estaing vor Savannah.$ Der Kampf in den Südstaaten Nordamerikas war im
Mai 1779 zum Stillstande gekommen; die Engländer unter =Prevost= hatten
sich auf Savannah und Umgegend zurückgezogen, die Amerikaner unter
=Lincoln= lagen in Charleston. Am 31. August 1779 erschien nun
=d'Estaing= mit 21 Linienschiffen, 8 Fregatten und 3 Korvetten vor
Savannah; später stießen 6 kleine amerikanische Kriegsfahrzeuge (zu 14-20
Kanonen) und 7 Galeren zu ihm. Er trat mit =Lincoln= in Verbindung,
wollte aber nur wenige Tage an der Küste bleiben und versprach zunächst
noch keine Mitwirkung. Als jedoch ein Sturm am 2. September mehrere
seiner Schiffe beschädigte, glaubte er, daß ihre Ausbesserung zu lange
dauern würde, um dann noch nach den Nordstaaten segeln zu können, und
erklärte sich nun zu einem gemeinsamen Angriff auf Savannah bereit.

Doch =Lincoln= hatte nicht mehr auf die Flotte gerechnet und traf erst
Mitte September ein. Durch diese Verzögerung gewann =Prevost= Zeit, seine
Kräfte sämtlich in Savannah zusammenzuziehen, die Stadt besser zu
befestigen sowie Schiffe in der Einfahrt zu versenken. =D'Estaing=
landete am 13. September Truppen nebst Belagerungsmaterial, sandte
kleinere Fahrzeuge den Fluß hinauf und forderte am 16. die Stadt zur
Übergabe auf. =Prevost= jedoch lehnte ab; er war überzeugt, daß sich die
feindliche Flotte in dieser Jahreszeit nicht mehr lange an der Küste
halten könne. Schon die Landung machte wegen Mangels an geeigneten
Fahrzeugen und der Unwissenheit der amerikanischen Lotsen große
Schwierigkeiten. So bewilligte man den Engländern zunächst einen
Waffenstillstand, und erst am 23. begannen die Belagerungsarbeiten unter
=d'Estaings= Leitung. Da aber die Witterung immer ungünstiger wurde, so
schritt man schon am 9. Oktober, zu frühzeitig, zum Sturme. Auch hier
führte der Admiral in eigener Person, wurde verwundet und mit einem
Verluste von 1200 Mann, von denen 63 Offiziere sowie 580 Mann auf die
Franzosen fielen, abgeschlagen. Am 18. hob =d'Estaing= die Belagerung
auf, deckte noch den Rückzug der Amerikaner, und traf dann die
Vorbereitungen zum Inseegehen; hierzu wurde die Flotte schon am 28.
Oktober durch einen Sturm gezwungen.

 $Die Rückfahrt der französischen Flotte$ gestaltete sich sehr
 ungünstig. =D'Estaing= segelte mit den 12 Linienschiffen, die er 1778
 aus Toulon geführt hatte, nach Brest. Der Sturm sprengte sie aber
 derart auseinander, daß der Admiral nur mit 2 Schiffen am 7. Dezember
 dort ankam; zwei trafen am 9. ein, vier gingen über Cadiz nach Toulon,
 zwei erreichten Rochefort und eins Lorient, ein Schiff endlich lief
 beschädigt in Havanna ein. =De Grasse= war mit 7 Schiffen nach Haiti
 bestimmt, sollte aber vorher die Chesapeakebucht behufs
 Verproviantierung anlaufen. Diese Schiffe gingen aber fast alle
 geradeswegs nach Westindien; vier erreichten vereinzelt Anfang Dezember
 Martinique, zwei trafen über Cap Français später dort ein. Nur eins war
 zur Chesapeakebucht gesegelt und kam dann im Januar in Fort Royal an;
 es wurde von der Höhe Haitis an durch Engländer gejagt. =La
 Motte-Picquet= war mit 3 Schiffen nach Martinique bestimmt gewesen;
 diese ankerten dort einzeln zwischen dem 20. und 27. November. Die nach
 Westindien bestimmten Geschwader hatten die von den Inseln
 mitgenommenen Truppen (2-3000 Mann) an Bord; 4 Fregatten mit Soldaten
 fielen, wie wir schon hörten, am 21. Dezember dem englischen Admiral
 =Rowley= in die Hände.

So endete auch das letzte Unternehmen =d'Estaings= kläglich; der einzige
unmittelbare Erfolg war die Wegnahme einiger Kriegs- und Handelsfahrzeuge
vor Savannah. Aber es brachte doch =einen strategischen Vorteil=: das
Aufgeben der wichtigen Narragansettbucht seitens der Engländer. Auf die
Nachricht hin, daß die französische Flotte von Westindien zur
amerikanischen Küste unterwegs sei, räumte =Clinton= fluchtartig unter
Zurücklassen von Geschützen und Material Rhode-Island; durch die
Expedition nach Georgien geschwächt, fürchtete er, die Stellung nicht
halten zu können. Schon 1780 landeten die Franzosen in diesem »besten
Hafen und Flottenstützpunkt an der nordamerikanischen Küste« (Ausspruch
des Admirals =Rodney=) ein Hilfskorps.

$Rückblick auf den Krieg in Westindien 1778/79.$ Beide Gegner waren auf
diesem Schauplatz bei Ausbruch des Krieges kaum vorbereitet, aber beide
hatten dort tüchtige Männer an der Spitze. Der französische Gouverneur
der Kleinen Antillen, =Bouillé=, erhielt Befehl, sich der Insel Dominica
bei günstiger Gelegenheit zu bemächtigen, und tat dies sofort im August
1778. Der englische Admiral =Barrington= machte den Verlust durch die
Eroberung Sta. Lucias wett. Beide Inseln waren zwar gut befestigt, aber
nur schwach besetzt gewesen. Bei Sta. Lucia fällt dies auf, denn die
Franzosen hätten leicht die Garnison verstärken können, wenn sie von der
Einnahme Dominicas absahen. So gab es nur einen Austausch, bei dem aber
wohl die Engländer gewannen.

 Eine gute französische Quelle (Chevalier) sagt: »Die französische
 Regierung habe besonderen Wert auf die Erwerbung Dominicas gelegt, weil
 diese Insel zwischen Martinique und Guadeloupe lag, so den
 französischen Besitz abrundete und auch leichter zu verteidigen war.
 Die Regierung sei ferner überzeugt gewesen, daß England beim
 Friedensschluß alles daran setzen würde, Sta. Lucia zu erhalten, und
 daß dann leicht eine Einigung erzielt werden könne, wenn man jetzt die
 eine Insel nähme, die andere dem Gegner überließe; jede Partei würde
 beim Friedensschlusse eben behalten, was sie schon besäße.« Von großem
 Selbstbewußtsein zeugt diese Auffassung nicht, aber wir wissen, daß
 Frankreich im Anfange des Krieges noch nicht die Absicht hatte, in
 Westindien Eroberungen zu machen.

Durch die Ankunft =d'Estaings= wurden die Franzosen dann weit überlegen,
und dieser Admiral hätte Sta. Lucia wieder gewinnen können. Der Versuch
mißlang infolge seiner falschen und wechselnden Maßnahmen, die wiederum
durch seine Neigung bedingt waren, den Wert der Seegeltung zu
unterschätzen und das Hauptgewicht auf die Verwendung der
Landstreitkräfte zu legen. Er hätte durch Vernichtung des schwachen
englischen Geschwaders die Seeherrschaft erringen müssen, dann wäre auch
die Insel gefallen. So machte er nur einen schwächlichen Versuch hierzu,
und gab auch diesen auf, als er von der bevorstehenden Ankunft =Byrons=
hörte. Es ist kennzeichnend für =d'Estaing=, daß er als Oberbefehlshaber
einer großen Flotte die Operationen am Lande selber leitete und den
Angriff hier wie bei späteren Gelegenheiten sogar in Person führte; er
war eben in erster Linie Landsoldat, allerdings ein tüchtiger und
wagemutiger.

 Wir wissen, daß die Seeoffiziere bei der Bedrohung von New York und
 Newport 1778 nicht auf ein kräftigeres Einsetzen der Flotte drangen.
 Hier in Westindien war es anders. =Kapitän Suffren= stellte dem Admiral
 in einer mit großem militärischen Takte verfaßten Denkschrift
 (eingehend in Chevalier II, Seite 130, und Lacour II, Seite 187) vor,
 wie unrichtig und gefährlich die Landung sei. Mit der Vernichtung der
 englischen Schiffe erreiche man den Fall der Insel sicherer, so aber
 setze man die Flotte durch Entfernung des Chefs und Schwächung der
 Besatzungen einer großen Gefahr aus, falls die englischen
 Seestreitkräfte Verstärkung erhielten. -- Diesen Rat, sowie den anderer
 erfahrener Seeoffiziere ließ =d'Estaing= außer acht, aber doch gab er
 wohl den Angriff am Lande nur aus Besorgnis um die Flotte so schnell
 wieder auf.

Mit dem Erscheinen =Byrons= (Januar 1779) wurden die Seestreitkräfte der
Gegner nahezu gleich, und die Engländer konnten ihren Besitz von Sta.
Lucia als gesichert ansehen. Bald aber wurde der englische Admiral durch
die Deckung des nach Europa bestimmten Konvois in Anspruch genommen, eine
Verpflichtung, die häufig an die Flottenchefs jener Zeit, besonders die
englischen, herantrat und sie von ihren rein militärischen Aufgaben
abzog; Byron mußte seine ganze Flotte dazu verwenden, denn bei der Stärke
der feindlichen Seemacht würde die Abzweigung eines Teiles diesen oder
den Rest gefährdet haben. Die günstige Gelegenheit benutzte =d'Estaing=
zur Wegnahme St. Vincents und Grenadas, und =Byrons= Rückkehr zum Entsatz
führte zur Schlacht bei Grenada, die für die Seeherrschaft hätte
entscheidend werden können. Der englische Admiral verlor aber seine
Aussichten auf Erfolg durch unvorsichtigen Angriff und der französische
nutzte weder in der Schlacht die Fehler, noch nach derselben die
erreichte Schwächung des Gegners aus. =D'Estaing= verließ dann
Westindien. Hierbei folgte er allerdings teilweise einem Befehle, er
verstieß jedoch gegen diesen dadurch, daß er mit der ganzen Flotte
absegelte und so dem Feinde die See völlig freigab. Man sollte fast
glauben, daß er sich zu dem Plane eines Zusammenwirkens mit Lincoln oder
Washington in Nordamerika durch seine Vorliebe für Landunternehmungen
bestimmen ließ, um so mehr, als er dort mit englischen Seestreitkräften
kaum zu rechnen hatte. Vor Savannah erwies er sich zwar als mutiger
Landsoldat, ließ aber bald die Sache aus Besorgnis um die Flotte fallen.

=Frankreich= hat für den Krieg in Westindien eine starke Macht
aufgeboten, was um so bemerkenswerter ist, als es für das Jahr 1779 auch
in den europäischen Gewässern ein großes Unternehmen, einen Einfall in
England, plante. Aber der ganze =Erfolg in Westindien= bestand in der
Eroberung einiger Inseln, die mit Ausnahme Dominicas von geringer
Bedeutung waren; dafür hatte man das strategisch wichtige Sta. Lucia
geopfert.

 Der Vorwurf für den Mißerfolg der beiden Jahre in Nordamerika und
 Westindien trifft =d'Estaing=, der auch selber in Briefen und Berichten
 seinem Grame darüber Ausdruck gibt. Ältere französische Quellen
 behaupten, er sei von seinen Untergebenen nicht genügend unterstützt
 worden, neuere widersprechen dem und äußern sogar, dieser Grund sei in
 Frankreich bei Mißerfolgen stets angeführt; bekannt ist, wie man dort
 in ähnlichen Lagen häufig sogar die Anschuldigung des »Verrates«
 findet. Hiergegen spricht auch, daß der Admiral stets günstig über
 Offiziere sowie Mannschaften berichtet und von den ersteren mehrere zur
 Auszeichnung oder Beförderung eingegeben hat. Richtiger ist wohl ein
 Ausspruch anderer Autoren: »Man hätte dem tüchtigen Soldaten eine große
 Laufbahn im Heere sichern, ihn aber nicht gleich mit einem hohen Range
 in der Marine anstellen sollen; für wichtige Aufgaben geeignete
 Seeoffiziere waren genügend vorhanden.« Es wird versucht, den Fehler
 der Regierung dadurch zu entschuldigen, daß sie der öffentlichen
 Meinung zuliebe gehandelt habe; nach den Mißerfolgen des letzten
 Krieges seien Stimmen laut geworden, die eine Auffrischung des
 Seeoffizierkorps durch bewährte Landoffiziere befürworteten.

=Ein wichtiger Erfolg=, den =d'Estaing= durch seinen Zug nach Savannah
und die Bedrohung der Engländer an der amerikanischen Küste errang, war
die Räumung der Narragansettbucht durch diese; nach =Rodney= »der größte
Fehler, den England begehen konnte«. Kapitän =Mahan= sagt (Clowes Band
III, Seite 442) in Erweiterung seines Ausspruches (vgl. Seite 269) über
den strategischen Fehler, den England durch die Eröffnung des Krieges in
den Südstaaten gemacht habe, »der Fall von Savannah würde ein Glück für
England gewesen sein, da man dann die Unternehmungen dort wohl aufgegeben
hätte.« So aber bestärkte die leichte Abwehr der Gefahr den General
Clinton in seinen Plänen; sobald die Abfahrt der französischen Flotte
sicher war, ging er im Dezember 1779 persönlich mit Admiral =Arbuthnot=
zur Eroberung Charlestons von New York in See.

$Westafrika.$ Im Zusammenhang mit Westindien muß ein französischer
Vorstoß erwähnt werden, den der =Marquis de Vaudreuil= 1779 auf seiner
Fahrt zu =d'Estaing= hier ausführte. Er verließ am 25. Dezember 1778 mit
2 Linienschiffen, 2 Fregatten und 3 Korvetten Frankreich; auf einigen
Transportern waren Truppen unter dem =Herzog von Lauzun=, einem beliebten
Hofmann, aber tüchtigen Soldaten, eingeschifft. Am 30. Januar 1779 wurde
die englische Besitzung St. Louis am Senegal zur Übergabe gezwungen. Die
Fregatten bemächtigten sich dann der Kontore am Gambia, an der
Sierra-Leone -- sowie an der Guineaküste bis zum Voltaflusse. =Vaudreuil=
segelte mit dem Geschwader am 5. März nach Westindien weiter, =Lauzun=
sicherte die Eroberungen und kehrte dann nach Frankreich zurück.


           Der Krieg in den europäischen Gewässern 1779/80.

$Im Jahre 1779$ wurde die Lage Englands sehr ernst, denn am 12. April
schlossen Frankreich und Spanien ein Bündnis ab. In diesem wurde eine
gemeinsame Kriegführung für das laufende Jahr vereinbart, die eine
unmittelbare Bedrohung Englands vorsah. Es ist bereits erwähnt (Seite
214), daß schon unter =Choiseul= eingehende Pläne für einen Einfall in
England ausgearbeitet waren, und mit Ausbruch des neuen Krieges traten
wiederum tüchtige Offiziere mit solchen hervor.

 Ein Irländer, =Graf de Wall=, wollte in Irland landen und hier eine
 Revolution erregen. Oberst =Dumouriez=, Kommandant von Brest (der
 spätere Sieger von Jemappes), schlug vor, 12000 Mann auf einer Flotte
 von Kriegsschiffen, aber ohne Transporter von Cherbourg nach Wight
 hinüberzuwerfen. Ein ehemaliger englischer Seeoffizier und Anhänger der
 Stuarts, =Hamilton=, legte mehrere Pläne vor, die verschiedene Punkte
 der englischen Küste im Auge hatten. Der schon erwähnte Entwurf des
 Grafen =Broglie= und andere mehr wurden wieder erwogen. Hier soll nicht
 näher auf sie eingegangen werden. Genaueres findet man in Lacour II,
 Seite 233 ff., wo auch der jetzige Plan erörtert ist.

Die französische Regierung, die schon seit 1776 mit Spanien über ein
gemeinsames Vorgehen gegen England verhandelte, prüfte all diese
Vorschläge. Bemerkenswert ist, daß =Broglie= sowie anfangs auch
=Vergennes= nicht für ein gemeinsames Wirken, sondern für gleichzeitiges,
aber getrenntes Vorgehen eintraten; sie wollten damit die umständlichen
Vorverhandlungen sowie die Schwierigkeiten vermeiden, die sich der
Kommandoführung verbündeter Streitkräfte erfahrungsmäßig entgegenstellen.
Sie drangen nicht durch, aber ihre Bedenken erwiesen sich später als
richtig. Zunächst nahmen die Verhandlungen so viel Zeit in Anspruch, daß
der Vertrag erst am 12. April zum Abschluß kam; Spanien, dem mehr an der
Eroberung Gibraltars und Minorkas gelegen war, wollte anfangs überhaupt
nur Geldmittel beitragen, stellte dann aber doch wenigstens die Hälfte
der gemeinsamen Flotte; auch stimmte man in Madrid für den Angriff auf
Irland. Schließlich einigte man sich dahin, daß eine den englischen
Streitkräften in den europäischen Gewässern überlegene Flotte
gemeinschaftlich versammelt werden sollte und daß Frankreich ein Heer
aufzustellen habe, um es auf Wight oder bei Portsmouth zu landen.
Frankreich trieb zur Eile, um die versäumte Zeit wieder einzubringen, und
nun wurde in beiden Ländern lebhaft gerüstet; Spanien war darin noch so
weit zurück, daß es seine Kriegserklärung bis zum 16. Juni hinausschieben
mußte, aber auch Frankreich wurde erst spät fertig.

=Die Rüstungen= waren allerdings sehr umfangreich. Jeder Staat bestimmte
für die gemeinsame Flotte etwa 36 Linienschiffe; dabei hatte Frankreich
mit den kürzlich nachgesandten Verstärkungen über 25 solcher in
Westindien sowie einige in Toulon, und auch von Spanien war im März eine
größere Zahl (16?) nach den Antillen sowie Mittelamerika gesandt. Man
nahm an, mit über 60 Schiffen der feindlichen Flotte sehr überlegen zu
sein und schätzte diese ganz richtig auf etwa 40 Linienschiffe. Obgleich
in England für 1779 reiche Geldmittel -- 4-1/2 Millionen Lstrl.,
einschließlich der Neubauten -- sowie 70000 Mann (einschließlich 17500
Seesoldaten) für die Marine bewilligt waren, standen für die heimischen
Gewässer nur 43 Linienschiffe zur Verfügung, denn auch von hier waren im
Winter und Frühjahr Verstärkungen nach den auswärtigen Stationen
abgegangen, und andere Schiffe befanden sich als Konvoibegleiter oder als
vereinzelte Ablösungen unterwegs; insgesamt hatte England etwa 93
Linienschiffe im Dienst (vgl. Tabelle Seite 224).

Frankreich zog bei St. Malo und bei Havre je 20000 Mann sowie die nötigen
Transporter zusammen. Das Heer stand unter dem =General Graf de Vaux=,
der am 21. Juni =seine Instruktion= erhielt. Nach dieser sollten sich die
beiden Transportflotten bei Cherbourg vereinigen und dann bei Gosport,
Portsmouth gegenüber, die Truppen landen; wenn dies nicht ausführbar sei,
solle die Insel Wight besetzt, hier ein befestigtes Lager für 10 000 Mann
eingerichtet werden, das Gros des Heeres nach Übereinkunft mit dem Chef
der Seemacht eine Landung an geeigneter Stelle der Küste zwischen Wight
und Bristol versuchen. Den Oberbefehl über die gemeinsame Flotte erhielt
=Lieutenant-Général Comte d'Orvilliers= und als Treffpunkt wurde die
Insel Sisargas, westlich von Coruña bestimmt; schon bei Abschluß des
Vertrages hatte Frankreich verlangt, die Vereinigung müsse so frühzeitig
stattfinden, daß noch mindestens 14 Tage vor Beginn der Operationen zur
Verfügung ständen, um die Ordre de Bataille aufzustellen sowie Übungen
vorzunehmen. Ende Mai hielt man es in Versailles für die höchste Zeit,
der eigenen Flotte den Befehl zum Auslaufen zu geben, damit sie nicht in
Brest vom Gegner blockiert werde; da Spanien am 16. Juni den Krieg
erklärte, durfte man annehmen, daß dieses gleichfalls bereit sei. So
begannen im Juni die Bewegungen der großen Flotten, denn auch die
englische zeigte sich in See; nach Keppels Rücktritt hatte =Admiral Sir
Charles Hardy= den Oberbefehl erhalten.

 In den ersten Monaten des Jahres fanden nur =kleine Zusammenstöße=
 zwischen einzelnen Schiffen oder kleineren Gruppen statt, wenn solche
 sich bei Ausübung des Handelskrieges oder bei Erkundungen begegneten.
 Hervorzuheben ist ein Versuch der Franzosen, sich der =Kanalinseln= zu
 bemächtigen. Am 21. April sollte eine Flottille kleinerer Kriegsschiffe
 Fischerfahrzeuge mit 1500 Mann von St. Malo nach Jersey führen.
 Stürmischer Wind trieb sie zurück und ein Landungsversuch am 1. Mai
 scheiterte gleichfalls an den Wetterverhältnissen sowie am Widerstande
 der Engländer. Am 11. erschienen die Franzosen nochmals; jetzt waren
 aber überlegene englische Seestreitkräfte herangekommen, die nicht nur
 den Angriff zurückwiesen, sondern sogar die französischen Schiffe in
 der Cancalebucht fast sämtlich vernichteten. -- Über die in diese Zeit
 fallenden kühnen Unternehmen des amerikanischen Freibeuterführers =Paul
 Jones= soll beim »Kleinen Kriege« berichtet werden.

 Hervorzuheben ist, daß die französische Regierung an sämtliche
 Kriegsschiffe Befehl erließ, die unter Kapitän =James Cook= auf einer
 Entdeckungsfahrt befindlichen Schiffe als befreundet zu behandeln, da
 ihre Tätigkeit allen Völkern zum Nutzen gereiche.

$Die französisch-spanische Flotte an der englischen Küste 1779[144].$
=D'Orvilliers= ging am 4. Juni mit 28 Linienschiffen von Brest nach
Sisargas in See, 2 folgten etwas später. Als der Befehl zum Auslaufen
eintraf, fehlten der Flotte noch 4000 Seeleute, an deren Stelle der
Admiral die Matrosen anderer Schiffe in Brest sowie 2000 Soldaten an Bord
nahm. Am 11. Juni traf er an der verabredeten Stelle ein, aber erst gegen
Ende des Monats stießen 8 Spanier von Coruña zu ihm. Um diese Zeit trat
auf der französischen Flotte eine Epidemie auf, die schnell um sich
griff. Mitte Juli zählte man 500 Kranke am Lande in Coruña und 2000
Dienstunbrauchbare an Bord. Am 23. Juli endlich traf der spanische
Oberbefehlshaber =Generalleutnant Don Luis de Cordoba= mit 28
Linienschiffen ein, aber es stellte sich heraus, daß man diesem erst ganz
kürzlich von Paris ein französisches Signalbuch nach Cadiz gesandt habe;
zur Übersetzung war jetzt keine Zeit mehr, und man mußte notdürftig ein
gemeinsames Signalsystem zusammenstellen. Hiermit sowie mit Anordnung der
Ordre de Bataille gingen mehrere Tage hin. Erst am 30. Juli konnte die
Flotte den Marsch nach dem Norden antreten; sieben günstige Sommerwochen
waren seit der Ankunft der französischen Schiffe verloren und die Hälfte
ihrer Wasser- und Proviantvorräte war verbraucht. =D'Orvilliers= suchte
in Paris darum nach, ihm Ersatz hierfür sowie Reserveankergeschirr
nachzusenden, da die Flotte voraussichtlich an der englischen Küste wegen
des oft eintretenden Nebels und wegen der Strömungen häufig werde ankern
müssen.

 [144] Chevalier II und Lacour II bringen eine genaue, sehr
       unparteiische Beurteilung dieser erfolglosen Operation.

 $Die Ordre de Bataille.$ =Das französische Kontingent= zählte: 2
 Schiffe zu 110 und 114 Kanonen, 4 zu 80, 14 zu 74, 10 zu 64; =das
 spanische=: 1 Schiff zu 120, 6 zu 80, 23 zu 74, 2 zu 70, 4 zu 60. Diese
 66 Linienschiffe waren eingeteilt in: 1. Die Hauptflotte unter
 =d'Orvilliers=; 3 Geschwader zu je 9 französischen und 6 spanischen
 Schiffen. 2. Das Beobachtungsgeschwader, 16 spanische Schiffe unter
 =Cordoba=. 3. Das leichte Geschwader, 3 Franzosen und 2 Spanier unter
 Lieutenant-Général =de Latouche=. Etwa 14 Fregatten und Korvetten sowie
 9 Brander und Mörserboote waren auf die Geschwader verteilt; ein
 Hospitalschiff und einige Flüten mit Material folgten der Flotte. Die
 Segelordnung findet man in Lacour II, Seite 261; die Namen der Schiffe,
 auch die der englischen, führt Campbell Band V, Seite 466 an.

Admiral =Hardy=[145] ging am 16. Juni von Portsmouth mit dem Befehle in
See, zwischen 25 und 50 Seemeilen südwestlich der Scilly-Inseln zu
kreuzen. Er führte 35 Linienschiffe der Kanalflotte -- 9 zu 90-100
Kanonen, 22 zu 74, 4 zu 64 --, 7 Fregatten, 6 Brander und einige kleinere
Fahrzeuge; der Rest der Kanalflotte, etwa 8 Linienschiffe, befand sich in
den Haupthäfen oder kreuzte an der französischen Kanalküste.

 [145] =Sir Charles Hardy=, geboren um 1716, in die Marine eingetreten
       1731, wurde 1737 Leutnant, 1741 Kapitän, 1755 Gouverneur von New
       York, 1756 Kontre-, 1762 Vizeadmiral, 1770 Admiral. Er nahm teil
       an den drei Kriegen seiner Zeit. Im Siebenjährigen diente er mit
       Auszeichnung 1757/58 an der nordamerikanischen Küste (unter
       Boscawen vor Louisbourg), 1761/62 an der französischen (unter
       Hawke bei Quiberon); er starb 1780.

Es ist unverständlich, weshalb England nicht rechtzeitig die französische
Flotte in Brest blockiert und so die Vereinigung der Gegner verhindert
hat, da doch Spaniens Eintreten in den Krieg seit Monaten vorauszusehen
war. Es hätte selbst später noch die eigene Flotte hinter der
französischen her zur spanischen Küste senden können; wie die Sache lag,
würde sie dort wochenlang die Überlegenheit besessen haben. Dieser zweite
Fehler ist allerdings verzeihlich, da die Regierung unter dem Druck der
öffentlichen Meinung die englische Küste und den Kanaleingang nicht
entblößen durfte; mit der Blockade von Brest wäre aber auch der Kanal
gedeckt gewesen. England konnte von Glück sagen, daß die französische
Flotte sich nicht vor den Kanal gelegt hatte, um die spanische zu
erwarten, dort hätte sie wahrscheinlich große Handelsflotten abgefangen,
die zurückerwartet wurden; so erreichten ein Konvoi von den Antillen,
einer von Jamaika (gegen 200 Fahrzeuge) und 8 große Ostindienfahrer
unbehelligt die Häfen Englands und Schottlands.

 $Die Furcht vor einer Invasion$ war in England wieder einmal sehr groß,
 doch diesmal wohl berechtigter als je zuvor. Am 9. Juli befahl die
 Regierung, beim Drohen einer feindlichen Landung alle Pferde und
 sämtliches Schlachtvieh ins Innere zu treiben; der Hafen von Plymouth
 ward durch eine Balkensperre geschützt und Schiffe zum Versenken bereit
 gehalten; große Besorgnis herrschte für die zurückerwarteten Konvois.
 Viele Einwohner flüchteten von der Küste; man erzählt, daß bei einem
 Gottesdienste in einem Küstenorte plötzlich eine Panik ausgebrochen sei
 und alle Teilnehmer bis auf den Pfarrer sowie den Bezirksgeneral nebst
 seinen Offizieren und Soldaten aus der Kirche geflohen seien. Die
 Militärs hielten die Lage indessen nicht für bedrohlich, und so konnte
 noch der später als Stratege berühmte Admiral =Jervis=, der beim
 Erscheinen der Verbündeten ein Schiff der Kanalflotte befehligte,
 seiner Schwester schreiben: »Es sei demütigend für England, daß der
 Feind den Kanal beherrsche, aber über den Gedanken an eine Invasion
 müsse er lachen.«

Die Flotte der Verbündeten fand auf ihrer Fahrt das schönste Wetter und
hätte südwestlich von Ouessant, wo sie mehrere Tage durch Gegenwind
aufgehalten wurde, die erbetenen Vorräte übernehmen können; man sandte
aber nur einige Fahrzeuge mit Reserverundhölzern und vertröstete sie
sonst auf spätere Zeit im Kanal. Am 11. August passierte sie Ouessant, am
14. Lizard und erschien am 17. vor Plymouth, wo ihr ein englisches
Linienschiff in die Hände fiel, das sie für Engländer gehalten hatte. Die
beiden großen Flotten hatten sich nicht gesichtet und wußten auch nichts
weiter voneinander.

Jetzt stand also die überlegene französisch-spanische Macht zwischen der
englischen und deren Häfen. =D'Orvilliers= beabsichtigte dem Plane für
die Landung entsprechend, den Kanal nach der englischen Flotte bis Wight
abzusuchen, sich in Besitz der Rhede von St. Hellens an der Nordostküste
dieser Insel zu setzen und dann =Cordobas= Geschwader nach Cherbourg zu
senden, um die Überfahrt der Transportflotte zu decken. Er wollte mit der
Hauptmacht den Gegner zur See im Schach halten, ihn schlagen oder in
seine Häfen einschließen. Das französische Landungsheer stand um diese
Zeit für die Einschiffung auf 100 Transportern bereit, während man in
England zur Abwehr neben den Milizen nur über wenig reguläre Soldaten
verfügte, da man eine ansehnliche Truppenzahl zur Unterdrückung von
Unruhen in Irland halten mußte; zudem war die verbündete Flotte auch nach
Abzweigung =Cordobas= noch der englischen weit überlegen. Diese
Gelegenheit, so günstig wie nie zuvor, um endlich einmal die Invasion
wirklich durchzuführen, blieb jedoch unbenutzt. Vor Plymouth erhielt
nämlich =d'Orvilliers= die Weisung, nicht Wight, sondern die Umgegend von
Falmouth als Landungsstelle zu benutzen. Mit Recht wandte der Admiral
dagegen ein, daß die große Flotte dort keinen sichern Ankerplatz habe, um
sich stets zur Deckung der Landung bereit zu halten, und ein solcher sei
um so nötiger, als das günstige Sommerwetter zu Ende gehe. Während er
eine Antwort auf diesen Einwurf erwartete, kam ein mehrtägiger Oststurm
auf und trieb ihn aus dem Kanal. Am 22. August benutzte er ruhiges
Wetter, die Bestände an Wasser und Proviant zwischen den Schiffen
auszugleichen und erhielt so die Flotte in ihrer Gesamtheit bis zum 20.
September verwendungsfähig. Am 25. traf die Nachricht ein, daß die
englische Flotte bei den Scillys kreuze.

Ein Kriegsrat der Flaggoffiziere entschied einstimmig dahin, daß es bei
dem schon fast unhaltbar gewordenen Gesundheitszustande sowie dem
drohenden Proviant- und Wassermangel unmöglich sei, nochmals in den Kanal
einzulaufen. Man beschloß, den Feind zu suchen und zur Schlacht zu
zwingen; wäre dies bis zum 8. September nicht zu erreichen, so sollte das
französische Kontingent nach Brest, das spanische nach Cadiz
zurückkehren. Dementsprechend wurde gehandelt. Am 31. August (nach allen
französischen Quellen, nach Clowes am 29.) sichtete man die englische
Flotte, die auf der Rückfahrt nach dem Kanal begriffen war.
=D'Orvilliers= versuchte heranzukommen, aber =Hardy= wich der fast
doppelten Übermacht aus, wobei ihn die Windverhältnisse begünstigten. Am
1. November konnten die Engländer ihr Einlaufen in Plymouth als gesichert
ansehen und am 3. ankerten sie vor Portsmouth. Noch einmal erschien
=d'Orvilliers= die Aussicht auf einen Teilerfolg. Als er am 31. die
Fruchtlosigkeit einer weiteren Verfolgung erkannte, kamen im Westen 15
Schiffe in Sicht; sofort jagte er sie, aber sie erwiesen sich als ein
Konvoi holländischer Handelsfahrzeuge. Er kreuzte dann noch am Eingange
des Kanals, bis er als Antwort auf seinen Bericht über den Beschluß des
Kriegsrates Befehl erhielt, mit der Gesamtflotte nach Brest zu kommen. Am
14. September traf er dort ein und gab am 21. den Oberbefehl an
Lieutenant-Général =Du Chaffault= ab.

 $Der Zustand der französischen Flotte$ war tatsächlich so traurig, daß
 die meisten Schiffe wegen Mangels an dienstbrauchbaren Leuten kaum noch
 manövrieren konnten. Schon Ende August und Anfang September mußten acht
 von ihnen nach Brest geschickt werden. Unter ihnen befand sich das
 Flaggschiff, das von 1100 Mann Besatzung 560 Dienstunfähige zählte;
 einem 80-Kanonenschiff fehlten von 800 Mann 500; ein Schiff zu 74
 Kanonen hatte schon 70 Tote begraben und noch 529 Kranke. Auf vielen
 der Schiffe, die bis zuletzt die See hielten, war ein Krankenbestand
 von 2-300 Mann. (Nähere Angaben s. Chevalier II. Seite 171.)

=Die Operationen der großen Flotte waren für 1779 beendet.= Die
französische Regierung hatte zwar die Absicht, die Flotte nach Auffüllung
der Besatzungen sowie der Vorräte wieder auslaufen zu lassen, und auch an
General =de Vaux= ergingen neue Erlasse für Unternehmungen, zu denen man
die Flotte zu Anfang Oktober bereit glaubte. Aber ein Kriegsrat der
französischen und spanischen Flaggoffiziere (3. Oktober) stellte fest,
daß man wegen des augenblicklich großen Mannschaftsmangels, hauptsächlich
bedingt durch die vielen Erkrankungen in der französischen Marine, sowie
wegen notwendiger Ausbesserung der spanischen Schiffe nichts unternehmen
könne.

=Cordoba= segelte am 9. November mit dem Beobachtungsgeschwader nach
Spanien. Die übrigen spanischen Schiffe verblieben unter =de Gaston= bis
Januar 1780 in ihren Verbänden der Gesamtflotte; für diese bestand die
Ordre de Bataille weiter, damit sie im nächsten Frühjahr zeitig bereit
wäre. Sie bezog Winterquartiere und die Lager des Landheeres wurden im
November gleichfalls aufgelöst. Der ganze =Erfolg der Kampagne=, die von
den Verbündeten mit Aufbietung aller Kräfte und ungeheuren Kosten ins
Werk gesetzt war und die auch viele Menschenleben gefordert hatte,
obgleich kaum ein Schuß gefallen war, bestand in der Erbeutung eines
Linienschiffes, einiger zwanzig Kauffahrer und in etwa 1100 Gefangenen.
Zwar hatte man England in Schrecken gesetzt und dessen Flotte gezwungen,
das Feld zu räumen, aber von einer Beherrschung des Kanals, deren sich
=d'Orvilliers= in einem seiner Berichte rühmte, kann keine Rede sein.

 Dem greisen Admiral =d'Orvilliers=, der seinen einzigen Sohn, einen
 Leutnant, an der Epidemie verloren hatte, wurde natürlich von der
 öffentlichen Meinung die Hauptschuld an den Mißerfolgen aufgebürdet,
 die doch in erster Linie durch andere Gründe bedingt waren. Schwer
 gebeugt zog er sich für den Rest seines Lebens in eine religiöse
 Anstalt zurück; bei seinem streng christlichen Charakter war ihm der
 Ausweg versagt, den =Villeneuve= nach Trafalgar im Selbstmord fand.

$Das Jahr 1780$ brachte in den europäischen Gewässern keine
Unternehmungen der Hauptflotten gegeneinander. Es kam jetzt zur Geltung,
daß die Verbündeten verschiedene Ziele im Auge hatten. Beide wollten zwar
England erniedrigen, aber Frankreich erstrebte dies in Westindien und
Nordamerika, während Spanien Gibraltar und Minorka besonders
berücksichtigte. So kamen sie überein, den Einfall in England vorläufig
aufzugeben, aber den Gegner in Nordamerika und Ostindien im Schach zu
halten, in Westindien angriffsweise vorzugehen, sowie Gibraltar zu
nehmen. Diesem Plane entsprechend gestalteten sie ihre $Rüstungen für
1780[146]$.

 [146] Vgl. auch die Tabellen Seite 224 mit dem Hinweis auf ihre nur
       bedingte Zuverlässigkeit, besonders was die spanische Marine
       anbetrifft.

=Spanien= hatte zu Beginn des Jahres 20 Schiffe in Cadiz unter =Cordoba=,
5 bei Algeciras, 11 kreuzten beim Kap St. Vincent; da man erfahren hatte,
daß England Zufuhren nach Gibraltar senden wolle, rief man auch =de
Gaston= mit seinen 21 Schiffen von Brest zurück. Er verlor hiervon am
16./17. Januar sieben bei St. Vincent und sandte Ende April zwölf unter
Admiral =Solano= nach Westindien, wo sich schon einige Schiffe befanden;
wahrscheinlich waren auch noch verschiedene in den Mittelmeerhäfen
stationiert. Spanien wird somit im Anfang des Jahres etwas über 60
Linienschiffe und nach dem Verluste bei St. Vincent etwas unter dieser
Zahl im Dienst gehabt haben.

=Frankreich= schloß den aus Brest absegelnden Spaniern 4 Linienschiffe
an, sandte Anfang Februar 16 unter =de Guichen= nach Westindien, wo sich
schon 10 oder 12 unter =de Grasse= und =La Motte-Picquet= befanden; im
Mai führte =de Ternay= 7 nebst einer Hilfsarmee nach Nordamerika.

Da sich nun einige Schiffe (2?) in Toulon und schon im Januar von dieser
Station 4 bei der spanischen Flotte in Cadiz befanden, 3 in Ostindien
lagen, 2 nach dort abgingen und endlich 12 unter =Du Chaffault= das ganze
Jahr über in Brest verblieben, während im Laufe des Sommers noch 9 von
hier nach Cadiz segelten, so kann man die Gesamtindienststellung auf
mindestens 70 Linienschiffe annehmen.

 Selbstverständlich vermochte Frankreich infolge des großen Abganges an
 Toten und Schwererkrankten auf =d'Orvilliers=' Flotte noch weniger als
 im Vorjahre für diese Indienststellungen genügend Seeleute
 aufzubringen; man mußte noch mehr als früher mit Soldaten aushelfen und
 überwies zu diesem Zwecke zwei Regimenter des Heeres an die Marine.

=England= blieb auch 1780 seinem Grundsatz treu, auf allen fernen
Kriegsschauplätzen einem Angriff gewachsen zu sein, in Europa seine
Küsten zu decken und den Kanal im Interesse des Handels zu beherrschen.
Für dieses Jahr waren 7-1/2 Millionen Lstrl. (einschließlich Neubauten,
sowie 1-1/2 Millionen Überschreitung des Vorjahres) und 85000 Mann
(einschließlich 18700 Seesoldaten) bewilligt. Im Sommer befanden sich 102
Linienschiffe im Dienst, deren Verteilung aus der Tabelle Seite 224 zu
ersehen ist.

$Im Mittelmeer$ waren $in den Jahren 1778-1779$ keine Kriegsereignisse
vorgefallen, solange sich nur England und Frankreich gegenüberstanden.
Letzteres war durch sein Vorgehen im Kanal, Nordamerika und Westindien so
in Anspruch genommen, daß England sich in Minorka und Gibraltar nicht
bedroht sah; beide Staaten hielten im Mittelmeere nur geringe Kräfte zum
Schutz des Handels. Als aber Spanien in den Krieg eintrat, begann es
bereits im Juli 1779 =die Belagerung Gibraltars= und ließ diesem Platze
durch einige Linienschiffe, sowie zahlreiche Fregatten von Algeciras aus
die Zufuhren abschneiden. Wie schon erwähnt, war 1780 die Eroberung
Gibraltars die Hauptaufgabe der spanischen Marine und eine große Macht
wurde dafür bestimmt: =Cordoba= hatte in Cadiz 31 spanische und 4
französische Linienschiffe, 5 lagen in Algeciras; =Gaston= sollte mit 21
spanischen und 4 französischen zu ihm stoßen. Aber dennoch glückte es
England, die belagerte Stadt mit Vorräten zu versehen.

$Rodney[147] siegt bei St. Vincent und versorgt Gibraltar. Januar 1780.$
Schon im Oktober 1779 hatte man in England beschlossen, den Admiral =Sir
George Rodney= mit einigen Linienschiffen zur Übernahme des Kommandos
nach Westindien zu senden; da die französische Flotte in Brest
Winterquartiere bezogen hatte, nahm man nun die Gelegenheit wahr, mit der
Ausreise dieses bewährten Führers die Versorgung Gibraltars und Minorkas
zu verbinden. Der Admiral verließ am 29. Dezember mit 22 Linienschiffen,
14 Fregatten und einigen kleineren Fahrzeugen Plymouth. Nur fünf der
ersteren hatte man für Westindien bestimmt, die übrigen gehörten der
Kanalflotte an und waren Rodney nur unterstellt, um einen großen Konvoi
zu decken. Dieser bestand aus Transportern mit Truppen, Kriegsmaterial
sowie Proviant für Gibraltar und Minorka, und aus Handelsschiffen, die
zur portugiesischen Küste oder nach Westindien segeln wollten; die
letzteren zweigten sich am 7. Januar 1780 unter Deckung eines
Linienschiffes nebst 4 Fregatten ab.

 [149] =Sir George Bridges Rodney=, 1782 Baron R., geboren 16. Februar
       1718, Kapitän 1742, Kontreadmiral 1759, Vizeadmiral 1762, Admiral
       1778, gestorben 24. Mai 1792, diente als Kommandant eines
       Linienschiffes im österreichischen Erbfolgekriege (bei Finisterre
       1747 unter Hawke) und im Siebenjährigen Kriege (bei Louisbourg
       1759 unter Boscawen), führte 1759/60 ein Geschwader zur
       Blockierung der französischen Kanalhäfen, beschoß Havre, erhielt
       1761 den Befehl auf der Antillenstation, nahm 1762 Martinique.
       Leichtsinnig in seinem Lebenswandel, hielt er sich bei Ausbruch
       des Krieges 1778 wegen seiner Schulden in England in Paris auf.
       Der französische Marschall =de Biron= hörte, daß =Rodney= sich
       rühme, er würde mit der französischen Flotte schon fertig werden,
       wenn er nur nach England könne, und bezahlte in einer Anwandlung
       von Ritterlichkeit sowie nationalem Kitzel dessen Schulden. Nun
       nach England zurückgekehrt, erhielt Rodney das obenerwähnte
       Kommando, und damit begann der glorreiche Teil der Laufbahn
       dieses tüchtigen und mutigen Mannes, der damals schon 62 Jahre
       zählte und schwer unter der Gicht litt. Seine Schlachten,
       besonders in Westindien ausgefochten, sein Geschick als Stratege
       und Taktiker und -- sein Glück, werden wir bald kennen lernen.
       Biographische Angaben: =Mundy=, The life and correspondence of
       the late Admiral R. (London 1830.)

Die Flotte stieß am 8. auf ein spanisches Geschwader -- ein Linienschiff,
4 Fregatten, 2 Korvetten -- nebst 12 Transportern mit Proviant für die
Cadizflotte und nahm nach kurzer Jagd alle Fahrzeuge; das Linienschiff
wurde, mit Engländern bemannt, angewiesen, die genommenen
Proviantfahrzeuge nach Gibraltar zu geleiten. Auf der Weiterreise erhielt
=Rodney= von einem Kauffahrer die Nachricht, daß auf der Höhe von =Kap
St. Vincent= ein spanisches Geschwader kreuze, und als am 16. das Kap
passiert war, kamen um 1 Uhr nachmittags 13 Segel in Sicht; =Rodney=
steuerte sofort in gut gehaltener Formation auf sie zu. Es waren 11
Linienschiffe und 2 Fregatten unter dem Admiral =Don Juan de Langara=,
ein Teil der Cadizflotte, die mit spanischer Sorglosigkeit schlecht
geschlossen fuhren. Ihr Führer verlor die Zeit damit, zu sammeln, die
Gefechtslinie zu bilden, sowie durch Signale die Ansicht der Kommandanten
über weiteres Verhalten einzuholen, und nahm dann erst Kurs auf Cadiz,
wofür der Wind günstig war.

=Rodney= gab nun Befehl zur »Allgemeinen Jagd« mit der Weisung, von Lee
her anzugreifen, um sich so zwischen den Feind und die Küste zu setzen;
das zuerst herankommende Schiff sollte das letzte feindliche angreifen,
das zweite das vorletzte usw. Um 4 Uhr nachmittags schon waren die vier
vordersten Engländer im Gefecht, um 4-3/4 Uhr flog ein spanisches Schiff
von 74 Kanonen auf und um 6 Uhr strich ein zweites die Flagge. Jetzt
wurde es schnell dunkel, aber der Kampf tobte weiter und um 2 Uhr morgens
ergab sich der vorderste Spanier. Nur 4 Linienschiffe und die Fregatten
entkamen; das Flaggschiff von 80 Kanonen, sowie 5 74-Kanonenschiffe
wurden genommen. Auf einem der letzteren überwältigte später die
Besatzung, die zur Bedienung herangezogen werden mußte, die wenigen
Engländer, ein zweites strandete und fiel gleichfalls den Spaniern wieder
zu. Es wehte nämlich während der Nacht bei hoher See so stark, daß selbst
die größeren englischen Schiffe sich nur mit Mühe von den Klippen von San
Lucar freihalten konnten.

Diese Schlacht, die den Siegern nur 39 Tote und 102 Verwundete kostete,
zeigte die Tüchtigkeit =Rodneys=, der gerade an diesem Tage schwer unter
der Gicht litt. Zwar war der Feind sehr unterlegen und wurde überrascht,
aber dennoch blieb es eine kühne Tat, bei dem drohenden Wetter auf einer
Leeküste kurz vor Einbruch der Nacht anzugreifen. Es war um so gewagter,
als man wußte, daß =Cordobas= Streitkräfte in diesen Gewässern 35
Linienschiffe zählten. Dieser hatte auch tatsächlich mit den anderen 24
in Erwartung der Engländer gleichfalls vor der Straße von Gibraltar
gekreuzt und war eben erst in Cadiz eingelaufen, um einige in einem
Sturme beschädigte Schiffe auszubessern. =Rodney= wurde ferner dadurch
vom Glück begünstigt, daß =Gaston=, der ihm von Brest aus entgegentreten
sollte, zu lange im Hafen festgehalten und dann durch die
Witterungsverhältnisse auf der Fahrt gehemmt wurde. =Rodney= erreichte
unbelästigt Gibraltar, konnte aber widriger Winde halber erst am 26.
Januar auf der Rhede ankern. Die fünf spanischen Blockadeschiffe zogen
sich unter die Werke bei Algeciras zurück und die Engländer landeten
ungestört Truppen sowie Vorräte. Die Transporter für Minorka waren schon
vor dem Einlaufen in die Bucht unter Deckung von 3 Linienschiffen
weitergesandt; sobald diese dann wieder eintrafen, ging =Rodney= am 13.
Februar in den Atlantik zurück. Nach drei Tagen entließ er die Schiffe
der Kanalflotte und steuerte selber mit 4 Linienschiffen nach Westindien.
Gibraltar und Minorka waren auf ein Jahr versorgt.

 Die unter Admiral =Digby= nach England segelnden Schiffe stießen am 23.
 Februar auf 15 französische Transporter, die unter Bedeckung durch 2
 Linienschiffe und eine Fregatte nach Ostindien unterwegs waren. Drei
 Transporter sowie das Schiff des ältesten Kapitäns, der sich mutig
 opferte, wurden genommen, die anderen entkamen während der Nacht.

=Cordoba= rührte sich weder während des langen Aufenthalts der Engländer
vor Gibraltar noch bei deren Rückfahrt durch die Straße. Er mochte wohl
seinen, zur Zeit noch teilweise beschädigten Schiffen nicht allzuviel
zutrauen. Nach der Vernichtung =Langaras= konnte er auch nicht mehr mit
Überlegenheit auftreten, zumal das Geschwader =Gastons= erst am 23.
Februar eintraf; es hatte schweres Wetter in der Biskaya gehabt und
längere Zeit in Ferrol behufs notdürftiger Ausbesserung gelegen.

 Der Befehlshaber der vier französischen Schiffe bei der spanischen
 Flotte äußerte sich sehr absprechend über diese. Die Besatzungen seien
 ungeschickt in der Bedienung der Schiffe und die Offiziere unerfahren,
 aber auch nachlässig im Segeln in großen Verbänden. Auch für =Cordobas=
 Tatkraft spricht nicht gerade die Erzählung eines spanischen Autors:
 Nach diesem traf die Meldung, daß die Engländer Gibraltar wieder
 verlassen hätten, den Admiral in der Kirche. Er sagte: »Es ist gut!
 Geduld. Gott will es. Diesmal haben die Engländer Glück, ein anderes
 Mal werden wir es haben.« Ein Epigramm jener Zeit nannte ihn »el gran
 santulario«.

Rodneys Sieg erregte in England große Freude. Der Erste Lord schrieb ihm,
er habe mehr Linienschiffe genommen als in irgendeiner Schlacht der
beiden letzten Kriege erbeutet worden wären. Der Admiral schrieb seinen
Erfolg dem Umstande zu, daß ein Teil seiner Schiffe gekupfert und dadurch
imstande gewesen sei, den Gegner einzuholen und festzuhalten. Er legte
deshalb der Admiralität ans Herz, diese Maßnahme schnell allgemein
durchzuführen, und der Erste Lord antwortete ihm: »Ich höre Sie laut nach
gekupferten Schiffen rufen und bin entschlossen, to stop your mouth; you
shall have copper enough.« Die Kupferung wurde dann auch beschleunigt.

$Der weitere Verlauf des Krieges in Europa 1780.$ Die Versorgung
Gibraltars blieb der einzige englische Vorstoß in diesem Jahre, ja das
einzige hervortretende Ereignis überhaupt, obgleich es schon im Februar
zu Ende war, also zu einer Zeit, in der sonst die großen Unternehmungen
kaum begannen. England, seiner Sorge um Gibraltar ledig, hielt die
schwachen Streitkräfte, 43 Linienschiffe, in den nördlichen Gewässern
zurück und auch die Verbündeten unternahmen nichts Ernstes, obgleich sie
in Cadiz über eine große Zahl von Schiffen verfügten, im Herbst sogar
über eine ungeheure Macht. Die Bewegungen der Gegner seien hier kurz
dargestellt.

Der englische Admiral =Francis Geary=, der im Mai für den verstorbenen
Admiral =Hardy= die Kanalflotte übernommen hatte, trat am 8. Juni mit 30
Linienschiffen eine Kreuzfahrt zum Schutze des Handels im Kanal an.
Anfang Juli stieß er auf einen französischen Konvoi von 30 nach
Westindien bestimmten Kauffahrern, konnte aber wegen einbrechender Nacht
und aufkommenden Nebels nur 12 von ihnen nehmen. Am 18. August war diese
Fahrt beendet und bald darauf ging der Oberbefehl auf Vizeadmiral =George
Darby= über, der ihn auch während des Jahres 1781 führte. Von nun an
kreuzten einzelne Kriegsschiffe, kleinere Verbände, sowie zahlreiche
Kaper im Kanal und hinunter bis zur portugiesischen Küste.

=Die Verbündeten= zogen stärkere Streitkräfte in Cadiz zusammen;
Frankreich suchte Spanien zu einer entscheidenden Unternehmung zu
bewegen, aber dieser Staat versteifte sich auf die Belagerung von
Gibraltar. Das einzige, wozu er sich verstand, war die Entsendung des
Admirals =Don Josef de Solano= mit 12 Linienschiffen, einigen Fregatten,
sowie gegen 12000 Mann nebst starkem Artilleriematerial auf 83
Transportern Ende April nach Westindien. Auch dann blieb =Cordoba= noch
29 Linienschiffe stark und Gibraltar war von Algeciras aus durch 5
solcher unmittelbar blockiert. Da zu diesen noch 8 oder 9 französische zu
rechnen sind und im Juli weitere 5 von Brest eintrafen, so verfügten die
Verbündeten schon Mitte dieses Monates hier über eine große Flotte.

 In =Brest= behielt Frankreich das ganze Jahr über 12-15 Linienschiffe
 unter Lieutenant-Général =Du Chaffault= als ein Beobachtungsgeschwader;
 dies ist jedoch niemals vereint in See gegangen, sondern ließ nur
 einzelne Schiffe kreuzen.

=Cordobas Unternehmungen= blieben aber ganz auf die südlichen Gewässer
beschränkt. Erst im Juli erhielt er den Befehl, mit einer größeren Macht
in See zu gehen; er sollte zwischen Kap St. Vincent und Vigo bis auf 150
Seemeilen von der Küste entfernt kreuzen, um dem Treiben englischer
Kriegsschiffe und Freibeuter ein Ende zu machen, die zwischen Ferrol und
Cadiz die Verbindung fast ganz unterbrochen hatten und den
französisch-spanischen Handel störten. Am 31. Juli lief er mit 22
Schiffen aus und hatte das Glück, am 8. August auf 36° 40' nördlicher
Breite und 15° Westlänge (Greenwich) einen englischen Konvoi von 67
Fahrzeugen zu treffen, die nach Ost- und Westindien bestimmt und durch
ein Linienschiff sowie zwei Fregatten gedeckt waren; nur die
Kriegsschiffe und 12 Handelsschiffe entkamen, mit 55 Prisen im Werte von
1-1/2 Millionen Lstrl. und 2865 Gefangenen lief =Cordoba= am 29. August
wieder in Cadiz ein. Der Schlag traf England um so härter, da ein Teil
der Schiffe mit Zufuhren für die Truppen und Schiffe in den Kolonien
beladen waren. Dies blieb aber auch der einzige Erfolg der Verbündeten,
obgleich Frankreich den Vizeadmiral =d'Estaing= nach Spanien sandte, um
mehr Tatkraft in die Kriegführung zu bringen.

 $D'Estaings Mission in Spanien.$ Der Vizeadmiral traf im Juni 1780 in
 Madrid ein und versuchte mit Unterstützung des französischen Gesandten
 dahin zu wirken, daß man die große Flotte nicht nur im Dienste der
 Belagerung von Gibraltar belasse, in dem sie nach französischer Ansicht
 überhaupt nichts Ausschlaggebendes nützen könnte. Aber lange
 Verhandlungen hatten keinen Erfolg. =D'Estaing= traf dann am 26.
 September in Cadiz ein, begab sich von dort in das Lager von Gibraltar,
 fand die Aussicht auf eine erfolgreiche Berennung der durch ihre Lage
 fast uneinnehmbaren Stadt sehr gering und ward in seiner Ansicht noch
 bestärkt, daß die Flotte hier nichts nützen könne. Er trat lebhaft für
 deren anderweitige Verwendung ein, beispielsweise zu einem Angriff auf
 Minorka, aber wieder vergeblich. -- Er hatte Befehl, nach Eintreffen
 der französischen Streitkräfte von Westindien, die für die zweite
 Hälfte des September nach Cadiz beordert waren, die Gesamtflotte
 Frankreichs nach Brest zu führen, falls Spanien bis dahin nicht einer
 anderen Verwendung zugestimmt habe.

Am 1. Oktober trafen noch einige Schiffe vor Brest in Cadiz ein und am
24. kamen das Geschwader =de Guichens=, sowie die selbständige Division
=de La Motte-Picquets= von Westindien an; jetzt waren etwa 40
französische Linienschiffe dort vereint. Da es =d'Estaing= nicht gelang,
Spanien zu entschlossenerem Handeln zu bewegen und er keinen Nutzen in
einem längeren Aufenthalt der französischen Schiffe bei Cadiz sah, traf
er Anstalt, diese gemäß der erhaltenen Weisung nach Frankreich
zurückzuführen. Die Jahreszeit war schon weit vorgeschritten, denn die
Schiffe aus Westindien waren über einen Monat später angekommen, als man
erwartet hatte und die meisten hatten eine gründliche Ausbesserung nach
ihrer fast zweijährigen Abwesenheit nötig. Unter =de Guichen= waren 95
Schiffe mit Zucker und Kaffee angekommen. =D'Estaing= ließ von diesen die
ins Mittelmeer bestimmten durch Kapitän =Suffren= mit 5 Linienschiffen
nach Toulon geleiten, während er mit dem Gros der Flotte am 7. November
nach Norden segelte. Er kreuzte noch kurze Zeit beim Kap St. Vincent und
traf am 5. Januar 1781 in Brest ein.

$Bemerkungen zu dem Kriege in Europa 1779/80.$ Während sich 1779 in
Westindien etwa gleichstarke Kräfte gegenüberstanden, befand sich
=England= in den heimischen Gewässern in großer Bedrängnis, als die
Flotte der Verbündeten auftrat; niemals seit Ruyters Zeit war die Gefahr
eines Einfalles so groß gewesen wie jetzt. Zwei Fehler der Regierung
hatten dies verschuldet. Erstens hatte man in den Friedensjahren
versäumt, die Marine einem möglichen, ja wahrscheinlichen Zusammenwirken
der beiden bourbonischen Königreiche gewachsen zu erhalten, zweitens
mußte die Vereinigung der beiden feindlichen Flotten jetzt verhindert
werden. Daß diese Unterlassungen sich nicht rächten, ist nur den
Mißgriffen der Verbündeten zu danken; diese seien hier nochmals kurz
zusammengefaßt.

 Die französische Flotte ging mit unvollständiger Bemannung und
 Ausrüstung in See, um nicht vom Feinde in ihren Häfen blockiert zu
 werden. Die spanische brauchte sieben Wochen bis zur Vereinigung und
 dann verging noch eine Woche mit Maßnahmen, die man vorher hätte
 erledigen können. Französischerseits unterließ man ferner die
 Ergänzung der während des langen Wartens aufgebrauchten Vorräte. Ein
 weiterer schwerer Fehler war der befohlene Wechsel des Angriffspunktes.
 Dadurch ging die günstige Gelegenheit zur Landung unwiederbringlich
 verloren, und Krankheit sowie Mangel auf der Flotte bereiteten
 schließlich dem Unternehmen ein unrühmliches Ende. Auch hier bestätigte
 sich wieder, daß es grundfalsch ist, eine vor dem Feinde stehende
 Macht, und ganz besonders eine Seestreitmacht, ganz von Hause her
 leiten zu wollen. Gerade im vorliegenden Falle war der Gegenbefehl
 durchaus verkehrt und somit =d'Orvilliers=' Einwendungen völlig
 berechtigt; die erhaltene Weisung einfach nicht zu beachten, lag nicht
 in seinem Charakter. Dies hätten auch wohl nur wenige Führer gewagt,
 ein =Nelson= oder =Bonaparte= würden es wahrscheinlich getan haben.

Die Führer der großen Flotte zeigten sich allerdings auch nicht ihrer
Aufgabe gewachsen, doch fällt dies gleichfalls den Regierungen zur Last,
die sie an die verantwortlichen Stellen setzten. =D'Orvilliers= war ein
tüchtiger Offizier, aber 68 Jahre alt und kein Charakter, der die Jahre
vergessen ließ; er nannte sich außerdem selber »einen gebrechlichen
Greis«. Es fehlten ihm Entschlußfähigkeit und Kühnheit, die unter
schwierigen Umständen vieles wagen, um alles zu gewinnen.

 Bezeichnend sind die Aussprüche zweier anderer Autoren (Chevalier II,
 Seite 136 A. a. O.): »=D'Orvilliers= wollte 1778 bei westlichem Winde
 nicht in den Kanal einlaufen, da er dann bei schlechtem Wetter oder
 nach unglücklichem Kampfe nicht wieder herauskönne; 1779 hinderte ihn
 östlicher Wind am Einlaufen. Welch ein Wind war denn nun günstig?« --
 (Lacour II, Seite 254): »Man sagt, daß sich =d'Orvilliers= während des
 Feldzuges 1779 stets gefragt habe: »Was geschieht, wenn ich besiegt
 werde«, aber niemals: »Was erfolgt, wenn ich siege.«

Nicht anders lag es mit =Cordoba=. Dieser war sogar 73 Jahre alt, und
=d'Estaing=, der 1780 mit ihm verhandeln mußte, berichtete, er habe
bisher nur gegen die Barbaresken gefochten und sei, selbst nach Ansicht
spanischer Offiziere, eine Persönlichkeit ohne jede Bedeutung, ohne
Tatkraft und Kühnheit. Beide Führer waren allerdings auch nicht vom Glück
begünstigt, und die Wetterverhältnisse waren mehrfach gegen sie, aber es
gilt als alte Erfahrung, daß dem Wagemutigen das Glück hold ist; denn wer
auch unter ungünstigen Verhältnissen seine Absicht durchzusetzen strebt,
kommt einem günstigen Umschwung gewissermaßen entgegen. -- Infolge der
Fehler der Verbündeten blieb das große Unternehmen 1779 ein Schlag ins
Wasser; =Lacour= sagt von ihm: »Si le sujet n'était pas si triste, on
penserait à la montagne en mal d'enfant, qui met au monde une souris.«

Die Kriegführung des Jahres 1779 zeigt deutlich =eine der Schwächen der
Allianzen=[148]. Durch seine Nachlässigkeit in den Rüstungen lähmt der
eine Verbündete den anderen. Im Jahre 1780 zeigt sich die Hauptgefahr für
jedes Bündnis, die Verschiedenheit der Interessen und Ziele. Frankreich
bindet sich noch stärker als vorher in Westindien, Spanien verbeißt sich
in die Belagerung von Gibraltar. Der Oberbefehlshaber, Admiral =Cordoba=,
löst in diesem Jahre aber nicht einmal die einfache Aufgabe, die
belagerte Stadt von See her abzuschließen. Es gelingt =Rodney= mit weit
schwächeren Kräften, Gibraltar zu versorgen; bei dieser Gelegenheit zeigt
sich, daß dem Mutigen auch das Glück hold ist. Die Wetterverhältnisse
legen die Seestreitkräfte des Gegners lahm und begünstigen ihn. Er trifft
dann auf den Konvoi und einen Teil der spanischen Flotte, der ohne
Unterstützung ist. Daß das englische Geschwader die Stürme überstand,
während die Schiffe des Gegners arg beschädigt wurden, war allerdings der
Überlegenheit der Engländer in Seemannschaft zu danken.

 [148] Hierüber vgl. das in Band I, Seite 356 Ausgeführte.

 $Ausbruch des Krieges zwischen England und Holland 1780.$ Am 20.
 Dezember erklärte England den Krieg an Holland. Schon weit früher war
 es zu Reibungen gekommen. Seit Ausbruch des Englisch-Amerikanischen
 Krieges wurde die holländische Schiffahrt durch die Untersuchungen
 seitens englischer Kriegsschiffe arg belästigt und noch mehr seit
 Beginn des Kriegs mit Frankreich. Am 31. Dezember 1779 ereignete sich
 bereits ein Vorfall ernster Art. Ein englisches Geschwader von 5
 Linienschiffen und einigen Fregatten unter Kapitän =Charles Feilding=
 begegnete im Kanal einem großen holländischen Konvoi, geleitet durch 2
 Linienschiffe und 2 Fregatten unter Kontreadmiral =van Byland=. Der
 englische Kommodore verlangte die Untersuchung der Schiffe. Der
 holländische Admiral verweigerte sie und ließ Gewehrfeuer auf die Boote
 richten, die trotzdem zu den Handelsschiffen fuhren. Nun eröffneten die
 englischen Schiffe das Feuer auf die holländischen und diese ergaben
 sich in ihr Schicksal; der Admiral strich sogar die Flagge. Davon
 machte =Feilding= nun zwar keinen Gebrauch, aber er führte 12
 Kauffahrer nach Portsmouth, die dort kondemniert wurden, da sie nach
 englischer Angabe tatsächlich Kontrebande an Bord hatten.

 Gleichzeitig mit der Kriegserklärung sandte England den Befehl nach
 Ost- und Westindien, die holländischen Schiffe sowie Besitzungen
 wegzunehmen; es soll sogar diese Weisung schon früher erlassen haben,
 da die englischen Kriegsschiffe überall so frühzeitig über den
 holländischen Handel herfielen, daß Ende Januar 1781 bereits 200
 Kauffahrer im Werte von 15 Millionen Gulden aufgebracht waren. Am 30.
 Dezember 1781 ward das erste holländische Kriegsschiff von 54 Kanonen
 durch zwei englische 74-Kanonenschiffe im Kanal genommen. (Näheres über
 die Belästigungen des holländischen Handels, die dadurch
 hervorgerufenen Reibungen und die militärischen Maßnahmen Hollands
 findet man in =de Jonge=, Band 4, Seite 379 ff.)


             Der Krieg in Westindien und Nordamerika 1780.

$Westindien.$ Im Beginn des Jahres 1780 lag der englische Admiral =Hyde
Parker= mit etwa 16 Linienschiffen in Sta. Lucia, während sich die
französischen Divisionen =de Grasse= und =de La Motte-Picquet=, 10 oder
11 Schiffe, in Martinique befanden; beide Parteien unternahmen
Kreuzfahrten gegen Handelsschiffe und Transporter. =De La Motte= hatte
von Haus Befehl erhalten, seine eigentliche Station bei St. Domingue
gegen die Engländer in Jamaika einzunehmen, war aber von =de Grasse= und
dem Gouverneur wegen der Überlegenheit des Gegners bisher auf der
Antillenstation zurückgehalten; erst als die Nachricht vom Nahen der
starken Flotte unter =de Guichen= eintraf, ließ man ihn absegeln. Auf der
Reise hatte er einen Zusammenstoß mit einem englischen Geschwader, blieb
aber sonst den großen Ereignissen des Jahres fern. Ebenso auch die
schwache englische Jamaikastation unter =Sir Peter Parker=; beide fanden
nur Verwendung zum Kleinen Kriege im nordwestlichen Teile der
westindischen Gewässer.

 $Gefecht bei Monte Christi, 20. März 1780.$ =La Motte-Picquet= verließ
 am 13. März mit zwei Schiffen zu 74 Kanonen, einem zu 64, einem zu 50
 und einer Fregatte Martinique nebst einem Konvoi für Cap Français. Am
 20. März stieß er nicht weit von seinem Ziele bei Monte Christi
 (Nordküste von Haiti) auf den Kapitän =Cornwallis=, der sich mit drei
 schwachen Schiffen der Jamaikastation auf einer der üblichen
 Kreuzfahrten in den dortigen Gewässern befand. Es kam zu einem
 Gefechte, das von 5 Uhr nachmittags bis mitternacht und den ganzen
 nächsten Tag über dauerte. Dann brach =La Motte= ab, da drei andere
 Engländer in Sicht kamen, und segelte nach Cap Français, wohin sein
 Konvoi schon vorausgegangen war. Der Zusammenstoß ist bemerkenswert,
 weil man aus seinem Verlaufe wiederum ersehen kann, wie die
 französischen Führer jener Zeit fast immer nur die Lösung ihrer Aufgabe
 anstrebten, sonst aber ihre Schiffe schonten. =De La Motte=, ohne
 Zweifel ein mutiger Mann und tüchtiger Offizier, hatte nur den Schutz
 des Konvois im Auge; zu diesem Zwecke griff er zwar selber an, führte
 aber den Kampf nicht bis zur Entscheidung durch, obgleich er weit
 überlegen war. =Cornwallis= befehligte ein Schiff zu 64 Kanonen, eins
 zu 50 und eins zu 44, und die später in Sicht kommenden waren auch nur
 ein 64-Kanonenschiff, nebst 2 Fregatten. (Näheres über das Gefecht vgl.
 Clowes III, Seite 474; Troude II, Seite 66.)

=De La Motte= geleitete später verschiedene Konvois, nach Europa
bestimmte, von Cap Français, dem üblichen Sammelplatze, aus, so weit in
den Atlantik, bis sie vor feindlichen Kreuzern sicher schienen; am 13.
August trat er, erhaltenem Befehle gemäß, die Heimfahrt an und traf Ende
Oktober in Cadiz ein.

$De Guichen und Rodney in Westindien 1780.$ =Lieutenant-Général de
Guichen=[149] hatte am 3. Februar Brest mit 16 Linienschiffen und 4
Fregatten -- nach Angabe der französischen Quellen schlecht ausgerüstet
-- nebst einem Konvoi von 83 Segeln verlassen; er traf am 22. März in
Martinique ein und vereinigte sich mit =de Grasse=. Er war entrüstet,
nicht auch =La Motte= vorzufinden, da er dann dem Gegner sehr überlegen
gewesen wäre. Seine Order wies ihn an, auf der Reise besonders den Konvoi
zu hüten, weil es in den Kolonien sehr an Nahrungsmitteln sowie anderen
Bedürfnissen mangele, in Westindien dann »die Seeherrschaft zu erringen«;
von etwa genommenen Inseln solle er einzig Sta. Lucia besetzen, auf
anderen nur die Befestigungen und Magazine zerstören. Der Befehl enthielt
aber wieder den lähmenden Zusatz: »Die See zu halten, soweit es die
Stärke des Gegners erlaube, ohne die eigenen Kräfte zu sehr einzusetzen.«
Der Admiral hoffte nun, Sta. Lucia überraschen zu können; er schiffte
deshalb nur seine Kranken aus und ging schon am 23. März wieder in See.
Er fand aber =Hyde Parker= mit seinen 16 Schiffen in der Gros-Islet-Bucht
derartig verankert, daß er keinen Angriff wagte und nach Fort Royal
zurücksegelte. Eine ähnlich günstige Gelegenheit, Sta. Lucia zu nehmen,
kam nicht wieder; am 27. März vereinigte sich =Rodney=, von seiner
spanischen Expedition angekommen, mit =Hyde Parker=, und die nun 20 oder
21 Linienschiffe starke englische Flotte war der französischen ungefähr
gleich.

 [149] =Luc Urbain de Bouexic, Comte de Guichen=, geboren 21. Juni 1712,
       Garde marine 1730, Lieutenant 1746, Capitaine 1756, Chef
       d'Escadre 1776, Lieut.-Général 1779, gestorben 13. Januar 1790,
       war viel zur See gefahren und hatte sich in den beiden letzten
       Kriegen sehr hervorgetan. 1778 führte er bei Ouessant eine
       Division der Mitte, 1779 die Vorhut der großen Flotte
       d'Orvilliers'. Er galt für sehr tüchtig in der Führung eines
       Geschwaders, aber auch für einen Typ der vorsichtigen taktischen
       Schule, außerdem war er jetzt 68 Jahre alt. Nach seinen drei
       Schlachten mit =Rodney=, der ihn als Gegner hoch einschätzte,
       stand er 1781/82 in der französisch-spanischen Flotte unter
       =Cordoba=. Am 12. Dezember 1781 wurde er im Atlantik bei
       Begleitung eines Konvois von Admiral Kempenfelt mit schwächeren
       Kräften geschlagen.

 $Die Stärke der Gegner.$ =Die englische Flotte= bestand aus: der
 Vorhut, Kontreadmiral =Hyde Parker=, dem Flaggschiff zu 90 Kanonen, 4
 Schiffen zu 74, 2 zu 64, 1 Fregatte; der Mitte, =Rodney=, Flaggschiff
 zu 90, 3 zu 74, 1 zu 70, 2 zu 64, 3 Fregatten; der Nachhut,
 Kontreadmiral =Rowley=, 4 zu 74, 1 zu 64, 1 zu 60, 1 zu 50 Kanonen
 (dieses sollte im Notfalle die Linie verlängern), 1 Fregatte.

 =Die französische Flotte= zählte: Vorhut, Chef d'Escadre =Comte de
 Sade=, Flaggschiff zu 80 Kanonen, 3 Schiffe zu 74, 2 zu 60, 1 zu 60;
 Mitte, =de Guichen=, Flaggschiff zu 80, 4 zu 74, 3 zu 64; Nachhut, Chef
 d'Escadre =Comte de Grasse=, 6 Schiffe zu 74, 1 zu 64; hinzu traten 5
 Fregatten und 1 Korvette.

$Die drei Gefechte bei Martinique 1780.$ Schon am 2. April zeigte sich
=Rodney= vor Fort Royal, da =Guichen= aber nicht aus dem Hafen kam, ging
er nach Sta. Lucia zurück und ließ den Feind durch Fregatten beobachten.
Der französische Admiral war mit dem Gouverneur =de Bouillé=, der sich
mit 3000 Mann auf der Flotte einschiffte, übereingekommen, bei günstiger
Gelegenheit unbemerkt in See zu gehen, zunächst einen nach St. Domingue
bestimmten Konvoi eine Strecke nach Norden zu geleiten und dann den
Angriff auf die englischen Inseln zu beginnen. In der Nacht des 13. April
verließ die französische Flotte den Hafen, aber die englische folgte
sofort. Schon am 16. sichteten sich beide in Lee der Insel Martinique;
die englische kam von Südosten heran, als die französische gegen
Nordostpassat auf den Kanal zwischen Martinique und Dominica zu
aufkreuzte.

[Illustration: de Guichen.]

In den nun folgenden Manövern zur Gewinnung der Luvstellung hatten die
Engländer den Erfolg für sich. Bei Tagesanbruch am 17. April stand die
englische Flotte etwa 12 Seemeilen östlich der französischen, und etwa 20
Seemeilen westlich vom Eingange des genannten Kanals erfolgte =die erste
Schlacht=. Sie blieb =unentschieden=, ist =aber bemerkenswert für die
Geschichte der Seetaktik=. Rodney versucht in ihr, abweichend von der
bisherigen Angriffsart, einen Teil des Gegners überlegen anzugreifen; es
mißlingt jedoch, da seine Untergebenen die Absicht nicht verstehen. Sie
wurde dann in alter Weise zu Ende geführt und brachte die bekannten
Folgen: Die Engländer standen nach dem ersten Zusammenstoß wegen der
Beschädigung der Schiffe von weiterem Kampfe ab, und auch der
französische Admiral drang im Hinblick auf den einschränkenden Zusatz zu
seiner Instruktion nicht auf seine Fortsetzung bis zur Entscheidung.

[Illustration: Martinique, 17. April 1780.]

 $Die erste Schlacht bei Martinique am 17. April 1780[150].$ Bei
 Tagesanbruch lag die französische Flotte unter östlichem Winde in
 Kiellinie über Steuerbordbug mit etwa SSO-Kurs, die englische steuerte
 über Steuerbordbug nördlich. Rodney stellte die über Nacht etwas
 verloren gegangene Ordnung her und schloß die Entfernungen zwischen den
 Schiffen von zwei auf eine Kabellänge. Beide Flotten steuerten also
 einen parallelen, aber nahezu entgegengesetzten Kurs; es war für die zu
 Luward stehenden Engländer Gelegenheit, sich mit ihrer enggeschlossenen
 Linie überwältigend auf die hintere Hälfte der etwas
 auseinandergezogenen französischen zu werfen und diese niederzukämpfen,
 ehe die vordere Hälfte wenden und zur Hilfe herankommen konnte. Dies
 war Rodneys Absicht. Er machte sie um 8 Uhr vormittags durch Signal
 bekannt -- bereits früher scheint er durch Zusätze zur
 Gefechtsinstruktion derartige Manöver vorbereitet zu haben. Um 8-1/2
 Uhr kommandierte er dann »Linksum« und hielt mit vollen Segeln in
 Dwarslinie auf den Gegner zu.

 [150] Wir folgen hauptsächlich der Schilderung in Clowes III, Seite
       453, geschrieben von =Captain Mahan=, als der neuesten und
       eingehendsten. Unsere anderen Quellen, auch Mahan in »Seemacht«
       I, weichen von dieser darin ab, daß nach ihnen die Schlacht über
       Steuerbordbug geschlagen wurde. Dies hat jedoch auf ihren Verlauf
       und für die Beurteilung der von =Rodney= angestrebten Taktik
       keinen Einfluß.

 =Guichen= erkannte die Gefahr und ließ alle Schiffe zugleich halsen, so
 daß der Stoß nur die vordere Hälfte getroffen haben würde, der die
 hintere leicht Unterstützung bringen konnte. =Rodney= bildete darauf
 die Kiellinie über Steuerbordbug, um sein Manöver am anderen Ende der
 feindlichen Linie zu versuchen (vgl. Plan, Lage 1). Er öffnete jetzt
 zwar die Abstände wieder auf 2 Kabellängen, blieb aber immer noch
 geschlossener als der Gegner; die beiden Flotten lagen nun von neuem
 auf entgegengesetzten Kursen. Um 10-1/4 Uhr war Rodney mit seinem
 Flaggschiff querab von dem de Guichens, gab Befehl, mit allen Schiffen
 zugleich zu halsen, und ließ, als dies geschehen und die Linie wieder
 gut ausgerichtet war, etwa um 11 Uhr mehr nach Backbord, also schräg
 auf den Feind zu, steuern. Um 11-3/4 erfolgten schnell hintereinander
 die Signale: »Gerade auf den Feind abhalten; ein jedes Schiff auf
 seinen Gegner in der feindlichen Linie (dies war ein Signal gemäß
 seines Zusatzes zur Gefechtsinstruktion); Nahgefecht.« Rodney nahm
 dabei an, daß die Admirale und Kommandanten seiner um 8 Uhr
 bekanntgegebenen Absicht entsprechend das Schiff angreifen würden, das
 ihnen »augenblicklich« in der feindlichen Linie gegenüberstand.

 Jetzt aber machte sich das Kleben am bisherigen Brauch, an dem
 buchstäblichen Befolgen der Gefechtsinstruktion, geltend. Der
 Kommandant des Spitzenschiffes, Kapitän =Carkett=, glaubte, er müsse
 das feindliche Spitzenschiff angreifen, steuerte auf dieses zu und zog
 seine drei Hintermänner einschließlich des Admirals der Vorhut, =Hyde
 Parker=, hinter sich her. Diese 4 Schiffe eröffneten gegen 1 Uhr
 nachmittags das Feuer, zunächst auf weitere Entfernung; die übrigen
 führten den Angriff richtiger aus, besonders die drei letzten der
 Vorhut, obgleich sie von ihrem Admiral den Befehl erhielten, in der
 Linie zu bleiben und ihm zu folgen. Es scheint demnach, als ob auch
 =Hyde Parker= die Absicht des Flottenchefs nicht verstanden habe.
 =Rodney= griff mit dem Flaggschiff etwas nach 1 Uhr in nächster Nähe
 an. Er war auf das zweite Schiff (64 Kanonen) hinter dem feindlichen
 Flaggschiffe gestoßen, trieb dies aus der Linie und ebenso das
 folgende, das die Lücken schließen wollte (Plan, Lage 2). Wohl während
 des Kampfes den Weichenden etwas nachdrängend, sah er sich plötzlich um
 2-1/2 Uhr in Lee der feindlichen Linie und deren Flaggschiff zu Luward;
 er rief seine beiden Vordermänner zur Unterstützung näher heran.

 So wurde der Kampf an dieser Stelle ziemlich heiß, und =Guichen= gewann
 den Eindruck, daß =Rodney= hier durchbrechen wolle. Dies ist indes kaum
 anzunehmen, da die Engländer bisher nicht viel vom Doublieren hielten;
 Rodney war wohl nur durch Zufall nach Lee geraten. Guichen gab deshalb
 gegen 4 Uhr den Befehl, mit allen Schiffen zugleich zu halsen, um den
 Durchbruch zu verhindern und weiter in Lee aufs neue Stellung zu
 nehmen. Da das Manöver ziemlich viel Raum erforderte, faßte =Rodney= es
 als Rückzug auf, er folgte aber nicht, wohl weil die Ordnung seiner
 Linie gestört war und das Flaggschiff sehr gelitten hatte; es hatte
 Fockmast sowie Großraa verloren und 80 Schüsse in den Rumpf erhalten,
 von diesen 3 unter Wasser, so daß es während der nächsten 24 Stunden
 nur mit Mühe flott erhalten werden konnte. Der Kampf fand um 4-1/4 Uhr
 nachmittags sein Ende und die Flotten trennten sich.

 =Die Verluste= bezifferten sich englischerseits auf 120 Tote und 354
 Verwundete, französischerseits auf 222 bzw. 537. Die englischen Schiffe
 waren in der Takelage wesentlich mehr beschädigt als die französischen.

 Soweit die Schilderung, die besonders auf englischen Angaben, Berichten
 und Auslassungen =Rodneys= beruht, da die französischen sehr dürftig
 sind. =Rodney= erklärte später, diese Schlacht sei die beste
 Gelegenheit seines Lebens für einen großen Schlag gewesen; sein Plan
 würde Erfolg gehabt haben, wenn er richtig durchgeführt worden wäre. Er
 war mit seinen Untergebenen sehr unzufrieden und lobte nur 5
 Kommandanten: seinen Flaggkapitän, die Führer der drei Vorhutschiffe
 und einen Kommandanten der Nachhut, der wie er selber nahe an den Feind
 herangegangen war. Dem Führer des Spitzenschiffes sowie dem Admiral
 =Hyde Parker= warf er die bereits hervorgehobenen Fehler vor, allen
 übrigen, daß sie ihre Schiffe nicht scharf genug ins Gefecht gebracht
 hätten. Auch Admiral =Rowley= traf sein Vorwurf, die Signale nicht
 genau befolgt zu haben.

 Dies verhielt sich so: dem Schiffe der Nachhut, das dicht herangegangen
 war, hatte beim Aufdrehen zum Kampfe das Ruder versagt und es war über
 den falschen Bug zum Gefecht gekommen. Als darauf einige Franzosen
 wendeten, tat =Rowley= das gleiche. (Alle diese Schiffe legten sich
 übrigens bald wieder über Backbordbug.) Hierin sah Rodney einen Fehler,
 Rowley wandte aber ganz richtig dagegen ein, daß er mit seinem Manöver
 der Weisung entsprochen habe, wonach der Hauptangriff auf den hinteren
 Teil der feindlichen Linie gerichtet werden sollte. Rodneys Darlegungen
 wurden zwar nicht veröffentlicht, aber doch durch Privatbriefe und
 Gespräche bekannt. Der Kommandant des Spitzenschiffes, Kapitän
 =Carkett=, schrieb daraufhin an den Admiral, und dessen Antworten geben
 neben seinen Berichten genauen Aufschluß über seine Absicht; man
 ersieht aus ihnen auch, daß eben Mangel an Verständnis im englischen
 Offizierkorps den Plan des Admirals vereitelte. (Vgl. Clowes III, Seite
 460 ff.)

Nach der Schlacht segelte =Guichen= nach Guadeloupe, um Verwundete und
Kranke auszuschiffen. =Rodney= besserte auf See notdürftig aus und folgte
dann dem Gegner, um sich zwischen ihm und Martinique zu halten, war aber
bald genötigt, bei Sta. Lucia zu ankern, da er Wasser nehmen mußte. Er
verlor jedoch die Absicht, die Rückkehr der Franzosen nach Fort Royal,
ihrem besten Hafen und Ausrüstungsplatze, zu hindern, nicht aus dem Auge.
Er ließ Fregatten östlich sowie westlich von Martinique kreuzen und
erhielt so rechtzeitig Nachricht, sobald der Feind sich rührte. =Guichen=
verließ an einem der ersten Maitage Guadeloupe und steuerte östlich von
Martinique zu einem neuen Versuche gegen Sta. Lucia südlich.

=De Bouillé= hatte sich mit einem Teile der Landungstruppen auf Fregatten
eingeschifft, die der Flotte um einige Stunden voraussegelten, als er
jedoch am 9. Mai in der Straße zwischen Martinique und Sta. Lucia ankam,
sah er die englischen Schiffe schon aus der Gros-Islet-Bucht
herauskommen. So traten sich die beiden Flotten südöstlich der
erstgenannten Insel wiederum entgegen und manövrierten dann, beide mit
großem Geschick, 10 Tage lang in Sicht voneinander. Franzosen wie
Engländer behaupten eine Schlacht gesucht zu haben, aber der Gegner sei
ausgewichen oder habe günstige Gelegenheiten zum Angriff nicht benutzt.

Ein vorurteilsfreier Vergleich zeigt, daß beide hiermit nur bedingt recht
haben, am meisten noch die Engländer. Da die Franzosen während der ganzen
Zeit (eine Stunde am 15. Mai ausgenommen) die Luvstellung in dem
regelmäßig wehenden Passat innehatten, ist ihre Behauptung unhaltbar, es
sei unmöglich gewesen, den Feind zur Schlacht zu bringen, denn die Flucht
hat dieser nie ergriffen. =Guichen= ging häufig, gewöhnlich wenn
nachmittags der Passat am stetigsten wehte, näher an die Engländer heran,
nahm aber den Nahkampf nie auf; wahrscheinlich wollte er, wie üblich,
seine Flotte schonen und rechnete damit, dem Feinde nach und nach oder
bei ganz besonders günstiger Gelegenheit Abbruch zu tun. =Rodney= nahm
den auf weitere Entfernung angebotenen Kampf nie auf, um seine Munition
nicht zu verschleudern, auch wollte er wohl nach englischem Brauch nur
aus der Luvstellung fechten; er suchte also diese zu erreichen, wobei er
gleichzeitig den Feind sowohl von dessen Stützpunkt wie auch von seinem
Angriffsobjekt abdrängte. Beide Male aber, als die Umstände ihm eine
Gelegenheit zum Angriff boten, benutzte er sie auch; man kann mithin
nicht sagen, daß er jedem Zusammenstoß grundsätzlich ausgewichen sei.

 $Die Gefechte bei Martinique am 15. und 19. Mai 1780.$ Am 15. Mai
 nachmittags kam =Guichen= etwas näher als gewöhnlich heran; beide
 Flotten lagen bei Ostwind über Steuerbordbug mit SSO-Kurs. Schon war
 das französische Spitzenschiff etwa querab von der englischen Mitte
 imstande, das Feuer zu eröffnen, da drehte der Wind schnell auf SSO, so
 daß sämtliche Schiffe etwa SW anlagen. =Rodney= benützte dies, wendete
 im Kontremarsch und führte seine Flotte nach Osten; er würde die
 feindliche Spitze zu Luward passiert haben, wenn nicht auch =Guichen=
 sofort mit allen Schiffen zugleich gehalst und gleichfalls östlich
 gesteuert hätte (also in einer Linie, in der sich seine Schiffe etwa
 SSO peilten). Die englische Flotte stand somit gewissermaßen windwärts
 der französischen, aber noch hinter ihr zurück, und es war nur eine
 Frage der Geschwindigkeit, ob sie herankommen würde.

 Aber schon nach einer Stunde sprang der Wind auf Ost zurück. =Guichen=
 ging nun an den Wind und legte seine Schiffe schnell wieder in
 Kiellinie über Steuerbordbug (Kurs SSO); =Rodney=, der die Kiellinie
 durch Abhalten im Kontremarsch über Backbordbug (Kurs NNO) bildete,
 stieß mit seiner Spitze auf die Mitte der französischen Linie. Die
 englischen Schiffe hielten dann nacheinander auf NNW ab, und so glitten
 die Flotten aneinander vorüber. Die Engländer hätten vielleicht
 Gelegenheit zum Durchbrechen gehabt, doch war die französische Linie
 wohl zu gut geschlossen, und so kam es nur zu einem Feuergefecht der
 englischen Vorhut mit der französischen Nachhut auf nähere Entfernung,
 wobei die Franzosen wie gewöhnlich die feindliche Takelage als Ziel
 wählten. Als die Nacht hereinbrach, trennten sich die Gegner.
 (Genaueres vgl. Clowes III und Troude II.)

 Am 19. Mai nachmittags begegneten sich die Flotten über verschiedenem
 Bug liegend, die Franzosen zu Luward, so nahe, daß =Rodney= wiederum
 mit seiner Spitze auf das fünfte französische Schiff stieß, und es
 folgte ein ganz gleiches Passiergefecht. Nach französischen Angaben
 soll =Rodney= dann mit seiner Vorhut, sobald diese das Schlußschiff des
 Gegners passiert hatte, die französische Linie hinten zu doublieren
 versucht, aber davon abgelassen haben, als =Guichen= Vorhut und Mitte,
 alle Schiffe zugleich, wenden ließ, um seiner Nachhut zu Hilfe zu
 kommen. Zu einem zweiten Zusammenstoß kam es auch diesmal wegen
 einbrechender Dunkelheit nicht. (Vgl. Troude II, Bonfils III.)

 =Die Verluste= in diesen beiden Gefechten betragen englischerseits 68
 Tote und 213 Verwundete, französischerseits waren sie wahrscheinlich um
 so viel größer als die englischen wie in der Schlacht am 17. April.

Der letzte Zusammenstoß am 19. Mai fand etwa 120 Seemeilen östlich von
Martinique statt und beweist sicher, daß =Rodney= nicht vor dem Feinde
gewichen war, denn er hatte ihn um diese Strecke nach Luward getrieben.
Jetzt aber sahen sich beide Flotten genötigt, ihre Unternehmungen
abzubrechen; die französische hatte nur noch für 6 Tage Wasser und
Proviant, von der englischen bedurften mehrere Schiffe einer sorgfältigen
Ausbesserung, endlich waren die Besatzungen durch die fortwährende
Gefechtsbereitschaft sowie die vielen Segelmanöver überanstrengt[151].
=Rodney= sandte am 20. Mai die vier schadhaftesten Schiffe nach Sta.
Lucia und segelte mit den übrigen nach Barbados, =Guichen= ging nach Fort
Royal; sie erreichten ihr Ziel am 22. Beide konnten Erfolge verzeichnen,
aber nur negative. Der erstere hatte Angriffe auf englische Inseln
verhindert, letzterer entscheidende Schlachten vermieden und doch die
feindliche Flotte für einige Zeit geschwächt.

 [151] Rodney schrieb an seine Frau, daß Offiziere und Leute 14 Tage
       hindurch kaum zum Schlafen gekommen seien; nur das herrliche
       Passatwetter habe das Ertragen der Anstrengungen ermöglicht.
       =Guichen=, der außerdem am 17. April einen Sohn verloren hatte,
       bat um seine Ablösung, da sein Gesundheitszustand es nicht
       erlaube, weiterhin derartige Strapazen und andauernde
       Verantwortung zu übernehmen.

$De Guichen verläßt Westindien.$ Die Unternehmungen der Flotten waren für
1780 zu Ende, obgleich sich die Lage durch das Auftreten spanischer
Seestreitkräfte scheinbar sehr zugunsten der Franzosen änderte. Anfang
Juni erhielt =Guichen= durch eine spanische Fregatte die Nachricht vom
Nahen der Flotte unter =Don Solano= -- 12 Linienschiffe, einige Fregatten
und 83 Transporter mit 12000 Soldaten, starker Artillerie sowie
reichlichem Kriegsmaterial --, die am 28. April Cadiz verlassen hatte
(Seite 295). Auch =Rodney= hatte hiervon erfahren und sofort eine
Beobachtungskette von Barbados bis Barbuda ausgelegt, auch beschleunigte
er die Instandsetzung seines Geschwaders und ging am 7. Juni mit 17
Linienschiffen in See, um östlich von Martinique zu kreuzen. Er kam
jedoch zu spät. =Solano= war bei seiner Fahrt nach dieser Insel etwa 150
Seemeilen windwärts von ihr auf eine der englischen Fregatten gestoßen,
hatte deshalb den Kurs nördlich um Guadeloupe herum genommen und traf am
9. Juni westlich von Dominika auf =Guichen=, der ihm mit 15
Linienschiffen entgegengekommen war. Die Kriegsschiffe der Verbündeten
ankerten dann in Fort Royal, die spanischen Transporter vor Basse-Terre.

Die Verbündeten verfügten jetzt über 34 Linienschiffe gegen 22 englische,
sowie über eine ungemein starke Truppenmacht. Das englische Westindien
schwebte in großer Gefahr, es schien leicht für den Gegner, Sta. Lucia
und Jamaika zu erobern; der Gewinn dieser Insel war auch wohl Spaniens
Absicht bei Entsendung der Flotte, während Frankreich in erster Linie den
Besitz der Kleinen Antillen erstrebte. Aber die Übermacht wurde nicht
benutzt. Vergebens bemühten sich =Guichen= und =Bouillé=, den spanischen
Admiral zu gemeinsamem Vorgehen zu bewegen. =Solano= erklärte, er habe
Befehl, nach Havanna zu segeln, ja er verlangte, daß die französische
Flotte ihn sicher dorthin geleite. Die spanische Expedition befand sich
allerdings in traurigem Zustande; auf den überfüllten und unreinlichen
Transportern war eine Epidemie ausgebrochen, so daß die Soldaten zunächst
einige Zeit zur Erholung ausgeschifft werden mußten.

=Guichen= sollte im Spätherbst die in St. Domingue sich sammelnden
Westindienfahrer mit seiner Flotte nach Europa geleiten und entschloß
sich, schon früher die Kleinen Antillen zu verlassen, um Solanos Wunsch
zu erfüllen. Er segelte am 5. Juli mit den in Martinique gesammelten
Handelsschiffen ab, geleitete die Spanier bis zum Ostende von Kuba und
ging dann nach Cap Français. Hier fand er Briefe des französischen
Gesandten bei den Vereinigten Staaten, sowie =Lafayettes= und
=Washingtons= vor, in denen er dringend ersucht wurde, nach Nordamerika
zu kommen; er lehnte dies jedoch mit Hinweis auf seine Order ab. Am 16.
August trat er mit dem größeren Teile der Flotte die Heimfahrt nach
Europa an, wohin die Division =La Motte= wenige Tage vorher schon
abgesegelt war, und traf wie diese am 24. Oktober in Cadiz ein (Seite
296). 9 Linienschiffe verblieben in Westindien.

$Rodney segelt nach Nordamerika und kehrt zurück.$ Der englische Admiral
hatte sich nach der Ankunft der Spanier beobachtend verhalten, da er für
Angriffsunternehmungen zu schwach war. Zwar hatte man auch ihm
Verstärkungen zugedacht, sie aber nicht oder doch nicht rechtzeitig
abgeschickt. Ein an Admiral =Arbuthnot= in Nordamerika gegebener Befehl,
Schiffe nach Westindien zu senden, erreichte diesen nicht, da ein Unfall
das überbringende Schiff traf; eine Division von 5 Linienschiffen war
durch widrige Winde drei Monate lang (!?) in England festgehalten und
langte erst am 12. Juli in Sta. Lucia an. Nun rührte sich =Rodney=. Er
ließ 5 Schiffe unter Kommodore =Hotham= als Schutz der Kleinen Antillen
zurück und geleitete selber mit der Hauptflotte (am 17. Juli) den
Sommerkonvoi von Handelsschiffen der Windwardinseln nach St. Christoffer,
von wo diese nebst denen der Leewardinseln unter dem Schutz zweier
Linienschiffe nach England abgingen. Unterwegs erhielt er Kenntnis von
der Fahrt der Franzosen und Spanier nach Kuba, von deren Uneinigkeit und
dem schlechten Zustande der spanischen Expedition.

Da nun =Guichen= den großen Konvoi mit sich führte und die schlimmste
Jahreszeit für Wirbelstürme bevorstand, glaubte =Rodney= annehmen zu
können, daß nur ein kleiner Teil der französischen Kräfte bei St.
Domingue bleiben würde und daß größere Unternehmungen der Verbündeten
nicht mehr zu befürchten wären. Anderseits nahm er aber auch an, daß nur
ein Teil der Franzosen den Konvoi nach Europa geleiten, ein anderer
jedoch nach Nordamerika segeln würde. Er beschloß, gleichfalls während
der Orkanmonate dort zu operieren und wurde hierin durch die Nachricht
bestärkt, daß ein französisches Geschwader (=de Ternay= vgl. Seite 291)
am 12. Juli in der Narragansettbucht eingetroffen sei. Ende Juli sandte
er 10 Linienschiffe zur Unterstützung des Admirals =Sir Peter Parker=
gegen etwaige Vorstöße der Verbündeten von Kuba oder St. Domingue nach
Jamaika und segelte im August mit 12 (14?) nach dem Norden. Auf der Fahrt
trat er mit dem englischen Heere in Charleston in Verbindung und traf
dann am 14. September in New York ein. Diese Teilung der Flotte =Rodneys=
war bei der Ungewißheit über die Bewegungen der Gegner =ein großes=,
durch nichts berechtigtes =Wagnis=; falls =Guichen= mit allen seinen
Kräften gegen Jamaika oder nach Nordamerika gegangen wäre, so wäre keiner
der beiden Teile der englischen Flotte ihm gewachsen gewesen.

In Nordamerika richtete =Rodney= nichts aus, wie wir später sehen werden.
Am 16. November 1780 ging er mit 9 Schiffen wieder nach Westindien unter
Segel und traf am 6. Dezember in Barbados ein. Im Oktober hatten
=schwere Wirbelstürme= Westindien, besonders Barbados, Sta. Lucia sowie
Jamaika heimgesucht; 13 englische Kriegsschiffe -- 2 Linienschiffe, 6
Fregatten, 5 Sloops -- gingen unter, viele andere wurden entmastet und
fast alle Vorräte vernichtet, so daß die Schäden kaum ausgebessert werden
konnten. =Rodney= hörte bei seiner Ankunft, daß auf St. Vincent die
Befestigungen zerstört seien und machte am 15. Dezember den Versuch, sich
dieser Insel zu bemächtigen, fand aber die Nachricht übertrieben. Im
Januar 1781 traf dann ein Geschwader von 8 Linienschiffen unter
Kontreadmiral =Sir Samuel Hood= nebst Transportern bei ihm ein. Jetzt
konnten die beschädigten Schiffe wieder instand gesetzt werden und
=Rodney= verfügte über 21 Linienschiffe -- 2 zu 90 Kanonen, 1 zu 80, 15
zu 74, 3 zu 64 --. Am 27. Januar erfuhr er den Ausbruch des Krieges mit
Holland und erhielt Befehl, gegen dessen Besitzungen vorzugehen.

$Die Eroberung Pensacolas$, die im Herbst 1780 eingeleitet wurde, war ein
=kleiner Erfolg der Verbündeten=. Der Chef d'Escadre =de Monteil=, der
das von der französischen Flotte zurückgelassene Geschwader, 5 Schiffe zu
74 und 4 zu 64 Kanonen, befehligte, hatte Auftrag, bei geeigneter
Gelegenheit mit =Solano= zusammenzuwirken. Die Spanier waren aber zu
größeren Unternehmungen zunächst nicht gewillt oder nicht imstande,
obgleich der französische Admiral mit 5 Linienschiffen nach Havanna kam,
während seine anderen 4 die Station in Martinique übernahmen. Endlich
wurde im Oktober eine gemeinsame Expedition unter =Solanos= Oberbefehl
nach Florida ins Werk gesetzt, um einen Angriff der Spanier von Louisiana
her auf Pensacola zu unterstützen. Das Unternehmen schritt jedoch nur
langsam vorwärts, und erst am 9. Mai 1781 ergab sich die Stadt, ein
Erfolg, der für den Großen Krieg ohne jede Bedeutung war. Die Franzosen
wären besser zum Handelsschutze in den Gewässern von Haiti geblieben.
=Monteil= traf am 10. Juli 1781 wieder in Cap Français ein und trat im
August zu der Flotte des Admirals =de Grasse=, ehe diese nach dem Norden
segelte.

                   *       *       *       *       *

$In Nordamerika$ brachte das Jahr $1780$ keine Ereignisse zur See. Die
Engländer hatten zwar zeitweise ziemlich starke Geschwader dort,
verwendeten sie aber nur zum Festhalten des französischen und im Dienste
des Landkrieges, den wir jetzt kurz weiter verfolgen müssen. Ende 1779
lagen sich die Hauptheere bei New York fast nur beobachtend gegenüber
(Seite 268), und die Engländer hatten im Süden den Angriff auf Savannah
abgeschlagen. Nach diesem Erfolge setzte dann ein kräftiger =Angriff der
Engländer in den Südstaaten= ein. Während im Norden der Winter zur
Waffenruhe zwang, stellte sich =General Clinton= in Person an die Spitze
einer Expedition =gegen Charleston=. Er übergab den Oberbefehl in New
York an den General von Knyphausen und ging am 26. Dezember 1779 mit
einem Geschwader unter =Vizeadmiral Arbuthnot=, dem Chef der
nordamerikanischen Station -- 2 Schiffe zu 74 Kanonen, 3 zu 64, 1 zu 50,
2 zu 44, 6 Fregatten, Transporter mit 7750 Soldaten --, in See. Infolge
einer langen und stürmischen Überfahrt, auf der die Schiffe auseinander
kamen, war die Expedition erst Ende Januar 1780 in Savannah versammelt.
Hier zog =Clinton= Nachrichten über die Verhältnisse ein, beorderte die
dort befindlichen Truppen zum Vormarsch auf Charleston und ging am 10.
Februar wieder unter Segel. Am 11. und 12. landeten dann die Truppen an
der Mündung des Edistoflusses, etwa 30 km südlich der Stadt, und rückten
vor. Eine regelrechte Berennung folgte, bis der amerikanische General
=Lincoln= am 11. Mai =Charleston= übergab.

 $Die Eroberung von Charleston, Frühjahr 1780.$ Während 1776 der Angriff
 auf die Stadt (vgl. Seite 231) ganz auf den Seestreitkräften beruhte,
 die nach Niederkämpfen der Befestigungen an der Einfahrt gegen
 Charleston vorgehen sollten, eröffnete man diesmal die förmliche
 Belagerung, während das Geschwader nur unterstützend eingriff. Die
 Stadt war gut geschützt. Das Fort Moultrie an der engsten Stelle der
 Einfahrt, das 1776 die feindliche Flotte zurückgewiesen hatte, zählte
 jetzt 40 Kanonen; bei der Art des diesmaligen Angriffes kam es jedoch
 kaum in Betracht, ebensowenig eine kleine Flottille amerikanischer
 sowie französischer Kriegsschiffe (Fregatten und kleinere Fahrzeuge),
 die bei Ankunft der Engländer bei dem Fort lag. Hinter der engen Stelle
 der Einfahrt wendet sich das Fahrwasser nach Westen auf die Stadt zu,
 die auf einer Landspitze zwischen den Flüssen Ashley und Cooper liegt;
 diese vereinigen sich hier und decken die Stadt auf der Ost- sowie der
 Südwestseite. Die Hauptbefestigungen befanden sich im Norden und
 Nordwesten auf der Landzunge. Die Küste im Süden Charlestons besteht
 aus verschiedenen, durch Creeks und Wasserläufe getrennten Inseln; von
 diesen liegt Morris-Island an der engsten Stelle der Einfahrt, an sie
 schließen sich westlich bis zum rechten Ufer des Ashley-Flusses, also
 der Stadt gegenüber, James-Island und südlich St. Johns-Island.

 Die angreifenden Truppen marschierten vom Edisto über diese Inseln
 gegen die Stadt. Als die Ausschiffung des Belagerungskorps beendet war,
 wurden die schweren Linienschiffe nach New York zurückgesandt, die
 übrigen Fahrzeuge passierten die Barre, worauf sich die feindliche
 Flottille in den Cooperfluß zurückzog und zum Teil versenkt wurde. Am
 29. März überschritt das Heer den Ashley; den Übergang deckten und
 ermöglichten die Boote des Geschwaders, die sich durch die Wasserläufe
 zwischen den Inseln dorthin begeben hatten. Am 9. April eröffnete dann
 =Clinton= die erste Parallele gegen die Nordfront der Stadt. Am
 gleichen Tage passierte =Arbuthnot= bei Flut und günstigem Winde mit
 den Schiffen die Einfahrt, wobei Fort Moultrie diesen nur wenig Schaden
 zufügte, und ankerte im Süden der Stadt nördlich vor der Jamesinsel.
 Die Schiffe erhielten zwar Feuer, beantworteten dieses aber nicht,
 obgleich die Geschosse sie erreichten, und der Feind schwieg bald, da
 er sie außer Schußweite glaubte. Charleston war so bis auf die
 Ostseite, den Cooperfluß, eingeschlossen. Ein Versuch, mit den
 Schiffsbooten auch in diesen einzudringen, wurde durch Sperren sowie
 Batterien verhindert, aber den Landungsabteilungen der Schiffe gelang
 es, am 7. Mai Fort Moultrie vom Rücken her zur Übergabe zu zwingen. Die
 Belagerung nahm ihren Verlauf, auch der Cooperfluß ward im Norden der
 Stadt gesperrt, und nachdem am 6. Mai die dritte Parallele
 fertiggestellt war, ergab sich Charleston am 11.

Mit der Übergabe der Stadt wurden gegen 7000 Mann, darunter über 1000
amerikanische und französische Seeleute, kriegsgefangen; 5 amerikanische,
sowie 2 französische Kriegsschiffe fielen dem Sieger in die Hände, 3
wurden vernichtet. =Clinton= segelte am 5. Juni nach New York, 4-5000
Mann unter =General Cornwallis= zurücklassend. Dieser geschickte
Befehlshaber brachte schnell Südcarolina zur Ruhe und entsandte seinen
Unterführer, =Lord Rawdon=, nach Nordcarolina hinein. Jetzt stellte diese
Provinz im Verein mit Virginia 6000 Milizen unter General =Gates= ins
Feld, und von Washingtons Heer traf =Baron von Kalb= mit 2000 Regulären
ein. Infolgedessen und weil sich Rawdon grobe Ausschreitungen,
Erpressungen sowie Verheerungen hatte zuschulden kommen lassen, brach die
Empörung in Südcarolina aufs neue aus. =Gates= drang nun im Juli in diese
Provinz vor, wurde aber von =Cornwallis= am 18. August bei Camden mit
weit geringeren Kräften vernichtend geschlagen (Kalb fiel hier), und
dieser rückte in Nordcarolina ein. Er kam Ende September bis zur Stadt
Charlotte, wurde dann aber durch schwierige Kämpfe mit zahlreichen
kleinen feindlichen Schwärmen, sowie durch Unruhen im Rücken am weiteren
Vorgehen gehindert.

Als endlich am 8. Oktober ein abgezweigter Teil seines Heeres unter
Oberst =Ferguson=, der unvorsichtig in die gebirgige Gegend der Kolonie
vorgedrungen war, bei Kingsmountain teils vernichtet, teils
gefangengenommen war, mußte =Cornwallis= nach Südcarolina in der Richtung
auf Charleston zurückgehen; er traf Ende Oktober bei Winsborough ein und
nahm hier Stellung. Der Kongreß ernannte den sehr tüchtigen General
=Greene= zum Oberbefehlshaber im Süden; dieser sammelte ein Heer und
führte es nach Charlotte. Damit waren die größeren Operationen auf diesem
Kriegsschauplatze für 1780 beendet. =Greene= fühlte sich zum Angriff
nicht stark genug und auch =Cornwallis= sah sich zur Untätigkeit
gezwungen, bis sich seine durch Strapazen und Entbehrungen entkräfteten
Soldaten erholt hatten und Verstärkungen aus New York eingetroffen waren.
Bis dies eintrat, Mitte Dezember, blieb die Macht der Engländer auf
Charleston beschränkt.

=In den nördlichen Kolonien= änderte sich in den ersten Monaten des
Jahres 1780 nichts. =Knyphausen= mußte sich während der Abwesenheit
=Clintons= mit einem Teile des Heeres auf die Verteidigung New Yorks
beschränken, aber auch =Washington= blieb in der festen Stellung bei
Westpoint, da er nach wie vor Mangel an Offizieren, Soldaten, Geld und
Vorräten litt; die Fahnenflucht in seinem Heere war groß. So konnte er
auch die günstige Gelegenheit zu einem Angriff auf New York nicht
benutzen, als im Januar 1780 die Flüsse mit einer Eisdecke belegt waren,
die schwere Artillerie trug und dem Verteidiger eine Unterstützung durch
seine Seestreitkräfte nahm. =Clintons= Rückkehr verstärkte die Macht der
Engländer, aber auch die Amerikaner erhielten eine lang erhoffte
Unterstützung, denn am 11. Juli 1780 traf das französische Geschwader
unter dem Chef d'Escadre =de Ternay= -- 1 Schiff zu 84 Kanonen, 2 zu 74,
4 zu 64, 2 Fregatten -- nebst 6000 auserlesenen Soldaten unter General
=Graf Rochambeau= bei Rhode-Island ein.

 $Seegefecht bei den Bermuda-Inseln, Juni 1780.$ =De Ternay= verließ am
 2. Mai Brest. Am 20. Juni stieß er bei den Bermudas auf ein englisches
 Geschwader unter =Kapitän Cornwallis= -- 2 Schiffe zu 74 Kanonen, 2 zu
 64, 1 zu 50 und eine Fregatte --, das von Jamaika bis hierher
 Kauffahrer geleitet hatte. Der französische Admiral näherte sich zwar
 in Schlachtlinie dem Feinde, aber nur in der Absicht, diesen von seinen
 Truppentransportern abzuhalten; zugleich versuchte er, ein vom
 englischen Geschwader getrenntes Schiff abzuschneiden. =Cornwallis=,
 der seiner Unterlegenheit halber keinen Kampf wagen durfte, wenn er
 auch die Luvstellung hatte, manövrierte, um das bedrohte Schiff zu
 retten; als ihm dies gelungen war, brach er das Feuergefecht ab, zu dem
 es während des Manövrierens mehrfach gekommen war, und =de Ternay= nahm
 seinen Kurs nach Nordamerika wieder auf. Es ist ihm vorgeworfen, daß er
 die Gelegenheit nicht ausgenützt habe, und auch seine Offiziere
 äußerten ihre Unzufriedenheit darüber, aber er hat in diesem Falle wohl
 mit Recht die sichere und schnelle Weiterbeförderung des Transportes
 für wichtiger gehalten. (Clowes III, Seite 474, beschreibt das sonst
 belanglose Gefecht sehr genau, um die wirklich geschickten Manöver des
 englischen Führers hervorzuheben.)

Jetzt zeigte sich der Fehler, den =Clinton= 1779 durch das übereilte
Aufgeben von Rhode-Island gemacht hatte. Das französische Geschwader fand
in der Narragansettbucht einen sicheren Hafen und Stützpunkt, sowie die
beste Gelegenheit, Truppen zu landen und mit Washingtons Heer zu
vereinigen. Aber im Jahre 1780 sollte dies noch keine Folgen haben. =De
Ternay= und =Rochambeau= waren zunächst bemüht, ihre Stellung durch
Ausbau der Befestigungen gegen einen Angriff von See aus zu sichern. Auch
hatte das Landungskorps nach der langen Seereise viele Kranke, und einige
Transporter mit etwa 350 Mann, die vom Geschwader abgekommen waren,
fehlten noch. Die Sicherung der Stellung erwies sich bald als sehr nötig,
denn die englische Flotte erhielt am 13. Juli eine wesentliche
Verstärkung durch Kontreadmiral =Thomas Graves=, der von England mit 6
Linienschiffen in New York anlangte; =Arbuthnot= verfügte in diesem Hafen
jetzt über ein Schiff zu 98 Kanonen, 6 zu 74 und 3 zu 64.

 =Admiral Graves= war von Portsmouth fast zu gleicher Zeit wie de Ternay
 von Brest mit der Aufgabe in See gegangen, der französischen Expedition
 den Weg zu verlegen. Obgleich er durch westliche Stürme 14 Tage in
 Plymouth festgehalten wurde, erreichte er doch nur 24 Stunden nach den
 Franzosen die amerikanische Küste.

Die Engländer wollten die Franzosen noch vor der Vereinigung mit den
Amerikanern angreifen. Ihre Flotte erschien am 21. Juli zur Erkundung vor
Rhode-Island, vermied aber einen Angriff, und =Clinton= traf
Vorbereitungen, Truppen dorthin zu führen. Hierdurch gewannen die Gegner
Zeit. Die Franzosen verstärkten die Befestigungen weiter; =Washington=
machte die größten Anstrengungen zur Vermehrung seines Heeres, beorderte
Truppen zur Vereinigung mit den Franzosen und entfaltete eine regere
Tätigkeit vor New York. Infolgedessen stand =Clinton= von der Expedition
ab, zu der die Soldaten bereits eingeschifft waren. Die Verbündeten
blieben gleichfalls untätig, wahrscheinlich erwarteten sie die Ankunft de
Guichens oder doch eines Teiles seiner Flotte. =De Ternay= hatte am 3.
August ein Schiff mit der Bitte um Unterstützung nach Cap Français
gesandt; die Botschaft traf aber dort erst ein, als =de Guichen= schon
abgesegelt war, und =Monteil= konnte sie nicht entziffern, da ihm der
Schlüssel fehlte. Als das zurückkehrende Schiff dies meldete, wurde am
28. Oktober der Sohn des Generals Rochambeau nach Frankreich geschickt,
um dort um Hilfe zu bitten.

Am 14. September 1780 traf =Rodney= von Westindien ein, so daß nun die
englische Flotte in New York mehr als 20 Linienschiffe zählte; mit einer
solchen Macht hätte die französische Expedition sicher vernichtet werden
können. Aber Rodney bewies hier nicht seine sonstige Schneidigkeit, wohl
weil er infolge des plötzlichen Klimawechsels ganz besonders schwer unter
der Gicht litt. Er ließ zwar die feindliche Stellung nochmals erkunden,
tat dies aber nicht selbst, sondern begnügte sich mit der Meldung, daß
sie zu stark sei. Der französischen Flotte war es allerdings 1779
gelungen, trotz der Befestigungen in die Narragansettbucht einzulaufen,
aber die Werke waren jetzt auch bedeutend vermehrt und wurden durch 7
Linienschiffe unterstützt, so daß die Franzosen selber ihre Stellung für
uneinnehmbar hielten. Dennoch zeigte diese Schwächen auf, und Admiral
=Graves= war der Ansicht, ein kühner Angriff würde Erfolg haben; er trat
lebhaft für einen solchen ein, drang aber nicht durch[152].

 [152] Näheres über die französische Stellung und ihre Schwächen vgl.
       Mahan I, Seite 381/82. -- =Graves= war 1801 zweiter im Kommando
       unter =Nelson= bei dem ähnlichen, aber noch schwierigeren
       Unternehmen gegen Kopenhagen.

Am 16. November trat =Rodney= mit 9 Linienschiffen die Rückfahrt nach
Westindien an, 12 blieben unter dem Oberbefehl von Admiral =Arbuthnot=
auf der Station zurück. Dieser ließ nun von der Gardinerbucht aus -- am
Ostende von Long-Island und etwa 35 Seemeilen von Rhode-Island gelegen --
die Franzosen durch Fregatten bewachen, und hier sammelte sich die
Flotte, wenn man eine Bewegung des Gegners vermutete; dieser verhielt
sich jedoch ruhig. Am 22. September waren =Washington=, =Rochambeau= und
=de Ternay= in Hartford, der Hauptstadt des Staates Connecticut, zu einer
Beratung zusammengetreten und hatten beschlossen, mit allen Kräften New
York anzugreifen. Sie erkannten aber, daß dazu eine »unbedingte und
andauernde« Seeherrschaft nötig und daher eine Verstärkung der
Seestreitkräfte abzuwarten sei; daraufhin wurde dann die Bitte um eine
solche nach Paris gesandt. Auch die Engländer unternahmen nichts, sie
benützten wie im Vorjahre die Winterruhe im Norden zu Unternehmungen im
Süden. Ende Dezember ging =General Leslie= mit Truppen nach Charleston
ab, und =General Arnold=, als amerikanischer Offizier uns schon bekannt,
führte eine Expedition nach Virginia. -- Am 15. Dezember starb =de
Ternay=, für ihn ward Kapitän =Des Touches= stellvertretender Kommandeur
des französischen Geschwaders.

 $Arnolds Verrat.$ Als =Washington= nach Eintreffen der französischen
 Expedition lebhafter gegen New York vorging, drohte der amerikanischen
 Sache eine große Gefahr. General =Benedikt Arnold=, der sich in den
 ersten Jahren des Krieges besonders ausgezeichnet hatte und hoch in
 Washingtons Achtung stand, war nach der Einnahme von Philadelphia 1778
 dort als Gouverneur eingesetzt, um in der im allgemeinen wenig
 patriotisch gesinnten Stadt wieder geordnete Zustände herzustellen. Er
 zog sich bei dieser schwierigen Aufgabe den Haß der Bevölkerung derart
 zu, daß seine Gegner ihn wegen Unterschlagung von Geldern anklagten und
 das Kriegsgericht ihn mit einem Verweise bestrafte, worauf er sein Amt
 niederlegte.

 =Washington= stellte ihn zwar bald darauf wieder an, aber er blieb
 verbittert und sann auf Rache. Als nun der Oberbefehlshaber gegen New
 York vorging und =Arnold= inzwischen in Westpoint befehligte, trat er
 mit =Clinton= in Verbindung, um die wichtige Stellung den Engländern
 auszuliefern. Der Plan wurde jedoch vereitelt, denn der englische Major
 Andrée, der die Verhandlungen führte, fiel den Amerikanern in die Hände
 und =Washington= konnte rechtzeitig Gegenmaßregeln ergreifen. =Andrée=
 wurde trotz aller Bemühungen Clintons zu seinen Gunsten als Spion
 gehängt; =Arnold= floh zu den Engländern, ward von diesen als General
 verwendet und zeigte sich von nun an, wie häufig Renegaten, von
 besonderm Haß gegen seine Landsleute, sowie besonderem Eifer für die
 englische Sache erfüllt. (Näheres hierüber vgl. Schlosser, 18. und 19.
 Jahrh., Band III, Seite 494 ff.)

$Rückblick auf den Krieg in Westindien und Nordamerika 1780.$ Die
Schwäche von Bündnissen, die in den verschiedenartigen Endzwecken der
Verbündeten, sowie in ihren widerstreitenden Ansichten über die Wege zum
Ziel ihre Erklärung findet, zeigt sich besonders auf diesen
Kriegsschauplätzen. Frankreich hatte für 1780 von einem größeren Vorstoß
gegen England in Europa abgesehen, um den Gegner hauptsächlich in
Westindien anzugreifen und zu gleicher Zeit die Amerikaner kräftig zu
unterstützen. Beides aber wurde mit ungenügenden Mitteln unternommen und
blieb deshalb ohne Erfolg.

$Frankreich rechnete in Westindien$ wohl auf eine starke Unterstützung
durch Spanien. Da es allein dort gegen 28 Linienschiffe ins Feld führte,
hätten die Verbündeten mit Überlegenheit auftreten können, wenn das
spanische Kontingent rechtzeitig und leistungsfähig eingetroffen wäre. So
aber fand =de Guichen= zunächst fast gleichstarke englische Kräfte vor,
und er war nicht der Mann kühnen Wagemutes, sondern vorsichtigen
Handelns, worin er durch seine Order noch bestärkt wurde, und seine Pläne
zur Eroberung englischer Inseln scheiterten an der Geschicklichkeit und
Entschlossenheit seines Gegners Rodney. Als dann =Solano= eintraf, hatte
er weder den Willen, noch die Fähigkeit, sich mit den Franzosen zu großen
Unternehmungen zu vereinen, er bedurfte im Gegenteil deren Schutz und zog
sie dadurch, früher als ursprünglich beabsichtigt war, vom Felde ihrer
Tätigkeit ab.

 Frankreich war zu Anfang des Jahres nicht imstande, allein eine größere
 Macht in Westindien aufzustellen. Die Expedition nach Nordamerika
 sollte abgehen, in Brest mußte ein Beobachtungsgeschwader verbleiben,
 und man hatte sich verpflichtet, die spanische Flotte in Cadiz zu
 verstärken. Dies hielt man wohl für nötig, um den lauen Bundesgenossen
 anzuspornen. Als später noch über weitere Schiffe verfügt werden
 konnte, lohnte es nicht mehr, diese nach Westindien zu senden. Dagegen
 muß es wundernehmen, daß die Division =La Motte-Picquet= nicht Guichen
 unterstellt, sondern vor dessen Ankunft nach St. Domingue beordert
 wurde. Da man angriffsweise vorgehen wollte, mußte man auch alle Kräfte
 zusammenziehen und von dem Schutze des Handels in den westlichen
 Gewässern absehen; wurden dann bedeutende Erfolge bei den Kleinen
 Antillen erzielt, so hätte dies den Schaden aufgewogen, wahrscheinlich
 aber auch schon die wenigen Schiffe der englischen Jamaikastation
 überhaupt festgehalten.

=Guichen= ging dann nach Europa zurück, ohne etwas erreicht zu haben.
Infolge seiner Vorsicht war es nicht einmal zu ernstem Kampfe gekommen.
Wenn er nun, wie d'Estaing 1779, von seiner Order abgewichen und nach
Nordamerika gesegelt wäre, oder doch einen Teil der Flotte dahin
abgezweigt hätte, so hätte wenigstens dort die große französische Rüstung
Nutzen gebracht. Der von den Spaniern und den zurückgebliebenen Franzosen
Ende 1780 eingeleitete Erfolg in Florida und die Eroberung Pensacolas im
Mai 1781 waren von keiner Bedeutung für den Krieg; ein französischer
Autor (Lacour) nennt sie bezeichnend »dem Feinde versetzte Nadelstiche«.

$England$ konnte bei seinem Grundsatz, überall einem Angriff gewachsen zu
sein, $in Westindien$ nicht überlegen auftreten. Sein Admiral =Rodney=
mußte sich deshalb darauf beschränken, dort den Gegner zu beobachten. Er
hielt ihn mit Geschick im Schach und tat auch sein Bestes, wenigstens
einen ernsten Waffengang herbeizuführen, allerdings vergeblich. Wäre die
Verstärkung für ihn statt erst am 12. Juli einige Monate früher
angekommen, wie es beabsichtigt war, so hätte es sich noch mehr gezeigt,
daß die französische Flotte für ihre Aufgabe zu schwach war.

Rodneys Teilung der Flotte, um sowohl Jamaika zu decken, wie in
Nordamerika aufzutreten, nachdem Guichen die Kleinen Antillen verlassen
hatte, muß dagegen als ein strategischer Fehler, jedenfalls als ein
großes Wagnis angesehen werden. Leicht konnte ein Teil vernichtet werden,
wenn die ganze französische Flotte gegen ihn stand, und deren Bewegungen
waren unbekannt, ja Rodney war der Überzeugung, daß der größere Teil
ihrer Schiffe nach dem Norden segeln würde.

$Frankreich$ hätte $in Nordamerika$ gleichfalls stärker auftreten müssen.
Man hatte auch ein Heer von 12000 Mann hinüberführen wollen, war aber
wegen Mangels an Transportmitteln auf die Hälfte hinunter gegangen, denn
die Expedition nach Westindien hatte alles aufgebraucht. Wahrscheinlich
wäre es aber doch möglich gewesen, mehr als 6000 Mann einzuschiffen,
wenigstens hat =de Ternay= über die Mitnahme eines unnütz großen Trosses
geklagt. Wenn auch das französische Landungskorps vielleicht mehr wert
war als das ganze amerikanische Heer von Regulären und Milizen, so waren
doch nach Ansicht =Washingtons= und =Rochambeaus= beide vereint nicht
stark genug zu angriffsweisem Vorgehen. Dabei sprach der Umstand mit, daß
die Seestreitkräfte denen des Gegners nicht gewachsen waren; diese
Schwäche gefährdete sogar die ganze Expedition, solange Rodney -- zu
ihrem Glück untätig -- an der Küste weilte. Man hielt also zurück, um
Verstärkungen zu erwarten.

Weshalb wurden nun solche nicht gesandt? Während des Sommers gingen noch
Schiffe von Brest zur Cadizflotte ab, obgleich man sich doch überzeugt
haben mußte, daß Spanien zu nichts zu bringen sei, sondern an der
Belagerung von Gibraltar halte; zu einer Unterstützung dieser, von der
sich Frankreich nicht einmal einen Nutzen versprach, war die Cadizflotte
schon stark genug, und mit dem Beobachtungsgeschwader in Brest war sie
auch der englischen Flotte in Europa gewachsen. Warum wurde nicht Guichen
oder doch ein Teil seiner Schiffe nach Nordamerika beordert, wie es
Washington und Rochambeau erhofften und selbst Rodney annahm? Wohl nicht
mit Unrecht wird vermutet (so von Mahan), daß Frankreich gar nicht die
Absicht gehabt habe, die Amerikaner zu dieser Zeit schon kräftiger zu
unterstützen, da es keinen Vorteil darin erblickte, den Landkrieg schnell
zu beenden, selbst nicht zuungunsten Englands; dieses hätte dann ja seine
Machtmittel für den Seekrieg zusammenfassen können.

 Die später zur Verfügung stehenden Schiffe wären, wie oben schon
 gesagt, nach Westindien wohl zu spät gekommen, aber in Nordamerika
 konnten sie noch von Nutzen sein. Nicht seekriegsgeschichtliche Werke
 (wie z. B. Schlosser und Zimmermann) und ebenso Mahan I geben an, man
 hätte beabsichtigt, eine zweite Division dorthin zu senden, sie sei
 aber von den Engländern blockiert gehalten. Tatsächlich kreuzte ja die
 englische Kanalflotte vom 8. Juni bis 18. August. Aber in keinem der
 französischen oder englischen Seekriegswerke wird erwähnt, daß die
 Absendung einer Verstärkung beabsichtigt und dann verhindert gewesen
 sei; nicht einmal Clowes erwähnt dergleichen, obwohl der Krieg hier
 auch von Mahan bearbeitet ist.

=England= hatte infolge der rechtzeitigen Ankunft der Verstärkung unter
Graves in Nordamerika stets genügend Schiffe, um die Gegner wenigstens im
Schach zu halten. Wäre genannter Admiral früher von England gesegelt und
=Arbuthnot= dann mit seiner durch ihn erlangten Überlegenheit der
französischen Expedition entgegengetreten, ehe sie die Narragansettbucht
erreichte, so hätte deren Schwäche an Kriegsschiffen sich schwer rächen
können.

 Nirgend ist zu ersehen, weshalb =Graves= nicht früher abgesandt wurde,
 obgleich man wohl sicher in England wußte, daß Frankreich in
 Nordamerika eingreifen wollte. Der Umstand, daß er vierzehn Tage durch
 stürmische Gegenwinde festgehalten wurde, gibt keine genügende
 Erklärung; mit einer derartigen Verspätung mußte man rechnen. Ähnlich
 verhält es sich mit der bei Westindien erwähnten Verstärkung für
 Rodney, deren Abfahrt gar »drei Monate« durch Windverhältnisse
 verzögert worden sein soll. Es ist anzunehmen, daß beide Geschwader
 nicht rechtzeitig segelfertig gewesen sind.

Als dann =Rodney= eintraf, machte er von seiner großen Überlegenheit
keinen Gebrauch. Dies wird mit seinem Gesundheitszustande entschuldigt,
aber dann ist es unverständlich, weshalb =Arbuthnot= nun nicht für
tatkräftiges Handeln eintrat, sondern anscheinend davon abgeraten hat.
Vielleicht wird dies durch die Andeutung erklärt, die man in einer
englischen Quelle (Clowes) findet, Arbuthnot habe deutlich und in
ungehöriger Weise seinem Mißvergnügen über die Ankunft des älteren
Admirals Ausdruck gegeben, der ihm durch sein Erscheinen den Oberbefehl
abnahm und die Prisengelder auf der einträglichen Station kürzte.

Die Schwäche der Franzosen zur See auf diesem Kriegsschauplatze bedingt
es, daß der $Landkrieg in Nordamerika$ 1780 trotz des französischen
Hilfsheeres im großen und ganzen einen für die Engländer günstigen
Verlauf nahm. Ihr Vorstoß im Süden kam zwar zum Stocken, die ersten
Erfolge hier hatten aber auf die Amerikaner niederdrückend, auf die
Engländer belebend gewirkt. Letztere hofften, die Carolinas und Virginien
ganz in ihre Hand zu bekommen und damit einen großen Schritt zur
Niederkämpfung des Aufstandes zu tun; die Gefahr, die in der Trennung
der beiden Kriegsschauplätze lag, die nur zu Wasser miteinander in
Verbindung standen, war bei der Schwäche der Gegner zur See in diesem
Jahre noch nicht hervorgetreten.

Mit =Amerika stand es Ende 1780 schlecht=. Bei vielen Kolonisten war die
erste Begeisterung erloschen, und das englische Heer erhielt im
allgemeinen mehr Unterstützung als das amerikanische; trotz aller Verbote
führten ihm die Farmer Vorräte zu, während Washington solche nur durch
gewaltsame Beitreibung erhielt. Von 36000 Mann, die der Kongreß für
dieses Jahr in Aussicht genommen hatte, waren nie mehr als 18000
aufzubringen, die Milizen blieben unzuverlässig und liefen nach jeder
Schlappe auseinander, dabei war kein Geld vorhanden und die Truppen
blieben oft monatelang ohne Sold, obgleich Frankreich mit einem Geschenk
von 6 Millionen und einem Darlehen von 10 Millionen Francs einsprang. Im
Dezember meuterte sogar ein Teil, und Clinton machte den Versuch,
Washingtons Truppen durch Versprechungen für sich zu gewinnen, aber
hierauf gingen die Leute doch nicht ein, sondern hängten die Agenten. Das
Jahr 1780, in dem die amerikanische Sache wohl am bedenklichsten stand,
zeigt deutlich, daß die Befreiung der Kolonien weniger der allgemeinen
Begeisterung der Bevölkerung als der Tatkraft und Ausdauer einzelner
Männer zu verdanken ist. Doch =diese Ausdauer ward belohnt=; die
englische Regierung war nicht imstande, noch mehr für den Landkrieg
aufzuwenden. Schon war die Schuldenlast sehr gewachsen (1781 kam sie auf
198 Millionen Lstrl.), und der Seekrieg stellte immer größere
Anforderungen, da nun Holland als Gegner hinzutrat und auch der
»Bewaffneten Neutralität« Aufmerksamkeit geschenkt, der gute Wille der
Machthaber in Rußland erkauft werden mußte. Schon regte sich im
englischen Volke der Wunsch nach Frieden mit den Kolonien.


                       Der Krieg in Europa 1781.

In den europäischen Gewässern drehte sich die Kriegführung in diesem
Jahre um zwei Hauptpunkte, nämlich um den Schutz des Handels und um den
Angriff oder die Verteidigung von Gibraltar sowie Minorka. Obgleich
=England= noch stärker rüstete als im vorhergegangenen Jahre -- es waren
vom Parlamente 90000 Mann (einschließlich 20000 Seesoldaten) sowie gegen
9 Millionen Lstrl. für die Marine bewilligt -- und im Sommer insgesamt
115 Linienschiffe im Dienst hatte, standen doch wie 1780 nur etwa 40 für
die heimischen Gewässer zur Verfügung. Eine Gefahr von seiten der
»bewaffneten Neutralität« hielt England allerdings durch diplomatische
Künste von sich fern, und Hollands Marine war zu schwach, um als Gegner
eine ernste Rolle zu spielen, aber immerhin sah sich England weiter auf
die Verteidigung angewiesen.

Auch die Rüstungen der =Verbündeten=[153] erreichten die Stärke des
Vorjahres, ja übertrafen sie wohl, wenigstens was =Frankreich=
anbetrifft. Hier waren um die Mitte des Jahres zum mindesten 75
Linienschiffe im Dienst und in =Spanien= wahrscheinlich gegen 50.

 [153] Vgl. die Fußnote Seite 291 über die Ungenauigkeit der
       Zahlenangaben.

 =Frankreich= sandte im März 20 Linienschiffe unter =Admiral de Grasse=
 nach Westindien, wo sich bereits 9 befanden (zur Hälfte in St.
 Domingue, zur Hälfte in Martinique); zu gleicher Zeit segelten 5 nach
 Ostindien unter =Kommodore Suffren= zur Verstärkung der 6 dort
 befindlichen; in Nordamerika waren 7 stationiert und eins trat hinzu;
 im Juli führte =de Guichen= 19 nach Cadiz, und man muß annehmen, daß
 trotzdem einige Schiffe in Brest verblieben. =Spanien= hatte wenigstens
 30 Linienschiffe in Cadiz und Algeciras, gegen 15 in Westindien und
 Zentralamerika und einige in Ferrol sowie in Cartagena.

Da aber Frankreich auch für dieses Jahr hauptsächlich die überseeischen
Kriegsschauplätze im Auge hatte, blieben in Europa nicht genügend
Streitkräfte zurück, um allein angriffsweise vorzugehen, und eine
Vereinigung mit der spanischen Seemacht trat erst im Juli und nur für
kurze Zeit ein. Bis dahin, sowie nach Trennung war England jedem
einzelnen der Verbündeten gewachsen und dementsprechend spielten sich die
Ereignisse im großen und ganzen zu seinen Gunsten ab. Vergeblich hatte
Frankreich versucht, Spanien sowie Holland zu einem frühzeitigen
Zusammenziehen der Flotten und zu gemeinsamem Vorgehen im Kanal zu
bewegen. Holland war neben dem Schutze seines Handels und seiner Küsten
dazu nicht imstande; Spanien hatte einzig Gibraltar im Auge ohne
Verständnis dafür, daß der Belagerung kein größerer Dienst geleistet
werden könne als durch die Niederkämpfung der englischen Flotte. Dieses
Ziel aber scheint Frankreich für 1781 im Auge gehabt zu haben, um dadurch
dem Handel Englands den Garaus zu machen, sowie seinen Verkehr mit den
auswärtigen Besitzungen und Stationen zu unterbinden; von der Absicht
einer Invasion, von Zusammenziehen eines Landungsheeres berichten die
Quellen nichts.

$Admiral Darby versorgt Gibraltar, April 1781.$ Die Belagerung dieser
Festung, die später (1782) geschildert werden soll, machte zwar keine
Fortschritte, aber die Stadt hatte seit der Versorgung durch =Rodney= im
Januar 1780 keine Zufuhren mehr erhalten und litt Mangel; schon seit
Oktober waren die Rationen vorsichtshalber herabgesetzt. Englands erste
Sorge war deshalb, der Not abzuhelfen. Vizeadmiral =George Darby=, Chef
der Kanalflotte, ging am 13. März mit 28 Linienschiffen und einem großen
Konvoi nach auswärts segelnder Kauffahrer von Portsmouth in See; ein für
Ostindien bestimmtes Geschwader von 5 Linienschiffen unter Kommodore
=George Johnstone=, gleichfalls mit einem Konvoi, schloß sich bis Kap
Finisterre an. Die Fahrt erlitt eine Verzögerung von einigen Tagen, da
Darby an der irischen Küste auf die in Cork gesammelten Transporter für
Gibraltar und Minorka warten mußte. Doch dies gereichte ihm zum Glück.

Am 22. März verließ nämlich Admiral =de Grasse= Brest mit 26
Linienschiffen, von denen 20 nach Westindien, eins nach Nordamerika und 5
unter Kommodore =Suffren= nach Ostindien bestimmt waren. Durch einen
Zusammenstoß Darbys mit ihm wäre die Versorgung Gibraltars ernstlich
gefährdet worden. So kam es nur zwischen den Geschwadern Suffrens und
Johnstones am 16. April auf der Rhede von Porto Praya zum Kampfe; die
Engländer gaben infolgedessen den beabsichtigten Angriff auf die
Kapkolonie auf. =Darby= aber erreichte, ohne auf einen Feind zu stoßen,
am 11. April Kap Spartel. Die große spanische Flotte, etwa 30
Linienschiffe unter =Don Luis de Cordoba=, war zwar in See gewesen, hatte
sich jedoch auf die Nachricht vom Nahen der Engländer wieder auf Cadiz
zurückgezogen, wo Darbys Ausguckschiffe sie ruhig vor Anker liegen sahen.
Der spanische Admiral scheint nicht gewagt zu haben, dem durch die
Transporter noch behinderten Gegner entgegenzutreten. Der englische
Admiral ließ Cadiz durch Fregatten beobachten, blieb mit der Hauptflotte
unter Segel und sandte seine Nachhut unter Kontreadmiral =Sir Lockhart
Roß= mit den Transportern nach Gibraltar; gleichzeitig gingen einige für
Minorka bestimmte Vorratsschiffe dorthin ab.

 =Admiral Roß= wurde zwar von den Belagerungsbatterien mit heftigem
 Feuer empfangen und auch von kleinen Kanonenbooten angegriffen, die
 eigens für die Belagerung erbaut, sowohl zum Rudern wie zum Segeln
 eingerichtet und mit einem besonders langen, daher weittragenden
 26-Pfünder armiert waren. Seine Kriegsschiffe erlitten jedoch keinen
 wesentlichen Schaden und die Transporter konnten unbehelligt gelöscht
 werden.

Am 19. April vereinigte sich die Nachhut wieder mit der Flotte, die dann
die Rückfahrt antrat und am 22. Mai Portsmouth erreichte. Gibraltar war
nun auf längere Zeit versorgt. Auch auf der Heimreise stieß =Darby= auf
keinen Gegner.

$Admiral de La Motte-Picquet nimmt einen englischen Konvoi.$ (Die =Beute
Rodneys in Westindien=.) Wie erwähnt, hatte Frankreich für dieses Jahr
den Handelskrieg besonders ins Auge gefaßt, für den auch jetzt wieder
höhere Seeoffiziere eintraten, und zwar unter Hinweis darauf, daß der
Kampf gegen den englischen Handel nicht wie bisher durch einzelne
Kriegsschiffe und Freibeuter, sondern wie zu den Zeiten =Jean Barts= und
seiner Schüler durch Geschwader geführt werden müsse. Im Januar hatte
auch eine kleine Division eine Kreuzfahrt vor dem Kanal unternommen,
diese war aber nur von kurzer Dauer und blieb ohne Erfolg.

Später sprach der bewährte und in diesem Dienst erfahrene Chef d'Escadre
=de La Motte-Picquet= aufs neue dafür, als sich im April eine besonders
gute Gelegenheit bot. Man hatte erfahren, daß von Westindien der
Kommodore =Hotham= mit nur 4 Linienschiffen einen Konvoi geleite, der
Rodneys Beute vom Januar auf der holländischen Insel St. Eustache nach
England führte. La Motte erbat und erhielt die Erlaubnis, diesen
abzufangen, obgleich der Marineminister anfangs Bedenken trug, weil
Darbys Rückkehr zur gleichen Zeit in Aussicht stand. So ging La Motte am
24. April mit 6 starken Linienschiffen, 2 Fregatten und 2 Kuttern in See,
um auf der Linie Azoren-Scillys gegen englische Konvois zu kreuzen. Das
Glück war ihm hold, und er traf am 2. Mai auf den genannten wertvollen
Transport, nahm von 30 Fahrzeugen 22, die einen Wert von 5 Millionen
Francs hatten, und führte sie nach Brest. Hotham konnte es nicht
hindern, rettete aber seine Kriegsschiffe. =Darby= erhielt auf der
Heimreise Nachricht hiervon und zweigte sofort 8 Linienschiffe zur
Verfolgung der Franzosen ab, erreichte diese jedoch nicht mehr; nur ein
französisches, von seinem Geschwader abgekommenes Linienschiff hatte am
14. und 15. Mai dicht vor Brest ein Gefecht mit dem vordersten der
Verfolger zu bestehen, lief aber glücklich ein.

$Die Verbündeten greifen Minorka an und erscheinen im Kanal 1781.$
Spanien, verdrossen über die Verproviantierung Gibraltars, beabsichtigte
durch die Eroberung Minorkas einen Gegenstoß zu führen und ersuchte
Frankreich um Mitwirkung; dieses sagte zu, wohl in der Hoffnung, dadurch
auch ein gemeinsames Auftreten im Kanal zu erreichen. Am 25. Juni führte
Lieutenant-Général =de Guichen= 19 Linienschiffe[154] nach Cadiz und trat
unter den Oberbefehl des Admirals =de Cordoba=, dem nun 49 Linienschiffe,
sowie gegen 20 Fregatten und kleinere Fahrzeuge zur Verfügung standen.
Mit der Unterstellung seines Admirals unter den spanischen brachte
Frankreich dem guten Einvernehmen ein großes Opfer, da man doch aus den
Berichten der Flaggoffiziere in den Vorjahren die geringe
Leistungsfähigkeit Cordobas kannte. Die mächtige Flotte verließ am 23.
Juli Cadiz, führte die gegen Minorka bestimmte Expedition ins Mittelmeer,
bis sie vor englischen Kreuzern sicher erschien, und trat dann die Fahrt
nach dem Kanal an. Minorka ward leicht besetzt und auch die Zitadelle von
Port Mahon fiel im Februar 1782; der Verlust dieses Stützpunktes war
jedoch für England nicht von Bedeutung, da es in diesem Kriege das
Mittelmeer nicht zu behaupten vermochte.

 [154] Lacour II spricht im Gegensatz zu sämtlichen anderen Quellen von
       24 Linienschiffen, gibt dann aber die Gesamtstärke auch nur auf
       49 an.

 $Die Eroberung Minorkas durch Spanien 1781/82.$ Die Insel mit ihrem
 trefflichen Hafen =Port Mahon= war bisher von beiden Parteien außer
 acht gelassen. England war nicht imstande, auch im Mittelmeer eine
 starke Flotte zu halten, und infolgedessen war dieser Stützpunkt für
 die Verbündeten gleichfalls ohne Wichtigkeit gewesen. Aber Spanien
 reizte es stets, den Platz im Besitze Englands zu sehen, und der
 spanische wie der französische Handel litten immerhin durch die
 feindlichen Freibeuter, die von hier aus ihr Handwerk betrieben. Man
 hoffte bei der Eroberung leichtes Spiel zu haben; die Engländer hatten
 zwar Port Mahon stark befestigt, aber der Kommandant, General =Murray=,
 verfügte nur über etwa 3000 Mann, ein englisches und zwei hannoversche
 Bataillone sowie gegen 200 Seeleute. Die spanische Expedition bestand
 aus 9 Kriegsschiffen unter Admiral =Buonaventura Moreno=, zu denen vor
 Cartagena noch 3 Linienschiffe stießen, und 11000 Mann vom
 Belagerungsheere vor Gibraltar unter dem =Herzog von Crillon=, einem
 Franzosen in spanischen Diensten. Da keine Störung durch englische
 Schiffe zu befürchten war, wählte man nicht, wie die Franzosen 1756,
 den weiter entfernten Hafen von Ciudadela zur Ausschiffung, sondern
 landete am 8. August gleichzeitig etwa 3-4 Seemeilen im Norden und im
 Süden Port Mahons. Man hoffte so, den Gegner zu überraschen, aber es
 gelang Murray doch, seine Außenposten heranzuziehen und reichlich
 Proviant in die Zitadelle Fort San Felipe zu schaffen. Dahin zog er
 sich zurück, da seine Kräfte nicht ausreichten, auch die sonstigen
 Befestigungen der Stadt zu besetzen.

 Die Franzosen fanden in dieser reiche Beute: Bargeld im Werte von 25000
 Goldpiastern, Ladungen der durch Freibeuter aufgebrachten Prisen,
 Getreidemagazine, Waffen, Munitionsvorräte, sowie Material zum
 Ausbessern von Schiffen in solchen Mengen, wie sie in den Häfen von
 Cadiz, Cartagena und Ferrol zusammen nicht vorhanden waren -- nach
 Ausspruch Morenos --, ein bedenkliches Zeugnis für die spanischen
 Kriegshäfen. =Crillon= schloß die Zitadelle ein, denn zu einer
 regelrechten Belagerung war er nicht ausgerüstet, da man die Expedition
 auf Überraschung angelegt hatte. Der förmliche Angriff begann erst im
 Oktober, nachdem die Belagerungsgeschütze sowie Verstärkungen von
 Barcelona und auch 4000 Franzosen von Toulon eingetroffen waren. Die
 Angriffsmacht zählte jetzt 16000 Mann mit 109 schweren Kanonen und 36
 Mörsern. Trotzdem kapitulierte =Murray= erst am 4. Februar 1782, nur
 durch Hunger und Krankheit überwunden. Seine Leute litten schwer unter
 Skorbut und Dysenterie, bei der Übergabe waren nur noch 660 Mann
 dienstfähig und auch von diesen nur 100 ganz gesund, 415 Mann waren
 aber allein für die Besatzung der notwendigen Wachen erforderlich, es
 konnten also keine Ablösungen eintreten. Das Belagerungsheer zog dann
 im Mai wieder vor Gibraltar. =Crillon= wurde »wegen seines Erfolges«
 zum Oberbefehlshaber hier ernannt und mit dem Titel »Herzog von Mahon«
 ausgezeichnet.

=Cordoba= steuerte mit der mächtigen Flotte vom Kap St. Vincent aus nach
Norden, jedoch in größerer Entfernung vom Lande, damit die Engländer
nicht durch Kauffahrer unter der Küste Nachricht erhielten, aber seine
Hoffnung, die feindliche Flotte in der Biskaya anzutreffen, erfüllte sich
nicht. Vor dem Kanaleingange breitete er seine Schiffe, insbesondere die
leichten, von Ouessant bis zu den Scillys aus, um den ganzen Kanal unter
Beobachtung zu halten. In England hatte man tatsächlich keine Nachricht.
Admiral =Darby= war nach zeitraubender Instandsetzung seiner Flotte am 1.
August wieder mit 30 Linienschiffen in See gegangen, da um diese Zeit die
Rückkehr der großen Konvois bevorstand. Infolge widriger Winde stand er
erst bei Kap Lizard, als er durch ein Handelsschiff von der Nähe des
Feindes erfuhr. Unfähig, der Übermacht entgegenzutreten, ging er nach
Torbay und nahm hier am Eingange der Bucht eine Verteidigungsstellung
ein.

Den Verbündeten bot sich jetzt Gelegenheit, mit einem Schlage den größten
Teil der englischen Seestreitkräfte zu vernichten. =Guichen=, der in
Person die Stellung des Feindes erkundet hatte, sprach sich in einem
Kriegsrate der Flaggoffiziere begeistert für rücksichtslosesten Angriff
aus und =La Motte-Picquet= sowie der spanische Admiral =Don Vincent Droz=
schlossen sich ihm mit Entschiedenheit an. Aber =Cordoba= war anderer
Ansicht, und als der Chef =d'Escadre de Bausset=, ein besonders
leidenschaftlicher Anhänger des Handelskrieges, dafür eintrat, den Kampf
zu meiden und statt dessen lieber die englischen Konvois abzufangen,
stimmte er ihm zu, und seinem Beispiele folgten die übrigen spanischen
Flaggoffiziere. Cordoba führte jedoch auch diese Aufgabe nicht durch;
möglich, daß er die herankommende Zeit der Herbststürme fürchtete, da wie
1779 seine Schiffe in schlechter Verfassung waren und der
Gesundheitszustand der Besatzungen zu wünschen übrig ließ. Am 5.
September gab er in der Nähe von Ouessant Befehl zur Auflösung der Flotte
trotz der Bitten Guichens, wenigstens noch einige Zeit gegen die
englischen Konvois und zum Schutz gleichfalls erwarteter französischer
zu kreuzen. Er segelte mit seinen 30 Schiffen, sowie 9 französischen nach
Cadiz und entließ =Guichen= mit dem Rest nach Brest.

$Hollands Eintreten in den Krieg. Die Schlacht auf der Doggerbank, 5.
August 1781.$ =Holland=[155] hatte mit Ausbruch des Krieges, Ende
Dezember 1780, seinen Handelsschiffen verboten, ohne Erlaubnis die
Heimatshäfen zu verlassen; teils um sie vor Aufbringen durch die
Engländer zu bewahren, teils um ihre Besatzungen für die Kriegsschiffe
heranziehen zu können. Ferner wurde zur Warnung schleunigst an alle
Kriegsschiffe in fernen Gewässern, sowie an die Kolonien die Nachricht
vom Ausbruch des Krieges gesandt; die Botschaft traf jedoch an den
meisten Orten zu spät ein. Von den 69 Kriegsschiffen Hollands befanden
sich 51 im Dienst oder doch zu sofortiger Indienststellung bereit. Aber
schon bald fielen einige in Feindeshand, andere wurden im Auslande vom
Gegner blockiert gehalten, so daß in Holland selber im Januar 1781 nur 33
Schiffe -- darunter 11 Linienschiffe, nämlich 2 zu 70 und 74 Kanonen, 2
zu 60 und 68, 7 zu 50-54 -- bereitstanden, und auch diese waren nur
mangelhaft ausgerüstet und bemannt. Der Versuch, fertige Schiffe in den
Staaten der »Bewaffneten Neutralität«, besonders in Dänemark und
Schweden, zu kaufen, scheiterte wohl infolge englischer Einwirkung.

 [155] Anschließend an Seite 298, (Ende Europäische Gewässer 1780),
       Kleindruck. Über die jetzt hier folgenden Verhältnisse und
       Ereignisse, sowie über Zusammenstöße einzelner holländischer
       Schiffe mit englischen sehr genaue Angaben in de Jonge, Band IV,
       Seite 474 ff.

[Illustration: Johan Arnold Zoutman.]

So war es im Frühjahr weder möglich, englische Konvois von Bremen und
Hamburg abzufangen, noch für die übliche Frühjahrsfahrt der eigenen
Handelsschiffe nach der Ostsee eine genügend starke Begleitung
aufzustellen, obgleich auch die Engländer in der Nordsee nur geringe
Streitkräfte hatten. Erst im Juni wagte man es, den Ostseekonvoi
abzusenden, und es sammelten sich nach und nach im Vliestrome 70
Kauffahrer. Das Zusammenziehen des Begleitgeschwaders verzögerte sich,
und erst am 1. August konnte die Reise unter Führung des Schout biy Nacht
=Johan Arnold Zoutman= angetreten werden; selbst jetzt noch fehlten zwei
Linienschiffe zu 74 und 60 Kanonen, durch widrige Winde zurückgehalten,
die bei dem Zusammentreffen mit dem Feinde voraussichtlich von großem
Nutzen gewesen wären.

Englischerseits hatte der Vizeadmiral =Hyde Parker= im Juni mit 5
Linienschiffen einen Konvoi von 500 Segeln in die Ostsee geführt und kam
Ende Juli mit 200 Handelsschiffen in die Nordsee zurück; hier stieß noch
ein Linienschiff zu ihm, das ihm mit der Nachricht vom Sammeln der
Holländer entgegengeschickt war.

=Zoutman und Hyde Parker= trafen am 5. August =auf der Doggerbank= in
einer Schlacht zusammen, die von beiden Admiralen in einer so einfachen,
an alte Zeiten erinnernden Art durchgeführt wurde, daß sie fast
belustigend wirken könnte, wenn der Kampf nicht so überaus blutig gewesen
wäre.

 $Die Schlacht auf der Doggerbank, 5. August 1781[156].$ Beide
 Geschwader zählten 7 Schiffe in der Linie, die sich in folgender
 Reihenfolge gegenüberstanden:

 die holländischen: 54 Kanonen, 74, 40, 54,  68*, 54, 68 }  * Die Flagg-
 die englischen:    74   "      44, 60, 74*, 80,  50, 64 }     schiffe

 [158] Besonders benützte Quellen: Clowes, Band III, Seite 505 ff.; de
       Jonge, Band IV, Seite 514 ff. In letzterer ist die Schlacht sehr
       genau mit Eingehen auf den Kampf der einzelnen Schiffe
       beschrieben.

 Von den englischen Schiffen waren nur die zu 74 Kanonen gute, neue
 Fahrzeuge; die übrigen stammten aus alten Beständen und man hatte sie
 ihres Zustandes halber sogar mit leichteren Kalibern armieren müssen,
 als ihrer Klasse entsprach. Dennoch standen englischerseits in einer
 Breitseite 223 Geschütze gegen 206 holländischerseits und das
 Geschoßgewicht einer Lage war 4347 Pfund gegen 3474.

 Die englische Linie ward durch 4, die holländische durch 5 schwere
 Fregatten unterstützt, die sich bei Beginn der Schlacht dicht in
 Feuerlee ihrer Schlachtschiffe hielten. Auf beiden Seiten deckten
 einige Fregatten sowie kleinere Fahrzeuge die Konvois, die weiterab auf
 der dem Kampfe abgewandten Seite segelten. Als Hyde Parker zum Angriff
 schritt, gab er seinem Konvoi sofort Befehl, nach England
 weiterzufahren.

 Bei Tagesanbruch sichteten sich die Gegner. Es wehte frisch von
 Nordost, aber die See war glatt; die Holländer hatten die Leestellung.
 =Zoutman= bildete die »Kiellinie beim Winde« über Steuerbordbug mit
 einer Kabellänge Zwischenraum zwischen den Schiffen. Er führte nur
 Mars- und Vorsegel, woraus hervorging, daß er den Angriff erwartete.
 =Parker= befahl trotzdem, und obgleich er den ganzen langen Sommertag
 vor sich hatte, zunächst »allgemeine Jagd«; er wollte sich den Kampf um
 keinen Preis entgehen lassen; er war immer noch erbittert über Rodneys
 Vorwurf nach der Schlacht am 17. April 1780, sowie darüber, daß die
 Admiralität ihm vorgeworfen hatte, er habe als stellvertretender
 Oberbefehlshaber in Westindien, von Byrons Heimreise bis zu Rodneys
 Ankunft, nicht schneidig genug gehandelt. So jagten die englischen
 Schiffe auf den Feind zu, wobei die schlechteren Segler alles beisetzen
 mußten und nicht Zeit hatten, Vorbereitungen zum Gefecht zutreffen. Um
 6-1/4 Uhr vormittags wurde der Befehl gegeben, Dwarslinie zu bilden;
 jetzt kam Ordnung in die Aufstellung, aber die langsameren Schiffe
 waren noch beschäftigt, ihr Leesegelsgut zu bergen, als kurz vor 8 Uhr
 der Befehl zum Nahkampf folgte.

 Die holländischen Schiffe erwarteten den Angriff in einer Ordnung wie
 bei der Parade. Die Besatzungen standen auf ihren Gefechtsstationen,
 die Seesoldaten auf Deck mit geschultertem Gewehr. Kein Schuß fiel bei
 der Annäherung der Engländer, die man doch unter verheerendes
 Enfilierfeuer hätte nehmen können. Erst als sie etwa auf Schiffslänge
 zum Kampfe aufdrehten, =Parker= um 8 Uhr den ersten Schuß feuerte und
 die rote Flagge heißte, gab auch =Zoutman= das Signal zum Eröffnen des
 Feuers. Der englische Admiral hatte nach üblicher Weise seine Linie so
 herangeführt, daß er mit seinem Flaggschiff, dem vierten von vorn, das
 feindliche, das fünfte von vorn, angriff. Da beide Geschwader tadellos
 ausgerichtet waren, hatten nunmehr anfangs das letzte englische Schiff
 und das vorderste holländische keinen Gegner, später griffen diese dann
 in ihrer Nähe ein, und so waren die Engländer vorn, die Holländer
 hinten im Nachteil. Bis 11 Uhr wurde auf das erbittertste gefochten.
 Jetzt war das holländische Schlußschiff durch seine zwei Gegner fast
 außer Gefecht gesetzt und Parker segelte nun, gefolgt von den
 Hinterleuten, zwischen seinem schwer beschädigten Vordermann und der
 feindlichen Linie hindurch auf, um das Gleichgewicht vorn herzustellen.
 Das Manöver wurde unter heftigstem Kugelwechsel ausgeführt und brachte
 die englische Linie in Unordnung. Um diese wieder herzustellen, ging
 =Parker= mit seinen Schiffen höher an den Wind, konnte aber seine
 Absicht nicht durchführen, da die Takelagen sehr zerschossen waren.
 =Zoutman= blieb noch eine halbe Stunde liegen, »um das Feld behauptet
 zu haben«, und nahm dann Verbindung mit seinem Konvoi, den er gegen 10
 Uhr nach Texel zurückgeschickt hatte; ihm zu folgen, waren die
 Engländer vorläufig nicht imstande.

 =Der Verlust= der Engländer in dem dreieinhalbstündigen Kampfe betrug
 104 Tote und 339 Verwundete, mehr als in größeren Schlachten dieses
 Krieges, in denen sich 20-30 Schiffe auf jeder Seite gegenüberstanden.
 Die Holländer verloren gar 142 Tote und 403 Verwundete. Beide Gegner
 hatten auf den Rumpf der Schiffe gefeuert, so waren die Beschädigungen
 in den Takelagen nicht schwer, wenn sie auch für kurze Zeit die
 Manövrierfähigkeit behinderten. Kein Schiff war genommen; nur ein
 holländisches (das letzte in der Linie) sank auf der Weiterfahrt, doch
 konnte die Besatzung bis auf wenige Schwerverwundete gerettet werden.

 $Beurteilung der Führer.$ Beide Admirale zeigten, daß ihre taktische
 Befähigung nicht auf der Höhe der Zeit stand. =Parkers= Angriff war
 übereilt und unvorteilhaft angesetzt. Er schob aber die Schuld seines
 Mißerfolges auf die Schiffe und erklärte dem Könige, der das Geschwader
 besuchte: »Ich wünsche Ew. Majestät bessere Schiffe und jüngere
 Admirale. Ich bin zu alt.« Der sonst so brave Offizier verscholl bald
 darauf mit seinem Schiffe, als er zur Übernahme des Oberbefehles nach
 Ostindien segelte. -- =Zoutman= war ein vielbefahrener Seemann, hatte
 aber infolge der Tatlosigkeit der holländischen Marine in den letzten
 Kriegen und ihres Verfalles in seinen 44 Dienstjahren keine Gelegenheit
 gehabt, Erfahrungen im Kriege sowie in der Führung größerer Verbände zu
 sammeln. Aber er, seine Offiziere und Leute haben mit der alten
 holländischen Tapferkeit und Hartnäckigkeit gefochten, die Ehre ihrer
 Flagge aufrecht erhalten und sich die Anerkennung ihres Volkes sowie
 ihrer Gegner errungen.

=Die Schlacht auf der Doggerbank= ist nach vorstehendem wohl =taktisch
unentschieden= zu nennen, sie war =aber ein strategischer Erfolg der
Engländer=, denn ihr Konvoi erreichte sein Ziel, während der holländische
die Reise aufgeben mußte. Auch unternahm Holland in diesem Jahre nichts
weiter.

$Vernichtung eines französischen Konvois für Westindien, Dezember 1781.$
Der Schluß des Jahres brachte Frankreich noch einen Mißerfolg, der von
größerer Bedeutung war als alle bisherigen Ereignisse in Europa. Schon
seit dem Sommer bestand die Absicht, der Flotte in Westindien
Mannschaften, Vorräte, Kriegsmaterial sowie einige Linienschiffe behufs
Ablösung anderer zu senden, aber erst spät im Jahre waren die Transporter
mit dem Material bereit. Am 10. Dezember verließ =de Guichen= mit 19
Linienschiffen Brest. Er sollte die Transporter sowie zahlreiche
Handelsschiffe, insgesamt 150 Segel, in die offene See geleiten, dann 5
Schiffe mit den Fahrzeugen für Westindien und 2 mit solchen für Ostindien
entlassen, selber aber mit 12 nach Cadiz gehen.

In England war man von dem Plane unterrichtet und sandte schon am 2.
Dezember den Admiral =Richard Kempenfelt= in See; in der Annahme, daß die
Bedeckung des Konvois nicht stark sein werde, gab man ihm nur 12
Linienschiffe mit. Am 12. Dezember nachmittags trafen sich die Gegner
etwa 150 Seemeilen südwestlich von Ouessant bei frischem Winde mit
Hagelböen; die Engländer standen zu Luward.

Der sonst so vorsichtige französische Admiral hatte eine grobe
Nachlässigkeit dadurch begangen, daß er mit seinen Kriegsschiffen in Lee
voraus von dem Konvoi segelte. Infolge des unsichtigen Wetters bemerkte
er die englische Flotte erst zu spät, als es plötzlich aufklarte.
Obgleich er nun sofort ihr entgegenzutreten suchte, so hatte sie doch
bereits den Konvoi erreicht, zersprengte ihn und nahm angesichts der
feindlichen Übermacht 24 Fahrzeuge. Der Rest floh nach der französischen
Küste und auch 9 der genommenen entwischten während der Nacht, aber 15
wurden nach England gebracht, fast nur Transporter, die 1400 Mann und
viel Material an Bord führten. Am nächsten Tage versuchte =Guichen= den
Kampf zu erzwingen, =Kempenfelt= wich jedoch mit Rücksicht auf seine
Schwäche aus; nur zwischen einigen Schiffen wurden Schüsse gewechselt.
Mehrere Tage darauf zerstreute ein Sturm die französische Flotte, die
noch auf der Suche nach Versprengten des Konvois geblieben war, und
mehrere Schiffe, unter ihnen das Flaggschiff, wurden halb entmastet. Von
der ganzen Expedition gelangten nur 2 Linienschiffe und 5 Handelsschiffe
unter dem Chef d'Escadre =de Vaudreuil= nach Westindien, auch einige der
nach Ostindien bestimmten Schiffe erreichten ihr Ziel. Der Admiral =de
Guichen= bat nach diesem Fehlschlage um seinen Abschied, wurde jedoch
wegen seiner bisherigen Verdienste im Kommando der Brestflotte belassen.

$Ein Rückblick auf die Ereignisse in den europäischen Gewässern 1781$
zeigt, daß England im Vorteil blieb, obgleich die Verbündeten stärker
waren. Es verlor Minorka, für diesen Krieg keine Sache von Bedeutung, und
büßte die Beute ein, die den Holländern in Westindien abgenommen war.
Diese Verluste wurden aber reichlich aufgewogen durch die Zerstreuung des
für Westindien bestimmten französischen Konvois, der für den Handel
Frankreichs und die Schlagfertigkeit seiner Flotte dort so wichtig war,
und durch die Verproviantierung Gibraltars sowie den Umstand, daß der
Handel im Kanal unangetastet blieb. Wie in den beiden Vorjahren, war das
materielle Übergewicht der Verbündeten infolge ihrer Uneinigkeit und
ihres Mangels an Tatkraft nicht zur Geltung gekommen. Da sich ihre
Streitkräfte nicht rechtzeitig vereinigten, gelang es England, an Brest
und Cadiz vorüber Gibraltar Zufuhr zu senden.

Ein Wagnis blieb dies immerhin, denn als =Darby= absegelte, war =de
Grasse= noch in Brest, und Cordoba in Cadiz war ihm überlegen; wenn es
sich nur um eine Seeschlacht gehandelt hätte, so brauchte man allerdings
die spanische Flotte nicht nach ihrer Schiffszahl einzuschätzen, aber
eine andere Sache war es doch, einen großen Konvoi sicher nach einem Orte
dicht bei dem feindlichen Stützpunkt zu führen und dort zu löschen. --
Die später im Kanal erscheinende mächtige Flotte der Verbündeten, die
hauptsächlich den englischen Handel vernichten sollte -- gewiß ein
verständigeres, weil leichter erreichbares Ziel als eine Invasion --,
blieb untätig; sie griff weder die schwächeren Seestreitkräfte Englands
an, durch deren Überwindung sie ihr Ziel am sichersten erreicht hätte,
noch verweilte sie lange genug, um wenigstens einigen Erfolg gegen
englische Konvois zu haben. Diese Tatlosigkeit ist vor allem den Spaniern
zuzuschreiben, und es soll denn auch das Fehlschlagen des kostspieligen
Unternehmens dem guten Einvernehmen zwischen den verbündeten Staaten sehr
geschadet haben.

=England= hat 1781 auf diesem Kriegsschauplatze mit 40 Schiffen 70 der
Gegner einschließlich Hollands in Schach gehalten, aber es hätte
vielleicht doch noch mehr erreichen können. Schon zu jener Zeit ist
innerhalb und außerhalb des Parlamentes die Frage aufgeworfen, ob es
nicht richtiger gewesen wäre, die Zufuhr für Gibraltar aufzuschieben und
=Darby= statt dessen zum Abfangen des schwächeren Geschwaders unter =de
Grasse= zu entsenden; durch Vernichtung dieser wären die Pläne
Frankreichs in Westindien und Nordamerika für 1781 vereitelt worden. An
leitender Stelle hat man aber wohl die andere Aufgabe für dringender
gehalten, obgleich durch ihre Lösung der größere Teil der Kanalflotte
aufs Spiel gesetzt wurde, auch war, wie der ganze Krieg zeigt, Englands
Strategie überhaupt nicht darauf bedacht, den Feind von den entlegenen
Kriegsschauplätzen fernzuhalten, trotzdem daß ein derartiges Verfahren
schon seit langem von allen hervorragenden Seeoffizieren für das allein
Richtige erklärt wurde. Wenn man ferner zum Abfangen der Flotte
=Guichens= eine stärkere als die =Kempenfelts= entsandt hätte, so hätte
man nicht nur den Transport festhalten, sondern auch durch Vernichtung
der ersteren der französischen Marine einen schweren Schlag zufügen
können; die Kanalflotte war hierzu stark genug und außerdem lagen Schiffe
bereit, die schon im Januar 1782 unter Rodney nach Westindien segelten.


                   Westindien und Nordamerika 1781.

$Rodney erobert St. Eustache, St. Martin und Saba[157].$ Zu Anfang des
Jahres verfügte =Rodney= in Sta. Lucia über 22 Linienschiffe, während
Frankreich nur 4 in Martinique stationiert hatte. Am 27. Januar trafen
die Nachricht vom Ausbruch des Krieges mit Holland und der Befehl ein,
die holländischen Besitzungen anzugreifen. =Rodney= bestimmte 6
Linienschiffe zur Überwachung von Martinique und ging mit der Hauptflotte
sowie einem Landungskorps unter General =Vaughan= am 30. Januar in See.
Sein erstes Ziel war die Insel =St. Eustache=.

 [157] Sehr eingehend geschildert in de Jonge, Band IV, Seite 458 ff.

 In $St. Eustache$ konnte man auf große Beute rechnen. Seit Ausbruch des
 Krieges war diese Insel unter ihrer neutralen Flagge der
 Haupthandelsplatz Westindiens für alle Völker geworden, und Waren
 befanden sich hier stets in solchen Mengen angehäuft, daß die
 zahlreichen Lagerhäuser sie nicht fassen konnten. Sie wurde auch
 dadurch von militärischer Bedeutung, daß die Amerikaner, sowie die
 französischen Inseln ihre Kriegsbedürfnisse zum großen Teil von dort
 bezogen. Die Engländer waren bei ihrem eigenen großen Handel weniger
 auf die Insel angewiesen, sahen sich aber durch die politische Haltung
 der Holländer benachteiligt. So erhielt z. B. die französische Flotte
 von St. Eustache Handwerker und Material, als sie nach der Schlacht am
 17. April 1780 Martinique nicht zum Ausbessern erreichen konnte,
 während den Engländern, die nach dem großen Orkan im Oktober desselben
 Jahres Tauwerk kaufen wollten, erklärt wurde, es sei keins am Markte;
 tatsächlich fand man aber nach der Eroberung eine große Menge vor, die
 dort schon lange lagerte.

Als die englische Flotte am 4. Februar vor der Insel erschien, war dem
Gouverneur der Ausbruch des Krieges noch nicht bekannt; nicht in der Lage
Widerstand zu leisten, kapitulierte er noch am selben Tage. Eine
holländische Fregatte, die der Ehre der Flagge halber einige Schüsse
abgab, einige kleinere Kriegsfahrzeuge, 150 Kauffahrer sowie die Waren am
Lande fielen in die Hände der Engländer, ebenso wurde ein Konvoi von 30
Handelsfahrzeugen nebst dem begleitenden Linienschiffe, der am Tage
vorher die Reise nach Europa angetreten hatte, noch abgefangen. Die
Gesamtbeute hatte einen Wert von über drei Millionen Lstrl. =Rodney=
bemächtigte sich dann noch der Nachbarinseln =St. Martin= und =Saba=,
später, am 15. März, auch der französischen Insel St. Barthélemy. Auf den
genommenen Inseln blieb die holländische Flagge wehen; hierdurch
getäuscht, liefen in der nächsten Zeit noch verschiedene holländische,
französische, sowie amerikanische Schiffe ein und wurden gleichfalls
genommen. Die nicht englischen Einwohner, besonders die Holländer,
verschickte man zwangsweise nach anderen Inseln, um den eroberten ihre
bisherige Bedeutung zu nehmen; zu gleichem Zwecke wurden die Lagerhäuser
zerstört oder wenigstens abgedeckt.

 =Rodney= versteigerte einen Teil der Beute öffentlich an Engländer,
 Franzosen und Dänen. Den Rest sandte er auf 30 Handelsschiffen, gedeckt
 durch Kommodore =Hotham= mit 4 Linienschiffen, nach England; wir hörten
 schon, daß dieser Konvoi am 2. Mai an der europäischen Küste fast ganz
 dem französischen Admiral =de La Motte-Picquet= in die Hände fiel.
 =Rodney= und =Vaughan= haben bei der Beschlagnahme weder holländisches
 Privateigentum noch neutrale Waren geschont, die nicht zur
 Kriegskontrebande zählten. Ihr Auftreten erregte denn auch überall
 Entrüstung. Selbst in England und sogar im Parlament sind sie
 angegriffen; aber ohne weiteres Ergebnis, sie behielten ungestört ihre
 reichen Prisenanteile.

Es sei hier gleich erwähnt, daß die Engländer in den Monaten Februar und
März von Barbados aus auch die holländischen Besitzungen in =Guayana=
wegnahmen; =in Curaçao= dagegen, wo der Ausbruch des Krieges rechtzeitig
bekannt geworden war, trafen die Holländer genügende Vorbereitungen zur
Abwehr und blieben infolgedessen unbelästigt. Der holländische Handel
litt überall sehr durch englische Kreuzer und Freibeuter.

$Admiral de Grasse in Westindien 1781. Zusammenstoß mit Hood bei
Martinique.$ Etwa eine Woche nach der Besetzung der Insel St. Eustache
brachte ein Handelsschiff die Nachricht dorthin, daß es am 31. Dezember
1780 in der Biskaya einen großen, für Westindien bestimmten französischen
Konvoi unter Geleit von 8 oder 10 Linienschiffen gesehen habe. =Rodney=
sandte daraufhin am 12. Februar den Kontreadmiral =Sir Samuel Hood= mit
11 Schiffen nach Martinique, um sich mit den dort schon befindlichen 6 zu
vereinigen und dann zu Luward genannter Insel zu kreuzen. Er erklärte es
für notwendig, selber behufs Durchführung von Maßregeln zur Sicherung der
Beute und der Insel noch bei St. Eustache zu bleiben und behielt zwei
Schiffe zurück. Die Nachricht über den Konvoi erwies sich bald darauf als
falsch, aber der Befehl für =Hood= blieb bestehen, nur wurde er
angewiesen, sich in Lee von Martinique zu halten. Er machte hiergegen
geltend, daß er dann leicht nach Lee vertrieben werden könne, aber
=Rodney= erklärte, daß es nach seinen Erfahrungen wohl durchführbar sei,
sich wochenlang dicht vor dem französischen Hafen zu halten und daß dann
die Schiffe, die zeitweise zum Wasser- oder Proviantauffüllen nach Sta.
Lucia gesandt werden müßten, leicht wieder zur Flotte stoßen könnten,
falls ein feindliches Geschwader von Europa ankäme. Bald aber sollte sich
die Berechtigung von Hoods Einwurf zeigen.

=Lieutenant-Général de Grasse=[158] hatte am 22. März Brest mit 26
Linienschiffen verlassen. Bei den Azoren zweigte er 5 von ihnen nach
Ostindien, 1 nach Nordamerika ab und segelte mit 20 nebst einem großen
Konvoi von Transportern und Handelsschiffen nach Westindien weiter; zur
Beschleunigung der Reise ließ er die schlechtesten Segler des Konvois von
Kriegsschiffen in Schlepp nehmen. Die Flotte sichtete Martinique am 28.
April und vernahm am Abend bei Point de Salines, der Südspitze der Insel,
von der Anwesenheit der englischen. Zur größeren Sicherheit seines
Konvois drehte =de Grasse= die Nacht über bei, setzte die Fahrt am
anderen Morgen fort und stieß gegen Mittag mit =Hood= zusammen[159], der
seine Ankunft erfahren hatte. Der Konvoi erreichte an diesem Tage Fort
Royal unbehelligt, da sich die englische Flotte nicht zwischen ihn und
den Hafen schieben konnte. Zu einer entscheidenden Schlacht nutzte aber
=de Grasse= seine Überlegenheit nicht aus; ihm war an dem sicheren
Einlaufen seiner Schutzbefohlenen zunächst mehr gelegen.

 [158] =François Joseph Paul Chevalier= (später Comte)
       =de Grasse-Tilly=, geboren 13. September 1722, Garde-Marine 1739,
       Lieutenant 1754, Capitaine 1762, Chef d'Escadre 1778,
       Lieutenant-Général 22. März 1781, gestorben 11. Januar 1788. Er
       hatte sich in den beiden letzten Kriegen als tüchtiger Offizier
       bewährt, ohne jedoch besonders hervorzutreten. 1779 diente er
       unter =d'Estaing=, 1780 unter =de Guichen= in Westindien.
       Französische Quellen nennen ihn »tapfer, unterrichtet und
       erfahren, aber mehr theoretisch als praktisch beanlagt; wohl
       geeignet zum Geschwaderchef, aber nicht zum Führer großer
       Flotten«. Wir werden sehen, daß er bei der Abfahrt von Westindien
       nach Nordamerika Scharfblick, Schnelligkeit und Tatkraft zeigte.
       Bei Dominica 1782 geschlagen und gefangen genommen, schob er alle
       Schuld auf seine Untergebenen. Seine Taktlosigkeit hierbei sowie
       seine Anfechtung des kriegsgerichtlichen Spruches zog ihm die
       Mißachtung seiner Kameraden und die Ungnade des Königs zu.

 [159] =Sir Samuel Hood= (1782 Baron, 1796 Viscount), geboren 1724,
       Kapitän 1756, Kontreadmiral 1780, Vizeadmiral 1787, Admiral der
       blauen Flagge 1794, der weißen 1799, gestorben 27. Januar 1816.
       Er nahm am Siebenjährigen Kriege als Leutnant und später als
       Kommandant einer Fregatte mit Auszeichnung teil. Er war ein sehr
       tüchtiger Admiral, wohl befähigt zur Führung großer Flotten. Er
       stand 1781 in Nordamerika unter =Graves= und 1782 unter =Rodney=
       in Westindien; beiden wies er verschiedene Fehler nach. 1782
       zeichnete er sich als Oberbefehlshaber bei St. Christopher in
       strategischer und taktischer Hinsicht aus. Im nächsten Kriege
       (1793 bis 1802) befehligte er 1793/94 die Mittelmeerflotte und
       besetzte 1793 Toulon.

 $Das Gefecht bei Martinique am 29. April 1781.$ Die französische Flotte
 zählte 20 Linienschiffe -- eins zu 100 Kanonen, 3 zu 80, 15 zu 74, 1 zu
 64 -- 3 Fregatten und 2 Kutter, die englische 18 Linienschiffe -- 1 zu
 90, 1 zu 80, 12 zu 74, 1 zu 70, 3 zu 64 --, 1 Fregatte und 1 Sloop. Es
 muß hervorgehoben werden, daß von den französischen Linienschiffen nur
 etwa die Hälfte, die englischen jedoch sämtlich gekupfert waren;
 Rodneys Vorstellungen in dieser Hinsicht hatten Erfolg gehabt.

 Am 29. April in der Frühe rundete =de Grasse= die Südspitze von
 Martinique bei östlichem Winde (Passat); =Hood= konnte dies nicht
 hindern, da er zu weit in Lee stand. Der französische Konvoi segelte
 unter der Küste nach Norden, von der Flotte in Lee gedeckt. Die
 englische Flotte kam dieser mit südlichem Kurse entgegen, wendete gegen
 10-1/2 Uhr vormittags, so daß nun beide parallel steuerten, wobei die
 französische Vorhut etwa querab von der englischen Mitte stand. Gegen
 11 Uhr eröffneten die Franzosen das Feuer, die Engländer antworteten
 jedoch der großen Entfernung halber nicht. Um 11-3/4 Uhr befanden sich
 beide Linien vor der Bucht von Fort Royal, die englische Spitze näherte
 sich zu sehr ihrem nördlichen Strande und =Hood= wendete deshalb mit
 der ganzen Flotte, alle Schiffe zugleich. Der französische Konvoi war
 jetzt imstande, in die Bucht einzulaufen. =De Grasse= sah seine
 Schutzbefohlenen in Sicherheit; er halste alle Schiffe zugleich, und um
 diese Zeit hängten sich die vier im Hafen befindlichen Linienschiffe --
 1 zu 74 Kanonen, 3 zu 64 -- ihm an. Beide Flotten steuerten nun
 südlich, die Engländer in der Leestellung, aber es standen jetzt 24
 Franzosen gegen 18 Engländer. Die Manöver hatten die Gegner einander
 näher gebracht, auch die Engländer nahmen das Feuer auf.

[Illustration: de Grasse.]

 Gegen Mittag drehte =Hood= unter Marssegeln bei, des Angriffs gewärtig,
 da er selber nicht näher an den Feind herankommen konnte. Die beiden
 Flaggschiffe lagen querab voneinander, das Gefecht ward allgemein, aber
 immer noch auf so weite Entfernung, daß nur wenige Schüsse ihr Ziel
 erreichten. Da die Franzosen weiter segelten und ihre vordersten
 Schiffe die englische Spitze überholten, nahm auch =Hood= um 1 Uhr die
 Fahrt wieder auf. Als gegen 1-1/2 Uhr die beiden Spitzen vor dem Kanal
 zwischen Martinique und Sta. Lucia anlangten, hier frischeren Wind
 erhielten und vorliefen, befahl =Hood= seiner Flotte, sich geschlossen
 zu halten und das Feuer abzubrechen; der Kampf der Spitzen setzte sich
 aber noch einige Zeit fort und die vier vordersten Engländer hatten
 dabei 8 Franzosen abzuwehren. =Hood= scheint sich dann nach
 Wiederherstellung der Ordnung außer Schußweite gehalten und versucht zu
 haben, den Feind von der Küste abzuziehen, sowie die Luvstellung zu
 gewinnen. Aber auch =de Grasse= schritt nicht zum Angriff; es ist
 anzunehmen, daß er sich nicht weiter von der Insel entfernen wollte,
 ehe nicht sämtliche Fahrzeuge des Konvois einen sicheren Ankerplatz bei
 Fort Royal erreicht hätten.

 =Der Verlust= an diesem Tage betrug auf französischer Seite 18 Tote und
 56 Verwundete (ein englischer Autor gibt allerdings die Zahlen 119 und
 150), auf englischer 39 Tote und 162 Verwundete. Die französischen
 Schiffe hatten wenig gelitten, von den englischen waren die vier
 vordersten beträchtlich beschädigt; Hood mußte eins derselben nach St.
 Eustache senden.

Seiner Sorge um den Konvoi ledig und durch 4 Schiffe aus Martinique
verstärkt, während 4 englische Schiffe am 29. beschädigt waren,
beabsichtigte =de Grasse= am 30. April eine Schlacht herbeizuführen.
Jetzt aber hatte =Hood= keinen Anlaß mehr, sich einem so ungleichen
Kampfe, zumal in der Leestellung, auszusetzen. Er versuchte zwar, die
Luvstellung zu gewinnen, ließ aber den Feind nie nahe herankommen. Mit
seinen gekupferten Schiffen hatte er es in der Hand, die Entfernung zu
bestimmen; wenn die Franzosen die Jagd ernstlich aufnahmen, blieben ihre
ungekupferten zurück. Am Abend gab =Hood= das Spiel auf und nahm Kurs
nach Norden; er segelte nicht nach Sta. Lucia, da er befürchtete, daß
seine beschädigten Schiffe es bei der starken westlichen Strömung nicht
erreichen würden. =De Grasse= ankerte am 6. Mai vor Fort Royal.

 $Das Verhalten der beiden Admirale$ am 29. und 30. April ist einer
 kurzen Betrachtung wert, um so mehr, da die beiderseitigen Autoren
 mehrfach angeben, der Gegner sei einem Kampfe ausgewichen. Nun ist aber
 wohl als sicher anzunehmen, daß =Hood= am ersten Tage den Kampf
 erstrebt hat: Anfangs versuchte er an den Feind heranzukommen, später
 bot er diesem Gelegenheit zum Angriff. Dies war eigentlich gewagt, da
 der Gegner Verstärkung erhalten hatte. Am zweiten Tage hielt er weiter
 das Feld, wahrscheinlich um abzuwarten, ob nicht der Zufall ihn in die
 Lage setzen würde, einen Teil der französischen Flotte anzugreifen.
 Seine seemännische Tüchtigkeit, sowie der Umstand, daß er durchgehends
 über gekupferte Schiffe verfügte, erlaubten ihm das gewagte Spiel; ein
 solches war es immerhin, denn leicht konnte er genötigt werden, seine
 beschädigten Schiffe im Stich zu lassen oder ihrethalben eine
 allgemeine Schlacht anzunehmen. =De Grasse= war am ersten Tage zu
 vorsichtig, aber nach dem bekannten französischen Brauche sah er wohl
 seine nächste Aufgabe in der unbedingten Sicherung des Konvois.

=De Grasse= ging schon am 8. Mai zu einem =Angriff auf Sta. Lucia=
wiederum in See. Es lag den Franzosen besonders daran, sich in Besitz der
Gros-Islet-Bucht an der Nordspitze dieser Insel, dem üblichen Ankerplatz
der englischen Flotten zur Beobachtung Martiniques, zu setzen. Der
Admiral hielt sich mit der Flotte zu Luward der Bucht, um jederzeit einem
nahenden Gegner entgegentreten zu können, und der kriegerische Gouverneur
von Martinique, =de Bouillé=, landete während der Nacht mit 1200 Mann.
Man fand aber die von =Rodney= angelegten Befestigungen zu stark, um
sich in kurzer Zeit festsetzen zu können, schiffte die Gelandeten wieder
ein und kehrte nach Fort Royal zurück.

$Eroberung von Tabago.$ Am 8. Mai wurde auch eine Expedition gegen diese
Insel entsandt. Sie zählte 2 Linienschiffe nebst einigen Fregatten und
1300 Soldaten unter Kapitän =d'Albert de Rions=. Am 22. Mai erfuhr =de
Grasse=, daß die Flotte Rodneys auf der Fahrt nach Süden, wahrscheinlich
nach Barbados, gesichtet sei. Besorgt um die Tabagoexpedition, ging er am
25. mit der Flotte in See und nahm 3000 Soldaten mit. =Rodney= hatte von
der Ankunft der französischen Flotte in Westindien erst durch ein Schiff
Kenntnis erhalten, das nach dem Gefecht bei Martinique beschädigt in St.
Eustache eingetroffen war. Er segelte sobald als möglich mit seinen
beiden unversehrten Schiffen, sowie dem in Eile ausgebesserten ab, traf
am 11. Mai bei Antigua auf =Hood= und führte nun die Flotte nach
Barbados, denn er fürchtete für diesen Hauptstützpunkt, der durch einen
Orkan verwüstet war und ohne seinen Schutz einem Angriffe kaum hätte
widerstehen können. Hier erfuhr er den Vorstoß der Franzosen gegen Tabago
und sandte am 29. Mai den Kontreadmiral =Drake= mit 6 Linienschiffen
dahin ab. Dieser sichtete am 30. die Flotte de Grasses und kehrte sofort,
eine Zeitlang verfolgt, nach Barbados zurück, wo er am 3. Juni morgens
eintraf. Jetzt setzte sich =Rodney= mit der ganzen Flotte in Bewegung,
aber es war zu spät. Am 4. in Sicht der bedrohten Insel angelangt, erfuhr
er, daß diese bereits am 2. Juni kapituliert habe.

 $Die Besetzung Tabagos$ war den Franzosen leicht gelungen. Am 24. Mai
 landete die erste Expedition; der englische Gouverneur zog sich mit
 seinen schwachen Kräften -- 400 Regulären, 500 Milizen, 6 Geschützen --
 in die Berge zurück. Am 30. wurden dann die Soldaten ausgeschifft, die
 mit der Flotte kamen, und der Gouverneur sah sich genötigt, der großen
 Macht gegenüber die Waffen zu strecken, zumal seine Leute übermüdet und
 entmutigt waren.

Die Oberbefehlshaber, beide tüchtige Admirale, standen sich nun einander
gegenüber, =de Grasse= mit 23 und =Rodney= mit 20 Linienschiffen, aber es
kam nicht zum Kampfe. =Rodney= stand zu Luward, griff jedoch nicht an. Er
erklärte später, die Besorgnis, nach einer vielleicht ungünstig
verlaufenen großen Schlacht mit den beschädigten Schiffen durch den
starken westlichen Strom nach Lee vertrieben zu werden, habe ihn vom
Angriff abgehalten; er würde dann in die schwierigen Gewässer der
Grenadinen, die wie auch St. Vincent in französischem Besitze waren,
geraten und der Gegner möglicherweise zwischen ihn und Barbados gekommen
sein. Er segelte nach der genannten Insel zurück. =De Grasse= verfolgte
nicht. Zufrieden mit der Einnahme Tabagos, lief er die Eroberungen des
Jahres 1779, Grenada sowie St. Vincent, an, überzeugte sich von ihrem
guten Verteidigungszustande und ankerte am 18. Juni bei Martinique.

$De Grasse segelt nach Nordamerika, Hood folgt ihm.$ Der französische
Admiral verließ am 5. Juni 1781 Fort Royal mit seiner ganzen Flotte von
24 Linienschiffen, um 200 Handelsfahrzeuge nach Cap Français auf St.
Domingue zu geleiten, wo er am 16. eintraf; unterwegs war eins seiner
Linienschiffe infolge einer Explosion verbrannt. Hier fand er Briefe
=Washingtons=, =Rochambeaus= sowie =Barras=', des Geschwaderchefs in
Nordamerika, vor, in denen er dringend gebeten wurde, Unterstützung an
Schiffen, Soldaten und Geldmitteln (mindestens 1200000 Francs) nach der
Chesapeake- oder der Narragansettbucht zu senden, da ihre Lage
verzweifelt sei. Obgleich er Befehl hatte, 9 oder 10 Schiffe, die sich
schon seit 1778 in Westindien befanden, als Deckung des Konvois nach
Europa heimzusenden, entschloß er sich, mit der ganzen Flotte -- noch
verstärkt durch die 5 Schiffe der St. Dominguestation, die am 10. Juli
von der Expedition gegen Pensacola (s. Seite 307) zurückkamen -- während
der Orkanzeit nach der Chesapeakebucht zu gehen. Von diesem Entschluß
sandte er sofort Nachricht an Barras, so daß dieser wie die genannten
Generale schon am 15. August Kenntnis erhielten. Er schrieb dabei an
diesen, er möge ganz nach eigenem Ermessen handeln, sich mit ihm
vereinigen oder selbständig zum allgemeinen Nutzen vorgehen. Die
Vorbereitungen zur Abfahrt dauerten jedoch einige Zeit.

Der Gouverneur von St. Domingue stellte 3200 Mann nebst einigen Feld- und
Belagerungsgeschützen erst, als ihm zur Sicherung seiner Kolonie ein
spanisches Geschwader von Kuba zugesagt war; das nötige Geld war in der
französischen Kolonie nicht aufzubringen, es mußte von Havanna bezogen
werden, wo zwar die Staatskassen leer waren, aber Privatleute die
verlangte Summe vorschußweise lieferten. Am 5. August ging =de Grasse=
mit 28 Linienschiffen in See. Um nicht durch Transporter aufgehalten zu
werden, waren die Truppen auf den Kriegsschiffen untergebracht, und um
den Marsch möglichst lange geheimzuhalten, wählte der Admiral den Weg
durch den wenig befahrenen Bahamakanal. Am 30. August 1781 ankerte die
französische Flotte im Eingange der Chesapeakebucht.

=Rodney= erhielt von den Plänen und Bewegungen der Franzosen nicht
genügend Kenntnis, um volle Maßregeln ergreifen zu können. Er faßte die
Wahrscheinlichkeit ins Auge, daß der Kriegsschauplatz während der
Orkanmonate in die nördlichen Gewässer verlegt werden würde, und schickte
deshalb am 7. Juli Befehl an den Stationschef in New York, Admiral
=Graves=, zwischen diesem Hafen und der Chesapeakebucht Kreuzer zu
halten, die etwa von ihm gesandten Verstärkungen Nachrichten übermitteln
könnten. Als er dann am 9. Juli die Abfahrt der französischen Flotte von
Martinique nach St. Domingue erfuhr, befahl er dem Admiral =Hood=, sich
für Nordamerika bereit zu machen. Er teilte ihm aber nur 15 Linienschiffe
zu, da er gehört hatte, daß auch =de Grasse= nicht mehr dorthin senden,
sondern mit dem Rest seiner Flotte den Konvoi nach Europa geleiten würde.
Zwei Schiffe zweigte er zum Schutze von Handelsfahrzeugen nach Jamaika
ab, jedoch mit dem Befehl an den dortigen Chef, =Sir Peter Parker=, sie
und mit ihnen noch einige seiner Schiffe sofort nach Amerika
nachzusenden. Mit 2 oder 3 wohl einer Grundausbesserung bedürftigen
Schiffen ging =Rodney= selber aus Gesundheitsrücksichten =nach England=.

=Hood= segelte, durch verschiedene belanglose Umstände aufgehalten, am
10. August von Antigua mit 14 Linienschiffen nach der Chesapeakebucht ab.
Kurz vorher war eine Brigg mit der Bitte =Graves=' um Unterstützung
eingetroffen. Sie wurde am 6. August mit der Nachricht von Hoods Kommen
zurückgesandt, fiel aber in Feindeshand. So blieb =Graves= im Gegensatz
zu seinen Gegnern lange ohne jede Kenntnis der Vorgänge, denn auch eine
am 7. Juli abgesandte Nachricht hatte ihn nicht erreicht. Das Schiff
langte zwar in New York an, traf aber den auf einer Kreuzfahrt
befindlichen Admiral nicht und ging verloren, als es ihn suchte. Eine
Abschrift dieser Nachricht fand =Graves= erst am 16. August in New York
vor, das Kommen Hoods erfuhr er erst kurz vor dessen Ankunft am 28.
August.

Mit der Abfahrt der Flotten wurde für 1781 Nordamerika Kriegsschauplatz.
In Westindien begannen die Operationen erst wieder nach der Rückkehr de
Grasses.

$In Nordamerika$ war der Landkrieg zu Ende des Jahres 1780 sowohl im
Norden wie in den Carolinas zum Stillstande gekommen. Die Verbündeten
wagten nicht, ohne weitere Unterstützung von Frankreich etwas gegen New
York zu unternehmen (vgl. Seite 311); die Engländer hatten ihre Erfolge
im Süden aufgeben und sich auf Winnsborough zurückziehen müssen, um
Verstärkungen zu erwarten (Seite 309). Das französische Geschwader von 7
Linienschiffen lag unter Kapitän =Des Touches= in der Narragansettbucht
und wurde von dem englischen Admiral =Arbuthnot= mit 12 (?)
Linienschiffen von New York und der Gardinerbucht (Long Island) aus
beobachtet.

Um die Jahreswende aber kam wieder Leben in den Krieg im Süden. General
=Clinton= benutzte wie im Vorjahre die Winterruhe im Norden zu
kräftigerem Auftreten dort, indem er im Dezember 1780 den General
=Leslie= mit Verstärkungen nach Charleston und gleichzeitig den General
=Arnold= zu einem Angriff auf Virginien entsandte. Die Ereignisse auf dem
südlichen Kriegsschauplatze im Jahre 1781 wurden entscheidend für den
Kampf Englands mit seinen Kolonien, und die Beherrschung des Meeres
spielte bei ihnen die Hauptrolle, so daß wir die Unternehmungen am Lande
und zu Wasser nicht voneinander trennen können[160].

 [160] Auf die Ereignisse am Lande soll nur soweit eingegangen werden,
       als es nötig erscheint, um die Tätigkeit der Seestreitkräfte
       sowie den Verlauf des ganzen Krieges beurteilen zu können; ihre
       Schilderung wird deshalb nicht vollständig, selbst nicht immer
       ganz genau sein.

$Cornwallis dringt nach Virginien vor. Frühjahr 1781.$ Sobald =Leslie=
mit 3000 Mann in Charleston eingetroffen war, zog =Cornwallis= einen Teil
dieser Truppen an sich und brach dann von seinem Winterlager aufs neue
gegen Nordcarolina auf; =Leslie= folgte mit dem Reste. Der amerikanische
General =Greene= fühlte sich mit seinen Milizen und schlecht geschulten
Soldaten diesen regulären Truppen im Felde nicht gewachsen; er ließ einen
Teil seines Heeres unter General =Morgan= den Kleinen Krieg in
Südcarolina führen, den er selbst an der Grenze von Nordcarolina
aufnehmen wollte. Morgan näherte sich unvorsichtig der englischen
Hauptmacht. =Cornwallis= sandte, um dies zu benutzen, den Oberst
=Parleton= mit einem großen Teil seiner Truppen gegen ihn; dieser aber,
der seinen Gegner unterschätzte, ließ sich zu einem übereilten Angriff
verleiten und wurde am 7. Januar bei Cowpens vernichtend geschlagen.

Als sich dann =Cornwallis= und =Leslie= am 18. Januar vereinigt hatten,
schritten sie zur Verfolgung Morgans. Zur Beschleunigung des Marsches
ließen sie den ganzen Troß zurück, was ihnen später große Verlegenheiten
bereitete und doch die Vereinigung Morgans mit Greene nicht hinderte.
Auch der Versuch, das feindliche Heer von Virginien abzuschneiden,
mißlang; es erreichte den Grenzfluß am 14. Februar und =Cornwallis= mußte
wegen Erschöpfung seiner Truppen zurückgehen. =Greene= rückte nach,
vermied aber eine Schlacht, obgleich er durch Milizen aus Virginien,
Nord- und Südcarolina auf 6000 Mann verstärkt war. Das Gerücht gab seine
Zahl gar auf 10000 Mann an; trotzdem griff =ihn Cornwallis= am 15. März
bei Guilfords-Court an und siegte. Aber auch die Engländer hatten große
Verluste und waren wegen Mangel an allem genötigt, den Rückzug auf
Wilmington an der Küste fortzusetzen, wo Cornwallis für derartige Fälle
von Charleston aus Depots hatte anlegen lassen. Im Inneren von
Südcarolina stand noch ein kleines englisches Heer unter =Lord Rawdon=;
gegen dieses wandte sich Greene.

 Es sei hier gleich erwähnt, daß dieser kleine Krieg nicht zur
 Entscheidung beitrug. =Rawdon= verteidigte sich gut, mußte aber
 schließlich doch auf Charleston zurückgehen und ward hier
 eingeschlossen, als sich der Hauptkrieg nach Virginien zog und die
 beiden Carolinas sowie Georgien ganz den Amerikanern zufielen.

=Cornwallis= hatte nun die Wahl, nach Erholung seiner Truppen aufs neue
um die Herrschaft in Carolina zu kämpfen oder nach Virginia zu
marschieren und der dort operierenden Expedition die Hand zu reichen. Er
wählte das letztere, da er sich für ersteres zu schwach fühlte und
außerdem den Kampf um das Chesapeakegebiet für wichtiger hielt. Er
überließ =Rawdon= seinem Schicksal. Nach 18tägiger Ruhe trat er am 25.
April den Marsch an, vereinigte sich am 20. Mai in Petersburg mit den
Truppen des Generals =Arnold= und übernahm den Oberbefehl.

 =Clinton= war mit dem von =Cornwallis= auf eigene Faust unternommenen
 Zuge durchaus nicht einverstanden. Er schrieb: »Operationen im
 Chesapeakegebiete sind so lange mit großer Gefahr verknüpft, als wir
 nicht einer ununterbrochenen Seeherrschaft sicher sind. Ich zittere vor
 den verhängnisvollen Folgen, die daraus entstehen können.« In den
 Carolinas auf Charleston zurückgetrieben, war die englische Macht nur
 noch auf zwei Stellen konzentriert, in New York und an der
 Chesapeakebucht. Da New Jersey und Pennsylvanien in der Hand der Gegner
 waren, hing die Verbindung der beiden Kriegsschauplätze vollständig von
 der Offenhaltung des Seeverkehres ab. Aber trotz seines ungünstigen
 Urteils über das Vorgehen =Cornwallis=' hatte ja =Clinton= selber schon
 eine starke Abteilung im Chesapeakegebiete aufs Spiel gesetzt!

$Die englische Expedition gegen Virginia. Erste Seeschlacht vor der
Chesapeakebucht, 16. März 1781.$ Ende Dezember 1780 ging =Arnold= mit
1600 Mann nach der Chesapeakebucht, drang den Jamesfluß hinauf, verheerte
das Land, ohne nennenswerten Widerstand zu finden und setzte sich dann in
Portsmouth, einem als maritimem Stützpunkt geeigneten Platze, fest.
=Washington= bat Rochambeau und Des Touches, den schwachen amerikanischen
Kräften in Virginien Unterstützung zu bringen. Die Gelegenheit hierzu
erschien nicht ungünstig, da das englische Geschwader augenblicklich
geschwächt war. =Arbuthnot= hatte nämlich drei seiner Schiffe in See
gehabt, um drei französische abzufangen, die zur Aufnahme eines von
Europa erwarteten Transportes ausgelaufen waren. In einem Sturme wurden
zwei der englischen Schiffe entmastet und das dritte strandete, während
die französischen vor Ausbruch des Unwetters wieder einlaufen konnten.
Aber gerade dieses Mißgeschick der Gegner bestimmte =Des Touches=, nicht
sein ganzes Geschwader den Unbilden der Jahreszeit auszusetzen; er sandte
nur ein Linienschiff nebst 2 Fregatten am 9. Februar zur Chesapeakebucht.
Diese richteten aber nichts aus, da sich =Arnolds= kleinere Fahrzeuge in
den Flüssen verbargen; sie kehrten Ende des Monats zur Flotte zurück,
wobei ihnen allerdings eine von Charleston kommende Fregatte in die Hände
fiel. Inzwischen hatte =Washington= aber doch die französischen Führer zu
einem gemeinsamen Unternehmen gegen =Arnold= gewonnen.

[Illustration: Chesapeakebucht 16. März 1781.]

Die Amerikaner setzten =Lafayette= mit 1200 Mann nach Virginien in
Bewegung und =Des Touches= ging am 8. März bei Einbruch der Nacht mit
seinem ganzen Geschwader, sowie 1100 französischen Soldaten in See.
=Arbuthnot=, der seeklar am Eingange der Gardinerbucht lag, folgte
sofort. Da seine Schiffe sämtlich gekupfert waren, von den französischen
nur drei, vielleicht auch infolge größerer seemännischer
Geschicklichkeit, überholte er den Gegner. Am 16. März 6 Uhr vorm.
meldete eine Fregatte, daß dieser 2-3 Seemeilen achteraus stehe; wegen
nebligen Wetters hatte man ihn bislang nicht gesehen. Zu dieser Zeit
lagen die Geschwader etwa 40 Seemeilen nordöstlich vom Eingange der
Chesapeakebucht; der Wind war westlich, so daß sie nicht unmittelbar in
die Bucht einlaufen konnten und das englische Geschwader stand zwischen
der Einfahrt und dem französischen (Plan A, A'). =Arbuthnot= drehte
sofort um und steuerte nach Norden auf den Feind zu; nach einigen
Manövern bei beständig umspringendem Winde kam es bald nach Mittag zur
Schlacht.

 $Die Schlacht vor der Chesapeakebucht am 16. März 1781[161].$ Beide
 Geschwader zählten 8 Schiffe in der Linie, und zwar das englische ein
 Schiff zu 98 Kanonen, 3 zu 74, 3 zu 64, 1 zu 50 und das französische
 ein Schiff zu 84, 2 zu 74, 4 zu 64, 1 zu 44; hierzu traten 4 englische
 und 3 französische Fregatten. Die Engländer waren also an Geschützen
 nicht unwesentlich überlegen.

 [161] Nach Clowes III, Seite 489, und Mahan I, Seite 372, deren Angaben
       in den Hauptsachen mit den französischen Quellen übereinstimmen.

 Bald nachdem die Engländer den Kurs nach Norden aufgenommen hatten,
 drehte der Wind nach Nord, wodurch die Franzosen in die Luvstellung
 kamen. =Des Touches= bildete nun die Gefechtslinie über Steuerbordbug,
 steuerte also östlich; =Arbuthnot= folgte seinem Beispiele. Der Wind
 drehte weiter, bis er gegen Mittag auf NO stehen blieb und stürmisch
 mit aufkommender hoher See wurde. Die bessere Segelfähigkeit der
 englischen Schiffe brachte sie nach und nach näher an die französischen
 heran, so daß =des Touches= seine Nachhut bedroht sah (Plan B, B'). Um
 dieser Gefahr entgegenzutreten, legte er sein Geschwader über den
 anderen Bug und ging dem Feinde entgegen. Da er noch Zeit genug hatte,
 führte er das Manöver im Kontremarsch aus. Er wollte nach französischem
 Brauche den unvermeidlichen Kampf in der Leestellung aufnehmen, was in
 diesem Falle auch den Vorteil bot, daß die Schiffe die untersten
 Batterien verwenden konnten, die in der Luvstellung des starken
 Überliegens halber die Pforten geschlossen halten mußten. Er zog nun
 mit seiner Linie vor der Spitze der englischen vorüber und steuerte
 dann westlich.

 =Arbuthnot= segelte zunächst weiter, bis er etwa 2 Uhr nachmittags
 querab vom Feinde war, halste dann im Kontremarsch (C, C') und ging an
 ihn heran. Die Franzosen eröffneten schon das Feuer, während die
 Engländer noch ihr Manöver ausführten, und um 2-1/2 Uhr lagen beide
 Linien im Gefecht. Der englische Admiral hatte das Signal zum
 »Nahgefecht« nicht geheißt, dagegen das für »Gefechtslinie« wehen
 lassen. Infolgedessen zögerten die hinteren Schiffe mit dem Nahangriff,
 und die bekannten Nachteile der englischen Taktik traten schroff
 hervor: die drei vorderen Engländer hatten beim Herangehen schweres
 Enfilierfeuer auszuhalten, kamen früher sowie auf nähere Entfernung zum
 Kampf als die hinteren (D, D') und litten sehr. =Des Touches= nützte
 dies aus. Er befahl seinen vorderen Schiffen, auszuweichen, führte die
 übrigen unter lebhaftem Feuer an der englischen Spitze vorüber, halste
 im Kontremarsch und segelte nach Osten ab (E'). =Arbuthnot= hatte zwar
 die Absicht, ihm zu folgen, aber seine vordersten Schiffe waren
 augenblicklich manövrierunfähig, er mußte auf seinem westlichen Kurse
 bleiben (E). So endete der Kampf.

 =Die Verluste= betrugen auf englischer Seite 30 Tote und 73 Verwundete,
 auf französischer 73 und 112.

=Die Schlacht= blieb =taktisch unentschieden=, da sie nicht bis zum
äußersten durchgefochten wurde; doch war sie =ein strategischer Erfolg
der Engländer=. Ihre Flotte lief während der Nacht in die Bucht ein, =Des
Touches= segelte nach Rhode-Island zurück, da sich der Kriegsrat am 17.
dahin entschied, daß man die Landung der Truppen nicht ausführen könne.

In Hinsicht auf $die Seekriegsgeschichte$ ist die Schlacht ein gutes
Beispiel zu unseren fortlaufenden Betrachtungen über die Taktik der
beiden Gegner und die Strategie der Franzosen. =Arbuthnot= war stärker,
tat aber dem Feinde keinen Abbruch. Dies war eine Folge der alten
englischen Angriffsart, die um so mehr hervortrat, als der Admiral das
Signal, die Linie zu halten, hatte wehen lassen. Dies wurde ihm auch zum
Vorwurf gemacht, und es ergibt sich daraus, daß man es in England mehr
und mehr als fehlerhaft erkannte, unbedingt die Ordnung zu wahren. --
=Des Touches= verfuhr seinerseits nach der französischen Defensivtaktik,
er wählte sogar freiwillig die Leestellung und nutzte dann auch die
günstige Lage geschickt aus. Den errungenen Vorteil aber, die Lahmlegung
von drei feindlichen Schiffen, verfolgte er nicht. Hätte er den Kampf
wieder aufgenommen, so würde er wahrscheinlich seine Aufgabe haben lösen
können; die dem französischen Offizierkorps anerzogene Scheu vor
entscheidenden Kämpfen hielt ihn aber davon ab.

 Allerdings machte man =Des Touches= Vorwürfe über sein Verhalten, und
 weder ihm noch seinen Kommandanten wurde Anerkennung für das geschickt
 geführte Gefecht zuteil. Wie tief aber die vorsichtige Kriegführung im
 französischen Offizierkorps eingewurzelt war, zeigt der Bericht des
 Admiral =Barras=, der kurz nach der Schlacht an =Des Touches=' Stelle
 trat und sich für diesen verwandte. Er schrieb, nachdem er den
 taktischen Erfolg hervorgehoben hatte: »Daß die Engländer ihre
 strategische Aufgabe lösten, war eine Folge ihrer Überlegenheit und
 noch mehr des Umstandes, daß dieselbe eine rein defensive war. Es ist
 ein Grundsatz im Kriege, viel zu wagen, um die eigene Lage zu
 verteidigen, aber sehr wenig, um die des Gegners anzugreifen. Des
 Touches' Aufgabe war eine rein offensive, und er tat recht, sie
 aufzugeben, da es unwahrscheinlich war, daß er den überlegenen Gegner
 nicht nur schlüge, sondern auch völlig vernichte[162].« =Mahan= bemerkt
 hierzu (Clowes III, Seite 493) sehr treffend: »=Diese Erhebung der
 Defensive über die Offensive, dieses hemmende Rechnen mit
 Möglichkeiten, diese Scheu vor Wagnissen erklären die geringen Erfolge
 der Franzosen in diesem Kriege.=«

 [162] Näheres hierüber vgl. Lacour II, Seite 362 und Chevalier II,
       Seite 237.

=Des Touches= erreichte am 18. März die Narragansettbucht, Anfang April
stieß ein Linienschiff mit Munition, sowie 600 Soldaten von Frankreich zu
ihm, und am 10. Mai langte auf einer Fregatte der Chef d'Escadre =de
Barras= an, der den Oberbefehl übernahm. Auch =Arbuthnot= traf bald nach
der Schlacht wieder in New York ein und begab sich auf seine
Beobachtungsstellung in der Gardinerbucht; am 2. Juli wurde er durch den
Kontreadmiral =Sir Thomas Graves= im Kommando abgelöst.

$Virginia wird der entscheidende Schauplatz des Landkrieges, Sommer
1781.$ =Des Touches= überließ durch seinen Rückzug den Engländern die
Chesapeakebucht und =Clinton= sandte sofort (Ende März) den General
=Phillips= mit 2000 Mann dorthin. Dieser übernahm den Oberbefehl, segelte
während des Monats April den Jamesfluß hinauf, landete an verschiedenen
Stellen, trieb die amerikanischen Milizen auseinander und verwüstete das
Land planmäßig. Anfang Mai ging er wieder flußabwärts und erhielt am 7.
Mai von =Cornwallis=, der jetzt aus Carolina herangekommen war, Befehl,
sich mit ihm in Petersburg zu vereinigen. =Lafayette= war =Phillips=
beobachtend gefolgt und versuchte vergeblich, Petersburg vor diesem zu
erreichen, entzog sich aber doch dem Angriff durch =Cornwallis=. Die
Vereinigung der englischen Heere fand am 20. Mai statt, nachdem
=Phillips= kurz vorher einem Fieber erlegen war. Schon am 24. überschritt
=Cornwallis= den Jamesfluß, um =Lafayette= anzugreifen, der vor Richmond
Stellung genommen hatte. Dieser wich jedoch weiter aus und erhielt bald
darauf Verstärkung.

=Cornwallis= blieb bei Williamsburg stehen, um die Halbinsel zwischen dem
James- und dem Yorkflusse zu halten. Hier bekam er Befehl, einen Teil
seines Heeres an =Clinton= zurückzusenden, der sich in New York unsicher
fühlte. Es zeigte sich jetzt also die Folge seines Fehlers, daß er die so
schon kaum genügenden Kräfte auf zwei nur über See in Verbindung stehende
Kriegsschauplätze verteilt hatte. =Cornwallis= wollte nun auf Portsmouth
zurückgehen, um dem Meere näher zu sein. Beim Übergang über den Jamesfluß
wurde er von =Lafayette= angegriffen; der nur noch die Nachhut vor sich
zu haben glaubte und eine schwere Niederlage erlitt. =Cornwallis= erhielt
jetzt mit dem Widerruf des letzten Befehls den Auftrag, sich in Yorktown
am Südufer in Gloucester am Nordufer des Yorkflusses festzusetzen und die
Halbinsel zu behaupten. Er verfügte dazu über etwa 7000 Mann, 1 Schiff zu
50 Kanonen und einige kleinere Fahrzeuge; ihm gegenüber lag =Lafayette=
mit etwa 1800 Regulären und 3000 Milizen (Ende August). Hier sollte sich
der Landkrieg entscheiden, da die Verbündeten bald mit weitüberlegenen
Kräften auftraten.

Mit dem Admiral =Barras= war der Sohn des Generals =Rochambeau= von
seiner Sendung nach Frankreich zurückgekehrt und hatte berichtet, =de
Grasse= habe Befehl, während der Orkanzeit von Westindien nach
Nordamerika Schiffe zu senden. Daraufhin kamen =Washington= und
=Rochambeau= am 21. Mai zusammen, um einen Kriegsplan aufzustellen. Man
zog den Angriff auf New York, sowie eine große Expedition nach Virginia
in Erwägung und entschied sich für letztere, hauptsächlich in der
Annahme, daß =de Grasse= nach den Erfahrungen =d'Estaings= vor New York
lieber in der Chesapeakebucht bleiben würde. Man beschloß, sofort die
französischen Truppen zu den amerikanischen am Hudson heranzuziehen, um
so zu beiden Unternehmungen bereit zu sein, falls =de Grasse= wider
Erwarten den Angriff auf New York vorziehe.

Nach einer zweiten Beratung am 20. Juni ward dann eine Fregatte nach
Westindien gesandt, um dem Admiral Kenntnis von den Plänen zu bringen und
ihn um baldiges Kommen zu bitten. Dieses Schiff nahm auch amerikanische
Lotsen mit; =Barras=, der mit =de Grasse= gleichzeitig Frankreich
verlassen hatte, war von diesem hierzu beauftragt worden. Die Fregatte
traf bekanntlich den Admiral in Cap Français und kam schon am 15. August
mit der Nachricht zurück, daß er Anfang August nach der Chesapeakebucht
unter Segel gehen werde. Inzwischen war Ende Juli die Vereinigung am
Hudson erfolgt, und man verstärkte die Tätigkeit vor New York, um Clinton
über den eigentlichen Plan zu täuschen. Am 19. August traten dann
plötzlich 2000 Amerikaner und 4000 Franzosen den Marsch nach Virginia an
und erreichten am 3. September Philadelphia. Hier erhielt man zunächst
die beunruhigende Nachricht, daß =Hood= von Westindien in New York
angekommen sei, aber gleich darauf erfuhr man =de Grasses= Eintreffen vor
der Chesapeakebucht und stand schon am 5. September mit ihm in
Verbindung.

Das französische Geschwader in der Narragansettbucht, 8 Linienschiffe und
4 Fregatten, ging am 25. August nach der Chesapeakebucht in See; es
führte auf 18 Transportern Truppen nebst einem Belagerungspark mit sich.
=Barras= hatte anfangs Bedenken geäußert: er könne mit =Graves= in New
York, der außerdem noch Verstärkung aus England entgegensehe, oder mit
der aus Westindien sicher zu erwartenden englischen Flotte
zusammenstoßen; =de Grasse= sei aber mit 24 Linienschiffen auch ohne ihn
jedem Gegner gewachsen und habe ihm ja, wohl aus diesem Grunde, freie
Hand gelassen. Da wolle er lieber eine Diversion gegen Neufundland
unternehmen. Er fügte sich jedoch später, nahm aber der Sicherheit halber
seinen Kurs nach Süden weit von der Küste und steuerte die Bucht erst auf
der Breite vom Kap Henry an. So traf er dort unbelästigt, aber erst am
10. September ein, als die Lage in der Hauptsache bereits entschieden
war.

 =Barras=' Einwurf war durchaus berechtigt, denn =Graves= war stark
 genug, ihn mit seinem Transporte zurückzuweisen, wie es =Arbuthnot= mit
 =Des Touches= geglückt war; er traf auch tatsächlich früher vor der
 Bucht ein als Barras. Mit Rücksicht auf =Graves=' Stärke hatte man
 sogar kurze Zeit vorher daran gedacht, das französische Geschwader nach
 Boston zurückzuziehen.

$De Grasse und Hood treffen ein. Zweite Schlacht vor der Chesapeakebucht,
5. September 1781.$ Admiral =Hood= war am 25. August vor der Bucht
angelangt. Da man aber in New York nichts von seinem Kommen wußte, fand
er keine Nachrichten über die Lage vor, segelte weiter und ankerte am 28.
bei Sandy Hook. Am Abend dieses Tages erfuhr man in New York die Abfahrt
der Franzosen von Rhode-Island. Admiral =Graves= kam mit 5 Linienschiffen
und einem 50-Kanonenschiffe, die allein völlig seebereit waren, aus dem
Hafen, übernahm den Oberbefehl und segelte am 31. August zur Verfolgung
ab. Man wußte jetzt, daß das Heer der Verbündeten im Eilmarsch nach dem
Süden zog, auch wollte man versuchen, =Barras= und =de Grasse= einzeln zu
schlagen; letzteren schätzte man, wie auch =Rodney= getan hatte, auf nur
etwa 14 Schiffe.

=De Grasse= erreichte die Chesapeakebai am 30. August und ankerte in der
Lynnhavenbucht hinter Kap Henry. Er ließ trotz des weiten Weges die
mitgebrachten 3300 Soldaten durch die Ruderboote der Flotte nach dem
Jamesflusse befördern und dort landen, auch sandte er 4 Linienschiffe
mit, um diese Überführung zu decken, die englischen Schiffe im Yorkflusse
festzuhalten und um dem englischen Heere unter Cornwallis den Rückzug
über den Jamesfluß zu verlegen.

=Lafayette= wurde durch die Gelandeten auf 8000 Mann verstärkt und rückte
bis Williamsburg vor. Am 5. September früh erhielt =de Grasse= eine
Bitte =Washingtons=, seine Truppen von Philadelphia nach Virginien
überzusetzen; der Admiral bestimmte hierfür auch 7 Linienschiffe, wollte
jedoch zuvor noch die Rückkehr der entsandten Boote abwarten. Um 9 Uhr
vormittags meldete ihm eine Ausguckfregatte das Nahen einer großen
Flotte. Man hielt diese zunächst für das Geschwader Barras' mit den
Transportern, entnahm aber bald aus der Anzahl der schweren Schiffe, daß
es Engländer sein müßten. =De Grasse= beschloß, ihnen vor der Bucht
entgegenzutreten und ging um Mittag in See, als die Ebbe einsetzte.
=Graves= war seinerseits auf das peinlichste überrascht, auf eine
überlegene Flotte zu stoßen, zögerte aber keinen Augenblick mit dem
Angriff. Die Schwerfälligkeit der englischen Methode ließ jedoch seine
Tapferkeit zuschanden werden.

[Illustration: Schlacht vor der Chesapeakebucht, 5. September 1781.]

 $Die Schlacht vor der Chesapeakebucht am 5. September 1781[163].$ =Die
 französische Flotte= zählte 24 Linienschiffe und zwar: 1 Schiff zu 104
 Kanonen (»Ville de Paris«, das größte und schönste Schiff jener Zeit),
 3 zu 80, 17 zu 74, 3 zu 64; die englische Flotte zählte 19 Schiffe: 2
 zu 90, 12 zu 74, 1 zu 70, 4 zu 64, 1 zu 50 (dieses stand nicht in der
 Linie).

 [165] Besonders benutzte Quellen: Clowes III, Seite 497; Bonfils III,
       Seite 209; Troude II, Seite 108. Clowes gibt auch Näheres über
       die von   Hood an der Führung der englischen Flotte später geübte
       Kritik.

 Die Mündung der Bucht vom Kap Charles bis Kap Henry ist etwa 10
 Seemeilen breit; die Haupteinfahrt befindet sich zwischen
 letztgenanntem Kap und einer 3 Seemeilen entfernten Bank, dem
 Mittelgrunde. Als die englische Flotte gesichtet wurde, segelte sie von
 Norden mit südwestlichem Kurse auf die Einfahrt zu und bildete bei der
 Annäherung Kiellinie. Der Wind war NNO, viele der französischen Schiffe
 mußten beim Inseegehen einige Schläge machen, um das Kap Henry zu
 passieren; die Bildung der Linie dauerte infolgedessen längere Zeit,
 und sie war anfangs weder gut geschlossen noch ausgerichtet. =De
 Grasse= steuerte über Steuerbordbug beim Winde nach Osten; um 2 Uhr
 nachmittags stand seine Vorhut querab von der Mitte der Engländer.

 Nun halste =Graves= mit allen Schiffen zugleich, so daß die beiden
 Linien parallel etwa 3 Seemeilen voneinander entfernt über gleichen Bug
 lagen, wartete ab, bis das feindliche Flaggschiff querab von dem seinen
 war (Plan: Lage A, A') und setzte sich dann wieder in Fahrt. Um 2-1/2
 Uhr gab er dem Spitzenschiff Befehl, auf die Spitze des Gegners
 zuzuhalten; da die anderen Schiffe im Kielwasser des Spitzenschiffes
 bleiben mußten, näherte sich die englische Linie der feindlichen in
 einem spitzen Winkel. Um 3-3/4 Uhr heißte der Admiral das Signal zum
 Angriff, ließ aber das für »Kiellinie« wehen. Die Engländer befanden
 sich also genau in der Lage (B, B'), die sich bei Betrachtung der
 Taktik (Seite 41) als überaus ungünstig herausgestellt hat, und die
 Folgen blieben nicht aus. Die vorderen Schiffe kamen früher ins
 Gefecht, die folgenden erst nach und nach, ja überhaupt nur bis zum
 zwölften; diese zwölf aber hatten längere Zeit Enfilierfeuer
 auszuhalten, ohne es ernstlich erwidern zu können. In diesem besonderen
 Falle ergab sich hieraus noch ein weiterer Übelstand. Der Admiral,
 sowie einige Schiffe vor ihm luvten während der Annäherung zeitweise
 an, um ihre Breitseiten abgeben zu können, hierdurch wurde die Ordnung
 gestört und die Schiffe behinderten sich gegenseitig, Umstände, die
 sich bei anderen Schlachten als eine Folge dieser Art des Angriffs
 herausstellten, wenn Schiffe durch Havarien aufgehalten wurden (vgl.
 Minorka, Seite 137). Nach dem Schiffsjournal des Flaggschiffes hat
 =Graves= mehrere Male das Signal »Kiellinie« niedergeholt, es aber
 immer wieder geheißt. Der Führer der Nachhut, =Hood=, hat das
 Niederholen um 5-1/2 Uhr, dicht vor Ende des Kampfes, zum ersten Male
 erkannt. Die letzten 7 Schiffe kamen überhaupt nicht mehr zum Gefecht,
 was =Hood= eben diesem Umstande neben dem zu schrägen Heranführen
 zuschrieb. Um die genannte Zeit nämlich gab =de Grasse= seinen
 vordersten Schiffen Befehl, langsam abzuhalten, denn er glaubte sie
 gefährdet, weil seine hinteren Schiffe ziemlich weit in Lee standen.
 =Graves= aber blieb dicht am Winde liegen, und so endete der Kampf
 gegen Sonnenuntergang. =Hood= schrieb am nächsten Tage eine Kritik über
 die Führung, die auch veröffentlicht wurde. Sie gipfelte in den
 erwähnten Punkten und zog den Schluß, daß ohne diese Fehler die
 feindliche Vorhut hätte vernichtet werden können.

 =Die Verluste= betrugen auf französischer Seite nach eigener Angabe 200
 Tote und Verwundete, auf englischer 336; auch waren wie gewöhnlich die
 vorderen englischen Schiffe, besonders fünf von ihnen, stark
 beschädigt.

Nach vorstehender Schilderung ist auch =diese Schlacht ein besonders
gutes Beispiel für die Taktik der beiden Gegner. Strategisch= war sie
=ein Erfolg der Franzosen=. =Graves= hatte wohl die Absicht, den Kampf zu
erneuern, sah aber wegen der Beschädigung mehrerer seiner Schiffe davon
ab. Er hielt sich bis zum 9. September in Sicht der Franzosen, am 10.
mußte er ein 74-Kanonenschiff verbrennen, da es nicht mehr flott zu
halten war, und als ihm am 13. eine Fregatte meldete, daß die
französische Flotte noch verstärkt in der Bucht läge, segelte er nach New
York ab, wo er am 19. eintraf.

 =Hood= war auch mit dem Verfahren nach der Schlacht nicht
 einverstanden. Nach seiner Ansicht hätte man unmittelbar nach Abbruch
 des Kampfes in die Bucht einlaufen und hier eine Verteidigungsstellung
 einnehmen müssen; der Feind würde dann wahrscheinlich von einem
 Angriffe abgesehen haben. Als er dann am 13. September von =Graves= um
 seine Ansicht befragt wurde, antwortete er, er könne wirklich keinen
 Rat in der traurigen Lage geben, in die man sich selber gebracht habe.

=De Grasse= hatte sich während der Tage nach der Schlacht beobachtend und
abwartend verhalten; ihm lag in erster Linie daran, das erwartete
Geschwader =Barras=' sicher aufzunehmen. Am 10. September segelte er nach
der Chesapeakebucht, da er wegen seiner Boote in Sorge war und auch den
Vormarsch des Landheeres unterstützen wollte. Als er am 11. einlief, fand
er die Boote und =Barras= in Lynnhavenbucht vor.

$Cornwallis ergibt sich in Yorktown, Oktober 1781.$ Inzwischen hatten die
Generale am Nordende der Chesapeakebucht alle Fahrzeuge gesammelt, deren
sie habhaft werden konnten und mit ihnen 2000 Mann nach Süden befördert;
der Rest setzte den Marsch zu Lande fort und wurde dann teilweise durch
französische Fregatten von Annapolis aus weitergeführt. Am 25. September
war die ganze Macht der Verbündeten, 14000 Mann, bei Williamsburg vereint
und rückte am 26. gegen Yorktown vor; die Stadt ward eingeschlossen und
auch Gloucester berannt. Um diese Zeit erfuhr =de Grasse=, daß =Graves=
Verstärkungen erhalten habe. Er wollte auslaufen, da er dessen Erscheinen
erwartete, aber =Washington= ersuchte ihn zu bleiben, damit =Cornwallis=
keine Möglichkeit habe zu entschlüpfen. So hielt sich die Flotte nur zum
Inseegehen bereit.

=Cornwallis= war nun auch vom Meere abgeschnitten. Von seinen Truppen --
7250 Soldaten und 850 Seeleute, die in den Werken Schiffsgeschütze der
Flottille bedienten -- lagen ungefähr 1500 Mann krank, Lebensmittel wie
Munition wurden knapp; auch ein Versuch, sich von Norfolk über den
Yorkfluß nach Gloucester zu ziehen, schlug fehl, da ein Sturm die Boote
der Flottille vernichtete. In der Nacht vom 14./15. Oktober nahmen die
Belagerer zwei wichtige Außenforts. Am 18. trat =Cornwallis= in
Unterhandlungen und =übergab= am 19. =Oktober Yorktown=. Das englische
Heer ward kriegsgefangen; 22 Fahnen, 160 Kanonen, 8 Mörser, sowie einige
kleinere Kriegsschiffe fielen den Siegern in die Hände. Um die
»Loyalisten« zu retten, die unter ihm dienten und die von den Amerikanern
als Verräter behandelt worden wären, bedingte sich =Cornwallis= aus, daß
ein Schiff mit ihnen an Bord undurchsucht nach New York segeln dürfte,
von wo es dann zurückkehren und sich den Gegnern überliefern mußte. Noch
größer war der moralische Erfolg des Sieges. Er belebte den gesunkenen
Mut der Amerikaner, gab in England der Opposition und den
Friedensfreunden eine neue Waffe und trug selbst zum Sturz des
Ministeriums bei. =Mit dem Falle von Yorktown war der Krieg in
Nordamerika gewissermaßen beendet.=

$Die großen Flotten segeln nach Westindien zurück.$ Kurz nach Ankunft der
englischen Flotte in New York stießen Kontreadmiral =Digby=, der den
Oberbefehl der Station übernehmen sollte, von England mit 3
Linienschiffen, sowie die beiden von =Rodney= nach Jamaika entsandten
Schiffe zu ihr. Ein neuer Versuch zum Entsatz Yorktowns wurde
beschlossen. =Graves=, der für das Kommando der Jamaikastation bestimmt
war, behielt vorläufig den Oberbefehl und erschien am 25. Oktober mit 27
Linienschiffen, sowie 6000 Mann bei Kap Henry; auf die Nachricht von
=Cornwallis=' Schicksal kehrte er jedoch nach New York zurück, ohne einen
Angriff auf die französische Flotte gemacht zu haben. Er ging dann auf
seine neue Station; =Hood= segelte am 5. November mit 18 Linienschiffen
nach Westindien und traf am 5. Dezember in Barbados ein.

=De Grasse= ging am 4. November mit seiner ganzen Flotte, einschließlich
des Geschwaders Barras', in See; nur einige Fregatten blieben zurück. Er
zweigte 4 Linienschiffe ab, um die von St. Domingue mitgenommenen
Soldaten wieder dorthin zu führen und dann den bei seiner Abfahrt
zurückgelassenen Konvoi nach Europa zu geleiten. Mit dem Gros traf er am
26. November in Fort Royal ein.

 =Washington= hatte =de Grasse= ersucht, noch einen Angriff auf
 Charleston oder auf Wilmington zu unterstützen. Der Admiral erklärte,
 seinem Befehle gemäß möglichst bald nach Westindien segeln zu müssen;
 ein Unternehmen gegen erstgenannte Stadt würde zu langwierig werden, zu
 einem solchen gegen Wilmington stelle er sich zur Verfügung, wenn es
 vor dem 1. November begonnen werden könne. Da jedoch die Amerikaner bis
 dahin nicht bereit waren, segelte er mit dem Versprechen ab, im
 nächsten Jahre wiederzukommen.

$Die Franzosen erobern St. Eustache zurück, 26. November 1781.$ Der
Gouverneur von Martinique, =Marquis de Bouillé=, hatte erfahren, daß die
Engländer seit der Abfahrt der Flotten nach Nordamerika in St. Eustache
alle Vorsicht gegen einen Angriff außer acht ließen. Er ging am 16.
November mit 2 Fregatten, einer Korvette und 1200 Mann auf einigen
Handelsschiffen in See, landete in der Nacht vom 25./26. etwa 6 Seemeilen
von der Stadt und rückte auf diese vor. Am 26. um 6 Uhr morgens
überraschte er einen Teil der englischen Garnison auf dem Exerzierplatze
und drang mit den Flüchtenden in das Fort ein; die übrigen Engländer
wurden in der Stadt und in den Kasernen gefangen genommen. Außer etwa 700
Soldaten fiel ein Teil der Beute =Rodneys= in die Hände der Sieger, die
sie den Holländern zurückgaben. Von St. Eustache aus bemächtigte sich
=Bouillé= dann auch der Inseln =St. Martin= und =Saba=; nach Fort Royal
zurückkehrend, fand er =de Grasse= dort vor.

$Beurteilung der Kriegführung in Westindien und Nordamerika 1781.$ =In
Westindien= traf =Rodney= zu Anfang des Jahres auf keinen nennenswerten
Widerstand, und so wurde es ihm leicht, sich der holländischen
Besitzungen zu bemächtigen. Zu sehr um die Sicherung der Beute besorgt,
trug er dann aber der Änderung der Lage keine Rechnung, die durch die
Ankunft der großen Flotte nebst Konvoi unter =de Grasse= entstand. Es war
falsch, =Hood= in Lee der Insel Martinique zu stationieren; =de Grasse=
erhielt dadurch Gelegenheit, den Konvoi nach Fort Royal zu führen.
=Rodney= selber würde wohl anders gehandelt haben. =Hood= konnte nur der
erhaltenen Weisung folgen und, als es ihm nicht gelungen war, seine
schwächeren Kräfte in günstiger Lage zum Kampfe zu bringen, seinen
Oberbefehlshaber wieder aufsuchen. Hierdurch ging Zeit verloren, und den
Franzosen glückte die Wegnahme von =Tabago=.

Später war =Rodney= als der Schwächere stets nur imstande, den Gegner in
Schach zuhalten und die anderen Inseln, besonders Barbados, zu decken.
Wenn er endlich nur einen Teil der Flotte nach Nordamerika sandte, auf
die unsichere Annahme hin, der Gegner habe ein gleiches getan, so war
auch dies ein Fehler, ist jedoch damit zu entschuldigen, daß die
englischen Admirale stets der öffentlichen Meinung zuliebe großes Gewicht
auf die Sicherung von Konvois legen mußten.

=De Grasse= trat in Westindien nicht so tatkräftig auf, wie es die Stärke
seiner Flotte erlaubt hätte. Bei Martinique war er =Hood= gegenüber zu
besorgt um den Konvoi, später =Rodney= gegenüber um die Sicherheit der
eroberten Inseln. Es war eben wieder das vorsichtige Handeln der
französischen Führer jener Zeit. Hätte er seine Überlegenheit zur
Erringung der Seeherrschaft eingesetzt, würde er vielleicht sämtliche
Antilleninseln erobert haben; so blieb die feindliche Flotte unversehrt,
und Tabago war der einzige Erfolg. Anders zeigte sich =de Grasse= beim
Antritt seiner Fahrt nach Nordamerika.

=In Nordamerika= waren die Engländer durch die Expedition nach Virginia
in eine gefährliche Lage geraten. Anfangs befanden sie sich hier
allerdings im Vorteil, und auch der erste Versuch der Verbündeten, ihre
Lage zu bessern, schlug fehl, da der französische Admiral =Des Touches=
trotz des im allgemeinen erfolgreichen Zusammenstoßes mit =Arbuthnot=
seine Aufgabe nicht durchführte. Das Vordringen der Engländer in
Virginien erhöhte die schon vorhandene Kriegsmüdigkeit in den Kolonien.
Der Zeitpunkt schien nicht fern, wo der Kongreß den Krieg hätte beenden
müssen, wenn nicht Hilfe kam. Diese sollte die große französische Flotte
bringen und den Umstand benutzen, daß die Engländer zur Verbindung
zwischen den beiden Kriegsschauplätzen ganz auf den Seeweg angewiesen
waren, um sie auf einem derselben überlegen und überraschend anzugreifen.

Ganz richtig wählten =Washington= und =Rochambeau= hierzu Virginien. Hier
war die englische Stellung schwächer als im Norden, man konnte durch
scheinbare Bedrohung von New York den Gegner über den wahren
Angriffspunkt täuschen, bis die Flotte die Verbindung unterbrach. Die
Chesapeakebucht lag außerdem Westindien näher und ihre Wassertiefen
machten sie geeigneter für ein Mitwirken der Seestreitkräfte. Auch =de
Grasse= erkannte die Lage richtig und führte seine Aufgabe mit
Entschlossenheit und Tatkraft durch. Er erhob keine Einwände, die
Verzögerungen gebracht hätten, sondern beschaffte schnell die verlangten
Geldmittel und Truppen und nahm von Seestreitkräften alles mit, was zu
erlangen war, obgleich dadurch ein großer Konvoi zurückbleiben mußte.

 =Mahan= (I, Seite 379) sagt hierzu: »Dieser Vorfall beleuchtet eine
 Schwäche eines handeltreibenden Volkes mit parlamentarischer Regierung
 dem reinen Militärstaat gegenüber. So schrieb ein Offizier jener Zeit,
 wenn die britische Regierung eine derartige Maßnahme (d. i.
 Zurückhaltung des Konvois) gebilligt oder ein englischer Admiral sie
 angeordnet hätte, so wäre die erstere gestürzt und letzterer gehängt
 worden.« Wie eben erwähnt, hatte =Rodney= seine Flotte durch
 Konvoibegleitungen geschwächt.

So war =de Grasse= rechtzeitig in genügender Stärke zur Stelle,
beschäftigte dann =Graves= mit Kaltblütigkeit, bis Barras zu ihm stieß,
und unterstützte schließlich die Operationen des Heeres. Die französische
Flotte trug in erster Linie zum Falle von Yorktown und damit zur
Beendigung des Krieges in Nordamerika bei.

 =De Grasse= fand volle Anerkennung in Amerika. Der Kongreß sprach ihm
 seinen Dank aus und schenkte ihm vier der eroberten Kanonen, die der
 Admiral später vor seinem Schlosse de Tilly im Departement Seine et
 Oise aufstellte. Noch mehr mußte ihn die Anerkennung =Washingtons=
 befriedigen, dieses tüchtigen Kriegs- und Staatsmannes, der wie niemand
 sonst die Hilfsquellen seines Landes, sowie die Schwierigkeit des
 Kampfes kannte. Dieser schrieb ihm nach der Übergabe von Yorktown: »Die
 Übergabe...., wofür die Ehre Eurer Exzellenz gebührt, ist unserer
 hoffnungsvollsten Erwartung vorausgeeilt.« Er bittet dann um weitere
 Unterstützung und fährt fort: »Die Überlegenheit der Engländer zur See
 vor Ihrer Ankunft gab ihnen entscheidende Vorteile durch den schnellen
 Transport von Truppen und Vorräten, während die Märsche, die unsere
 Verstärkungen machen mußten, sie der Gefahr aussetzten, einzeln
 geschlagen zu werden. Es hängt von Ew. Exzellenz ab, den Krieg zu
 beenden.« Als =de Grasse= diese Aufforderung ablehnte, aber auf das
 nächste Jahr verwies, nahm =Washington= dies an und fügte hinzu: »Ich
 brauche Ew. Exzellenz gegenüber nicht auf die unabweisbare
 Notwendigkeit einer so starken Seestreitkraft zurückzukommen, die Ihnen
 die unbedingte Überlegenheit sichert.... Sie werden bemerkt haben, daß
 bei allen Anstrengungen des Landheeres der Marine stets das
 entscheidende Wort in dem gegenwärtigen Kampfe zufällt.« -- =Mahan= I,
 Seite 383-386, bringt weitere Auszüge aus Briefen =Washingtons=, auch
 an andere Personen, die bezeugen, welch hohen Wert er der Kriegführung
 zur See beimaß.

Der ungünstige Verlauf der englischen Unternehmungen ist zunächst der
Teilung der Kräfte für Westindien und Nordamerika zuzuschreiben, eine
Folge der Strategie Englands, auf allen Kriegsschauplätzen stets einem
Angriffe gewachsen zu sein. Wir wollen hierauf in der Schlußbesprechung
des Krieges eingehen. Schlechte Leitung und wirkliches Mißgeschick traten
hinzu.

=Graves=' Geschwader hätte um einige Schiffe der Jamaikastation stärker
sein können, wenn =Rodneys= Befehle genau befolgt wären. Es waren
unglückliche Zufälle, daß =Graves= die Nachrichten aus Westindien nicht
erhielt, sonst wäre er wohl rechtzeitig vor der Chesapeakebucht gewesen.
Vielleicht war es ein Fehler, daß er selbst mit der ganzen Flotte New
York zu einer Jahreszeit verließ, zu der er auch ohne weiteres die
Flotten aus Westindien erwarten konnte, aber ihm war von England aus das
Abfangen eines französischen Konvois dringend empfohlen.

Als er dann nach der Chesapeakebucht ging, wußte er von =Barras='
Auslaufen und hätte außer Sicht von Land kreuzen müssen, um zunächst
diesen abzufangen. Wäre dies, wie wahrscheinlich, geglückt, so würde das
feindliche Heer vor Yorktown kein Belagerungsmaterial gehabt haben und
die französische Flotte späterhin nicht so überlegen gewesen sein. Daß
=de Grasse= überhaupt schon und in solcher Stärke angelangt war, wußte er
allerdings nicht. Die vor der Bucht stationierten Kreuzer hatten
geankert, statt unter Segel zu bleiben; sie wurden durch die Franzosen
überrascht, einer genommen, der andere in die Bucht gejagt. Sicher hätte
=Graves=, sobald er Nachricht erhalten, sich zuerst gegen =Barras=
gewendet. So wäre vielleicht der schnelle Fall Yorktowns verhindert und
bei dem schon hervortretenden Mißtrauen der Amerikaner gegen Frankreich,
sowie der Kriegsmüdigkeit dieser manches anders gekommen.


                       Der Krieg in Europa 1782.

=Der Wechsel des Ministeriums in England im März= 1782 brachte den Krieg
in Nordamerika zum Stillstand. Wenn auch der König stets fest
entschlossen blieb, die Unabhängigkeit der Kolonien nicht anzuerkennen
und die Einmischung Frankreichs, sowie Spaniens nicht zu dulden, zeigte
sich doch die öffentliche Meinung durch die ungeheuren Kriegskosten,
durch das zweimalige Erscheinen überlegener feindlicher Flotten an
Englands Küsten und durch mancherlei andere Vorfälle umgestimmt. Die
Staatsschuld war auf 198 Millionen Lstrl. angewachsen, man mußte 300000
Soldaten und Seeleute besolden, sowie große Flotten im Dienst halten; die
Zivilliste war, obgleich stark erhöht, überschritten und es war bekannt,
daß große Summen aus ihr zur Gewinnung von Parlamentsmitgliedern für die
Regierung verwendet wurden. Dabei sah man weder in Nordamerika noch zur
See durchschlagende Erfolge. All dies erweckte im Volk den Wunsch nach
Frieden mit den Kolonien; diese Stimmung wurde von Agenten sowie Freunden
der Amerikaner genährt und ergriff immer weitere Kreise. Zudem traf dicht
vor Eröffnung des Parlaments im Herbst 1781 die Nachricht von der
Kapitulation des Heeres bei Yorktown ein.

Nach allem, was man bisher von dem jämmerlichen Zustande der
amerikanischen Truppen, dem Geldmangel und der geringen Neigung der
Kolonisten gehört hatte, für den Krieg Opfer zu bringen, kam die Kunde
doppelt unerwartet; selbst der Premierminister, =Lord North=, war völlig
niedergeschlagen. Der König verharrte allerdings auf seinem Standpunkte,
und in der Thronrede vom 27. November verlautete nichts über den Frieden,
aber im Volke schwand jede Neigung zum Kriege, wenigstens für den mit den
Kolonien. Als dann noch der Verlust Minorkas und der westindischen Inseln
bekannt wurde, hatte die Opposition im Parlamente freies Spiel. Die
Politik der Regierung, die Verwaltungen des Heeres und der Marine, sowie
die ganze Kriegführung wurden schonungslos angegriffen und die
Einstellung des Kampfes in Nordamerika verlangt. Im März 1782 mußte das
Ministerium einem solchen der Whigs weichen. Dieses stand unter der
Leitung des =Marquis of Rockingham=, und der Admiral =Augustus Keppel=
wurde Erster Lord der Admiralität an Stelle des =Earl of Sandwich=, der
besonders hart, und zwar auch von höheren Seeoffizieren, angegriffen war.
Als am 1. Juli, nach dem Tode Rockinghams, der =Graf von Shelburne=
(Lansdown) an die Spitze trat, kam Sir =William Pitt= (der Jüngere) ins
Kabinett und gewann sofort großen Einfluß, bis er im Dezember 1783
tatsächlich die Leitung übernahm.

Die Opposition erreichte zunächst, daß der Oberbefehlshaber in Amerika
Befehl erhielt, sich auf das Halten der noch besetzten Plätze -- New
York, Charleston, Savannah -- zu beschränken. Da nun auch die Amerikaner
ohne die französische Flotte keinen Angriff wagten, trat =im Landkriege=
eine Art =Waffenstillstand= ein. =Der Seekrieg= gegen die drei
europäischen Mächte, der in England weit populärer war, ward dagegen mit
aller Kraft fortgesetzt; er spielte sich besonders in West- und Ostindien
ab. Schon im Januar segelte =Rodney= mit 12 Linienschiffen nach
Westindien.

 $Indienststellungen 1782.$ (Vgl. die Listen Seite 224.) =In England=
 waren für 1782 der Marine 100000 Mann, einschließlich 21000
 Seesoldaten, sowie etwa 7-1/4 Millionen Lstrl. bewilligt. Im Sommer
 befanden sich 129 Linienschiffe im Dienst, von denen 35 in den
 heimischen Gewässern und 59 in den westindischen stationiert waren.
 =Frankreich und Spanien= verfügten in Europa über wenigstens 50
 Linienschiffe und würden auch in Westindien mit 58 dem Feinde gewachsen
 gewesen sein, wenn ihre Flotten zusammengewirkt hätten. In Ostindien
 standen 22 englische gegen 13 französische Schiffe. =Holland= hatte im
 Oktober 16 Linienschiffe in Dienst.

=Der Krieg in den europäischen Gewässern= drehte sich 1782 wie im
Vorjahre um die Seeherrschaft am Eingange des Kanals und um Gibraltar.
Port Mahon fiel schon am 5. Februar den Spaniern in die Hände (vgl. Seite
319), und die hier verwendeten Truppen wurden nun zur Belagerung von
Gibraltar mit herangezogen. Neben der engen Einschließung dieser Festung
von See her planten Frankreich und Spanien auch in diesem Jahre mit ihrer
Hauptseemacht in den nördlichen Gewässern aufzutreten; zu dieser sollten
holländische Schiffe stoßen. Ein Unternehmen gegen die englische Küste
scheint nicht beabsichtigt gewesen zu sein, sondern nur das Abfangen von
Konvois sowie Militärtransporten und das Festhalten der englischen Flotte
zugunsten der Belagerung von Gibraltar.

Schon am 11. Februar verließ Admiral =de Guichen=, sobald die Schiffe
ihre im Dezember erlittenen Beschädigungen ausgebessert hatten, mit 16
Linienschiffen, von denen 2 nur als Flüten armiert waren, und 11
Fregatten Brest. Drei Linienschiffe waren nebst einem großen Konvoi mit
Vorräten für das dortige Geschwader nach Westindien, zwei nach Ostindien
bestimmt; sie trennten sich an der spanischen Küste von der Flotte. Hier
ward auch am 15. Februar =La Motte-Picquet= mit 4 Linienschiffen
abgezweigt, um in der Biskaya und vor dem Kanal zu kreuzen; er machte
einige Prisen, erlitt aber schon am 23. in einem schweren Sturme arge
Schäden und lief am 26. wieder in Brest ein. Am Wiederauslaufen wurde er
bald durch überlegene englische Kräfte gehindert. =Guichen= erreichte am
11. Februar mit 5 Schiffen Cadiz und trat unter den Oberbefehl des
spanischen Admirals =Cordoba=, der hier mit 27 Linienschiffen lag; 11
spanische, sowie 2 französische befanden sich außerdem unter Admiral
=Moreno= bei Algeciras.

Die englische Kanalflotte, die insgesamt nur 35 Linienschiffe zählte,
während sie mit einer feindlichen Macht von gegen 60, einschließlich der
holländischen, rechnen mußte, eröffnete den Feldzug mit vorsichtigen
kleinen Operationen, je nachdem die Schiffe bereit wurden. Den Oberbefehl
führte =Lord Howe=, der durch den Wechsel im Ministerium aus seiner
langen Untätigkeit erlöst war; unter ihm befehligten die tüchtigen
Admirale =Barrington= und =Kempenfelt=. Der erstere kreuzte in der
zweiten Hälfte des April mit 12 Linienschiffen vor dem Kanal, um die
Franzosen in Brest festzuhalten, feindliche Konvois abzufangen und den
eigenen Handel zu schützen. Er hatte einen nicht unbedeutenden Erfolg.

 $Barrington vernichtet einen Transport für Ostindien.$ Am 20. April
 1782 mittags sichtete der Admiral südwestlich von Ouessant 18
 französische Transporter mit Truppen und Kriegsmaterial für Ostindien,
 die durch 3 Linienschiffe (eins als Flüte armiert) nebst einer Fregatte
 geleitet wurden, und jagte sie. Die Franzosen flohen zur Küste zurück,
 aber das Linienschiff »Pegasus« von 74 Kanonen wurde am Abend vom
 Kapitän =Jervis=, dem später berühmten Admiral, mit dem »Foudroyant«
 von 80 Kanonen, der den anderen Engländern weit voraus war, eingeholt
 und nach einem dreistündigen Nachtgefecht genommen. =Jervis= fing dann
 noch 13 Transporter und ein anderes englisches Schiff bemächtigte sich
 des als Flüte armierten Linienschiffes. Wie der Verlust des Konvois
 überhaupt, so war die Wegnahme dieses Schiffes im besonderen ein
 harter Schlag für den in Ostindien schwer ringenden Admiral =Suffren=,
 denn es führte Rundhölzer für vier Linienschiffe an Bord. =Jervis=
 erhielt für seinen Erfolg den Bathorden, der Kommandant des »Pegasus«
 ward aus dem Dienste entlassen. Man war in Frankreich über seine
 Niederlage empört, da man sich bisher schmeichelte, in Einzelgefechten
 von annähernd gleichstarken Schiffen meist den Sieg davongetragen zu
 haben. Der Verurteilte fand aber in der Marine Verteidiger, die auf die
 ungünstigen Verhältnisse hinwiesen, unter denen er gefochten habe: »Das
 Schiff sei erst am 11. April auf die Rhede gegangen, kaum ausgerüstet
 und so mangelhaft bemannt, daß ein junger Unterleutnant die unterste
 schwerste, Batterie befehligt habe; der Kapitän habe erst am 13. das
 Kommando übernommen und schon am 19. in See gehen müssen.« Es sind dies
 wohl zu beachtende Umstände für die Beurteilung der französischen
 Marine jener Zeit.

Als =Barrington= Ende April nach Portsmouth zurückgekehrt war, ging
=Kempenfelt= mit 8 Linienschiffen zum Kreuzen in See.

Anfang Mai erfuhr man in England, Holland beabsichtige, in Texel ein
größeres Geschwader zu sammeln, das nach auswärts bestimmte
Handelsschiffe geleiten und sich dann mit der französisch-spanischen
Flotte vereinigen solle. Die holländischen Handelsschiffe für die Ostsee,
die durch die Schlacht auf der Doggerbank im August 1781 zurückgetrieben
waren, hatten bislang nicht segeln können, da man ihnen keine genügende
Begleitung zu geben vermochte, und heimgekehrte West- sowie
Ostindienfahrer warteten in den norwegischen Häfen auf Abholen; der
holländische Handel lag brach, nur den nach Westindien bestimmten
Schiffen war es Anfang April gelungen, durch die Nordsee abzusegeln. Ehe
nun aber das holländische Geschwader -- durch verspätete Fertigstellung
der Schiffe und weiter durch widrige Windverhältnisse aufgehalten --
völlig versammelt war, erschien =Lord Howe= mit 12 Linienschiffen an der
Küste und verhinderte dessen Auslaufen während mehrerer Wochen, bis eine
an Bord der Schiffe ausbrechende Epidemie ihn zwang, nach Portsmouth
zurückzugehen. Hier stieß =Kempenfelt= zu ihm, der seine Kreuztour
aufgegeben hatte, wahrscheinlich weil die große Flotte der Verbündeten
nahte. England hielt aber weiter die Nordsee unter Beobachtung, so daß
die Holländer nicht wagten, ihr Geschwader auslaufen zu lassen, während
die englischen Handelsschiffe unbelästigt die Nordsee passierten; die
holländischen Ostseefahrer segelten später teilweise unter schwedischer
Flagge und durch schwedische Kriegsschiffe geleitet.

$Die französisch-spanische Flotte vor dem Kanal, Sommer 1782.$ =Admiral
Cordoba= hatte während des Monats April mit seiner Flotte -- 27
spanischen und 5 französischen Linienschiffen -- vor der Straße von
Gibraltar gekreuzt, am 4. Juni trat er die Fahrt nach dem Norden an; die
bislang in Brest blockierten französischen Schiffe sollten sich
anschließen und man rechnete auch auf die Holländer. Am 25. traf die
Flotte auf einen englischen Konvoi von 27 Fahrzeugen, der nach
Neufundland sowie Kanada bestimmt und von 4 Kriegsschiffen geleitet war;
es gelang ihr aber nur, 17 Handelsschiffe zu nehmen. Am 8. Juli stieß =La
Motte-Picquet= bei Ouessant mit 8 Linienschiffen zu ihr; sie war nun 40
Schlachtschiffe stark. In England erwartete man den großen
Westindienkonvoi unter Deckung des bisherigen Chefs der Jamaikastation,
=Sir Peter Parker=, mit nur 3 Linienschiffen und entsandte am 2. Juli
=Lord Howe= mit 22, um ihn aufzunehmen.

Die Gegner sichteten sich am 12. Juli westlich der Scillyinseln.
=Cordoba= suchte den Kampf, aber =Howe= wich aus. Während der nun
folgenden Jagd kam nur =La Motte=, dem ein selbständiges Geschwader von 4
Franzosen und 4 Spaniern unterstellt war, näher an den Feind heran;
während der Nacht verlor man diesen aber aus Sicht und fand ihn nicht
wieder. Die Verbündeten schrieben dies der größeren Schnelligkeit der
englischen, sämtlich gekupferten Schiffe zu, tatsächlich aber hat =Howe=
seine Flotte zwischen den Scillys und Kap Landsend hindurch nach Westen
geführt. Er setzte sich so zwischen den Feind und den erwarteten Konvoi
und lief Ende Juli, als Cordoba durch stürmisches Wetter nach Süden
vertrieben war, mit den Handelsfahrzeugen unbelästigt in den Kanal ein;
auf der Rückfahrt stießen noch 9 Linienschiffe zu ihm, die wahrscheinlich
bei Howes Abfahrt in der Nordsee waren. =Cordoba= kreuzte noch einige
Wochen, hauptsächlich in der Biskaya, und traf dann am 6. September in
Cadiz ein. So war auch in diesem Jahre das Auftreten der großen Flotte
der Verbündeten im Norden ohne jede Bedeutung geblieben. Die
französischen Offiziere klagten mit Recht darüber, daß man die Verfolgung
nicht bis zu den Häfen des Gegners durchgeführt habe; wie die Sache lag,
hätte man ihn sogar von diesen abgeschnitten, und eine Vereinigung mit
den Holländern wäre wahrscheinlich auch möglich gewesen.

 $Die Tätigkeit der holländischen Marine 1782$ sei kurz berührt.
 (Genaueres vgl. de Jonge, Band IV, Seite 561 ff.) Als man in Holland
 Gewißheit hatte, daß die Flotte der Verbündeten vor dem Kanal
 erscheinen würde, lief am 7. Juli ein Geschwader von einem Linienschiff
 zu 74 Kanonen, 6 zu 60-68, 9 zu 54, sowie 9 schweren Fregatten unter
 =Vizeadmiral Hartsinck= von Texel aus. Es geleitete Westindienfahrer
 durch die Nordsee, bis sie ihre Reise um Schottland unter dem Schutze
 einiger Fregatten voraussichtlich ungefährdet fortsetzen konnten. Es
 kreuzte und übte dann in diesem Meere. Prisen fielen ihm nicht in die
 Hände, weil England seine Handelsschiffe zurückhielt. Ein abgezweigter
 Teil holte die in Norwegen angesammelten Kauffahrer ab, ein anderer
 führte solche nach der Ostsee. Mitte August kehrte =Hartsinck= zum
 Auffüllen von Proviant nach Texel zurück und ward dann wieder durch die
 Engländer blockiert. Als England im September alle verfügbaren Schiffe
 nach Gibraltar gesandt hatte, beabsichtigte man, auf Ersuchen
 Frankreichs ein Geschwader nach Brest zu schicken, das im nächsten
 Jahre mit den Verbündeten zusammenwirken sollte. Der schlechte Zustand
 der Schiffe, sowie Uneinigkeit zwischen den beiden großen Parteien im
 Lande gerade in betreff dieser Sache verzögerte die Abfahrt, und
 schließlich wagte man sie nicht mehr, weil man ein Zusammentreffen mit
 der von Gibraltar zurückkommenden englischen Flotte fürchtete.

$Lord Howe segelt mit Zufuhren nach Gibraltar.$ Nach Rückkehr von seiner
Kanalfahrt erhielt der Admiral den Auftrag, eine Expedition
vorzubereiten, um Gibraltar Truppen und Vorräte zuzuführen; die Festung
war seit der Fahrt =Darbys= im April 1781 ohne jede Unterstützung
geblieben. Für diese wichtige und gefährliche Aufgabe wurden die gesamte
Kanalflotte -- 34 Linienschiffe, ein Dutzend Kreuzer, einige Brander --,
sowie 31 Transporter in Portsmouth zusammengezogen. Schon am 11.
September ging die Flotte in See; etwa 100 Kauffahrer, Konvois für alle
fernen Meere, schlossen sich ihr an.

 $Der Untergang des »Royal George«.$ Die Ausrüstung dieser Flotte
 brachte der englischen Marine einen empfindlichen Verlust. Die Schiffe
 waren viel in See gewesen und vielfach ausbesserungsbedürftig, es
 gebrach aber an Zeit, sie in Trockendocks aufzunehmen. So wurde unter
 anderen der »Royal George«, ein Schiff mit 100 Kanonen, Flaggschiff des
 Admirals =Kempenfelt=, am 29. August auf der Rhede von Spithead auf die
 Seite gelegt, um einige Arbeiten an Unterwasserteilen vorzunehmen; ein
 Manöver, das nur bei stillem Wetter und ruhigem Wasser ausgeführt
 werden darf. Die Lage der schadhaften Stelle verlangte ein ungewöhnlich
 weites Überlegen und der Zufall führte eine Katastrophe herbei. Es war
 Löhnungszahltag dicht vor der Abreise und infolgedessen befanden sich
 außer der 8-900 Köpfe starken Besatzung zahlreiche Frauen und Kinder
 der Leute, sowie Händler an Bord, so daß durch das Gewicht und die
 Bewegungen der vielen Menschen die Gefahr des Kenterns vergrößert
 wurde. Ungefähr um 10 Uhr vormittags, während der Admiral in der Kajüte
 mit Schreiben beschäftigt war und der größere Teil der Anwesenden sich
 unter Deck befand, warf eine plötzliche starke Bö das Schiff auf die
 Seite; das Wasser drang in die offenen Pforten ein, und es sank
 schnell. Der Admiral, mehrere Offiziere, sowie die meisten der unter
 Deck befindlichen Personen, insgesamt 900-1000 Menschen, ertranken; ein
 längsseit liegendes Proviantfahrzeug ward mit in die Tiefe gezogen.
 Dieser Unglücksfall, der mehrfach als Beweis für die mangelhafte
 Seefähigkeit der großen Dreidecker angeführt wird, findet sich
 anschaulich dargestellt in Kapitän =Marryats= Romane »the Kings Own«.

$Der große, erfolglose Angriff auf Gibraltar, September 1782[164].$ Zwei
Tage nachdem =Howe= England verlassen hatte, spielte sich die berühmte
Schlußszene der Belagerung von Gibraltar ab. Seit Juli 1779 hielten die
Spanier diese Feste zu Lande und von Algeciras aus auch zu Wasser
eingeschlossen, aber trotzdem war es zweimal englischen Flotten gelungen,
sie mit Vorräten und Truppen zu unterstützen. Auch der Angriff vom Lande
her machte keine Fortschritte, obgleich Spanien nach und nach gegen 30000
Mann dazu heranzog und auf der Landzunge, die den Felsen mit dem
Festlande verbindet, mächtige Belagerungswerke erbaute. Der englische
Kommandant, =George Augustus Elliot=, leitete den Widerstand mit Geschick
und Tapferkeit. Zu der Zeit, als Admiral =Darby= 1781 Verstärkungen
brachte, wurde die Stadt drei Wochen lang täglich mit 4-5000 Geschossen
überschüttet und, nachdem so 75000 Vollkugeln und 25000 Bomben verfeuert
waren, gab man noch wochenlang täglich 600 Schuß ab.

 [164] Besonders benutzte Quellen: Campbell Band VII, Seite 60;
       Chevalier II, Seite 336; gerade in diesem Werke sehr eingehend
       behandelt.

Aber die Besatzung hatte vom 12. April bis Ende Juni nur 53 Tote und 260
Verwundete eingebüßt. Die Stadt lag zwar in Trümmern, doch war dies ohne
Bedeutung, denn die Verteidiger fanden an verschiedenen Stellen des
Felsens in Lagern sichere Unterkunft. Am 27. November 1781 gelang es
ihnen, durch einen Ausfall der ganzen Garnison unter =Elliots=
persönlicher Führung den Gegner zu überraschen, der jetzt seine
Parallelen weit genug vorgeschoben glaubte; in kurzer Zeit waren die
Geschütze vernagelt, die Werke aufgesprengt und verbrannt, die
Angriffsarbeiten von mehreren Monaten vernichtet. Spanien verdoppelte
seine Anstrengungen. Man war zu der Überzeugung gelangt, daß die Festung
durch Angriff vom Lande her allein nicht bezwungen werden könnte. Zu
einem gleichzeitigen Vorgehen von See aus wollte man aber die
Hochseeflotte nicht einsetzen; die feindliche Stellung war weit stärker
befestigt, armiert und bemannt, als zu jener Zeit, wo =Rooke= mit der
englischen Flotte sich Gibraltars bemächtigte. Man baute deshalb nach
Entwürfen des französischen Ingenieurobersten =Chevalier d'Arçon= 10
mächtige schwimmende Batterien, die 152 schwere Geschütze führten; sie
waren Anfang September fertiggestellt.

 $Die schwimmenden Batterien$ waren 6 bis 1400 tons große Seeschiffe,
 die außen mit einer vierfachen Polsterung von Holz, Sand, Kork sowie
 ungegerbten Häuten und mit einer schrägen Holzbedachung versehen
 wurden, auf der eine Decke von altem Tauwerk und Fellen lag. Um eine
 Wirkung glühender Kugeln zu hindern, war durch die mit der Panzerung 5
 Fuß dicken Bordwände ein vielverzweigtes Kanal- und Röhrensystem
 gezogen, durch das von einem Reservoir aus beständig Wasser spülte. Die
 Polsterung sollte so stets ganz mit Wasser durchtränkt gehalten werden
 und einschlagende Kugeln selber ihr Ablöschen hervorrufen, indem sie
 die Röhren verletzten; auch die Dächer konnten berieselt werden. Die
 Schiffe waren mit schweren, neugegossenen Bronzekanonen armiert; fünf
 von ihnen führten 18-24 Geschütze in zwei, fünf 6-11 in einer Batterie,
 und es war etwa die Hälfte der Zahl als Reserve zum Auswechseln an Bord
 gegeben. Die Kanonen wurden nur auf einer Seite der Schiffe
 aufgestellt; Ballast auf der anderen hielt diese auf ebenem Kiel, so
 boten die 10 Batterien dem Gegner eine Breitseite von 152 Geschützen
 dar.

 Der Bau in der Bucht von Algeciras war im Februar beschlossen, schritt
 aber nach spanischer Art nur langsam vorwärts. Erst Anfang September
 war er mit einem Kostenaufwande von 2 Millionen Piastern beendet. Bei
 der Probe zeigte sich, daß die Bewässerungsanlagen nicht richtig
 arbeiteten, das Wasser drang in die Schiffe und die Kanäle mußten
 teilweise verstopft werden. Der Erfinder bat um Zeit für
 Verbesserungen, aber der =Herzog von Crillon= verweigerte sie ihm.
 (Vorstehendes sehr eingehend in Chevalier II, Seite 337.)

Auch sonst wurden Vorbereitungen zu einem überwältigenden Angriffe
getroffen. 30 (40?) Kanonenboote und 30 (40?) Mörserboote, sowie 300
große Ruderboote waren gesammelt, um den schwimmenden Batterien während
des Kampfes Ersatzmannschaften und Munition zuzuführen. In den Werken auf
der Landzunge standen 186 Geschütze; die von Minorka zurückkehrenden
spanischen Truppen, sowie 10000 Franzosen hatten das Belagerungsheer, das
jetzt vom =Herzog von Crillon=, dem Eroberer Minorkas, befehligt wurde,
auf über 40000 Mann gebracht. Endlich sollte die Flotte =Cordobas= den
Angriff gegen jede Störung von See her decken, wenn erforderlich, auch
unterstützen.

Gibraltar war im Norden und Westen wie schon früher durch eine Umwallung
mit zahlreichen Batterien gedeckt (vgl. Skizze im Bande I, Seite 526).
Diese erste Verteidigungslinie war aber jetzt weit stärker und wurde
durch eine zweite, höher gelegene und zum Teil in den Fels gehauene
unterstützt; die Werke, die den Gibraltarfelsen selber zu einer
uneinnehmbaren Feste machen, sind während dieser Belagerung begonnen. Die
Wasserfront ward durch starke Forts auf den beiden Molen flankiert, und
etwa in ihrer Mitte, etwas nördlicher, befand sich ein größeres Werk, die
Kings-Bastion. In den Befestigungen standen 280 Geschütze. Die Besatzung
betrug 7000 Mann auserlesener Truppen[165], im besonderen vorzüglicher
Artilleristen; 12 Kanonenboote, mit je einem schweren Geschütze, besetzt
mit Mannschaften einiger bei Gibraltar stationierter Fregatten und
kleinerer Kriegsschiffe, standen zur Verfügung.

 [165] Etwa zwei Drittel von diesen waren Hannoveraner, die Stammtruppen
       der jetzigen Regimenter: Füsilierregiment Prinz Albrecht von
       Preußen (Hannoversches) Nr. 73, Infanterieregiment v.
       Voigts-Rhetz (3. Hannoversches) Nr. 79 und des Jägerbataillons
       Nr. 10, denen zur Erinnerung an die ruhmreiche Verteidigung von
       Gibraltar als Abzeichen ein hellblaues Band mit der Inschrift
       »Gibraltar« am rechten Unterarm verliehen ist.

Das ganze militärische Europa erwartete mit Spannung den Ausgang des so
lange vorbereiteten Angriffes. Neutrale Mächte sandten höhere Offiziere
dorthin; zwei französische Prinzen erschienen, um die erwartete
Katastrophe zu verherrlichen, denn die Verbündeten zweifelten nicht am
Erfolge.

Nach Eintreffen der großen Flotte in Cadiz am 6. September wurde die
Ausführung des Angriffes beschlossen. =Cordoba= ging schon am 9. in See
und ankerte am 12. bei Algeciras, wo nun 48 Linienschiffe der Verbündeten
vereinigt waren. Am 13. erfolgte der Angriff, aber schon am 8. hatte der
Kampf begonnen, und es ist kennzeichnend für =General Elliot=, daß dies
von seiner Seite ausging.

 $Schilderung des Angriffes auf Gibraltar.$ Als =Elliot= erkannt hatte,
 daß ein Angriff starker Kräfte bevorstand, überschüttete er während des
 8. September die feindlichen Werke derartig mit Geschossen, daß sie
 außer Gefecht gesetzt wurden. Die Spanier eröffneten jedoch schon am 9.
 aus einer neuen Batterie von 64 Kanonen ein heftiges Feuer auf die
 Stadt, und das eigentliche Blockadegeschwader unter =Moreno= beteiligte
 sich, indem es in Linie an der Wasserfront vorübersegelte. Das
 Bombardement aus den Landwerken ward bis zum 12. fortgeführt. Gegen 8
 Uhr vormittags am 13. September setzten sich die schwimmenden Batterien
 in Bewegung und die Landwerke nahmen das Feuer wieder auf. Admiral
 =Moreno= ankerte mit dem stärksten der Batterieschiffe »La Pastora« auf
 etwa 1200 m Entfernung vor der Kings-Bastion, vier andere gingen
 südlich und fünf nördlich von ihm vor Anker.

 So lagen die 10 Fahrzeuge in einer Linie von der Nordmole bis fast zur
 Südmole; sie begannen den Kampf um 10 Uhr. Entschieden war diese
 Aufstellung fehlerhaft. Nach dem Plane =d'Arçons= sollten sie massiert
 von der Höhe der Nordmole aus angreifen, um ihr Feuer möglichst
 zusammenzuhalten und mit dem der Landwerke zu vereinigen, selber aber
 nur wenigen feindlichen Geschützen ausgesetzt zu sein. Jetzt jedoch
 boten sie Ziele für die ganze Wasserfront, deren südlicher Teil vom
 Feuer der Landwerke nicht erreicht werden konnte. Ein zweiter
 verhängnisvoller Fehler wurde dadurch gemacht, daß die bei Algeciras
 liegenden Mörser- und Kanonenboote nicht eingriffen, und gerade diese
 hätten die Wasserfront beschäftigen, womöglich flankieren sollen; nur
 einige Kanonenboote erschienen für kurze Zeit. Endlich nahmen auch
 keine Schiffe der großen Flotte teil, die gleichfalls den Gegner hätten
 ablenken sollen.

 Es folgte nun ein heftiger Geschützkampf. Anfangs widerstanden die
 schwimmenden Batterien den Geschossen, auch den glühenden Kugeln, die
 von den Engländern mit Vorliebe verwendet wurden. Aber am Nachmittage
 gerieten doch »La Pastora«, sowie ihr Nebenschiff »La Talla Piedra«,
 von einem Prinzen von Nassau befehligt, in Brand. Man konnte das
 langsame Umsichgreifen des Brandes nicht hindern, so daß »Talla Piedra«
 sich genötigt sah, um 3 Uhr ihr Feuer zu vermindern und um 5 Uhr ganz
 einzustellen. Der Prinz von Nassau bat, sein Schiff wegzuschleppen,
 machte auch den Versuch, es aus dem Gefecht zu warpen, es fehlte ihm
 jedoch an Matrosen. Um 5 Uhr brachen auch die spanischen Landwerke den
 Kampf ab; =d'Arçon= behauptete später, es habe ihnen an Munition
 gefehlt, ihre Geschütze seien überhaupt schlecht bedient und schlecht
 gerichtet worden. Die übrigen schwimmenden Batterien hatten noch wenig
 gelitten, aber ihr Rückzug ward doch befohlen, um sie zu retten. Für
 diesen waren jedoch gar keine Vorkehrungen getroffen, und man sah sich
 schließlich gezwungen, ihr Verlassen und Verbrennen anzuordnen; auf
 Notsignale sandte die Flotte Boote zum Abholen der Besatzungen. In die
 nun entstehende Verwirrung brachen gegen 2 Uhr morgens die englischen
 Kanonenboote unter Führung des Kapitäns =Curtis=, des ältesten
 Seeoffiziers in Gibraltar, ein. Sie flankierten mit ihrem Feuer die
 spanische Linie, vermehrten die Unordnung auf den fast nur mit Soldaten
 besetzten Fahrzeugen und trieben die rettenden Boote zurück. Bei
 Sonnenaufgang flog eins der Batterieschiffe in die Luft, drei weitere
 traf bald das gleiche Schicksal, die anderen standen in Flammen. Die
 Engländer stellten jetzt das Feuer ein und taten ihr Bestes zur Rettung
 der Gegner; sie bargen unter eigener Gefahr gegen 400 Mann. Der Rest
 der Batterien flog im Laufe des 14. September auch noch auf.

 =Der Verlust= der Spanier soll allein auf den schwimmenden Batterien
 1500 Tote, Verwundete und Gefangene betragen haben. Die Engländer
 büßten nur 65 Tote und 188 Verwundete ein; ihre Werke hatten im
 Verhältniß zu dem auf sie gerichteten Feuer nur wenig gelitten.

 $Beurteilung des Angriffes.$ Die schwimmenden Batterien sind nach der
 Katastrophe vielfach als verfehlt bezeichnet. Besonders höhere
 spanische Offiziere, so auch =Crillon=, erklärten, niemals Vertrauen zu
 ihnen gehabt zu haben. Weshalb wartete er aber nicht ab, bis sie
 leistungsfähiger geworden waren? Er konnte während der Monate September
 und Oktober noch immer auf günstige Witterung für den Angriff rechnen,
 und die große Flotte war zur Stelle, um einer etwa erscheinenden
 englischen entgegenzutreten. Das Mißlingen des Unternehmens, wenigstens
 sein trostloser Ausgang, ist anderen Umständen zuzuschreiben. =Crillon=
 hat (nach Chevalier) zu kurzer Hand den Tag des Angriffes festgesetzt
 und ungenügende Bestimmungen getroffen. Infolgedessen lagen die
 Batterien falsch und die Mörser- sowie die Kanonenboote fehlten; die
 Spanier behaupteten zwar, die See sei zu rauh für diese gewesen, aber
 einzelne waren doch erschienen und hatten sich auch am Kampf beteiligt.
 Es war ferner nichts vorgesehen, um die Batterien aus dem Gefechte
 ziehen zu können. Endlich waren die Führer der Flotte nicht zu Rate
 gezogen und gar nicht oder doch zu spät vom Angriff in Kenntnis
 gesetzt. =Chevalier= stützt sich bei diesen Behauptungen allerdings
 besonders auf Berichte =d'Arçons=, also eines beteiligten Zeugen, aber
 seine Aussagen werden auch durch das Journal eines französischen
 Schiffes der Flotte bestätigt. (Chevalier II, Seite 348.)

Der Angriff wurde nach vorstehendem nicht nur ein Fehlschlag, sondern
sogar eine empfindliche Niederlage der Spanier; man mußte sich vorläufig
wieder auf den Versuch beschränken, Gibraltar auszuhungern. Dies hätte
gelingen müssen, da man über 48 Linienschiffe verfügte, aber die
Seegewandtheit der Engländer machte auch diese Hoffnung zuschanden.

$Lord Howe versorgt Gibraltar, Oktober 1782.$ Die Fahrt des Admirals war
bis zur spanischen Küste sehr langsam, teils weil er Gegenwind traf,
teils weil er sorgsam auf das Zusammenbleiben des wichtigen Transportes
hielt; bei Kap Finisterre waren aber auch sämtliche 183 Segel noch
vereint. Hier entließ er die Konvois und erreichte mit der Flotte sowie
den 31 Transportern am 8. Oktober Kap St. Vincent. Dort erhielt er am 10.
die Nachricht von den Ereignissen bei Gibraltar, sowie von der
Anwesenheit der feindlichen Flotte bei Algeciras. Er gab nun den
Unterführern seine Absichten bekannt und ließ den Kapitänen der
Transportschiffe genaue Angaben über die Wind- und Stromverhältnisse bei
Gibraltar zukommen, damit sie ihre Ankerplätze leicht und sicher
erreichen könnten. Am 11. mittags lief er bei westlichem Winde in die
Straße ein. Die Transporter segelten voran, die Flotte folgte in drei
Geschwadern; sie war also zu Luward jener und somit imstande, sie zu
verteidigen. Um 6 Uhr nachmittags standen die Proviantschiffe vor dem
Eingang der Bucht von Gibraltar, aber nur 4 Fahrzeugen nebst einem
Linienschiffe gelang das Einlaufen, die übrigen hatten die Vorschriften
nicht befolgt und wurden durch den Strom ins Mittelmeer versetzt. Die
Flotte mußte ihnen folgen.

=Cordoba= lag seit Anfang Oktober zum sofortigen Auslaufen bereit. Am 10.
fielen schwere Böen ein. Mehrere Schiffe trieben vor ihren Ankern und
stießen zusammen; das Flaggschiff des Admirals =Moreno= strandete bei
Gibraltar und wurde von den Engländern genommen; ein anderes
Linienschiff, sowie eine Fregatte trieben ins Mittelmeer. Sei es, weil
einzelne Schiffe beschädigt waren, sei es -- wie französisch-spanische
Berichte sagen -- weil in der Bucht von Algeciras völlige Windstille
herrschte, tatsächlich unternahm =Cordoba= nichts gegen das Einlaufen der
vier Transporter und ging auch erst am 13. Oktober mit 46 Linienschiffen,
darunter 14 oder 15 Franzosen, in See. Besorgt um das Schicksal der
vertriebenen Schiffe steuerte er östlich, anstatt den Engländern die
Rückkehr in die Straße zu verlegen; =Howe= stand um diese Zeit etwa 30
Seemeilen im Osten von Gibraltar. Zwei Tage manövrierten nun die Flotten
bei leichtem westlichen Winde und zeitweisem Nebel, oft aus Sicht
voneinander. Am 15. kam Ostwind auf und =Howe= steuerte unbemerkt vom
Feinde westlich, die Transporter wieder voraussendend. Am 16. abends
waren 18 von diesen, am 18. alle in Gibraltar angelangt; außerdem wurden
Soldaten gelandet, die auf einzelnen Linienschiffen untergebracht waren,
und dem Gouverneur auf dessen Bitte noch ein Brander mit 1500 Barrel
Pulver überlassen. =Gibraltar war aufs neue reichlich versorgt.=

Der spanische Admiral hatte erst am 16. Oktober den Kurs nach Westen
aufgenommen, als er am 19. vor Gibraltar erschien, trat die englische
Flotte gerade ihre Heimreise an. Er folgte ihr in einer Schlachtlinie, in
der die Schiffe nach ihrer Geschwindigkeit rangiert waren, die
schnelleren voran.

$Das Seetreffen bei Kap Spartel am 20. Oktober 1782. Ende des Seekrieges
in den europäischen Gewässern.$ =Howe= wollte der Strömungen wegen nicht
in der Straße von Gibraltar fechten und erwartete den Gegner außerhalb.
=Cordoba= stand bei nördlichem Winde zu Luward und hielt am 20. Oktober
gegen Sonnenuntergang zum Angriff ab. Er hatte Befehl gegeben, den Kampf
zu beginnen, sobald man auf zwei Kabellängen an den Gegner heran wäre.
=La Motte-Picquet= eröffnete in der hellen Mondnacht mit der Vorhut das
Feuer auf die englische Vorhut in der befohlenen Entfernung; die Mitte
war noch nicht so nahe heran und die Nachhut, 12 Schiffe unter =de
Guichen=, stand weit achteraus. Ehe diese herankam, mehrte =Howe= Segel
und brach das Gefecht ab. Er hatte mit seiner Mitte der großen
Entfernung halber das Feuer der feindlichen Schiffe gar nicht erwidert,
seine Nachhut kam jedoch beim Absegeln noch zum Geschützkampf. Der großen
Übermacht wollte sich der englische Admiral nicht aussetzen; er hat den
Gegner wohl nur herankommen lassen, weil er mit der Möglichkeit rechnete,
infolge günstiger Umstände ihn teilweise zu schlagen. =La Motte= wagte
mit seinen wenigen Schiffen nicht am Feinde zu bleiben, =Cordoba=
sammelte um Mitternacht die Flotte und folgte weiter.

 =Die Verluste= bezifferten sich bei den Engländern auf 68 Tote und 268
 Verwundete, bei den Verbündeten auf 60 und 320.

Am nächsten Tage waren die Gegner etwa 12 Seemeilen voneinander entfernt.
=Cordoba= gab sich jedoch keine Mühe, näher heranzukommen, sondern
segelte am 22. nach Cadiz. =Howe= zweigte 8 Linienschiffe für Westindien
ab und erreichte dann am 14. November Portsmouth.

Die größeren Flottenunternehmungen in den europäischen Gewässern waren
damit nicht nur für das Jahr 1782, sondern für den Krieg überhaupt zu
Ende.

$Über die Kriegführung in Europa 1782$ ist wenig zu sagen. Das Auftreten
der großen Flotte der Verbündeten in den nördlichen Gewässern war ebenso
schwächlich wie im Vorjahre. Sie brachte einen Teil eines englischen
Konvois auf und beherrschte zum Schutze des eigenen Handels während der
Monate Juni bis August den Eingang des Kanals, sowie die Biskaya, machte
aber keine ernstlichen Versuche zur Vernichtung der schwächeren
feindlichen Seemacht. Wieder trifft die Hauptschuld die Spanier, die den
größeren Teil der Flotte gestellt hatten und in deren Hand der Oberbefehl
lag. Mit Recht sagt ein französischer Autor (Lacour II, Seite 382) über
Cordoba, es sei zu beklagen, daß Männer wie =Guichen= und =La
Motte-Picquet= stets an einen Führer gebunden gewesen wären, der keinen
Plan durchgeführt habe -- falls er überhaupt einen gehabt hätte.

Die weit schwächere englische Flotte hatte schon vorher den äußerst
wichtigen Transport für Ostindien aufgebracht, die Streitmacht Hollands
festgehalten und dessen Handel unterbunden. Als die Verbündeten dann auf
der See erschienen, gelang es =Lord Howe= doch, den Jamaikakonvoi sicher
einzuholen. Der Schaden für Handel und für Militärtransporte war auf
beiden Seiten etwa gleich; der Ruhm der erfolgreicheren Verwendung ihrer
Seestreitkräfte gebührt also England als der schwächeren Partei. Hierbei
ist allerdings darauf hinzuweisen, daß Howes Aufgabe ein Wagnis war, denn
die größere Hälfte der Kanalflotte wurde einem übermächtigen Feinde
gegenüber aufs Spiel gesetzt.

Die Expedition nach Gibraltar war ein noch gefahrvolleres Unternehmen.
Bei ihr entwickelte =Lord Howe= dieselben Fähigkeiten, die er 1778/79 in
Nordamerika gezeigt hatte, seemännische Tüchtigkeit vereint mit klarem
Blick und schnellem Entschluß. Er hielt seine Kräfte zusammen und behielt
sie in der Hand, durch geschicktes Manövrieren löste er seine Aufgabe,
vermied aber den Kampf mit dem überlegenen Feinde. =Cordoba= dagegen
versagte auch bei dieser Gelegenheit.

 Einige $Aussprüche neuerer französischer Autoren$ zu diesen Vorgängen
 sind bemerkenswert. =Chevalier= schreibt (II, Seite 358, hier gekürzt):
 »Die Eigenschaften, die =Lord Howe= bei dieser kurzen Kampagne
 entfaltete, entsprachen voll der Aufgabe, die er zu lösen hatte. Seine
 Operation, eine der schönsten dieses Krieges, verdient das gleiche Lob
 wie ein Sieg. Wenn auch die englische Flotte durch die Verhältnisse
 begünstigt wurde -- und es ist selten, daß derartige Unternehmungen
 ohne Glück gelingen --, so haben doch vor allem der richtige Blick des
 Führers, die Sicherheit seines Urteils und seine schnelle
 Entschlußfähigkeit den Erfolg herbeigeführt.«

 =Lacour= schreibt (II, Seite 447): »Daß die Flotte der Verbündeten
 mehrere Tage hindurch in der Straße von Gibraltar manövriert hat, ohne
 die englische zu erreichen, daß es dieser gelungen ist, stets
 auszuweichen und ihre Vorräte zu landen, daß =Howe= die Straße
 unbelästigt wieder verlassen konnte, alles dies erscheint bei der
 Beschränktheit des Schauplatzes, auf dem sich die Ereignisse einer
 Woche abspielten, kaum glaubhaft.«

 =Chevalier= weist gerade bei dieser Gelegenheit auf den höheren Stand
 der englischen Marine im allgemeinen hin und erklärt damit manche
 Erfolge der Engländer, sowie manche Fehlschläge der Franzosen in diesem
 Kriege. Er sagt: »Unter den 34 Schiffen der englischen Flotte befand
 sich keins jener Fahrzeuge, die den Oberbefehlshaber in der
 Durchführung seiner Absichten hindern. Alle waren gekupfert und von
 nahezu gleicher Geschwindigkeit. =Howe= hatte dadurch, wenn auch nicht
 die Gewißheit, so doch die größte Aussicht, einen Kampf nach Belieben
 aufnehmen oder vermeiden zu können. Der gleiche Vorteil zeigte sich
 auch bei anderen Gelegenheiten in diesem Kriege. Er konnte sich ferner
 auf seine Kommandanten verlassen. Es kamen keine Trennungen, keine
 Zusammenstöße und Havarien, kurz keine jener Vorfälle vor, die den
 Oberbefehlshaber so oft zwingen, anders zu handeln, als er beabsichtigt
 hatte. Man kann nicht umhin, sich dabei der Ereignisse zu erinnern, die
 der französischen Flotte des Admirals =de Grasse= vom 9. bis 12. April
 1782 so schwere Ungelegenheiten bereiteten.« Der Autor führt diese dann
 kurz an; wir werden sie bald bei der Schilderung des Krieges in
 Westindien (Schlachten bei Dominica) kennen lernen.


             Der Krieg in Westindien und Nordamerika 1782.

Im November 1781 waren =de Grasse= von Nordamerika mit 32 Linienschiffen
in Martinique und im Dezember =Hood= in Barbados mit 18 eingetroffen; am
26. November hatte der Gouverneur von Martinique die Insel St. Eustache
wiedergenommen.

Die Franzosen planten nun weitere Eroberungen. Der Gouverneur =de
Bouillé= schiffte sich mit 6000 Mann auf der Flotte ein, und =de Grasse=
lief mit dieser, 26 Linienschiffe stark, am 26. Dezember aus, um Barbados
anzugreifen; der Rest der Flotte blieb zu Ausbesserungen vorläufig
zurück. Er kreuzte mehrere Tage gegen starken böigen Passat vergeblich an
und ging am 3. Januar wieder nach Fort Royal. Am 5. Januar 1782 brach die
Expedition abermals auf, jetzt aber =gegen St. Christopher= (englisch St.
Kitts). Sie landete hier am 11. ohne Widerstand auf Basseterre, dem
Südteile der Insel. Die einschließlich einiger Milizen kaum 1000 Mann
starke englische Garnison unter dem Gouverneur General =Shirley= zog sich
nach Brimstonhill, einem befestigten Hügel im Nordwesten der Insel,
zurück, den =Bouillé= nicht stürmen konnte, sondern regelrecht belagern
mußte. Die Einwohner der Insel erklärten sich neutral und unter gleichen
Bedingungen ergab sich das naheliegende Nevis. Die französische Flotte
blieb auf der Rhede von Basseterre.

Admiral =Hood= erhielt am 14. Januar in Barbados die Nachricht von
=Shirley=, daß die französische Flotte am 10. in der Nähe von St.
Christopher gesehen und ein Angriff zu befürchten sei. Er ging sofort mit
22 Linienschiffen in See, erfuhr am 16. die Landung und ankerte am 21.
bei Antigua, wo er nähere Auskunft erhielt und 700 Soldaten an Bord nahm.
Trotz seiner Unterlegenheit beschloß er, die bedrohte Insel zu entsetzen.
Es gelang ihm nicht, aber sein Versuch zeugt von hervorragendem
militärischem Blicke und großer seemännischer Geschicklichkeit. Englische
wie französische Autoren stellen =Hoods= Manöver denen eines =Nelson= und
=Suffren= gleich.

[Illustration: Samuel Hood.]

$Die Schlacht bei St. Christopher, 25. Januar 1782[166].$ =Hood=
unterrichtete die Unterführer eingehend über seine Absichten, verließ
dann am 23. Januar nachmittags Antigua und steuerte nach Nevis hinüber;
er mußte diese Insel südlich passieren, da der Kanal zwischen ihr und St.
Christopher für Linienschiffe zu flach war. Er hoffte die Franzosen bei
Tagesanbruch auf ihrem Ankerplatze zu überraschen, auf dem sie keine
Verteidigungsstellung eingenommen hatten, sondern 3-4 Reihen tief lagen;
er wollte dann seine Schiffe in Linie zu Luward an der Masse der
feindlichen vorüberführen und dieses wiederholen, durch Halsen und Wenden
einen Kreis laufend. Der Plan scheiterte infolge des Zusammenstoßes
zweier Schiffe während der Nacht; die Fahrt wurde durch die
unvermeidliche Ausbesserung mehrere Stunden aufgehalten und die Flotte am
24. morgens von feindlichen Fregatten gesichtet, ehe sie die Südspitze
von Nevis passiert hatte, was erst um 1 Uhr mittags geschah.

 [166] Hauptquellen: Mahan I, Clowes III, Chevalier II, Lacour II, deren
       Angaben in den Hauptsachen übereinstimmen.

=De Grasse= lichtete um 3 Uhr nachmittags Anker und ging ihr entgegen. Er
glaubte, Hood wolle bei Sandy Hook, einer Rhede nahe Brimstonhill,
ankern, um der Besatzung dort Hilfe zu senden, auch war er für 4 Schiffe
besorgt, die er von Martinique erwartete. =Hood= steuerte nun gegen
Sonnenuntergang südlich, zog sich scheinbar zurück, manövrierte aber
während der Nacht so, daß er bei Tagesanbruch des 25. Januar dicht unter
der Küste von Nevis zwischen dieser Insel und den etwa 9 Seemeilen
entfernten Franzosen, die sich nicht nahe unter Land gehalten hatten, und
bei ONO-Wind zu Luward von ihnen stand. Seine Absicht war jetzt, auf dem
bisherigen Ankerplatz der Franzosen eine Verteidigungsstellung
einzunehmen. Auch von dort aus konnte er die Engländer am Lande
unterstützen und lag, falls =de Grasse= nach Sandy Hook ging, zwischen
ihm und Martinique; so war es möglich, dem Gegner die Zufuhren
abzuschneiden, auf die dieser durchaus angewiesen war, da die kleine
Insel auf längere Zeit soviel Truppen nicht zu ernähren vermochte.

 Hoods Plan war bei seiner Unterlegenheit immerhin gewagt. Aber der
 Admiral erwartete Rodney mit einer Flotte, der vielleicht rechtzeitig
 ankam, und England brauchte nach der Niederlage in Nordamerika einen
 Erfolg. So mußte man auf gut Glück etwas wagen, und Hood kannte sich,
 seine Offiziere -- sowie auch den Gegner.

=Hood= bildete die Gefechtslinie eng geschlossen über Backbordbug und
nahm um 10 Uhr vorm. Kurs nach Basseterre; er wurde vom Glück begünstigt,
da der Wind auf OSO ging, so daß er raum steuern konnte. Die Franzosen
lagen um diese Zeit über Steuerbordbug nach Süden, wendeten und hielten
in Staffel auf den Feind zu (Plan I A--A zeigt die englische Linie um 10
Uhr, A'--A' die französische), kamen aber nicht mehr, wie sie wohl
beabsichtigt hatten, mit ihrer ganzen Linie querab von der englischen zum
Angriff. Um 2 Uhr nachmittags waren die vordersten Engländer so weit, daß
Hood ihnen das Signal zum Ankern geben konnte; er befahl, dies mit Spring
auf den Ankern auszuführen, um die Schiffe sofort mit den Breitseiten
nach See legen zu können. Um 2-1/2 Uhr war die französische Vorhut auf
Kanonenschußweite an die englische Mitte heran, und das Feuer begann. =De
Grasse= war aber nicht imstande, seinen Gegner festzuhalten; die
englischen Schiffe erreichten sämtlich den Ankerplatz.

 Durch den Angriff der Franzosen war also besonders die hintere Hälfte
 der englischen Linie bedroht, die, wie häufig bei langen Kolonnen,
 nicht so gut Schiff hinter Schiff aufgeschlossen fuhr. =Hood= nahm
 jedoch hierauf keine Rücksicht, gab vielmehr der vorderen Hälfte den
 Befehl, Segel zu mehren, und um 3-1/2 Uhr ankerten die ersten Schiffe,
 um 4 Uhr das Flaggschiff. Die vier letzten Schiffe waren
 zurückgeblieben, da das vorderste schlecht segelte. In die so
 entstandene Lücke versuchte =de Grasse= mit seinem Flaggschiff »Ville
 de Paris« von 104 Kanonen einzubrechen, um die Nachzügler
 abzuschneiden, aber das letzte englische Schiff vor der Lücke,
 »Kanada«, 74 Kanonen, unter Kapitän =Cornwallis=, dem Bruder des
 Generals, warf alle Segel back, und sackte quer vor dem mächtigen
 Gegner achteraus; seine beiden Vordermänner blieben gleichfalls zur
 Unterstützung zurück (Plan I, B-B, B'-B'). So wurde der Durchbruch
 verhindert; die letzten 7 englischen Schiffe setzten ihre Fahrt trotz
 arger Bedrängnis unter beständigem Gefecht fort und kamen Schiff nach
 Schiff zu Anker, wobei nun die schon verankerten Schiffe in den Kampf
 eingriffen. So konnte die vordere Hälfte der englischen Linie,
 gewissermaßen gedeckt durch den Kampf der hintern, unbelästigt ihre
 Ankerplätze einnehmen, ebenso diese, ihrerseits unterstützt durch das
 Feuer der ersteren. =De Grasse= lief noch an der feindlichen Linie
 entlang, gab sein Feuer ab und steuerte dann nach Süden.

[Illustration: I. Schlacht bei Christopher, 25. Januar 1782.

II. Ankergefecht am 26. Januar 1782.]

$Das Ankergefecht am 26. Januar 1782.$ Der Ankerplatz Hoods war nicht
genau der gleiche, wie ihn de Grasse innegehabt hatte (s. Plan II), aber
er beherrschte diesen. Die Nacht vom 25./26. Januar wurde benutzt, die in
Eile eingenommene Ankerordnung zu verbessern und zu verstärken; so wurden
drei Schiffe der Nachhut zwischen das Spitzenschiff und die Küste
gelegt, um jedes Umgehen der Linie hier auszuschließen. =Hood= durfte
nun seine Stellung als stark betrachten.

 Sein linker Flügel lehnte sich an die Küste. Von hier zog sich die
 Linie in ost-westlicher Richtung bis zum 16. Schiff, dem Flaggschiff,
 und bog dann in scharfer Kurve um, so daß die letzten Schiffe in der
 Richtung Nord-Süd lagen (Plan II, A--A). Die Stellung vom Rücken her
 anzugreifen, war bei den Windverhältnissen kaum möglich, und beim
 Frontangriff hatten die Engländer den Vorteil, daß Beschädigungen der
 Takelage für sie ohne Bedeutung waren, für die angreifenden Schiffe
 aber verhängnisvoll werden konnten.

=De Grasse= hätte wohl seinen früheren Ankerplatz wieder einnehmen
können, aber dieser lag in Lee des Feindes und war auch für eine große
Flotte nicht günstig. Er beschloß anzugreifen; durch Ankunft der Schiffe
von Martinique standen ihm schon am nächsten Tage mindestens 27,
vielleicht bereits 29 Linienschiffe zur Verfügung. Am 26. Januar steuerte
er in Kiellinie auf den linken Flügel der englischen Stellung zu (Plan II
B-B). Infolge plötzlich schralenden Windes traf das Spitzenschiff[167] um
8-1/2 Uhr vorm. erst auf das dritte englische vom Flügel und erhielt die
Breitseiten von vier Gegnern, so daß man die Plankenstücke seiner
Bordwände herausfliegen sah, dann lief es die englische Linie entlang.
Die anderen Schiffe folgten, einige nahe, andere in weiterer Entfernung;
»Ville de Paris« kam sehr dicht heran und verlangsamte auch auf kurze
Zeit ihre Fahrt. Das Feuergefecht war äußerst heftig, der Pulverrauch
hüllte die Schiffe oft völlig ein, aber die englische Stellung blieb
unerschüttert und =de Grasse= führte seine Flotte wieder nach See zu. Ein
zweiter Angriff am Nachmittage, nur gegen Mitte und rechten Flügel der
Engländer gerichtet, blieb ebenso erfolglos.

 [167] Dieses Schiff befehligte Kapitän =d'Albert de Rions=, nach
       Suffrens Ansicht der tüchtigste Offizier der Marine; er hatte
       sich schon mit Suffren unter d'Estaing ausgezeichnet, und wir
       werden ihm noch öfter begegnen.

=Die Verluste am 25. und 26. Januar= betrugen englischerseits 72 Tote und
244 Verwundete, französischerseits 107 und 207.

Während der nächsten Wochen kreuzte nun die französische Flotte zu
Luward, drohte fast täglich mit einem Angriff und gab auch Feuer auf
weite Entfernung ab. =Hood= war somit zwar blockiert, konnte aber auf dem
Lande eingreifen, was er auch mit etwa 1200 Mann versuchte. =Bouillés=
Macht war jedoch zu stark, und die Gelandeten mußten schon nach 24
Stunden wieder eingeschifft werden. =Brimstonhill kapitulierte am 13.
Februar.=

=Hood= hatte am 1. Februar durch =Kempenfelt= Nachricht erhalten, daß die
französische Verstärkung für Westindien von ihm zerstreut sei (s. Seite
322). Dies hob seine Hoffnung auf das Gelingen seines kühnen
Unternehmens, wenn nur Rodney bald einträfe. Jetzt aber nach der
Waffenstreckung der Truppen am Lande mußte er befürchten, daß =Bouillé=
Batterien gegen die Flotte erbaue, und an das Verlassen seines
Ankerplatzes denken. Dies konnte aber nur mit großer Vorsicht ausgeführt
werden, denn die französische Flotte war auf 32 Linienschiffe
angewachsen; es waren außer dem letzten der 4 Schiffe von Martinique am
2. Februar noch die beiden Linienschiffe zu ihr gestoßen, die nach der
Zerstreuung des Konvois durch =Kempenfelt= die Fahrt fortgesetzt hatten.
Doch eine Gelegenheit bot sich bald. Am 14. führte =de Grasse= seine
Flotte unter die Küste von Nevis, um aus Transportern, die hier am 13.
von Martinique eingetroffen waren, seine fast erschöpften
Proviantbestände zu ergänzen. In der folgenden Nacht kappten die
Engländer die Ankertaue, ließen aber auf deren Bojen Laternen brennen, um
die Ausguckfregatten des Feindes zu täuschen, und segelten nördlich um
St. Christopher herum nach Antigua, wo sie am 19. Februar eintrafen. =De
Grasse= hielt eine Verfolgung für aussichtslos, ankerte zunächst bei
Basseterre, ging aber bald darauf nach Martinique, um nicht von diesem
Stützpunkt abgeschnitten zu werden, wenn =Rodney= einträfe; er erreichte
Fort Royal am 26. Februar.

 Auf der Rückfahrt nach Martinique ließ =de Grasse= am 22. Februar die
 Insel =Montserrat= besetzen. England hatte kurz vorher weitere Verluste
 erlitten, da sich eine französische Division leichter Schiffe am 22.
 Januar =Demeraras=, sowie am 5. und 8. Februar =Berbices= und
 =Essequibos= bemächtigte.

$Beurteilung der Admirale Hood und de Grasse.$ =Hoods= kühnes Vorgehen,
mit Geistesgegenwart und Geschick durchgeführt, war trotz des mangelnden
Erfolges eine glänzende seemännische Tat. An und für sich lohnte der
Entsatz der Insel wohl kaum das Wagnis, aber er war nicht unmöglich, und
England brauchte um diese Zeit Erfolge. =Hood= hatte vor der
Chesapeakebucht (Seite 339) ähnlich handeln wollen; hätte er dort den
Oberbefehl geführt, so wäre =Cornwallis= vielleicht gerettet worden. Dem
Admiral =de Grasse= wird vorgeworfen, daß er seine gewaltige
Überlegenheit -- vom 1. bis 13. Februar 32 Linienschiffe gegen 22 --
nicht ausgenützt habe. Er habe gewußt, daß =Rodney= mit 12-15 Schiffen
nahe, während die französische Flotte keine Verstärkungen mehr zu
erwarten hatte, mithin hätte er =Hood= vorher vernichten müssen; der
Besitz von St. Christopher habe erst in zweiter Linie gestanden. Der
Vorwurf ist berechtigt. Gewiß war die englische Stellung sehr stark und
wäre mit äußerster Hartnäckigkeit verteidigt worden. Aber sie wurde doch
nicht wie die des Admiral =Barrington= bei Sta. Lucia 1778 durch Werke am
Lande geschützt, und dort riet der tüchtige =Suffren= dem
Oberbefehlshaber =d'Estaing=, unbedingt anzugreifen, ehe der Gegner
Verstärkung erhielte; er erachtete den Erfolg für sicher. (Vgl. Seite
283.)

 Die Verhältnisse lagen bei Sta. Lucia ganz ähnlich, und =Suffren
 äußerte sich= damals in einer für den jetzigen Fall geradezu
 =prophetischen Weise=. Er schrieb: »Trotz der geringen Ergebnisse der
 Beschießungen am 25. September (1781) können wir auf Erfolg rechnen.
 Der einzige Weg dafür ist aber ein kräftiger Angriff auf das feindliche
 Geschwader, das sich bei unserer Überlegenheit trotz der Batterien am
 Lande nicht halten kann, »wenn wir längsseit der feindlichen Schiffe
 gehen oder auf deren Bojen ankern«. Wenn wir zögern, können tausend
 Umstände den Feind retten. =Er kann die Nacht benützen, um zu
 entwischen.=«

=De Grasses= Verhalten entspricht wieder ganz der bekannten Auffassung in
der französischen Marine jener Zeit, die, wie erwähnt, ein französischer
Taktiker in dem Ausspruche kennzeichnete: »Unsere Marine hat stets den
Ruhm, eine Eroberung zu sichern, dem vielleicht glänzenderen aber
praktisch wertloseren vorgezogen, einige Schiffe zu nehmen.« Die
Erwägung, daß die Seestreitkräfte des Feindes der ausschlaggebende Faktor
seien und deshalb sein eigentliches Angriffsobjekt bilden müßten, lag ihm
bei dieser fast allgemeinen Auffassung fern. So hatten die Franzosen
einige Inseln genommen, aber die feindliche Flotte blieb intakt, und
infolgedessen fand die französische Überlegenheit in den westindischen
Gewässern bald ein Ende.

=Admiral Rodney= hatte am 15. Januar England mit 12 Linienschiffen
verlassen, war am 19. Februar in Barbados eingetroffen und vereinigte
sich am 25. bei Antigua mit Hood, der im Begriff war, nach Barbados zu
segeln. Die Gesamtflotte folgte nun den Franzosen, kam jedoch zu spät, um
ihnen den Weg nach Martinique zu verlegen, und ging nach Sta. Lucia. Hier
stießen noch 3 Linienschiffe von England zu ihr, so daß =Rodney= jetzt
über 37 Linienschiffe und 11 Fregatten verfügte. Als er dann erfuhr, daß
de Grasse einen großen Konvoi erwarte, ließ er eine Hälfte seiner Flotte
östlich vor der Durchfahrt zwischen Dominica und Martinique, die andere
vor der zwischen Martinique und Sta. Lucia kreuzen. Der erwartete Konvoi
hatte mit =de Guichen= im Februar Frankreich verlassen. Sein Führer
navigierte mit Umsicht, er passierte die Desiraden nördlich, steuerte
dann zwischen Guadeloupe und Dominica durch und erreichte so unbelästigt
Fort Royal am 20. März. =De Grasse= sah durch die Begleitschiffe seine
Flotte auf 35 Linienschiffe, einschließlich 2 50-Kanonenschiffe, und 5
Fregatten verstärkt. =Rodney= nahm Stellung bei Sta. Lucia in der
Gros-Islet-Bucht an der Nordspitze der Insel.

$Der Plan der Verbündeten, Jamaika zu erobern$, hatte schon lange
bestanden; in diesem Jahre sollte er ausgeführt werden. Man wollte bei
Cap Français (Haiti) 50 Linienschiffe und 20000 Mann vereinigen. Aus
Spanien war bereits im Januar eine Division Linienschiffe nebst
Transportern mit 4000 Soldaten dahin abgegangen, zu ihr sollte die Flotte
in Havanna unter Admiral Solano stoßen. =De Grasse= war beauftragt, seine
Gesamtflotte nebst allen auf den Kleinen Antillen entbehrlichen Truppen
dorthin zu führen und den Oberbefehl zu übernehmen; er mußte aber erst
den erwähnten Konvoi erwarten, da seine Schiffe von Vorräten entblößt und
die Magazine in Martinique leer waren. Die Aufgabe war schwierig, denn
der von ihm zu deckende Transport von Truppen und Kriegsmaterial, dem
sich noch nach Europa bestimmte Handelsschiffe anschlossen, zählte 150
Segel. De Grasse beabsichtigte nicht direkten Kurs nach Haiti zu nehmen,
sondern wollte nahe den Kleinen Antillen entlang steuern, um die eigenen
und die neutralen Inseln stets als Zufluchtsort für den Konvoi benutzen
zu können.

=Rodney= mußte also jetzt die Vereinigung der feindlichen Kräfte bei
Haiti hindern; er zog deshalb zwischen den nur 30 Seemeilen voneinander
entfernten Ankerplätzen der beiden Flotten eine Kette von Fregatten, um
sofort Nachricht vom Inseegehen des Gegners zu erhalten. Jetzt zeigte
sich die strategische Bedeutung Sta. Lucias für die Engländer. Bei ihrem
eigentlichen Stützpunkte, Barbados, wären sie zu weit ab gewesen, um mit
Aussicht auf Nutzen die Verfolgung aufzunehmen, und bei einem Kreuzen vor
Fort Royal würde es nicht möglich gewesen sein, stets die Wasser- und
Proviantbestände aufgefüllt zu halten; in der Gros-Islet-Bucht dagegen
konnte die Flotte in unmittelbarer Nähe des Feindes immer seeklar liegen.
=De Grasse= mußte die Fehler seiner Vorgänger büßen; =Rodney= zog den
Nutzen von =Barringtons= Scharfblick und Schneid.

$Die erste Schlacht bei Dominica, 9. April 1782[168].$ Am 5. April
erhielt =Rodney= die Nachricht, daß die französischen Soldaten
eingeschifft würden, und am 8., bald nach Tagesanbruch, erfuhr er, daß
der Feind den Hafen verlasse. Da dies bei der großen Zahl der Schiffe
Zeit in Anspruch nahm und Rodney auch schon mittags frei vom Hafen die
Verfolgung aufnehmen konnte, sichteten die Engländer bereits bei
Sonnenuntergang von den Toppen aus die Franzosen und kamen dann während
der Nacht beträchtlich auf. Am 9. bei Tagesanbruch lag der größere Teil
der französischen Flotte nebst dem Konvoi bekalmt unter der
Nordwestspitze von Dominica; nur etwa 15 Linienschiffe waren frei von der
Insel und kreuzten gegen frischen Passat vor dem Eingange des Kanals
zwischen Les Saintes und Dominica. Auch die englische Flotte lag in
Stille etwa 12 Seemeilen westlich der feindlichen, bald aber erhielten
etwa 8 Schiffe ihrer Vorhut, Admiral =Hood=, einen leichten Windhauch aus
SO, der sie von der Hauptflotte fort und auf 2 französische Schiffe zu
führte, die während der Nacht stark nach Lee geraten waren und jetzt in
Stille nördlich der englischen Flotte lagen. Hood hätte sie
abgeschnitten, wenn sie nicht auch einen Windstoß aus NW erhalten hätten,
mit dessen Hilfe sie östlich segelten; sie erreichten später ihre
Hauptflotte. Zur selben Zeit wie Hood bekamen auch die französischen
Schiffe unter der Insel eins nach dem andern leichten Luftzug vom Lande
her und setzten sich in Bewegung (s. Plan I a); die englische Hauptflotte
blieb vorläufig noch in Stille liegen (I b).

 [168] Hauptquellen für beide Schlachten bei Dominica vgl. Fußnote
       Seite 355.

=De Grasse= sah ein, daß er in Verbindung mit dem Konvoi eine Schlacht
nicht vermeiden könne. Er gab deshalb diesem den Befehl, unter dem
Schutze der beiden 50-Kanonenschiffe nach Basseterre hinüberzulaufen.

Mit der Flotte wollte er dann zwischen Guadeloupe und Dominica
aufkreuzen. Er hoffte so den Feind hinter sich her vom Konvoi abzuziehen
und glaubte, mit seinen besser gebauten Schiffen auch die Verfolgung
abwerfen zu können; so würden sowohl Flotte wie Konvoi unbelästigt ihr
Ziel erreichen.

 $Die Rettung des Konvois gelang.$ Während sich das Gefecht entspann,
 segelten die Fahrzeuge unbelästigt nach Norden und waren schon um 2 Uhr
 nachmittags aus Sicht. Von Guadeloupe erreichten sie später glücklich
 Haiti.

Je weiter =Hood= vorrückte, um so frischer ward der Wind, bis er den
Kanal von Les Saintes gut offen sah und den Passat erhielt (I e). Da nun
einerseits die beiden abgekommenen Schiffe noch nicht aus ihrer
gefährlichen Lage heraus waren (I d), anderseits die 8 Schiffe Hoods
weit von ihrer Flotte entfernt standen, gab =de Grasse= seinen schon im
Passat kreuzenden 15 Schiffen -- es waren die französische Vorhut unter
Chef d'Escadre =de Vaudreuil=, sowie 3 Schiffe der Mitte -- den Befehl,
diesen Teil der Engländer anzugreifen. Es entspann sich ein Gefecht auf
halbe Kanonenschußweite, das von 9-3/4-10-1/2 Uhr vorm. dauerte und in
das nach und nach auf beiden Seiten noch einige Schiffe eingriffen, die
den Passat erreicht hatten.

 =Hood= mußte bald beidrehen, um sich nicht zu weit von der Hauptflotte
 zu entfernen. Die französischen Schiffe steuerten in Linie auf das
 Schlußschiff der Engländer zu, liefen dann an der englischen Linie
 entlang, wendeten nacheinander und wiederholten das Manöver; sie
 segelten also eine Ellipse zu Luward des Feindes ab (I e). =Vaudreuil=
 wählte diese Entfernung, da er fürchtete, daß auf einer näheren die
 Takelagen seiner Schiffe zu sehr durch das Feuer der Karronaden leiden
 würden, mit denen die englischen Schiffe ausgerüstet waren. (Vgl.
 Kapitel II, Seite 21 ff.)

[Illustration: Erste Schlacht bei Dominica 9. April 1782.]

Während dieses Gefechtes hatte sich =Rodney= mit etwa 8 Schiffen der
englischen Mitte unter sorgfältiger Benutzung der schwachen Windstöße
näher an Land herangearbeitet, die dort frischere Brise abgefangen und
steuerte dann gegen 10-1/2 Uhr nach Norden (Plan II a); der Rest seiner
Flotte lag immer noch nahezu fest (II b). Als =Vaudreuil= dies sah, brach
er das Gefecht ab und segelte nach Süden, damit Rodney sich nicht
zwischen ihn und =de Grasse= schieben könne. Um 11-1/2 Uhr aber griff er
=Hood= aufs neue und in gleicher Weise an, da auch die französische Mitte
und Nachhut den Kampf aufnahmen. Diese eröffneten nämlich jetzt das Feuer
auf =Rodney=, aber auf so weite Entfernung, daß die Engländer es nur
schwach erwiderten (II c). Als dann =de Grasse= um 1-1/4 Uhr nachm. auch
die englische Nachhut herankommen sah, ließ er das Gefecht überall
abbrechen und begann mit der ganzen Flotte in den Kanal aufzukreuzen; ein
Schiff wurde wegen Beschädigungen in der Takelage nach Basseterre
gesandt, um die Bewegungen der Flotte nicht zu behindern. Auch =Rodney=
sammelte seine Schiffe und drehte für die Nacht zum Ausbessern bei. Er
bildete aber zu diesem Zwecke seine Formation in »Kehrt«, so daß die
Vorhut zur Nachhut wurde, denn nur die Vorhutschiffe hatten gelitten,
zwei von ihnen sogar beträchtlich, sie blieben aber trotzdem bei der
Flotte.

$Kritik der Schlacht vom 9. April.$ Wieder muß man fragen: warum hat =de
Grasse= nicht die Gelegenheit benutzt, einen Teil der englischen Flotte
zu vernichten? =Vaudreuil= stand anfangs mit 15 Schiffen gegen 8, und
auch später war das Verhältnis ähnlich. Warum griff er nicht von hinten
auf beiden Seiten an, der Wind war ihm günstig und =Hood= hatte keine
Aussicht auf baldige Unterstützung. Im zweiten Teile des Kampfes standen
gar insgesamt 33 Franzosen gegen höchstens 20 Engländer, denn 16
englische Schiffe -- die ganze Nachhut und 4 der Mitte -- vermochten
nicht, einzugreifen. Wären Hoods Schiffe vernichtet worden, so war
=Rodney= lahmgelegt, und =de Grasse= konnte seine Aufgabe durchführen.

Die Franzosen verloren am 12. April nur 5 Schiffe und doch war die
Schlacht für sie eine entscheidende Niederlage. Zu erklären ist dies nur
dadurch, daß der französische Admiral es für seine wichtigste Aufgabe
hielt, die Flotte unversehrt zu erhalten. Der Angriff auf den gefährdeten
Teil des Feindes sollte dann wohl nur diese Schiffe in ihrer
Bewegungsfähigkeit so weit schädigen, daß sie an der Verfolgung nicht
teilnehmen konnten oder sie doch aufhielten. Es ist nirgend zu ersehen,
ob =Vaudreuil= nach eigener Überlegung oder auf Anordnung den Kampf so
vorsichtig geführt hat. Das erste ist möglich, wenn er die fast
allgemeine französische Auffassung teilte, doch das zweite ist wohl
wahrscheinlicher. Wenn er aber wußte, daß =de Grasse= nicht entscheidend
schlagen, sondern sogar sich der Verfolgung entziehen wollte, war sein
Bestreben richtig, außerhalb der Wirkung der Karronaden zu bleiben.

$Die zweite Schlacht bei Dominica$ (häufig $Les Saintes$ genannt[169])
$am 12. April 1782$. Dreimal hatte das Glück =de Grasse= zu einem großen
Erfolge vergeblich die Hand geboten -- am 29. April 1781 stand er bei
Martinique mit 24 Schiffen gegen 18, im Januar 1782 bei St. Christopher
mit 30 gegen 22 und am 9. April mit 33 gegen 20 --, jetzt aber verließ es
ihn. =Rodney= setzte am 10. die Verfolgung beharrlich fort, auf günstige
Zwischenfälle hoffend, und diese traten ein. Am 10. April morgens konnten
die Engländer die französische Flotte noch von Deck aus sehen, bei
Tagesanbruch am 11. nur noch von den Toppen der Masten; =de Grasse=
schien sich wirklich seinem Verfolger zu entziehen.

 [169] Die Engländer nennen die Schlacht »=Les Saintes=« oder »=am
       12. April=«, die französischen sowie die deutschen
       Geschichtswerke »=Dominica=«.

 Wenn in diesem Falle die französische Flotte der englischen an
 Schnelligkeit überlegen war und nicht durch ungekupferte Schiffe
 aufgehalten wurde, so liegt dies daran, daß sie gerade beim
 Aufkreuzen, zumal gegen flauen Wind, die größere Segelfähigkeit zu
 entfalten vermochte, die sie infolge besserer Bauart ihrer Schiffe
 besaß.

Aber es kam anders. In der Nacht vom 10. auf 11. stießen zwei Schiffe
zusammen, »Jason« und »Zélée«; so daß das erste nach Guadeloupe geschickt
werden mußte. Im Laufe des 11. sah sich dann =de Grasse= gezwungen, einen
Teil seines Vorsprunges aufzugeben, um zwei Schiffe, »Magnanime« und
»Zélée«, wieder an sich zu ziehen, die zu weit nach Lee geraten waren.
»Zélée« schien ein Unglücksschiff zu sein. Es war schon unter Dominica am
9. April von der Flotte abgekommen, in der Nacht vom 11./12. stieß es
wiederum zusammen und dieses Mal sogar mit dem Flaggschiff »Ville de
Paris«; die Wache hatte ein junger Unterleutnant gehabt -- ein die
Verhältnisse in der französischen Marine kennzeichnender Umstand. Die
Takelage des Flaggschiffes ward etwas beschädigt, »Zélée« aber verlor
Bugspriet und Fockmast, so daß eine Fregatte sie nach Guadeloupe
schleppen mußte. Der französischen Flotte fehlten nun außer den beiden
50-Kanonenschiffen, die den Konvoi begleiteten, bereits 3 Linienschiffe.
Der Zusammenstoß hatte außerdem die Flotte in Unordnung gebracht und
aufgehalten.

Am nächsten Tage kam es durch die Wiederherstellung der Ordnung sowie
Manöver zur Deckung der »Zélée«, deren Verbindung mit dem Schlepper fast
bis Tagesanbruch gedauert hatte, zum Zusammenstoß mit dem Verfolger. Er
wurde die größte rangierte Schlacht des Krieges, ja des Jahrhunderts bis
zu dieser Zeit. Sie wurde am gleichen Tage geschlagen wie die heißeste
dieses Krieges in Ostindien; die Sonne hatte sich noch nicht über den
erschöpften Geschwadern der Admirale =Suffren= und =Hughes= bei
Providien, an der Küste Ceylons südlich von Trincomali, gesenkt, als ihre
ersten Strahlen die Flotten bei Les Saintes beschienen. (Der
Zeitunterschied zwischen den beiden Orten beträgt 9-1/2 Stunden.)

                  Die Schlachtordnungen der Flotten.

 Beide sind in »Kehrt« angegeben, da die Flotten so ins Gefecht traten.

                        =Die englische Flotte=:

       =Vorhut=                =Mitte=               =Nachhut=

   Marlborough     74     America         64     Prince William   64

   Arrogant        74     Hercules        74     Magnificent      74

   Alcide          74     Protée          64     Centaur          74

   Nonsuch         64     Resolution      74     Belliqueux       64

   Conqueror       74     Agamemnon       64     Warrior          74

   Princesa 1)     70     Duke            98     Monarch          74

   Prince George   98     Formidable 2)   98     Barfleur 3)      98

   Torbay          74     Namur           90     Valiant          74

   Anson           64     St. Albans      64     Yarmouth         64

   Fame            74     Canada          74     Montagu          74

   Russel          74     Repulse         64     Alfred           74

                          Ajax            74     Royal Oak        74

                          Bedford         74

 1) Flaggschiff des Kontreadmirals =Francis Samuel Drake=.

 2) Flaggschiff des Admirals =Sir George Bridges Rodney=.

 3) Flaggschiff des Kontreadmirals =Sir Samuel Hood=.

                      =Die französische Flotte.=

      =Vorhut=                 =Mitte=                 =Nachhut=

 Hercule        74   [170]Hector             74   Diadème          74

 Souverain      74   [170]César              74   Destin           74

 Palmier        74   |-----                       Magnanime        74

 Northumberland 74   Dauphin-Royal           70   Réfléchi         64

 Neptune        74   Languedoc               80   Conquérant       74

 Auguste 1)     80   [170]Ville de Paris 2) 104   Magnifique       74

 [170]Ardent    64   Couronne                80   Triomphant 3)    80

 Scipion        74   Eveillé                 64   Burgoyne         74

 Brave          74   Sceptre                 74   Duc de Bourgogne 80

 Citoyen        74   [170]Glorieux           74   Marseillais      74

                     |-----                       Pluton           74

 1) Flaggschiff des Chef d'Escadre =De Bougainville=.

 2) Flaggschiff des Lieutenant-Général =Comte de Grasse=.

 3) Flaggschiff des Chef d'Escadre =De Vaudreuil=.

   |----- Hinter »Glorieux« durchbrach =Rodney= und hinter »César«
 =Hood= die französische Linie.

 [170] Die fünf Schiffe wurden von den Engländern genommen.

Am 12. April mit Tagesanbruch, gegen 5-1/2 Uhr, steuerte die englische
Flotte bei SO-Wind südlich; sie lag über Steuerbordbug mit »Kiellinie in
Kehrt«, so daß also die eigentliche Vorhut (Geschwader Hood) zur Nachhut
wurde. Man sah die französische Flotte in NO, gleichfalls über
Steuerbordbug bei OSO-Wind, aber in einer breiten Masse liegend (Plan I
a); sie war durch ungünstige Zufälle sehr auseinandergekommen. Ihre
östlichsten Schiffe befanden sich 8-10 Seemeilen von den westlichsten
entfernt; unter diesen befand sich das Flaggschiff »Ville de Paris«, das
etwa 10 Seemeilen von Rodneys Flaggschiff stand. Noch westlicher sah man
»Zélée« im Schlepp der Fregatte (b). =Rodney= ließ sofort seine 4 letzten
Schiffe auf diese abhalten (c), wohl um de Grasse zu ihrer Deckung nach
Lee zu locken. Mit seiner Flotte wendete er, alle Schiffe zugleich, und
bildete dann wieder die Kiellinie beim Winde über Backbordbug, also mit
Kurs ONO (d). Sein Plan gelang.

=De Grasse= gab gegen 6 Uhr Befehl, abzuhalten, Segel zu mehren und
gleichzeitig die Schlachtlinie über Steuerbordbug »in Kehrt« herzustellen
(e). Gegen 7 Uhr rief =Rodney= die jagenden Schiffe zurück und ließ seine
Linie auf eine Kabellänge Entfernung zwischen den Schiffen schließen.
Gleichzeitig hatte =de Grasse= erkannt, daß er die Luvstellung verlieren
würde, wenn er wie bisher weiter raum steuerte; er ging wieder an den
Wind, der um diese Zeit nach Ost drehte. So begann ein Rennen zwischen
den beiden Flotten um die Luvstellung; die französische lag über
Steuerbordbug etwa SSO (f), die englische über Backbordbug etwa NNO (f'),
aber die erste war noch nicht gut ausgerichtet, als der unvermeidliche
Zusammenstoß erfolgte.

 Rodney hatte auch während des Aufkreuzens an den letzten Tagen von Zeit
 zu Zeit nach Möglichkeit ausrichten lassen, jetzt wurde die
 Gefechtslinie bald in guter Ordnung hergestellt. =De Grasse= dagegen
 wurde es schwer, die Formation einzunehmen, da die Schiffe so weit
 verstreut waren; als der Zusammenstoß erfolgte, hatten noch nicht
 sämtliche Schiffe der Vorhut und Nachhut ihre Posten eingenommen (Plan
 II, V. und N.). =Vaudreuil=, der die Nachhut befehligte, also zuletzt
 ins Gefecht kam und alles gut übersehen konnte, schrieb später: »Wir
 bildeten unsere Linie unter Gewehrfeuer.«

[Illustration: Schlacht bei Dominica 12. April 1782.]

Aus Besorgnis um »Zélée« hatte =de Grasse= entgegen seiner sonstigen
Vorsicht die Bewegungen hastig und unüberlegt ausgeführt. Es lag in
seiner Hand, den Zusammenstoß zu verzögern, bis er besser geordnet war,
wenn er länger unter kleinen Segeln blieb und nicht so weit abhielt. Dies
soll nach Augenzeugen überhaupt nicht nötig gewesen sein; »Zélée« lief im
Schlepp 5-6 Knoten Fahrt, und =Rodney= würde sich gehütet haben, seine
Schiffe länger hinter ihr herlaufen zu lassen, sobald die französische
Flotte nur Anstalt zum Kampf machte. Ferner war es falsch, daß die Flotte
über Steuerbordbug nach Süden ging, da man erfahrungsmäßig unter Dominica
flaue umspringende Winde antraf, während in der Mitte des Kanals frischer
Passat wehte. All diese Umstände sind dem Admiral später zum Vorwurf
gemacht.

Die führenden französischen Schiffe erreichten und passierten zuerst den
Punkt, in dem sich die schnell zusammenführenden Kurse der Flotten
schnitten. Das englische Spitzenschiff »Marlborough« traf auf das achte
Schiff der feindlichen Linie »Scipion«, dessen Hintermann »Brave« um
7-3/4 Uhr vormittags das Feuer eröffnete. Da ein Durchbrechen nicht
beabsichtigt war, hielt »Marlborough« auf Signal Rodneys ab und lief in
Lee der feindlichen Linie entlang; ihm folgten die übrigen Schiffe im
Kielwasser (Plan II). Die Schlacht wurde damit zu einem Passiergefecht,
das gewöhnlich keine Entscheidung bringt, und dies entsprach auch wohl
der Absicht des französischen Admirals. Da aber die Schiffe bei flauem
Winde nur 3-4 Knoten liefen, wurde der Kampf heftiger als sonst bei
dieser Gefechtsart[171], ferner gab =de Grasse= seiner Spitze Befehl, bis
SSW abzuhalten und brachte so seine bisher ganz unbeschäftigte Vorhut ins
Gefecht. Er wurde sich aber doch jetzt bewußt, daß dieser Kurs die Flotte
in die Region des flauen, umspringenden Windes führen und ihr
voraussichtlich die Luvstellung kosten würde; diese war jedoch unbedingt
nötig, wenn er sich ohne entscheidende Schlacht der Verfolgung entziehen
wollte. =De Grasse= gab deshalb um 8-1/2 Uhr Befehl, gleichzeitig zu
halsen, und bald darauf, als dies nicht ausgeführt wurde, im Kontremarsch
zu halsen, jedoch auch dieses Kommando wurde nicht befolgt.

 [171] Wie langsam das Passieren der Flotten verlief, beweist die
       Angabe, daß Rodneys Flaggschiff, das 18. der Linie, erst um 8-1/2
       Uhr, und Hoods Schiff gar erst gegen 9-1/2 Uhr das Feuer
       eröffnete.

 Ein gleichzeitiges Halsen hätte die französischen Schiffe in eine
 geradezu verhängnisvolle Lage gebracht; da die Flotten so nahe
 beieinander lagen, würden sie bei dem flauen Winde alle zugleich lange
 Zeit einem vernichtenden Enfilierfeuer von hinten ausgesetzt gewesen
 sein. Der Kommandant des Schlußschiffes »Pluton«, Kapitän d'=Albert de
 Rions=, der das Manöver hätte beginnen müssen, sah das Signal, hielt es
 aber aus genanntem Grunde für einen Irrtum und befolgte es nicht; auch
 sein Geschwaderchef =Vaudreuil=, der nun auf Ausführung hätte dringen
 müssen, sowie noch andere Kommandanten scheinen gleicher Ansicht
 gewesen zu sein. Das zweite Signal ward für einen Augenblick vom
 Spitzenschiff gesehen, das hier beginnen mußte, aber bald durch
 Pulverdampf verhüllt. Der Kommandant dieses Schiffes wollte die
 Verantwortung nicht übernehmen, da er seiner Sache nicht ganz sicher
 war; auch bei diesem Manöver wären die französischen Schiffe, eins nach
 dem anderen, dem Enfilierfeuer aus nächster Nähe ausgesetzt gewesen.

Einige Minuten nach 9 Uhr trat nun das Gefürchtete ein. Der Wind sprang
plötzlich auf SSO und kam allen französischen Schiffen, die noch nicht
abgehalten hatten, fast von vorn, so daß sie etwa SW steuern mußten, um
volle Segel zu behalten. Sie lagen nun nicht mehr in Kiellinie, sondern
mit dem Bug auf die feindliche Linie zu (Plan III), während den
Engländern frei stand, ihren Kurs beizubehalten oder anzuluven; auch ging
die Fühlung zwischen den französischen Schiffen verloren und es
entstanden Lücken. =Rodney= war um diese Zeit querab vom vierten Schiff
hinter de Grasse, und hier war eine besonders große Lücke, da das fünfte
Schiff hinter dem französischen Flaggschiffe, »Diadème«, alle Segel back
bekommen hatte. In diesen Zwischenraum, also hinter »Glorieux«, brach
Rodney mit dem »Formidable« ein, gefolgt von den nächsten fünf Schiffen,
und kurze Zeit darauf drang das letzte Schiff der englischen Mitte,
»Bedford«, hinter dem »César« durch eine Lücke, hinter ihm die ganze
Nachhut unter =Hood=. Der Vordermann Rodneys, der »Duke«, ging nach dem
Beispiel seines Admirals hinter dem »Réfléchi« durch. =Rodney= hatte beim
Durchbruch das Signal »Schlachtlinie« niedergeholt.

 Die französischen Schiffe an den Durchbruchsstellen litten natürlich
 sehr. Infolge von Rodneys Manöver stauten sich die vier Schiffe
 »Diadème«, »Destin«, »Magnanime«, »Réfléchi« zu einem Haufen, in den
 die durchbrechende Kolonne das Feuer ihrer Backbordbatterien und »Duke«
 das seiner Steuerbordbatterie schmetterten; also 7 Schiffe, worunter 3
 Dreidecker. Die Steuerbordbatterien der Kolonne entluden sich auf
 »Glorieux«, der alle Masten verlor. Unter dem Feuer der Kolonne Hoods
 hatten besonders »César« sowie dessen Vordermann »Hector« zu
 leiden.[172]

 [172] Die später von den Engländern genommenen Schiffe sind im Plan III
       und IV mit einem kleinen Kreuz bezeichnet.

[Illustration: Schlacht bei Dominica, 12 April 1782.]

Die französische Linie war somit an zwei Stellen von Kolonnen
durchbrochen und nach Lee gedrängt. Die ganze englische Vorhut sowie 5
Schiffe der Mitte waren weiter gelaufen; die vordersten Schiffe der
Vorhut müssen zur Zeit des Durchbruches bereits das Ende der
französischen Linie passiert haben. Auffallend ist, daß diese 16 Schiffe
keinen Befehl zum Wenden erhielten, um dem Feinde zu folgen; der Admiral
der Vorhut hätte ihn auch selber geben können, da das Signal
»Schlachtlinie« nicht mehr wehte. Keine englische Quelle äußert sich
hierüber, es wird nur erwähnt, daß das 11. Schiff »Russel« und das 12.
»America« aus eigenem Antriebe gewendet hätten. Dieses wendete zurück,
da kein Signal kam, »Russel« blieb auf dem neuen Kurse und konnte
infolgedessen später bei der Verfolgung der »Ville de Paris« kräftig
eingreifen. Auch die englische Flotte war in drei Gruppen geteilt, und
beide Oberbefehlshaber strebten nun, ihre Kräfte wieder zu sammeln; das
Feuer hatte im allgemeinen zwischen 10-1/2 und 11 Uhr aufgehört, nur die
letzten Schiffe der englischen Nachhut scheinen es bis gegen Mittag noch
unterhalten zu haben.

=Rodney= wendete nach dem Durchbruch mit seiner Gruppe und gab gegen
11-1/2 Uhr auch der Vorhut Befehl hierzu. Das Manöver erlitt jedoch
erhebliche Verzögerung, da die Takelagen beschädigt waren und der Wind
flau und unbeständig wehte; =Hood= war mit der Nachhut nach dem
Durchbruch anstatt sogleich zur Mitte zu steuern, am Winde geblieben und
bald in Stille geraten. Als gegen 1 Uhr nachmittags etwas frischere Brise
von Osten aufkam und den Pulverrauch vertrieb, lagen die beiden Flotten,
wie aus Plan IV ersichtlich: die französische Vorhut (V) stand etwa zwei
Seemeilen zu Luward der Gruppe bei de Grasse (M), die Nachhut (N) etwa 4
Seemeilen in Lee von dieser; die englische Flotte bot ein ähnliches Bild
(V^1, M^1, N^1). Zwischen beiden Flotten lagen die französischen Schiffe
»Glorieux«, »César«, »Hector« fast bewegungslos.

=De Grasse= gab im Laufe des Nachmittags wiederholt Befehl, die Ordnung
auf die am meisten in Lee befindlichen Schiffe wieder herzustellen, aber
ohne Erfolg. Die drei Gruppen näherten sich wohl etwas, ein wirkliches
Sammeln kam jedoch nicht mehr zustande; die Beschädigungen und der
schwache Wind mögen es vereitelt haben, die Schiffe konnten wohl raum
segeln, aber schlecht manövrieren, vielleicht hat auch der Eindruck der
Niederlage das Seinige dabei getan. =Rodney= hat, als um 1 Uhr Wind
aufkam und man die Lage übersehen konnte, keine Maßregeln zur Ausnützung
des bisherigen Erfolges ergriffen; er heißte zwar das Signal
»Nahgefecht«, holte es aber bald wieder nieder. Er scheint mit dem
Flaggschiff längere Zeit dem Feinde nur unter kleinen Segeln gefolgt zu
sein, und viele seiner Schiffe taten das gleiche. So näherten sich die
englischen Gruppen wohl dem Gegner, aber eine scharfe Verfolgung trat
nicht ein. Dennoch fielen fünf Franzosen vorausgeeilten Engländern in die
Hände. Etwa um 4 Uhr wurden die obengenannten drei vereinzelten Schiffe
und auch ein schlechter Segler der Vorhut, »Ardent«, genommen, und gegen
6 Uhr strich das Flaggschiff »Ville de Paris« nach tapferster Gegenwehr
die Flagge vor »Barfleur« und »Russel«; es soll um diese Zeit von 9
englischen Schiffen umgeben gewesen sein.

Die Nacht brach nun herein. Der Chef d'Escadre =de Vaudreuil= übernahm
auf französischer Seite den Oberbefehl. Er mehrte auf »Triomphant« Segel,
hielt ab und befahl, ihm zu folgen, doch konnte der aufzunehmende Kurs
nur durch Zuruf von Schiff zu Schiff weitergegeben werden. =Rodney= ließ
um 6-3/4 Uhr die Linie über Steuerbordbug bilden und beidrehen.

=Der Verlust= der Engländer betrug 243 Tote, darunter 2 Kommandanten, und
816 Verwundete; der der Franzosen ist nirgend verzeichnet, doch sagen
ihre eigenen Quellen, er sei viel stärker gewesen. Acht Kommandanten
waren gefallen und 5 Schiffe verloren; der Zufall wollte, daß sich auf
dem Flaggschiffe reiche Geldmittel und auf den anderen der größere Teil
der Artillerie für die Expedition gegen Jamaika befand. Diese 5 in der
Schlacht genommenen Schiffe, sowie zwei weitere, die später Hood in die
Hände fielen, sind aber nie nach England gekommen; »César« flog noch in
der Nacht auf und die anderen sind sämtlich in Westindien oder auf der
Fahrt nach England, stark beschädigt wie sie waren, in stürmischem Wetter
untergegangen.

 $Die französischen Verluste$ müssen sehr viel höher gewesen sein.
 Während der stärkste Verlust auf einem englischen Schiffe (»Duke«) 73
 Mann betrug, sind mit »César« allein 400 Franzosen umgekommen, und
 Troude schreibt, »Ville de Paris« habe 400 Tote und 600 Verwundete
 gehabt; die Engländer seien beim Anbordkommen vor Entsetzen starr
 gewesen. Dieses Mißverhältnis ist nicht allein dadurch bedingt, daß die
 Franzosen wieder besonders auf die Takelage gefeuert hatten, sondern
 auch durch die zweifellos bessere Artillerie der Engländer. Ihre
 Schiffe führten Karronaden, deren große Vorteile im Nahgefecht wir
 kennen; ihre Geschütze waren teilweise mit Hammerschlössern versehen,
 die Zielen und Abfeuern durch denselben Mann erlaubten; neue
 Vorrichtungen an den Lafetten gestatteten schnelleres Richten. Daß die
 französische Marine die englischen Verbesserungen noch nicht eingeführt
 hatte, war eine um so gröbere Nachlässigkeit des Ministeriums, als
 Offiziere wie Suffren auf Vervollkommnungen der Artillerie gedrungen
 hatten, so auf Einführung von Haubitzen auf Oberdeck für
 Kartätschfeuer, also etwas Ähnliches wie die Karronaden, die Sache war
 aber verschleppt worden. Ferner häufte auch der Umstand die Verluste
 der Franzosen, daß auf ihren Schiffen sich 5400 Soldaten befanden, die
 nun als Kanonenfutter dienten.

$Kritik der Schlacht am 12. April[173].$ Gerade diese Schlacht ist bis
zur Jetztzeit Gegenstand eingehender Besprechung gewesen. Sie war nach
langer Zeit die größte rangierte Schlacht und gewann besondere Bedeutung
für die Seetaktik, da in ihr durch Brechen mit dem langjährigen Schema
eine große Entscheidung herbeigeführt wurde; wir wissen, daß mit ihr das
Wiederaufleben der Taktik beginnt. Wir wollen die hauptsächlichsten
Auslassungen bedeutender Autoren der neueren Zeit kurz zusammenfassen.

 [173] Es sei besonders verwiesen auf Mahan I, Clowes Band III,
       Chevalier II. Von diesen behandelt der erste besonders den
       Durchbruch Rodneys, der zweite die Kritik Hoods über Rodneys
       fehlerhaftes Verhalten nach dem Durchbruch, der dritte die
       Führung der französischen Flotte und das deswegen abgehaltene
       Kriegsgericht über de Grasse und die von diesem angeschuldigten
       Offiziere.

$Rodneys Durchbruch.$ Es ist gestritten worden, ob es richtig war, die
feindliche Linie zu durchbrechen, oder ob =Rodney= nicht besser seinen
Kurs fortgesetzt, die feindliche Nachhut mit seiner ganzen Linie
beschossen, dann mit seiner Spitze hinter ihr gewendet und die letzten
Schiffe zwischen zwei Feuer genommen hätte. Die feindliche Linie von
hinten von beiden Seiten anzugreifen, ist allerdings unter anderen
Umständen von Vorteil, aber ob es hier möglich war, bleibt fraglich. Die
englische Linie hatte schon längere Zeit im Gefechte gelegen und nicht
alle Schiffe hätten schnell wenden und dann den Gegner einholen können;
es wäre wahrscheinlich bei einem Passiergefechte geblieben, ähnlich wie
bei Ouessant (1778), nach dem die Engländer höchstens die Luvstellung
gewonnen hätten. Zuzugeben ist nun allerdings, daß der Durchbruch der
Kolonne Rodneys den letzten elf Franzosen den Rückzug nach Lee freigab,
nachdem sie nur von der englischen Vorhut beschossen waren, während diese
das Feuer der ganzen französischen Linie erhielt, dafür aber waren sie
durch das Ausweichen nach Lee für einen längeren und wichtigen Zeitraum
außer Gefecht gesetzt und wären nicht imstande gewesen, dem Reste ihrer
Flotte Hilfe zu bringen; die Engländer konnten diesen mit erdrückender
Überzahl angreifen, da sie die Luvstellung gewonnen hatten, während die
elf französischen Schiffe hoffnungslos in Lee lagen.

Dadurch, daß auch =Hood= durchbrach, wurde die Sache nur wenig anders.
Die Gruppe der sechs Schiffe bei =de Grasse= war von dem vorderen und dem
hinteren Teile der Flotte abgeschnitten und gleichfalls nach Lee
getrieben; die französische Linie war in drei Teile getrennt, die sich
nur schwer wieder vereinigen konnten, und man darf auch den moralischen
Eindruck nicht unterschätzen, der hierdurch entstand. Dazu kommt nun die
größere Ausnutzung des Feuers seitens der durchbrechenden Schiffe. Beim
Passiergefecht würden unter gleichen Umständen Breitseiten abgegeben und
empfangen sein, hier erhielten die französischen Schiffe an den
Durchbruchsstellen nacheinander das Feuer aller Schiffe der
durchbrechenden Kolonne, und diese hätten sogar die Kanonen beider Seiten
zur Verwendung bringen können; tatsächlich tat es nur »Formidable«, da
die Backbordbatterien der anderen nicht bereit waren. =Rodneys Manöver=
hatte also zur Folge: die Gewinnung der Luvstellung und damit die
Möglichkeit zum angriffsweisen Vorgehen; die Vereinigung des Feuers auf
einen Teil der feindlichen Schlachtordnung; das Auseinandersprengen und
Verwirren dieser. Es ist kein stichhaltiger Einwurf, daß sich die
Franzosen bei geschickterem Manövrieren früher wieder hätten vereinigen
können; ein Unternehmen, das beim Gelingen Vorteil verspricht, verliert
dadurch nicht an Wert, daß es vom Gegner pariert werden kann.

Sicher ist wohl, daß =Rodney= den Durchbruch nicht vorher beabsichtigt
hat, sondern nur die günstige Gelegenheit -- den raumenden Wind und die
sich bietende Lücke -- wahrnahm. Der Admiral soll sogar dabei gar nicht
eigenem Antriebe, sondern nur einem Drucke seines Stabschefs, Kapitän
=Sir Charles Douglas=, gefolgt sein; gewichtige Beweisgründe, die dessen
Sohn beibringt, scheinen dies zu bestätigen. Sie dürften indessen doch
mit Vorsicht aufzunehmen sein, denn zweifellos hat Rodney die von =Clerk=
aufgestellten taktischen Grundsätze (vgl. Seite 44) gekannt und
gebilligt, und dieser sieht den Durchbruch mit der eigenen Mitte vor.
Wohl ist es möglich, daß Douglas die Anregung gegeben, aber
unwahrscheinlich, daß es längerer Vorstellungen bedurft hätte, zu denen
überdies nicht einmal die Zeit vorhanden war.

 $Rodneys eigene Ansicht über die Schlacht ist bemerkenswert.$ Er hielt
 nur wenig von seinem Siege am 12. April und würde es vorgezogen haben,
 seinen Ruf auf die Taktik zu gründen, die er in der Schlacht bei
 Martinique am 17. April 1780 hatte anwenden wollen. Er war überzeugt,
 daß die damals gebotene Gelegenheit, mit einer schwächeren Flotte einen
 tüchtigen Führer (er hielt =de Guichen= für den Besten der Franzosen)
 zu schlagen, ihm ohne die Fehler seiner Kommandanten größeren Ruhm
 erworben haben würde. Das Schicksal fügte es sonderbar. Sein Ruhm
 gründet sich auf der allerdings glänzenden Schlacht am 12. April 1782,
 an der aber seine Fähigkeiten den geringsten Anteil hatten, und die
 Haupttat seines Lebens, in der Verdienst sowie Erfolg sich entsprachen,
 nämlich die Vernichtung der spanischen Flotte =Langaras= beim Kap St.
 Vincent am 16. Januar 1779, ist kaum noch bekannt. Übrigens schrieb
 auch im letzterwähnten Falle das Tagesgeschwätz dem Kommandanten des
 Flaggschiffes das Verdienst zu, doch ist dies zweifellos widerlegt.
 (Vorstehendes nach Mahan I, Seite 488.)

$Das Unterlassen der Verfolgung$ am 12. April bezeichnete =Hood= als
einen großen Fehler Rodneys. Er war der Ansicht, daß 20 Schiffe hätten
genommen werden können, wenn nach dem Durchbruch »Allgemeine Jagd«
befohlen und man dem Gegner unter vollen Segeln auch während der Nacht
auf den Fersen geblieben wäre; der obengenannte Chef des Stabes
pflichtete ihm bei. Diese beiden erfahrenen Offiziere haben dann auch am
nächsten Tage versucht, den Admiral zur Aufnahme der Verfolgung zu
bewegen, aber er soll freundlich geantwortet haben: »Come, we have done
handsomely as it is.« =Rodney= rechtfertigte später die unterlassene
Verfolgung mit dem Hinweis auf die vielfachen Schiffsschäden und
sonstigen Folgen der heißen Schlacht, auch legte er nahe, daß der Erfolg
in der Nacht zweifelhaft gewesen sein würde, weil der Feind »in einer
geschlossenen Masse von 26 Schiffen« abgezogen sei. Dies war nun
allerdings nicht der Fall, wie sich zeigen wird, und =Hood= hatte wohl
recht, wenn er eine tatkräftige Verfolgung unmittelbar nach der Schlacht
oder doch am nächsten Tage für erfolgreich hielt. Dennoch erscheint es
gewagt, Rodney unbedingt zu verurteilen; Hood war zwar ein hervorragender
Führer und die Folgen gaben ihm recht, aber Rat sowie Kritik sind
jederzeit leicht, und die volle Verantwortung fühlt nur der, auf dessen
Schultern sie ruht.

$De Grasse wurde$ in Frankreich $sehr angegriffen$. Man gab ihm zu, daß
er mit 2246 Kanonen auf 30 Schiffen gegen 2674 Geschütze auf 36 sehr im
Nachteil gewesen sei, aber die Hauptschuld an der Niederlage maß man doch
seinem Verhalten bei.

 Die Unterlegenheit geben die Engländer nicht voll zu. =Douglas=, der
 sich besonders mit Artillerie beschäftigte, meinte, die Franzosen
 hätten nicht nur die besseren Schiffe gehabt, sondern das Gewicht der
 Batterien auf ihren 30 Schiffen habe dem der 36 Engländer gegenüber
 zwei 74-Kanonenschiffe aufgewogen.

Am 9. April habe er trotz günstiger Umstände mit Rücksicht auf seine
Aufgabe eine Schlacht vermieden und am 12. seine Flotte so geführt, daß
es zu einer solchen unter nachteiligen Verhältnissen kommen mußte. Es
wurden dann die schon besprochenen Fehler aufgeführt: Unnötige Besorgnis
um »Zélée« und das dadurch verursachte Aufgeben des bereits gewonnenen
Luvraumes; Herangehen an den Feind, ehe die Linie gebildet war; Wahl des
falschen Buges. Der Admiral versuchte, die Schuld auf einen Teil seiner
Untergebenen abzuwälzen, die seine Befehle nicht befolgt und ihn später
im Stich gelassen hätten. Erst zu Beginn des Jahres 1784 konnten alle
Angeklagten und Zeugen vor dem Kriegsgerichte erscheinen. Das Ergebnis
der Verhandlungen war, daß fast alle vom Admiral Angeklagten gänzlich
gerechtfertigt hervorgingen und nur einige unter Zugeständnis mildernder
Umstände gelinde bestraft wurden; dem Admiral jedoch legte das Gericht
die genannten Mißgriffe zur Last. =De Grasse= schädigte durch sein
Auftreten nach der Niederlage und nach dem Urteilsspruche selber den
Ruhm, den er sich in Nordamerika zweifellos erworben hatte.

 $De Grasse$ ging als Gefangener mit Rodney nach Jamaika und ward im Mai
 nach England gesandt. Dort wurde er sowohl von den Seeoffizieren wie
 von der Bevölkerung mit der wohlwollenden Aufmerksamkeit behandelt, die
 der Sieger einem immerhin tapferen Besiegten gern erweist. Diese
 Behandlung scheint er ziemlich würdelos aufgenommen und auch zu den
 Gegnern gehässig über seine Untergebenen geurteilt zu haben. Er tat
 dies ferner nicht nur in dienstlichen Berichten, sondern auch in
 Flugschriften, die er von England aus durch ganz Europa versandte. So
 war es kein Wunder, daß er bei der Rückkehr nach Frankreich nach seinem
 eigenen Ausspruch »keine Hand fand, die sich ihm entgegenstreckte«.
 Gegen die Urteile des Kriegsgerichts legte er in einem Briefe an den
 Marineminister Berufung ein und forderte eine neue Untersuchung. Der
 Minister antwortete im Namen des Königs ziemlich schroff. Nachdem er
 die Widersprüche in den Flugschriften mit den Ergebnissen der
 Untersuchung besprochen sowie dem Admiral den Vorwurf gemacht hatte,
 leichtfertig den Ruf seiner Offiziere gefährdet zu haben, schloß er:
 »Seine Majestät ist mit Ihnen sehr unzufrieden und verbietet Ihnen, vor
 ihm zu erscheinen; ich füge den Rat hinzu, daß Sie sich in Ihre Provinz
 zurückziehen.« =De Grasse= starb 1788.

$Die Folgen der Schlacht bei Dominica.$ =De Vaudreuil= hatte am Morgen
des 13. April nur 11 Linienschiffe um sich, von denen er eins sogleich
nach Cap Français voraussandte. Mit den übrigen kreuzte er einige Tage
bei Haiti, um Versprengte aufzunehmen, und es stießen auch noch 6 Schiffe
zu ihm. Auf der Fahrt sind also niemals mehr als 16 Schiffe vereint
gewesen. Bei seiner Ankunft in Cap Français waren schon 3 Linienschiffe
dort eingetroffen, auch fand der Admiral den Konvoi nebst den zwei
50-Kanonenschiffen, sowie =Solano= mit 15 spanischen Linienschiffen vor;
15-20 000 Mann Landtruppen waren versammelt. In den ersten Tagen des Mai
langte Chef d'Escadre =de Bougainville= mit 5 Linienschiffen an, die er
nach der Schlacht zur Wiederinstandsetzung nach Curaçao geführt hatte.

=Rodney= kreuzte nach der Schlacht mehrere Tage bei Guadeloupe in der
Hoffnung, noch versprengte Franzosen zu fangen. Er war oft durch
Windstille behindert, aber =Hood= behauptet, man würde 50 Seemeilen
westlicher genügend Wind zur Verfolgung gefunden haben. Erst am 17. April
zweigte =Rodney= den Admiral =Hood= mit 10 Linienschiffen nach Norden ab,
während er mit der Hauptflotte nach Jamaika segelte. =Hood= eilte zur
Mona-Passage, zwischen Portoriko und Haiti, und fing hier am 19. die
beiden Linienschiffe ab, die vor der Schlacht die französische Flotte
verlassen hatten; auch zwei diese begleitenden Fregatten fielen in seine
Hände. =Vaudreuil= selber hatte erst am 18. den Kanal passiert; es ist
also anzunehmen, daß die französische Flotte schwer gelitten haben würde,
wenn =Rodney= die Verfolgung mit voller Kraft rechtzeitig aufgenommen
hätte. =Hood= verfehlte nicht, dies in dem Berichte über seinen Fang dem
Oberbefehlshaber nahezulegen. Hier scheint also =Rodney= seine Aufgabe,
Jamaika zu schützen, höher gestellt zu haben, als die Ausnutzung der
Gelegenheit, die feindlichen Seestreitkräfte zu vernichten.

=Jamaika war allerdings gerettet.= Die Führer der Verbündeten sahen von
der Expedition ab, obgleich sie über 40 Linienschiffe in Cap Français
verfügten. Sie unternahmen auch sonst nichts von größerer Bedeutung, nur
ließ der Gouverneur von Kuba am 6. Mai durch 3 Fregatten und 60
Transporter mit Soldaten die =Bahamainseln= besetzen. Auch =der
moralische Eindruck= des Sieges war groß; in England erregte er maßlose
Freude, in Frankreich große Niedergeschlagenheit und hat wohl hier die
Neigung zum Friedensschluß gefördert. Die namentlich früher in
Geschichtswerken viel verbreitete Ansicht, der Sieg habe den für England
günstigen Frieden herbeigeführt, da durch ihn die französische Marine zum
Kampf um die Seeherrschaft unfähig geworden sei, trifft nicht zu; die
Verbündeten blieben im Gegenteil unmittelbar nach der Schlacht in
Westindien noch überlegen. Die Engländer hätten wohl Jamaika behaupten,
aber schwerlich die anderen Inseln mit Waffengewalt wiedergewinnen
können, die ihnen der Friedensschluß zurückgab. Anders wäre es gewesen,
wenn =Rodney= die französische Flotte vernichtet hätte.

$Der Krieg in Westindien war zu Ende$ nicht nur für das Jahr 1782,
sondern überhaupt. =Vaudreuil= sandte von Cap Français über 200
Kauffahrer in 2 Konvois unter starker Bedeckung nach Europa und segelte
am 4. Juli, nur 2 Linienschiffe zurücklassend, mit dem Rest der Flotte,
16 Schiffen, nach Nordamerika; ein Linienschiff nebst 2 Fregatten war
schon kurz vorher abgesandt, um englische Niederlassungen in der
Hudsonbucht zu brandschatzen. Die Spanier gingen nach ihren Stationen
zurück. =Rodney= wurde am 10. Juli durch =Admiral Hugh Pigot= abgelöst.

 $Rodney$ fiel als strenger Tory trotz seiner Verdienste dem
 Ministerwechsel zum Opfer. Allerdings ward seine Abberufung auf die
 Nachricht vom letzten Siege widerrufen, aber die Verfügung traf in
 Jamaika erst ein, als der Admiral bereits abgesegelt war. Rodney hat
 während der 2-1/2 Jahre seines Kommandos den Gegnern 12 Linienschiffe
 abgenommen, darunter den einzigen Dreidecker, der je einem Feinde in
 die Hände gefallen ist, und fünf vernichtet; er hat ferner einen
 französischen, einen spanischen und einen holländischen Admiral
 gefangen genommen. Für seinen letzten Erfolg ward er mit der Peerswürde
 und einer Pension belohnt; er starb 1792.

 Auch $Hood$ wurde zum Peer erhoben; ihm werden wir im ersten Teile des
 nächsten Krieges wieder begegnen, wo er sich die höchste Bewunderung
 =Nelsons= erwarb.

=Pigot= segelte mit dem größten Teile seiner Flotte nach New York, um die
französische im Auge zu behalten. Beide Flotten kehrten nochmals nach
Westindien zurück, aber nur im Kleinen Kriege stießen sie noch zusammen.

$Über die Kriegführung in Westindien 1782$ ist nicht mehr viel zu sagen.
Anfangs hatten die Franzosen das Übergewicht, später waren die Engländer
wenigstens jenen allein überlegen. Beide nutzten es nicht aus, um die
unbedingte Seeherrschaft zu erringen. So eroberten die Franzosen zwar
eine größere Zahl englischer Inseln, doch waren diese sämtlich nur von
untergeordneter Bedeutung. Die Engländer vereitelten den Hauptplan der
Gegner, Jamaika zu erobern, da jedoch deren vereinte Seemacht überlegen
blieb und leicht noch verstärkt werden konnte, sahen sie sich weiter auf
die Verteidigung beschränkt und mußten ihre Bewegungen denen des Feindes
anpassen. Zu ihrem Glück haben die Niederlage bei Dominica, der
Fehlschlag des Unternehmens gegen Gibraltar und auch wohl die
Friedensunterhandlungen zwischen England und seinen Kolonien die Tatkraft
der Verbündeten gelähmt.

$In Nordamerika brachte das Jahr 1782 keine Ereignisse von Bedeutung
mehr.$ =Der Landkrieg= war nach der Kapitulation von Yorktown fast
eingeschlafen; die englischen Befehlshaber hatten Weisung erhalten, sich
auf die Behauptung der noch besetzten Plätze zu beschränken, und auch die
Amerikaner nutzten ihren Erfolg nicht aus. Zu einem Angriff auf New York
fühlten sie sich zu schwach.

 Die Lage der amerikanischen Finanzen war schlimmer als je. Von 9
 Millionen Dollars, die der Kongreß für dies Jahr brauchte, ließen sich
 höchstens fünf den Einzelstaaten auferlegen; der Rest mußte durch
 Anleihen beschafft werden. Zur Sicherung schlug der Kongreß die
 Einführung eines Zolles für alle Kolonien vor, aber mehrere Staaten
 lehnten sie ab, und von den fünf Millionen ging nur eine halbe ein.
 Zwar traf von Frankreich im Januar 1782 nochmals eine Unterstützung ein
 und auch die Anleihe in Holland brachte Gelder, aber alles waren nur
 Tropfen auf den heißen Stein. Die Truppen litten Mangel und
 =Washington= hatte die größte Mühe, sie zu beruhigen und
 zusammenzuhalten.

Auch =zur See= ereignete sich nichts von Bedeutung[174]. =Pigot=, der am
4. September in New York eingetroffen war, ging Ende Oktober nach
Westindien zurück, weil man wußte, daß die Verbündeten den Plan gegen
Jamaika noch nicht endgültig aufgegeben hatten. Er segelte nach Barbados,
ließ aber =Hood= mit 13 Linienschiffen bei Haiti kreuzen. =Vaudreuil=,
der am 10. August in Boston geankert, eine feste Verteidigungsstellung
eingenommen und dann seine Schiffe gründlich überholt hatte, segelte am
24. Dezember nach Puerto Cabello, um sich hier mit der spanischen Flotte
zu vereinigen; er führte 4000 Mann vom Heere Rochambeaus mit sich.

 [174] Die kleine französische Flottille, die zur Hudsonbucht gesandt
       war, plünderte unter Kapitän La Pérouse, dem später verschollenen
       Entdecker, einige englische Pelzhandelsniederlassungen.


                      Die Friedens-Präliminarien.

Die zwischen England und den Vereinigten Staaten zu Paris vom 30.
November 1782, und die zu Versailles vom 30. Januar 1783 zwischen England
und den beiden Königreichen vereinbarten Vorbedingungen des Friedens, in
die für Holland wenigstens Waffenstillstand eingeschlossen war, machten
dem Seekriege in den europäischen, sowie den westindischen Gewässern ein
Ende; nur in Ostindien dauerte der Streit noch fort.

=Für das Jahr 1783= hatten die Verbündeten abermals =die Eroberung
Jamaikas geplant=. Man rechnete mit etwa 40 englischen Linienschiffen in
Westindien und wollte diesen 64 gegenüberstellen. =Vaudreuil= (22
Schiffe) sollte sich mit =Solano= (12 Schiffe) in Puerto Cabello
vereinigen und =d'Estaing= 15 spanische, sowie 15 französische Schiffe
nebst einem starken Heere von Cadiz nach Westindien führen. Die ersten
Maßnahmen hierzu fanden auch noch statt, aber vor ihrer weiteren
Durchführung trat der Präliminarfriede in Kraft.

=D'Estaing= erschien zur Übernahme seines Kommandos am 18. Dezember 1782
in Cadiz und bald darauf langte von Brest ein Transport von 7000 Soldaten
an, die mit einem Teile des Heeres vor Gibraltar das von Europa
abzusendende Expeditionskorps bilden sollten. =Vaudreuils= Schiffe trafen
von Nordamerika in der Zeit zwischen dem 27. Januar und dem 26. Februar
in Puerto Cabello ein, aber =Solano= blieb aus, da ihn der Gouverneur von
Kuba vor Ankunft des von Europa erwarteten Geschwaders nicht abfahren
lassen wollte. Die französische Flotte ging am 30. April von Puerto
Cabello in See und traf am 17. Juni in Brest ein; auch =Pigot= und =Hood=
segelten nach England.

 Der Aufenthalt der französischen Flotte in Puerto Cabello brachte noch
 $ein bedeutsames Ereignis$. Als sie dort ohne jede Vorsichtsmaßregel
 auf der Rhede vor Anker lag, erschien eines Tages eine unbekannte
 Fregatte. =Vaudreuil= gab einer der seinigen den Befehl zur Jagd, doch
 brauchte diese zwei Stunden zum Untersegelgehen. Das unbekannte Schiff
 konnte inzwischen aus nächster Nähe die Stärke der französischen Flotte
 erkunden und dann unbelästigt absegeln; es war die englische Fregatte
 »Albemarle«, und ihr 24 Jahre alter Kapitän hieß -- =Nelson=!


                        Der Krieg in Ostindien.

In Ostindien boten die Verhältnisse bei Ausbruch des Krieges 1778 eine
äußerst günstige Gelegenheit zur Erschütterung der englischen Macht, aber
erst 1781 schickte Frankreich Seestreitkräfte hinaus, die der Wichtigkeit
dieses Kriegsschauplatzes einigermaßen entsprachen.

$Die Vorgänge in Indien bis zum Ausbruch des Krieges[175].$ Im Pariser
Frieden 1763 hatte Frankreich zwar die schwachen Reste seiner durch
=Dupleix= in Indien geschaffenen Macht -- an der Westküste Vorderindiens
Mahé; an der Ostküste Karikal, Pondichery, Masulipatam; am Ganges
Chandernagore -- zurückerhalten, sie durften jedoch nicht befestigt
werden und waren ihres Einflusses beraubt. Der Besitz der englischen
Kompagnie erweiterte sich dagegen beständig, besonders während der kurzen
Zeit, in der =Clive= nochmals die Geschäfte in Bengalen führte (Mai 1765
bis Januar 1767). Ihm gelang es, grobe Mißbräuche der Beamten
(Erpressungen, Ausbeutung von Monopolen) einigermaßen abzustellen und
neue Länder zu erwerben. Der Großmogul trat der Kompagnie gegen ihren
Schutz seine Einkünfte und damit tatsächlich die Regierung von Bengalen,
Bahar, Orissa, sowie der nördlichen Circars ab, so daß diese nun ein
ununterbrochenes Gebiet vom Ganges bis Madras besaß. Da die Kompagnie so
eine politische und militärische Macht geworden war, für die England
eintreten mußte, und da die Verwaltung immer noch zu wünschen übrig ließ,
wurde im Februar 1773 vom Parlament das »Regulationsgesetz« erlassen, das
die Gesellschaftsrechte einschränkte: die Regierung ernannte von jetzt an
Gouverneure und Verwaltungsräte, setzte ein königliches Obergericht in
Kalkutta ein und beschränkte die Dividende auf 6-8%; der Statthalter von
Bengalen ward zum Generalgouverneur von ganz Britisch-Indien bestellt.
Der erste, der den Posten bekleidete, war =Sir Warren Hastings=
1773-1785.

 [175] Im Anschluß an Seite 182 ff. Wie dort und aus den gleichen
       Gründen (Seite 182, Anmerkung) sind die Ereignisse am Lande nur
       gekürzt gegeben. Näheres vgl. Zimmermann, Band II, Seite 429 ff.

[Illustration: P. A. de Suffren.]

Das Bestreben der Engländer, ihre Macht auszudehnen, führte wie früher zu
Zusammenstößen mit indischen Fürsten, und zwar um so mehr, als der
allmähliche Verfall des Mogulreiches auch diese zu Eroberungen auf dessen
Kosten lockte und so zu Gegnern Englands machte. Die gefährlichsten waren
der Sultan von Mysore, =Haidar Ali=, und die Mahratten, eine Anzahl
kriegerischer, durch eine Art Feudalsystem verbundener Stämme; ihr Gebiet
dehnte sich mit der Hauptstadt Puna in der Nähe von Bombay im
südwestlichen Indien von Mysore nach Norden bis weit in das Dekan aus;
sie drangen jetzt bis an den Ganges vor, und die Engländer mußten
1762-1763 von Bengalen aus mit ihnen Krieg führen. =Haidar Ali=,
ursprünglich ein Offizier des Sultans von Mysore, hatte sich seit 1759
der Herrschaft dieses Landes bemächtigt und bis 1766 seinen Besitz durch
Eroberung der kleinen Staaten an der Malabarküste (Kalikut, Kananor u.
a.) erweitert. Er bedrohte ganz Südindien und die englischen Besitzungen
an der Malabar-, wie die an der Koromandelküste. Die Engländer im Bunde
mit dem Vizekönig vom Dekan, sowie ihrem alten Schützling, dem Herrscher
im Carnatic, erklärten ihm deshalb 1766 den Krieg, wurden aber infolge
der Unzuverlässigkeit ihrer Verbündeten zurückgeworfen. =Haidar Ali=
verwüstete den Carnatic und erschien sogar zweimal vor Madras; sie
hielten es daher für ratsamer, 1769 ein Schutz- und Trutzbündnis mit ihm
zu schließen. In den Jahren 1773-1776 kam es zu Besitzstreitigkeiten
zwischen der Präsidentschaft Bombay und den Mahratten.

Die Lage der Engländer mußte sehr bedenklich werden, wenn es Frankreich
gelang, diese beiden Hauptgegner Englands für sich zu gewinnen, da deren
Gebiete aneinander grenzten und eine zentrale Lage zu den drei englischen
Präsidentschaften Bombay, Madras und Kalkutta hatten. Und dies trat ein.

$Beginn des Krieges zwischen England und Frankreich.$ Am 7. Juli 1778
ward in Kalkutta der Ausbruch des Krieges bekannt. =Hastings= ließ sofort
die völlig unvorbereiteten französischen Niederlassungen Chandernagore
und Masulipatam besetzen und sandte Befehl nach Madras, auch Pondichery
zu nehmen. Am 8. August trafen General =Munro= mit 16000 Mann und am 10.
Kommodore =Vernon= mit fünf Schiffen vor der Stadt ein, die Artillerie
und Munition für die Belagerung an Bord hatten. Auf der Rhede lag Kapitän
=de Tronjoly= mit einem kleinen französischen Geschwader; er ging dem
Feinde entgegen und es kam zum Gefecht.

 $Das Seegefecht vor Pondichery am 10. August 1778.$ Das englische
 Geschwader zählte 1 Schiff zu 60 Kanonen, 1 zu 54, 1 zu 28, 1 zu 24, 1
 zu 18, und das französische 1 Schiff zu 64, 1 zu 38 Kanonen, sowie 3
 Ostindienfahrer mit 20-26 Geschützen; die gesamten Seestreitkräfte der
 beiden Gegner in Ostindien. Es kam zu einem zweistündigen Gefechte,
 einem zweimaligen Passieren der Geschwader in Kiellinie bei leichtem
 Winde, ohne besondere Erfolge.

Nach unentschiedenem Kampfe segelte =Vernon= nördlich, um den Feind
fortzulocken, =Tronjoly= folgte jedoch nicht. Das englische Geschwader
kam bald darauf, durch 3 Ostindienfahrer verstärkt, zurück und das
französische räumte nun das Feld und segelte nach Isle de France.
Pondichery, nur in Eile notdürftig befestigt und schwach besetzt, ergab
sich nach hartnäckiger Verteidigung am 17. Oktober mit allen
militärischen Ehren.

Mitte 1779 traf Kontreadmiral =Sir Edward Hughes=[176] mit 5
Linienschiffen in Indien ein; ein französisches Geschwader erschien erst
wieder im Januar 1781.

 [176] =Sir Edward Hughes=, 1748 Kapitän, 1778 Kontre-, 1780
       Vizeadmiral, 1793 Admiral der blauen Flagge, gestorben 1794, war
       ein tüchtiger Seemann von großer Tapferkeit und Hartnäckigkeit,
       der aber an weiterem militärischen Blick und taktischem Geschick
       seinem späteren Gegner in Indien, =Suffren=, nicht gewachsen war,
       wie sich noch zeigen wird.

 Allerdings hatte Frankreich beabsichtigt, in Indien kräftiger
 aufzutreten. Anfang 1779 sollte ein Geschwader von 5 Linienschiffen
 hinausgehen, es wurde aber zur Verstärkung =d'Estaings= nach Westindien
 gesandt (vgl. Seite 276); ein zweites, im Frühjahr 1780 nach Indien
 bestimmt, wurde mit dem Landungskorps nach Nordamerika geschickt (vgl.
 Seite 291). Nur durch Ankunft einzelner Schiffe waren die
 Seestreitkräfte in Isle de France bis Ende 1779 nach und nach auf 6
 Linienschiffe gebracht. Um diese Zeit übernahm Kommodore =Comte
 d'Orves= hier den Oberbefehl, blieb jedoch über ein Jahr lang untätig,
 weil die Schiffe in schlechtem Zustande waren und seine Instruktion ihm
 ausdrücklich den Schutz der Inseln Isle de France und Bourbon auftrug.

$England im Kriege mit Haidar Ali und den Mahratten.$ Französische
Seestreitkräfte hätten in dieser Zwischenzeit große Erfolge erringen
können. Bei Beginn des Kriegs waren in Puna französische Agenten
erschienen, um die Mahratten zum Kampfe gegen die Engländer und zur
Überlassung eines Hafens an der Westküste zu bestimmen. =Hastings=
entschloß sich daraufhin schnell zum Kriege und schickte von Bengalen aus
Truppen gegen die Mahratten. Gleichzeitig, Anfang Dezember 1778, ließ die
Präsidentschaft Bombay 4500 Mann gegen Puna marschieren; diese Truppe
ward jedoch im Januar 1779 dicht vor dem Ziel vernichtend geschlagen, und
diese Niederlage schädigte Englands Ansehen in Indien sehr. Das Heer von
Bengalen unter dem tüchtigen Oberst =Goddard=, das im Januar in Surat
ankam, errang zwar 1779 und 1780 mehrfach Erfolge, konnte diese jedoch
nicht ausnutzen, da die englischen Truppen an anderer Stelle schwer
bedrängt wurden.

Die Engländer hatten sich im März 1779 auch der letzten französischen
Niederlassung, Mahé, bemächtigt und hierdurch =Haidar Ali=, in dessen
Gebiet der Ort lag, und der von ihm Waffen bezog, aufs äußerste
erbittert. Er traf in aller Stille Vorbereitungen zum Kriege, trat mit
den Mahratten in Verbindung und brach im Juli 1780 mit 100 000 Mann nebst
starker Artillerie in den Carnatic ein. General =Munro= war so wenig
vorbereitet und traf so schlechte Anordnungen, daß er im September
Kanonen und Troß im Stich lassen und sich auf Madras zurückziehen mußte;
eine Abteilung von 3000 Mann wurde aufgerieben. Bald hatte Haidar den
ganzen Carnatic in seiner Gewalt und die festen Plätze eingeschlossen;
ganz Südindien wäre so für England verloren gewesen, wenn nicht
=Hastings= von Bengalen Hilfe geschickt hätte. Der von hier am 5.
November in Madras eingetroffene General =Eyre Coote=, ein hervorragender
Offizier, ging nach eingehender Prüfung der Lage im Januar 1781 vor, um
den belagerten Festungen Entsatz zu bringen. Er hatte auch Erfolg, mußte
aber dann zur Küste zurück, weil eine französische Flotte angekommen und
in Pondichery ein Aufstand ausgebrochen war. Sein Versuch, auf dem
Rückmarsche =Haidar= zur Schlacht zu zwingen, schlug fehl; der Sultan
folgte nur, setzte den Krieg in seinem Rücken fort und hielt ihn
schließlich in Cuddalore fest.

$Erfolgloses Auftreten des französischen Geschwaders unter Comte
d'Orves.$ Dieser Kommodore hatte Auftrag, die Maskarenen zu schützen, die
gar nicht bedroht waren; er erbat deshalb vom Gouverneur dort die
Erlaubnis, nach Indien zu gehen. Jener stellte jedoch die Bedingung, das
Geschwader keinen großen Verlusten auszusetzen, weil der obige Befehl
nicht aufgehoben sei und die Magazine auf Isle de France und Bourbon zu
schlecht versorgt wären, um etwa beschädigte Schiffe ausbessern zu
können. =D'Orves= verließ am 14. Oktober 1780 mit 6 Linienschiffen und 3
Fregatten Port Louis, traf am 27. Januar 1781 vor Madras ein und ankerte
dann in der Nähe von Pondichery. =Hughes= lag mit dem englischen
Geschwader im Winterlager in Bombay, =d'Orves= hatte mithin freie Hand.
Trotzdem ging er nicht auf den Vorschlag Haidar Alis ein, gemeinsam
Cuddalore anzugreifen; er schützte vor, seine Instruktion verbiete ihm
dies, auch habe er nur noch Proviant für die Rückreise und müsse im April
zur Vereinigung mit einem aus Frankreich kommenden Geschwader in Isle de
France sein. Am 13. Februar segelte er ab und traf am 31. März,
tatsächlich nur noch mit Proviant für 8 Tage, in Port Louis ein. Eine
ausgezeichnete Gelegenheit, dem Feinde einen schweren Schlag zu
versetzen, war damit verloren gegangen.

 Wohl mit Recht sagt =Chevalier= (II, Seite 380), =d'Orves= hätte sich
 sicher in der dänischen Niederlassung Tranquebar oder in der
 holländischen Negapatam Proviant für einen Monat verschaffen können,
 und Cuddalore wäre, zu Lande und zu Wasser eingeschlossen, sowie von
 Madras abgeschnitten, innerhalb dieser Zeit gefallen.

Die Engländer litten im Lager bei Cuddalore zwar sehr unter Mangel sowie
Krankheiten, und =Eyre Coote= würde genötigt gewesen sein, sich auf
Madras zurückzuziehen, wenn nicht Mitte Juni das englische Geschwader
wieder an der Küste erschienen wäre. So konnte er durchhalten, und
anderseits glaubte =Haidar= ihn so geschwächt, daß er seine bisherige
vorsichtige Taktik aufgeben könne. Am 1. Juli 1781 nahm dieser bei Porto
Novo eine Feldschlacht an, erlitt aber trotz seiner Übermacht eine
Niederlage, die ihn zum Rückzuge zwang. Nach Eintreffen von Verstärkungen
aus Bengalen folgte =Coote= und errang im August weitere Erfolge; ganz
aus dem Carnatic ward Haidar bis Ende 1781 allerdings nicht vertrieben.

Inzwischen war auch der Krieg mit Holland ausgebrochen, =die Engländer
nahmen= im November 1781 nach kurzer Belagerung =Negapatam= und am 12.
Januar 1782 =Trincomali= auf Ceylon, den einzigen sicheren Hafen an der
Ostküste Vorderindiens, der auch reichliche Hilfsquellen bot.

Französische Seestreitkräfte erschienen erst nach einem Jahre wieder.
=D'Orves= erfuhr im Juli 1782, daß ein Geschwader unter Kapitän =Suffren=
unterwegs sei und daß er bis zu dessen Ankunft entweder am Kap zum Schutz
der holländischen Kolonie kreuzen oder nach Indien gehen könne, aber es
fehlte an Material zur Ausrüstung der Schiffe. =Suffren= traf erst am 25.
Oktober in Port Louis mit fünf Linienschiffen sowie Transportern ein, die
Truppen und Material brachten; jetzt erst konnte das alte Geschwader
instand gesetzt werden. =Mit dem Auftreten Suffrens gewinnt der Kampf in
Ostindien eine hohe Bedeutung in der Seekriegsgeschichte[177].=

 [177] Die Ereignisse in Indien sind in unseren Hauptquellen: Lacour II,
       Chevalier II, Mahan I, mit großer Sorgfalt behandelt. Lacour
       bringt viele Auszüge aus Briefen und Berichten Suffrens,
       Chevalier beschreibt die Schlachten sehr genau und Mahan gibt
       eingehende Kritiken in taktischer wie strategischer Hinsicht. Wir
       haben versucht, bei möglichster Kürze allen gerecht zu werden.

$Suffren[180] rettet durch die Schlacht vor Porto Praya die Kapkolonie
1781.$ Nach dem Ausbruche des Krieges mit Holland wollte sich England der
Kapkolonie bemächtigten, und Frankreich traf Gegenmaßnahmen; die
Kapkolonie war eine wichtige Etappe auf dem Wege nach Indien, und die
französischen Maskarenen bezogen einen großen Teil ihrer Bedürfnisse von
dort. England schickte am 13. März 1781 mit der Flotte des Admirals
=Darby= auf seiner Fahrt nach Gibraltar ein Geschwader von 5 Schiffen
nebst 35 teilweise armierten Transportern mit Truppen unter Kommodore
=George Johnstone= ab, und Frankreich schloß der Flotte, die unter =de
Grasse= am 22. März nach Westindien ging, gleichfalls 5 Schiffe nebst 8
Transportern unter Kapitän =Suffren= an, auf denen 1000 Mann Infanterie,
sowie eine Kompagnie Artillerie eingeschifft waren; diese Geschwader
trennten sich an der spanischen Küste von ihren Flotten.

 [178] =Suffren de Saint Tropez=, Pierre Andrée, Chevalier (später
       Bailli) de, war am 17. Juli 1729 auf dem Schlosse St. Cannat bei
       Marseille geboren, trat 1743 in die Marine ein, ward Leutnant
       1756, Kapitän 1772, Chef d'Escadre 1782, Lieutenant-Général 1783,
       Vizeadmiral (in einer für ihn geschaffenen vierten Stelle) 1784,
       er starb am 8. Dezember 1788; sein plötzlicher Tod kam nicht
       unerwartet, da er zum Schlagfluß neigte, doch tauchte später das
       Gerücht auf, er sei in einem Duell gefallen, das durch seine
       Tätigkeit in Indien veranlaßt sei. Er erhielt seine Feuertaufe
       bei Toulon 1744 und nahm an der Schlacht bei Finisterre teil, im
       nächsten Kriege an denen bei Minorka und Lagos. Als
       Malteserritter ging er in Friedenszeiten zeitweise zum Dienste
       nach Malta und machte hier Züge gegen die Barbaresken mit. In
       unserem Kriege fanden wir ihn 1778/79 als hervorragenden Offizier
       unter d'Estaing in Westindien und Nordamerika. Seinen höchsten
       Ruhm gewann er jetzt in Indien. Seine Taten dort beschreiben Roux
       sowie Troublet (vgl. Quellenverzeichnis).

=Johnstone= ankerte am 11. April vor Porto Praya, einem Hafen der
portugiesischen Kapverdeninsel Santiago, um Wasser und frischen Proviant
zu nehmen, und auch =Suffren= lief diesen Platz an. Er hatte zwar Befehl,
seine Reise zu beschleunigen, um vor dem Gegner das Kapland zu erreichen
und hier die Truppen auszuschiffen, aber einige seiner Schiffe mußten
ausgebessert werden; gleichzeitig wollte er nun auch Wasser nehmen. Als
er nun am 16. April von Osten kommend auf den Hafen zusteuerte, bekam er
beim Runden der Südspitze das vor Anker liegende englische Geschwader in
Sicht. Er stand vor der Wahl, ob er mit der sichern Aussicht das Kap als
erster zu erreichen, die Reise unter Segelpressen fortsetzen, oder ob er
die Gelegenheit zum überraschenden Angriff ausnutzen solle. Gegen den
Brauch der französischen Führer, nur die Durchführung ihrer jeweiligen
Aufgabe unter möglichster Schonung der Schiffe im Auge zu halten,
entschloß er sich zum Kampf, obgleich er seinen Nachrichten gemäß den
Feind für stärker hielt, als dieser war. Er erkannte klar, daß am Kap wie
in Indien die Seeherrschaft die Entscheidung bringe, und daß danach
gehandelt werden müsse, wo sich eine Gelegenheit zur Schwächung der
feindlichen Kräfte biete.

 Die Schlacht vor Porto Praya am 16. April 1781. =Das englische
 Geschwader= zählte 2 Linienschiffe zu 74 und 64 Kanonen, 3
 50-Kanonenschiffe, 3 32-Kanonenfregatten, 6 Fahrzeuge zu 14-20
 Kanonen, 1 Brander, 1 Mörserboot und 10 Ostindienfahrer zu 26 Kanonen;
 =das französische= 2 Schiffe zu 74, 3 zu 64 und 1 10-Kanonenkorvette.

 =Johnstone= hatte ohne Vorsichtsmaßregeln geankert; er verließ sich
 zwar nicht auf die Neutralität des Hafens, aber er erwartete keinen
 Feind, obwohl er von der Entsendung Suffrens Kenntnis gehabt haben
 soll. Die schweren Schiffe lagen in unregelmäßiger Linie, die Fregatten
 und die kleinen Fahrzeuge auf dem östlichen Flügel (Plan a), die
 Transporter zwischen den Kriegsschiffen und dem Strande. Das
 Flaggschiff (Plan b) war durch die Transporter im Feuer stark
 behindert, und der Kommodore begab sich deshalb beim Nahen des Feindes
 auf ein anderes Schiff (»Hero«, 74 Kanonen, Plan c). 1500 Mann des
 Geschwaders waren zum Wasser- und Proviantholen, zum Fischen oder auf
 Urlaub am Lande, als der Feind um 9-1/2 Uhr vormittags in Sicht kam.

[Illustration: Schlacht vor Porto Praya, 16. April 1781.]

 =Suffren= hatte ein gekupfertes Schiff (»Artésien«, 64 Kanonen)
 vorausgeschickt, den Feind zu erkunden. Dieses meldete um 8-3/4 Uhr den
 Feind. Der Chef gab kurz entschlossen den Befehl: »Vorbereitung zum
 Gefecht vor Anker«. Er kehrte sich nicht an die Neutralität des Hafens,
 war er doch selber gefangen genommen worden, als Admiral =de la Clue=
 1759 unter den Kanonen von Lagos von den Engländern überwältigt wurde.
 Er wartete auch nicht auf das Herankommen zweier seiner Schiffe, die
 etwas zurückstanden; um an die feindliche Linie zu gelangen, mußte er
 hoch beim Winde steuern, zum Warten backgebraßt würde er leicht zu weit
 nach Lee getrieben sein, auch wollte er keine Zeit verlieren, um die
 Überraschung voll auszunutzen. Er setzte sich mit dem Flaggschiff
 (zufällig auch »Héros«, 74 Kanonen) an die Spitze der drei anderen
 Schiffe, führte sie durch die Engländer hindurch und ankerte 160 m
 querab des »Hero«; schon beim Passieren der Feinde eröffnete er etwas
 nach 11 Uhr das Feuer mit beiden Seiten. Sein Hintermann (»Annibal«,
 74) ankerte so nahe vor ihm, daß das Flaggschiff sein Ankertau weiter
 auslaufen lassen mußte, wodurch es querab von einem anderen Engländer
 (»Monmouth«, 64; Plan d) kam.

 Der Kommandant des »Annibal« hatte zum Wassernehmen klarmachen und
 Fässer an Deck bringen lassen. In der Annahme, daß Suffren die
 Neutralität achten würde und das Signal nur zur Vorsicht gegeben habe,
 begann er die Vorbereitungen zum Gefecht zu spät, und so konnte sein
 Schiff nicht gleich seiner Stärke entsprechend auftreten. Das dritte
 Schiff, »Artésien«, hielt im Pulverdampf einen Ostindienfahrer für ein
 Kriegsschiff und ging diesem längsseit. Beide Kommandanten büßten ihr
 Versehen mit dem Leben. Auf »Artésien« war infolge Ausfalles des
 Kommandanten der Befehl zum Ankern nicht befolgt, das Schiff trieb mit
 dem Ostindienfahrer aus dem Hafen (Plan e, e' e''), die beiden
 zurückgebliebenen Franzosen (»Sphinx« und »Vengent«, 64) rundeten die
 Südspitze der Bucht in zu weitem Abstande, steuerten dann nicht hoch
 genug und kamen daher trotz späteren Wendens kaum noch ins Gefecht (f,
 f'). So hatten »Héros« und »Annibal« fast allein das englische Feuer
 auszuhalten, an dem sich auch die Transporter mit Geschützen und
 Gewehren beteiligten; sogar ein portugiesisches Fort begann zu feuern.
 =Suffren= kappte deshalb gegen Mittag das Ankertau und »Annibal«
 folgte, aber beim Segelsetzen gingen diesem die Masten über Bord und er
 mußte sich unter einem kleinen Notsegel zurückziehen; der Kommodore
 ließ ihn durch »Sphinx« in Schlepp nehmen. =Suffren= bildete dann auf
 See die Schlachtlinie, den Transportern gab er Befehl, die Fahrt nach
 dem Kap fortzusetzen.

 =Johnstone= berief seine Kommandanten zur Berichterstattung über den
 Zustand ihrer Schiffe an Bord und folgte gegen 3 Uhr nachmittags dem
 Feinde. Eins seiner 50-Kanonenschiffe verlor dabei den zerschossenen
 Fockmast und »Monmouth« blieb infolge schwerer Beschädigungen zurück.
 Der englische Admiral wagte auch nicht, weit zu folgen, da er dann nur
 schwer hätte zurückkommen können; auch hatte er vergessen, seinem
 Konvoi ein anderes Rendezvous anzugeben. Unentschlossen, was er in
 dieser Lage (wie er berichtete: a cruel situation) tun solle, drehte er
 1-1/2 Kanonenschußweite vom Feinde bei. Am anderen Morgen war =Suffren=
 aus Sicht, und Johnstone ging nach Porto Praya zurück.

 =Die Verluste= betragen auf englischer Seite 36 Tote und 130
 Verwundete, auf französischer 105 und 204.

 $Beurteilung der Führer.$ Nach eigenem Ausspruch wollte =Suffren=
 »durch Vernichtung der Engländer alle Absichten ihrer Expedition in der
 Wurzel abschneiden und den Franzosen für längere Zeit die Überlegenheit
 in Indien sichern, aus der vielleicht ein guter Friede hervorgehen
 könne«.[179] Er bekundete damit, wie auch später in Indien, sein
 Verständnis für Erringung der Seeherrschaft durch Niederkämpfen der
 feindlichen Streitkräfte; schon =d'Estaing= gegenüber in Westindien war
 er hierfür eingetreten. Auch sein Gefechtsplan war richtig, sein
 Vorgehen auf den Ankerplatz ermöglichte ihm Feuer nach beiden Seiten,
 und wenn seine Schiffe sämtlich richtig manövriert hätten, würde er
 wahrscheinlich einen großen Erfolg errungen haben. Er selber schrieb an
 einen Freund: »Praya konnte und mußte mir unsterblichen Ruhm bringen;
 man hat mich um eine einzig dastehende Gelegenheit gebracht.«

 [179] =Suffren= suchte aber doch in seinem Berichte wegen des Bruches
       der Neutralität sich zu rechtfertigen. Er schrieb, man könne den
       Ankerplatz keinen Hafen, nicht einmal eine Bucht nennen, es sei
       ein offener Meeresstrand. Er führte auch die Fälle auf, in denen
       die Engländer früher ähnlich gehandelt hätten. Diese
       Entschuldigung war nicht nötig, denn trotz der Verwicklungen, die
       mit Portugal entstanden, war die Regierung über den Erfolg so
       erfreut, daß =Suffren= zum Chef d'Escadre ernannt wurde, doch
       erhielt er die Nachricht erst nach fast einem Jahre.

 Von den französischen Kommandanten hat der des »Annibal« seine
 Nachlässigkeit vor dem Kampfe durch mutiges Folgen gut gemacht; der
 Mißgriff des »Artésien« ist durch den Pulverrauch zu entschuldigen. Die
 Kommandanten der beiden anderen Schiffe trifft der Vorwurf, daß sie
 die Absicht des Chefs nicht unterstützt oder nicht verstanden haben,
 aber auch sie waren wohl durch den Pulverrauch teilweise behindert, die
 Lage zu übersehen.

 =Johnstone= erscheint unvorsichtig, weil er sich in so ungünstiger Lage
 überraschen ließ, und machte auch dies weder unmittelbar nach dem
 Kampfe noch später durch Tatkraft oder seemännisches Geschick wieder
 gut. Er soll wenig praktische Erfahrung gehabt und dies wichtige
 Kommando nur erhalten haben, weil er abfällige Kritiken über die
 Admirale =Howe= und =Keppel=, Gegner der Admiralität, veröffentlicht
 hatte.

=Suffren= erreichte zwar nicht den Erfolg, den er erwarten konnte, aber
er gewann doch einen großen Vorsprung. Während =Johnstone= 14 Tage zum
Ausbessern in Porto Praya brauchte, setzte er seine Fahrt nach dem Kap
fort, ankerte am 27. Juni in der Simonsbai und landete die für die
Kapkolonie bestimmten Truppen. Die Reise war eine vorzügliche
seemännische Leistung, denn das entmastete Linienschiff mußte den ganzen
Weg geschleppt werden. =Johnstone= erschien 14 Tage später vor Kapstadt,
wagte aber nichts zu unternehmen. Er nahm nur fünf reich beladene
holländische Ostindienfahrer in der Saldanhabucht, die von Kapstadt
dorthin gegangen waren, ehe die Franzosen kamen; sie hatten gehofft, von
hier entschlüpfen zu können, wenn sich das englische Geschwader vor der
Tafelbai zeige. =Suffren= ging zwar in See, als =Johnstone= gemeldet
wurde, dieser hatte aber schon die Heimfahrt nach England angetreten und
3 Linienschiffe nach Indien abgezweigt. Er segelte dann am 28. August,
nachdem er sich von der Verteidigungsfähigkeit der Kolonie überzeugt
hatte, nach Isle de France. Hier traf er am 25. Oktober ein und =Graf
d'Orves= ging am 17. Dezember mit der Gesamtflotte nach Indien in See;
auf Transportern wurden 3000 Soldaten, alles was auf den Maskarenen
verfügbar war, unter =General Du Chemin= mitgeführt. Am 22. Januar ward
ein englisches 50-Kanonenschiff genommen und in die Flotte eingestellt;
am 8. Februar starb d'Orves und =Suffren übernahm den Oberbefehl=.

$Die Lage der beiden Flotten in Indien.$ Es standen sich zwei tüchtige
Männer gegenüber, von denen jeder eigenartig den Charakter seines Volkes
verkörperte; der eine die starre Zähigkeit und die seemännische
Geschicklichkeit der Engländer, der andere das Ungestüm und das taktische
Wissen der Franzosen, Eigenschaften, die in den Offizierkorps durch ein
falsches System so lange unterdrückt waren.

=Die französische Flotte zählte= bei Beginn der Unternehmungen 3 74-, 7
64- und 2 50-Kanonenschiffe, =die englische=, zu der inzwischen die von
Johnstone abgezweigten Schiffe gestoßen waren, 2 74-, 1 70-, 1 68-, 4 64-
und 1 50-Kanonenschiff.

=Suffren= war also an Schiffszahl unbedingt und wahrscheinlich auch an
Stärke der einzelnen Schiffe, Klasse für Klasse gerechnet, dem Admiral
=Hughes= überlegen. Ihm stand die Möglichkeit der Initiative zu Gebote,
während seinem Gegner die Verteidigung mit unterlegenen Kräften, vielen
angreifbaren Punkten und damit die Ungewißheit zufiel, wo der Angriff
erfolgen würde.

Dagegen war =Suffren= ohne jeden Stützpunkt; alle ehemalig französischen
Plätze waren in Feindeshand und ebenso die holländischen, vor allem der
wichtige Hafen von Trincomali. Er mußte einen sicheren Stützpunkt
gewinnen, womöglich den letztgenannten, er brauchte aber auch einen Ort
zum Landen der Truppen, die mit den indischen Feinden der Engländer
gemeinsam vorgehen sollten. Diesem Streben mußte =Hughes= entgegentreten,
er war also genötigt, den Gegner zu suchen, um ihn kampfunfähig zu machen
oder doch aufzuhalten, durfte aber bei seiner Schwäche einen Kampf nur
unter günstigen Umständen wagen; aus strategischen wie taktischen Gründen
mußte er sich zu Luward halten. Schlimm war es für ihn, daß Trincomali
noch unbefestigt und somit ganz auf seine Unterstützung angewiesen war.
Das nun folgende lange Ringen der beiden Admirale ist ein hervorragendes
Beispiel des Kampfes zweier Flotten um die Seeherrschaft.

$Die Schlacht bei Sadras, 17. Februar 1782.$ =Suffren= erschien am 15.
Februar vor Madras, unter dessen Kanonen =Hughes= vor Anker lag,
verzichtete aber in Übereinstimmung mit seinen Kommandanten auf einen
Angriff und steuerte südlich; =Hughes= folgte in der Nacht, weil er für
Trincomali fürchtete. Bei Tagesanbruch bemerkte er, daß sich die
feindlichen Transporter von ihrer Flotte getrennt hatten; diese standen
etwa 12 Seemeilen östlich, jene 9 Seemeilen südwestlich von ihm (Plan A
a). Er jagte den Konvoi und nahm 6 Fahrzeuge; fünf davon waren englische
Prisen, das sechste führte 300 Soldaten, sowie Kriegsmaterial an Bord.
=Suffren= versuchte zwar, heranzukommen, erreichte den Gegner jedoch
nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit; beide Geschwader steuerten
während der Nacht bei leichtem Winde südlich. Am Morgen des 17. Februar
befanden sie sich auf der Höhe von Sadras, einem Hafen etwa in der Mitte
zwischen Madras und Pondichery, und es kam zur ersten Schlacht, in der
=Suffren= mit der alten Taktik der Franzosen brach, indem er einen Teil
des Feindes mit Übermacht angriff.

 $Die Schlacht bei Sadras.$ Der Wind wehte leicht aus NO mit zeitweisen
 Böen, die Franzosen standen etwa 6 Seemeilen nordöstlich der Engländer
 (Plan B, a). =Hughes= bildete die Schlachtlinie über Steuerbordbug (b);
 er rechnete mit einem baldigen Einsetzen der Seebrise, die ihm die
 Luvstellung gegeben haben würde. Der erwartete Wind blieb jedoch aus
 und der englische Admiral hielt in Dwarslinie ab, um seine Aufstellung
 besser zu schließen, bis er sah, daß der Kampf nicht zu vermeiden sei,
 da der Feind schnell herankam; wieder legte er sich über Steuerbordbug
 an den Wind und erwartete den Angriff. Seine Linie war jetzt besser
 geschlossen, nur das letzte Schiff »Exeter« stand zurück (c); man kann
 nicht recht einsehen, weshalb =Hughes= die Linie nicht über Backbordbug
 gebildet hat, dann konnte leicht auf »Exeter« aufgeschlossen werden.

 =Suffren= griff um 1/2-4 Uhr nachmittags an; er gab das Signal, nach
 Möglichkeit die Schlachtlinie zu bilden, setzte sich mit dem
 Flaggschiff »Héros« an die Spitze, steuerte auf das letzte englische
 Schiff zu und lief dann die feindliche Linie entlang. Beim sechsten
 englischen Schiffe stoppte er um 4-1/2 Uhr, signalisierte für das ganze
 Geschwader, auf Pistolenschußweite an den Feind heranzugehen und gab
 drei Schiffen (dem 8., 9. und 12.) Befehl, von Lee aus anzugreifen. Er
 beabsichtigte also mit seinen 12 Schiffen die letzten 6 des Feindes zu
 dublieren (Plan D). Die Befehle wurden jedoch nicht befolgt. Der
 Admiral ging nämlich selber nicht so nahe heran, sondern hielt sich auf
 halbe Kanonenschußweite fern, um den drei vordersten Engländern
 entgegentreten zu können, falls sie zur Unterstützung der Angegriffenen
 wenden sollten; seine Kommandanten verstanden dies aber nicht und
 blieben im Kielwasser des Flaggschiffes. Von den drei dazu beorderten
 Schiffen ging nur eins, das zwölfte, auf die Leeseite des Feindes;
 später folgte aus eigener Initiative das vorletzte. So kamen nur acht
 oder neun der Franzosen ins Gefecht (Plan C). Drei bedrängten den
 »Exeter«, der schon das Feuer der passierenden Schiffe erhalten hatte,
 sich jedoch wacker wehrte. Beim Herankommen des dritten Gegners fragte
 der Master den Kommodore =Richard King=, dessen Stander auf »Exeter«
 wehte, was nun zu tun sei. Dieser antwortete: »Nichts, aber fechten,
 bis wir sinken.« Gegen 6 Uhr drehte der Wind auf SO, warf alle Schiffe
 über den anderen Bug und gab dadurch der englischen Vorhut die
 Möglichkeit zum Eingreifen; außerdem wurde es dunkel. =Suffren=, der
 auch so schon eingesehen hatte, daß der Kampf keine Entscheidung
 bringen würde, brach das Gefecht ab. Die Flotten trennten sich;
 =Suffren= steuerte nach NO, =Hughes= nach Süden.

 =Der Verlust= betrug englischerseits 32 Tote, darunter die Kommandanten
 des Flaggschiffes »Superb« und des »Exeter«, und 83 Verwundete,
 französischerseits 30 und 100. Die französischen Schiffe hatten wenig
 gelitten, von den englischen waren die beiden ebengenannten stark
 beschädigt.

[Illustration: Schlacht bei Sadras, 17. Februar 1782.]

 =Suffren war sehr unzufrieden mit seinen Kommandanten=; diese hätten
 näher an den Feind herangehen müssen, wenn der Admiral auch nicht das
 Beispiel gab. Den größten Fehler machte der zweitälteste Offizier,
 Kapitän =de Tromelin=, der das fünfte Schiff befehligte. Er wiederholte
 zwar die Signale des Admirals, sorgte aber nicht für deren Ausführung.
 Ferner war sein Schiff unter den nach Lee befohlenen und er kannte den
 Plan =Suffrens=. Dieser hatte ihm zehn Tage vor der Schlacht
 geschrieben, er beabsichtige, die Nachhut des Feindes mit den
 überschießenden Schiffen zu dublieren, wenn er die Luvstellung habe.
 Falls dann =Tromelin= die eigene Nachhut führe, solle er die nötigen
 Maßregeln ergreifen, da er am besten übersehen könne, wie viel Schiffe
 für den Angriff von Lee verfügbar seien. Zum Zweck der Eroberung von
 Trincomali und Negapatam sei eine Entscheidungsschlacht erwünscht. Ganz
 ohne Schuld ist jedoch auch =Suffren= nicht. Er nahm die Spitze, da
 sein Schiff das schnellste war und weil es bei der vorgeschrittenen
 Tageszeit wichtig erschien, den Feind bald anzugreifen. Diese
 Stellungnahme wirkte zwar nicht notwendig, aber doch sehr
 natürlicherweise als Beispiel, und so verleitete sie die nachfolgenden
 Schiffe zum Fernbleiben. Für ein derartiges Abweichen vom damaligen
 Brauche wären genauere Anweisungen nötig gewesen; Ungeduld und
 Kampfeslust haben =Suffren= wohl fortgerissen, wie sich noch mehrfach
 zeigen wird.

 Admiral =Hughes= durfte sich nicht der Gefahr aussetzen, von Luward
 angegriffen zu werden. Daß er hier in diese Lage kam, ist aber zu
 entschuldigen. Er hatte über Nacht nach SO gesteuert, weil im Februar
 die Seebrise von SO gegen 11 Uhr vormittags einzusetzen pflegt.

Die Schlacht brachte für Suffren nicht die erhoffte Entscheidung. Am
Morgen des 18. Februar waren die Flotten einander aus Sicht. Dies hätte
der Admiral vermeiden können, falls er wieder angreifen wollte, wie
französische Quellen sagen; es ist aber anzunehmen, daß er infolge des
mangelhaften Verhaltens seiner Kommandanten eine sofortige Erneuerung des
Kampfes nicht wünschte. Er segelte zum Schutz seines Konvois und um
Wasser zu nehmen nach Pondichery, wo er am 19. neben letzterem ankerte.
=Hughes= ging zum Ausbessern der beiden beschädigten Schiffe nach
Trincomali.

=Die Schlacht bei Sadras= war aber doch =ein Erfolg Suffrens=, er konnte
mit =Haidar Ali= in Verbindung treten und dessen Tatkraft wieder beleben.
Schon am 19. Februar traf der französische Agent beim Sultan mit der
Nachricht in Pondichery ein, daß die englische Kompagnie sehr günstige
Friedensbedingungen geboten habe, =Haidar= würde aber nicht darauf
eingehen, falls er die lange erwartete Hilfe Frankreichs jetzt erhielte.
Im Lauf der Verhandlungen versprach der Sultan, dem französischen
Geschwader Nahrungsmittel, Geld und andere Bedürfnisse zu liefern, sobald
es sich in seinem Machtbereiche zeige, nach dem Kriege wollte er Land an
Frankreich abtreten. =Suffren=, der am 21. Februar der leichteren
Verbindung mit Haidar halber nach Porto Novo gesegelt war, schiffte nun
am 10. März die Landungstruppen aus. Sie marschierten nach Cuddalore, wo
=Tippu Sahib=, der Sohn Haidars, stand, der soeben bei Tanjore eine
englische Abteilung vernichtet hatte. =Am 4. April kapitulierte
Cuddalore.=

$Die Schlacht bei Providien am 12. April 1782.$ =Suffren= bat von Porto
Novo aus sowohl den Marineminister wie den Gouverneur der Maskarenen
dringend um Truppen, diesen ferner um Seeleute. Wenn sich das Geschwader
an der Küste halten und man den Sultan mit Soldaten unterstützen könne,
so würde dieser die Engländer mit Erfolg bekämpfen. Am 23. März ging er
aufs neue in See, um den Feind zu suchen; er hoffte, zwei Linienschiffe
abzuschneiden, die aus England erwartet wurden; dies gelang jedoch
nicht. =Hughes= hatte vierzehn Tage ausgebessert und war dann nach Madras
gesegelt, um von dort Truppen und Material für Trincomali zu holen. Auf
seiner Rückfahrt stießen am 30. März die beiden Schiffe zu ihm. Am 8.
April sichtete er das französische Geschwader, das ebenfalls südlich
steuerte, er setzte jedoch seine Reise fort, um vor allem Trincomali zu
verstärken. Am 10. nahmen die Franzosen ihm zwei zurückgebliebene
Transporter ab und am 12., nicht weit von seinem Ziele, erkannte er, daß
die schnellsten feindlichen Schiffe seine langsamsten einholen würden. Er
mußte sich somit zur Schlacht entschließen. Die Flotten befanden sich auf
der Höhe der kleinen Felseninsel Providien, etwas südlich von
Trincomali[180].

 [180] Dieselbe Ursache, die Gefahr des Abschneidens von Schiffen, zwang
       am gleichen Tage =de Grasse= zur Annahme der verhängnisvollen
       Schlacht bei Dominica.

[Illustration: Die Schlacht bei Providien, 12. April 1782.]

 $Die Schlacht bei Providien.$ Die Flotten waren die gleichen wie bei
 Sadras, die englische jedoch um 1 74- und 1 64-Kanonenschiff verstärkt.
 Es standen also 12 Franzosen gegen 11 Engländer, erstere etwa 6
 Seemeilen zu Luward der letzteren bei nördlichem Winde. Um 9 Uhr
 vormittags bildete =Hughes= die Gefechtslinie über Backbordbug, Kurs
 WNW, =Suffren= tat das gleiche und befahl dann um 11 Uhr, als die
 Schiffe gut ausgerüstet waren, zugleich auf Kurs WSW abzuhalten (Plan
 A, a); =Hughes= erwartete den Angriff unter kleinen Segeln; =Suffren=
 beabsichtigte, seine Linie Schiff gegen Schiff an die feindliche
 heranzuführen, nur das überschießende zwölfte sollte das letzte
 englische von Lee her dublieren. Es war also ein Angriff nach altem
 englischen Brauch und hatte die übliche Folge, daß die Vorhut der
 Franzosen, in der außerdem die schnellsten Schiffe standen, früher an
 den Feind herankam als die Mitte oder gar die Nachhut, sowie daß
 sämtliche Schiffe, sobald sie in Schußweite anlangten, dem
 Breitseitfeuer der Gegner ausgesetzt waren, ohne es erwidern zu können.
 Die drei vordersten Franzosen gingen nun schon an den Wind, als sie
 gegen 1 Uhr die ersten Schüsse erhielten, und nahmen das Feuer auf; sie
 blieben auch in diesem Abstande vom Feinde, obgleich der Admiral
 befahl, näher heranzugehen.

 =Suffren= dagegen segelte ohne zu feuern mit dem Flaggschiff (»Héros«,
 74) bis auf Pistolenschußweite an das englische (»Superb«, 74) heran,
 heißte das Signal für »Nahgefecht« (1-1/2 Uhr) und drehte auf. Sein
 Vordermann, sowie 3 Hinterleute nahmen nach und nach ihre richtigen
 Plätze ein, während die zurückgebliebenen vier letzten Schiffe weit vom
 Feinde abblieben, da sie gleichzeitig mit dem Flaggschiff an den Wind
 gegangen waren; sie hatten den Auftrag nur dem Buchstaben, nicht dem
 Sinne nach befolgt, auch sie kamen trotz späterer Befehle nicht näher.
 Die französische Flotte bildete so eine Kurve, von der nur 5 Schiffe
 ernstlich in den Kampf eintraten (Plan A, b). Das Hauptgefecht entspann
 sich beim englischen Flaggschiff. »Héros« hatte wegen Beschädigungen in
 der Takelage nicht gleich querab von »Superb« zum Stehen gebracht
 werden können, sondern war vorgeschossen und lag neben dessen
 Vordermann (»Monmouth«, 64); sein Hintermann »L'Orient« nahm den Platz
 neben »Superb« ein. »Monmouth« wurde entmastet und trieb aus der Linie;
 da »Héros« unwillkürlich nachdrängte, kam er vor »Superb« zu liegen. So
 wurde dieses Schiff durch »Héros« mit den Heckgeschützen von vorn
 beschossen, während es mit »L'Orient« und dessen Hintermann, der auf
 des Admirals Befehl aufgesegelt war, im Breitseitkampfe lag (Plan B);
 es litt schwer. Gegen 3-1/2 Uhr gab =Hughes= den Befehl, zugleich zu
 halsen und die Linie über Steuerbordbug zu bilden, weil man sich der
 Küste mit ihren Korallenriffen zu sehr näherte. =Suffren= folgte dem
 Beispiele und erneute den Befehl zum Angriff mit der besonderen Weisung
 an ein Schiff, den »Monmouth« zu nehmen, der hilflos zwischen den
 beiden Linien lag. Das Manöver des Halsens wurde von der englischen
 Flotte schneller ausgeführt als von der französischen, sie gewann
 Vorsprung, und es gelang einem ihrer Schiffe, den »Monmouth« in Schlepp
 zu nehmen und in Lee der englischen Linie zu tauen. Zum Nahkampf kam es
 nicht wieder. Schwere Gewitterböen gaben den Schiffen genug mit sich
 selbst zu tun, namentlich den französischen, die in Unordnung geraten
 waren, weil einige das Halsen ungeschickt ausgeführt, andere sogar
 gewendet hatten. =Suffren=, der um 5-1/2 Uhr von seinem beschädigten
 Flaggschiffe auf ein anderes übergegangen war, gab um 6-1/2 Uhr den
 Befehl, das Gefecht abzubrechen.

 Nach dem Gewitter wurde es flau und die Nacht brach schnell herein.
 Beide Admirale sahen sich wegen der Nähe der Korallenriffe, sowie mit
 Rücksicht auf die Beschädigungen der Schiffe zwischen 7 und 8 Uhr
 genötigt zu ankern, wo sie waren. »Héros« kam, nach Lee getrieben,
 dicht neben die englische Flotte zu liegen; der Versuch einer Fregatte,
 ihn wegzuschleppen, mißlang, jedoch entzog er sich in der Nacht bei
 umspringendem Winde der gefährlichen Lage.

 =Die Verluste= betrugen auf französischer Seite 137 Tote und 357
 Verwundete, auf englischer 137 und 430. Von den letzteren kamen allein
 104 bzw. 198 auf »Monmouth« und »Superb«, während sich der französische
 Verlust gleichmäßiger auf alle Schiffe verteilte. Auf den fünf
 hauptsächlich beteiligten war er natürlich etwas stärker, aber auch die
 Schiffe der Vorhut und der Nachhut hatten gelitten; dies ist wohl ein
 Zeichen, daß das englische Feuer auf weitere Entfernung wirksamer
 gewesen war als das französische[181].

 [181] =Chevalier= (II, Seite 409) gibt die Verluste der einzelnen
       französischen wie englischen Schiffe an; Troude (Band II, Seite
       179) schildert kurz die Beteiligung der verschiedenen
       französischen Schiffe am Kampfe. Beide Autoren behandeln die
       späteren Schlachten Suffrens in gleicher Weise.

=Die Schlacht blieb unentschieden=; beide Parteien ankerten darauf etwa 2
Seemeilen voneinander entfernt an der Küste und blieben hier 6 Tage
liegen, mit Ausbesserungsarbeiten beschäftigt. Am 19. April lichtete
=Suffren= Anker und bot dem Gegner den Kampf an, =Hughes= nahm ihn mit
Rücksicht auf ein stark beschädigtes Schiff (»Monmouth«) nicht an; ihn
anzugreifen, wagte aber Suffren nicht. Hierfür gab er in seinem Berichte
verschiedene Gründe an, von denen aber wohl nur der für ihn
ausschlaggebend war, daß er sich nicht auf die Fähigkeit und Tatkraft all
seiner Kommandanten verlassen konnte[182]. Am 20. April segelte er nach
Batticaloa, etwa 60 Seemeilen südlich von Trincomali. Dieses war noch in
holländischem Besitze, und von hier aus konnte er von Europa kommende
französische Zufuhren decken, sowie englische abfangen. =Hughes= lief am
28. April in Trincomali ein.

 [182] Suffren führte ferner an: der Ankerplatz der Engländer zwischen
       den Bänken sei für einen Angriff zu gefährlich gewesen, drei
       französische Schiffe hätten bereits beim Ankern am 12. April
       Korallenriffe berührt; es sei nur noch für ein Gefecht Munition
       vorhanden gewesen; es habe ihm an Mannschaften sowie an
       Reserverundhölzern gemangelt, wofür er Abhilfe in Batticaloa
       erwartete. Über seine Kommandanten berichtete Suffren, daß er
       nichts leisten könne, wenn nicht 5 oder 6 abgelöst würden.

$Die Schlacht bei Negapatam am 6. Juli 1782.$ =Suffren= fand in
Batticaloa Befehl vor, nach Isle de France zurückzukehren, wo ihm 2
Linienschiffe einen Transport von Frankreich zuführen würden. Obwohl ihm
Mannschaften, Material zum Ausbessern der Schiffe, Tauwerk sowie
Rundhölzer fehlten, und er nur noch für eine größere Schlacht Munition
hatte, obschon ein großer Teil seiner Offiziere Indien gern verlassen
haben würde, nahm er die Verantwortung auf sich, zu bleiben. Zu seinen
Offizieren äußerte er, er wolle lieber seine Schiffe vor den Mauern von
Madras untergehen lassen, als das Feld räumen. Dem Gouverneur der
Maskarenen schrieb er, die Reise nach Isle de France, das Ausrüsten dort
und die Rückfahrt nach Indien würden 6 Monate in Anspruch nehmen, die bei
der Lage der Dinge in Indien für die französische Sache verhängnisvoll
werden würden; er könne an Ort und Stelle die Verhältnisse besser
beurteilen als der Minister in Versailles.

Mit Eifer betrieb er die Instandsetzung der Flotte. Einige
Bedarfsgegenstände erhielt er in Batticaloa, andere beschaffte er von der
dänischen Niederlassung Tranquebar. Während dieser Zeit ließ er beständig
Fregatten kreuzen und hielt eine Division Linienschiffe zum Auslaufen
bereit; fast wäre es dieser am 13. Mai geglückt, einen von Bombay nach
Madras bestimmten englischen Konvoi abzufangen, sie mußte jedoch die
Verfolgung abbrechen, um nicht die englische Flotte in Trincomali
zwischen sich und Batticaloa kommen zu lassen. Am 16. Mai traf auch ein
französischer Transport ein und am 3. Juni war die Flotte wieder seeklar.
=Suffren= segelte nun nach Tranquebar, wo er holländische Schiffe mit
Lebensmitteln vorfand. Von hier aus störte er die Verbindung zwischen
Madras und Trincomali; es glückte ihm, einige englische Transporter
aufzubringen.

Am 20. Juni ging =Suffren= nach Cuddalore, um mit dem französischen
General und =Haidar-Ali= in Verbindung zu treten. Der Sultan äußerte sich
sehr mißbilligend über die schwächliche Unterstützung seitens des
Generals =Du Chemin=; Vorteile, die er den Engländern gegenüber errungen,
seien dadurch wieder hinfällig geworden. Von Suffren dagegen hielt
=Haidar= viel und wünschte deshalb, mit ihm persönlich in Verbindung zu
treten, sobald er von der beabsichtigten Expedition zurück sei. Der
Admiral hatte nämlich erfahren, daß die englische Flotte sich wieder an
der Küste aufhalte, und beschlossen, vor allem den Kampf um die
Seeherrschaft zum Austrag zu bringen; wenn er einen Erfolg erzielt habe,
wollte er Negapatam angreifen. Zu diesem Unternehmen schiffte er 700
Soldaten, sowie 800 Sepoys ein und =Haidar= zog gleichfalls Truppen
zusammen, aber der Kampf zur See blieb in Suffrens Augen die Hauptsache;
die eingeschifften Truppen sollten gleichzeitig zur Auffüllung der
Schiffsbesatzungen dienen.

Beachtenswert ist, wie es der Umsicht des Admirals gelungen war, die
Flotte schlagfertig zu machen. Während er Ende März fast von allem
entblößt war, und obgleich er seitdem eine große Schlacht geschlagen
hatte, konnte er jetzt berichten, daß die Schiffe ohne weitere Zufuhren
sechs Monate lang die See halten könnten; er wies darauf hin, daß das
Aufbringen von Prisen viel hierzu beigetragen habe, und bat deshalb um
größere gekupferte Fregatten für diesen Zweck, falls der Krieg noch
länger dauern würde.

=Hughes= hatte acht Wochen zur Ausbesserung des »Monmouth« gebraucht;
Trincomali war noch nicht lange genug in englischem Besitz, um schon als
vollwertiger Ausrüstungshafen zu gelten. Am 23. Juni segelte er nach
Negapatam. =Suffren= verließ Cuddalore am 3. Juli und sichtete am 5. um 1
Uhr nachmittags den vor Anker liegenden Feind. Dieser ging um 3 Uhr in
See und steuerte südlich, um sich die Luvstellung zu sichern; es war die
Zeit der SW-Monsuns. Am Abend ankerten die Franzosen wegen Windstille,
gingen aber am anderen Tage mit Hellwerden wieder unter Segel, und es kam
zur Schlacht.

 $Die Schlacht bei Negapatam am 6. Juli 1782.$ Ein französisches
 64-Kanonenschiff hatte am 5. nachmittags in einer Bö die Groß- sowie
 die Kreuzmarsstänge verloren und war am 6. noch nicht wieder
 kampfbereit; es blieb unter dem Schutz zweier Fregatten in Lee der
 Flotte. Es standen so auf jeder Seite 11 Schiffe in der Linie. Beide
 Gegner steuerten bei SW-Wind über Backbordbug SO, die Engländer zu
 Luward. Um 10-1/2 Uhr vormittags hielt =Hughes= in üblicher Weise zum
 Angriff ab und um 11 Uhr lagen die beiden Flotten in parallelen Linien
 Schiff gegen Schiff im Gefecht, nur die englische Nachhut war, wie so
 häufig bei dieser Angriffsart, etwas weiter vom Feinde entfernt (Plan,
 Stellung I). Bald nach Beginn des Kampfes verlor auf französischer
 Seite das vierte Schiff von vorn (»Brillant«, 64) den Großmast, mußte
 sich in Lee seiner Linie bergen (a) und blieb dann zurück (a'); auf
 englischer Seite wurde das Spitzenschiff »Hero«, 64, b) so beschädigt,
 daß es sich gleichfalls aus dem Gefecht zog; es segelte nach Negapatam.
 Der Kampf war heiß bei Vorhut und Mitte.

 Um 1 Uhr nachmittags sprang der Wind plötzlich auf SSO; die meisten
 Schiffe beider Flotten fielen nach der dem Feinde abgewendeten Seite
 ab, die Engländer nach Steuerbord, die Franzosen nach Backbord; von
 ersteren blieben jedoch das 4. und 5. (»Burford«, 70 und »Sultan«, 74),
 sowie das 8. und 10. (»Worcester«, 64 und »Eagle«, 64) über Backbordbug
 liegen, und von letzteren drehten das 3. (»Sévère«, 64) und der
 beschädigt zurückgebliebene »Brillant« nach Steuerbord. Diese 6 Schiffe
 lagen also zwischen den beiden Flotten (Stellung II), und es kam zu
 Teilgefechten. »Sultan« griff »Sévère« an, woran sich »Burford« auf
 weitere Entfernung beteiligte, und das französische Schiff strich auf
 Befehl des Kommandanten dem überlegenen Feinde gegenüber bald die
 Flagge. Als dann aber »Sultan« und auch »Burford« das Feuer einstellten
 und abhielten, heißte der Franzose die Flagge wieder und enfilierte den
 »Sultan« von hinten. Offiziere und Mannschaften hatten die feige
 Ergebung nicht anerkannt, der erste Offizier übernahm das Kommando; das
 Schiff vereinigte sich dann mit seiner Flotte (Stellung III, a).
 »Brillant« kam ins Gefecht mit den beiden anderen Engländern, wurde
 aber von =Suffren= selber (»Héros«, 74) und »Annibal« (50) befreit (b).
 Der französische Admiral hatte bald nach dem Abfallen seine Schiffe
 durch Halsen über Steuerbordbug legen lassen, um die Bedrängten zu
 unterstützen; wenn die dem »Brillant« am nächsten stehenden »Artésien«
 und »Vengeur« (c) rechtzeitig Segel gemehrt hätten, so hätten sie
 voraussichtlich den »Eagle« nehmen können. =Hughes= hatte nach dem
 Abfallen den Befehl zum Halsen und den zur »Allgemeinen Jagd« gegeben,
 da sich aber zwei Schiffe manövrierunfähig meldeten, widerrief er ihn,
 sammelte seine Schiffe über Steuerbordbug und führte sie nach Westen.
 =Suffren= tat ein gleiches, erreichte aber den Feind nicht mehr; die
 letzten Schüsse fielen gegen 3 Uhr. Abends ankerten die Engländer vor
 Negapatam, die Franzosen etwa 10 Seemeilen nördlicher.

 =Die Verluste= betrugen auf französischer Seite 178 Tote und 601
 Verwundete, auf englischer 77 und 223; die englischen Schiffe hatten
 wie gewöhnlich mehr in der Takelage gelitten. Der auffallend größere
 Verlust der Franzosen ist wohl der Überfüllung ihrer Schiffe mit
 Soldaten zuzuschreiben.

[Illustration: Schlacht bei Negapatam, 6. Juli 1782.]

=Die Schlacht bei Negapatam war ein Mißerfolg Suffrens.= Er hatte die
größeren Verluste, ohne den Gegner vernichtet oder wenigstens von
Negapatam vertrieben zu haben. Wieder traf zum Teil einige seiner
Kommandanten die Schuld, und seine Geduld war jetzt erschöpft; er
entfernte drei von ihrem Kommando. Am 7. Juli verlangte =Hughes= durch
einen Parlamentär die Übergabe des »Sévère«, weil er die Flagge
gestrichen habe. =Suffren= hatte sie wohl eine Zeitlang vermißt, dies
aber mit Abschießen der Flaggleine erklärt. Erst jetzt erfuhr er die
Feigheit des Kommandanten und den dadurch verursachten Bruch des
Kriegsrechts. Er gab indessen dem Verlangen des englischen Admirals nicht
Folge, schickte aber den Kommandanten sofort nach Frankreich, wo ihn der
König kassierte. Er entsetzte aber auch die Kommandanten des »Artésien«
und des »Vengeur«, der beiden Spitzenschiffe, am 12. von ihrem Kommando;
der eine hatte schon bei Porto Praya, der andere am 16. Februar versagt.
Der Kommandant des »Ajax«, der vor der letzten Schlacht sein Schiff nicht
schnell genug instandgesetzt, legte sein Kommando freiwillig (?) aus
Gesundheitsrücksichten nieder.

 =Suffren= entschuldigte sich in seinem Berichte, daß er nicht schon
 früher habe Strenge walten lassen, aber selbst als Admiral sei er nicht
 berechtigt, Kommandanten abzusetzen, und er sei nicht Flaggoffizier
 (wenigstens wußte er es noch nicht). Der König billigte seine Maßnahmen
 und ging durch Dienstentlassung von drei anderen Kapitänen sogar noch
 weiter.

 =Suffren= hat aber doch wohl zuweilen unter dem augenblicklichen
 Eindruck eines Mißerfolges seine Untergebenen zu schroff beurteilt.
 Mehrere der Angegriffenen hatten sich während ihrer früheren Dienstzeit
 als tüchtig bewiesen, und er selber lobt bei einer Gelegenheit solche,
 die er bei einer anderen scharf verurteilt hat und umgekehrt. Wenn sie
 seine Absichten nicht durchführten, so lag dies zum Teil wohl daran,
 daß sie als Anhänger des alten Brauches kein Verständnis dafür hatten.

$Suffren erobert Trincomali.$ =Suffren= segelte am 8. Juli nach Cuddalore
und stellte hier seine Schiffe mit bewundernswertem Geschick wieder her.
Es fehlten allein 19 Marsstängen, außerdem Untermasten, Raaen, Tauwerk
sowie Segel, und in Cuddalore war kein Material vorhanden. Aber mit den
Rundhölzern der Fregatten und kleineren Schiffen setzte man die
Linienschiffe, mit solchen englischer Prisen die Fregatten instand;
andere Spieren wurden von der Straße von Malakka geholt. Ferner riß man
Häuser nieder, um das Holz zum Ausbessern der Schiffsrümpfe zu verwenden.
Die Arbeiten mußten auf offener Rhede mit häufig schwerer See ausgeführt
werden, aber sie wurden gefördert unter dem Auge des Oberbefehlshabers,
der »trotz seiner Körperfülle« ohne Rast zu angestrengter Tätigkeit
ermunterte. Schon am 18. Juli war die Flotte wieder see- und
gefechtsklar.

Der Admiral hatte erfahren, daß von Isle de France 2 Linienschiffe, 1
Fregatte, sowie Transporter mit Lebensmitteln, Munition und 600 Soldaten
unterwegs seien und daß zwei große Konvois mit 5000 Mann unter General
=de Bussy=, dem Mitstreiter des Gouverneurs Dupleix im Siebenjährigen
Kriege, von Frankreich erwartet würden[183]. Vom Angriff auf Negapatam
sah er wegen der Nähe der englischen Flotte vorläufig ab, beschloß den
Verstärkungen entgegenzugehen und sich Trincomalis zu bemächtigen. Vorher
jedoch fand die beabsichtigte Besprechung mit =Haidar Ali= statt, der mit
einem großen Teile seines Heeres bis in die Nähe von Cuddalore
herangerückt war.

 [183] Frankreich schickte Ende 1781 und Anfang 1782 verschiedentlich
       Verstärkungen nach Indien, von denen aber mehrere in Feindeshand
       fielen. Vgl. z. B. Seite 323 und 345.

 $Die Verhältnisse im Landkriege$ gestalteten sich zugunsten Englands.
 Die Mahratten hatten im Mai 1782 Frieden geschlossen, der allerdings
 erst im Dezember ratifiziert wurde. Infolgedessen drangen die Engländer
 von Bombay aus an der Westküste vor und =Haidar= glaubte sich genötigt,
 entweder auf den auch ihm angebotenen Frieden einzugehen oder sein Heer
 zur Verteidigung des eigenen Landes aus dem Carnatic zurückzuziehen;
 von den französischen Truppen konnte er Unterstützung nicht erwarten,
 da sie kaum genügten, Cuddalore zu halten. Bei Zusammenkünften am 26.
 und 29. Juli, bei denen Haidar dem von ihm hochgeschätzten Admiral
 große Ehren erwies, gelang es nun =Suffren=, den Sultan durch Hinweis
 auf die Ankunft =de Bussys= zur Fortsetzung des Krieges zu bewegen.
 =Haidar= schickte seinen Sohn =Tippu Sahib= zur Malabarküste und blieb
 mit der Hauptmacht im Carnatic.

=Suffren= ging dann am 1. August in See und erreichte am 9. Batticaloa;
von Cuddalore hatte er 600 Mann Infanterie, sowie eine Kompagnie
Artillerie mitgenommen. Am 21. stieß die erstgenannte Verstärkung zu ihm,
am 24. segelte er nach Trincomali, in der Nacht vom 26./27. wurden 2300
Mann gelandet, am 27. und 28. Batterien von Schiffsgeschützen errichtet
und am 29. das Feuer gegen die beiden Forts eröffnet, die die Stadt
verteidigten. Schon am 30. August begannen Verhandlungen. =Suffren=, der
die Ankunft =Hughes=' erwarten mußte, bewilligte der etwa 1000 Engländer
und 600 Sepoys starken Besatzung Abzug mit allen Ehren, worauf die Forts
am 31. übergeben und die Abziehenden nach Madras geschickt wurden.
=Suffren= schiffte sofort die von den Schiffen entnommenen Mannschaften
und Geschütze wieder ein, ließ jedoch eine starke Garnison zurück, so daß
er aller Sorge um den Platz enthoben war.

$Die Schlacht bei Trincomali am 3. September 1782.$ =Hughes= hatte nach
der letzten Schlacht in Negapatam mit dem Ausbessern begonnen, war aber
am 20. Juli nach Madras gegangen, um mit dem dort vorrätigen Material die
Arbeiten besser auszuführen. Am 12. August waren sie nahezu beendet, es
unterliegt aber keinem Zweifel, daß dies bei der Übung der Engländer
früher der Fall gewesen wäre, wenn der Admiral den gleichen Eifer
entfaltet hätte wie sein Gegner; so ging er auch erst am 20. in See,
obgleich er um die Abfahrt der Franzosen nach dem Süden wußte, und traf
dann am 2. September vor Trincomali ein, um wenige Tage zu spät zur
Rettung dieses Platzes durch eine, wenn auch vielleicht nur
unentschiedene Schlacht. Diese kurze Zeit hätte er sicher erübrigen
können; jetzt gab ihm nicht einmal ein voller Sieg die Gewißheit,
Trincomali wiederzunehmen.

Als die englische Flotte erschien, ging =Suffren= ihr entgegen: zum
Kampfe um die Seeherrschaft, zumal, da er wußte, daß dem Gegner bald eine
ansehnliche Verstärkung in Aussicht stehe.

 $Die Schlacht bei Trincomali am 3. September 1782.$ Die französische
 Flotte zählte jetzt 14 Linienschiffe, außerdem hatte =Suffren= eine
 schwere 36-Kanonenfregatte, einen genommenen englischen
 Ostindienfahrer, eingestellt. Die englische bestand aus 12
 Linienschiffen; in Madras war ein Schiff der unter Kapitän =Bickerton=
 erwarteten Verstärkung zu ihr gestoßen, das in einem Sturme von den
 anderen abgekommen war.

 Am 2. September nachmittags wurde das Nahen der Engländer in Trincomali
 gemeldet; =Suffren= ging am 3. in aller Frühe in See. Die englische
 Flotte kam um diese Zeit bei frischem SW-Winde SSO auf den Hafen
 zusteuernd in Sicht, drehte aber ab, als sie die französische Flagge am
 Lande wehen und die feindliche Flotte aus dem Hafen kommen sah.
 =Hughes= hatte keineswegs die Absicht, den Kampf zu vermeiden, obgleich
 der Gegner zu Luvard stand, aber er wollte diesen vorher möglichst weit
 von dem Hafen abziehen, um etwa in der Schlacht beschädigten Schiffen
 die Rückkehr dorthin zu erschweren. Er scheint aber auch darauf
 gerechnet zu haben, daß der Feind bei längerem Folgen in Unordnung
 geraten und dann übereilt angreifen würde, wenn er ihm erst am
 Nachmittage den Kampf anböte; er kannte die ungleiche Segelfähigkeit
 der feindlichen Schiffe, von denen nur die Hälfte gekupfert war, sowie
 deren Kommandanten, die an Geschicklichkeit den seinigen nicht
 gleichstanden.

[Illustration: Schlacht bei Trincomali, 3. September 1782.]

 Sein Plan gelang durch vorzügliches Manövrieren. Er zog sich unter
 häufiger Kursänderung nach NO zurück, richtete dabei die Fahrt nach den
 langsamsten Schiffen ein und benutzte seinen Vorsprung, von Zeit zu
 Zeit die Ordnung zu verbessern. Die Franzosen folgten mit vollen Segeln
 und kamen tatsächlich bald in Unordnung, obgleich auch =Suffren= durch
 zeitweises Anluven dem entgegenzuwirken versuchte. Die lange, mühsame
 Verfolgung erregte endlich den hitzigen Admiral, er verlor seine Ruhe.
 »Signal folgte auf Signal. Bald luvten die Schiffe an, bald hielten sie
 ab, als ob sie unentschlossen wären, was zu tun sei,« berichtete
 Hughes. Als =Suffren= um 2 Uhr nachmittags endlich etwa 25 Seemeilen
 von Trincomali entfernt auf Gefechtsweite an den Gegner heran war, der
 ihn jetzt gut geschlossen und ausgerichtet über Backbordbug mit halbem
 Winde erwartete, gab er das Signal, an den Wind zu gehen, um nochmals
 die Linie zu verbessern (Plan A). Langsame Ausführung des Befehles und
 Fehler dabei machten die Sache jedoch eher schlimmer, und der Admiral,
 dem die Geduld ausging, gab um 2-1/2 Uhr Befehl, zum Herangehen auf
 Pistolenschußweite wieder abzuhalten.

 =Suffren= hoffte, daß trotz der Unordnung jedes Schiff seinen Gegner in
 der feindlichen Linie finden würde und ordnete an, daß zwei der
 überschießenden Schiffe seiner Linie, ein Linienschiff und die
 Fregatte, die beiden letzten Engländer von Lee her dublieren sollten.
 Aber es kam anders. Um seinem Befehle zum Angriff Nachdruck zu geben,
 hatte =Suffren= einen Schuß feuern lassen. Hierin erblickte die
 Besatzung seines Flaggschiffes, das auf die anderen wartete und noch
 nicht zum Nahangriff abgehalten hatte, das Signal zur Eröffnung des
 Kampfes. Es gab seine Breitseite ab, und diesem Beispiele folgten die
 anderen Schiffe, obgleich sie noch auf halbe Kanonenschußweite vom
 Feinde entfernt waren; in dem Pulverrauche ward es ihnen nun noch
 schwerer, die richtigen Posten einzunehmen. Die 7 vordersten Schiffe
 hielten bei dem Versuche, auf ihre Gegner zu stoßen, zu weit voraus,
 einige drehten auch wohl zu früh auf, und so bildete sich eine
 ungeregelte Gruppe vor der englischen Vorhut, die kaum ins Gefecht
 eingreifen konnte (Plan B, a).

 Eine ähnliche Gruppe entstand in der Mitte, so daß sich hier die
 Schiffe gegenseitig maskierten (b). Die beiden Schiffe, die von Lee her
 angreifen sollten, unterließen dies, weil die englische Nachhut von
 Luward gar nicht angegriffen wurde; sie nahmen den Kampf mit den beiden
 letzten Engländern von Luward her auf (c), mußten jedoch bald
 abbrechen, weil die Takelage des Linienschiffes in Brand geriet und die
 Fregatte allein zu schwach war. So hatte das Flaggschiff (Héros, 74)
 und nur 2 andere des Kampf mit 7 Engländern zu führen, die nach und
 nach einen Halbkreis um sie bildeten, dessen vorderste und hinterste
 Schiffe mittels Abhaltens oder Anluvens auch ihre Breitseiten abgaben.
 Sie litten schwer. Nach zwei Stunden hingen die Segel des »Héros« in
 Fetzen, das ganze laufende Gut war zerschossen und das Schiff
 steuerlos[186], später, um 6 Uhr, ging der Großmast über Bord; ein
 anderes Schiff hatte Besansmast und Großstänge verloren, das dritte war
 ähnlich beschädigt. Die übrigen kamen nicht zu ernstem Kampfe. Nur
 teilweise sind sie damit zu entschuldigen, daß der Wind einschlief; zu
 Anfang wäre es wohl möglich gewesen, die Gruppen zu entwirren.

 [186] Man erzählt, daß die Flagge des »Héros« auf kurze Zeit
       verschwand, weil die Flaggleine abgeschossen war. Empört bei dem
       Gedanken, daß man glauben könne, er habe die Flagge gestrichen,
       rief =Suffren=: »Weiße Flaggen! (Die Nationalflagge mit den
       Lilien.) Weiße Flaggen! Man bedecke mein Schiff mit weißen
       Flaggen.«

 Um 1/2-6 Uhr setzte Brise von SO ein. Die Engländer halsten, alle
 Schiffe zugleich, und fuhren im Kampfe fort. Nach Ansicht des
 französischen Stabschefs wären die 3 bedrängten Schiffe verloren
 gewesen, wenn die Engländer gewendet und sie dadurch von der übrigen
 Flotte abgeschnitten hätten; es ist aber wohl anzunehmen, daß den doch
 auch beschädigten Feinden bei dem schwachen Winde das Wenden nicht
 möglich war. Da die Franzosen nun auch halsten, vergrößerte sich der
 Abstand zwischen den Flotten, und die französische Vorhut, die jetzt zu
 Luward stand, bekam die Möglichkeit, sich zwischen die Kämpfenden zu
 schieben, bei dem flauen Winde allerdings nur langsam (C). =Hughes=
 hielt deshalb gegen Sonnenuntergang nach Norden ab; =Suffren= ließ die
 beschädigten Schiffe in Schlepp nehmen und steuerte auf Ceylon zu.

 =Die Verluste= der Engländer betrugen 46 Tote, darunter 4 Kommandanten,
 und 259 Verwundete, die der Franzosen 82 bzw. 255, von denen 64 Tote
 und 178 Verwundete allein auf die drei Schiffe kamen, die hauptsächlich
 im Kampf gestanden hatten. Auf beiden Seiten waren 3-4 Schiffe schwer
 beschädigt.

 =Suffren war wieder entrüstet über seine Kommandanten.= In seinem
 Berichte warf er ihnen Unfähigkeit und, »um nichts Schlimmeres zu
 sagen«, den Wunsch vor, die Kreuztour in Indien beendet zu sehen.
 Dieses Mal traf jedoch auch ihn ein Teil der Schuld, seine übertriebene
 Eile. Er hatte eben als Mann von großen Fähigkeiten auch seine Fehler,
 und diese kamen seinem bedächtigeren Gegner zugute. Aber hätte er nicht
 so schnell angegriffen, so wäre es an dem Tage nicht mehr zum Kampfe
 gekommen, und ihm lag an einer Entscheidung, ehe der Feind verstärkt
 wurde.

 Vier der französischen Kommandanten baten nach der Schlacht, nach Isle
 de France zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit beurlaubt zu werden,
 und der Admiral bewilligte es, wie er berichtete, »mit Freuden«.

Die Schlacht brachte nicht die Entscheidung, die =Suffren= mit Hinblick
auf seine Überlegenheit erhofft hatte; beide Flotten mußten längere Zeit
ausbessern. =Hughes= ging hierzu nach Madras, wo er am 9. September
eintraf; =Suffren= suchte Trincomali auf. Beim Ansteuern des Hafens
strandete am 7. September eins seiner größten Schiffe (»Lorient«, 74)
infolge nachlässiger Navigation und konnte trotz aller Bemühungen nicht
wieder abgebracht werden. Der Admiral ließ sorgfältig alles Material,
besonders die Masten und Rundhölzer, bergen und lief dann am 17. mit der
Flotte ein.

$Die Bewegungen der Flotten, ihre Verstärkungen und der Landkrieg bis zur
Schlacht bei Cuddalore, Juni 1783.$ =Suffren= erhielt in Trincomali die
Nachricht vom Tode des Generals =Du Chemin=. Dessen Nachfolger, Oberst
=d'Hoffelize=, schrieb dabei, daß sich das kleine Heer bei Cuddalore kaum
noch halten könne, weil =Haidar Ali= aus Mangel an Lebensmitteln in dem
völlig verwüsteten Carnatic ihm keine Unterstützung zu bringen vermöge;
eine Berennung der Stadt durch =Eyre Coote= stünde bevor.

Wie nach der Schlacht bei Negapatam, so stellte der Admiral auch diesmal
wieder seine Schiffe seefähig her, ging schon am 1. Oktober in See und
erreichte am 4. Cuddalore; beim Ankern strandete hier infolge eines
ungeschickten Manövers ein zweites Linienschiff (»Bizarre«, 64). Die
Verhältnisse fand man nicht so schlecht vor; =Eyre Coote= hatte sich auf
die Nachricht von der Schlacht vor Trincomali zurückgezogen, weil er das
Erscheinen der französischen Flotte voraussah -- gewissermaßen ein Erfolg
der Franzosen durch die Schlacht.

Im Oktober schlägt der Monsun von Südwest nach Nordost um und steht auf
die Koromandelküste zu, die keinen einzigen guten Hafen hat. Die schwere
See macht dann häufig den Verkehr der Schiffe mit dem Lande, also auch
die Unterstützung der Landmacht durch die Flotte unmöglich. Außerdem ist
der Monsunwechsel häufig von Stürmen begleitet; die beiden gegnerischen
Admirale mußten also eine Gegend verlassen, in der ihr Aufenthalt ebenso
gefährlich wie nutzlos erschien. Da Trincomali verloren war, sah sich
=Hughes= genötigt, zum Überwintern nach Bombay zu gehen, um sich dort mit
der erwarteten Verstärkung zu vereinigen. Am 17. Oktober wurde er durch
einen schweren Sturm gezwungen, in See zu gehen, und segelte dann gleich
nach Bombay ab. Vier Tage später traf Kommodore =Sir Richard Bickerton=
mit fünf Linienschiffen vor Madras ein. Er hatte England am 6. Februar
verlassen, war schon in Bombay gewesen, ging jetzt sofort dorthin zurück
und langte am 28. November an, während die Schiffe =Hughes=' erst eins
nach dem andern, teilweise schwer durch den Sturm beschädigt, eintrafen.
Die englische Flotte blieb dann bis zum Frühjahr in diesem Hafen.

=Suffren= hielt Trincomali nicht zum Winterlager geeignet, weil es in
dieser Jahreszeit ungesund war und auch nicht genügende Hilfsquellen bot.
Er wählte Atchin auf Sumatra. Dieser Hafen war gesund, bot alle
Bedarfsgegenstände, und von hier war die Koromandelküste leichter zu
erreichen als von Bombay und auch von Trincomali, sobald bei dem gegen
Ende des Winters weniger stürmischen Nordostmonsum ein Landen dort
leichter würde; auch hatte Suffren die Nachricht erhalten, daß die
Verstärkung unter General =de Bussy= ihn hier treffen wolle, ein
bestimmter Zeitpunkt war jedoch nicht angegeben. Für Trincomali brauchte
der Admiral keine Besorgnis zu hegen, denn die Besatzung zählte 900
Franzosen und Holländer, 600 Sepoys, so wie 600 Malaien und Kriegsvorräte
waren genügend vorhanden.

 $Die Verzögerung der französischen Verstärkung.$ Während England auf
 die Nachricht von der Schlacht vor Porto Praya ein Geschwader von 6
 Linienschiffen unter =Bickerton= entsandte, machte Frankreich
 verschiedene Versuche, kleinere Verstärkungen, besonders an Truppen,
 nach Indien zu schicken. General =Bussy= verließ heimlich im November
 1781 mit 2 Linienschiffen Cadiz, um sich in Teneriffa mit den
 Transportern zu vereinigen, die von Brest im Dezember mit dem großen
 Konvoi unter =de Guichen= ausliefen. Dieser Konvoi wurde bekanntlich
 von den Engländern zersprengt und nur zwei Transporter gelangten nach
 Teneriffa. Einen Teil der von ihnen mitgeführten Soldaten ließ =Bussy=
 im Kapland zum Schutz gegen =Bickerton=, um dessen Kommen er wußte. Er
 erreichte am 31. Mai 1782 Isle de France und sandte von dort die
 Linienschiffe mit allen auf den Maskarenen zusammenzubringenden
 Mannschaften zu =Suffren=, der mit ihrer Hilfe Trincomali eroberte; er
 selber erwartete weitere Verstärkungen in Port Louis. Eine von ihnen
 blieb ganz aus; der Konvoi war am 20. April 1782 in der Biskaya vom
 Admiral =Barrington= abgefangen. Eine zweite, 4 Linienschiffe unter
 Kapitän =de Peynier=, die schon im Februar mit der Flotte =de Guichens=
 Brest verlassen hatte, erreichte zwar nach langer Reise im Mai das
 Kapland, ward aber dort drei Monate durch eine Epidemie festgehalten.
 Die Krankheit herrschte auch noch nach der Ankunft in Isle de France,
 und obgleich sie Anfang November erloschen war, ging =Bussy= doch erst
 am 26. Dezember 1782 nach Indien ab, wahrscheinlich um vorher noch ein
 Schiff auszubessern. Er war selber krank gewesen und überhaupt nicht
 mehr der schneidige Führer wie im vorigen Kriege.

Das lange Ausbleiben =Bussys= einerseits und die Ankunft =Bickertons=
anderseits hatten auf =Haidar Ali= einen ungünstigen Eindruck gemacht;
nur mit Mühe gelang es =Suffren=, ihn nochmals zur Weiterführung des
Krieges zu bewegen. Der Admiral hatte dann am 15. Oktober die Küste
verlassen und war am 2. November in Atchin eingetroffen. Am 24. erhielt
er die Nachricht, daß =Bussy= wegen der erwähnten Epidemie seine Abfahrt
auf unbestimmte Zeit verschoben habe. In der berechtigten Furcht, daß der
Sultan nun wieder schwankend werden könne, beschloß er baldigste Rückkehr
nach der indischen Küste, um so mehr, weil er erfahren hatte, daß die
englische Flotte nach Bombay gesegelt sei. Er ging am 20. Dezember in See
und traf am 8. Januar 1783 vor Ganjam an der Orissaküste ein. Hier, 500
Seemeilen nördlich von Cuddalore, hatte er günstigen Wind zur Fahrt nach
dem Süden. Er beabsichtigte, von hier aus die englischen Küstenfahrer und
Niederlassungen anzugreifen, er sandte sogar ein Linienschiff und eine
Fregatte zur Gangesmündung; tatsächlich wurden auch viele Prisen
aufgebracht. Wäre =Bussy= jetzt gekommen -- es wäre möglich gewesen, da
die Epidemie Anfang November erloschen war --, so hätte er bei voller
Beherrschung der See durch =Suffren= im Carnatic mit starker
Überlegenheit auftreten können; wahrscheinlich wäre im Verein mit den
Indern Madras genommen worden, ehe =Hughes= erschien.

Statt dessen hatte inzwischen die französische Sache einen schweren
Schlag erlitten; =Haidar Ali= war am 7. Dezember gestorben. Sobald
=Suffren= dies erfuhr, segelte er am 11. Januar 1783 nach dem Süden, um
mit =Tippu Sahib= in Verbindung zu treten, und erreichte am 6. Februar
Cuddalore. Der neue Sultan hatte seit August den Kampf gegen die
Engländer an der Malabarküste mit Erfolg geführt, eilte aber nach dem
Tode seines Vaters zum Hauptheere im Osten, um seine Herrschaft gegen
etwa untreu werdende Vasallen oder gegen Angriffe der Engländer zu
behaupten; am 27. Dezember übernahm er den Oberbefehl. Der Oberst
=d'Hoffelize= war inzwischen mit französischen Truppen näher an das Lager
Haidars herangerückt, um erforderlichenfalls für Tippu einzutreten; die
Engländer konnten glücklicherweise die Lage nicht zu ihrem Vorteile
ausnutzen, weil Mangel an Proviant sie in Madras zurückhielt. Dagegen
griffen sie von Westen her unter General =Mathews= wieder mit Erfolg an.
Als =Tippu= sich nun dorthin wenden wollte, gelang es =Suffren= wiederum,
durch die Versicherung baldigen Eintreffens der großen Verstärkung ihn
zum Bleiben zu bewegen. Der Admiral segelte dann, auch hier wie vor der
Gangesmündung ein Linienschiff nebst einer Fregatte zum Kreuzen gegen
Handelsschiffe zurücklassend, nach Trincomali, um seine Flotte nochmals
instand zu setzen, ehe die englische zurückkam. Am 23. Februar angelangt,
fand er holländische Schiffe mit Vorräten vor, bald darauf stießen die
abgezweigten Schiffe mit zahlreichen Prisen, wieder zu ihm, und am 9.
März kam endlich =de Bussy= an. Er brachte 3 Linienschiffe, 1 Fregatte
und 35 Transporter mit, auf denen Kriegsmaterial, sowie 2500 Soldaten
eingeschifft waren; er war bereits in Atchin gewesen, denn er hatte die
Abfahrt der Flotte von dort nicht erfahren, weil eine zur Erkundung
vorausgesandte Korvette vom Feinde abgefangen war.

=Bussy= übernahm nun den =Oberbefehl= zu Lande und zu Wasser. Es war die
höchste Zeit für die Ankunft der Verstärkung gewesen, da die Engländer
weitere Fortschritte im Westen machten und =Tippu= sich schon dorthin in
Marsch gesetzt hatte. =D'Hoffelize=, der ihm auf dringende Bitten ein
Bataillon Infanterie und eine Kompagnie Artillerie mitgegeben, mußte sich
in die Stadt Cuddalore zurückziehen, und es kam nun darauf an, ihn so
schnell wie möglich zu verstärken. Da =Hughes= täglich mit 18
Linienschiffen zu erwarten war, =Suffren= augenblicklich aber nur über 13
verfügte, weil 2 zum Ausbessern gekielholt waren, machte dieser den
Vorschlag, mit seinen 7 gekupferten Linienschiffen, 5 Fregatten, sowie
den schnellsten Transportern die Truppen und so viel Vorräte wie möglich
nach Cuddalore zu bringen. Er ging am 14. März in See, landete die
Soldaten am 16. in Porto Novo, am 17. die Vorräte in Cuddalore und trat
am 4. April die Rückfahrt nach Trincomali an, um die Schiffe weiter
instand zu setzen und um sich bei dem jetzt bald eintretenden
Südwestmonsun zu Luward der englischen Flotte zu halten, wenn diese
anlangte. Er ließ 2 Linienschiffe und 2 Fregatten unter Kapitän =Peynier=
an der Koromandelküste zum Kreuzen gegen einen erwarteten englischen
Konvoi zurück.

Beim Einlaufen in Trincomali, am 10. April, sichtete Suffren die
englische Flotte. Es kam jedoch nicht zum Zusammenstoß, weil =Hughes=
nach Norden weitersegelte in der Hoffnung, die Division =Peynier=
abzufangen; dies gelang ihm aber nicht, und sie erreichte am 20.
unbehelligt Trincomali. Am 12. Mai war hier der Befehl =Bussys=
eingetroffen, ihm mit der ganzen Flotte den Rest der Vorräte zu bringen.
Diese war jedoch in ihrer Gesamtheit noch nicht seeklar, und =Suffren=
wagte nicht, nur einen Teil der Schiffe einzusetzen. Er hatte recht
damit, denn am 24. Mai passierte die englische Flotte Trincomali mit
Südkurs und am 31. wieder nach Norden steuernd; wahrscheinlich
beabsichtigte sie, den Platz anzugreifen, falls die französische ihn
verlassen hätte. =Suffren= rührte sich auch jetzt noch nicht, obgleich er
nun seeklar war. Er hatte aber am 26. Mai ein Linienschiff und 2
Fregatten mit einigen Transportern nach Cuddalore abgesandt, die ihm
Nachrichten über die Lage dort bringen sollten; sie kehrten am 10. Juni
zurück.

$Die Schlacht bei Cuddalore am 20. Juni 1788.$ Die Verhältnisse am Lande
standen trotz Bussys Ankunft für Frankreich nicht günstig. =Sultan Tippu=
war es zwar gelungen, das Heer des Generals =Mathews= im April zur
Ergebung zu zwingen und bis zur Malabarküste vorzudringen, aber er war
nicht imstande, schnell genug wieder im Carnatic zu erscheinen, um hier
der Gefahr entgegenzutreten, die den Franzosen drohte. =Bussy= hatte sich
wenig tätig gezeigt und wurde nun sowohl von den englischen Truppen, die
vor Cuddalore gestanden hatten und dann durch =Hughes= verstärkt waren,
wie auch durch andere bedroht, die von Madras heranrückten. Der General
sandte nun durch die zurückkehrenden Schiffe einen Befehl, der die ganze
Verantwortung auf den Admiral abwälzte; er schrieb nämlich, =Suffren=
solle Trincomali nicht früher verlassen, ehe er nicht davon Kenntnis
habe, daß der General in Cuddalore eingeschlossen und von der englischen
Flotte blockiert sei. Konnte der Admiral mit Sicherheit darauf rechnen,
diese Nachricht rechtzeitig zu erhalten? =Suffren= aber zögerte nicht,
die Verantwortung auf sich zu nehmen. Er ging schon am 11. Juni unter
Segel und seine Fregatten sichteten am 13. die englische Flotte, die 20
Seemeilen südlich von Cuddalore vor Anker lag. Ihre leichten Schiffe und
Transporter befanden sich dicht unter der Küste in der Nähe des
englischen Heeres, von dem Bussy am gleichen Tage in einem, allerdings
sehr verlustreichen, Gefechte in die Stadt zurückgeworfen war. Alles hing
jetzt von dem Kampfe der Flotten ab, und es folgte =die fünfte und letzte
Schlacht zwischen Suffren und Hughes=, vor der es ersterem noch gelang,
die Besatzungen seiner Schiffe durch Soldaten vom Lande aufzufüllen.

 $Die Schlacht bei Cuddalore, 20. Juni 1783.$ =Die englische Flotte=
 zählte 18 Schiffe in der Linie: 1 zu 80 Kanonen, 5 zu 74, 1 zu 68, 9 zu
 64, 2 zu 50; die =französische= 15: 5 zu 74 Kanonen, 7 zu 64, 1 zu 60,
 2 zu 50.

 Beim Erscheinen =Suffrens= verlegte =Hughes= seinen Ankerplatz auf etwa
 5 Seemeilen an die Stadt heran und der französische Admiral ankerte
 südlich von ihm. Am 14. Juli ging =Suffren= wieder unter Segel, kam
 aber infolge flauer und umspringender Winde erst am 16. auf etwa 10
 Seemeilen dem Gegner nahe. Jetzt lichtete auch =Hughes= Anker und
 steuerte bei südlichem Winde in die offene See hinaus; ihm lag mehr
 daran, zur Schlacht die Luvstellung zu gewinnen, als die Verbindung des
 Feindes mit der Stadt zu hindern. Der folgende Tag ging mit Manövrieren
 der Flotten bei westlichem Winde hin, aber =Suffren= ließ sich hierbei
 nicht weit von der Küste abziehen. Er bat den General =Bussy= um
 Mannschaften zur Auffüllung seiner Besatzungen -- diese zählten meist
 nur drei Viertel des Etats und bestanden außerdem noch zur Hälfte aus
 Soldaten oder Sepoys -- ankerte am Abend dicht vor Cuddalore und nahm
 während der Nacht 600 Soldaten und 600 Sepoys an Bord. Am 18. begann
 das Manövrieren um den Wind aufs neue; in guter Ordnung zum Angriff
 heranzukommen, gelang der französischen Flotte trotz ihrer Luvstellung
 nicht, weil die sämtlich gekupferten englischen Schiffe besser
 segelten. Da der Wind wider Erwarten westlich blieb, entschloß sich
 =Hughes= endlich am 20. Juli die Schlacht in der Leestellung
 anzunehmen; er erwartete den Angriff über Steuerbordbug mit nördlichem
 Kurse. =Suffren= führte seine Schiffe in gleicher Lage heran und ließ
 um 3-1/2 Uhr nachmittags zum Nahgefecht abhalten. Um 4 Uhr begann der
 Kampf auf der ganzen Linie, wie gewöhnlich bei dieser Art des Angriffes
 war er zwischen der beiderseitigen Vorhut und Mitte schärfer als
 zwischen der Nachhut. Eine französische Quelle (Troude, Band II, Seite
 232) schreibt, daß die Engländer während des Gefechtes beständig
 abgehalten hätten, um den Feind immer weiter vom Lande abzuziehen, die
 Franzosen jedoch auf Signal ihres Admirals stets gefolgt wären, bis es
 um 6-1/2 Uhr dunkel wurde und die Schlacht endete.

 =Die Verluste= betrugen auf englischer Seite 103 Tote und 434
 Verwundete, auf französischer 102 bzw. 386; die Schiffe scheinen bei
 beiden Parteien keine besonders großen Beschädigungen erlitten zu
 haben.

 =Es ist bemerkenswert=, daß =Suffren= den Kampf von einer Fregatte aus
 leitete. Er hatte vor wenigen Monaten Befehl erhalten, dies der
 besseren Übersicht wegen zu tun, sobald er mehr als 9 Schiffe
 befehlige; die gleiche Weisung war auch an andere französische Admirale
 ergangen. Er schrieb zurück, er würde danach handeln, falls er es für
 nützlich hielte. Wenn er aber annehmen müsse, vom Flaggschiff aus
 ebensogut leiten zu können, werde er es nicht aus der Hand geben, auch
 durch sein Beispiel im Gefechte zu nützen[185].

 [185] Bereits früher (Seite 264) wurde darauf hingewiesen, daß auch der
       englische Admiral =Howe= sich am 11. August 1778 vor einer
       (voraussichtlichen) Schlacht auf eine Fregatte begab, sowie auf
       Mahans Auslassungen über den Platz des Flottenführers.

 =Suffren= wich in dieser Schlacht auch vom französischen Brauch dadurch
 ab, daß er angriff, aber er wählte dazu die alte englische Form. Er
 hatte zwar in Trincomali verschiedene Gefechtspläne bekannt gegeben,
 deren einer empfahl, die 5 74-Kanonenschiffe die Nachhut bilden und mit
 ihnen die feindliche Linie hinten dublieren zu lassen, während die
 übrigen 10 mit weiteren Entfernungen untereinander den Feind von Luvard
 aus auf der ganzen Linie beschäftigen sollten. In dieser Formation
 segelte die Flotte auch am 14. und 15. Juli, aber später nicht mehr;
 =Suffren= hat doch wohl nach den bisherigen Erfahrungen mit seinen
 Kommandanten nicht gewagt, ein derartig außergewöhnliches Manöver
 durchzuführen. Übrigens klagte er nach dieser Schlacht nicht über seine
 Untergebenen.

=Die Schlacht bei Cuddalore war ein voller Erfolg Suffrens.= =Hughes= lag
während der kommenden Nacht bei, ging aber dann nach Madras; als Gründe
hierfür gab er die große Zahl seiner Kranken, Wassermangel und die
Beschädigungen der Schiffe an. Er schrieb, ihm fehlten 1100 Mann, also
fast genau die Zahl, die sein Gegner vor der Schlacht eingeschifft hatte,
weil er ihn ohne Kampf mit dem Lande in Verbindung treten ließ. Er stand
mithin nicht schlechter da als sein Gegner, und es ist wahrscheinlicher,
daß er den Kampf aufgab, weil sein Selbstvertrauen dem tatkräftigen
Feinde gegenüber stark erschüttert war. =Suffren= hatte am 21. Juni
morgens 25 Seemeilen nördlich von Cuddalore geankert und ging am 22. nach
der Stadt zurück, als die englische Flotte nach Norden absegelte. Er
hatte mit geringeren Kräften den Feind zur Aufgabe der Blockade gezwungen
und dann durch die Schlacht ganz vertrieben.

$Das Ende des Krieges.$ Cuddalore war entsetzt und die Aussichten der
belagernden Engländer trostlos. Ihre Transporter, die bei Annäherung der
französischen Flotte das Weite gesucht hatten, konnten nicht wieder
zurückkommen, und die Kavallerie des Sultans bedrohte ihre Verbindungen
am Lande. Am 25. Juni schrieb der kommandierende General: »Ich bin ratlos
seit dem Weggang unserer Flotte, wenn ich den Charakter Suffrens und die
Überlegenheit der Franzosen am Lande bedenke.« Aus dieser Verlegenheit
wurde er aber erlöst, als am 29. eine englische Fregatte von Madras die
Nachricht des Friedensschlusses brachte. Diese beruhte zwar nur auf
nichtamtlichen Briefen, lautete aber so bestimmt, daß die obersten
Behörden beider Völker in Indien schon am 8. Juli vereinbarten, die
Feindseligkeiten einzustellen.

Den Engländern lag viel daran, baldigst die Hände gegen =Tippu= frei zu
bekommen. Die Franzosen versuchten zwar bei den Verhandlungen, für ihren
Verbündeten einzutreten; und die Engländer erklärten sich auch bereit,
mit diesem gleichfalls Friedensverhandlungen anzuknüpfen, lehnten aber
jedes Versprechen betreffs der Bedingungen ab. =Bussy= zog nach Eintritt
des Waffenstillstandes seine Truppen vom Heere des Sultans zurück,
=Tippu= räumte darauf das Carnatic und begann Unterhandlungen. In einem
im März 1784 geschlossenen Vertrage gaben sich beide Teile die gemachten
Eroberungen zurück. =Die Herrschaft Englands in Indien war gesichert.=

 $Suffrens Rückreise nach Frankreich$ glich einem Triumphzuge. Er trat
 sie am 9. Oktober 1783 an Bord seines Flaggschiffes »Héros« von
 Trincomali aus an. In Isle de France ward er von der französischen
 Bevölkerung, in Kapstadt von der holländischen auf das höchste geehrt,
 besonders aber erfreute ihn die Anerkennung, die ihm die Engländer
 zollten. In Kapstadt lagen 9 Schiffe der Flotte =Hughes'=, deren
 Kommandanten sich mit dem Kommodore =King= an der Spitze beeilten, ihm
 ihren Besuch abzustatten. Am 20. März 1784 erreichte er Toulon nach
 einer Abwesenheit von 3 Jahren und 4 Tagen. In der Provence, in Paris
 sowie am Hofe ward er durch Feste gefeiert; er hatte Frankreich als
 Kapitän verlassen, war nach Porto Praya zum Chef d'Escadre, nach der
 dritten Schlacht in Indien zum Lieutenant-Général befördert, und am 4.
 April 1784 schuf der König für ihn eine vierte Vizeadmiralstelle, die
 nach seinem Tode wieder eingehen sollte. Die Provence überreichte ihm
 eine Medaille mit der Inschrift: »Das Kapland beschützt; Trincomali
 genommen; Cuddalore gerettet; Indien verteidigt; 6 glorreiche
 Schlachten.« Holland ließ ihm durch eine Deputation einen Ehrendegen
 überreichen.

Ein kurzer $Rückblick auf den Seekrieg in Indien$ erscheint als Pflicht
gegen den =Admiral Suffren=, dessen Tätigkeit man als die
bemerkenswerteste und verdienstvollste maritime Leistung des ganzen
großen Krieges bezeichnen muß. Es ist darauf hingewiesen, daß sich für
Frankreich in Indien eine besonders gute Gelegenheit bot, England
anzugreifen. Hierzu hätte man aber rechtzeitig eine Flotte hinaussenden
müssen, die imstande war, die Seeherrschaft zu erringen, wodurch dann
auch die indischen Gegner Englands in ihrem Kampfe unterstützt und
ermutigt worden wären, sowie durch Lagern von Vorräten in Isle de France
und rechtzeitige Nachschübe dafür sorgen müssen, daß die Flotte in den
indischen Gewässern stets leistungsfähig blieb.

Dies geschah nicht. Obgleich die Verbündeten von 1779 an in den
europäischen Gewässern den Engländern stets überlegen und in den
westindischen mindestens gewachsen waren, hatte man von Ende 1779 bis zum
Oktober 1781 nur 6 Linienschiffe in Isle de France, die noch dazu an
allem Mangel litten. Der Oberbefehlshaber, =Graf d'Orves=, war nicht der
Mann, unter solchen Umständen den etwa gleich starken Engländern
tatkräftig entgegenzutreten; er machte zwar Anfang 1781 einen schwachen
Versuch dazu, blieb aber dann untätig. Erst nach der Ankunft =Suffrens=
verfügte Frankreich von 1782 an über Kräfte, die der Wichtigkeit des
Kriegsschauplatzes einigermaßen entsprachen, und dieser Admiral verstand
es, sie zu verwenden. In dem Bewußtsein, daß alles auf die Beherrschung
der See ankomme, brach er mit der bisherigen französischen Strategie zur
See und schlug mit der Bekämpfung der feindlichen Seestreitkräfte den
einzig richtigen Weg zur Lösung seiner anderen Aufgaben ein. Überzeugt
von der Notwendigkeit, das Geschwader ununterbrochen auf der Station zu
halten, ließ er nicht nur den schlechten Zustand seiner Schiffe, die
Unzufriedenheit seiner Offiziere, sondern sogar den ausdrücklichen Befehl
der Regierung unberücksichtigt, nach Isle de France zu gehen. Trotz
Mangel an Personal und Material hielt er durch außergewöhnliche Maßregeln
die Flotte schlagfertig, schuf sich in Trincomali einen Stützpunkt und
verstand es, die anderen Gegner Englands stets wieder zu ermutigen. Er
hätte es verdient, mehr zu erreichen. Aber er wurde von der Heimat zu
wenig unterstützt, obgleich er nicht einmal um Schlachtschiffe, sondern
nur um Mannschafts- und Materialersatz, sowie um leichte, schnelle
Schiffe bat, mit denen er den Kreuzerkrieg zur Versorgung seines
Geschwaders unterhalten wollte. Ferner führten die französischen Generale
den Landkrieg nicht mit gleicher Tatkraft; =Bussy= machte den Ruhm
zuschanden, den er sich im vorangegangenen Kriege erworben hatte. Endlich
fand der Admiral keine Unterstützung durch seine Kommandanten. Wären
diese Männer gewesen, wie sie später =Nelson= oder auch nur wie sie jetzt
=Hughes= besaß, so würde er voraussichtlich das englische Geschwader
vernichtet haben, solange es noch schwächer war. Ob die allgemeinen
Verhältnisse des ganzen Krieges es zugelassen hätten, die englische Macht
in Ostindien zu überwältigen, dürfte zweifelhaft sein; =Suffrens=
Hoffnung aber war, durch Herstellung eines Übergewichtes auf diesem
Kriegsschauplatze einen günstigen Frieden herbeizuführen.

Der englische Admiral =Hughes= hat in dem langen Ringen stets die
Geschicklichkeit, Überlegung und Voraussicht eines tüchtigen Seemannes
gezeigt, gepaart mit hohem Mute sowie der Entschlossenheit, nicht zu
weichen; er war ein vorzüglicher Vertreter des englischen
Durchschnittsseeoffiziers im 18. Jahrhundert. Als höherer selbständiger
Führer war er aber dem Gegner nicht gewachsen; dessen Genie und richtige
Beurteilung der militärischen Lage fehlten ihm. So ist ihm schon von der
zeitgenössischen Kritik vorgeworfen, auf seiner Fahrt nach Trincomali in
den Tagen vor der Schlacht bei Providien, die französische Flotte nicht
angegriffen zu haben, trotzdem sie stets in Lee gestanden hätte und in so
lockerer Ordnung gesegelt sei, daß er die Schiffe einzeln hätte
überwältigen können. Tatsache ist, daß durch sein Zaudern nach der
Schlacht bei Negapatam Trincomali verloren ging, und daß er nach der
Schlacht vor Cuddalore die Deckung der Stadt aufgab, obgleich sich die
französische Flotte in nicht besserer Verfassung befand als die seine.
Diese Kurzsichtigkeit würde verhängnisvoll geworden sein, wenn der Krieg
fortgeführt wäre. =Suffren= sah das Vertreiben des stärkeren Gegners von
diesem Platze als seine höchste Leistung in Indien an.


                           Der Kleine Krieg.

In den früheren englisch-französischen Kriegen errang England schließlich
stets die Seeherrschaft und konnte dann seine ganze Kraft zur Vernichtung
des feindlichen Handels einsetzen; selbst wenn Frankreich den Kampf mit
der Flotte freiwillig aufgegeben und seine Seestreitkräfte ganz in den
Dienst des Kreuzerkrieges gestellt hatte, endete dieser doch immer mit
dem völligen Brachliegen des Seehandels für die schwächere Macht. Im
Kriege 1775-1783 behaupteten aber beide Parteien bis zum Ende die See,
und der Handelskrieg spielte infolgedessen keine so hervortretende und
einflußreiche Rolle. Vernachlässigt wurde er aber keineswegs. Die Schläge
gegen größere Konvois traten als militärische Unternehmungen von
Bedeutung hervor, daneben aber bedrohten Kreuzer sowie Freibeuter beider
Parteien die Schiffahrt der Gegner in allen Meeren, und es kam zu
zahlreichen Gefechten zwischen diesen[186]. Leider bringen unsere Quellen
nicht wie bei den früheren Kriegen genauere Angaben über die Zahl der
Schiffe, die sich die Gegner fortnahmen, aber Andeutungen in
französischen wie englischen Werken lassen schließen, daß die Verluste
beider Nationen sehr bedeutend gewesen sind und sich etwa die Wage
gehalten haben; von seiten Hollands wird ausdrücklich zugegeben[187], daß
sein Schaden ungeheuer gewesen sei, und sich die schon im Verfall
begriffene ostindische Kompagnie von ihm nicht wieder erholt habe. Es
wird zwar nirgend ausgesprochen, ist aber wohl sicher anzunehmen, daß die
Störung des Handels mit ihren mittelbaren und unmittelbaren Verlusten zur
Beendigung auch dieses Krieges beigetragen habe.

 [186] Die bemerkenswertesten dieser Einzelgefechte, in denen Führer und
       Besatzungen ganz besonders Mut sowie Geschicklichkeit zeigen
       konnten, sind mit besonderer Vorliebe in den Spezialwerken
       geschildert. Vgl.: Clowes, Band IV (Kapitel Minor actions);
       Troude, Band II; de Jonge, Band IV, Seite 663 ff. Engländer wie
       Franzosen behaupten, gerade in den Kämpfen Schiff gegen Schiff
       dem Gegner überlegen gewesen zu sein.

 [187] De Jonge, Band IV, Seite 683.

 Nur =Laird Clowes= bringt (Band III, Seite 396) eine für sein Werk von
 der berühmten Seeversicherungsgesellschaft »Lloyd« -- schon zu jener
 Zeit eine Art Börse der englischen Kaufleute, Rheder, Seeversicherer
 usw. -- aufgestellte Tabelle über die Verluste Englands und seiner
 Gegner in den einzelnen Kriegsjahren. Nach dieser haben die Engländer
 in den Jahren 1776-1783 2200 Handelsschiffe sowie 75 Freibeuter
 eingebüßt und 1100 bzw. 215 der Feinde genommen. -- Wie in den früheren
 Kriegen erklärt die Übermacht des englischen Seehandels den größeren
 Verlust, dieser war aber eben deshalb auch leichter zu tragen.

=Der Kreuzerkrieg der Amerikaner=[188] verdient noch eine kurze
Betrachtung, weil sie trotz ihrer geringen Seemacht darin Hervorragendes
geleistet haben. Bekanntlich ließen die einzelnen Kolonien schon von 1775
an kleinere Fahrzeuge an ihren Küsten kreuzen, um dem englischen Heere
die Zufuhren an Kriegsmaterial wegzufangen und diese eigenen Truppen
zuzuführen; aus diesen Anfängen entstand die kleine Marine. Diese ward
dann auch weiter fast ausschließlich im Kleinen Kriege verwendet, zu ihr
traten zahlreiche Freibeuter. Einzeln und in kleinen Verbänden taten die
Schiffe den Engländern an der amerikanischen Küste, aber besonders auch
in den westindischen Gewässern großen Abbruch, wobei sie sich auf
französische, spanische und holländische Häfen stützten.

 [188] Eingehend geschildert in =Spears=. -- Vergleiche auch die Angaben
       über die amerikanische Marine und ihren Kreuzerkrieg Seite 225
       und 241.

 Nach amerikanischen Angaben (Spears, Band I, Seite 217) sind in den
 westindischen Gewässern sowie an der westafrikanischen Küste bis Ende
 1777 173 amerikanische Freibeuter mit 2550 Kanonen und 13 800 Seeleuten
 tätig gewesen und haben 559 englische Handelsschiffe im Werte von 2-1/2
 Millionen Lstrl. aufgebracht; 34 derselben wurden weggefangen.

Schon im Herbst 1776 trat auch der erste amerikanische Kreuzer in den
europäischen Gewässern auf. Eine Brigg mit 16 Kanonen brachte =Franklin=
nach Frankreich und kreuzte dann in der Biskaya. In den folgenden Jahren
waren mehrere Kriegsschiffe tätig, teils von Amerika herübergekommen,
teils in französischen Häfen beschafft; auch Freibeuter traten auf. Es
ist bemerkenswert, wie sich diese Fahrzeuge auszurüsten und ihre Prisen
zu verwerten wußten, trotzdem Frankreich noch mit England im Frieden war,
wie sie ihre Ausrüstung auf See an Bord nahmen und ihre Prisen vor den
französischen Häfen verkauften. Es waren nur kleine Schiffe, und der
Schaden blieb gering, den sie dem englischen Handel zufügten, aber sie
beunruhigten ihn und bedrohten sogar offene Küstenplätze Schottlands und
Irlands, eine ungeheure Keckheit der großen Seemacht Englands gegenüber.
Am berühmtesten sind die Taten des Kapitäns =Paul Jones=, der durch sie
=ein Nationalheld= Amerikas geworden ist.

 $Auftreten des amerikanischen Kapitäns John Paul Jones in den
 europäischen Gewässern.$ =Paul Jones=, 1747 in Schottland geboren, kam
 als Geschäftsreisender nach den Kolonien, blieb dort, fuhr als
 Steuermann auf Sklavenschiffen und ward unter den ersten Offizieren der
 neuen Marine am 22. Dezember 1775 als Leutnant 1. Klasse angestellt. Im
 August 1776 zum Kapitän ernannt, führte er mit großem Erfolge eine
 Brigg in den heimischen Gewässern, erhielt 1777 das Kommando des
 kleinen Schiffes »Ranger« (18 Kanonen, 135 Mann) und heißte bei der
 Indienststellung am 14. Juni eigenhändig zum ersten Male die eben
 eingeführte »Stern- und Streifenflagge« der Vereinigten Staaten. Im
 November verließ er Amerika, machte auf der Überfahrt zwei Prisen und
 traf am 2. Dezember in Nantes ein. Von dort führte er einige
 amerikanische Handelsschiffe nach Lorient, die sich hier einem
 französischen nach Westindien bestimmten Konvoi anschließen sollten,
 und bei dieser Gelegenheit ward die neue Flagge zum ersten Male von
 französischen Kriegsschiffen salutiert. Am 10. April 1778 trat er von
 Brest aus eine Kreuzfahrt um Irland an. Auf dieser brachte er
 verschiedene Prisen auf, versuchte am 22. die im Hafen von Whitehaven,
 südlich vom Clyde, liegenden Schiffe zu verbrennen, wobei er allerdings
 nur geringen Erfolg hatte, und landete dann auf der Insel St. Mary im
 Solway Firth, um Lord Selkirk in seiner Besitzung aufzuheben und als
 Geisel gegen die schlechte Behandlung gefangener Freibeuter durch die
 Engländer fortzuführen. Der Lord war abwesend, aber die Amerikaner
 erbeuteten dessen Familiensilber; =Jones= kaufte es später seinen
 Leuten ab und sandte es dem Eigentümer zurück. Am 24. April zwang er
 vor Belfast Lough die englische Sloop »Drake« (20 Kanonen, 154 Mann) in
 einem heftigen Gefechte zum Streichen der Flagge und segelte dann
 nördlich um Irland nach Brest zurück.

[Illustration: Captain John Paul Jones.]

 Eine zweite Fahrt konnte =Jones= wegen Geldmangels erst im Sommer 1779
 antreten. Er verfügte jetzt über einen ehemaligen französischen
 Ostindienfahrer, »Bonhomme Richard« (42 Kanonen), als Flaggschiff, eine
 amerikanische Fregatte, »Alliance« (32 Kanonen), unter einem
 französischen Seeoffizier =Landais=, zwei mit 30 und 12 Kanonen
 armierte Kauffahrer »Pallas« und »Vengeance« und einen
 18-Kanonenkutter. Die Flottille ging am 14. August zusammen mit 2
 französischen Freibeutern von Lorient in See. =Jones= besaß aber nur
 geringe Machtbefugnisse über die anderen Fahrzeuge, deren Befehlshaber
 sich unbotmäßig zeigten. Die Freibeuter verließen ihn gänzlich und auch
 Landais ging eigene Wege, sobald es ihm gutdünkte; er hatte seine
 Laufbahn in der französischen Marine verfehlt, zeigte ein überspanntes
 Benehmen und war empört, daß er nicht den Oberbefehl erhalten hatte.

 Die Fahrt ging um Irland und Schottland herum; bis zum 21. September
 wurden 17 Prisen gemacht. Die Küstenbevölkerung Schottlands war in
 größter Aufregung, aber =Jones= konnte seine Absicht, Leith eine
 Kontribution aufzulegen, nicht durchführen, da seine Unterführer den
 Gehorsam versagten.

 Am 23. September stieß die bis auf den Kutter vereinte Flottille
 südlich von Flamborough Head vor der Mündung des Humber auf einen
 englischen Ostseekonvoi. Die begleitende Fregatte »Serapis« (44
 Kanonen, 264 Mann), Kapitän =Pearson=, sowie ein armierter Kauffahrer
 »Countess of Scarborough« (20 Kanonen) traten den Amerikanern mutig
 entgegen. =Jones= befahl, die Schlachtlinie zu bilden, aber =Landais=
 verweigerte dies ausdrücklich und »Vengeance« war zu weit entfernt; so
 kamen nur das Flaggschiff und »Pallas« gegen 7-1/2 Uhr abends ins
 Gefecht. Diese zwang nach zweistündigem Kampfe das kleinere englische
 Schiff zum Streichen der Flagge.

 In dem Kampfe zwischen »Serapis« und »Bonhomme Richard«[189] wurde
 dieser durch die überlegene Artillerie des Gegners bald völlig außer
 Gefecht gesetzt und das Schiff derartig im Rumpfe durchlöchert, daß es
 zu sinken drohte. =Jones= ging deshalb dem Feinde längsseit und errang
 in blutigem Kampfe, in dem sein Flaggschiff 116, die »Serapis« 126 Mann
 einbüßte, durch seine persönliche Hartnäckigkeit und Kaltblütigkeit
 schließlich den Sieg. »Serapis« strich um 10-1/2 Uhr nachts die Flagge
 und wurde von den Amerikanern besetzt; »Bonbomme Richard« sank am
 folgenden Tage.

 [189] Bis in Einzelheiten gehende Schilderungen dieses bemerkenswerten
       Gefechtes bringen Spears (Band I, Seite 242) und Clowes (Band IV,
       Seite 35).

 =Landais= hatte nur den Kampfplatz umsegelt und Breitseiten auf die
 englischen Schiffe abgegeben; er hat aber auch auf das Flaggschiff
 Jones' gefeuert, und zwar nach eigner Aussage mit Absicht, um es in
 Feindeshand fallen zu lassen, dann wiederzunehmen und die »Serapis«
 gleichfalls zu erobern.

 Der englische Konvoi hatte sich während des Gefechtes retten können,
 und =Pearson= wurde deshalb trotz des Verlustes seines Schiffes in den
 Ritterstand erhoben.

 =Jones= führte seine Flottille nebst den Prisen nach Texel und von dort
 Ende Dezember trotz der englischen Kreuzer durch den Kanal nach
 Lorient, wo sie aufgelöst wurde. England erklärte ihn für einen
 Seeräuber und setzte einen Preis von 10000 Lstrl. auf seinen Kopf. In
 Paris überhäufte man ihn mit Ehren, und in Amerika ward er als Admiral
 an die Spitze der Marine gestellt, als er 1780 zurückkehrte. 1788 trat
 er als Kontreadmiral der baltischen Flotte in russischen Dienst. Da
 aber englische Offiziere nicht unter ihm dienen wollten, wurde er zur
 Flotte des Schwarzen Meeres versetzt und zeichnete sich hier gegen die
 Türken aus. 1789 wurde er jedoch durch Intrigen verdrängt, lebte dann
 in Holland und Frankreich, wo er 1792 fast vergessen zu Paris starb. Es
 ist ungerecht, =Jones= als einen in französischem Solde stehenden
 Verräter an der englischen Sache hinzustellen, wie es einige englische
 und auch deutsche Werke tun; er war ebenso amerikanischer Bürger wie
 viele andere noch in England geborene Amerikaner. (Biographie Jones'
 von =Abbot=, Washington 1875.)

Die kleine amerikanische Kriegsmarine ging in dem Handelskriege zugrunde;
beim Friedensschluß waren nur noch 3 Schiffe mit zusammen 84 Kanonen
vorhanden. Aber durch die von ihr genommenen Schiffe -- nach Spears
während des ganzen Krieges 800 an der Zahl -- sind zum Teil die Mittel an
Kriegsmaterial und Geld zur Durchführung des Landkrieges aufgebracht.


                      Der Frieden von Versailles.

Bekanntlich setzte die Opposition in England nach der Kapitulation von
Yorktown, dem Verluste verschiedener westindischer Inseln sowie Minorkas
im März 1782 einen Ministerwechsel durch und der Landkrieg in Nordamerika
geriet ins Stocken. Die neue Regierung trat aber auch in
Friedensverhandlungen mit =Franklin= in Paris ein, obgleich der
amerikanische Staatsmann neben der Unabhängigkeit der Kolonien auch die
Abtretung Kanadas forderte; zu Franklin kamen später noch die Agenten
=Adams=, =Jay= und =Laurens=. Die Besprechungen wurden dadurch
erleichtert, daß England die Hände gegen seine europäischen Gegner
freizubekommen strebte, und die Amerikaner erkannten, daß Frankreich sie
nur zum Werkzeug ihrer eigenen Politik machen wollte.

 $Frankreich$ wollte die Vereinigten Staaten nicht zu stark werden
 lassen, sondern ein Gleichgewicht zwischen ihrer und Englands Macht in
 Nordamerika geschaffen sehen. Es war daher gegen die Überlassung
 Kanadas, des Gebietes der großen Seen, der Seefischereien und des
 Mississippitales an die Amerikaner und arbeitete in diesem Sinne gegen
 sie. Das Gebiet des Mississippi wollte es Spanien und damit seinem
 eigenen Einflusse sichern, die Fischereien aber als Schule für die
 Marine behalten.

Die Amerikaner ließen deshalb ihre Forderung auf Kanada und andere
englische Besitzungen im Norden fallen, bestanden aber auf ihrer
Ausdehnung nach Westen sowie auf ausgedehnten Fischereirechten, und
England gab hierin, sowie in seinen Ansprüchen auf alte Schulden nach. Am
30. November 1782 ward der =vorläufige Frieden zwischen England und den
Vereinigten Staaten= ohne Wissen Frankreichs abgeschlossen. Da sich der
Kongreß früher verpflichtet hatte, Friedensverhandlungen nur mit
Zustimmung Frankreichs zu führen, nannten die Agenten die Abmachungen
»Provisional-Artikel«, die nur dann zu einem endgültigen Frieden führen
könnten, wenn Frankreich an ihm beteiligt sei.

Tatsächlich trat aber Amerika jetzt vom Kriege zurück, und Frankreich,
mit dem England seit dem Amtsantritt =Shelburnes= im Juli gleichfalls in
Verhandlung getreten war, mußte nachgeben. Es hatte bei der Lauheit
Spaniens und der Schwäche Hollands nichts mehr zu hoffen, war überdies in
Finanznöten und ging schon seiner schweren inneren Krisis entgegen. Am
20. Januar 1783 ward =der Präliminarfriede zwischen England und
Frankreich-Spanien= unterzeichnet.

Hierbei ließ Frankreich Holland im Stich, wo man im Vertrauen auf diesen
Verbündeten frühere günstige Anerbieten Englands abgelehnt hatte. Es
wurde nur in den Waffenstillstand eingeschlossen und =der vorläufige
Friede zwischen Holland und England= kam erst am 2. September 1783
zustande.

 $Über den Einfluß der Schlacht von Dominica auf den Friedensschluß$
 findet man häufig die Ansicht, sie habe die französische Marine so
 geschwächt, daß jene nicht mehr um die Seeherrschaft hätte kämpfen
 können. Dies ist sehr übertrieben. Anders wäre es gewesen, wenn
 =Rodney= seinen Sieg ausgenützt und die französische Westindienflotte
 vernichtet hätte, aber diese verlor ja nur 5 Linienschiffe. Die
 Niederlage mag wohl dazu beigetragen haben, Frankreich dem Frieden
 geneigt zu machen, aber die günstigen Friedensbedingungen, die England
 erlangte, waren nicht die Folge einer Demütigung Frankreichs zur See,
 sondern seiner finanziellen Notlage. In England rief der glänzende Sieg
 bei der augenblicklich ungünstigen Lage zwar großen Jubel im Volke
 hervor, aber eine derartige Bedeutung legte man ihm in den leitenden
 Kreisen nicht zu. Dies geht aus den Parlamentsverhandlungen im Februar
 1783 über die Frage hervor, ob die Friedensbedingungen der
 militärischen Lage entsprochen hätten, oder ob es richtiger gewesen
 wäre, den Krieg fortzusetzen. Die Regierung führte an, daß England nur
 100 Linienschiffe bereit habe, während Frankreich und Spanien 140
 aufstellen könnten; auch sei zu befürchten gewesen, daß die Verbündeten
 1783 Jamaika erobert hätten, doch war dies nur die Beweisführung einer
 Partei, die durchaus den Frieden wünschte. Admiral =Keppel=, der von
 seinem Amte als Erster Lord der Admiralität zurücktrat, weil er die
 Friedensbedingungen nicht billigte, bestritt die Richtigkeit der obigen
 Zahlen für beide Parteien, und auch die englischen Staatsmänner mußten
 zu dieser Zeit gelernt haben, die beiderseitigen Marinen nicht nur nach
 der Zahl der Schiffe einzuschätzen. So war auch die Gefahr für Jamaika
 von seiten der Friedensfreunde übertrieben, aber wahrscheinlich wäre es
 England nicht gelungen, mit Waffengewalt die anderen Inseln wieder zu
 erobern, die ihm der Friede zurückgab.

$Die Friedensbedingungen.$ =Die Vereinigten Staaten= wurden als
unabhängig anerkannt. Sie erhielten die westlich gelegenen Gebiete
einschließlich des Mississippitales, sowie das Recht, bei Neufundland und
im St. Lorenzgolfe die Fischerei mitzubetreiben, während die Engländer
vom Fischen an der amerikanischen Küste ausgeschlossen wurden.

=Frankreich= gab an England die eroberten westindischen Inseln bis auf
Tabago zurück und erhielt dagegen Sta. Lucia, sowie seine
Handelsniederlassungen in Ostindien, unter den gleichen Bedingungen wie
1763, wieder. Auch behielt es das Recht der Fischerei in den
obengenannten Gewässern sowie die kleinen Inseln St. Pierre und Miquelon
am Eingang zum Lorenzgolfe als Stützpunkte; in Westafrika fiel ihm die
Senegal-, England die Gambiamündung zu. Endlich wurde Frankreich von der
alten demütigenden Verpflichtung entbunden, Dünkirchen nach der Seeseite
unbefestigt zu lassen.

=Spanien= räumte die Bahamainseln und gestand endlich den Engländern das
langumstrittene Recht zu, von der Honduras- und Campecheküste Holz
auszuführen. Es behielt Florida und Minorka, aber von einer Rückgabe
Gibraltars war nicht die Rede. =Holland= bekam zwar Trincomali wieder,
Negapatam gab England jedoch nicht heraus.

Abgesehen vom Verluste seiner amerikanischen Kolonien hat der Krieg
mithin =England= nicht so große Opfer gekostet, als zu erwarten stand.
Der Verlust von Minorka hätte größere Bedeutung gehabt, wenn Spaniens
Seemacht stark genug gewesen wäre, den Platz zu halten; so wie die Dinge
lagen, fiel die Insel im nächsten Kriege doch wieder in Englands Hände.
Frankreichs Gewinn durch den Krieg, der ihm 1200 Millionen Francs
gekostet haben soll, war nur die unbedeutende Insel Tabago und das
Bewußtsein, zum ersten Male England gegenüber die See gehalten zu haben.

=Der endgültige Friede= zwischen den beiden Königreichen, den Vereinigten
Staaten und England ward am 3. September 1783 zu Versailles
unterzeichnet; der zwischen England und Holland fand am 10. Mai 1784 zu
Paris seine Bestätigung.


                         Schlußbetrachtungen.

$Über die Strategie der Gegner.$ Der Krieg 1778-1783 war ein reiner
Seekrieg und wohl der an Ereignissen reichste, der je ausgefochten ist.
England, Frankreich und Spanien spannten ihre maritimen Kräfte bis aufs
äußerste an, in allen Meeren maßen sich große Flotten, gegen 20
Schlachten fanden statt. Und doch brachte der Krieg keinem der Länder
wesentliche Vor- oder Nachteile, außer daß England durch ihn in dem
Landkriege mit seinen nordamerikanischen Kolonien unterlag. Dies war die
Folge einer mangelhaften Strategie auf beiden Seiten. Die Entstehung des
Krieges, die Ziele der Verbündeten sowie die allgemeine militärische Lage
beider Parteien wurden bereits bei Beginn seiner Darstellung
erörtert[190] und auf die einzelnen Abschnitte seines Verlaufes folgte
stets eine kritische Besprechung; es erscheint aber wünschenswert, zum
Schluß nochmals =die Kriegführung der Gegner im großen= zu
betrachten[191].

 [190] Vgl. »Entstehung des Krieges«, Seite 215; »Kennzeichnung des
       Krieges«, Seite 218; »Anordnung der Schilderung nach den
       Kriegsschauplätzen«, Seite 243.

 [191] Mahan (Band I, Kapitel XIV, Kritische Besprechung des Seekrieges
       von 1778) benutzt diesen Krieg zur Darlegung verschiedener
       wichtiger Grundsätze der Strategie, gegen die auf beiden Seiten
       verstoßen sei. Wir bringen in nachstehendem einiges aus den sehr
       lesenswerten Auslassungen, ohne sie jedoch auch nur annähernd zu
       erschöpfen.

=Das eigentliche Ziel der Verbündeten= war, früher erlittene Demütigungen
zu rächen und die tyrannische Herrschaft zu brechen, die England auf dem
Ozean sich anmaßte. Frankreich gedachte dabei, seinen Besitz in
Westindien zu vermehren und in Ostindien wieder überwiegenden Einfluß zu
gewinnen; Spanien hoffte, Gibraltar, Minorka, Florida und womöglich auch
Jamaika zurückzuerhalten. Die Herrschaft Englands beruhte auf seiner
großen aktiven und latenten Seemacht, auf seiner Kriegsmarine und seinem
Seehandel, seinen Marinestationen und Kolonien in allen Teilen der Welt.
Hierin lagen mithin auch die Angriffspunkte für die Gegner. Infolge des
Aufstandes der Amerikaner sah sich England mit Verlust seiner damals
wichtigsten Kolonie bedroht; verlor es diese, so büßte es auch eine Reihe
von Häfen ein und dadurch entstand eine Lücke in der Kette seiner
Stützpunkte zwischen Kanada und Westindien; seine Flotte hatte es aber
durch Frankreich und Spanien wenigstens in der Zahl der Schiffe überholen
lassen. Die Gelegenheit zum Angriff war also für die Gegner günstig.

Die nächste Frage bildete nun =die Wahl der Angriffsobjekte seitens der
Verbündeten=: der Hauptpunkte, die man nie aus dem Auge lassen durfte,
und der Ziele zweiter Ordnung, die die Verteidigung ablenken und ihre
Kräfte zersplittern sollten. Da der Hauptzweck der Verbündeten nicht war,
den Amerikanern zu nutzen, sondern England zu schaden, gebot die
militärische Politik, jene nur soweit zu unterstützen, daß sie den Krieg
fortsetzen konnten. England in seinen anderen Kolonien mit Erfolg
anzugreifen, erforderte unbedingte Seeherrschaft, aber nicht nur an Ort
und Stelle, sondern überhaupt, denn keine der beiden Parteien besaß in
den fernen Meeren so leistungsfähige Stützpunkte, daß die Flotten dort
auf die Dauer see- und gefechtsbereit erhalten werden konnten; die
Kolonien selber waren noch auf Zufuhren aus Europa angewiesen. Amerika
und die anderen Kolonien eigneten sich also nur zu Diversionen, während
als Hauptangriffspunkte England als Basis seiner Flotte und diese selber,
sowohl als Streitmacht an und für sich wie als Sicherung der Verbindung
mit den auswärtigen Kriegsschauplätzen anzusehen waren. Hier mit
Übermacht aufzutreten, ward den Verbündeten dadurch erleichtert, daß
England sich entschloß, seine Streitkräfte in weitgehendem Maße zu
verteilen, um überall einem Angriffe entgegentreten zu können.

=Diese Maßnahme Englands= fordert zur Kritik heraus; um sie mit
Sicherheit durchzuführen, wäre Überlegenheit an Streitkräften nötig
gewesen. Man konnte nie wissen, wohin der Gegner den Hauptstoß richten
würde; dies ist ein Nachteil der Verteidigung, der im Seekriege besonders
hervortritt, da marschierende Flotten keine Spuren hinterlassen. Jede
ferne Station hätte stark besetzt gehalten werden und außerdem jeder von
Europa auslaufenden feindlichen Flotte eine derartig starke eigene
angehängt werden müssen, daß man auf dem bedrohten Punkte überlegen war.
Dies konnte aber die schwächere Partei nicht durchführen und England
setzte sich mit seinem Entschluß der Gefahr aus, an irgendeiner Stelle
mit Übermacht angegriffen zu werden. Im großen und ganzen ist es ihm
gelungen, dem Gegner auf den fernen Kriegsschauplätzen mit genügenden
Kräften entgegenzutreten, jedoch nicht immer. In Westindien mußten sich
seine Flotten mehrfach unter die Kanonen von Landbefestigungen
zurückziehen und konnten den Verlust einiger Inseln nicht hindern; in
Nordamerika entschied das Übergewicht der französischen Seestreitkräfte
1781 den Landkrieg. Dieses hatten die Franzosen dadurch erlangt, daß
ihrer Flotte (=de Grasse=) beim Verlassen Westindiens nur ein Teil der
englischen folgte, um Westindien und den dortigen Handel nicht ganz
preiszugeben; ein sprechendes Beispiel für die Schwäche der englischen
Strategie. In den heimischen Gewässern aber war England stets weit
unterlegen. Seine Flotte hier war sogar zu schwach, auch nur die
Verteidigung der eigenen Küsten sicherzustellen; nur infolge der
mangelnden Tatkraft der Gegner hat sie diese Aufgabe lösen und auch noch
Vorstöße machen können.

=Eine richtigere Strategie Englands= wäre wohl gewesen, den Hauptangriff
auf die feindlichen Seestreitkräfte zu richten; diese aber waren am
sichersten vor ihren eigenen Häfen zu finden; England konnte dabei den
Vorteil ausnützen, daß seine Flotte eine gemeinschaftliche Basis hatte,
in einer Hand lag und aus einem Guß war. Es mußte die europäischen
Gewässer, Nordamerika und Westindien als =einen= Kriegsschauplatz ansehen
und mit seiner Hauptmacht die Vereinigung der Gegner zu hindern, deren
Plänen gleich bei ihrem Auslaufen entgegenzutreten suchen. Um hierzu in
Europa die nötigen Kräfte zu haben, hätte man allerdings die auswärtigen
Angriffspunkte durch Schwächung der Geschwader dort bis zu einem gewissen
Grade aufs Spiel setzen müssen, jedoch konnte man dies in Nordamerika
durch eine gegen jeden Seeangriff genügende Befestigung der
Hauptstützpunkte, New York und Newport, zum Teil ausgleichen. Mit einem
derartigen Auftreten vor den feindlichen Häfen soll keineswegs auf eine
strenge Blockade hingewiesen sein, mit der eitlen Hoffnung, jeden Vorstoß
zu verhindern oder jeden Konvoi abzufangen, sondern auf die Aufgabe,
jeder großen ausgelaufenen Flotte auf den Fersen zu folgen und sie mit
Übermacht zu schlagen[192]. Dem Landkriege in Nordamerika wäre dies
gleichfalls zugute gekommen, denn die Amerikaner konnten sich nur mit
Hilfe der französischen Marine, sowie durch Zufuhren aus Europa halten
und endlich wurde auf diese Weise leichter den Gegnern die Versorgung
ihrer Stützpunkte draußen erschwert. Um es nochmals hervorzuheben, auch
England mußte als erstes Ziel die Vernichtung der feindlichen
Seestreitkräfte ansehen.

 [194] Nach diesem Gesichtspunkte handelten die Engländer in den
       späteren Kriegen (vgl. Mahan, Band I, Seite 512), aber auch schon
       in den beiden vorhergegangenen war ihm Rechnung getragen (vgl. in
       unseren Betrachtungen Seite 115 den Ausspruch Colombs, und Seite
       125 »Das Vorgehen der englischen Flotte«).

Es ist allerdings fraglich, ob die englische Regierung der Volksmeinung
gegenüber, der sie stets hat Rechnung tragen müssen, Kolonien und Handel
scheinbar im Stich lassen durfte, wenn auch ihr Verhalten tatsächlich nur
deren Verteidigung schon in den europäischen Gewässern bezweckt hätte.

=Wie lösten nun die Verbündeten ihre Aufgabe?= Frankreich hatte den Krieg
vorbereitet und begann den Feldzug 1778 mit einer Diversion nach
Nordamerika (=d'Estaing=), die sich später gegen Westindien wenden
sollte, es hatte aber nicht genügend gerüstet, um in diesem Jahre schon
in Europa kräftig auftreten zu können; nicht einmal das Auslaufen einer
englischen Flotte unter =Byron= nach dem bedrohten Punkte vermochte es zu
hindern. 1779 verstärkte es seine Kräfte in Westindien und bereitete mit
Spanien vereint einen Einfall in England vor. Das Unternehmen schlug
fehl, weil Spanien zu spät fertig war und dann dem Oberbefehlshaber
=d'Orvilliers= die nötige Tatkraft mangelte. Von 1780 an machte sich die
Verschiedenheit der Interessen geltend; Frankreich legte ein zu großes
Gewicht auf den westindischen Kriegsschauplatz und Spanien auf die
Eroberung von Gibraltar. Dieses war ein Nebenziel ohne Einfluß auf den
Großen Krieg und hätte leichter sowie sicherer durch Lösung der
Hauptaufgabe, Vernichtung der feindlichen Seemacht, erreicht werden
können; Frankreich gab trotz besserer Einsicht hierin nach. So brachten
denn die weiteren Kriegsjahre den Verbündeten außer der gleichfalls
belanglosen Eroberung von Minorka in Europa keine Erfolge, obgleich ihre
Flotte stets bedeutend überlegen war; allerdings führte auch noch ein
unfähiger Admiral (=Cordoba=) den Oberbefehl. Man unternahm nichts
Ernstes mehr gegen England und seine Kanalflotte. Dieser gelang es sogar,
in jedem Jahre Gibraltar zu verstärken und mehrfach die Verbindung der
Gegner mit anderen Kriegsschauplätzen zu stören. Die Kraft der englischen
Marine infolge ihres inneren Wertes sowie der Kühnheit und
Geschicklichkeit ihrer Admirale, die sich hierbei zeigte, dürfte ein
Beweis sein, daß eine Strategie Englands, wie sie oben geschildert ist,
trotz der zahlenmäßigen Überlegenheit der Gegner wahrscheinlich Erfolg
gehabt hätte.

In Westindien besaß Frankreich mehrfach die Übermacht, nützte sie jedoch
nicht aus. Es bemächtigte sich verschiedener Inseln, dachte dann aber nur
an deren Schutz, obgleich die Leichtigkeit der Eroberungen darauf hätte
hinweisen müssen, daß nach Erringung der unbedingten Seeherrschaft auch
die anderen englischen Inseln bald gefallen wären. Wollte Frankreich den
Kampf in Westindien über den Rahmen einer Diversion hinausgehen lassen,
so konnte es noch mehr Mittel darauf verwenden; die Flotte der
Verbündeten in Europa wäre zu dem, wozu man sie verwandte, stark genug
geblieben. Doch auch ohne dies hätten die Gegner Englands auf diesem
Kriegsschauplatze eine große Übermacht entfalten können, wenn Spanien
seine Pflicht tat. Aber die Flotte =Solanos=, die 1780 dort erschien,
konnte oder wollte sich nicht an französischen Unternehmungen beteiligen.
Sie lag untätig in Havanna, nur auf den Schutz der gar nicht bedrohten
eigenen Kolonien bedacht, und trat nur einmal zur Eroberung Floridas
hervor; ein Unternehmen von reinstem Sonderinteresse, das wie eine
Einnahme von Gibraltar gar keinen Einfluß auf den Großen Krieg hatte. Der
mit großen Mitteln ins Werk gesetzte gemeinsame Angriff auf Jamaika 1782
kam nicht zur Ausführung; schon der moralische Eindruck der Niederlage
der Franzosen bei Dominica genügte, davon Abstand nehmen zu lassen.

In den gleichen Fehler, der von der obersten Leitung im großen gemacht
wurde, verfielen aber auch die französischen Führer der verschiedenen
Flotten bei der Durchführung ihrer Aufgaben. Mit Ausnahme =Suffrens= in
Ostindien[193] und =de Grasses= bei seinem Auftreten in Nordamerika 1781
beharrten sie auf dem Standpunkte, der sich in allen Kriegen des vierten
Abschnittes gezeigt hat: Sie schonten ihre Schiffe und vermieden
Entscheidungsschlachten, obgleich sich ihnen mehrfach Gelegenheit bot,
den feindlichen Seestreitkräften einen schweren Schlag zu versetzen; nach
Erfolgen traten sie meist strategisch in die Defensive, und taktisch
defensiv war das Verhalten der verbündeten Flotten eigentlich bei allen
Begegnungen mit dem Feinde. Über die spanischen Admirale in dieser
Hinsicht zu sprechen, lohnt sich überhaupt nicht, und das Nachgeben
Frankreichs Spanien gegenüber äußert sich darin am bezeichnendsten, daß
es von 1780 an den Oberbefehl der gemeinsamen Flotte in Europa =Cordoba=
überließ, obgleich es dessen Unfähigkeit wohl erkannt hatte.

 [193] Diesen Kriegsschauplatz haben wir zu unseren Betrachtungen hier
       nicht herangezogen. Bei seiner großen Entfernung von den anderen
       sowie von den Heimatshäfen stand er selbständig da und das für
       ihn Bemerkenswerte haben wir Seite 402 bereits gebracht.

=Die Flotten boten überall das Mittel zur Entscheidung.= England hätte
selbst in der Verteidigung mehr erreichen können, wenn es die eigenen
Seestreitkräfte zur Vernichtung der feindlichen zusammengehalten hätte.
Die militärische Politik der Verbündeten muß jedoch noch schärfer
verurteilt werden. Ihnen stand es frei, nach Vereinigung ihrer Kräfte --
und diese hinderte der Gegner nicht -- in der Offensive zu wählen, wo sie
überwältigend schlagen wollten. Sie faßten ja auch große Pläne, besonders
Frankreich, führten sie aber nicht durch, Nebenzwecke lenkten sie ab.
Diese liefen auseinander -- eine Schwäche, die Bündnissen häufig anhaftet
--, und bei ihrer Durchführung gab Frankreich des guten Einvernehmens
halber nach, in der Hoffnung, Spanien doch noch seinen Plänen geneigt zu
machen; Spaniens Verhalten dagegen streifte, wenigstens 1780 in
Westindien, fast an Treulosigkeit. =Mahan= schreibt: »Wie machten sich
die Verbündeten ihre großen Vorteile zunutze? Indem sie an den Rändern
des britischen Reiches herumnagten und sich am Felsen von Gibraltar die
Köpfe einstießen.« Wir können im Sinne Mahans hinzufügen: »Anstatt vor
allem die feindlichen Flotten zu vernichten.«

 Bei Beurteilung der Leistungen der Verbündeten muß aber auch wohl in
 Betracht gezogen werden, was über den inneren Wert ihrer Marinen gesagt
 ist (vgl. Seite 33 ff. und Seite 220 ff.). Der französischen Marine
 fehlte es an Offizieren und Seeleuten, wodurch die Qualität ihrer
 Schiffsbesatzungen beträchtlich herabgesetzt wurde. Dieser Umstand wird
 unter anderem schon dadurch gekennzeichnet, daß die Seereisen
 französischer Flotten meist weit längere Zeit in Anspruch nahmen, und
 daß die Schiffe in Stürmen sehr viel mehr litten als die der Engländer.
 Die spanische Marine stand noch schlechter da.

So brachte der Krieg den Verbündeten nur überall Fehlschläge. Mahan
schließt seine Betrachtungen mit den Worten: »Die Absicht der Verbündeten
war, zugefügtes Unrecht zu rächen und der tyrannischen Herrschaft ein
Ende zu machen, die England sich auf dem Ozean anmaßte. Die Rache, die
sie genommen, brachte ihnen selber wenig Nutzen. Sie hatten, wie die
damalige Generation annahm, England durch die Befreiung Amerikas
geschädigt, aber sie hatten weder in Gibraltar noch in Jamaika das ihnen
widerfahrene Unrecht gut gemacht; die englische Flotte war von ihnen
nicht derart mitgenommen worden, daß sich dadurch ihr hochmütiges
Selbstvertrauen vermindert hätte; die bewaffnete Neutralität der
nordischen Mächte hatte man fruchtlos im Sande verlaufen lassen, und die
englische Seeherrschaft wurde bald ebenso tyrannisch und noch
schrankenloser wie je zuvor.«

$Über Taktik[194].$ Während der österreichische Erbfolgekrieg nur zwei
und der Siebenjährige Krieg nur vier rangierte Schlachten brachte, kann
man von den 1778-1783 erfolgten Zusammenstößen wohl vierzehn als solche
ansehen. Sie liefern uns viel Bemerkenswertes für den Stand der Taktik in
der Zeit des vierten Abschnittes. Nach Schilderung einer jeden finden
sich die hierfür wichtigen Punkte hervorgehoben, da aber mit diesem
Kriege die Periode abschließt, ist es angebracht, sie noch einmal
zusammenzustellen.

 [194] Anschließend an die Entwicklung der Taktik im zweiten Kapitel
       (Seite 36-44), sowie an die Auslassungen darüber nach dem
       Österreichischen Erbfolgekriege (Seite 113) und nach dem
       Siebenjährigen Kriege (Seite 204).

In allen Schlachten, mit Ausnahme derer auf dem ostindischen
Kriegsschauplatze, tritt die Neigung =der Franzosen= hervor, in der
Abwehr zu fechten; niemals sind sie die Angreifer. Wenn sie =die
Luvstellung= einnehmen, so wollen sie in ihr nur einen ernsten Kampf
vermeiden, nicht sie zum Angriff ausnutzen. Gelang es dann den Engländern
an sie heranzukommen, so kam es zum Passiergefechte -- =Ouessant=, 27.
Juli 1778; =Martinique=, 15. und 19. Mai 1780; =Dominica=, 12. April 1782
-- oder zum laufenden Gefechte -- =Martinique=, 29. April 1781. Beides
sind Kampfarten, die nur selten eine Entscheidung herbeiführen.

Wenn sie =in der Leestellung= waren, so warteten sie den Angriff ab und
nutzten auch etwaige Übermacht -- =Chesapeakebucht=, 5. September 1781 --
oder besonders günstige Umstände -- =Grenada=, 6. Juli 1779 -- nicht zu
einem Vorstoße aus, vermieden also auch hier die Entscheidung. Einige
Fälle dieser Lage der Flotten zueinander bringen uns für die
verschiedenartige Taktik der Gegner treffliche Beispiele, die den vierten
Abschnitt kennzeichnen, besonders die Schlachten vor der
=Chesapeakebucht= am 16. März und am 5. September 1781. Der Verlauf eines
derartigen Kampfes ist bekannt: die Franzosen erwarten den Feind unter
kleinen Segeln (einmal, in der ersten Schlacht vor der Chesapeakebucht,
geben sie hierzu sogar die Luvstellung freiwillig auf), die Engländer
greifen die ganze Linie, Schiff gegen Schiff, an, erhalten beim
Heransegeln schweres Feuer in ungünstiger Lage, kommen aber selten zum
Nahkampfe, weil die Franzosen vorher Segel mehren, das Gefecht abbrechen
und weiter in Lee die abwartende Stellung wieder einnehmen. Da die
Engländer wegen Beschädigung eines Teils ihrer Schiffe keinen zweiten
Angriff wagen mögen, werden die Schlachten nicht durchgefochten. -- Mit
Recht bezeichnet man also diesen Zeitraum als den der »unentschiedenen
Schlachten«.

Der Krieg bringt aber auch den Anfang zu einer =Änderung der Taktik= auf
beiden Seiten. =Rodney= versucht bei =Martinique=, 17. April 1780, seinen
Angriff mit Übermacht nur auf den hinteren Teil der feindlichen Linie zu
richten. Es mißlingt und der Kampf entspinnt sich fast in der alten
Weise, aber der Versuch bewirkt doch, daß sein Gegner in dieser Schlacht,
=Guichen=, sich später ihm gegenüber stets die Luvstellung bewahrt.

=Suffren= bricht in Ostindien völlig mit der bisherigen französischen
Taktik; wie er strategisch stets die Vernichtung des Gegners als erstes
Ziel im Auge hatte, so bevorzugte er auch taktisch den Angriff. Er suchte
dann in seiner ersten Schlacht, =Sadras= am 17. Februar 1782, von Luward
her den Feind durch Dublieren von hinten mit Überlegenheit anzugreifen.
Auch ihm gelingt es nicht und er sieht bei späteren Begegnungen davon ab,
aber er wählt, wenn möglich, die Luvstellung und greift an --
=Providien=, 12. April; =Trincomali=, 3. September 1782; =Cuddalore=, 20.
Juni 1783 --, wobei er dann allerdings nach der unvollkommenen englischen
Weise verfährt. Da sein Gegner, =Hughes=, bei dem Zusammemtoß vor
=Negapatam=, am 6. Juli 1782, diese Form gleichfalls anwendet, enden auch
die Schlachten in Ostindien ohne durchschlagende Entscheidung.

Die Versuche Rodneys und Suffrens, neue Gedanken in der Taktik zur
Geltung zu bringen, scheiterten an dem Verhalten ihrer Unterführer;
befangen in der alten Anschauung, gingen diese auf die Absichten ihrer
Oberbefehlshaber nicht ein.

Nur zwei Zusammenstöße der Gegner in diesem Kriege bringen einen vollen
Erfolg, und zwar zugunsten der Engländer. In der schon als Passiergefecht
genannten Schlacht bei =Dominica=, 12. April 1782, durchbricht die Flotte
Rodneys die feindliche Linie an drei Stellen und gewinnt dadurch an den
Durchbruchspunkten ein verhängnisvolles Übergewicht für ihre Artillerie.
Zwar ist der Durchbruch wohl kaum schon beim Ansetzen des Angriffes
beabsichtigt gewesen, aber die Engländer -- Oberbefehlshaber wie
Unterführer -- weichen doch von dem alten starren Schema ab, indem sie
die günstige Gelegenheit benutzen. Daß in England überhaupt eine freiere
Auslegung der Gefechtsinstruktion aufkam, beweist die Beurteilung zweier
Admirale im Gegensatz zu kriegsgerichtlichen Sprüchen in vorangegangenen
Kriegen. =Keppel= wurde freigesprochen, als er nach =Ouessant= angeklagt
war, den Kampf vor Herstellung einer guten Ordnung begonnen zu haben,
=Arbuthnot= dagegen wurde ein Vorwurf daraus gemacht, daß er in der
Schlacht vor der =Chesapeakebucht=, am 16. März 1781, zu viel Wert auf
die Erhaltung einer solchen gelegt habe.

Die zweite der entscheidenden Schlachten war keine rangierte, sondern das
von =Rodney= mit Umsicht und Kühnheit durchgeführte Verfolgungsgefecht
bei =Kap St. Vincent= am 16. Januar 1780.

[Illustration]

                   *       *       *       *       *

[Illustration]


                           Sechstes Kapitel.

                        Nebenkriege 1740-1793.

 Kämpfe mit den Barbaresken. Schwedisch-Russischer Krieg 1741-1743. Die
 schwedische und russische Marine im Siebenjährigen Kriege.
 Russisch-Türkische Kriege 1768-1774 und 1787-1791.
 Schwedisch-Russischer Krieg 1788-1790.


                   Kämpfe mit den Barbaresken[195].

Auch noch während der Zeit des vierten Abschnittes belästigten die
Fahrzeuge der Raubstaaten Marokko, Algerien, Tunis, Tripolis die
Schiffahrt im Mittelmeer, und die Marinen der größeren Seestaaten traten,
besonders in Friedenszeiten, zum Schutze ihres Handels in Tätigkeit; die
Malteserritter sahen in der Unterdrückung des Seeraubes die Fortsetzung
ihrer ursprünglichen Aufgabe des Kampfes gegen die Ungläubigen. Aber wie
früher hatte das Auftreten der europäischen Staaten keine dauernden
Erfolge, die Barbaresken brachen immer wieder die ihnen durch
Demonstrationen oder Strafexpeditionen aufgezwungenen Verträge. Es wird
genügen, die Tätigkeit der beteiligten Marinen kurz anzuführen.

 [195] Anschließend an Band I, Seite 592/593. Näheres findet man in den
       Spezialwerken der verschiedenen Völker, z. B.: Clowes, Band III;
       Lacour I, Bonfils, Band II; de Jonge, Band IV. De Jonge
       beschreibt alle die holländische Marine betreffenden Ereignisse
       sehr eingehend; aus diesen Schilderungen ergibt sich klar, wie
       sich die Kämpfe im allgemeinen abspielten.

=England= hielt stets Schiffe in solcher Zahl an der afrikanischen Küste
und im Mittelmeer überhaupt, daß -- wie seine Quellen sagen -- der Handel
nicht so litt wie im 17. Jahrhundert, und daß es nicht nötig war, größere
Expeditionen zu entsenden; es wird nur eine solche unter =Kommodore
Keppel= 1751 nach Algier erwähnt, die schwebenden Verhandlungen Nachdruck
geben sollte[196]. Die Barbaresken scheuten mit Recht die Seemacht
Englands.

 [196] Das energische Auftreten Keppels wird durch die Anekdote
       gekennzeichnet, die in den Personalien dieses Admirals bereits
       erwähnt ist (Seite 249).

=Holland= scheint weit mehr Mühe gehabt zu haben, seine Schiffahrt zu
schützen, obgleich es sich soweit demütigte, den Herrschern der
Barbareskenreiche in der Form von Geschenken einen nahezu regelmäßigen
Tribut zu zahlen; zwischen ihm und den einzelnen Raubstaaten, besonders
Marokko und Algerien, kam es mehrfach zur förmlichen Kriegserklärung. Man
war genötigt, ständig kleine Geschwader von Linienschiffen und Fregatten
im Mittelmeer zu halten, seine Konvois stets zu decken und
verschiedentlich Expeditionen zu entsenden, um seinen Forderungen
Nachdruck zu geben. Zu größeren Waffentaten kam es jedoch nicht.

=Frankreich= dagegen, das im übrigen auch stets einzelne Schiffe und
kleinere Verbände im östlichen wie im westlichen Mittelmeer kreuzen ließ,
entsandte mehrfach Strafexpeditionen, die schärfer vorgingen. Im Juni
1765 beschoß der Chef d'Escadre =Graf Du Chaffault= mit einem
Linienschiffe, 4 Fregatten, 2 Mörserbooten und 2 kleineren Fahrzeugen die
Städte Sale und Larache an der Westküste Marokkos; der Versuch, mit den
Schiffsbooten in einen Fluß nahe der letztgenannten Stadt einzudringen,
um dort liegende Raubschiffe zu zerstören, ward aber unter Verlust von
300 Mann zurückgeschlagen. Als Frankreich 1769 mit der Besetzung Corsicas
einen guten Stützpunkt im Mittelmeer gewann, sah der Bei von Tunis darin
eine Gefahr für seine Interessen, d. h. den Seeraub; er versuchte England
aufzureizen und erregte so Frankreichs Zorn. 1770 beschoß der Kapitän
=Graf de Broves= mit 2 Linienschiffen, 2 Fregatten und 2 Mörserbooten im
Juni die Städte Biserta und Susa, worauf der Bei um Frieden bat.

=Spanien= unternahm 1775 sogar eine Expedition mit einer starken Flotte
und einem Landungskorps von 25000 Mann gegen die Stadt Algier. Man
landete auch, aber das schlecht geleitete Unternehmen schlug unter großen
Verlusten fehl.


            Der Schwedisch-Russische Krieg 1741-1743[197].

Bei Ausbruch des Österreichischen Erbfolgekrieges fürchtete Frankreich,
daß Rußland für Österreich Partei nehmen würde, und suchte ihm Schweden
auf den Hals zu hetzen, um es anderweitig zu beschäftigen. Seine Ränke
fanden guten Boden, weil die im schwedischen Reichstage herrschende,
kriegerische Adelspartei der »Hüte« in den seit dem Tode der Kaiserin
Anna zerfahrenen inneren Verhältnissen Rußlands, sowie in dem nach Peter
des Großen Tode eingetretenen Verfall der russischen Marine eine günstige
Gelegenheit zu finden glaubte, die im Frieden von Nystad (1721)
aufgegebenen Provinzen Livland, Esthland, Ingermanland, Karelien und
damit die Vorherrschaft in der Ostsee wiederzugewinnen. Obgleich Schweden
selber im Innern durch jahrzehntelange Zwiste der französisch gesinnten
Partei der »Hüte« und der russisch gesinnten der »Mützen« sehr geschwächt
war, gelang es doch der ersteren, den Reichstag am 4. August 1741 zu
einer übereilten Kriegserklärung zu bestimmen.

 [197] Kirchhoff, Band I, schildert die Kriege in der Ostsee bis in
       Einzelheiten genau; die Darstellung folgt ihm in der Hauptsache.
       In seinem Werke findet man auch die eingehende innere Geschichte
       der Marinen Rußlands, Schwedens und Dänemarks, ähnlich wie sie
       hier für die der Westmächte fortlaufend gegeben wird.

Bei dem mangelhaften Zustand der Flotten auf beiden Seiten hatten die
Unternehmungen zur See wenig Bedeutung; es genügt deshalb, den Krieg ganz
kurz zu fassen.

 $Die Streitmittel[198].$ =Die russische Marine= zählte zwar 1736 36
 Linienschiffe, 12 Fregatten und etwa 250 Galeren für den Schärenkrieg,
 aber die Fahrzeuge waren in schlechter Verfassung und es mangelte an
 Seeleuten, da es eine Handelsflotte kaum gab; 1740 war von den für die
 Linienschiffe nötigen 9000 Mann kaum die Hälfte vorhanden.

 [198] Angaben über die nordischen Marinen in der früheren Zeit siehe
       Band 1, Seite 582 ff.

 =Die schwedische Marine= besaß 1734 22 Linienschiffe, 8 Fregatten und
 einige 30 Fahrzeuge für den Küstenkrieg.

In Voraussicht des kommenden Krieges war der schwedische Vizeadmiral =von
Rajalin= schon im Mai 1741 mit 10 Linienschiffen und 4 Fregatten von
Karlskrona nach den Aspöinseln südlich von Frederikshamn an der
finnländischen Küste gesegelt, wo er Verstärkungen erwarten sollte.
Infolge schlechter Verpflegung brach aber bald auf der Flotte eine
Epidemie aus, der bis Anfang August über 700 Mann erlagen. Da außerdem
der Krankenbestand mehr als 2000 Mann betrug, waren die Schiffe völlig
gefechtsunfähig; zum Glück zeigte sich die russische Flotte nicht.
=Rajalin= unternahm nichts und kehrte im Oktober nach Karlskrona zurück;
die inzwischen eingetroffene Schärenflottille folgte ihm, ohne irgendwie
verwendet worden zu sein. Nur schwedische Kreuzer waren im Skagerrak und
in der Ostsee durch Aufbringen von Schiffen mit Zufuhren für Rußland von
Nutzen gewesen.

 $Im Landkriege$ hatte Rußland 1741 einen Erfolg zu verzeichnen. General
 =Keith= -- der spätere preußische Feldmarschall -- drang Ende August in
 Finnland ein, schlug die Schweden bei Wilmanstrand und erstürmte diese
 wichtige Grenzfestung. Beide Heere bezogen dann Winterquartiere. Im
 Februar 1742 plante der Feldmarschall Lacy von Narwa aus über das Eis
 in Finnland bei Frederikshamn einzufallen. Eintretendes Tauwetter
 verhinderte die Ausführung und das Eindringen von Karelien aus ward
 durch Unruhen im Heere längere Zeit hingehalten; erst Ende Juni begann
 der Feldmarschall längs der Küste vorzurücken, wobei er mit den
 Seestreitkräften in Verbindung zu bleiben strebte.

$1742$ hatten die schwedischen Seestreitkräfte ebensowenig Erfolg. Zwar
sammelte sich im Sommer wiederum eine Flotte von 12 Linienschiffen nebst
6 Fregatten unter Vizeadmiral =Sjöstjerna=, sowie eine Schärenflottille
bei den Aspöinseln, abermals jedoch schwächte Krankheit die Besatzungen.
Als dann der am Lande befehligende =General Löwenhaupt= die Forderung
stellte, den russischen Seestreitkräften -- 12 Linienschiffe und 40
Galeren -- entgegenzutreten, die das von Wiborg her vordringende
feindliche Heer begleiteten, wagte der Admiral dies nicht. Er segelte mit
dem Hochseegeschwader nach Hangö-Udde und berief auch die Flottille zu
sich, als die russische Hochseeflotte dort erschien. =Löwenhaupt=
leistete nirgend ernstlichen Widerstand, sondern wich von Ort zu Ort
zurück; so konnten die Russen ohne Kampf das befestigte Frederikshamn
besetzen und im September mit 17000 Mann das schwedische Hauptheer von
12000 Mann, das westlich von Helsingfors zu Lande und zu Wasser
eingeschlossen war, zur Übergabe zwingen. Sie drangen dann noch unter
=Keith= bis Abo vor.

Durch einen nach der Kapitulation geschlossenen Waffenstillstand wurden
die schwedischen Seestreitkräfte frei und kehrten nach Schweden zurück.
Man sandte nun ein Geschwader nach der Nordsee, um 6 russischen
Linienschiffen entgegenzutreten, die in Archangel ausgerüstet waren;
diese sahen sich genötigt, umzukehren. Die Russen benutzten aber die
Abwesenheit der schwedischen Flotte, sich im Herbst noch der
Aalandsinseln zu bemächtigen.

Im Frühjahr $1743$ setzten sich die Schweden durch rasches Vorgehen
wieder in Besitz dieser Inseln und sammelten hier 30 Galeren; ein
Versuch, nach Osten vorzudringen, ward aber durch =Keith= mit 30 Galeren
von Abo aus verhindert. Im Juni kam dann =Lacy= mit 50 Galeren bis
Hangö-Udde heran, konnte sich jedoch nicht mit =Keith= vereinigen, weil
inzwischen die schwedische Flotte von 16 Linienschiffen unter Admiral
=von Utfall= hier erschienen war. Bald aber zeigte sich auch der
russische Admiral =Golowin= mit 17 Linienschiffen bei Hangö, =Utfall=
ließ sich von ihm zur Verfolgung bis Reval verlocken und die Vereinigung
der beiden russischen Schärenflottillen fand statt. =Lacy= hatte nun über
70 Galeren mit 20000 Mann gegenüber den 30 schwedischen, während sich die
beiderseitigen Hochseeflotten in Schach hielten.

Schweden mußte jetzt wie zu Ende des Nordischen Krieges eine Verwüstung
der eigenen Küsten befürchten und war deshalb zu Verhandlungen bereit. Am
18. August 1743 ward der =Frieden zu Abo= geschlossen, in dem Schweden
die Grenzfestungen Wilmanstrand, Nyslot und Frederikshamn, sowie Finnland
bis zum Kymeneflusse abtrat.

Der Krieg hatte Schweden 11 Millionen Taler und große Menschenopfer
gekostet; auf der Hochseeflotte waren 6000 und auf der Schärenflottille
1500 Mann allein Krankheiten erlegen. Die Gründe seiner Mißerfolge liegen
in der Uneinigkeit der Führer am Lande infolge der Parteizwiste in
Schweden, die bei einigen Führern hart an Verrat streiften, sowie in dem
Mangel eines einheitlichen Zusammenwirkens der Land- und Seestreitkräfte;
auf russischer Seite ist dagegen ein planmäßiges Hand in Hand Gehen der
beiden Waffen zu erkennen.

 $Ein Zusammenstoß Schwedens mit Dänemark$ ward durch russische Hilfe
 verhindert. In Schweden war nach langen Wahlkämpfen Herzog =Adolf
 Friedrich von Holstein-Lübeck= zum Thronfolger erwählt. Da auch der
 Kronprinz von Dänemark zur Wahl gestanden hatte, begann Dänemark im
 Sommer 1743 zu einem Einfall in Schweden zu rüsten. Dieses bat nach dem
 Friedensschluß Rußland um Unterstützung und eine russische
 Galerenflottille mit 10000 Mann nahm Winterquartiere zwischen Nyköping
 und Westerwik. Darauf stand Dänemark von seinem Vorhaben ab.


      Die schwedische und die russische Marine im Siebenjährigen
                           Kriege 1756-1763.

Die Beteiligung der beiden Marinen an diesem Kriege war sehr gering.

=Die Hochseeflotten= wurden nur zu Demonstrationen und zur Beschießung
Kolbergs benutzt. Als 1758 eine englische Flotte in der Ostsee zu
erwarten war, vereinigten sich im Juni ein schwedisches, sowie ein
russisches Geschwader mit einem dänischen in der Kjögebucht und blieben
dort bis zum Herbst liegen. 1759 trat eine schwedisch-russische Flotte
zusammen, die Swinemünde blockierte und die Einnahme der Insel Usedom
unterstützte, als man sichere Nachricht erhalten hatte, daß die Engländer
nicht kommen würden. 1760 ging eine verbündete Flotte der drei
Ostseemächte schon nach einer vierzehntägigen Kreuzfahrt wieder
auseinander. Das russische Geschwader von 27 Schiffen, unter =Admiral
Mischakow=, durch 8 schwedische verstärkt, erhielt dann Befehl, Kolberg
zu bombardieren und dort 8000 Mann zu landen; das Unternehmen hatte aber
keinen Erfolg. Auch 1761 erschien Ende August eine russisch-schwedische
Flotte von 40 Schiffen vor der belagerten Stadt und beteiligte sich an
der Beschießung, doch erst am 16. Dezember ergab sich Kolberg aus
Hungersnot.

Es war ein Glück für =Friedrich den Großen=, daß Schweden und Rußland mit
ihren Flotten nicht Landungen in größerem Maße an den pommerschen oder
mecklenburgischen Küsten unternahmen. Dagegen hätte das versprochene
Auftreten englischer Seestreitkräfte in der Ostsee durch Erschwerung der
Zufuhren für Schweden und Rußland dem König große Erleichterung gebracht.

=Ein Teil der schwedischen Schärenflotte= erhielt vorteilhaftere
Verwendung. 1757 ging eine Flottille von 4 Galeren und 2 Geschützprähmen
mit einer Besatzung von 1000 Mann nach Pommern hinüber und wurde 1758
noch durch einige Fahrzeuge verstärkt. Mehrfach unterstützte sie
Unternehmungen der Landtruppen, beschoß die Befestigungen bei Peenemünde,
griff die Fähre bei Anklam an und räumte im Fahrwasser von Swinemünde
versenkte Fahrzeuge fort. Sie lief dann in die Haffs ein, um eine in
Stettin gebildete preußische Flottille von 4 Galeren, 4 Galioten und
einigen Barkassen mit insgesamt 700 Mann zu vernichten.

Diese stellte sich am 11. September in der Enge zwischen dem Großen und
dem Kleinen Haff beim =Reppiner Haken= der schwedischen, die z. Z. 4
Galeren, 4 Halbgaleren und 3 Schaluppen zählte. Die Preußen lagen zu
Anker, ihre Galeren in der Mitte, je 2 Galioten auf den Flügeln, die
Barkassen dahinter. Die Schweden griffen an und gingen sogleich zum
Entern über, weil sie die Überlegenheit der feindlichen Artillerie
erkannt hatten. Die preußische Flottille mußte die Ankertaue kappen, um
nach Osten zu entkommen, auf der Verfolgung wurden 8 Fahrzeuge mit 106
Kanonen, 26 Offizieren und 640 Mann genommen; die Überlegenheit der
Schweden an Mannschaften und ihre größere seemännische Geschicklichkeit
hatten den Ausschlag gegeben.

Trotz dieser Niederlage stellte Preußen eine neue Flottille von 2
flachgehenden Fregatten mit je 12 18-Pfündern und kleineren Schiffen auf,
die auch im weiteren Verlauf des Krieges einige schwedische Fahrzeuge
nahmen.

 $Über die Stellung Friedrich des Großen$ zur Schaffung einer Flotte,
 über die Gründe hierfür, die Vorschläge, die dem Könige gemacht wurden,
 und dessen Entscheide darauf gibt =Kirchhoff= (Band I, Seite 311-317)
 lesenswerte Angaben. Es sei daraus hier nur erwähnt, daß Friedrich nach
 seinem berühmten Testament von 1752 die Schaffung einer Flotte neben
 dem Halten eines starken Heeres für nicht angebracht erachtete, weil
 das Land zu arm und sein Hauptgegner zunächst Österreich sei. Man muß
 bedenken, daß der König beim Regierungsantritt nichts von
 Seestreitkräften vorfand und daß eine neugegründete Flotte bis zum
 Beginn der von ihm sicher vorausgesehenen Kriege kaum leistungsfähig
 werden konnte. Nachher lagen ihm andere Aufgaben zur Erhaltung und
 Stärkung seines Staates näher.


        Die russisch-türkischen Kriege 1768-1774 und 1787-1791.

$Der Krieg 1768-1774.$ Die Versuche der Kaiserin =Katharina= II., das
polnische Reich ganz ihrem Willen zu unterwerfen, erregte die Besorgnis
der Türkei, die von Frankreich und Österreich noch gesteigert wurde, um
dadurch Rußland von Polen abzuziehen. 1768 erklärte die Pforte den Krieg.

Rußland hatte im Österreichisch-Russisch-Türkischen Kriege 1736-1739 Asow
gewonnen und war so ans Schwarze Meer gelangt; =Katharina= (1762-1796)
begann am Don eine Flotte zu bauen, wie es schon =Peter der Große=
geplant hatte[199]. Diese war allerdings zum ersten Kriege noch nicht
bereit, aber die russische Ostseeflotte sollte in diesem für das
Mittelmeer eine Rolle spielen.

 [199] Vgl. Band I, Seite 583.

 $Der Hauptkrieg am Lande$ in Europa ist für diese Darstellung ohne
 Bedeutung; er verlief zum Nachteil der Türken. Diese drangen zwar 1769
 gegen die russische Grenze vor, wurden aber am Dnjestr geschlagen, und
 die Russen eroberten 1770 die Moldau sowie die Walachei und 1771 die
 Krim. Im Juni dieses Jahres trat ein Waffenstillstand ein, die
 Friedensverhandlungen führten aber nicht zum Ziel. 1773 wurde der Krieg
 an der Donau fortgesetzt, bis die Türkei nach einer schweren Niederlage
 im Juni 1774 zum Frieden bereit war.

=Im Mittelmeere= geriet nämlich die Türkei durch Aufstände in
Griechenland, Ägypten und Syrien, die von Rußland unterstützt wurden, in
Bedrängnis.

=Katharina= sandte im Oktober 1769 eine Flotte von 12 Linienschiffen, 12
Fregatten nebst Transportern mit einigen Bataillonen Infanterie zum
Mittelmeer. Den Oberbefehl führte dem Namen nach =Alexej Orlow=, ein
Günstling der Kaiserin, der gar keine maritime Kenntnis besaß, in
Wahrheit =Admiral Spiridoff=, unterstützt durch seinen Flaggkapitän,
Kontreadmiral =Greigh=, und seinen Vizeadmiral =Elphinstone=; beide waren
Engländer, wie auch sonst viele Seeoffiziere dieser Nation in der
russischen Flotte dienten.

=Die türkische Flotte= zählte einige 20 Linienschiffe, die an sich wohl
besser waren als die russischen, aber Offizieren wie Besatzungen fehlte
jede Ausbildung; nur eine geringe Zahl von Angehörigen der
Barbareskenstaaten waren seemännisch-militärisch brauchbar.

=Orlow= traf im April 1770 in Griechenland ein und landete die Soldaten
auf dem Peloponnes. Hier hatten sich die Mainoten des Taygetus erhoben,
durch russische Agenten aufgewiegelt; sie drangen nun mit den Russen im
Peloponnes vor, wobei viele Grausamkeiten an türkischen Einwohnern in
Mistra und Kalamaka verübt wurden. Man erreichte nicht viel; Methone und
Koroni auf der Südwestspitze der Halbinsel wurden vergeblich belagert.
Die Türken, durch Albanesen vom Festlande her verstärkt, unterdrückten
nach und nach den Aufstand, besonders nachdem Ende Mai die schwachen
russischen Truppen wieder eingeschifft waren.

Eine herangekommene türkische Flotte ward dagegen durch die russische
gezwungen, sich unter die Kanonen von Nauplia zu legen und hier am 15.
und 16. Mai beschossen; sie zog sich dann in den Archipel zurück, wo auf
einigen Inseln Aufstände ausgebrochen waren. =Orlow= folgte ihr nach
Einschiffung der Truppen, fand sie nach längerem Suchen -- 16
Linienschiffe, 6 (9?) Fregatten und 11 kleinere Fahrzeuge stark -- in der
Straße von Chios und vernichtete sie völlig =in der Bucht von Tscheschme=
am nahen Festlande.

 $Die Vernichtung der türkischen Flotte vor Tscheschme, 5. Juli 1770.$
 Gejagt von den Russen, hatte die türkische Flotte am 5. Juli am
 Eingange der unverteidigten Bucht geankert; der befehligende
 Kapudan-Pascha begab sich sofort an Land, »um den Bau von Schanzen zu
 veranlassen« und überließ das Admiralschiff dem Algerier =Hassan=.
 =Spiridoff= enterte dieses mit seinem Flaggschiffe; während des Kampfes
 fingen beide Feuer, das türkische flog auf, das russische verbrannte.
 =Hassan=, der sich heldenmütig verteidigt hatte, kam mit dem Leben
 davon und tat später lange Jahre hindurch als Kapudan-Pascha viel zur
 Hebung der türkischen Marine. Die übrigen türkischen Schiffe kappten
 ihre Ankertaue und trieben in völliger Verwirrung eng zusammengedrängt
 zum Ende der Bucht. Die Russen richteten schnell drei Fahrzeuge als
 Brander zu; mit diesen, durch englische Offiziere geführt und beim
 Angriff durch das Feuer der Flotte gedeckt, wurden noch in der
 folgenden Nacht fast alle türkischen Schiffe verbrannt oder
 aufgesprengt; gegen 8000 Mann fanden ihren Tod. Ein Linienschiff und 5
 kleinere Fahrzeuge wurden genommen.

=Orlow= nutzte den Sieg nicht weiter aus, obgleich =Elphinstone= riet,
bis Konstantinopel vorzudringen und auch am 26. Juli mit 3 Linienschiffen
und 4 Fregatten bei der Verfolgung zweier türkischer Linienschiffe die
Befestigungen am Eingange der Dardanellen passierte. (Kum Kaleh und
Seddil Bahr.) Er scheint dann aber nur bis Kepes Burun gelangt zu sein,
weil die durch einen französischen Offizier kürzlich verstärkten Werke
an der Enge (Kilid Bahr und Kaleh Sultanie) zu mächtig waren; es steht
dahin, ob nicht der gesamten Flotte ein weiteres Vordringen doch gelungen
wäre.

Die russische Flotte trat hierauf noch im Mittelmeer auf. In Akka hatte
sich ein Beduinenscheich, =Daher=, und in Ägypten der Pascha =Ali Bey=
gegen den Sultan erhoben; beide vereint führten Krieg gegen die Paschas
von Damaskus und Saïda. =Orlow= unterstützte sie beim Angriff auf
Küstenstädte, z. B. Jaffa, Beirut und Damiette, konnte aber ihr
schließliches Unterliegen nicht hindern. Im allgemeinen beschränkte sich
die Tätigkeit der Flotte sonst auf den Kreuzerkrieg. Im Januar 1775
kehrte sie nach der Ostsee zurück. Hin- und Rückreise brachten bei der
Unerfahrenheit der Besatzungen viele Fährnisse, hatten aber doch wie der
Aufenthalt im Mittelmeer überhaupt die Ausbildung der russischen
Ostseeflotte sehr gefördert.

=Der Frieden von Kücük-Kainardschi=, 21. Juli 1774, war für Rußlands
Stellung am Schwarzen Meere und die Entwicklung seiner Seemacht dort von
großer Bedeutung. Es erhielt Asow, Kertsch mit der Festung Jenikale und
Kinburn an der Einfahrt zu dem Mündungsgebiet des Dnjepr und Bug
Otschakow gegenüber, das noch türkisch blieb; ferner wurde ihm das Recht
der freien Schiffahrt in den türkischen Gewässern, selbst in den
Dardanellen, zugestanden. Die Moldau und die Walachei gab es zurück und
die Krim wurde für unabhängig erklärt.

                   *       *       *       *       *

$Der Krieg 1787-1791.$ 1783 trat der Khan der Krim sein Gebiet gegen ein
Jahrgeld an =Katharina= ab. Die Türkei war darüber erbittert, und da
Rußland sich auch in Georgien festzusetzen suchte, erklärte sie im August
1787 wiederum den Krieg. Obgleich die russische Ostseeflotte seit 1774
sehr erstarkt und auch im Schwarzen Meere eine neue Seemacht geschaffen
war, spielten doch deren Streitkräfte in diesem Kriege keine große Rolle.
Die Anführung ihrer wenigen Waffentaten wird genügen.

 $Der Verlauf des Landkrieges.$ Österreich war durch Verträge zu
 Rußlands Beistand verpflichtet; der Kaiser versuchte zunächst
 vergeblich zu vermitteln und trat dann Februar 1788 in den Krieg ein.
 Die österreichischen Truppen fochten an den türkischen Grenzen von
 Kroatien bis Galizien, das Hauptheer an der Donau, rechts und links
 davon selbständig das kroatische, slawonische, banater, siebenbürger
 und galizische Korps, die Russen schlossen sich vom linken Flügel bis
 zum Schwarzen Meere an. Wenn auch mit wechselndem Waffenglück gekämpft
 wurde, so blieb doch der Enderfolg den Verbündeten. Die wichtigen
 Festungen Jassy (September), Otschakow (Dezember 1788), Belgrad
 (September), Bender (November 1789) und Orsova (April 1790) nebst
 anderen wurden genommen; Bessarabien, die Walachei sowie ein Teil von
 Serbien fielen in ihre Hände. Auf Vermittlung Preußens und Englands
 schloß Österreich am 23. September 1790 Waffenstillstand und am 4.
 April den =Frieden zu Sistowa=, in dem es seine Eroberungen zurückgab.
 Rußland setzte den Krieg fort, eroberte Ismail an der unteren Donau
 (Dezember 1790) und drang im April 1791 über diesen Fluß vor. Nach
 einer empfindlichen Niederlage bei Tultscha (9. Juni) schloß die Türkei
 am 9. Januar 1792 den =Frieden zu Jassy=.

=Die russische Ostseeflotte= sollte auch in diesem Kriege kräftig im
Mittelmeere eingreifen, wurde aber durch den Ausbruch des Kampfes mit
Schweden im Norden zurückgehalten. =Die Schwarze Meer-Flotte= war aber
schon kampfkräftig. Am Dnjepr war 1778 die Stadt Cherson als Kriegshafen
gegründet[200] und 1788 standen hier 19 Schiffe von 36 bis 66 Kanonen in
Dienst, während noch 11 an der Werft lagen; hierzu trat eine starke
Flottille von kleinen Segelfahrzeugen und Ruderkanonenbooten für den
Küstenkrieg. Rußland war jetzt der Türkei an Seestreitkräften gewachsen.

 [200] Der Kriegshafen ward 1788 nach Nikolajew am Bug verlegt.

Als die =Belagerung von Otschakow= im Mai 1788 aufgenommen wurde,
erhielten die Hochseeflotte unter Kontreadmiral =Paul Jones= -- dem
bekannten amerikanischen Freibeuterführer (vgl. Seite 406) -- und die
Küstenflottille unter dem =Prinzen von Nassau-Siegen= Befehl, die Stadt
von der See abzuschließen. Sie lieferten der türkischen Flotte unter dem
Kapudan-Pascha =Gazi-Hassan= verschiedene Gefechte und vernichteten am
28. und 29. Juni einen großen Teil von ihr. Vom 12. Juli an war die
Festung von der See abgeschnitten und blieb es, obgleich die türkische
Flotte später noch einmal erschien, bis zum erfolgreichen Sturm im
Dezember, den die Ruderflotte durch ihr Feuer von See her mit vorbereitet
hatte.

$1791$ sandten die Türken eine Flotte von 18 Linienschiffen und 12
Fregatten ins Schwarze Meer, um die russische Seemacht dort anzugreifen.
Es kam zuerst am 19. Juli unweit =Jenikale= zu einer unentschiedenen
Schlacht, später vertrieb dann Admiral =Uschakow= durch siegreiche
Gefechte am 8. und 9. September die Türken.

Bei der =Belagerung von Ismail= zu Ende des Krieges schloß die
Küstenflottille die Stadt von der See ab.

=Im Frieden von Jassy=, 9. Januar 1792, gab Rußland zwar seine sonstigen
Eroberungen zurück, behielt aber die Krim und die Küste bis zum Dnjestr
mit der Festung Otschakow; =Rußlands Stellung am Schwarzen Meere war
damit fest begründet=.


            Der Schwedisch-Russische Krieg 1788-1790[201].

=Gustav III. von Schweden= (1771-1792) hatte seit langem geplant, unter
günstigen Umständen Dänemark und Rußland anzugreifen, um durch
kriegerischen Ruhm wie Gustav Adolf Macht und Ansehen zu erringen,
insbesondere die auf dem Festlande verlorenen Provinzen wieder zu
erobern. Die Verwicklungen Rußlands mit der Türkei erschienen ihm
geeignet, zunächst gegen diesen Staat vorzugehen. Er knüpfte mit England
und der Türkei Verhandlungen wegen Lieferungen von Subsidien an, aber ehe
diese noch zu einem Abschluß gekommen waren, beschloß er, loszuschlagen,
durch Umtriebe der =Kaiserin Katharina II.= hierzu gereizt. Diese
betrachtete die seit längerer Zeit mit französischem Gelde betriebene
Rüstung der schwedischen Marine mit Recht als gegen sich gerichtet und
schürte deshalb den Streit der Parteien in Schweden; da sie ferner die
Eroberung Finnlands stets im Auge hatte, wirkte sie auch hier zuungunsten
Schwedens auf den Adel des Landes ein, der sich mit dem Gedanken eines
Abfalls von Schweden trug. Bei einer Reise =Gustavs= in Finnland 1787
zeigte sich klar, daß die aufrührerische Bewegung unter dem Adel und den
Offizieren des schwedisch-finnländischen Heeres große Fortschritte
gemacht hatte; ein Umstand, der den König gleichfalls bewog, den Krieg
sobald als möglich zu beginnen.

 [201] Hauptquelle: Kirchhoff, vgl. die Anmerkung zu Seite 418. Das Werk
       behandelt besonders auch die Ereignisse des Schärenkrieges sehr
       eingehend, die hier kürzer gefaßt sind.

Da der Norden Rußlands infolge des Türkenkrieges fast ganz von Truppen
entblößt war, hoffte =Gustav= mit einem plötzlichen Schlage Großes zu
erreichen; sein Plan war, Petersburg zu überrumpeln. Bei Oranienbaum in
Ingermanland wollte er 20000 Mann landen und gleichzeitig von Finnland
aus vordringen. Der Krieg ward aber ohne genügende Vorbereitung und ohne
Rückhalt begonnen. Die Streitmittel waren nicht rechtzeitig fertig und
die fremde Unterstützung entsprach nicht der Erwartung. Die Türkei hatte
die ersten Ausgaben erstatten und später jährlich eine Million Piaster
zuschießen wollen, machte dies aber davon abhängig, daß Schweden die
Abfahrt russischer Schiffe nach dem Mittelmeer hindere; erst 1789 ward
ein Subsidienvertrag in sehr abgeschwächter Form geschlossen. England
zahlte überhaupt nichts.

 $Die Seestreitkräfte Rußlands.$ =Die Hochseeflotte= in den nördlichen
 Gewässern hatte unter =Katharina= einen großen Aufschwung genommen; sie
 zählte 1788 nahezu 50 Linienschiffe nebst einem Dutzend Fregatten. Die
 in Kronstadt, Reval und Archangel stationierten Schiffe befanden sich
 in gutem Ausrüstungszustande. Als Offiziere und Unteroffiziere dienten
 viele Ausländer, besonders Briten; der englische Admiral =Knowles=
 hatte die Ausbildung der Seeoffiziere mit gutem Erfolge geleitet. Die
 Besatzungen ließen jedoch noch immer zu wünschen übrig, da bei den
 Nationalrussen nur wenig Neigung und Anlage zum Seedienste vorhanden
 war; die Flotte, die 1788 auftrat, war zum großen Teile mit eben
 ausgehobenen Leuten ohne jede Seeerfahrung bemannt.

 Schon im Herbst 1787 war mit den Vorbereitungen zu einer Expedition ins
 Mittelmeer begonnen, die wie im Türkenkriege 1768 Truppen und
 Kriegsmaterial für einen Aufstand in Griechenland mit sich führen
 sollte; infolgedessen war die Indienststellung der Flotte bei Ausbruch
 des Krieges mit Schweden erleichtert.

 Rußland verfügte ferner über bedeutende Reste der früher großen
 =Galeren- und Schärenflottille=, doch waren die Fahrzeuge so
 verwahrlost, daß sie im ersten Kriegsjahre kaum verwendet werden
 konnten.

 $Die Seestreitkräfte Schwedens.$ =Die Hochseeflotte= war nach dem
 letzten Kriege wegen Geldmangels so heruntergekommen, daß man 1765 nur
 noch 10 brauchbare Linienschiffe besaß, und erst von 1767 an, besonders
 aber seit der Thronbesteigung =Gustavs III.= ward ihr wieder die nötige
 Fürsorge zuteil. 1788 zählte sie 26 Linienschiffe von 64-74 Kanonen und
 13 Fregatten, die sich in gutem Zustande befanden; sie war in
 Karlskrona stationiert, ein kleineres Geschwader ständig nach
 Gothenburg abgezweigt. Zu einer beabsichtigten jährlichen
 Indienststellung von Übungsgeschwadern hatten meist die Mittel nicht
 gereicht, aber für die wissenschaftliche Ausbildung der Offiziere
 hatte man viel getan und einige von ihnen in fremde Marinen
 abkommandiert, um Erfahrungen zu sammeln.

 Der =Küstenflottille= hatte man schon seit 1756 besondere
 Aufmerksamkeit geschenkt. Man hatte sie unter der Bezeichnung
 »Armeeflotte« ganz von der Hochseeflotte abgezweigt und im Laufe der
 Jahre neben den alten Galeren -- nach Mittelmeermuster mit Masten zum
 Niederlegen und mit 1 oder 2 Geschützen -- durch verschiedene neue
 Typen ergänzt[202]. Besonders traten verschiedene Klassen größerer
 Segelfahrzeuge hinzu, die eine feste Takelage (die größeren
 Vollschiffstakelung) besaßen, 4-24 schwere Geschütze führten und deren
 Batterien sowie Ruderreihen eingedeckt waren. An Ruderfahrzeugen mit
 Hilfstakelage zum Niederlegen waren Kanonenschaluppen mit 2 und
 Kanonenbarkassen mit einem schweren Geschütz eingeführt.

 [202] Kirchhoff gibt Band I, Seite 328 ff., lesenswerte Angaben über
       die Entwicklung der Armeeflotte, sowie über die verschiedenen
       Schiffstypen.

 1788 zählte die Armeeflotte in ihrem schwedischen Geschwader zu
 Stockholm: 28 Galeren nebst je einem großen Beiboot und 30 Schaluppen;
 in dem finnländischen Geschwader zu Sweaborg: 15 Fahrzeuge des neuen
 Segeltyps, 8 Mörserbarkassen; 40 Schaluppen und 15 Kanonenbarkassen. Zu
 jedem Geschwader gehörten 2 Fregatten sowie ein großer Troß von anderen
 Fahrzeugen, die bei dem mangelnden Raum an Bord der stark bemannten
 Ruderschiffe zum Unterbringen von Munition, Proviant, Wasser und
 Kranken stets folgen mußten.

$Der Aufmarsch der Schweden 1788.$ Im März ließ =Katharina= in Stockholm
bekanntgeben, daß sie eine Flotte ins Mittelmeer zu senden beabsichtige,
und =Gustav= befahl daraufhin die Indienststellung der Flotte; 12
Linienschiffe nebst 5 Fregatten sollten Ende Mai seeklar sein. Als der
russische Gesandte am 18. Mai nach dem Zwecke dieser Maßnahme fragte,
erhielt er am 23. die gereizte Antwort, er habe innerhalb 8 Tagen
Stockholm zu verlassen, und schon am 22. bekam die finnländische
Hauptmacht Marschbefehl an die russische Grenze; 15000 Mann sammelten
sich am Kymeneflusse.

=Die Hochseeflotte= lief in voller Stärke mit 3500 Soldaten am 9. Juni
unter =Herzog Karl von Södermanland=, dem Bruder des Königs, von
Karlskrona aus, unter ihm befehligte als Flottenchef Admiral =Graf
Wrangel=. Gegen Ostwind aufkreuzend, gelangte sie erst am 21. bis zur
Insel Dagö am Eingang zum Finnischen Meere und stieß hier auf ein
russisches Geschwader von 3 Dreideckern und 4 Fregatten unter Admiral
=van Dessen=. Diese Schiffe waren bestimmt, der noch in Kronstadt
ausrüstenden Mittelmeerflotte Vorräte vorauszuführen; man hatte sie so
zeitig abgesandt, weil die Dreidecker während des Passierens der Drogden
bei Kopenhagen die Materialien auf Fregatten abgeben mußten. =Herzog
Karl= hatte noch keinen Befehl zur Eröffnung der Feindseligkeiten und
ließ Dessen ungehindert vorbei -- eine grobe Nachlässigkeit der
Oberleitung, da ein überraschender Bruch mit Rußland beabsichtigt war. Am
28. Juni traf die Flotte bei Hangö ein.

=Die Schärenflottille von Stockholm= war schon Ende Mai in See gegangen.
Sie führte auf Transportern 9000 Soldaten mit sich, und der König
=Gustav= begleitete sie. Gleichfalls durch Gegenwinde aufgehalten,
erreichte sie erst am 2. Juli Helsingfors, wo die Truppen gelandet
wurden. =Die gesamte schwedische Landmacht= in Finnland betrug Anfang
Juli gegen 44000 Mann, in Schweden standen noch 14000 und in Pommern
4000.

Inzwischen hatte =König Gustav= an =Katharina= ein Ultimatum mit kaum
glaublichen Forderungen gesandt: Strenge Bestrafung des russischen
Gesandten wegen seiner Umtriebe, Herausgabe der in den Friedensschlüssen
von Nystad und Abo abgetretenen Landesteile, Überlassung der Krim an die
Türkei. Die Kaiserin wies es schroff zurück, obgleich Petersburg in
großer Gefahr schwebte, denn =die russische Landmacht= war sehr gering;
in der Umgebung der Hauptstadt standen nur 8000 Mann, die während des
ganzen ersten Kriegsjahres kaum auf das Doppelte verstärkt werden
konnten. In Finnland vermochte man dem Feinde nicht mehr als 10000 Mann
entgegenzustellen; die Festungen waren ungenügend besetzt und in
schlechtem Zustande. =Die Hochseeflotte= war noch nicht kriegsbereit und
=die Küstenflottille= wurde es in diesem Jahre überhaupt nicht.

Ein schnelles und tatkräftiges Vorgehen der Schweden würde verhängnisvoll
geworden sein, aber sie hatten schon viel Zeit verloren und waren auch
weiterhin nicht vom Glück begünstigt.

$Die Operationen der Hochseeflotten 1788.$ Die schwedische Flotte erhielt
am 6. Juli die Nachricht von der Kriegserklärung. Am 8. langte sie vor
Sweaborg an und ward hier auf 15 Linienschiffe und 11 Fregatten
verstärkt, ging aber erst am 14. wieder in See, um den Feind im Osten zu
suchen. Am 17. Juli trat ihr der aus dem ersten türkischen Kriege
bekannte russische Admiral =Greigh= mit 17 Linienschiffen (1 zu 108, 16
zu 66-74 Kanonen) und 8 Fregatten -- die Expedition nach dem Mittelmeer,
die dieser Admiral führen sollte, war natürlich aufgegeben -- etwa 30
Seemeilen westlich der Insel Hogland entgegen, und es kam zur rangierten
Schlacht.

 $Die Schlacht bei Hogland, 17. Juli 1788.$ Die russische Flotte stand
 bei östlichem Winde zu Luward; die Gegner sichteten sich zwischen 9 und
 10 Uhr vormittags. Nach verschiedenen Manövern lag die schwedische
 gegen 4 Uhr nachmittags in Kiellinie über Steuerbordbug beim Winde und
 die russische griff in gleicher Formation und über denselben Bug
 liegend in der bekannten englischen Art an, so daß sich der Kampf
 beider Linien Schiff gegen Schiff entspann, wobei sich wie gewöhnlich
 die Vorhuten und Mitten näher standen als die Nachhuten. Da die Russen
 2 Linienschiffe mehr zählten, hatten die Schweden 5 40-Kanonenfregatten
 (von ihnen oft Linienfregatten genannt) in die Linie eingestellt; die
 Russen hingen eine solche der ihrigen an; es standen 1450 russische
 gegen 1290 schwedische Geschütze im Gefecht. Der Kampf war heiß;
 mehrere russische Schiffe mußten beschädigt hinter ihre Linie
 geschleppt werden, aber auch das schwedische Flaggschiff wurde fast
 manövrierunfähig.

 Um 8 Uhr abends ließ =Herzog Karl= alle Schiffe zugleich halsen, weil
 die Spitze sich den Bänken vor der estländischen Küste zu sehr näherte,
 und =Greigh= folgte diesem Beispiele. Des flauen Windes halber konnte
 das Manöver mit den beschädigten Schiffen nur schwer ausgeführt werden,
 beide Linien verloren ihre Ordnung; dadurch gerieten sowohl ein
 russisches wie ein schwedisches Schiff zwischen mehrere feindliche und
 mußten die Flagge streichen. Um 10 Uhr abends endete der Kampf und die
 Flotten trennten sich während der Nacht.

 =Der Verlust= betrug auf schwedischer Seite 130 Tote und 340
 Verwundete, auf russischer fast 1000 Mann.

=Die Schlacht blieb unentschieden.= Die Schweden schrieben sich den Sieg
zu, weil der Gegner wegen der Beschädigung seiner Schiffe den Angriff
nicht erneuert habe, obgleich er zu Luward stand. Die Russen sagten, der
Feind habe das Feld geräumt. Es war tatsächlich =ein strategischer Erfolg
der Russen=, denn die Schweden unterließen den Angriff zur See auf
Petersburg, weil sie erkannt hatten, daß ihre Flotte der feindlichen
nicht so unbedingt überlegen sei, wie man bisher angenommen hatte.

Die russische Flotte ging nach der Schlacht zum Ausbessern bis zur Insel
Seskär, 40 Seemeilen westlich von Kronstadt, zurück; hier vermochte sie
Zufuhren zu erhalten und die Verbindung Petersburgs mit den Festungen
Wiborg und Frederikshamn zu sichern. Die Schweden segelten nach Sweaborg,
um Vorräte, vor allem Munition, aufzufüllen, die jedoch von der Heimat
kommen mußten, da man versäumt hatte, in Helsingfors Depots anzulegen.
=Greigh= erschien bald wieder, überraschte am 6. August eine schwedische
Erkundungsdivision und nahm ihr ein Linienschiff ab. Er segelte dann nach
Reval, ließ aber 8 Linienschiffe vor Sweaborg, die den Gegner
beobachteten und der finnländischen Küste die Zufuhren von See her
erschwerten. Die schwedische Flotte blieb für dieses Jahr untätig.

$Der Schären- und Landkrieg 1788.$ Die Armeeflotte ging erst am 26. Juli
-- 2 Fregatten, 15 der großen Küstensegler, 18 Galeren und 36
Kanonenschaluppen stark -- mit 6000 Soldaten nach Osten vor. Man wollte
Frederikshamn durch das Landheer und eine Landung angreifen. Die Stadt
wurde auch am 3. August eingeschlossen und wäre sicher gefallen, wenn
nicht =eine Empörung im Landheere= den König gezwungen hätte, die
Belagerung aufzugeben. Der größere Teil der Offiziere gehörte der
Oppositionspartei in Schweden an, die den ohne Zustimmung der Stände
begonnenen Angriffskrieg für verfassungswidrig erklärte. Sie forderten
die Rückberufung der Armee, und der König sah sich genötigt, diese hinter
den Kymene zurückzuziehen; die Flottille ward nach Westen bis Borgaa
gesandt, wo man die Landungstruppen ausschiffte. Die Meuterer gingen noch
weiter. Nach einer Versammlung in Anjala -- nach der sie sich den
=Anjalabund= nannten -- traten sie mit =Katharina= in Verhandlung und
schlossen einen Waffenstillstand ab. =Gustav= reiste zu seiner eigenen
Sicherheit am 27. August nach Stockholm; die Nachricht von einem
dänischen Angriff auf Schweden gab ihm guten Vorwand dazu. =Herzog Karl=,
der den Oberbefehl übernahm, bestätigte den Vertrag des Anjalabundes.

=Der Krieg war= am Lande =zu Ende= und bald auch zur See. =Greigh=
blockierte bis Ende Oktober die finnländische Küste. Er hatte inzwischen
Hangö-Udde besetzt und sperrte hier die Schären ab, so daß auch auf
diesem Wege die westlich dieser Halbinsel gesammelten Zufuhren von
Schweden nicht nach Helsingfors-Sweaborg gelangen konnten; sie wurden
schließlich zu Lande über die Halbinsel geschafft und dann wieder
verladen. Mit Beginn des früh einsetzenden Winters ging Greigh nach
Kronstadt zurück. Die nun freigewordene schwedische Flotte segelte am 19.
November nach Karlskrona; die Schiffe mußten schon ausgeeist werden und
am Tage darauf fror der Hafen vor Sweaborg ganz zu.

 $Dänemarks Angriff auf Schweden 1788.$ Nach einem älteren
 Bündnisvertrage war Dänemark verpflichtet, 6 Linienschiffe sowie 12000
 Mann Landtruppen für Rußland zu stellen und auch dem Gegner in den
 Rücken zu fallen, wenn es von Schweden angegriffen würde. Als nun 1788
 der Krieg ausbrach, kam die dänische Regierung ihrer Verpflichtung zwar
 nicht sofort und völlig nach, aber sie ließ doch im September von
 Norwegen aus Truppen in Schweden einrücken; die ersten Schüsse waren an
 der Grenze schon Ende Juni gefallen. Sie erklärte dabei, es sei kein
 Krieg Dänemarks gegen Schweden, die verwendeten Soldaten seien nur
 Hilfstruppen Rußlands. Ähnliche Auslegungen von Unterstützungen hat
 schon der österreichische Erbfolgekrieg gebracht (vgl. z. B. Seite 48).
 Dem weiteren Vordringen der Dänen machte aber das persönliche
 Erscheinen und tatkräftige Auftreten =König Gustavs= in Gothenburg ein
 Ende, um so leichter, da England und Preußen die Auffassung Dänemarks
 nicht teilten und mit ihrem Einschreiten drohten.

=Die Verwicklung mit Dänemark geriet König Gustav zum Glück.= Die neue,
durch Rußland heraufbeschworene Gefahr brachte die Stände auf seine
Seite; die Umtriebe des Anjalabundes scheiterten in Schweden; Bauern,
Bürger und Geistlichkeit erklärten sich für den König, diesem ward das
Recht zugestanden, auch Angriffskriege selbständig zu erklären; die
Vorrechte der Krone wurden erweitert und der Krieg gegen Rußland ward
volkstümlich.

$Das russische Geschwader van Dessen$ in Kopenhagen nahm an dem
dänischen Angriffe nicht teil. Dagegen landete es, noch mit den
Umschiffungsarbeiten begriffen, Anfang August Mannschaften bei
Helsingborg und plünderte einige Ortschaften; anderseits aber wurden
später zwei seiner Fregatten im Skagerrak von drei schwedischen genommen,
denen dabei viel Kriegsmaterial in die Hände fiel. =Dessen= trat dann
seine Reise zum Mittelmeer an, kehrte jedoch in der Nordsee um, als ihm
bekanntgeworden war, daß er in englischen Häfen keinerlei Unterstützung
finden würde. Zu ihm stießen 4 Linienschiffe nebst 2 Fregatten von
Archangel, und er überwinterte darauf in Kopenhagen. Es ist
unverständlich, daß er nicht zurückgerufen wurde, als man die Expedition
ins Mittelmeer aufgab; man scheint ihn fast daheim vergessen zu haben.

$Die Gründe der schwedischen Mißerfolge 1788.$ Die Mißerfolge sind in
erster Linie dem Umstande zuzuschreiben, daß der an sich gute Plan,
Petersburg anzugreifen, nicht früh genug durchgeführt wurde; erlaubten
dies die Verhältnisse nicht, so waren eben die Vorbereitungen ungenügend.
Er ist auch später nicht umsichtig und tatkräftig verfolgt worden, noch
Anfang Juli wäre es aussichtsreich gewesen, die unfertige russische
Flotte bei Kronstadt anzugreifen, und die Armeeflotte hätte mit den um
diese Zeit in Sweaborg vorhandenen Truppen weiter östlich landen müssen.
Nach den ersten Mißerfolgen erlahmte dann Schwedens Tatkraft gänzlich;
die Offensive schlug völlig in Defensive um; besonders bei der
Hochseeflotte, die infolge ungenügender Vorbereitungen durch Mangel an
Munition längere Zeit lahmgelegt war. Rechtzeitige Erfolge hätten
belebend gewirkt, vielleicht sogar den Ausbruch der offenen Meuterei im
finnländischen Heere gehindert.

                   *       *       *       *       *

$Die Tätigkeit der Hochseeflotten 1789.$ =Die schwedische Flotte= war
Ende Mai seeklar, litt aber noch an Mannschaftsmangel; erst am 6. Juli
ging =Herzog Karl= mit 21 Linienschiffen, 9 Linien- und 5 kleineren
Fregatten in See. Seine Aufgabe war, die Vereinigung der russischen
Flotten von Kronstadt und Kopenhagen zu verhindern, sowie die Überführung
der Truppen von Vorpommern nach Schweden zu sichern. Während er bis zum
11. zwischen Schonen, Rügen und Seeland kreuzte, wurden die Soldaten nach
Schweden übergeführt. Das russische Geschwader =van Dessens= lag neben
einem dänischen in der Kjögebucht; es anzugreifen, verbot der Umstand,
daß die Friedensverhandlungen mit Dänemark noch nicht abgeschlossen
waren. =Herzog Karl= hielt sich dann östlich von Bornholm und erfuhr hier
am 23. Juli, daß man die Kronstadtflotte bei Gotland gesehen habe.

=Diese russische Hauptflotte= unter Admiral =Tschitschagoff= zählte 21
Linienschiffe, darunter 3 Dreidecker, und 10 Fregatten. Sie war schon
seit Ende Juni in See und hatte sich Anfang Juli vor Hangö Udde gezeigt.
Nach den schlechten Erfahrungen des Vorjahres hatten aber die Schweden
hier Befestigungen angelegt, und die Russen machten keinen ernsten
Versuch, sich dieser wichtigen Stellung zu bemächtigen, sondern segelten
nach Westen weiter.

Am 25. Juli sichteten sich die Gegner etwa 50 Seemeilen südöstlich der
Insel Öland und die schwedische Flotte suchte nun der russischen den Weg
nach der Kjögebucht zu verlegen. Abends waren beide einander ziemlich
nahe, da aber der Wind sehr heftig wurde, blieben sie die Nacht über in
Gefechtslinie parallel zueinander liegen. Am 26. Juli kam es zur
=Schlacht bei Öland=, die jedoch unentschieden blieb. Die Schweden
standen zu Luward und =Herzog Karl= griff an. Da er aber von seiner
Nachhut im Stich gelassen[203] wurde und =Tschitschagoff= durch Abhalten
beständig auswich, kam es nur zweimal zum ernsteren Zusammenstoß zwischen
den Vorhuten und Mitten; die Schlacht endete mit Eintritt der Dunkelheit
ohne große Verluste auf beiden Seiten. An den beiden nächsten Tagen
gelang es den Schweden überhaupt nicht, an den Feind heranzukommen,
ebensowenig am 30. Juli, als sich die Gegner nochmals bei Bornholm
sichteten; der russische Admiral wollte eben einen Entscheidungskampf vor
seiner Vereinigung mit =Dessen= vermeiden. Als dann der Wind für dessen
Herankommen günstig wurde, lief =Herzog Karl= in Karlskrona ein, um nicht
durch den übermächtigen Feind von diesem Stützpunkte abgeschnitten zu
werden; zudem litten seine Besatzungen schwer unter Krankheiten. Am 2.
August sollte auf Befehl des Königs eine Division von 3 Linienschiffen
und 3 Fregatten nach Finnland auslaufen, mußte aber umkehren, weil sie
die Russen vor dem Hafen antraf.

 [203] Das Verhalten der Nachhut grenzte hart an Verrat. Der Führer,
       Admiral =Liljehorn=, nahm seinen Posten nicht ein, er rief sogar
       einige seiner Schiffe zurück, die den Kampf suchten.
       Wahrscheinlich war sein und einiger seiner Kommandanten Verhalten
       Folge der Parteizwiste in Schweden; er ward kriegsgerichtlich zum
       Tode verurteilt, aber vom Könige zu Dienstentlassung begnadigt.

=Karlskrona war blockiert.= =Tschitschagoff= hatte sich mit =Dessen=
vereinigt und verfügte jetzt über 33 Linienschiffe, darunter 6
Dreidecker, nebst 13 Fregatten; er hielt die Blockade bis Ende August
aufrecht und segelte dann zum Finnischen Meerbusen. Nun erst konnte die
schwedische Division in See gehen. Ihre Bestimmung war, eine russische
Stellung bei Porkala zu nehmen, die den Verkehr in den Schären hinderte,
da sie aber bald auf eine größere Zahl russischer Schiffe stieß, kehrte
sie unverrichteter Dinge zurück.

=Herzog Karl= ersetzte seine Kranken durch Landrekruten, lief aber erst
auf wiederholten Befehl Mitte Oktober aus und kreuzte dann nur auf
Übungsfahrten in der südlichen Ostsee; als er erfahren hatte, daß neun
russische Schiffe in Reval aufgelegt hätten und der Rest nach Kronstadt
gesegelt sei, kehrte er am 21. Oktober nach Karlskrona zurück.

$Der Landkrieg 1789.$ Nach einem harten Winter begann =der Feldzug in
Finnland= erst im Juni und wurde dann mit wechselndem Waffenglück
geführt. Das schwedische Hauptheer unter =König Gustav= stand am
Kymeneflusse, ein kleineres unter Oberst =von Stedingk= weiter nördlich
in Savolaks. Hier überschritten die Russen Anfang Juni die Grenze und
drängten ihre Gegner zurück. Der König war am 25. Juni über den Grenzfluß
gegangen und siegreich vorgedrungen, ging aber dann der Lage im Norden
halber wieder bis Likala nahe Frederikshamn zurück; durch weiteres
Vorgehen gegen Wilmanstrand und Wiborg hätte er voraussichtlich Stedingk
entlastet und selber mehr erreicht; später wurden durch das Vorgehen des
Hauptheeres tatsächlich die Russen im Norden zum Rückzuge gezwungen und
der Oberst konnte wieder vorrücken. Bald aber gelang es dem Feinde, die
Verbindungstruppe zwischen dem Hauptheere und Stedingk zu schlagen, und
so dieses in der Flanke zu bedrohen. Der König wich darauf bis zum
Kymene, und nach der Schärenschlacht im Svensksunde, am 24. August, sogar
über den Fluß zurück, weil die Russen schon westlich von seiner Mündung
landeten.

Bei Eintritt der Winterruhe war die Stellung der Heere nahezu die gleiche
wie im Frühjahr.

$Die Operationen der Schärenflotten.$ =Das schwedische
Stockholmgeschwader= litt wie die Hochseeflotte unter Mannschaftsmangel.
Im Juni und Juli ging es nach und nach zur finnländischen Küste, wobei es
Truppen geleitete; diese Transporte erforderten große Vorsicht, weil die
russische Hochseeflotte die nördliche Ostsee und den Finnischen Busen
beherrschte. Dieses Galerengeschwader erreichte eine Stärke von 30
Fahrzeugen mit 1650 Seeleuten und 6700 Soldaten. =Das Sveaborggeschwader=
wurde Anfang Juni abteilungsweise bis zum Svensksunde, etwa 10 Seemeilen
südwestlich von Frederikshamn vorgeschoben; hier verfügte der
=Oberadmiral Graf Ehrensvärd= über 86 armierte Fahrzeuge mit rund 5600
Mann Land- und Seetruppen.

Das weitere Vorgehen des Stockholmgeschwaders nach Osten ward aber durch
den Feind erschwert. Die Russen hatten sich zwar der Stellung bei Hangö
nicht wieder bemächtigen können, weil die Schweden sie befestigt hatten,
sich aber eine ähnliche auf der Halbinsel Porkala, 20 Seemeilen westlich
von Sweaborg, geschaffen und sperrten hier das Schärenfahrwasser, das sie
außerdem durch Schiffe ihrer Hochseeflotte an der ganzen Küste, besonders
in der Nähe von Helsingfors, beunruhigten. Die Schweden besetzten deshalb
eine große Zahl von Wachtstellen, um den Verkehr aufrechtzuerhalten,
wodurch Ehrensvärd sehr geschwächt und verhindert wurde, auf dem rechten
Flügel des Landheeres weiter nach Osten vorzudringen.

=Die russische Küstenflottille= war in diesem Jahre rechtzeitig bereit
und fast doppelt so stark als die schwedische beim Svensksunde. Sie
erschien Mitte August dort; das Hauptgeschwader von 78 Fahrzeugen führte
der =Prinz von Nassau-Siegen=, den man nach seinen Erfolgen im Schwarzen
Meere nach Norden berufen hatte; ein zweites von 29 Fahrzeugen befehligte
Admiral =Kruse=.

Dieser Macht konnte =Ehrensvärd= nur 48 Schiffe entgegenstellen. Nassau
plante, gegen die Schweden von Osten her vorzugehen und ihnen durch Kruse
im Südwesten den Rückzug zu verlegen; es folgte die $Schärenschlacht im
Svensksunde$. =Ehrensvärd= hatte das Fahrwasser im Osten notdürftig durch
Versenken von Schiffen gesperrt und hier kleine Abteilungen stationiert,
seine Hauptmacht dagegen im Südwesten in Halbmondform verankert. Hier
griff =Kruse= am 24. August an, wurde aber abgewiesen. Der schwedische
Admiral soll beabsichtigt haben, sich nun nach Westen zurückzuziehen, er
erhielt jedoch von =König Gustav=, der dem Kampfe am Lande beigewohnt,
ausdrücklichen Befehl, =Nassau= entgegenzutreten, der jetzt nach
Wegräumung der Hindernisse vordrang; vor der großen Übermacht mußten die
Schweden abends weichen, zumal ihnen auch die Munition ausging. Der Feind
verfolgte während der Nacht bis zur Schärenfestung Svartholm, etwa 20
Seemeilen westlich der Mündung des Kymeneflusses.

Der schwedische Verlust betrug 7 Fahrzeuge und 1350 Mann, der russische
über 2000 Mann und 3 Schiffe; viele ihrer Schiffe waren stark beschädigt.
Die Russen gingen nicht weiter vor, aber sie hatten die Freiheit der
Landung westlich vom Grenzflusse erzwungen und so das schwedische
Landheer genötigt, über diesen zurückzugehen. Das Fahrwasser bei Porkala
ward erst wieder frei, als die letzten Schiffe der russischen
Hochseeflotte am 23. Oktober die Küste verließen; Mitte September hatten
sie noch eine schwedische Küstendivision im Barösunde angegriffen.

=Die Kriegführung= 1789 zeigt überall Fehler der Schweden. Für ihr
Landheer war die Tätigkeit der Schärenflotte zur Unterstützung des
rechten Flügels, sowie zur Sicherung des Verkehrs in den Schären
unentbehrlich. Sie war aber andauernd durch die feindliche Stellung bei
Porkala getrennt, die man selber hätte besetzen müssen. Diese mußte man
zunächst von beiden Seiten angreifen, anstatt die Kräfte auf
Wachstationen zu verzetteln. Die Hochseeflotte aber hätte wiederum den
Schutz der Schärenflotte übernehmen und zu diesem Zwecke alles
daransetzen müssen, frühzeitig im Finnischen Meerbusen aufzutreten, um
hier die Seeherrschaft zu erringen. =Tschitschagoff= handelte mithin
richtig, wenn er =Herzog Karl= in der Ostsee ohne Entscheidungsschlacht
festhielt, bis er überlegen war. Daß Rußland zu Lande nicht tatkräftiger
vorging, scheint an der Unfertigkeit seines Heeres gelegen zu haben;
=Potemkin=, der gegen die Türken kommandierte, weigerte sich hartnäckig,
Truppen nach dem Norden abzugeben.

                   *       *       *       *       *

$Der Kriegsplan Schwedens 1790$ ähnelte dem des ersten Jahres. Versuche
=König Gustavs=, durch Preußens Vermittlung Frieden zu schließen, hatte
=Katharina= mit maßlosen Forderungen beantwortet. Neben der
Aufrechterhaltung der Friedensbedingungen von Nystad und Abo verlangte
sie eine Änderung der schwedischen Verfassung, um die Rechte des Königs
über Krieg und Frieden noch mehr wie bisher einzuschränken, und von
diesem selber eine Abbitte wegen seines bisherigen Vorgehens. =Gustav=
war empört und beschloß wie 1788, durch einen raschen Angriff auf
Petersburg die Entscheidung schnell herbeizuführen. Der Umstand, daß im
allgemeinen Karlskrona am 15., Stockholm am 25. April, Sweaborg am 1. und
Kronstadt erst am 7. Mai vom Eise frei wird, sollte benützt werden, die
eigenen Streitkräfte so zeitig zu sammeln, daß man imstande wäre, die in
Reval und Kronstadt getrennt liegenden Geschwader der russischen
Hochseeflotte, sowie die auf Frederikshamn, Wiborg und Kronstadt
verteilten feindlichen Küstenstreitkräfte vor ihrer Vereinigung einzeln
zu vernichten; dann sollte bei Petersburg gelandet werden.

Der Plan wich insofern von dem früheren ab, daß die Armeeflotte vor der
Landung bei der Hauptstadt erst die Festungen Frederikshamn und Wiborg
nehmen sollte; es wäre wohl richtiger gewesen, nur die Fesselung der
feindlichen Streitkräfte dort durchzuführen, wenn der Hauptstoß
überraschend sein sollte. Um die Aufmerksamkeit des Feindes von dem
Vorgehen zur See abzulenken, beabsichtigte der König, schon Ende Februar
oder Anfang März in Person mit dem Heere von Finnland aus in Karelien
einzubrechen und zwar wie im Vorjahre mit der Hauptmacht in der Mitte,
nördlich und an der Küste mit je einem kleineren Korps.

=Der Angriff am Lande= verzögerte sich aber, da der König aus politischen
Gründen Stockholm erst Ende März verlassen konnte, und wenn dann auch die
Schweden anfangs überall Erfolge erzielten, so kam ihr Vordringen doch
Ende Mai zum Stehen; das Heer wartete nun auf den Ausgang der
Unternehmungen zur See.

$Die Operationen der Hochseeflotten bis Juni 1790.$ =Die schwedische
Flotte= verließ unter =Herzog Karl von Södermanland= -- Chef des Stabes
Kontreadmiral =Nordenskjöld= -- 21 Linienschiffe und 13 Fregatten stark
am 29. April Karlskrona. Schon am 4. März waren 2 Fregatten, eine Brigg
und ein Schoner in See gegangen und hatten am 17. die Stadt Raagervik,
das jetzige Baltischport, etwa 20 Seemeilen westlich von Reval zur
Übergabe gezwungen. Zwar hatte man hier Munition, Schiffsbedürfnisse und
andere Vorräte im Werte von einer Million Taler vernichtet, aber den
Russen war durch diesen Vorstoß klar geworden, daß sie auf ein baldiges
Auftreten stärkerer Kräfte gefaßt sein müßten, und sie beschleunigten
überall ihre Rüstungen sowie Verteidigungsmaßnahmen. Die große Flotte
erreichte infolge Gegenwindes erst am 9. Mai Hangö, nahm hier Wasser und
ankerte am 12. bei Raagervik.

=Die Schlacht bei Reval, 13. Mai 1790.= Admiral =Tschitschagoff= hatte 8
Linienschiffe und 3 Fregatten ungefähr eine Seemeile nördlich von der
Hafenmole in einer etwa Ost-West laufenden Linie mit den Breitseiten nach
See zu verankert, 3 Fregatten lagen dahinter, und sperrte so fast die
ganze Bucht. =Herzog Karl= griff diese Stellung am 13. Mai an, indem er
bei westlichem Winde in Kiellinie auf deren linken Flügel zusteuerte, an
der Linie entlang lief und dann wieder nach Norden segelte. Infolge des
starken und böigen Windes war das Manöver schwierig; der Angriff stieß
erst auf das dritte Schiff des feindlichen Flügels, die schwedische Linie
war schlecht geschlossen, das Anluven zum Wiederabsteuern mußte der
Leeküste wegen frühzeitig begonnen werden, so daß die Schiffe fast
beständig manövrierten. So kam es, daß die Schweden ihr Feuer eigentlich
nur auf 3 Russen unter ungünstigen Umständen abgeben konnten, während
diese das ihrige mit Ruhe auf die Passierenden richteten. Da der Wind
während des Kampfes zum Sturm wurde, gab =Herzog Karl= den Befehl zum
Abbrechen des Gefechtes, ehe die letzten 12 Schiffe, 4 Linienschiffe und
8 Fregatten, die feindliche Stellung passiert hatten. Die Flotte ankerte
dann vor der Bucht.

=Die Verluste= der Russen waren ganz unbedeutend. Die Schweden verloren
auch nur 132 Tote und Verwundete, aber ihre Schiffe, soweit sie ins Feuer
gekommen waren, hatten arg in der Takelage gelitten und 2 Linienschiffe
gingen verloren. Eins war schon beim Ansegeln auf einer Bank festgekommen
und mußte verbrannt werden, um es nicht in Feindeshand fallen zu lassen;
ein anderes war beim Passieren manövrierunfähig geworden, gleichfalls auf
Grund geraten und ward von den Russen genommen.

Die Schweden unternahmen keinen zweiten Angriff, obgleich sie jetzt die
Stellung des Feindes ganz genau kannten und bei günstigem Wetter mit
Übermacht vor der feindlichen Linie hätten ankern und die Flügel durch
leichtere Linienschiffe, sowie die Fregatten umgehen können. =Herzog
Karl= schickte einige sehr beschädigte Schiffe zur schleunigen
Ausbesserung nach Sweaborg, erhielt dafür aber am 21. Mai eine
Verstärkung von 2 Linienschiffen und einer Fregatte. Er blieb bis zum
24. Mai vor Reval, ging dann nach der Insel Hogland und von hier erst am
31. auf Befehl des Königs gegen Kronstadt vor. =Tschitschagoffs= Flotte
ließ man im Rücken, nachdem man ihr zwei und eine halbe Woche Zeit
gelassen hatte, ihre Ausrüstung zu vervollständigen. =Herzog Karl= und
Admiral =Nordenskjöld= sollen dies allerdings gemißbilligt haben.

$Die Operationen der Küstenflottillen bis Juni 1790.$ =In Schweden= waren
durch Neubauten die Küstenstreitkräfte auf 19 große Segelfahrzeuge, 27
Galeren, 214 Kanonenschaluppen und Jollen, 25 Kanonen- und
Mörserbarkassen und 21 Chef- und Avisofahrzeuge gebracht; diese Macht
wurde bis Ende Mai in Finnland zusammengezogen.

=Angriff auf Frederikshamn.= Am 14. Mai erschien =König Gustav= mit etwa
100 Fahrzeugen im Svensksunde. Die russische Küstenflottille von
Frederikshamn war, 49 Schiffe stark, am Eingange des engen
Innenfahrwassers zur Stadt verankert, an den Flügeln durch Landbatterien
unterstützt. Am 15. um 2 Uhr morgens griffen die Schweden an und trieben
den Feind bald bis unter die Kanonen der Stadt, aber um 9 Uhr ließ der
König den Kampf abbrechen, um seinen Leuten Erholung zu gönnen; auch
knüpfte er Übergabeverhandlungen an. Der Festungskommandant zögerte mit
der Antwort, erhielt inzwischen Verstärkung und wies einen zweiten
Angriff nachmittags so kräftig ab, daß sich die Schweden abends
zurückzogen. Nicht mehr Erfolg hatte ein Vorgehen gegen die Stadt am 19.
Mai, das allerdings nur mit schwächeren Kräften unternommen wurde. Wie
die Hochseeflotte vor Reval, so gab auch die Schärenflotte hier weitere
Versuche auf und blieb untätig liegen. Erst am 25. Mai ging sie weiter
nach Osten vor, am 31. gewann sie Fühlung mit der Hochseeflotte,
passierte am 2. Juni die Bucht von Wiborg und ankerte am Abend im
Björkösunde etwa 30 Seemeilen südlich dieser Stadt; sie hatte durch
Zuzüge von Westen nach und nach fast ihre volle Stärke, 282 armierte
Fahrzeuge, erreicht.

=Gustav= entschloß sich endlich, mit der vereinten Hochsee- und der
Küstenflotte schnell gegen Petersburg vorzudringen, aber jetzt war auch
die russische Hochseeflotte bereit und mußte zunächst vertrieben werden.

$Die Seeschlacht in der Kronstädter Bucht, 3. und 4. Juni 1790.$ Schon
während die schwedische Hochseeflotte ihr Küstengeschwader nach dem
Björkösunde geleitete, war die russische in Sicht gewesen und =Herzog
Karl= hatte versucht, sich ihr zu nähern, sobald die Schärenfahrzeuge den
Ankerplatz erreicht hatten; eintretende Stille verhinderte dies, aber am
3. Juni kam es zur Schlacht.

 $Die Stärke der Flotten.$ =Die russische= unter =Vizeadmiral Kruse=
 zählte 17 Linienschiffe, 5 Dreidecker zu 108, 12 Zweidecker zu 74
 Kanonen und 13 Fregatten. Die Schiffe waren in guter Verfassung, die
 Besatzungen jedoch noch nicht ausgebildet. Die =schwedische= bestand
 aus 21 Linienschiffen zu 64-74 Kanonen und 13 Fregatten. Zwei schwere
 Fregatten hatte man in die Linie eingestellt, dennoch standen in dieser
 nur 1180 Kanonen 1430 russischen gegenüber, weil die Schiffe des
 Gegners im Durchschnitt stärker waren. Aus weiteren 6 schweren
 Fregatten wurde eine leichte Division gebildet, die selbständig an
 geeigneter Stelle in den Kampf eingreifen sollte.

Am 3. Juni, 4 Uhr morgens, stand =Kruse= bei leichtem östlichen Winde
etwa 4 Seemeilen zu Luward der schwedischen Flotte, die über Backbordbug
in Kiellinie beim Winde lag. Er hielt auf sie ab und griff in üblicher
Weise Schiff gegen Schiff auf der ganzen Linie an. Um 4-1/2 Uhr begann
der Kampf der Vorhuten und um 5 Uhr der der Mitten; die Nachhuten kamen
erst später ins Gefecht und wie gewöhnlich nur auf weitere Entfernung.
Manöver der Flotten infolge von Windänderungen trennten sie gegen 8 Uhr,
auch scheint =Kruse= einen zu scharfen Kampf gescheut zu haben. Am
Nachmittage kam westlicher Wind auf. Wieder lagen die Gegner über
Backbordbug, aber jetzt die Schweden zu Luward und =Herzog Karl= griff um
2-1/2 Uhr an. Da aber Kruse stets auswich, zeitweise sogar vor dem Winde
abhielt, kam es immer nur zu kurzen Kämpfen, oft nur zu Teilgefechten.

=Herzog Karl= erkannte, daß der Feind ihn in die innere Bucht von
Kronstadt locken, aber bis zum Eintreffen der Revalflotte hinziehen
wollte. Er beschloß, sich nur beobachtend zu verhalten, bekam jedoch am
Abend Befehl vom König, den Kampf zu suchen. Am 4. Juni vormittags wehte
es hart aus Osten, so daß die Schweden nicht an den Feind herankommen
konnten. Nachmittags sprang der Wind auf SW, aber der Versuch Karls, eine
Entscheidung herbeizuführen, mißlang wiederum, weil Kruse nicht
standhielt; nur für kurze Zeit kam es zum Gefecht auf der ganzen Linie.
Die Flotten hatten sich nach und nach der Außenrhede von Kronstadt bis
auf 12-15 Seemeilen genähert, so daß sie am Spätnachmittag, sowie um 8
Uhr abends zum Halsen genötigt waren, weil sie zuerst der südlichen, dann
der nördlichen Küste zu nahe kamen.

Wesentliche =Verluste= hatten die Kämpfe der beiden Tage nicht gebracht,
nur 2 schwedische und 3 russische Schiffe waren schwerer beschädigt.

Bald nach 8 Uhr abends kam nun aber Admiral =Tschitschagoff= mit der
Revalflotte -- 10 Linienschiffe, darunter 2 Dreidecker, und 8 Fregatten
-- in Sicht und =Herzog Karl= mußte sich vor allen Dingen aus dem engen
Fahrwasser herauszuziehen suchen. Er plante, sich auf die Revalflotte zu
werfen, ehe die russische Hauptmacht herankäme, sollte dies aber nicht
gelingen, dann bis zu den Aspöschären zurückzugehen. Er erwartete, daß
dann auch =König Gustav= mit der Armeeflotte bis zum Svensksunde weichen
und von hier aus ein neues gemeinsames Vorgehen erfolgen würde.
Dementsprechend berichtete er.

Dem Rückzuge der Schweden folgte =Kruse=, der die Revalflotte gleichfalls
gesehen hatte, in Gefechtslinie, aber in gemessener Entfernung. Es war
ein Glück für =Herzog Karl=, daß der Wind während der Nacht abflaute und
auch am nächsten Tage Stillen vorherrschten; zugleich war es diesig, so
daß die russischen Flotten sich gegenseitig nicht sehen konnten und
deshalb beide zurückhielten. So zog sich Karl unbehelligt aus der Enge,
erhielt aber am 5. Juni als Antwort auf seinen Bericht Befehl, in die
Bucht von Wiborg zu kommen, um die Schärenflotte zu decken; er ankerte
am 6. morgens in deren Eingange.

Dies war eine verhängnisvolle Maßnahme, denn nun wurden die gesamten
schwedischen See- und Küstenstreitkräfte zusammen blockiert.

$Die Blockade der schwedischen Flotten bei Wiborg und deren Durchbruch.$
Die Breite des Einganges zu der SW-NO laufenden Außenbucht von Wiborg
beträgt zwischen der Landspitze Krosserort im Westen und der Insel
Biskopö im Osten etwa 6 Seemeilen. Durch flaches Wasser vor diesen
Punkten und durch den in der Mitte der Einfahrt liegenden Salvögrund wird
aber das Fahrwasser auf eine kaum eine Seemeile breite Rinne bei
Krosserort sowie auf eine zweite von 3 Seemeilen bei Biskopö beschränkt.
Hinter diesen Durchfahrten wurden die Schiffe der Hochseeflotte -- 21
Linienschiffe, 13 Fregatten, 4 Fahrzeuge -- in Verteidigungslinien
verankert.

Zwischen der Insel Biskopö und der sich südlich daran schließenden Insel
Björkö einerseits und dem Festlande anderseits führt eine im Durchschnitt
1-1/2, an ihrer engsten Stelle nur eine halbe Seemeile breite Straße von
Südosten her in die Außenbucht von Wiborg, der Björkösund. Hier lag die
schwedische Armeeflotte, 282 armierte Fahrzeuge mit 24000 Mann
Besatzung[204].

 [204] Die Zahlenangaben über die Stärken der Küstenflottillen schwanken
       in den Quellen sehr. Wir geben sie durchweg nach Kirchhoff.
       Obenstehende Angabe erscheint sehr hoch, denn nach derselben
       Quelle besaß Schweden 1790 überhaupt nur 285 armierte Fahrzeuge
       und die pommersche Abteilung scheint nicht in Wiborg gewesen zu
       sein. Nach dem Durchbruch fanden sich dann nach Kirchhoff nur 195
       im Svensksunde zusammen, obgleich nicht mehr als 21 verloren
       gegangen waren.

Schon am 7. Juni ankerte die russische Hochseeflotte, jetzt unter dem
Oberbefehl des Admirals =Tschitschagoff=, 30 Linienschiffe und 20
Fregatten stark, quer vor dem Haupteingange zur Bucht, etwa 8 Seemeilen
von der feindlichen Stellung entfernt und die Küstengeschwader sammelten
sich in der Umajockibucht unmittelbar östlich vom Eingange in den
Björkösund unter dem Prinzen =von Nassau=. Anfangs waren es nur 49
Fahrzeuge aus Frederikshamn und Reval, aber durch Eintreffen der Kräfte
von Kronstadt wuchs die Zahl nach und nach bis auf 3 Linienschiffe, 7
Fregatten und 74 Schärenfahrzeuge am 2. Juli. In Wiborg lagen 48
Fahrzeuge.

Die Schweden waren völlig blockiert und ihre Lage wurde im Laufe der
nächsten Wochen immer gefährdeter. =Tschitschagoff= legte nach genauem
Ausloten seine Blockadelinie näher heran, wobei er die vielen Inselchen
und Gründe benutzte, um die möglichen Durchbruchspunkte dichter
abzuschließen, und auch die Wiborgflottille drang bis zum Trangsund, dem
Eingange zur inneren Bucht, vor. Ein Versuch des =Königs Gustav= vom
11.-20. Juni mit einem großen Teile der Armeeflotte, sie zu vernichten,
um sich den Rücken freizumachen, mißlang, weil Landbatterien das
Fahrwasser beherrschten. Auf den schwedischen Schiffen und Fahrzeugen
mit ihren etwa 40000 Mann Besatzung trat Mangel an Proviant und Wasser
ein, da russische Jäger und Kosaken die Wasserplätze besetzt hatten. Am
29. Juni ging =Nassau= gegen den Björkösund vor und warf den Feind bis
zur engsten Stelle zurück.

Unter diesen Umständen mußte =Gustav= alles daransetzen, sich aus seiner
unhaltbaren Lage zu befreien. Nach längeren Beratungen und Erwägung
verschiedener Pläne ward =der Durchbruch mit beiden Flotten= in der engen
Wasserrinne zwischen Krosserort und dem Salvögrunde beschlossen. =Herzog
Karl= hatte schon früher wiederholt hierzu geraten, ehe die Einschließung
so eng geworden war, der König aber wies es schroff zurück, weil er es
für feige hielt.

 $Der Durchbruch am 3. Juli 1790.$ Der Plan zum Durchbruch war genau
 ausgearbeitet. Um 2 Uhr morgens zog sich das Gros der Küstenflotte aus
 dem Björkösunde in die äußere Wiborgbucht hinter die Linie der
 Hochseeflotte. 3 Divisionen Kanonenschaluppen, sowie die
 Mörserbarkassen eröffneten gleichzeitig zur Diversion ein Gefecht mit
 der im Süden liegenden russischen Schärenflotte, das sie erst um 4-1/2
 Uhr abbrachen, um dem Gros zu folgen; auffallenderweise folgte der
 Feind nicht, vielleicht wollte er den Leuten nach dem nächtlichen
 Kampfe Ruhe gönnen.

 Die Schiffe der Hochseeflotte hatten während der Nacht das Ankerlichten
 vorbereitet; die Segel waren nur mit leicht zerreißbarem Schiemannsgarn
 festgemacht, so daß sie gesetzt werden konnten, ohne Leute in die
 Takelage zu schicken und dadurch die Aufmerksamkeit des Feindes zu
 erregen. Um 6 Uhr morgens verließen sie ihre Ankerplätze und setzten
 sich an die Spitze der in Marschordnung versammelten Schärenflotte. Um
 7-1/2 Uhr passierte der Leiter die russische Sperrlinie bei Krosserort.
 Hier lagen 5 Linienschiffe eng aufgeschlossen mit den Breitseiten quer
 zum Fahrwasser. Die Schweden brachen in der Mitte durch, wobei sie ihr
 Feuer mit solchem Erfolge abgaben, daß sämtliche Gegner die Flagge
 bereits gestrichen hatten, als das Flaggschiff passierte; von den etwa
 4000 Mann dieser Schiffe sollen nur 3-400 unverwundet geblieben sein.
 Drei Seemeilen westlich von Krosserort lagen 6 russische Fregatten in
 Linie seitlich vom Fahrwasser, doch wurde deren Feuer durch Pulverrauch
 behindert.

 Die Schweden würden mit verhältnismäßig geringem Verluste die freie See
 erreicht haben, wenn nicht ein besonderer Unglücksfall eingetreten
 wäre. Beim Passieren von Krosserort wurden ein Linienschiff und eine
 Fregatte durch einen eigenen Brander in Flammen gesetzt und flogen auf;
 der Führer des Branders hatte in trunkenem Zustande sein Fahrzeug ohne
 Grund angezündet. In dem dadurch entstehenden Rauche liefen
 verschiedene Schiffe auf Grund.

=Nach dem geglückten Durchbruch= nahm =die schwedische Hochseeflotte=
Kurs auf Hogland. Die russische begann erst gegen 10 Uhr vormittags zur
Verfolgung unter Segel zu gehen. =Tschitschagoff= scheint das Vorgehen
der Schweden längere Zeit nur für ein Scheinmanöver gehalten und den
eigentlichen Angriff in dem breiteren östlichen Fahrwasser erwartet zu
haben; dann dauerte auch das Ankerlichten und Formieren der Flotte
unverständlich lange. So gewann =Herzog Karl= einen großen Vorsprung und
erreichte am 5. Juli abends die Rhede von Sweaborg; nur zwischen den
vordersten russischen und einigen zurückgebliebenen schwedischen Schiffen
kam es zum Kampfe, wobei zwei der letzteren genommen wurden.

=Die schwedische Schärenflotte= folgte zunächst der Hochseeflotte, hielt
dann aber früher zur Küste ab und erreichte die Aspöschären. Auf dem Wege
dorthin ward sie von einer Fregattendivisjon angegriffen, die bisher etwa
10 Seemeilen westlich der Wiborgbucht beim Pitkepasse das
Schärenfahrwasser gesperrt und auch tatsächlich den Zuzug einiger
Abteilungen schwedischer Fahrzeuge gehindert hatte. Diese Division brach
in die Küstenflotte ein und zwang eine große Zahl von Fahrzeugen, die
Flagge zu streichen, konnte aber nur einige von ihnen in Besitz nehmen.

=Der Verlust der Schweden= betrug in der Hochseeflotte 7 Linienschiffe, 3
Fregatten und 4000 Mann, in der Küstenflotte 21 Kriegs- und 30
Transportfahrzeuge, sowie rund 2000 Mann. Der Verlust der letzteren würde
sicher noch viel größer gewesen sein, wenn der Gegner im Björkösunde
sofort nachgedrängt hätte. Aber dies geschah erst spät und die vordersten
Fahrzeuge hielten sich dann bei den festgekommenen schwedischen Schiffen
auf.

=Die Russen= büßten 4-5000 Mann ein und 11 ihrer Linienschiffe waren so
beschädigt, daß sie für längere Zeit nicht verwendet werden konnten,
einige wurden sogar völlig unbrauchbar.

$Die zweite Schlacht im Svensksunde am 9. Juli 1790$ war das letzte
größere Ereignis des Krieges. Die schwedische Hochseeflotte -- 14
Linienschiffe, 9 Fregatten -- ward von der russischen -- 19 Linienschiffe
-- in Sweaborg blockiert. Mit der Küstenflotte hatte sich =König Gustav=
von den Aspöschären in den Svensksund zurückgezogen; sie zählte am 8.
Juli 195 armierte Fahrzeuge mit 450 schweren Geschützen und 14000 Mann.

Sie nahm hier eine ähnliche Verteidigungsstellung ein wie 1789 unter
=Ehrensvärd= (vgl. Seite 433) und wurde am 9. Juli durch =Nassau= von
Frederikshamn aus mit 160 Fahrzeugen angegriffen. Sie war zwar den Russen
an Zahl überlegen, aber deren Schiffe waren im allgemeinen größer,
schwerer armiert und stärker bemannt, sie führten 850 schwere Geschütze
und 18500 Mann.

=Nassau= ließ den Nordostausgang des Sundes nur durch schwache Kräfte
beobachten und richtete den Angriff gegen die Hauptmacht des Gegners im
Südwesteingange, aus dem die Schweden im Jahre vorher durchgebrochen
waren. Er führte bei südwestlichem Winde die Flotte in 3 Kolonnen an die
schwedische Stellung heran. Die mittlere, 20 der größten Schiffe, ankerte
vor der Mitte der feindlichen Linie, die beiden anderen vor deren
Flügeln. Um 9-1/2 Uhr vormittags begann der Kampf, und schon nach zwei
Stunden sah sich der russische linke Flügel zum Rückzuge genötigt. Dies
war um so verhängnisvoller, als der schwedische rechte Flügel einen
Winkel mit seiner Mitte und dem linken bildete, mithin imstande war, die
russische Mitte in der Flanke zu bedrohen. Zwar stießen die Gewichenen
nochmals vor, aber wieder vergeblich, da die Schweden hier jetzt
Verstärkung durch die Kräfte am Nordosteingange erhalten hatten, die
nicht angegriffen waren.

Durch das Flankenfeuer der Schweden sah sich auch die russische Mitte
gegen 4 Uhr nachmittags zum Rückzuge genötigt, und der rechte Flügel
schloß sich an, da auch sein Gegner verstärkt worden war. Der Rückzug
gelang den Ruderfahrzeugen verhältnismäßig gut, aber die größeren Segler
konnten mit ihren zerschossenen Takelagen nur schwer gegen den Wind
aufkreuzen. Durch Zusammentreiben entstand ein Gewirr, in das die
schwedischen Kanonenschaluppen bis 10 Uhr abends hineinfeuerten; viele
Russen kamen auf Grund oder trieben an den Strand. Die Nacht brachte eine
Pause, aber am nächsten Morgen nahmen die Schweden die Verfolgung wieder
auf und verjagten den Feind auch aus den Aspöschären, in die er sich
zurückgezogen hatte; in Einzelgefechten wurden noch viele Fahrzeuge
genommen.

=Der Verlust der Russen= betrug 5 Fregatten, 48 Fahrzeuge, 3000 Tote und
Verwundete, sowie 6500 Gefangene; die Schweden büßten nach eigener Angabe
nur etwa 300 Mann ein.

$Die Kriegführung des Jahres 1790$ zeigt auf schwedischer Seite ähnliche
Fehler wie im Vorjahre. Wieder ließ man die zu dem beabsichtigten
überraschenden Angriff günstige Zeit verstreichen. Hierdurch, sowie durch
die Untätigkeit der Hochseeflotte nach der Schlacht bei Reval und durch
das lange Verweilen der Schärenflotte vor Frederikshamn gewann Rußland
Zeit, seine Rüstungen zu vollenden. Schwere Mißgriffe waren es, daß man
die Revalflotte nicht zu vernichten suchte und später die gesamten Kräfte
in Wiborg einschließen ließ. Diese Fehler werden zum größten Teile dem
Könige zur Last gelegt, und wohl mit Recht. Er faßte große, ganz richtige
Pläne, führte sie aber nicht tatkräftig durch und schadete seiner Sache
durch persönliches Eingreifen, das oft militärische Einsicht vermissen
ließ.

Die Russen verfuhren wie im Vorjahre richtig, indem sie sich
zurückhielten, namentlich auf See, bis sie stark genug waren. Als einen
Fehler muß man jedoch den Angriff beim Svensksunde bezeichnen, da sie dem
Gegner alle Zufuhren abschneiden, auf den benachbarten Inseln Batterien
einrichten und ihn so allmählich vernichten konnten, aber der Prinz von
Nassau war zu siegesgewiß und wollte den Jahrestag der Krönung seiner
Kaiserin durch einen großen Erfolg verherrlichen.

=Der Friede zu Werelä, 14. August 1790.= Die Niederlage beim Svensksunde
machte tiefen Eindruck auf =Katharina=, und sie zeigte sich jetzt zu
Unterhandlungen bereit. Sie verzichtete auf die demütigenden Forderungen
einer Abbitte durch =König Gustav=, sowie einer Einmischung in die
inneren Verhältnisse Schwedens. Schon am 14. August ward in Werelä der
Friede geschlossen, nach dem der Besitzstand in Finnland wie vor dem
Kriege hergestellt wurde.

Der blutige und kostspielige Krieg -- er hatte Schweden 50000 Mann, 15
Linienschiffe, sowie 23 Millionen Taler gekostet -- brachte keinem der
beiden Völker einen Vorteil, nur =König Gustav= hatte durch ihn eine
bessere Stellung in seinem Lande gewonnen. Das Selbstbewußtsein der
Schweden war erstarkt, weil sie sich dem mächtigen Gegner gewachsen
gezeigt hatten; dies war doch aber nur infolge von dessen Ablenkung durch
die Türken möglich gewesen. Rußland hatte dagegen bewiesen, daß es auch
als Seemacht auftreten konnte, und =Katharina= zog aus ihrem Freiwerden
im Norden Nutzen für ihre Pläne im Westen und Süden.

Dieser Nebenkrieg erscheint besonders dadurch bemerkenswert, daß in ihm
die Unternehmungen am Lande infolge der geographischen Verhältnisse fast
völlig abhängig von dem Küsten- und damit auch von dem Seekriege waren;
=die Beherrschung der See gab den Ausschlag=.

[Illustration]

                   *       *       *       *       *

[Illustration]


                         Seekriege 1739-1793.

    Zeit                                                           Seite

 1739-1748 Der Englisch-Spanische Krieg und der Österreichische
             Erbfolgekrieg                                            45

 1756-1763 Der Siebenjährige See- und Kolonialkrieg zwischen
             England und Frankreich (Spanien)                        116

 1775-1783 Der Nordamerikanische Freiheitskrieg                      207

 1739-1793 Kämpfe mit den Barbaresken                                417

 1741-1743 Schwedisch-Russischer Krieg                               418

 1756-1763 Die schwedische und die russische Marine im
             Siebenjährigen Kriege                                   421

 1768-1774 Russisch-Türkischer Krieg                                 422

 1787-1791 Russisch-Türkischer Krieg                                 424

 1788-1790 Schwedisch-Russischer Krieg                               425


                            Seeschlachten.

                 Gefechte, Angriffe auf Küstenstädte.

     Im Spanisch-Englischen und im Österreichischen Erbfolgekriege
                              1739-1748.

 1739 22. November   Puerto Belo erobert (Vernon)                     60

 1740                Spanische Städte in Mittelamerika beschossen     62

 1741 März           Cartagena angegriffen (Vernon)                   64

 1741 Juli           Santiago de Cuba angegriffen (Vernon)            67

 1743 Februar/Mai    La Guayra, Puerto Cabello beschossen             69

 1744 22. Februar    Schlacht vor Toulon (Mathews; de Court)          75

 1745 Mai/Juni       Louisbourg erobert (Warren und Peperrel)         93

 1746  7. Juli       Gefecht bei Negapatam (Labourdonnaye; Peyton)   101

 1746 21. September  Madras erobert (Labourdonnaye)                  102

 1746 Oktober        Lorient angegriffen (Lestock)                    87

 1747 14. Mai        Erste Schlacht bei Kap Finisterre (Anson; de La
                       Jonquière)                                     89

 1747 25. Oktober    Zweite Schlacht bei Kap Finisterre (Hawke; de
                       L'Etanduère)                                   90

 1748 August         Pondichery angegriffen (Boscawen)               105

 1748  1. Oktober    Gefecht vor Havanna (Knowles; Spinola)           98


                  Im Siebenjährigen Kriege 1756-1763.

 1756 April          Minorka erobert (La Gallissonnière)             133

 1756 20. Mai        Schlacht bei Minorka (La Gallissonnière; Byng)  135

 1756 September      Rochefort angegriffen (Hawke)                   143

 1757 21. Oktober    Gefecht bei Le Cap, Westindien (Forrest;
                       Kersaint)                                     176

 1758 29. April      Schlacht bei Cuddalore (Pocock; d'Aché)         189

 1758 27. Juli       Louisbourg erobert (Boscawen)                   169

 1758  3. August     Schlacht vor Negapatam (Pocock; d'Aché)         192

 1758                Angriffe auf französische Häfen                 145

 1758-1762           Eroberung der französischen Inseln in
                       Westindien                                    177

 1759  3. Juli       Le Havre beschossen (Rodney)                    151

 1759 18. August     Schlacht bei Lagos (Boscawen; de La Clue)       148

 1759 10. September  Schlacht bei Porto Novo (Pocock; d'Aché)        194

 1759 21. September  Quebec erobert (Sounders und Wolfe)             171

 1759 20. November   Schlacht bei Quiberon (Hawke; de Conflans)      154

 1761 Januar         Pondichery erobert                              196

 1761 April/Mai      Belle-Isle erobert (Keppel)                     161

 1762 Juni/Juli      Havanna erobert (Pocock und Albemarle)          180

 1762 Sept./Okt.     Manila erobert (Cornish und Draper)             197


           Im Nordamerikanischen Freiheitskriege 1775-1783.

 1776 März           Angriff auf die Bahamainseln (Hopkins)          241

 1776 28. Juni       Charleston angegriffen (Peter Parker)           231

 1776 August         Long Island erobert (Howe)                      235

 1778 27. Juli       Schlacht bei Ouessant (Keppel; d'Orvilliers)    251

 1778 August         Newport (Narragansettbucht) angegriffen
                       (d'Estaing)                                   263

 1778 13. Dezember   Sta. Lucia erobert (Barrington)                 273

 1778 15./18. Dez.   Versuch der Wiedereroberung (d'Estaing)         274

 1779 April/Mai      Kanalinseln (Jersey) angegriffen                287

 1779  6. Juli       Schlacht bei Grenada (d'Estaing; Byron)         276

 1779 18. Dezember   Gefecht bei Martinique (Hyde-Parker;
                     La Motte-Picquet)                               281

 1779 Dezember       Savannah angegriffen (d'Estaing)                281

 1780 16. Januar     Schlacht bei Kap St. Vincent (Rodney; Langara)  293

 1780 20. März       Gefecht bei Monte Christi (La Motte-Picquet;
                       Cornwallis)                                   299

 1780 17. April      Schlacht bei Martinique (Rodney; de Guichen)    301

 1780 11. Mai        Charleston erobert (Clinton und Arbuthnot)      308

 1780 15. u. 19. Mai Gefechte bei Martinique (Rodney; de Guichen)    304

 1780 20. Juni       Gefecht bei den Bermudainseln (de Ternay;
                       Cornwallis)                                   309

 1781 16. März       Erste Schlacht vor der Chesapeakebucht
                       (Arbuthnot; Des Touches)                      333

 1781 16. April      Schlacht von Porto Praya (Suffren; Johnstone)   382

 1781 29. April      Gefecht bei Martinique (de Grasse; Hood)        327

 1781  5. August     Schlacht auf der Doggerbank (Hyde-Parker;
                       Zoutman)                                      321

 1781  5. September  Zweite Schlacht vor der Chesapeakebucht
                       (de Grasse; Graves)                           338

 1781 12. September  Vernichtung eines französischen Konvois
                       (Kempenfelt; de Guichen)                      323

 1782 25. Januar     Schlacht bei St. Christopher (St. Kitts)
                       (Hood; de Grasse)                             355

 1782 26. Januar     Ankergefecht bei St. Christopher (St. Kitts)
                       (Hood; de Grasse)                             357

 1782  4. Februar    Minorka von Spanien erobert                     318

 1782 17. Februar    Schlacht bei Sadras (Suffren; Hughes)           385

 1782  9. April      Schlacht bei Dominica (Rodney; de Grasse)       361

 1782 12. April      Schlacht bei Dominica (Les Saintes) (Rodney;
                       de Grasse)                                    363

 1782 12. April      Schlacht bei Providien (Suffren; Hughes)        388

 1782  6. Juli       Schlacht bei Negapatam (Suffren; Hughes)        390

 1782 3. September   Schlacht bei Trincomali (Suffren; Hughes)       394

 1782 13. September  Der große Angriff der Spanier auf Gibraltar     350

 1782 20. Oktober    Gefecht bei Kap Spartel (Howe; Cordoba)         352

 1783 20. Juni       Schlacht bei Cuddalore (Suffren; Hughes)        400


                    In den Nebenkriegen 1740-1793.

 1758 11. September  Gefecht einer schwedischen und einer
                       preußischen Flottille beim Reppiner Haken     421

 1760 u. 1761        Kolberg durch Schweden und Russen beschossen    421

 1761 Juni           Sale und Larache durch Franzosen beschossen
                       (Du Chaffault)                                418

 1770 Juni           Biserta und Susa desgleichen (De Broves)        418

 1770  5. Juli       Vernichtung der türkischen Flotte vor
                     Tscheschme (Orlow)                              423

 1788 28./29. Juni   Siege der russischen Flotte über die türkische
                       vor Otschakow                                 425

 1788 17. Juli       Schlacht bei Hogland (Herzog Karl von
                       Södermanland; Greigh)                         428

 1789 26. Juli       Schlacht bei Öland (Herzog Karl;
                       Tschitschakoff)                               431

 1789 24. August     Schärenschlacht im Svensksunde (Ehrensvärd;
                       Prinz von Nassau)                             433

 1790 17. März       Raagervik (Baltisch Port) überrumpelt           435

 1790 13. Mai        Schlacht vor Reval (Herzog Karl;
                       Tschitschakoff)                               435

 1790 15. Mai        Frederikshamn angegriffen (König Gustav III.)   436

 1790 3./4. Juni     Schlacht in der Kronstädter Bucht (Herzog
                       Karl; Kruse)                                  436

 1790  3. Juli       Durchbruch der schwedischen Flotte aus der
                       Wiborgbucht                                   438

 1790  9. Juli       Schärenschlacht im Svensksunde (König Gustav;
                       Prinz von Nassau)                             440

 1791 19. Juli,
     8./9. September Siege der russischen Flotte über die türkische
                     im Schwarzen Meere                              425

[Illustration]

                   *       *       *       *       *

[Illustration]


                      Sach- und Namenverzeichnis.

 =$A$bo=, Frieden zwischen Rußland und Schweden (1743) 420.

 =Aché=, Comte de, franz. Admiral, in Indien im Siebenj. Kriege 143;
   Schlachten bei Cuddalore (1758) 189, Negapatam 192, Porto Novo (1759)
   194; Beurteilung 195; 203.

 =Admirale=, Dienstgrade der englischen 25, der französischen 33.

 =Admiralität=, engl. 24.

 =Aiguillon=, Herzog von, franz. General 146; 147; 163; Premierminister
   (1770) 213.

 =Aix, Ile d'=, Angriffe auf (1758) 145; (1761) 162.

 =Amherst=, engl. General im Siebenj. Kriege 169; 170.

 =Angria=, indischer Seeräuber (1755) 186.

 =Anjalabund=, Empörung schwed. Offiziere (1788) 429.

 =Anson=, engl. Admiral, 17; Weltumsegelung und Personalien 70; Schlacht
   bei Finisterre (1747) 88; 144 ff.

 =Antin, d'=, franz. Admiral in Westindien (1740) 51.

 =Anville=, Herzog von, franz. Admiral, Expedition nach Kanada (1746) 95.

 =Arbuthnot=, engl. Admiral (1780): vor Charleston 307; in New York 310;
   Beurteilung 314; (1781): 331; 333; Schlacht vor der Chesapeakebucht
   334; 342.

 =Arçon, d'=, franz. Genieoffizier, Erbauer der schwimmenden Batterien
   vor Gibraltar 349.

 =Arnold=, nordamer. General (1775): 227; Einfall in Kanada 228; (1776)
   auf dem Champlainsee 233 ff.; (1780) sein Verrat, tritt in engl.
   Dienst 311; (1781): 331; 332; Einfall in Virginia 333.

 =Artillerie=, Stand der, 1740-1793, 19 ff.

 =Assientovertrag= 3; 45.


 =$B$ahamainseln= von den Amerikanern gebrandschatzt (1776) 241.

 =Barras=, franz. Admiral, in Nordamerika (1781) 330; 335; 336; 337.

 =Barrington=, engl. Admiral (1778): 247; Oberbefehl in Westindien
   (Personalien) 272; erobert und verteidigt Sta. Lucia 274 ff; (1779):
   bei Grenada 276; 280; 283; (1782): vernichtet einen franz. Konvoi
   345; 346.

 =Batterien=, schwimmende, vor Gibraltar (1782) 349 ff.

 =Belle-Ile= erobert (1761) 161.

 =Bengalen=, Ausdehnung der engl. Macht 186 ff.

 =Bermudainseln=, Seegefecht (1780) 309.

 =Berryer=, franz. Marineminister, seine Amtstätigkeit 30.

 =Bompart=, franz. Admiral (1759) 153; 178.

 =Boote=, Schiffsbeiboote 16.

 =Boscawen=, engl. Admiral, vor Pondichery (1748) 105; im Siebenj.
   Kriege 132; 141; 146; 148; bei Lagos (1759), Personalien 149 ff.;
   159; 160; erobert Louisbourg (1758) 169; 170.

 =Boston=, Teesturm (1773) 208; von England geräumt (1773) 208.

 =Bougainville=, franz. Admiral (Personalien) 173.

 =Bouillé=, franz. General, Gouverneur von Martinique, (1778): erobert
   Dominica 272; 283; 303; 305; 328; (1781): erobert St. Eustache 341;
   (1782): St. Christopher 355 ff.

 =Bourbonischer=  Familienvertrag (1761) 119.

 =Burgoyne=, engl. General in Kanada 227; kapituliert bei Saratoga
   (1777) 238; 241.

 =Bouvet de Lozier=, franz. Seeoffizier 88; 105.

 =Brandywine=, Landgefecht (1777) 240.

 =Breton, Kap=, Insel 170.

 =Bunkershill=, Landgefecht (1775) 227.

 =Bussy=, franz. General in Indien, im Siebenj. Kriege: 184; 188; 193;
    196; (1782): 393; 398 ff.; 401; 403.

 =Byng=, engl. Admiral, in Schlacht bei Minorca (1758) 135 ff.;
   Kriegsgericht und Tod 140.

 =Byron=, engl. Admiral (1778): 247; 249; 257; 266; 268;
   (1779): Oberbefehl in Westindien (Personalien) 275; Schlacht bei
   Grenada 276; 280; Beurteilung 283.


 =$C$ap Français= (Cap Haïti oder Le Cap), Stadt auf Haïti, ihre
   Bedeutung, Gefecht (1757) 176.

 =Cap Haïti=, siehe vorstehend.

 =Carleton=, engl. General in Nordamerika 228; auf dem Champlainsee
   (1776) 233 ff.

 =Cartagena= (Westindien) beschossen (1740) 62; belagert (1741) 64.

 =Castries=, franz. Marineminister, seine Amtstätigkeit 32.

 =Chagres= erobert (1740) 62.

 =Champlainsee=, Kämpfe auf dem (1776) 233 ff.

 =Chandernagore= 9; erobert (1757) 187; (1778) 378.

 =Charleston=, Angriff auf (1776) 231; erobert (1780) 308.

 =Chartres=, Louis Philippe, Herzog von, franz. Admiral, bei Ouessant
   (1778) 252 ff.

 =Cherbourg=, erobert (1758) 145.

 =Chesapeakebucht=, zwei Schlachten, taktisch bemerkenswert (1781) 334
   und 338.

 =Choiseul=, Herzog von, franz. Premierminister, Amtstätigkeit als
   Marineminister 30; im Siebenj. Kriege 119; 126; 127; 147; 212 ff.;
   seine Pläne zur Invasion von England 214.

 =Chronometer=, Einführung der 16; 17.

 =Clerk=, Werk über Seetaktik 44.

 =Clinton=, engl. General in Nordamerika, (1775): 227; 231; 237; 239;
   240; 241; (1778/79): Oberbefehlshaber, räumt Philadelphia 242; 258;
   269; 272; räumt die Narragansettbucht 282; (1780): erobert Charleston
   307; (1781): 331; 336.

 =Clive=, engl. General und Gouverneur in Indien, seine Tätigkeit (1751
   bis 1767) 183-188; (1765/1767) 377.

 =Coehorns=, kleine Mörser 98.

 =Conflans, de=, franz. Admiral 97; im Siebenj. Kriege 147; 152; bei
   Quiberon (1759) 153 ff.; 203; 206.

 =Cook=, James, Entdeckungsreise 17.

 =Cordoba, Don Luis de=, span. Admiral (1779): 287; im Kanal 289;
   (1780): Oberbefehl der span. franz. Flotte 291; 292; nimmt einen
   englischen Konvoi 295; Beurteilung 297; (1781): in Cadiz 317; vor dem
   Kanal 318, 319; (1782): 345; vor dem Kanal 346 ff.; vor Gibraltar 350
   ff.; Gefecht bei Kap Spartel 352.

 =Cornish=, engl. Admiral 196; 197; erobert Philippinen (1762) 198.

 =Cornwallis, Charles, Marquis=, engl. General in Nordamerika (1775)
   231; (1780) Oberbefehl in Carolina 308; (1781) dringt in Virginia ein
   331; 335 ff.; kapituliert bei Yorktown 339.

 =Cornwallis=, William, engl. Admiral (1780), Gefecht bei Monte-Christi
   299 und bei den Bermudainseln 309; 356.

 =Corsica=, von Frankreich erworben (1768) 212.

 =Court, Labruyère de=, franz. Admiral 72; bei Toulon (1744) 75 ff.;
   Personalien 77; 81; 82.

 =Crillon=, Herzog von, franz. General in spanischem Dienst, erobert
   Minorka (1781/82) 318; Oberbefehl vor Gibraltar (1782) 349.

 =Crownpoint=, Fort 228; 233.

 =Cuddalore= (Fort St. David vgl. dort) 101; von Franzosen angegriffen
   (1747) 104/05; Seeschlacht bei (1758) 189; von Franzosen erobert 191;
   von Franzosen erobert (1782) 387; von Engländern angegriffen (1783)
   397; Seeschlacht (1783) 400.


 =$D$änemark=, greift Schweden an (1788) 430.

 =Darby=, engl. Admiral, Oberbefehl im Kanal (1780) 295; versorgt
   Gibraltar (1781) 316; Kanal 319.

 =Dessen, van=, russischer Admiral (1786) 427; 430; 432.

 =Des Touches=, franz. Admiral, Oberbefehl in Nordamerika (1780) 310;
   (1781): 331; 333; Schlacht vor der Chesapeakebucht 334; 335; 342.

 =Digby=, engl. Admiral (1780) 294.

 =Doggerbank=, Seeschlacht zwischen Engländern und Franzosen (1781) 320.

 =Dominica=, neutrale Insel 9; von den Engländern erobert (1761) 178;
   von Frankreich erobert (1778) 272; Seeschlachten (1782) am 9. und am
   12. April (Les Saintes, taktisch bemerkenswert, Rodneys Durchbruch)
   361-373; Folgen der Schlacht 373; über Einfluß der Schlacht auf den
   Friedensschluß 408.

 =Dubois de La Motte=, französischer Admiral im Siebenj. Kriege 91;
   132/33; 143; 144; 165; 167 ff.; 203.

 =Dublieren= 37.

 =Du Chaffault=, franz. Admiral 144; 146; 169; 290; 295; beschießt
   marrokkanische Städte (1765) 418.

 =Duquesne=, Fort, von England erobert (1754) 164; umgetauft in Pittsburg
   208.

 =Dumas=, franz. Gouverneur in Indien 99.

 =Dupleix=, franz. Gouverneur in Indien (1741) 99 ff: seine Tätigkeit
   und Erfolge (1748-1754) 182-185.


 =$E$hrensvärd=, Graf, schwedischer Admiral, Schlacht im Svensksunde
   (1789) 433.

 =Elliot=, englischer General, verteidigt Gibraltar (1779-1783) 348 ff.

 =Elphinstone=, englischer Admiral in russischem Dienst (Mittelmeer
   1769) 423.

 =En flûte=, armierte Schiffe 132.

 =Enfilieren= 39.

 =England= in den Kriegen des Zeitabschnittes 3 ff. Im Kriege 1739 bis
   1748: 46 ff.; (1739-1744) 59, 71. In Europa (1744-1748) 80-92; die
   französische Flotte lahmgelegt (1747) 88; in den Kolonien:
   Nordamerika 93, Westindien 97, Ostindien 99; der Handelskrieg 107.
   Englands Strategie 111; Gründe die seine Marine lähmten 112. Der
   Friede zu Aachen (1748) 55.

     Im Kriege 1756-1763: 116 ff.; Plan für die Verwendung der Flotte
   125. Der Krieg in Europa (1755) 132, 133; (1756/57) 141 ff.; (1758)
   Angriff auf die französische Küste 144; (1759) die französische
   Flotte lahmgelegt, (1760-1762) dieselbe blockiert 159 ff. Der Krieg
   in den Kolonien: in Nordamerika Frankreich aus Kanada vertrieben 163
   bis 175; in Westindien die französischen Inseln fast sämtlich sowie
   Havanna genommen 175-182; in Ostindien die französische Macht völlig
   gebrochen, das britisch-indische Reich begründet 182-196; die
   Philippinen erobert 197. Der Handelskrieg (Erfolge und Verluste) 198.
   Englands Strategie 200. Der Friede zu Paris (1763) 127.

     Im Kriege 1775-1783: Zerwürfnis mit den nordamerikanischen Kolonien
   bis zu deren Abfall (1775) 207; Verhältnis zu Frankreich Spanien,
   Holland bis zum Ausbruch des Seekrieges (1778) 211. Der Krieg mit den
   Kolonien (1775-1778) 226 bis 242; Kapitulation bei Saratoga (1777)
   239; letzter Versöhnungsversuch (1778) 243. -- Frankreich tritt in
   den Krieg ein 243; England zum Seekriege schlecht vorbereitet,
   Rüstungen (1778) 246. -- Der Krieg auf den verschiedenen
   Schauplätzen: Europa (1778) 248, Strategie 257; Amerika und
   Westindien (1778/79), Auftreten der französischen Flotte (d'Estaing),
   England erobert Sta. Lucia, verliert Grenada 258, Strategie 270, 283;
   Europa (1779/80) Rüstungen, die spanisch-französische Flotte im Kanal
   (1779) 287, Gibraltar versorgt (Rodney 1780) 292, die Verbündeten
   untätig (1780) 294, Strategie 296; Amerika und Westindien (1780), die
   zweite franz. Flotte (de Guichen) dort, Kämpfe de Guichens mit Rodney
   um Sta. Lucia 298, erobert Charleston 307, Strategie 312; Europa
   (1781) Rüstungen 315, Gibraltar versorgt (Darby) 316, die franz.
   span. Flotte im Kanal 319, Ausbruch des Krieges mit Holland 320,
   Strategie 323; Westindien und Amerika (1781), Rodney erobert
   holländische Inseln, die dritte französische Flotte (de Grasse)
   trifft ein, England verliert Tabago, England dringt in Virginia ein
   332, das Heer kapituliert bei Yorktown 340, Strategie 341; Europa
   (1782), der Wechsel im Ministerium bringt das Ende des Krieges in
   Nordamerika 344, Rüstungen 344, die französisch-spanische Flotte vor
   dem Kanal 346, der große Angriff auf Gibraltar abgeschlagen 348,
   Gibraltar versorgt (Howe) 351, Strategie 353; Westindien (1782),
   England verliert St. Christopher 354, Plan der Verbündeten zur
   Eroberung Jamaikas durch Rodneys Sieg bei Dominica vereitelt 360,
   Strategie 374. -- In Ostindien: Ausdehnung der engl. Macht
   (1763-1778) 376, Frankreich benutzt die damit verbundenen Kämpfe erst
   spät (1782) zum Angriff 380; Lage der gegnerischen Flotten in Indien
   384; die Kämpfe Hughes und Suffrens um die Seeherrschaft 385,
   Strategie 402. -- Englands Handelskrieg (Verluste) 404. Der Friede
   von Versailles (1783) 407. Allgemeine Betrachtung der Strategie
   Englands (1778-1783) 409.

 =Englands Marine= vgl. »Marinen«.

 =Entdeckungsreisen= 17.

 =Estaing=, d', franz. Admiral 200; (1778): 247; 249; 257; Fahrt nach
   Nordamerika (Personalien) 258; vor New York 260; in der
   Narragansettbucht 262, 264; segelt nach Westindien 266; Beurteilung
   270; greift Sta. Lucia an 274; (1779): erobert Grenada und andere
   Inseln 275; Schlacht bei Grenada 276; 280; vor Savannah 281;
   Beurteilung 283; (1780) in Spanien 296; (1783) ebenso 376.

 =Eyre-Coote=, engl. General in Indien (1779) 379 ff.; 397.


 =$F$alklandsinseln.= Streit zwischen England und Spanien (1770) 212.

 =Finisterre=, Kap, zwei Seeschlachten (1747) 88 ff. und 91.

 =Fleury=, franz. Premierminister 3; 61; 63; 73.

 =Forrest=, engl. Seeoffizier, Gefecht bei Le Cap (1757) 176.

 =Franklin=, Benjamin, 169; 207; 209; in Paris (1776) 216 ff.; 230; 407.

 =Frankreich= in den Kriegen des Zeitabschnittes 3 ff. Im Kriege 1739
   bis 1748: 47 ff.; deckt spanische Flotten (1739) 61, (1741) 72,
   (1744) führt es zur Schlacht vor Toulon 75; Versuch einer Landung in
   England (1744) 74; seine Flotte durch England blockiert und (1747)
   durch die beiden Schlachten bei Finisterre lahmgelegt 82-91. Kämpfe
   in Nordamerika 93; in Westindien 97; in Ostindien 99; Verluste im
   Handelskriege 107. Frankreichs Strategie 110. Der Frieden von Aachen
   (1748) 55.

     Im Kriege 1756-1763: 116 ff.; Kennzeichnung der Kriegführung
   Frankreichs 124, 126; Reibungen mit England in den Kolonien 131;
   großer Verlust an Handelsschiffen (1755) 133; Frankreich erobert
   Minorka (1756) 133; die französischen Küsten angegriffen (1757/58)
   143; der Versuch, in England einzufallen, endet mit völligem
   Zusammenbruch der Flotte (1759) 147. Der Krieg in Nordamerika führt
   wegen mangelnder Unterstützung von der Heimat zum Verlust von Kanada
   163-175, der in Westindien zum Verlust der meisten Inseln 175-182.
   Wachsen der französischen Macht in Ostindien (1748-1754) und völliger
   Niederbruch im Kriege mit England 182-197. Verluste im Handelskriege
   198. Frankreichs Strategie 200. Der Frieden zu Paris (1763) 127.

     Im Kriege 1775-1783: Frankreich bereitet Krieg gegen England vor
   211; schließt Familienvertrag mit Spanien (1761) 212; gewinnt Corsica
   (1769) 212; verbündet sich mit den nordamerikanischen Kolonien (1778)
   216; Ziele des französisch-spanischen Bündnisses 218; Rüstungen 246.
   -- Der Krieg auf den verschiedenen Schauplätzen: Europa (1778) 248,
   Strategie 257; in Nordamerika und Westindien (1778/79) Frankreichs
   erste Flotte (d'Estaing) dort, Sta. Lucia geht verloren, Grenada
   gewonnen 258-282, Strategie 270, 283; Europa (1779/80) Rüstungen, die
   französisch-spanische Flotte erfolglos im Kanal, später untätig 286,
   Strategie 296; Westindien und Nordamerika (1780), die zweite Flotte
   (de Guichen) tritt auf, Kämpfe mit Rodney um Sta. Lucia, Sendung
   eines Hilfsheeres nach Nordamerika 298-311, Strategie 312; Europa
   (1781) Rüstungen, die französisch-spanische Flotte im Kanal ohne
   Erfolg 315 bis 319, Strategie 323; Westindien und Nordamerika (1781),
   Auftreten der dritten Flotte (de Grasse) dort, Tabago wird genommen
   und der Landkrieg in Amerika bis zur Kapitulation des englischen
   Heeres bei Yorktown unterstützt 325-341, Strategie 341; Europa
   (1782), die Verbündeten nochmals vor dem Kanal ohne Erfolg, dann
   untätig vor Gibraltar 346, Strategie 353; Westindien (1782), St.
   Christopher wird genommen, aber der Plan, Jamaika zu erobern, durch
   Rodneys Sieg bei Dominica vereitelt 360-374, Strategie 374. --
   Ostindien: Frankreich benutzt die ungünstige Lage Englands erst spät
   (1782) zum Angriff 380; Suffren rettet die Kapkolonie 381; Lage der
   gegnerischen Flotten, in Indien 384; die Kämpfe Suffrens und Hughes
   um die Seeherrschaft 385-402; Strategie in Indien 402. Frankreichs
   Verluste im Handelskriege 404. Der Frieden von Versailles (1783) 407.
   Die Strategie Frankreichs (1778-1783) im ganzen betrachtet 409. --
   Frankreichs Marine vgl. »Marinen«.

 =Frederikshamn=, von Gustav III. erfolglos angegriffen (1789) 429
   (1790) 436.

 =Fregatten=, Entwicklung der 14.

 =Friedensschlüsse= und ihre Bedingungen: Aachen 1748 (Österreich.
   Erbfolgekrieg) 55, 96, 106; Hubertusburg 1763 (Siebenj. Landkrieg)
   123, Paris 1763 (Siebenj. Seekrieg) 127; Versailles 1783 (zwischen
   England -- Frankreich, Spanien, Vereinigte Staaten) 407; Paris 1784
   (England -- Holland) 409; Abo 1783 (Schweden -- Rußland) 420;
   Kücük-Kainardschi 1774 und Jassi 1792 (Rußland -- Türkei 424; Werelä
   1790 (Schweden -- Rußland) 441.

 =Friedrich= II. =von Preußen= 5; 47 ff.; 49 ff.; im Siebenj. Kriege
   116 ff.; 120 ff.; 421; sein Standpunkt zur Schaffung einer Flotte
   422.


 =$G$abaret=, franz. Admiral, bei Toulon (1744) 77 ff.; 82; 83.

 =Gage=, engl. General in Nordamerika (1775) 210; 211; 226.

 =Gates=, amerik. General, bei Saratoga (1777) 238; in Carolina (1780)
  309.

 =Georg= II. =von England= 45 ff.; 51 ff.; 116 ff.

 =Georg= III. =von England= 119; 128; Standpunkt gegenüber den amerik.
   Kolonien 208-211; innere Politik 213.

 =Gibraltar= belagert (1779) 292; durch Rodney versorgt (1779) 293,
   durch Darby (1780) 316, durch Howe (1782) Verlauf der Belagerung und
   der große erfolglose Angriff mit schwimmenden Batterien (1782) 348
   bis 351.

 =Granaten=, Hand- 21.

 =Grasse=, Comte de, franz. Admiral (1779): 275; 282; 291; 298;
   (1781): Oberbefehl in Westindien (Personalien), Gefecht bei
   Martinique 326; 328; erobert Tabago 329; segelt nach Nordamerika 329;
   337; Schlacht vor der Chesapeakebucht 338; segelt nach Westindien
   340; Beurteilung 341 ff.; Anerkennung durch Washington 342; (1782):
   in Westindien 354; Schlachten bei St. Christopher 355 ff.;
   Beurteilung 359; Schlachten bei Dominica 361-371; Gefangenschaft und
   weiteres Schicksal 372.

 =Graves=, engl. Admiral, in Nordamerika (1775) 229; (1780) 310, 311;
   (1781) 316; 331; Oberbefehl 337; (1781) Schlacht vor der
   Chesapeakebucht 338; 343.

 =Greene=, amerik. General (1780/81) 309; 331; 332.

 =Greigh=, russischer Admiral (engl. Seeoffizier), im Mittelmeer (1769)
   423; in der Ostsee (1788), Schlacht bei Hogland 428, 429.

 =Grenada=, von Franzosen erobert (1779) 275; Seeschlacht 276 ff.

 =Grout de St. George=, franz. Seeoffizier (1747) bei Finisterre 88.

 =Guadeloupe=, von England erobert (1779) 177.

 =Guayana=, von England erobert (1781) 325.

 =Guichen=, Comte de, franz. Admiral (1780): Oberbefehl in Westindien
   291; 296; Personalien 299; Schlacht bei Martinique gegen Rodney (17.
   April) 300; Gefecht am 15. und 19. Mai dort 304; verläßt Westindien
   305; Beurteilung 312; (1781): 316; unter Cordoba vor dem Kanal 318,
   319; verliert einen Konvoi 322; (1782): 345.

 =Gustav III. von Schweden.= Krieg mit Rußland 1788-1790. (1788): 425;
   Plan gegen Petersburg 426; 427; seine schroffen Forderungen Katharina
   II. gegenüber 428; in Finnland (Empörung der Offiziere) 429, 430;
   (1789): in Finnland 432, 433; (1790): Plan gegen Petersburg 434; vor
   Frederikshamn 436; 437; in der Wyborgbucht 438 ff.; im Svensksunde
   440; seine Erfolge des Krieges 440.


 =$H$addock=, engl. Admiral, im Mittelmeer (1740) 71; 72.

 =Haidar Ali=, Herrscher von Mysore (Indien) im Kampfe mit England (von
   1766 an) 377; 378; 379; 387; 390; 393; 398; Tod 399.

 =Halifax=, 164; 167.

 =Hardy=, engl. Admiral (1757) 167; Oberbefehl im Kanal (1779) 287;
   Personalien 288; 290; 295.

 =Hastings=, Sir Warren, erster engl. Generalgouverneur in Indien
   (1773) 377; erobert die franz. Besitzungen (1778) 378; 379.

 =Havanna=, Seegefecht (1748) 98; von England erobert (1762) 180.

 =Havre= beschossen (1758) 145; (1759) 151.

 =Hawke=, engl. Admiral, bei Toulon (1744) 78; (1747) bei Finisterre
   (Personalien) 89; im Siebenj. Kriege 133; 138; 141; 142; Angriff auf
   Rochefort (1757) 143; 144; 148; 152; bei Quiberon (1759) 153 ff.;
   160; 161.

 =Hogland=, Schlacht zwischen Schweden und Rußland (1788) 428.

 =Holburne=, engl. Admiral (1757) 167 ff.

 =Holland= in den Kriegen des Zeitabschnittes 3 ff.; (1740-1748) 48;
   Beteiligung am Seekriege 92; (1756 bis 1763) bleibt neutral 120;
   (1775 bis 1783) Gründe für die Verwicklung in den Krieg 218; Ausbruch
   des Krieges mit England (1780) 298; seine Flotte geschlagen und
   blockiert (1780) 320; Tätigkeit derselben (1782) 347; Frieden mit
   England zu Paris (1784) 409. -- Stand der Marine vgl. »Marinen«.

 =Hood=, Samuel, engl. Admiral, in Westindien (1780) 307; (1781):
   Gefecht bei Martinique (Personalien) 326; in Nordamerika 331; 337; in
   der Schlacht vor der Chesapeakebucht 339; nach Westindien 340;
   Schlachten bei St. Christopher 355 ff.; Beurteilung 359; bei
   Dominica 361 und 372; 376.

 =Hopkins=, amerik. Kommodore, Führer des ersten Geschwaders der
   Vereinigten Staaten, brandschatzt Bahamainseln (1746) 241.

 =Hoste=, Werk über Seetaktik 37 ff.

 =Hotham=, engl. Admiral (1778) 267; 273; 306; verliert einen Konvoi
   (1781) 317; 325.

 =Howe, Richard=, Earl, engl. Admiral (1758): 144; 145; (1776):
   Oberbefehl in Nordamerika 230; vor New York 235 ff.; 239; 240;
   (1778): deckt Rückzug von Philadelphia 258; verteidigt New York
   (Personalien) 260; entsetzt die Narragansettbucht 264; abgelöst 266;
   Beurteilung 270; (1782): Oberbefehl der Kanalflotte 345; 346; 347;
   versorgt Gibraltar 347 ff.; Gefecht bei Kap Spartel 352; Beurteilung
   353, 354.

 =Howe, William=, engl. General in Nordamerika (1775): 227; räumt Boston
   229; (1776): erobert New York 235; 238; (1777): erobert Philadelphia
   239; 241; (1778): abberufen 242.

 =Hubertusburg=, Friede zwischen den Landmächten (1763) 123.

 =Hudson-Linie=, deren Bedeutung 227.

 =Hughes=, engl. Admiral (1779): Oberbefehl in Indien 378; (1782): seine
   Kämpfe mit Suffren, Schlacht bei Sadras 385; bei Providien 387; bei
   Negapatam 390; bei Trincomali 394; 397 ff.; bei Cuddalore (1783) 400;
   Beurteilung 404.

 =Hydar-Ali=, siehe Haidar Ali.

 =Hyde-Parker=, engl. Admiral, vor New York (1776) 235; in Westindien:
   Gefecht vor Martinique (1779) 281; 298; 302; Schlacht auf der
   Doggerbank (1781) 320; Beurteilung 322.


 =$J$amaika=, Plan der Verbündeten zur Eroberung (1782) 360; aufgegeben
   374; ebenso (1783) 376.

 =Jassi=, Frieden zwischen Rußland und Türkei (1792) 424/25.

 =Jenkins=, engl. Seemann, der Vorfall mit Js. Ohr (1731) 46.

 =Jervis=, engl. Admiral, später Lord Vincent, erstes Auftreten (1782)
   345; seine Äußerung über Invasion in England 288.

 =Johnstone=, engl. Admiral, soll Kapland erobern (1781) 316/17; Schlacht
   vor Porto Praya 381 ff.

 =Jones=, John Paul, amerik. Freibeuter 225; in den europäischen Gewässern
   (1776) Personalien 406; in russischem Dienste (1788) 425.


 =$K$alkutta= von den Indern erobert (1756) 186; von den Engländern
   wiedergenommen (1757) 187.

 =Kanada= für Frankreich verloren (1760) 175.

 =Kanonen=, Kaliber, Bedienung, Verteilung an Bord (1740-1793) 19 bis 24.

 =Kapland= durch Suffren gerettet (1781) 384.

 =Karl= III. von Spanien 4; 119; 213; 217.

 =Karl= VI., Deutscher Kaiser 5.

 =Karl Albrecht= von Bayern 47; 50 ff.

 =Karl Eduard=, Prätendent (der junge) für den englischen Thron, sein
   Einfall in Schottland (1745) 53, 74, 84.

 =Karronaden= 21.

 =Katharina= II. von Rußland, Kriege mit der Türkei 422 ff.; Krieg mit
   Schweden 1788-1790: 426; 429; ihre schroffen Forderungen 434; zum
   Frieden geneigt 441; ihr Erfolg im Kriege 442.

 =Keith=, russischer General (1742) 420.

 =Kempenfelt=, engl. Admiral, vernichtet einen franz. Konvoi (1781) 322;
   345; 346; ertrinkt auf »Royal George« 348.

 =Keppel=, engl. Admiral 161; 180; 182; nimmt franz. Kriegsschiffe im
   Kanal (1778) Personalien 249; Schlacht bei Ouessant (1778),
   Kriegsgericht über ihn 251 ff.; 256; 257; Erster Lord der Admiralität
   (1782) 344; legt sein Amt nieder 409.

 =Kersaint=, franz. Admiral, Gefecht bei Le Cap (1757) 176; 181.

 =Knowles=, engl. Admiral 69; 97; Gefecht vor Havanna (1748) 98;
   Kriegsgericht über ihn 99.

 =Kolberg=, durch Schweden und Russen beschossen (1760/61) 421.

 =Kolonien=, ihre strategische Bedeutung, ihr Umfang (1740) 7. Innere
   Verhältnisse der engl. nordamerik. Kolonien und ihre Streitfragen mit
   England bis zum Aufstand (1775) 207 ff. -- =Kämpfe in den Kolonien=:
   (1739-1748) 49; 54; Nordamerika 93; Westindien 59, 97; Ostindien 99.
   (1756 bis 1763) Nordamerika 163, Westindien 175, Westafrika 181,
   Ostindien 182. (1775-1778) 226; (1778 bis 1782) Westindien und
   Nordamerika 258, 298, 324, 354; Westafrika 285; Ostindien 376.

 =Kontremarsch=, Wenden oder Halsen im, 38.

 =Kreuzerkrieg= 1739-1748: 70; 107; 1756-1763: 198; 1775-1783: 404.

 =Kriege des Abschnittes=, vgl. Verzeichnis Seite 443; =Kennzeichnung=
   der: 4 ff.; Englisch-Spanischer (1739) 45 ff.; Österr. Erbfolgekrieg
   (1740-1748) 47; Siebenj. Krieg (1756-1763) 116; Nordamer.
   Freiheitskrieg (1775-1783) 215; 219. Vgl. auch Strategie.

 =Kronstädter Bucht=, Schlacht (1790) 436.

 =Kruse=, russisch. Admiral, Schlacht im Svensksunde (1789) 433;
   Schlacht in der Kronstädter Bucht 436.

 =Kücük-Kainardschi=, Friede zwisch. Rußland u. Türkei (1774) 424.


 =$L$abourdonnaye, de=, franz. Admiral in Indien (1744) 99 ff.

 =La Bruyère= vgl. Court.

 =La Clue, de=, franz. Admiral 143; 146; bei Lagos (1759) Personalien
   149 ff; 205; 206.

 =Lacy=, russisch. General (1743) 420.

 =Lafayette=, Marquis, Franzose in nordamerik. Dienst 216; 239; in
   Virginia (1781) 333; 335 ff.; 337.

 =La Gallissonnière, de=, franz. Admiral, erobert Minorka (1756),
   Personalien 134; Schlacht bei Minorka 135, 139, 140; 164; 203; 204.

 =Lagos=, Schlacht (1759) 148 ff.

 =La Guayra=, angegriffen (1743) 69.

 =La Jonquière=, de, franz. Admiral, bei Finisterre (1747) 88; 96.

 =Lally=, Comte de, franz. General in Indien (1757) 189; 191; 192; 193;
   196; 197.

 =La Motte, Dubois de=, vgl. Dubois.

 =La Motte-Picquet, de=, franz. Admiral 254; Gefecht vor Martinique
   (1779) 281, 282; 291; 296; 298; Gefecht bei Monte-Christi (1780) 299;
   nimmt einen engl. Konvoi (1781) 317; 319; 345; 346; 347; 352.

 =Langara=, span. Admiral, Schlacht bei Kap Vincent (1780) 293.

 =Le Cap=, vgl. Cap Français, Seegefecht (1757) 176.

 =Lee=, amerik. General (1776) 232.

 =Leestellung=, Vor- und Nachteile 41.

 =Les Saintes=, Seeschlacht (1782), vgl. Dominica zweite Schlacht.

 =Lestock=, engl. Admiral, in Westindien (1741) 65; 73; bei Toulon
   (1744) 77 ff.; Kriegsgericht über ihn 80; gegen Lorient (1746) 87.

 =L'Etanduère, de=, franz. Admiral, bei Finisterre (1747) 89.

 =Lexington=, Landgefecht (1775) 227.

 =Leyrit, de=, franz. Gouverneur in Indien (1755) 185; 188.

 =Linienschiffe=, Vergrößerung u. Verbesserung 11; 15; 17.

 =Long Island=, von England erobert (1776) 235.

 =Lorient=, angegriffen (1746) 87.

 =Loudoun=, Earl, engl. General in Nordamerika (1756) 166 ff.; 208.

 =Louisbourg=, erobert (1745) 93; zurückgegeben 106; 132; 167; erobert
   (1758) 168 ff.

 =Löwenhaupt=, schwedischer General (1741) 419/20.

 =Ludwig XVI.= von Frankreich 215; seine Befehle für die Flotte (1778)
   250.

 =Luvstellung=, Vor- und Nachteile 39.


 =$M$adras= von Frankreich erobert (1746) 102; zurückgegeben 106;
   belagert (1759) 193; von Haidar Ali bedroht (1769) 378.

 =Mahé=, franz. Stadt an der Westküste Vorderindiens, von England
   erobert (1761) 197; (1779) 379.

 =Manila=, von England erobert (1762) 197.

 =Mannschaften= der Marinen siehe Personal.

 =Maria Theresia= von Österreich 5; 47 ff; 49 ff.

                              =Marinen.=

   Entwicklung 1740-1793, der englischen 17 ff.; 24 ff.; der französ.
   27 ff.; Vergleich beider 33. Gründe der Lähmung der engl. Flotte im
   Kriege 1739-1748 112.

                          =Schiffsbestände=:

 =Englische Marine.= Bestand 1740 (Verluste 1740-1748) 58; Bestand 1756
   (Verluste 1756-1763) 131; Bestand 1775 (Verluste 1775-1783) 222;
   Indienststellungen 1775-1783 224.

 =Französische Marine=, Bestand 1744 (Verluste 1744-1748) 57; Bestand
   1756 (Verluste 1756-1763) 130; Bestand 1778 (Verluste 1778 bis 1783)
   220; Indienststellungen 1778-1783 224.

 =Holländische Marine=, Bestand 1741 59; Beteiligung am Kriege 1744-1748
   92; Bestand 1780 (Verluste 1780-1783) 221.

 =Nordamerikanische Marine=, Gründung 1775 (Verluste 1775 bis 1783) 225;
   ihre Tätigkeit im Freiheitskriege 241; ihr Kreuzerkrieg 405.

 =Russische Marine=, Bestand 1740 419; 1788 426.

 =Schwedische Marine=, Bestand 1734 419; Stärke und Organisation 1788
   426.

 =Spanische Marine=, Bestand 1739 (Verluste 1739-1748) 57; Bestand 1759
   (Verluste 1762-1763) 130; Bestand 1779(Verluste 1779-1783) 221;
   Indienststellungen 1779-1783 224.

 =Türkische Marine=, Bestand 1768 423. Siehe auch unter »Personal der
   Marinen«.

 =Martin=, engl. Admiral, vor Neapel (1742) 73.

 =Martinique= 177; von England erobert (1762) 179; Gefecht (1779) 281;
   Schlacht (1780) 301; Gefechte 304; Gefecht (1781) 327.

 =Mathews=, engl. Admiral, bei Toulon (1744) 75 ff.; Personalien 77;
   Kriegsgericht über ihn 80.

 =Maurepas=, franz. Marineminister, seine Amtstätigkeit 27.

 =Minorka=, von Frankreich erobert (1756) 133; Seeschlacht 135; weiteres
   Schicksal im Siebenj. Kriege 138, 160; 205; von Spanien angegriffen
   (1781) 318, vgl. Port Mahon.

 =Montcalm=, Marquis de, franz. General in Kanada (1756) 166 ff.;
   168 ff.; 171 ff.

 =Monte Christi= (Haiti), Seegefecht (1780) 299.

 =Montreal= von England erobert (1760) 174; (1775) 228.

 =Morbihanbucht=, Erklärung 147; 152.

 =Moreno=, span. Admiral vor Gibraltar (1782) 345; 350.

 =Moritz von Sachsen=, 87.

 =Moultrie=, Fort bei Charleston, angegriffen (1776) 231; genommen
   (1780) 308.


 =$N$arragansettbucht=, militär. Bedeutung, von England besetzt (1776)
   237; Beschreibung, von Franzosen angegriffen (1778) 262; von England
   geräumt (1779) 282; Landung des franz. Hilfskorps (1780) 310.

 =Nassau-Siegen=, Prinz von, russischer Admiral, im Mittelmeer (1788)
   425; in der Ostsee (1789), Schlacht im Svensksunde 433; ebenso (1790)
   440.

 =Nautik=, Fortschritte 16.

 =Navarro=, span. Admiral, 72; bei Toulon (1744) 75 ff.; 82.

 =Negapatam= (Indien), Seegefecht (1746) 101; Schlacht (1758) 192;
   Schlacht (1782) 391.

 =Nelson=, erstes Auftreten (1783) 376.

 =Neutrale Inseln= (Westindien) 9; 175.

 =Neutralität der Ostseemächte=, bewaffnete (1780), ihre Ziele 218; ihre
   Streitkräfte 222.

 =Newport=, vgl. Narragansettbucht.

 =New York= von England erobert (1776) 235; von Frankreich bedroht 260.

 =Nordamerika=, europäische Kolonien dort (1740) 8; Kämpfe dort bis
   (1763) vgl. »Kolonien«, siehe »Vereinigte Staaten«.

 =Norris=, engl. Admiral 72; 74.

 =North, Lord=, engl. Premierminister (1770-1782), Stellung zu den
   amerik. Kolonien 209-211; 213; lenkt den Kolonien gegenüber ein 243;
   gestürzt 344.


 =$O$ffizierkorps=, See-, siehe unter Personal.

 =Ogle=, Sir Chaloner, engl. Admiral, in Westindien (1740) 62-69.

 =Öland=, Schlacht (1789) 431.

 =Orleans, Louis Philipp=, Herzog von, vgl. Chartres.

 =Orlow=, Alexej, russischer Admiral, im Mittelmeer (1769) 422; Schlacht
   bei Tscheschme 423.

 =Orves, Comte= d', franz. Admiral in Indien (1779) 379; 403.

 =Orvilliers, Comte= d', franz. Admiral, (1778) 247; im Kanal (seine
   Instruktion) 250; Schlacht bei Ouessant (Personalien) 251 ff.; 256;
   257; (1779) Oberbefehl der französisch-spanischen Flotte 287; im
   Kanal 289; Beurteilung 297.

 =Österreich= in den Kriegen des Zeitabschnittes 5 ff.; (1740) 47;
   (1756) 116 ff.; 424; vgl. auch Maria Theresia.

 =Ostindien=, europäische Kolonien (1740) 9; Kämpfe derselben vgl.
   Kolonien; militärische Bedeutung für den Krieg 1778-1783 245.

 =Ostindische Kompagnien= vgl. vorstehend. Ferner: =Französische= K.:
   Wachsen ihrer Macht unter Dupleix (1741-1754) 99 ff.; 182; ihre
   Auflösung (1770) 197. -- =Englische= K.: 99; 182 ff.; Ausdehnung
   ihrer Macht in Bengalen 187; 198; Kämpfe mit Eingeborenen (1763-1778)
   376; Neuorganisierung (1773) 377. -- =Holländische= K.: 405.

 =Otschakow=, (1788) von Rußland erobert, Seegefechte 425.

 =Ouessant=, Seeschlacht(1778) 251 ff.; Vernichtung eines franz. Konvois
   (1781) 322.


 =$P$alliser=, engl. Admiral, schuldhaftes Verhalten bei Ouessant (1778)
   252 und 255.

 =Paoli=, korsikanischer Freiheitsheld (1769) 212.

 =Paris=, Friede zwischen England und Frankreich (1763) 127, zwischen
   England und Holland (1784) 409.

 =Parker Peter=, engl. Admiral, Angriff auf Charleston (1776) 231 ff.;
   besetzt die Narragansettbucht 237; in Westindien (1778-1782) 247;
   272; 281; 298; 330; 347.

 =Pensacola=, von Spanien erobert (1781) 307.

 =Pepperel=, Milizoffizier der engl. Kolonien, erobert Louisbourg (1745)
   94.

 =Personal der Marinen. Englische Marine=: 25; 33; 58; 113; 223.
   =Französische=: 28; 33; 57; 130; 221. Vergleich beider 33.
   =Spanische=: 58; 130; 221. =Holländische=: 59; 221. =Russische= 419;
   426. =Schwedische= 426; =Türkische= 423.

 =Philadelphia=, Kongreß der Vereinigten Staaten und dessen Forderungen
   (1774) 210; von England erobert (1777) 239; geräumt (1778) 258.

 =Philippinen=, von England erobert (1762) 197.

 =Pitt=, William, =sen.=, Graf von Chatham, engl. Premierminister 47;
   während des Siebenj. Krieges: 118; 127; Stellungnahme zum Pariser
   Frieden (1763) 129; 143; 148; 169; 177. Während des Aufstandes der
   nordamerik. Kolonien: 207; 210; letztes Auftreten und Tod (1778) 243.

 =Pitt=, William, =jun.=, tritt ins Ministerium (1782) 344.

 =Pittsburg= 164.

 =Pizarro=, spanischer Admiral (1740) 61; 71.

 =Plassey=, Schlacht in Bengalen (1757) begründet das britisch-indische
   Reich 188.

 =Pocock=, engl. Admiral 163; erobert Havanna (1762) 180; Schlachten bei
   Cuddalore (1758) 189, bei Negapatam (1758) 192; bei Porto Novo (1759)
   194; 195.

 =Pondichery= 9; belagert (1748) 105; erobert (1761) 196; erobert,
   Seegefecht (1778) 378.

 =Port Louis= (Haiti) angegriffen (1748) 97.

 =Port Mahon=, von Franzosen erobert (1756) 137; weiteres Schicksal im
   Siebenj. Kriege 138; von Spanien erobert (1782) 318.

 =Porto Novo=, Schlacht (1759) 194.

 =Porto Praya= (Capverden), Schlacht (1781) 382.

 =Portugal=, im Siebenj. Kriege 120.

 =Pragmatische Sanktion= 5.

 =Preußen= in den Kriegen des Zeitabschnittes 5 ff.; 47; 116 ff.; 421.
   Vgl. auch Friedrich II.

 =Princetown=, Landgefecht (1776) 238.

 =Providien=, Schlacht (1782) 387.

 =Puerto Belo= erobert (1739) 60; 69.

 =Puerto Cabello=, angegriffen (1743) 69.


 =$Q$uebec=, von England erobert (1759) 171; von Amerikanern belagert
   (1775) 228; 233.

 =Quiberonbucht=, Schlacht (1759) 154.


 =$R$aagervik= (Baltisch Port) von Schweden überrumpelt (1790) 435.

 =Rajalin=, schwed. Admiral (1741) 419.

 =Ramatuelle=, franz. Seeoffizier, Taktiker 279.

 =Reppiner Haken=, Seegefecht (1758) 421.

 =Rhode Island=, vgl. Narragansettbucht.

 =Richelieu, Herzog von=, franz. General 85; erobert Minorka (1756) 134.

 =Rion, de=, franz. Admiral, erobert Tabago (1781) 329; 358; 367.

 =Rochambeau, Comte de=, franz. General, Chef des Hilfskorps in
   Nordamerika (1780) 309; 311; 312; 330; 336; 342.

 =Rochefort=, angegriffen (1757) 143.

 =Rodney=, engl. Admiral 10; 44; 148; vor Havre (1759) 151; 161; erobert
   die franz. westindischen Inseln (1762) 179; Personalien 292; Sieg bei
   Kap St. Vincent, versorgt Gibraltar (1780) 293; in Westindien 299;
   Schlachten bei Martinique gegen Guichen 300, 304, 305; segelt nach
   Nordamerika und zurück 306; Beurteilung 313/14. Erobert St. Eustache
   (1781) 324; 326; 329; 330; Beurteilung 342. Schlachten bei Dominica
   (1782), sein Durchbruch der feindlichen Linie 361-372; nach England
   zurückgerufen, seine Gesamterfolge 374; über seine Taktik 415/16.

 =Roquefeuil, Comte de=, franz. Admiral, im Kanal (1744) 74.

 =Rouillé=, franz. Marineminister, seine Amtstätigkeit 29.

 =Reval=, Schlacht (1790) 435.

 =Rowley, Joshua=, engl. Admiral 275; bei Grenada (1778) 277; 281; 282;
   bei Martinique (1780) 303.

 =Rowley, William=, engl. Admiral, bei Toulon (1744) 77 ff.; 82; 83.

 »=Royal George=«, engl. Linienschiff, Untergang auf der Rhede von
   Spithead (1782) 348.

 =Rußland=, in den Kriegen des Zeitabschnittes (1740) 47; (1756)
   116 ff.; (1741-1743) 418; (1756-1763) 421; (1787-1791) 424-442. Sein
   Festsetzen am Schwarzen Meere 424, 425. Vgl. auch »Katharina II.«.
   Seine Marine vgl. »Marinen« und »Personal«.


 =$S$adras=, Schlacht (1782, taktisch bemerkenswert) 385.

 =Santiago de Cuba=, angegriffen (1741) 67; (1748) 97.

 =Saratoga=, Kapitulation des engl. Heeres (1777) 239; Folgen derselben
   242/43.

 =Sartines=, franz. Marineminister, seine Amtstätigkeit 31.

 =Savannah=, von England besetzt (1778) 269; von Frankreich angegriffen
   (1779) 281.

 =Schiffe=, Weiterentwicklung der, 11 bis 19; (Kupferung 16;
   Kauffahrteischiffe 16; Schiffsklassen 17).

 =Schlachten=. =See=schlachten vgl. Verzeichnis S. 443.
   =Land=schlachten, die mit dem Seekriege in näherer Verbindung stehen:
   Plassey (Indien 1757) begründet Englands Herrschaft in Bengalen 188.
   Im nordamerikanischen Freiheitskriege: Lexington und Bunkershill
   (1775) 229; New York erobert (1776) 235; Trenton, Princetown (1776)
   238; Stillwater, Saratoga (1777) 238; Brandywine, Philadelphia
   erobert (1777) 240; Kapitulation von Yorktown (1781) 339.

 =Schmuggelhandel=, engl., in Westindien, gibt Anlaß zum Kriege (1739)
   3; 45.

 =Schwarzes Meer=, Rußlands Festsetzung dort 424/25.

 =Schweden= in den Kriegen des Zeitabschnittes (1740) 47; (1756) 118;
   (1741-1743) 418; (1756-1763) 421; (1788-1790) 425-442. Vgl. auch
   Gustav III. Seine Marine vgl. »Marinen« und »Personal«.

 =Seeherrschaft=, der Kampf um sie wird wichtiger 7.

 =Seeoffizierkorps=, Englisches: Ersatz, Dienstgrade, Beförderung 25;
   Französisches: Dienstgrade 33, Ersatz 35. Vergleich beider 34. Vgl.
   auch »Personal«.

 =Seeschlachten=, Gefechte, Angriffe auf Küstenstädte vgl. »Schlachten«.

 =Seetaktik=, vgl. Taktik.

 =Senegambien=, von England erobert (1758) 182; von Frankreich erobert
   (1779) 285; Teilung (1783) 409.

 =Shelburne=, Graf (Lansdown), engl. Premierminister (1782) 344; 408.

 =Shirley=, engl. Gouverneur von Massachusetts, im österreichischen
   Erbfolgekrieg 93; 96; im Siebenj. Kriege 165; 166; 208.

 =Silberflotten=, spanische 45.

 =Sjöstjerna=, schwed. Admiral (1741) 419.

 =Södermanland=, Herzog Karl, von, schwed. Admiral 427; Schlacht bei
   Hogland (1788) 428; Schlacht bei Öland (1789) 431; (1790): Schlacht
   bei Reval 435, Schlacht in der Kronstädterbucht 436, in der
   Wyborgbucht blockiert und Durchbruch 439 ff.

 =Solano=, span. Admiral, in Westindien (1780) 291; 295; 305; erobert
   Pensacola 307; (1783) 376.

 =Sounders=, engl. Admiral 142; 159; erobert Quebec (1759) 171 ff.

 =Spanien= in den Kriegen des Zeitabschnittes 3 ff. Im Kriege 1739 bis
   1748: 45; 49; (1739) 61 ff.; (1744) 73, 81; (1748) 111; sein
   Handelskrieg (Verluste) 107; Strategie 111; Friede zu Aachen (1748)
   55. -- Im Kriege 1756-1763: Familienvertrag mit Frankreich (1761)
   treibt es in den Krieg 119; verliert (1762) Havanna 180 und die
   Philippinen 197; Friede zu Paris (1763) 128. -- Im Kriege 1775-1783:
   Streit mit England wegen der Falklandsinseln (1770) 212; versucht
   zwischen Frankreich und England zu vermitteln, tritt dann in den
   Krieg Frankreichs ein (1779) 217; Ziele der Verbündeten 218;
   Rüstungen (1779) 286; die spanisch-französische Flotte im Kanal 287;
   beginnt die Belagerung von Gibraltar 292; sendet Flotte zur Eroberung
   von Jamaika (1780), die aber die französische im Stich läßt 305;
   erobert Pensacola (1781) 307; Rüstungen (1781) 315; erobert (1781/82)
   Minorka 318; spanisch-französische Flotte im Kanal (1781) 319;
   Rüstungen (1782) 344; die gemeinsame Flotte vor dem Kanal 346;
   erfolgloser großer Angriff auf Gibraltar 348; Friede von Versailles
   (1783) 409. -- Spaniens Strategie 409 ff. -- Stärke usw. der
   spanischen Marine vgl. »Marinen«.

 =Spartel, Kap=, Gefecht (1782) 352 ff.

 =Spinola=, span. Admiral, Schlacht bei Havanna (1748) 98.

 =Spiridoff=, russ. Admiral, im Mittelmeer (1769) 423.

 =St. Christopher=, Westindien, von Frankreich erobert (1782) 354; zwei
   Schlachten (1782) 355 ff.

 =St. Davids= (Fort bei Cuddalore, vgl. dort) 101; von Frankreich
   angegriffen (1747) 104, 105; erobert (1758) 191; ebenso (1782); von
   England belagert (1783) 397.

 =St. Eustache= (Westindien) von England erobert (1781; Rodneys große
   Beute) 324; von Frankreich zurückgenommen 341.

 =St. Johns=, Fort in Nordamerika 228; 233.

 =St. Kitts=, vgl. St. Christopher.

 =Sta. Lucia=, Westindien, neutrale Insel 9; fällt an Frankreich (1763)
   175; von England erobert (1778), seine strategische Bedeutung 273;
   von Frankreich angegriffen 274 und (1781) 328.

 =St. Malo= beschossen (1753) 145, 146.

 =St. Martin=, Westindien, von Frankreich erobert (1779) 275.

 =St. Vincent=, Kap, Schlacht (1780) 293.

 =St. Vincent=, Westindien, neutrale Insel 9; fällt an England (1763)
   175; von Frankreich erobert (1779) 276.

 =Steuben, von=, amerikan. General, Organisator des Heeres (1777) 242.

 =Strategie= zur See, gewinnt an Umfang 7; die französische
   Defensivstrategie 43. -- Strategie im Kriege 1739-1748: Einfluss des
   Seekrieges auf den Landkrieg 108; die Kriegführung der Gegner 110;
   Angriffe auf feindliche Küsten erfordern die Seeherrschaft 114. -- Im
   Kriege 1756-1763: die Kriegführung der Gegner 123, 200; Angriffe auf
   Küsten 205; Belagerung von Küstenstädten 260. -- Im Kriege 1775-1783:
   Kennzeichnung des Krieges 219; Lage auf den verschiedenen
   Kriegsschauplätzen 244. Beurteilung der Strategie auf diesen in den
   einzelnen Jahren: Europa (1778) 257; in Nordamerika (1778) 270;
   Amerika und Westindien (1779/80) 283, Fehler Englands, den Landkrieg
   in den Südstaaten aufzunehmen 269, franz. Ansicht über Seestrategie
   und Taktik 279, Englands Fehler, die Narragansettbucht aufzugeben
   284; Europa (1779/80) 296; Westindien und Nordamerika (1780) 312;
   Europa (1781) 323; Westindien und Nordamerika (1781) 344; Westindien
   (1782) 374; Ostindien (1778-1783) 402. -- Allgemeine Besprechung der
   Strategie (1778-1783). Aufgaben der Gegner und wie sie dieselben
   lösten 409 ff. -- Strategie im Schwedisch-Russischen Kriege (1788 bis
   1790) 430; 434; 441.

 =Suffren=, franz. Admiral 10; 44; unter d'Estaing in Nordamerika und
   Westindien (1778) 263; 267; 271; 283; 296. Segelt nach Ostindien
   (1781) 316/17; 346; 359; 380; Schlacht vor Porto Praya (1781).
   Personalien, rettet das Kapland 381 ff.; Oberbefehl in Indien (1782)
   384; Schlachten in Indien (1782): bei Sadras 385, Providien 387,
   Negapatam 391, erobert Trincomali 393, bei Trincomali 394; 399 ff.;
   (1783) Schlacht bei Cuddalore, Entsatz der Stadt 400; 401. Rückkehr
   nach Frankreich, seine Beurteilung 402 ff. Seine Maßnahmen zur
   Instandhaltung der Schiffe 393.

 =Svensksund=, zwei Schärenschlachten (1789) 433, (1790) 440.


 =$T$abago=, Westindien, neutrale Insel 9; von Frankreich kurze Zeit
   besetzt (1749) 131; fällt an England (1763) 175; v. Frankreich
   erobert (1781) 329.

 =Takelage=, Verbesserung der 13.

 =Taktik.=, Fortentwicklung 9; Stand um 1740 36 ff.; Nachteile der engl.
   Angriffsart, die franz. Defensivtaktik 41 ff.; Einfluß der franz.
   Strategie auf diese 43; 279; unentschiedene Defensivschlachten 43. --
   Über Taktik in den einzelnen Kriegen: (1740-1748) 113; bei Eroberung
   von Küstenstädten fällt die Hauptaufgabe dem Landheere zu 115;
   (1756-1763) 204; (1775-1783) 414. -- Schlachten bemerkenswert für
   Erkennung und Beurteilung der verschiedenen Taktik der Gegner: Toulon
   (1744) 80; Minorka (1756) 139; Ouessant (1778) 255; Grenada (1779)
   279; Chesapeakebucht (1781) 334, 338. Schlachten, in denen vom alten
   Brauch abgewichen wurde: Martinique (1780, Rodney) 301; Dominica
   (1782, Rodney) 363; Sadras (1782, Suffren) 385.

 =Ternay, de=, franz. Admiral, Einfall in Neufundland (1762) 200; segelt
   mit dem Hilfskorps nach Nordamerika (1780) 291, 306; Gefecht bei den
   Bermudainseln, landet bei Rhode Island (Narragansettbucht) 309, 311,
   313.

 =Thurot=, franz. Freibeuter, Einfall in Irland (1760) 160.

 =Ticonderoga=, Fort in Nordamerika 170, 228, 238.

 =Tippu Sahib= (Herrscher von Misore, Indien), im Kampf mit England 387,
   399, 400.

 =Torres=, spanischer Admiral in Westindien (1740) 61, 63, 66, 68, 71.

 =Toulon=, von England blockiert (1742 bis 1743) 73; Seeschlacht (1744)
   75; ihre Bedeutung 80.

 =Trenton=, Landgefecht (1776) 238.

 =Trincomali= (Ceylon), (1782) von England erobert 380, von Frankreich
   erobert 393; Seeschlacht 394.

 =Tscheschme=, Vernichtung der türkischen Flotte durch die russische
   (1770) 423.

 =Tschitschakoff=, russisch. Admiral, Schlacht bei Öland (1789) 431;
   blockiert Karlskrona 432; Schlacht bei Reval (1790) 435, 437;
   blockiert die schwed. Flotte in Wyborg, Durchbruch derselben 438.

 =Türkei=, Kriege (1768-1774) 422; (1788-1791) 424; seine Marine vgl.
   »Marinen«.


 =$U$tfall=, schwed. Admiral (1743) 420.


 =$V$audreuil, Comte de=, franz. Admiral, Gouverneur von Kanada
   (1755-1760) bis zu dessen Eroberung 166, 172 ff.

 =Vaudreuil=, Sohn des Vorstehenden, franz. Admiral 275; in Westafrika
   (1778) 285; in der Schlacht bei Dominica (1782) 362-374; Oberbefehl
   in Westindien, segelt nach Boston 374; nach Puerto Cabello 375; nach
   Europa (1783) 376.

 =Vaughan=, engl. General, erobert St. Eustache (1781) 324.

 =Vereinigte Staaten von Nordamerika.= Innere Verhältnisse der
   nordamerikanischen Kolonien, ihre Zerwürfnisse mit England 207; der
   Kongress der Kolonien, seine Forderungen (1774) 210; die
   Unabhängigkeitserklärung 211; von Frankreich anerkannt (1778) 217. --
   Der Krieg (1775-1778) 226-242; Kapitulation des englisches Heeres bei
   Saratoga (1777) 239; letzter Versuch Englands zur Versöhnung (1778)
   243. Frankreich sendet eine Flotte zur Unterstützung (1778) 243, 258;
   Verlauf des Krieges (1778/79) ungünstig 268; französisches Hilfsheer
   trifft ein (1780) 309; schlechte Lage der Amerikaner (Ende 1780) 315;
   Virginia wird Hauptkriegsschauplatz (1781), die französische Flotte
   beherrscht die See, Kapitulation des englischen Heeres bei Yorktown
   331; Ende des Landkrieges (1782) 340, 344. -- Der Kreuzerkrieg der
   Amerikaner 225, 241, 405. Der Friede von Versailles (1783) 407. --
   Die amerikanische Marine vgl. »Marinen«.

 =Vergennes, Comte de=, franz. Premierminister, nimmt den Krieg mit
   England auf (1778) 215 ff.; 250; seine Ansicht über den Wert von
   Seeschlachten 256, 285.

 =Vernon=, engl. Admiral, in Westindien (1739) 60-69; im Kanal (1745)
   85.

 =Versailles=, Frieden zu (1783) 407.

 »=Victory=«, engl. Linienschiff, Untergang (1744) 83.

 =Voltaire=, Aufruf an das engl. Volk (1745) 85.


 =$W$affen= (1740-1793) 19-24.

 =Walpole=, engl. Premierminister 46 ff., 72, 208.

 =Warren=, engl. Admiral in Nordamerika 88, 91; erobert Louisbourg
   (1745) 94.

 =Washington=, amerik. General, erobert Fort Duquesne (1754) 164;
   Oberbefehlshaber des Heeres der Vereinigten Staaten (1775) 211, 227,
   229, 231; verliert New York (1776) 235; siegreich in New Jersey 238;
   bei Brandywine geschlagen, verliert Philadelphia (1777) 240;
   (1778/79): 262, 268; (1780): 306, 311; (1781): 330, 336, 338, 341;
   seine Anerkennung für de Grasse 342; seine Ansicht über Bedeutung der
   Seemacht 343.

 =Watson=, engl. Admiral, in Indien, gegen den Seeräuber Angria (1755)
   186; erobert Kalkutta (1757) 187.

 =Wentworth=, engl. General, in Westindien (1740) 62-69.

 =Werelä=, Friede zwischen Schweden und Rußland (1790) 441.

 =Werften=, Verbesserung der 16.

 =Westindien=, europäische Kolonien dort 8; englischer Schmuggelhandel
   gibt Anlaß zum Kriege (1739) 3, 45; Westindiens militärische
   Bedeutung im Kriege (1778-1783) 244; Kämpfe in Westindien vgl.
   »Kolonien«.

 =Westminster=, Vertrag zwischen England und Preussen (1756) 117.

 =Wiborg=, Blockade und Durchbruch der schwed. Flotte (1790) 439.

 =Wolfe=, engl. General 169; nimmt Quebec (1759) 171 ff.


 =$Z$outman=, holländ. Admiral, Schlacht auf der Doggerbank (1781) 320;
 Beurteilung 322.

[Illustration]

           E. S. Mittler & Sohn, Berlin SW., Kochstr. 68-71.

                   *       *       *       *       *

Anmerkungen zur Transkription:

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