The Project Gutenberg EBook of Reise ins heilige Land, by
Anton Prokesch Ritter von Osten
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Title: Reise ins heilige Land
Im Jahr 1829
Author: Anton Prokesch Ritter von Osten
Release Date: January 7, 2019 [EBook #58640]
Language: German
Character set encoding: UTF-8
*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK REISE INS HEILIGE LAND ***
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Reise
ins
heilige Land.
Im Jahr 1829.
Tagebuch meiner Reisen.
Reise
ins
heilige Land.
Im Jahr 1829.
Von
A. Prokesch Ritter von Osten,
k. k. Major.
Wien.
Gedruckt und im Verlage bei Carl Gerold.
1831.
»Sie werden vergehen, aber du wirst bleiben. Sie werden alle veralten
wie ein Gewand; sie werden gewechselt werden wie ein Kleid, wenn du
sie wechseln wirst.«
=Psalm= CII. 27.
Die Oberfläche der Erde ist ein aufgeschlagenes Buch. Viele Blätter
sind noch weiß gelassen, viele beschrieben, bald mit mehr, bald mit
weniger ansprechender Geschichte, bald mit Hymnen und Klagen, bald mit
Wissen und Kunst. Manche aus diesen wurden es mehrmals, und dennoch
überschlägt man sie gerne; andere fesseln den Blick in Bewunderung, in
Staunen und Ehrfurcht, und ihr uralter Text bricht unvergänglich durch
die Überlage der späteren Jahrhunderte. Zu diesen letzten Blättern
gehören die Landstriche zwischen dem Euphrat und dem Mittelmeere,
zwischen dem blühenden Syrien und dem wüsten Arabien, die man unter dem
Namen des =heiligen Landes= zusammen zu fassen gewohnt ist.
Diese Bezeichnung kommt von den Juden, in so ferne sie dies Land
als das vorzugsweise von dem Gotte, den sie anbeten, sich und ihnen
erwählte betrachten; sie gilt den Christen, in so ferne sie Söhne des
Judenthumes sind, und hauptsächlich, weil in diesem Lande, wie auf
einem großen Altar, das Opfer ihres Heilandes vollbracht wurde. Im
Buche von der Weisheit Salomons (XII. 3.), so wie in dem der Makkabäer
(II. I. 7.) ist der Ausdruck »heiliges Lands« schon zu finden. In
jeder der alten Religionen waren gewisse Landstrecken für heilig
erklärt.
Älter als diese Bezeichnung ist für das Land, von dem wir sprechen,
die kürzere: das =Land=. »Zu der Zeit, da die Richter regierten, war
Theurung im =Lande=,« sagt das Buch =Ruth= (I. 1.) und bezeichnet es
nicht weiter. So ruft =Jeremias= aus: »=Land=, =Land=, =Land=, höre das
Wort des Herrn!« (XXII. 29.) -- »Meine Seele hört der Posaunen Schall,
und die Feldschlacht, und das Geheul des Mordes, denn Verheerung kommt
über das =Land=.« (IV. 20.)
Das =Land Israel=, das =gelobte Land= sind gleichfalls ältere
Bezeichnungen, die denselben Raum umfassen, wie die früher genannten.
Die Bücher Samuels und der Könige geben hiezu viele Belege. Der
Samaritanische Text bezeichnet diesen Umfang klar: »Und der Herr zeigte
ihm das ganze Land vom Flusse Ägyptens bis zum großen Flusse, dem
Flusse Euphrat, und bis an das äußerste Meer; und der Herr sprach zu
ihm: dieß ist das Land, das ich Abraham, Isaak und Jakob geschworen
habe....« (V. Mos. 34.) Und: »Alle Orte, darauf eure Fußsohle tritt,
sollen euer seyn; von der Wüste an und von dem Berge Libanon und von
dem Flusse Phrat bis au das äußerste Meer soll eure Gränze seyn.« (V.
Mos. XI. 24).
Oft für den Begriff des gesammten Landes gebraucht, aber eigentlich
nur Theilen desselben gehörig, sind die Bezeichnungen: =Land Kanaan=,
=Gilead=, =Judäa=. Unter Kanaan wurde im engern Sinne das Land westlich
dem Jordan verstanden, denn der Herr spricht zu Moses, im Lande der
Moabiter, also östlich vom Jordan: »wenn ihr über den Jordan gegangen
seyd in's Land Kanaan« (IV. Mos. XXXIII. 51); unter =Gilead= häufig
das Land östlich dem Jordan, welches von den Stämmen Ruben, Gad und
halb Manasse bewohnt wurde; daher (Josua XXII. 9): »Also kehreten nun
die Rubeniter, Gaditer und der halbe Stamm Manasse und gingen von den
Kindern Israel aus Silo, die im Lande =Kanaan= liegt, daß sie in's Land
=Gilead= zögen, das sie erbeten auf Befehl des Herrn durch Mose.«
Daß der Jordan die Ostgränze von Kanaan machte, geht aus der
Vergleichung mehrerer Stellen unter sich hervor; z. B. sagt Moses (II.
XVI. 35): »daß die Kinder Israel bis an die Gränze des Landes Kanaan
Manna aßen;« Josua aber (V. 12) erzählt, daß das Manna aufhörte, sobald
sie den Jordan erreicht hatten. -- Der Herr straft Moses, indem er
ihm verweigert, das gelobte Land zu betreten (IV. Mos. XX. 12), und
als Moses in's Land der Moabiter gelangt war, sprach er zu ihm: »Gehe
auf das Gebirge Aharim, auf den Berg Nebo, der da liegt .... Jericho
gegenüber und besiehe das Land Kanaan, das ich den Kindern Israel zum
Eigenthum geben werde und stirb auf dem Berge.... denn du sollst das
Land sehen vor dir, aber nicht hineinkommen.« (V. Mos. XXXII. 49-52.)
Aus diesen Stellen aber geht hervor, daß nach der ersten Offenbarung
des Herrn das Land Gilead keinen Theil des gelobten Landes ausmachen
sollte; warum es dennoch zu einem solchen ward, erklärt sich aus der
den Kindern Israel niemals gelungenen gänzlichen Unterwerfung von
Kanaan. Nur in so ferne das gelobte Land überhaupt das den Israeliten
zwischen Jordan und Meer vermeinte des Herrn bedeutet, finden wir vor
der Trennung des Reiches, auch die Bezeichnung =Israel= auf diese
Ausdehnung beschränkt. (Ezechiel XLVII. 18.)
In Kanaan ist der phönizische Gleichlaut [Greek: chnha] zu finden. Nach
=Sanchoniatan= gab dieser [Greek: Chnha], der später Phönix geheißen
haben soll, den Pchn[=a]hönikern den Namen. (Euseb. _praep. Evang._
II.) Er ist der Kanaan, von welchem die Genesis spricht (X. 15), der
Gründer von Sidon und selbst von Jerusalem als Stadt der Jebusiten,
überhaupt der Urvater der Stämme, welche das schöne Kanaan bewohnten,
die Welt in ältester Zeit durchschifften und im Vertilgungskriege
gegen die Kinder Israel Jahrhunderte hindurch standen. Diese, mit dem
Schwerte des Glaubens bewaffnet und in Ägypten zur Lehre erzogen, daß
zwischen Religionen kein Verträgniß, kein Zusammenwohnen, sondern nur
ein Kampf auf Leben und Tod erlaubt sey, brachen zahlreiche Städte
der gebildeten Kananiter, scheiterten vor anderen und bewahrheiteten
damals schon den oft wiederholten Satz der Geschichte, daß zuletzt das
gebildete Volk dem rohen unterliegt.
=Judäa= bezeichnet eigentlich den von dem Tribus Juda bewohnten
Landstrich. Später hieß der eine Theil des Reiches so; der andere,
im Gegensatze, Israel. Daß die Bezeichnung Judäa auch für das ganze
gelobte Land genommen wurde, geht aus II. Chronik IX. 11 hervor, so wie
aus den Parallelstellen Matth. XIX. 1. und Mark. X. 1. Spätere brauchen
sie häufig in diesem erweiterten Sinne, wie Josephus, Ptolemäus,
Rutilius, Eusebius u. a. m., und Medaillen des =Titus Vespasianus=
tragen die Umschrift: _Judaea capta_.
Wir Neueren bedienen uns am häufigsten der Bezeichnung =Palästina=,
verstehen aber nicht selten nur das eigentliche Kanaan darunter. Die
Bibel kennt das Wort nicht. =Philo= braucht dasselbe als syrischen
Ursprunges in der erwähnten engeren Bedeutung (_de Abrah._). Die alten
Ausleger der Genesis nehmen es nicht selten im weiteren Sinne; so auch
die Griechen und Römer. Medaillen =Vespasians= sagen gleichfalls:
_Palestina in potestatem P. R. redacta_. Die älteren christlichen
und arabischen Schriftsteller bedienen sich dieser Bezeichnung
häufig. Unter =Theodosius= erscheint die Eintheilung in das =erste=,
=zweite= und =dritte Palästina=. -- Als Theil von Syrien betrachtet,
wird es schon von =Herodot= (VII. 89) Palästina genannt, oder auch
das =syrische Palästina= (I. 105), eine von Anderen oft gebrauchte
Bezeichnung.
* * * * *
Die Bedrückungen, welche =Abdallah=, Pascha von =Akka=, =Tripolis=
und =Seida=, gegen viele in Palästina wohnende und des Schutzes =Sr.
Majestät des Kaisers= genießende Christen und Juden sich erlaubte,
veranlaßten im März 1829 meine Sendung nach diesem Lande. Er hatte die
Freizügigkeit von Ort zu Ort mit Fesseln belegt, den Handel willkürlich
beschränkt, dem k. k. Konsul von Akka eine bedeutende Geldsumme
abgezwungen, ihn und dessen Familie mit Schimpf und Gefahren bedroht,
endlich sogar zur Flucht in die Hände aufrührerischer arabischer Stämme
nach Nazareth genöthiget, die Flagge Sr. Majestät, vor bald tausend
Jahren auf den Wällen von Akka gegründet, vom Konsulate herunter reißen
lassen und jede Verbindung mit unseren Kauffahrern einzig auf seine
Willkür gesetzt. Diese Übelstände auszugleichen war mein Auftrag.
Ich ging zu Ende März von Smyrna mit der k. k. Korvette =Veloce= unter
Segel. Der Himmel war trüb und es stürmte heftig aus Süd und Südost.
Ich hätte klüger gethan, zwischen den Inseln von =Vurla= oder auf
den Untiefen von =Smyrna= den Wechsel des Windes abzuwarten; aber
gewohnt an die See, gefiel mir besser, dieß im Freien und unter Segel
zu thun. Am Abend des 31. März war ich in den Gewässern von =Ipsara=.
Die See ging hohl und es hing furchtbar schwer und schwarz ringsum
am Himmel. Dabei regnete es und warf zeitweise Schnee und Hagel, so
daß wir, überdieß von den über Bord schlagenden Wellen fortwährend
durchnäßt, ungemein an Kälte litten. Wir hatten noch die Wahl, nach
=Phokäa=, einem geräumigen Hafen der asiatischen Küste, oder in die
Straße zwischen dieser und der Insel =Lesbos= zu flüchten; aber beide
Richtungen hätten uns weit vom Wege abgebracht. Wir sagten uns, daß
unser Schiff gut sey und auch die schwärzeste Nacht zu Ende gehe, und
beschlossen die See zu halten. Um Mitternacht sprang der Wind nach
Südwest um, und ging in Stöße über. Die See begann zu stäuben und
zu kochen; das Schiff, ohnedieß sehr zum Rollen geneigt, arbeitete
schrecklich. Vieles Tauwerk riß und wurde nur mühsam ersetzt. Wir zogen
nach und nach alle Segel ein bis auf die Marsen des Haupt- und des
Fockmastes. Um 4 Uhr war die Wuth am höchsten. Es versuche keine Feder,
die Kraft des Elements zu malen, das plötzlich, wie lebendig gewordenes
Gebirge, sich hebt und einherschreitet! -- Der Mensch kann in solcher
Stunde nichts mehr thun, als in die Treue seiner Breter und in Gottes
Gnade hoffen. -- Bei den gewaltsamen Schwingungen der Masten, und dem
Froste, der die Glieder lähmte, wurde unsere Mannschaft nur schwer der
Marssegel Meister, an welchen wir das letzte Reff nehmen ließen. Wir
versuchten noch, gegen Sturm und See, die Richtung Südwest zu erzwingen
und hielten uns hart an beide, bis endlich der Tag anbrach. Eine graue
Verheerung -- ein Chaos, wo alle Atome im Aufruhr stehen, umgab uns;
Himmel und See lagen fest auf einander. Indessen, man =sah= doch!
und die Blitze, diese Mitverschworenen des Schreckens und des Todes,
übergossen zwar noch unsere Wangen mit Gluth, hatten aber über unsere
Augen die verwundende Macht größtentheils verloren.
Um 1/2-6 wurde es plötzlich lichthell im NNW. Aber es war kein
tröstliches Licht, sondern jener weiße Leichenglanz wie an Sternen,
die verlöschen. Es thürmte sich schnell über einander und stand
aufgerichtet wie ein Riese da. Alle Blicke starrten darauf. Jetzt
begann es sich zu neigen und zu bewegen, und Blitze zuckten von Zeit
zu Zeit daraus. Noch hofften wir, der Ouragan und diese ungeheure
Wassermasse, denn das war es, würden nach einer, uns nicht gefährlichen
Richtung getrieben; und wir durften dieß hoffen, so lange der Sturm
noch in SW. fest stand. Aber wer schildert die Angst, als wir den
Wind matter werden und immer westlicher abfallen sahen, und nicht mehr
zweifeln konnten, daß der Ouragan den Sturm übermeistere! Wir konnten
unsere Kanonen gegen die herannahenden Wasserhosen nicht brauchen
wegen dem entsetzlichen Schwanken des Schiffes, das nun, da der Wind
todt geworden war, die See aber noch den Andrang aus SW. behielt, uns
alle fast betäubt schlug. Es nahte und nahte immer schrecklicher --
und zerplatzte und richtete sich ohne Unterlaß wirbelnd auf; -- jetzt
war es da, faßte uns am Steuerbord -- riß dessen ganze Bekleidung ein
-- brach die Ketten und Gurten ab, an welchen der Anker außen am Bug
hing, und warf diese Last nach innen ins Schiff, so daß sie das Verdeck
durchschlug -- brach eben so die schweren Taue durch, womit die Boote
im Schiffe befestiget lagen -- riß diese und eine Menge Gegenstände mit
sich fort, -- zerbrach den Matrosen, die sich nicht schützen konnten,
Arm und Beine, -- öffnete die festgeschlossenen Lucken der Kajüte und
der Offiziersgemächer, -- füllte diese Räume und das ganze Verdeck
mit Wasser und legte das Schiff auf die Wellen, so daß das Steuer
nicht mehr griff. In dieser entsetzlichen Noth hatte Jeder so viel mit
sich zu thun, daß kaum Einer an den Tod dachte. Die Einen schwammen
auf dem Verdecke und suchten sich an Seilen zu fangen; die anderen
tauchten aus den Lucken empor; die dritten klammerten sich fester an
die Gegenstände, die ihnen zur Rettung gedient hatten; eine Zahl war
betäubt durch den Schlag und durch die Wunden, und wußte gar nicht, was
geschah; einer der Offiziere, der Lieutenant =Sandry=, war über Bord
geschleudert worden und hatte sich wunderbar an einem Stricke im Fluge
gefangen. Ich hielt mich an den Arm des Steuers und dachte in mir:
»also noch fünf oder sechs Sekunden, und wir sind versunken!« --
Durch ein Zusammentreffen von Glück und Besonnenheit wurde das Schiff
gerettet. Die Veranlassung hiezu war eine natürliche, aber ich traue
keinem Menschen auf dieser Erde die Kraft zu, in solchem Augenblicke
dies Natürliche anders als durch Instinkt zu errathen. Die Wassermasse,
die uns umgeworfen hatte, war aus NNW. gekommen; die See kam, wie oben
gesagt, aus SW. und zwar mit der Geschwindigkeit von sechs bis sieben
Meilen. So wie die Wassermasse gegen die See anstürzte, lehnte sich
diese ihr entgegen auf und dieser Rückstoß richtete uns empor. In
diesem Augenblicke, da das Steuer wieder griff, hatte der Steuermann
die Besonnenheit, es herumzuwerfen, so daß das Schiff die See in Rücken
bekam und alsogleich von ihr getrieben wurde. Nun schlugen wir alle,
ohne Wink oder Befehl, sondern durch den richtigen Takt getrieben,
die Kanonenpforten backbord ein, und machten dadurch möglich, daß das
Verdeck sich entleere und das Schiff Athem bekomme. Wo sind wir? --
wohin? waren die ersten Fragen, die wir mit heiterem Auge, in dessen
Winkeln noch der Schrecken nachglänzte, einer dem andern stellten. Es
fand sich aus der Berechnung, daß wir vom nächsten Hafen unter dem
Winde, =Sigri= auf =Lesbos=, etwa fünfzig Meilen entfernt waren. Wir
hatten keine Wahl und nahmen alsogleich die Richtung dahin.
In dem Zustande, in welchem wir uns befanden, nach allen Seiten der See
geöffnet, mit zerbrochenen Raaen und Stängen, mit zerrissenem Tau- und
Takelwerk, Kajüte und Offiziersgemächer noch voll von Wasser, hatte
unsre Lage mitten in der stürmenden See genug, was zu anderer Zeit
erschrecken konnte. Damals aber schien uns, die wir der größten Gefahr
so wunderbar entgangen waren, die geringere keine mehr.
Beschäftigt in vollem Maße mit Ausbessern, Wehren und Pumpen langten
wir gegen Mittag in der Gegend an, wo, nach unserer Berechnung, die
Hafeneinfahrt nahe vor uns liegen mußte. Aber die Wolkendichte erlaubte
durchaus nichts zu sehen. So hoch die Berge von =Lesbos= im Rücken
von =Sigri= sind, es war doch nicht möglich, irgend ein Stück Umriß
derselben oder auch nur einen Farbenunterschied in den Wolken zu
unterscheiden, der dem geübten Auge des Seemanns so oft das einzige
Zeichen eines nahen Hintergrundes von Bergen ist. Unsere Verlegenheit
war nicht klein, da die Einfahrt enge, voll Untiefen und Klippen,
und die Küste zur Seite gewissen Untergang bringend ist, auch wir
nicht auf hellere Zeit warten konnten, weil die See uns vor sich her
trieb und das Schiff nicht im Zustande war, gegen die See zu halten.
Wir durchflogen nochmals eilig unsere Berechnungen, und da diese die
Linie unseres Laufes genau auf die Hafeneinfahrt gerichtet wiesen, so
fuhren wir in Gottes Namen im Dunkel darauf los, das Beste hoffend und
das Schlimmere zu nehmen entschlossen. Und es war uns zum Heile! denn
richtig erreichten wir die Einfahrt und konnten sie erst dann erkennen,
nachdem wir schon darin waren. Ein allgemeiner Jubelruf erscholl aus
allen Theilen unseres Schiffes.
Im Hafen lagen die k. k. Kriegsbrigg =Montekukulli= und mehrere
Kauffahrer, die uns sogleich mit dem Nöthigen an frischen Lebensmitteln
und Wein beisprangen, denn alle unsere Hühner und Lämmer waren
ertrunken und der französische Wein verdorben. Sechs Tage lang baute
unsere Mannschaft und die der übrigen Schiffe, um die =Veloce= wieder
herzustellen. Da Vorrath an bearbeitetem Material nicht fehlte, so
stand die Korvette bald wieder segelfertig da, und während man zu
=Smyrna=, dem Berichte eines österreichischen Kauffahrers zufolge, der
uns bald nach neun Uhr gekreuzt hatte, uns versunken glaubte, waren wir
guten Muthes und am 6. April Abends bereits wieder unter Segel.
Das Wetter blieb uns durch mehrere Tage günstig. Leichter Nordwest
trieb uns in der Nacht rasch an =Scio= vorüber. Am 7. umsegelten wir
=Nikaria= an der Westseite und kamen hart an =Pathmos=, dessen breites
Haupt die Stadt und das Kloster zum heil. Johannes krönen; am 9. sank
bereits =Rhodus= unter den Gesichtskreis und die Schneegebirge der
=Karamanischen= Küste, der =Kragus= und =Antikragus=, wohin die Alten
die Fabel von der =Chimäre= verlegten, stiegen empor. Ein Meteor
fuhr, bald nach Sonnenuntergang, von Nordwest nach West, ungeachtet
des hellen Tages noch glänzend, ja blendend weiß, durch die Luft und
zerstob in Sterne, wie eine Rakete, mit einem Lichte dieser ähnlich,
aber viel stärker und größer. Am 11. umwölkte sich der Himmel von
Neuem und der Wind ging wieder nach Süd. =Castelrosso= (Megiste oder
Cisthene) und =Kap Khelidonia= (_sacrum promontorium_) zeigten sich des
Morgens, von Schneegipfeln des =Taurus= überragt; Tags darauf wurde die
See stark bewegt, und der Himmel trüber. =Cypern= blieb uns unsichtbar,
so nahe wir auch daran vorbeistrichen. Abends konnten wir kaum mehr
fünfzig Meilen von der syrischen Küste seyn -- aber wir wagten nicht,
uns in der Nacht ihr zu nähern, denn Niemand an Bord kannte dieselbe.
Wir legten daher um und brachten die lange Nacht hin- und herfahrend
zu.
Der darauf folgende Tag war fast ohne Licht; nur graue Helle lag über
See und Himmel, und auf Entfernung weniger Meilen unterschied das
Auge nicht mehr die eine von dem anderen. Wir steuerten küstenwärts,
mit Vorsicht erst und dann mit verdoppelten Segeln. Erst um zwei Uhr
Nachmittags sahen wir oder erriethen vielmehr einige Umrisse von
Gebirgen, zweifelhafte und schwebende Linien durch die Regenwolken
zitternd. Sie wurden deutlicher -- zeigten sich langgestreckt, hoch,
wenig abgezeichnet. Wir konnten, der Berechnung zufolge, nur den Berg
=Karmel= vor uns haben, und er war es auch und neben ihm die Küste von
=Sur= bis =Cäsarea=. Die Ruinen einer Stadt hoben sich aus den Wellen;
südlicher stieg ein hoher Thurm hervor. Wir steuerten nach diesem
und erkannten erst spät, daß wir =Cäsarea= selbst vor uns hatten.
Wir wandten nach Nord, erreichten =Kap Karmel=; da hatte sich der
Himmel eben aufgehellt, die Sonne trat wie zum Abschied am westlichen
Horizonte hervor, und ihre feuchten, zitternden Strahlen vergoldeten
die Mauern und Minarete von =S. Jean d'Acre=. Wir warfen die Anker auf
der Rhede von =Kaipha=.
Dies kleine Städtchen liegt am Fuße des =Karmel= nahe am Südostwinkel
der Bai. Die Araber nennen es =Hipha=, die Juden =Kepha= oder auch
=Hepha=, die Griechen und Lateiner meist =Kaipha= oder =Kaiphas=.
Es ist ein ins Viereck von etwa vierhundert Schritt Grundlinie,
ummauerter Ort, der nach jeder Seite drei Thürme weiset. An drei
tausend Seelen bewohnen denselben, meist Türken aus der Barbarei; ein
Zehntheil der Bevölkerung mag katholisch seyn; es gibt auch einige
Griechen dort und zehn Familien Juden. Die Griechen haben einen Papas,
die Katholiken einen Mönch aus dem Kloster auf dem =Karmel=, das von
Rom aus erhalten wird und seine armen Jünger bis Tripoli, Haleb, Basra
und Bagdad und bis nach Indien sendet. Der Ort erzeugt etwas Öhl,
Baumwolle und Getreide, und führt des letztern aus. Die Umgebungen sind
kahl und traurig. Weiße, erstorbene Wellen decken das östliche Gestade;
kahle Höhen steigen im Süden auf; nur selten belebt ein Öhlbaum oder
eine Dattelpalme das Gestade. Auf dem Abhange des Karmel steht auf
Entfernung eines Flintenschusses ein Zwinger, welcher die Stadt im
Zaume halten soll, und dermalen unbesetzt ist. --
Scherif =Ibn-Idris=, in seiner Erdbeschreibung, nennt Kaipha den Hafen
der Landschaft Tiberias, und rühmt denselben als selbst für größere
Schiffe gut. Heut zu Tage ist überhaupt nur von einer Rhede dort zu
sprechen, und diese so versandet, daß die Boote sich kaum auf fünfzig
Schritte dem Gestade nähern können. Die Bai von =S. Jean d'Acre= und
selbst die Rhede von =Kaipha= gehören unter die gefährlichsten Stellen,
um Anker zu werfen. Zwar ist der Grund feiner Sand (wir lagen in 8-1/2
Faden) und hält; aber die Winde üben eine ungeheure Gewalt in diesem
nach der Westseite ganz offenen Trichter, wie stundenbreite Dünen
hinlänglich darthun. Im Südostwinkel der Bai, eine Viertelstunde von
Kaipha, ist die Mündung eines Flüßchens, des =Kischon= oder =Kilson=
der Bibel (1. Könige, XVIII. 40). Nahe daran sind ausgebreitete
Grundfesten und Reste uralter Bauten, in unförmlichen Haufen über
einander liegend und vom Sande verschüttet, vielleicht, was noch übrig
von =Kilson= (=Gem. Schabbath=, 26. 1.) oder =Porphyreon= ist, die
entweder nur andere Namen für Kaipha sind, oder demselben ganz nahe
lagen. An diesem Gestade und an dieser Stelle hauptsächlich wurde der
kostbare =Purpur= erzeugt, die Farbe der Herrschaft und des Reichthums.
Zwei Menschen unter denen, die ich in Kaipha sah und sprach, zeichneten
sich in mein Gedächtniß ein, der Befehlshaber der Stadt und ein Mönch.
=Jener=, ein Mann aus Algier, empfing mich im mittleren Thurme der
Seeseite, von Rauch und allen seinen Soldaten umgeben, arm wie ein
Bettler, stolz wie ein König, und freimüthig wie ein Held. =Dieser=
diente mir emsig und in verständiger Demuth im Kleinsten wie im
Größten. Er war aus Malta und lebte schon seit fünf und zwanzig Jahren
in seinem Häuschen zu Kaipha, das, rings umplankt und verschlossen,
sammt dem Gärtchen vor dessen Thüre nicht größer war, als einer
der Säle unserer Palläste. Priester, Arzt und Handwerker zugleich,
lagen Bibel und Missale, Kräuterbuch und Phiole, Kruzifix und Haue,
Palmenzweig und Türkensäbel in friedlicher Unordnung über einander,
die, wenn ich so sagen darf, ein Abbild seines Innern war.
Der Zufall wollte, daß eben als ich anlangte, Abdallah Pascha sich
auf seinem Landhause bei Kaipha auf dem Berge Karmel befand. Mit dem
Stolze der Unwissenheit und dem Dünkel von Macht, der nicht selten den
ausgearteten Fürsten des Orients eigen ist, und zu dessen Steigerung
das Benehmen von eingebornen Christen und von Franken nachdrücklich
beiträgt, wies er meine erste Botschaft, das Verlangen ihn zu sprechen,
mit den Worten zurück: er aber verlange das nicht. Mein Ziel im Auge,
ließ ich mich durch diese Äußerung nicht abschrecken. Ich schrieb sie
zum Theil dem Umstande zu, daß das englische Bombenschiff =Infernal=
auf der Rhede lag, das von dem Pascha auf gleiche, und schlimmere
Weise behandelt war, und zwar durch eigene Schuld; denn der Kapitän
desselben, ein junger und mit dem Stande der Verhältnisse unbekannter
Mann, hatte zu Alexandrien, von wo er kam, sich vom Vizekönige von
Ägypten Empfehlungsbriefe an Abdallah-Pascha erbeten, und diese ihm
ankündigen lassen. In eben diesem Zeitpunkte aber war das Mißtrauen
des Pascha gegen seinen mächtigen Nachbar auf einen so hohen Grad
gestiegen, daß Empfehlung von diesem jeden Fremden in seinen Augen
verdächtig machte. Er ließ demnach den =Infernal= wissen, daß kein
Mann desselben die Küste betreten dürfe. Als dieß doch versucht wurde,
ließ er die Ausgeschifften mit Gewalt zurückweisen, und, als Folge
hievon, dem Schiffe bedeuten, binnen vier und zwanzig Stunden die Rhede
zu verlassen, widrigenfalls er es durch die Kanonen der Küste hiezu
nöthigen würde.
Bei diesem Stande der Dinge, und da ich mit unserem nach Nazareth
geflüchteten Konsul Rücksprache nehmen mußte, um mit voller Kenntniß
gegen den Gewalthaber auftreten zu können, ließ ich demselben sagen:
»Ich begriffe seine Weigerung, mich zu sehen, und wollte für den
Augenblick auch gar nichts, als Pässe und sicheres Geleite nach
Jerusalem und den heiligen Orten.« Gleichzeitig ließ ich dem Konsul zu
wissen machen, mich ruhig in Nazareth zu erwarten.
Der Pascha antwortete freundlich: er gewähre mir gerne, was ich
verlange. Noch an demselben Abende hatte ich Briefe von ihm an
den Statthalter des Pascha von Damaskus in Jerusalem, und an die
Befehlshaber der Truppen in Jaffa und Ramle, so wie Pferde und Geleite,
und am nächsten Morgen setzte ich meine kleine Karawane in Bewegung.
Durch Olivengärten und über Felder ritten wir um das Kap =Karmel=
(1/2 Stunde), einige alte Reste und in Felsen gehauene Gräber nahe am
Gestade zur Rechten lassend; zur Linken weidete unter den Bäumen die
herrliche Zucht arabischer Pferde des Pascha. Das Vorgebirge ist steil,
und zum Theile nackt, mit wagrechten Lagerungen Kalkstein, in welchen
Hornstein eingesprengt sich befindet. Dieß ist der Charakter des ganzen
Gebirges dießseits des Jordan. Eine von Mönchen zum Theil aufgemauerte,
zum Theil in den Felsen gehauene Stiege führt längs dem äußersten
Abfall des Vorgebirges hinauf, vorüber an einem türkischen Kloster zum
Landhause des Pascha und weiter zum Kloster der Karmeliten, das an der
Stelle erbaut seyn soll, wo =Elias= dem Herrn den Altar errichtete, und
die vierhundert und fünfzig Baalspfaffen, und die vierhundert Propheten
des Hains dem Zorne des gläubigen Volkes preis gab. (1. Könige, XVIII.)
Abdallah Pascha hatte dies Kloster in einem Anfalle von Laune zerstören
lassen, stellte dasselbe aber eben damals, durch die Pforte hiezu
vermocht, wieder her.
Um das Vorgebirge gekommen, hat man herrliche Ebene vor sich, die sich
bis =Ramle=, und weiter bis =Gaza= ausdehnt, und an Reichthum und an
Kraft des Bodens von keinem Lande, das ich gesehen, übertroffen wird.
Wahrlich diese Strecke verdient das gelobte Land zu heißen! -- Ihre
Breite ist zunächst die einer halben Stunde. Das Getreide wogte wie
Wellen der See, denn die Ebene am Karmel auf dieser Seite ist trefflich
bebaut durch die Bewohner des türkischen Dorfes =Tzöri=, das aus einem
Olivenwalde am Abhange blickt. Ich vermuthe, daß der Ort =Karmel=, wo
=Nabal=, der Gatte =Abigails=, die später Gemahlin =Davids= wurde,
seine reichen Besitzungen hatte (1. Samuel, XXV.), auf diese Seite des
Gebirges zu setzen komme. =Eusebius= erwähnt eines Ortes =Karmel=, der
zu seiner Zeit noch bestand (Prokop. Comm. 1. Könige), und den schon
=Plinius= kannte, nach welchem der Ort vormals =Ekbatana= geheißen
haben soll (V. 19); =Hieronymus= aber zweier Berge dieses Namens, wovon
der eine der allgemein auch heute noch so genannte ist, der andere
aber südlicher gelegen haben soll (Comm. zu Amos, 1.). Wahrscheinlich
versteht er darunter die Fortsetzung des eigentlichen Karmel, des
südlichsten Gebirgsvorsprunges in Syrien, welche die östliche, mit dem
Segen des Himmels bedeckte Hügelwand ist, und als solche die Verbindung
mit den Gebirgen von Samaria und Jerusalem macht. --
Von =Tzöri= führt ein Weg nach einem Brunnen am Gestade, der
treffliches Wasser hat, und ein uralter Bau ist. So wie man diesen Weg
kreuzt (1 Stunde), hat man niedere Felsenriffe zur Rechten, die sich
nach und nach zu niederen Felshügeln erheben, und gleichlaufend dem
Gestade, dieses von der großen Ebene scheiden. Diese Riffe und Hügel
sind voll eingehauener Gräber und Wohnungen, und voll Steinbrüche. Ein
Bach grub sich den Weg durch dieselben. Ist man über diesen gekommen
(1-1/2 Stunde), so bemerkt man Reste eines Thurmes, römischen Baues,
auf den Hügeln selbst und bald darauf eine Straße quer durch dieselben
gehauen. Die Reste einer mächtigen Verrammlung aus Werkstücken weisen
sich am Eingange in diesen Paß, der einst mit einem Thore geschlossen
war. Man gelangt durch denselben an das Gestade. Dieses hat eine
schmale Ebene vor sich. Da steht, aus niederem Vorsprunge in die See,
der Ort =Athlit=, mit Mauern, Thürmen und römischen Trümmern, jetzt nur
von wenigen, und zwar türkischen Familien bewohnt.
Nun behält man die Hügelkette zwischen sich und der großen Ebene,
und folgt dem Gestade. Man findet an diesem Wege eine Menge alter
Brunnen, und in den Felsgrund abgeteufter Kornmagazine, denen auf der
Halbinsel Munychia ähnlich. Dieselben gleichen an Form den Amphoren
und antiken Krügen, worin man Öhl, oder andere Flüssigkeiten bewahrte,
und den Wasserkrügen der Araberinnen am Nil. Sie haben einen runden,
verhältnißmäßig schmalen Hals von zwei bis vier Fuß Durchmesser, und
bauchen sich dann bis auf vierzig und mehr Fuß aus.
Zwanzig Minuten Weges unter =Athlit= ist ein zweiter Durchschnitt
in der Hügelkette, gleichfalls Werk von Menschenhand. Auch stehen
Mauerreste dort. An diese Stelle dürfte eines der Städtchen zu setzen
kommen, die =Strabo=, als zwischen dem Karmel und Cäsarea liegend
anführt, nämlich =Sykaminopolis=, =Bukolopolis=, =Krokodilopolis= u. a.
m. (_p._ 758). Drei Viertelstunden weiter fanden wir das Beduinendorf
=Surfent=, wo wir, da es Abend war, bei den Aeltesten einsprachen.
Diese, im Vorhofe der Moschee versammelt, wiesen uns Ungläubigen die
Moschee selbst als Schlafgemach an, und gaben uns die Stelle an der
Kibla. Wir machten dort Feuer an, bereiteten den Kaffeh, aßen Schinken,
tranken Wein und schliefen mit einigen zwanzig Hirten gemeinschaftlich.
Bei einem in Religionssachen lauen Volke wäre dies Beispiel der Duldung
wenig zu rühmen; bei diesem aber ist es ein Sieg der Gerechtigkeit. Um
ein Uhr nach Mitternacht standen die Hirten auf, wuschen sich, nahmen
ihre Keulen zur Hand und gingen zu den Herden. Wir wurden weder durch
Neugierde, noch Mißtrauen, noch durch Zudringlichkeit geplagt.
Von Surfent bis an das Städtchen =Tentura= ist eine halbe Stunde Weges.
Es hat einen Sumpf vor sich, der ein ummauerter Teich gewesen zu seyn
scheint. Auf dem äußersten Vorsprunge des Ufers steht eine hohe Warte,
Bau aus Römerzeit. Viele andere römische Reste, und einen künstlichen,
nun versandeten Hafen weiset der Ort.
Die Bibel kennt Tentura unter dem Namen =Dor=, als eine kananitische
Stadt, die bei der Vertheilung des Landes der einen Hälfte des Stammes
Manasse zur Besitznahme zugewiesen wurde. Die Kinder Israel konnten
aber die Stadt nicht erobern, und machten erst späterhin die Kananiter
darin sich zinsbar. (Josua, XVII. 11-13, Richter, I. 27.) -- Unter
=Salomo= wurde die vierte der zwölf Regionen des Reiches nach ihr
benannt und Abinadab, der eine seiner Söhne, schlug darin den Sitz
auf. (Jos. _Ant._ VIII. 2.) =Polybius= kennt sie als eine feste
Stadt, welche in den Kriegen zwischen Ptolemäus und Antiochus dem
letzteren widerstand. (V.) =Josephus= erwähnt ihrer an mehreren Orten,
und =Claudius Julus= sagt, daß wegen des Reichthums des Gestades an
Purpurmuscheln die Phöniker sich dort anbauten, den Hafen gründeten
und die Stadt mit Mauern umgaben (Phön. III.). Die Griechen gefielen
sich, einen Sohn Poseidons, =Dorus=, als Gründer zu nennen (_Steph.
[Greek: Ethnika] ad voc. Doros_), was wenigstens den Ursprung der
Stadt in urälteste Zeit setzt, und so die biblische Angabe bestätiget.
Auf Kaisermünzen führt =Dora= häufig den Beinamen die =heilige=, und
auch den der =unverletzbaren= und der =selbstherrschenden= ([Greek:
DÔR. IER. ACYA. AYTO.]). Nach Einführung des Christenthums wurde sie
ein Bischofsitz; jetzt ist sie ein Haufen Trümmer, in welchem etwa
zweyhundert Menschen herumkriechen. --
Von Dor am Sandgestade fortwandelnd, das fußtief mit den schönsten
Muscheln bedeckt ist, kommt man über zwei Bäche und an die Ruinen einer
römischen Brücke über einer dritten (1-1/2 Stunde), der wahrscheinlich
der _Flumen crocodilon_ des Plinius, oder auch der =Krysorroas= des
=Ptolemäus=, oder endlich der =Cana= des =Josua= (XVII. 9.) ist; dann
an gewaltige Ufermauern (1/2 St.), zum Theil von Bogen getragen, hoch
und über eine Viertelstunde lang. Diese schließen sich an die Ruinen
von =Cäsarea=, welche die flache Uferhöhe krönen.
Auf einer Küste von der Beschaffenheit, wie die syrische, gegen welche
der tägliche Westwind die See aus weiter Ferne ungehindert heranführt,
und die überdieß schon in ältester Zeit von einem Schiffahrt treibenden
Volke bewohnt wurde, mußte jede Stelle, die Schutz den Schiffen bietet
oder mit verhältnißmäßig geringeren Mühen und Kosten als eine andere
dazu eingerichtet werden konnte, ein Vereinigungspunkt für den Fleiß
werden, und zur Gründung einer Stadt einladen. Eine solche Stelle
ist die von =Cäsarea=. Senkrecht auf die Uferlinie streckt sich ein
Felsenriff etwa 400 Schritte weit in die See vor. Kleine Einbuchten
sind demselben zur Seite. Diese konnten von den phönizischen Seeleuten
wohl nicht übersehen werden, und schon in ältester Zeit mag zu äußerst
auf dem Riffe eine Warte aufgerichtet worden seyn, dem Schiffer ein
Zeichen bei Tag und Nacht. Dahin deutet auch der ältere Name von
Cäsarea, der, nach Strabo, der =Thurm des Strato= hieß, was einen Ort
voraussetzen macht, der sich um eine schon bestehende Warte angesiedelt
hat, wie heut zu Tage in Ägypten um die Telegraphenthürme Orte sich
bilden. =Herodes= erweiterte und verherrlichte die Stadt am Ende der
192. Olympiade, d. i. acht oder neun Jahre vor Christo, und nannte sie,
=Augustus= zu Ehren, =Cäsarea=. (Jos. _Antiq._ XVI. 9.) Was dermalen an
Trümmern sichtbar ist, geht nicht über diese Epoche hinauf.
Noch stehen die Mauern und Thore der Stadt. Der Reisende findet darin
Herberge unter den Trümmern, und Brunnen für ihn und seine Rosse; aber
kein Mensch bewohnt diese Stätte, die vielmehr eine geflohene ist,
aus Furcht vor den Beduinen. Ich umging und maß die Mauern, bestieg
und durchkroch die Reste. Hohes Gras und Blumen, dicht und bis an die
Brust reichend, decken den ganzen Stadtraum. Sie fordern zur Vorsicht
auf, wohin man den Fuß setze, damit man nicht in die Brunnen, Gewölbe
und Löcher stürze, die von der grünen Hülle bedeckt sind. -- Cäsarea
ist ein Rechteck von 540 Schritten Länge von Süd nach Nord, und 350
Schritten Breite von Ost nach West. Die Ostseite hat zehn Thürme; die
gegen Nord deren drei und eine Art Bollwerk am nordwestlichen Winkel;
die See- oder Westseite zeigt dermalen ebenfalls nur drei, es nimmt
aber der nördliche Hafen mehr als die Hälfte der Entwicklung dieser
Seite ein; die Südseite hat vier Thürme. Von der Südwestecke greift
der Felsenriff vor, der den abgesonderten Bau des Schlosses trägt,
dem wieder an der äußersten Spitze ein Wartthurm vorliegt. Starke
Dämme sind von dem Schlosse hinaus in die See gezogen. Zur Linken dem
Riffe und somit dem Schlosse bleibt der südliche Hafen. Beide Häfen
waren durch die Kunst bis auf 200 Schritte Durchmesser erweitert und
mit Mauern gesichert worden. Die Landseiten haben einen Graben zu 36
Fuß Breite, mit gemauerter Gegenwand vor sich. Thürme und Mauern sind
geböscht, was ich für späteren Zubau halte, wahrscheinlich aus den
Zeiten der Kreuzzüge. Die Mauern haben von 20 bis 30 Fuß Höhe, 6 Fuß
Dicke; die Thürme, ungleichen Abstandes unter sich, von 50 bis 90 Fuß
Breite. Die Stadt scheint vier Thore gehabt zu haben. Zwei derselben
bestehen noch. Die Thorangeln rollten in Marmorkugeln. Das Thor der
Ostseite ist verfallen. Wir ritten darüber weg in die Stadt. Das
vierte, das nach dem innern oder nördlichen Hafen geführt haben dürfte,
ist sammt den Hafenmauern verschwunden. Vor der Nordseite ist eine Art
Glacis angebracht, hinter welchem die hohe Gestademauer beginnt. Alle
Mauern sind aus Werkstücken mit Mörtel gebunden.
Das =Schloß=, von der Stadt durch einen 125 Fuß langen und 25 Fuß
breiten Weg, welcher das Gestade beider Häfen verbindet, geschieden,
ist ein Viereck, aus dem ein hoher Thurm emporsteigt. Eine Menge
Säulenschäfte grauen, auch einige rothen Granites, offenbar aus Ägypten
herübergeschleppt, sind als Werkstücke benützt. Der Damm an der
Nordseite des nördlichen Hafens, so wie derjenige, der vom Schlosse
auf etwa 200 Schritte südwest in die See gezogen ist, und auf dessen
äußerster Spitze die Warte steht, sind fast ausschließlich aus Trümmern
weit älterer Bauten und hauptsächlich aus Granitsäulen zusammengesetzt.
Am Fuße des Schlosses, nordwärts, schon im Wasser des nördlichen
Hafens, liegt ein Fußgestell aus einem einzigen Blocke Syenit zu 6'
4" Breite und Länge und 3' 2" Höhe. Die Mauern nach dieser Seite sind
ungeachtet ihrer beträchtlichen Dicke eingestürzt. Ich bestieg den
Thurm im Schlosse, der vor sich eine Cisterne und einen tiefen Schacht
hat. Zwei Gewölbe im Thurme sind noch erhalten. Die Thorleisten der
Eingänge zu denselben sind von Köpfen schlechter Arbeit getragen. Von
der Spitze des Thurmes überblickt man die ganze Stadt, und weithin See
und Land. Das südlichste Vorgebirge, welches das Auge erreicht, bleibt
in S. 20° W; Athlit aber N bei O.
Die Ruinen im Innern der Stadt sind große Massen aus Backsteinen,
bieten aber wenig Merkwürdiges. Im Nordwestwinkel steht hart an der
Mauer eine unterirdische Kirche; Reste anderer Kirchen erkennt man,
darunter eine von schweren Mauern, vielleicht die Kathedrale dieses
einstigen Sitzes eines Erzbischofes, der zwanzig Bischöfe unter sich
hatte.
Nahe außerhalb dem südlichen Thore sieht man die Form des Stadiums.
Die Bekleidung desselben ist verschwunden, doch liegen ein paar
Granitsäulen darin. Auf einem Blocke las ich den Namen _Fibianus
Candidus_. Weiter trifft man auf eine andere Umwallung, welche der
Vorstadt am südlichen Hafen angehörte. Auch an diesem Hafen sind viele
Mauerreste aus älteren Trümmern, und Dämme schützen nach beiden Seiten
die Einfahrt.
In der Apostelgeschichte, so wie überhaupt in den ersten Jahrhunderten
des Christenthums erscheint Cäsarea als eine mächtige Stadt. Dahin
retteten die Gefährten den Apostel Paulus, und ließen ihn nach Tarsus
einschiffen (IX. 30). Zu Cäsarea wohnte »Cornelius, ein Hauptmann von
der Schaar die da hieß die Wälsche« (X. I), den Petrus taufte. Herodes
hielt gerne seinen Hof in dieser Stadt. »Er zog von Judäa hinab gegen
Cäsarea, und hielt allda sein Wesen, denn er gedachte wider die von
Tyrus und Sidon zu kriegen. Die aber kamen einmüthiglich zu ihm und
überredeten des Königs Kämmerer Blastum, und baten um Frieden, darum,
weil ihre Länder sich nähren mußten von des Königs Lande. Aber auf
einem bestimmten Tag that Herodes das königliche Kleid an, setzte sich
auf den Richtstuhl und that eine Rede zu ihnen. Das Volk aber rief: das
ist Gottes Stimme, und nicht eines Menschen. -- Alsobald schlug ihn
der Engel des Herrn, darum, daß er die Ehre nicht Gott gab, und ward
gefressen von den Würmern, und gab den Geist auf«. (XII.)
Paulus, auf seinem Rückwege aus Griechenland und Kleinasien, zu
Ptolemais, d. i. =S. Jean d'Acre= gelandet, zog von dort den
Landweg nach Cäsarea, wo Philipp der Evangelist, »der einer der
Sieben war« (XXI. 8) wohnte. In dessen Hause wurde dem Apostel die
Gefangennehmung geweissagt, die ihn kurz darauf zu Jerusalem traf,
und die ihn wieder zurück nach Cäsarea in die Hand des Landpflegers
Felix brachte (XXIII.); dort wurde er von dem Hohenpriester und den
Ältesten angeklagt, und mußte, obwohl nicht überwiesen, ja sogar im
Herzen von diesem Römer freigesprochen, aus Gleichgültigkeit oder
Unentschlossenheit desselben, zwei Jahre in der Haft bleiben (XXIV.),
bis er durch seine Beredsamkeit von dem Könige =Agrippa= das Zeugnis
der Unschuld, und, auf das Recht des römischen Bürgers sich berufend,
von dem neuen Landpfleger =Festus= die Erlaubniß erhielt, vor den
Kaiser nach Rom gebracht zu werden. (XXVI.)
Zu =Vespasians= Zeiten wurde Cäsarea als Kolonie betrachtet und
=Flavia Augusta Cäsarea= genannt. =Scherif Ebn-Idris= und =Abulfeda=
kennen sie als mächtigen und starken Platz. So erscheint sie auch in
den Kreuzzügen. Wann sie verfiel und endlich ganz verlassen wurde,
und zur Stätte wilder Thiere und Räuber herabkam, weiß ich nicht zu
beantworten. Ruhig lagen wir vor der Halle des südlichen Thores;
ein Türke aus Damaskus hatte sich zu uns gesellt; wir verzehrten
gemeinschaftlich das Mittagbrot, und holten uns Wasser aus dem Brunnen
innen am Thore. Es war dieß ein öffentlicher Brunnen gewesen; ein paar
Steinbecken stehen noch daneben. Wie manches Jahrhundert hindurch mag
er Wasser den Bewohnern der Stadt gegeben haben, die nun ein Feld von
Blumen und Disteln ist! --
Nachdem wir drei Stunden längs dem Gestade durch Sand und Muscheln,
welche die schönsten Farben in Gelb, Blau und Purpur spielten, weiter
geritten waren, wandten wir links ins Land, erst über Heide (1/4 St.),
dann über Fruchtboden, Hügel und Sumpfstrecken bis ans Dorf =Mohallet=
(1/2 St.), das ich für das =El-Mukhalid= Buckinghams (_Travels in
Palestina_, I. 217) und für das =Mohaila= des Relandus (=Paläst.= III.)
halte. Dieser Ort, der einige Ruinen aus Römerzeit zeigt, ist nach
meiner Ansicht auch einer und derselbe mit dem =Moleahä= der _Notitia
dignitatum Imperii Romani_ (_Paris_ 1651. _Sect._ 21), indem diese die
_Cohors prima =Flavia=_ dahin verlegt, was auf die Nähe von Cäsarea
deutet.
Wir ruheten dort unter einer Sykomore, die groß genug war, um mit ihren
Zweigen uns und unsere Pferde gegen die Sonne zu schützen; wir waren
aber unser Zwölf, denn es hatten sich auch ein Armenier aus Alexandria
und ein Grieche aus Akka nebst Dienern an uns geschlossen. Mohallet
liegt auf der Ostseite der Hügelscheide zwischen der See und der großen
Ebene. Diese lag nun aufgethan vor uns mit ihrer Fülle von Getreide,
mit ihren Öhl- und Johannisbrotbäumen, mit ihren zahllosen Herden von
Rindern, Schafen und Pferden. Jenseits stieg das nackte Gebirge von
Samaria empor und im NO. glänzte hoch im blauen Himmel eine riesige
Schneemasse, der =Antilibanon=.
Von Mohallet bis =Dschelir= sind 3-1/2 Stunden Weges über Hutweide,
Sanddünen und Feld. Man kommt halbwegs über einen starken Bach, den
=Nahr-el-Kassab=, und findet dann Sumpf. Die See bleibt auf eine
Viertelstunde zur Rechten. Später entfernt man sich bis auf eine Stunde
von derselben. =Dschelir= ist ein arabischen Dorf, zwischen und auf
zwei Hügeln liegend. Die Einwohner empfingen uns mit Steinwürfen. Wir
brachten die Nacht in einer schlechten Hütte zu. Am Meere liegt der Ort
=Eujejalie=, vielleicht =Apollonia= (Jos. _Antiq._ XIII. 23), welchen
die Peutingerische Tafel halbwegs zwischen Cäsarea und Joppe setzt. --
Eine Stunde vor Tagesanbruch verließen wir die ungastliche Herberge,
ritten über Hügel in ein Thal nieder, das links nach der Ebene und
rechts nach der See sich öffnet, und kamen darin über einen starken
Bach, =Nahr-el-Arsuff=, wo eine Steinbrücke auf Resten einer älteren
steht (1 Stunde). Trümmer von Gebäuden sind zur Seite, rechts aber auf
den Hügeln die ärmlichen Hütten des türkischen Dorfes =Schech-Said=.
Auf der jenseitigen Höhe fanden wir ein Beduinenlager (1/2 St.), aus
schwarzen Zelten bestehend, die ins Viereck geordnet waren und die
Herden umschlossen. Man grüßte uns freundlich und bot uns Milch. Eine
weite Ebene zeigt sich im Süden dieser Höhe und in derselben der Thurm
der Templer von =Ramle=, noch 3-1/2 Stunde entfernt. Die Ebene ist voll
Ortschaften. Wir kamen durch =Tschelebi=, =Jasur=, =Gebra=, =Hadelet=
und =Agrab=. Alle sind von dichtem Gehäge indischer Feigen umgeben, die
hier stärker und höher sind, als ich sie irgendwo sah. Alles ist oder
war Blatt an diesem Gewächse, das eine Art Zerrbild eines Baumes ist.
Ein Blatt wächst aus dem andern, aus dem Rande des Blattes die Blüthe
und weiter die Frucht; das untere Blatt verholzt sich dann, schmiegt
sich an das nächste, das in gleichem Zustande sich befindet, und so
wird ein Stamm daraus. --
=Ramle=, welches Einige irriger Weise für =Rama= in Ephraim halten, ist
wahrscheinlich die =Arimathäa= der Schrift (_Hieron. Epist. Paulae_).
-- Wir stiegen im Kloster des heiligen Landes ab, ein geräumiges, mit
hohen Mauern umschlossenes Gebäude, zur Herberge für die Pilger von
=Philipp dem Guten=, Herzoge von Burgund, gestiftet. Zwei spanische
Mönche des heil. Franziskus, Pater Thomas und Cyrillus Simeon, der
eine aus Murcia, der andere aus Kastilien, empfingen uns dort gut und
bewirtheten uns mit etwas Fischen, Brot und Gemüse. Die Kirche des
Klosters soll an der Stelle des Hauses =Josephs von Arimathäa= stehen,
der den Heiland begrub. Sie ist klein, faßt aber leicht die jetzige
katholische Gemeinde von =Ramle=, die nur aus zwei Familien besteht.
Das Kloster genießt unverbrüchlichen Schutzes von Seite des türkischen
Gouverneurs der Stadt, an welchen es dafür jährlich die geringe Summe
von 100 Piastern und ein Geschenk von 4 Ellen Tuch gibt.
=Ramle= ist ein höchst anmuthig liegendes, reich umgebenes Städtchen,
welches dermalen über 800 griechische und etwa 2000 mohamedanische
Einwohner hat. Die letzteren sind ziemlich wohlhabend, ob der
Fruchtbarkeit des Bodens. Sie feierten an diesem Tage eben ein Fest,
so daß die Flur um die Stadt, die Brunnen und Wasserbecken voll von
Frauen und Gefolge waren. -- =Abulfeda= behauptet den Ursprung dieser
Stadt durch =Soleiman=, den Sohn =Abdulmeleks=, nach der Zerstörung
von dem auf ein Paar Stunden entlegenen =Lydda= (_Geog. Man._), und
ein christlicher Schriftsteller, =Sanutus= (_Secret. fid. cruc. p._
152) behauptet gleichfalls die Gründung von =Ramle= durch die Araber.
=Anna Comnena=, in der Alexiade, schreibt =Ramel= (XI). Es wird diese
Stadt häufig in den Schriftstellern jener Zeit mit =Lydda= verwechselt.
Sie muß vordem eine weit größere Ausdehnung gehabt haben, da die
Gärten ringsum Cisternen und Ruinen in Menge zeigen. Im Norden der
Stadt findet man eine Cisterne zu vier und zwanzig Gewölben, vier
zu sechs, die noch dient und für ein Werk der Kaiserin Helena gilt.
Pater Simeon, der uns führte, wies uns auch ein Kapellchen am Abhange
im Felde, nun in Ruinen, das die Stelle bezeichnen soll, wo Simson
dreihundert Füchsen die Schwänze zusammenband, je zwei zu zweien,
Bränder dazwischen gab und sie so in die Felder der Philistäer laufen
ließ. (Richter XV.) Die Stelle ist gut gewählt, denn herrlich breitet
sich unabsehbar die Flur hin, welche so lange der Neid der Kinder
Israel und zu allen Zeiten eine reiche war. Wir besuchten die Kirche
der Johanniter, die der heil. Helena und die der Templer, die nun
sämmtlich in Moscheen verwandelt sind. Die letztere, ein großer Bau,
ist eine Doppelkirche, denn unter der einen steht unterirdisch die
andere. An die Kirche schlossen sich Hospitäler und Wohngebäude. Das
Ganze bildet ein Viereck, in dessen nördlicher Seite der oben erwähnte,
weit sichtbare, zierliche Thurm steht. Hundert acht und zwanzig
Stufen zu 9" führen auf dessen Spitze, deren nordwestliche Kante vor
wenigen Jahren der Blitz stark verletzte. Ich wartete auf der Spitze
des Thurmes, bis die Sonne unterging, das schöne Land der Philistäer
weithin überblickend.
Der Malem des Gouverneurs, ein Katholik, der mit seiner Familie nach
Jerusalem wollte, trug sich an, mit uns gemeinsame Karawane zu bilden.
Wir gaben dieß gerne zu, und machten uns Abends 9 Uhr bei herrlichem
Mondenschein auf den Weg. Die Frau, die Töchter und Mägde des Malem
reiseten in Tragkörben, je zwei und zwei auf einem Rosse. Da sich auch
ein Paar Türken aus =Ramle= an uns geschlossen hatten, so war unsere
Karawane zahlreich, und bestand aus Katholiken, Griechen, Armeniern und
Mohamedanern, alle zur Pilgerschaft nach der einen und selben Stelle,
=dem heiligen Grabe=, vereiniget! -- Am Dorfe =Kebab= (3 Stunden)
verließen wir die Ebene und traten zwischen Hügel. Dort blieb uns ein
anderes Dorf auf einer Höhe zur Rechten, Ruinen einer Warte in sich,
die im Halbdunkel der Nacht sich riesig ausnahmen (1 Stunde). Ich halte
dieß für die Stelle von =Nikopolis=, die früher =Emmaus= hieß und
nicht zu verwechseln ist mit dem Dorfe =Emmaus=, das nur drei Stunden
(60 Stadien) von Jerusalem entfernt lag. (Luk. 24. 13.) Der Talmud
bezeichnet die Lage von Nikopolis genau durch die Worte: »Von Bethkoron
bis Emmaus ist das Land gebirgig, von Emmaus bis Lydda Feld, und von
Lydda bis ans Meer Ebene.« Das _Itinerarium Veteri Hierosolymitano_
setzt die Entfernung von Emmaus bis Jerusalem auf 22 Miliarien, und
von Emmaus bis Lydda auf 10; was die Entfernung der erwähnten Orte
von diesen beiden bekannten Punkten wirklich ist. =Hieronymus= (im
Commentar zu =Daniel=, Kap. 12) sagt: daß bei Emmaus das Gebirge von
Juda beginnt, was ganz mit der Lage dieses Ortes übereinstimmt. Auch
sieht man einige Reste alter Mauern dort. =Josephus= aber führt an, daß
Emmaus mit Thürmen und Mauern umgeben war. (_Antiq._ XIII. 1.) Keine
Stelle auf dem Wege von Jerusalem bis Lydda oder bis Ramle ladet so
sehr zur Anlage eines Vorwerkes, eines festen Punktes ein, und als
solcher erscheint Nikopolis in mehreren Kriegen der alten Zeit.
In einem bebauten aber engen Thale ruhten wir, und stiegen dann die
steilen und felsigen =Berge von Judäa= hinauf, deren Rücken wir nach
fünf Stunden Weges auf mühsamen und gefährlichen Pfaden erreichten.
Hart unter demselben, an der Ostseite, liegt der Ort =Errit-el-Enneb=,
mit netten und geräumigen Häusern aus Stein, welche Terrassen und
mehrere Stockwerke haben. Er wird von Arabern bewohnt, die uns
freundlich entgegen kamen. Dort steht auch eine verlassene Kirche der
Templer, ein ehrwürdiger Bau, aus drei Schiffen bestehend, jedes zu
sechs Pfeiler; nun Salzmagazin und Viehhürde. Auch andere Reste des
Mittelalters bemerkt man dort. Die nächste Bergspitze krönt der Ort
=Suba=, eine der folgenden =Kaßr=. Man reitet unter dieser weg (50
Min.), steigt einen steilen Pfad hinab und erreicht, ganz im Thale (35
Min.), Ruinen von Kirchen und Hospitien starken Baues. Daran rauscht
ein Bach vorbei, über den eine Steinbrücke führt; am Abhange liegt
das Dorf =Kolonia=, der Sitz eines arabischen Häuptlings, =Bogooz=.
Das Gebirge rings ist unwirthbaren Anblickes; die weißen wagrechten
Lagerungen des Gesteins scheiden Terrasse von Terrasse; aber diese sind
wohlbepflanzt und gesegnet. Nach anderthalb Stunden erreichten wir die
nächste Höhe und ritten über wüstes Steinfeld langsam fort. Da trat im
Osten mehr und mehr hohes Gebirge hervor, einfach, langgestreckt, und
begränzte den Gesichtskreis nach dieser Richtung; es war das Gebirge
=jenseits des todten Meeres=. Im Westen hoben sich Hügel, steinig
und nackt; aber die Schluchten wiesen lebendiges Grün, hochummauerte
Klöster, Kirchlein und Moscheen. Vor uns stieg, olivenbekränzt, eine
Höhe empor, mit Kirchengebäuden zu oberst, es war der =Öhlberg=. Bald
darauf, quer über die Flachhöhe gezogen, erblickten wir hohe Thürme und
Mauern, mächtige Kuppelgebäude und schlanke Minarete, alles von der
Farbe des Felsens und wie daraus gehauen; =Khodeß!= rief der Führer der
Karawane. =Jerusalem!= riefen wir alle -- und sie war es; =die heilige
Stadt stand vor uns!= --
Wir ritten durch das Pilgerthor früh 9 Uhr, und stiegen im Kloster
der =Terra Santa= ab, diesem großen Hospitium aller abendländischen
Pilger, das von einigen vierzig Franziskaner-Mönchen servirt wird,
dermalen durchaus Spanier und Italiener. Unter den Fremden fanden wir
zwei Kapläne der französischen Truppen der Morea, einen Irländer,
mehrere Italiener u. s. w. Der Vorsteher des Klosters und überhaupt
des kirchlichen Kreises des heil. Landes, welcher den Rang eines
insulirten Abtes hat, war in der Kirche zum heil. Grabe eingeschlossen,
wo er während der Charwoche zu bleiben pflegt. Der Prokurator wies uns
einstweilen Zimmer an, und die Mönche waren auf das Freundlichste
beeifert, uns gefällig zu seyn.
Dieses Kloster enthält die Kirche zum heil. Erlöser, und ist ein Bau
mancher Jahrhunderte, ein Labyrinth von Gängen, Stiegen, Gemächern,
Höfen, Gärten und Terrassen, von hohen Mauern umfangen und an die
nördlichen Stadtmauern zwischen die Thore von Damaskus und Betlehem
gelehnt.
Bevor ich irgend einen Gang unternahm, bestieg ich die höchste
Terrasse des Klosters und besah das große Bild der Stadt. Sie deckt
den Ausgang der Flachhöhe, die von Nord nach Süd sanft sich senket,
eben wo dieselbe in mehrere Füße sich theilet, in vier nämlich; davon
fallen zwei nach dem Thale =Josaphat= ab, das nahe am Nordostwinkel
der Stadt seinen Ursprung nimmt und diese vom Öhlberg und weiter vom
Berg der Verunreinigung (_Mons offensionis_, I. Könige 11) scheidet.
Der dritte Fuß trägt das Südwestviertel und fällt im Süden gleichfalls
nach Josaphat, im Westen aber nach einem aus der Flachhöhe in der
Richtung südwest auslaufenden Thale ab; nach diesem auch der vierte,
oder nordwestliche. Im Ganzen geht die allen gemeine Hauptrichtung
der Neigung Ost und Südost. Wo in der Mitte der Stadt die vier Hügel
sich mit sanfter Vertiefung finden, hebt sich ein fünfter, kleiner,
felsiger, wie die Flachhöhe selbst solcher mehrere hat; dieser
ist der =Golgatha=, und dort ragt mit zwei gewaltigen Kuppeln die
Kirche den heiligen Grabes empor. Der nordwestliche Hügel ist der
höchste, und trägt die Burg; der südwestliche, außerhalb der Mauern,
die Gebäude, welche über den Gräbern der Könige David und Salomon
errichtet sind; der südöstliche oder niedrigste die Moschee an der
Stelle des Tempels Salomons. Die Stadt weiset ein Gedränge hoher
Gebäude, alle mit Terrassen gedeckt, zwischen denen die Minarete,
Kuppeln und Dattelpalmen, majestätische Gruppen bildend, emporragen.
Der Öhlberg zur Linken, d. i. im Osten, nur durch das schmale Thal
getrennt, ist höher als die Hügel der Stadt, und begränzet somit die
Aussicht. Nach Süden und Westen strecken sich felsige Höhen, hier
höher, dort niedriger, hin. Die allgemeine Farbe der Landschaft ist die
graue. Grüne Feldstreifen durchziehen sie. Feierliche Ruhe herrscht
in diesem Bilde, die demselben einen vereinenden und unvergleichbaren
Ausdruck gibt. Jerusalem und dessen Umgebung sind keiner anderen Stadt
und keiner anderen Gegend ähnlich. Man kann nicht auf dieser Stelle
stehen, die, geschichtlich betrachtet, die Mutter einer der größten
Weltumwandlungen ist, ohne daß tiefer Ernst das Gemüth überkomme und es
in die Farbe der Landschaft selbst kleide.
Die Bibel erwähnt zum ersten Male Jerusalems im I. Buche Mosis 14.
Kap. 18. V. -- Damals hieß sie =Salem=, d. i. =Friede=! Man nimmt
an, daß sie von =Melchisedech=, der in der angezeigten Stelle als
Herr derselben genannt wird, im J. 2023 gegründet worden sey. Damals
umfaßte sie die Hügel =Morija= und =Akka=. Fünfzig Jahre darauf
eroberten die Jebusäer die Stadt und bauten eine Burg auf dem Hügel
Sion. Sie nannten die Burg nach ihrem Stammherrn Jebusi, Kanaans des
Sohnes Hams, des Sohnes Noahs Sohn (I. Mos. 10) =Jebus=. So wurde
aus Burg und Stadt =Jebus-Salem=, und später mittelst einer in den
morgenländischen Sprachen häufigen Verwechslung mancher Mitlaute,
=Jerusalem=. -- Josua, in seinem Verheerungskriege von Kanaan eroberte
Salem; aber erst =David= verjagte die Jebusäer aus der Burg. Er setzte
sich in derselben fest und nannte sie nach sich. Er erst durfte singen:
»Zu Salem ist Gottes Gezelt und seine Wohnung auf Sion.« (Ps. 76.)
=Salomon= verherrlichte die Königsstadt; aber fünf Jahre nach dessen
Tode zog der Ägypterkönig =Schischak= (der Sesonchis des Manetho und
der Scheschonk der königlichen Ringe des Tempels von Karnack u. s. w.;
siehe meine Erinnerungen aus Ägypten II. _p._ 85) gegen =Roboam= und
plünderte ganz Judäa und auch Jerusalem, »und nahm die Schätze aus dem
Hause des Herrn und aus dem Hause des Königes, und alles, was zu nehmen
war, und die goldenen Schilde, so Salomon hatte machen lassen.« (II.
Chronik 12. Könige 14.) Hundert fünfzig Jahre nach Salomon eroberte
=Joas=, König von Israel, Stadt und Burg, und plünderte beide. (II.
Könige 14.) Der Kampf zwischen Assyrien und Ägypten, der =siebenzig=
Jahre später ausbrach, führte =Sancherib= vor Jerusalem (II. Könige 18,
19. II. Chronik. 32), warf die Stadt und ihren König =Josias= unter die
Waffen des Pharaonen =Neko= (Jerem. 46. II. Könige 23. II. Chronik 35.
36), und endlich unter diejenigen des Babyloniers =Nebukadnezar=, der
die Mauern brach und ganz Juda in Gefangenschaft schleppte. (II. Könige
24. 25. II. Chronik 36.)
=Siebenzig= Jahre nach diesem schweren Gerichte des Himmels, da =Cyrus=
Herr in Asien geworden war und den Juden die Heimath wieder eröffnet
hatte, bauten =Zerubabel=, =Esra= und =Nehemia= Stadt und Tempel wieder
auf. (Esra. Nehem.) Jerusalem diente den =Persern=, bis diese den
=Mazedoniern= erlagen. =Alexander= ging im J. 3573 durch die Stadt.
=Philadelphus= beschenkte den Tempel. =Antiochus Epiphanes= eroberte
und plünderte Jerusalem; die =Makkabäer= errangen ihr die Freiheit.
=Pompejus= unterwarf sie den Römern; =Crassus= beraubte den Tempel;
die =Parther= plünderten sie. =Herodes= schwang sich zum abhängigen
Herrscher auf; er und sein Geschlecht gaben Jerusalem ein Nachbild von
Glanz und Leben; aber Judäa, als römische Provinz, lehnte sich auf, und
=Titus= der Gütige vollbrachte die gänzliche Zerstörung der Stadt.
Vom 14. April bis 1. Juli, Jahr 71 nach Christo, wurden aus einem
einzigen Thore 115,880 Leichen aus der Stadt getragen; im Ganzen gingen
in Jerusalem 1,100,000 Menschen, im Lande aber 238,460 Männer während
dieser Schreckenszeit zu Grunde; 99,200 wurden gefangen und zu dreißig
für einen Denar verkauft. (=Josephus= _de bello Jud._ VI. 16. VII. 17.)
=Hadrian= warf über den Haufen, was bis zu seiner Zeit aufs Neue
gebaut war; baute darauf selbst und zwar nach der Ausdehnung, die noch
besteht. Jerusalem hieß nun _Aelia Capitolina_. Der neue Name brachte
den alten fast in Vergessenheit (_Euseb. de martyr. Palaestinae_ XI.),
weßhalb auch die arabischen Schriftsteller sie häufig nur unter dem
Namen =Aelia= kennen. Als solche wurde sie, im J. 613, von =Kosroes=,
dem Perser, erobert, wobei 90,000 Christen in die Hände der Juden
fielen. Vierzehn Jahre darauf trug Kaiser =Heraklius= das Kreuz wieder
hin. Aber schon im J. 636 fiel sie in die Hände der Bekenner Mohammeds;
=Omar= eroberte sie nach viermonatlicher Belagerung und wurde darin
ermordet. Nach vielem Elend und Jammer, nach mancher Belagerung und
Einnahme in den Kämpfen zwischen den Geschlechtern der Kaliphen, kam
sie zuletzt in die Hände der =Fatimiten=, denen sie die =Kreuzfahrer=
(Freitag, 15. Juli 1099, 3 Uhr Nachmittags) abnahmen. Nun folgten sich
dort =neun= Könige aus fränkischen Rittergeschlechtern, Gottfried v.
=Bouillon=, =Balduin= I., =Balduin= II., =Foulques d'Anjou=, =Balduin=
III., =Amaury=, =Balduin= IV., =Balduin= V. und =Guido Lusignan=, der
Jerusalem im J. 1188 an =Salaheddin= verlor. Für jeden Kopf verlangte
der Sarazene zehn byzantinische Goldstücke Lösegeld; er schätzte also
den Menschen zu höherem Preise als Titus der Gütige. 14,000 Christen
fielen aus Mangel dieser Summe in Sklaverei. Die Kirche zum heiligen
Grabe wurde von den Syrern freigekauft; die übrigen Kirchen wurden in
Moscheen umgewandelt. Im J. 1242 lieferte der Emir =Saleh-Ismail= von
Damaskus, da er gegen den Sultan von Ägypten, =Nehimeddin=, zu Felde
lag, Jerusalem in die Hände der Lateiner. Der Ägypter eroberte die
unglückliche Stadt noch in demselben Jahre, und vertilgte alle Bewohner
darin. Im J. 1291 wurden die Lateiner ganz aus Palästina vertrieben,
und die Krone, die seit =Salaheddin= (trotz dem, daß Kaiser Friedrich
II. mit dem Sultan Jerusalem getheilt, und auf dem heiligen Grabe die
Krönung empfangen hatte) wenig mehr als ein Titel war, kam als solcher
an das Haus Sizilien.
Seit der Eroberung Ägyptens durch =Selim= I., Jahr 1716, wohnt Ruhe in
der von dem Verhängnisse schwerer als irgend eine andere getroffenen
Stadt. Jetzt ist sie dem Pascha von Damaskus untergeordnet und wird
durch einen Statthalter desselben regiert. Sie zählt 21,000 Einwohner,
darunter 8000 Mohammedaner, 3000 Griechen, 5000 Juden, 4000 Armenier
und bei 1000 Katholiken und Maroniten. Ihr heutiger arabischer Name ist
=Khodeß=; dieser ist auch wahrscheinlich ihr ältester bei den Arabern.
=Herodot= nennt sie =Kadytos= (II. 159. III. 5.)
Der erste Weg, den ich durch die Stadt machte, war derjenige quer durch
dieselbe von Nord nach Süd bis ans Thor von Sion und vor dasselbe.
Dort, außerhalb den Mauern, bietet die Flachhöhe einen fast ebenen
Platz von 200 Schritten Breite und 500 Schritten Länge. Ich denke,
daß dahin =Millo= zu setzen komme. (Chron. 12. II. Chron. 32) Darauf
steht zunächst außer dem Thore eine Kirche der Armenier, welche man das
Haus des Hohenpriesters =Kaiphas= nennt (Matth. 26), ein schlechter
Bau, etwa ein Paar Jahrhunderte alt. Weiter ist eine Moschee und
daran ein Hospital; diese waren einst Kirche und Kloster, den Mönchen
zum h. Franziskus von =Donna Sanzia=, Gemahlin des Königs Robert von
Sizilien, im J. 1336 erbaut, und stehen auf der Stelle, wo man das
=Grab Davids= und =Salomons= wissen will und lange verehrte. (Nehemias
III.) Die Bibel sagt jedoch, daß beide in der Burg Davids begraben
wurden. (Könige II. XI.) Vergleichstellen aus =Jeremias= (XXVI. XXXVI.)
lassen vermuthen, daß unter dem =Hause= Davids und der =Burg= Davids
verschiedene Orte verstanden wurden. Auf derselben Stelle soll auch
das Haus =Obed Edoms=, des Gathithers, gestanden haben, wo die Arche
des Herrn drei Monate hindurch beigesetzt blieb, bevor sie in Davids
Burg gebracht wurde. (II. Sam. 6.) In der =neuen= Kirche wird diese
Stelle verehrt als diejenige, wo Christus das letzte Osterfest hielt,
das =Abendmahl= einsetzte, den Aposteln nach der Auferstehung erschien
und den heiligen Geist über sie sandte; wo er Thomas die Finger in
seine Wundmale legen hieß und sprach: »selig sind die, die nicht sehen
und doch glauben;« wo er den Jüngern sagte: »gehet hinaus und prediget
der ganzen Welt!« wo ferner die =erste Kirche= erhöht, der =erste
Bischof= von Jerusalem, St. Jakob der kleinere, geweiht und durch St.
Petrus das =erste Konzilium= gehalten wurde. In den Umfangmauern der
Moschee zeigt man einige ältere Mauerreste, und sagt sie dem Hause
angehörig, worin die Mutter des Heilands verschied. Auf dem freien
Raume neben den erwähnten Gebäuden sind die Grabstätten der Christen,
durch in den Boden gelegte Steine geschieden nach den verschiedenen
Sekten, und eifersüchtig bewacht. -- Ich besah noch Kirche und Kloster
zum =heil. Jakob=, das schönste und reichste aller christlichen
Hospitien in Jerusalem, einst den Katholiken gehörig, aber von diesen
den Armeniern in der nicht erfüllten Hoffnung einer Kirchenvereinigung
abgetreten. Die Wände der Kirche sind bekleidet mit in vergoldete
Rahmen eingelegten Bildern; der Boden, aus feinem geglätteten Marmor,
ist mit köstlichen Teppichen belegt; Kanzel und Thüren sind aus
Schildkröte und Perlenmutter-Reichthum und Kunst zieren vorzüglich
die kleine Kapelle, über der Stelle erbaut, wo der heilige Jakob
enthauptet wurde, und die als ein vorzügliches Heiligthum verehret
wird. Die Pilgerherberge ist geräumig und mit allem Nöthigen für Mann
und Roß reichlich versehen. Es herrscht eine wohlthätige Reinlichkeit
in allen Theilen dieses armenischen Hospitiums. -- Von den weitläufigen
Terrassen genießet man eines herrlichen Ueberblickes der Stadt, denn
dies Gebäude krönt den südwestlichen Hügel, den ich für den =Akka=
halte, während der nordwestliche oder höchste am wahrscheinlichsten
der vielbesungene =Sion= ist. =Morija=, welcher den Tempel trug, und
=Bezetha= sind die beiden östlichen. Mit ganzer Sicherheit läßt sich
eigentlich nur =Morija= bestimmen, denn noch weiset er das geebnete
Feld, vier Stadien ins Gevierte, worauf (_Jos. d. bell._ VI. 6) der
Tempel stand. Da die vier Hügel Abfälle einer und derselben Höhe sind,
so ist häufig =Sion= der allen gemeinsame Name, und noch häufiger
wurden unter dieser Bezeichnung die beiden westlichen, Sion und Akka,
begriffen.
Am Ostersonntage, früh 3 Uhr, also vor Anbruch des Tages, führten uns
die Mönche in die Kirche zum heiligen Grabe; ein ehrwürdiger, mächtiger
Bau; eine Welt, in welcher besonders zur Nachtzeit und bei dem Scheine
von tausend Lichtern und Lampen, das Auge des Pilgers erst spät
sich zurecht findet. Der erste Anblick schlägt mit Verwunderung und
Ehrfurcht. Die Größe und Höhe der Mittelhalle, der Tempel im Tempel,
die Gänge und Kirchen, die Stiegen und Höhlen; die verschiedenen
Völkerschaften, welche =zugleich= den Gottesdienst üben; das Wohnen,
Kaufen und Verkaufen in den Zwischenhallen; die Frömmigkeit, womit
Christ und Mohammedaner vor =demselben= Grabe sich beugen, machen
diesen Tempel zum Mittelpunkte der Welt. Er ist bei Tag und Nacht
besucht und niemals leer. Die Marken der Zeit sind da ohne Kraft.
Am Eingange sah ich eine Zahl reich gekleideter Türken in einer Nische
zur Linken auf Teppichen ruhn und die Pfeife schmauchen. Diese sind die
Zöllner und Wächter des Tempels. Sie nehmen jedem Raja beim Eintritt
vier Piaster d. i. einige zwanzig Kreuzer ab. Franken sind frei, außer
sie wollen sich die heilige Grabstelle, das Allerheiligste, zu Stunden,
wo es geschlossen zu seyn pflegt, öffnen lassen, in welchem Falle sie
ein beliebiges Trinkgeld geben. Während alle Sekten des Christenthums
wie Strahlen in diesem einen Mittelpunkte sich vereinigen, tragen sie
ihren Haß und Neid bis auf diese heilige Stelle mit sich, und schlagen
sich da mit ihren Ketten. Die eine verspottet und verfolgt die andere,
und sucht ihr ein Stückchen Raum oder ein paar Lampen abzudrängen. Die
Türken, mit unstörbarer Ruhe und Würde, halten die Ordnung aufrecht
und gebieten jeder Sekte Achtung für die Rechte und Gebräuche der
übrigen. Sie schreiten vor den Priestern bei den heiligen Umgängen
einher, öffnen das Gedränge des Volkes jetzt für Katholiken, jetzt
für Griechen, jetzt für Armenier, jetzt für Kopten u. s. w., für jede
Sekte nach ihrer Reihe und Weise. Ohne die Türken führen an dem ersten
Festtage die Christen sich einander in die Haare, und machten den
Tempel zur Mördergrube. Das ist die Wahrheit; ich weiß wohl, daß sie
eben keine erfreuliche oder ehrenvolle für uns ist. --
Ich besah alle Heiligthümer, und blieb eine halbe Stunde im
Allerheiligsten. Dann wohnte ich dem österlichen Hochamte und dem
dreimaligen Umgange nach Weise aller Pilger, mit brennender Wachsfackel
in der Hand, bei, und besah zuletzt noch die Ceremonien der Griechen
und Armenier, welche das Palmenfest, zuerst jene, dann diese, mit Amt
und Umgängen feierten. Es war eine große Menschenmenge im Tempel.
Ein Theil des ärmeren Volkes schläft und wohnt darin während der
Festzeit. Das Geschrei des Marktes dringt aus den Hallen. Die Orgel der
Katholiken, die Cymbeln und Metallplatten der Griechen und Armenier,
die Gesänge der Priester und Gläubigen, das Geschwätz der Müßigen,
die Ordnungsrufe der Türken dringen in und durch einander. Manche der
sonderbarsten Gebräuche uralter Verbreitung im Orient, unserer viel zu
verdorbenen Einbildung nicht faßlich, sind da herrschend. Wahrlich, es
ist eine Welt, und rührend der Zusammenfluß der Völker und majestätisch
die Nacht darin.
Ich will mich nicht in eine Kritik der heiligen Stellen einlassen. Der
Glaube thut hierin das Meiste, und einige Klafter zur Rechten oder
Linken thun nichts. Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Nachweisung
der heiligen Stellen von den ersten Christen ihren Kindern überliefert
wurde; ja es ist unwahrscheinlich, daß, während die Christen in Asien
und Europa Kirchen baueten, sie nicht die durch ihren Meister und
Heiland merkwürdig gewordenen Stellen gekannt haben sollen, welche die
Zeitgenossen Christi kennen mußten. Sechs und vierzig Jahre nach der
Zerstörung der Stadt durch =Titus= erhielten die Gläubigen von Kaiser
=Hadrian= die Erlaubniß, =über dem Grabe Christi= ein Gotteshaus zu
errichten (_Epit. Bell. Sacror._). Bis Hadrian war aber seit Jakob,
welcher im Jahre 35 nach Christi zum ersten Bischof von Jerusalem
gesalbt worden war, eine ununterbrochene Reihe von Bischöfen. Dieß
und die natürliche Voraussetzung, daß man seit erster Zeit die Gebete
lieber auf geweihten als anderen Stellen gehalten habe, bürgen für die
Treue der Ueberlieferung. =Konstantin= baute eine Basilika über dem
heiligen Grabe. =Hieronymus=, der sich im Jahre 385 nach =Bethlehem=
zurück zog, gibt eine Schilderung der heiligen Stellen, welche die
Einerleiheit der zu seiner Zeit und der heute dafür angesehenen
darthut; =Eusebius= und =Cyrillus= deßgleichen, und =Gregor von Nissa=
eifert gegen den Mißbrauch der Pilgerschaften, denn damals schon kamen
Pilger aus allen Weltgegenden dahin. Die Basilika Konstantins, von
=Kosroes= zerstört, wurde von =Heraklius= wieder hergestellt. =Omar=
ließ den Christen dies Gotteshaus. =Hakem= verwüstete es zum Theile (J.
1009). Die =lateinischen= Könige stellten es her und erweiterten es,
um die Schädelstätte, =Golgatha=, wovon das Grab nur fünfzig Klafter
entfernt liegt, mit einzuschließen. Wir wissen, daß erst Hadrian den
Golgatha mit in die Stadt zog. Nichts natürlicher als daß das Grab
Josephs von Arimathäa sich in dessen Nähe befand. Tausende ähnlicher
Gräber sind rings um Jerusalem, und kaum eine Felsspitze ragt dort über
den Boden, in die nicht ein Grab oder der Eingang zu einem solchen
gehauen wäre. Familiengräber im Fels seines Ackers oder seines Gartens
waren seit ältester Zeit in diesem Lande üblich. Joseph von Arimathäa
hatte aber seinen Garten am Golgatha.
Der Tempel, den die lateinischen Könige hinterließen, hatte 120° Länge,
70° Breite und drei Kuppeln, wovon die über dem heiligen Grabe zu 30
Klafter Durchmesser. Balken von Cedern des Libanons bildeten die Decke.
-- Dieser Tempel verbrannte vor wenigen Jahren. Die Katholiken geben
den Griechen Schuld, den Brand angelegt zu haben. Wahr ist, daß diese
zur Zeit, als das Unglück geschah, die Kapitale und Materialien zum
Bau des heutigen Tempels bereit liegen hatten, und seit sie denselben
ausführten, die Katholiken aus vielen ihrer Vorrechte verdrängten.
Der heutige Tempel ist von der Ausdehnung des früheren. Innerhalb
dem Umfange desselben, nach Art des Allerheiligsten in den meisten
Tempeln der alten Welt, steht als ein für sich geschlossenes Haus
das =Allerheiligste= dieses Tempels, nämlich das =Grab Christi=. Die
Pforte sieht nach Ost und hat 4' Höhe und 2' 4" Breite. Vor derselben
sind zwei große Kandelaber aus Silber aufgerichtet, und an den Seiten
zwei Marmorbänke angebracht; über der Pforte aber, in Marmor gehauen,
sieht man die drei Marien, den Erzengel Gabriel und den auferstehenden
Heiland. Durch diese Pforte tritt man in das erste, ganz mit Marmor
ausgelegte, von zwölf Säulen an den Wänden gestützte Gemach, das des
Engels genannt, weil darin, auf Fußgestelle von Marmor und in Marmor
gefaßt, das Stück Kalkstein bewahrt wird, an welches, wie man glaubt,
von dem Engel, der zu Marien sprach, der Schlußstein des Grabes gelehnt
worden war. »Und der Engel des Herrn kam vorm Himmel herab und wälzte
den Stein von der Thür und setzte sich darauf; Und seine Gestalt war
wie der Blitz und sein Kleid weiß wie der Schnee.« (Matthäi, 28).
Das zweite Gemach, 5' 11" lang, 5' 10" breit, 3' 7" hoch, ist das Grab
des Heilandes, eine in das Leben des Felsens gehauene, mit Marmor
ausgelegte Grotte. Ueber dem Eingange ist dieselbe Darstellung wie
über dem ersten, aber statt der drei Marien, =Magdalena=, =Jakobi= und
=Salome=, deren die Evangelien des =Markus= und =Lukas= im letzten
Kapitel erwähnen, erscheinen hier nur die ersten beiden, wie bei
=Matthäus= zu lesen. -- Zur Rechten, im Eingange selbst, zeigt man den
gespaltenen Schlußstein, in der Grotte aber die Grabstelle, wo aus
einem Steinblocke von 2' 4" Höhe, 5' 11" Länge und 2' 10" Breite der
Leichnam, mit dem Haupte nach Abend gewendet, lag. Eine Marmorplatte
deckt diesen Block und dient als Altar bei Lesung der Messe. Den
Hintergrund schmücken ein katholisches und ein griechisches Bild. Vier
und vierzig Lampen brennen darin, fünfzehn aber im Vorgemache. Drei
Löcher sind in der Decke angebracht, um den Dampf hinaus zu lassen;
über der Decke steht eine Art Thurm morgenländischen Styles. Im
Vorgemache zwischen der zweiten und dritten Säule zu beiden Seiten des
Einganges, sind länglichrunde Löcher durch die Wand geschlagen, durch
welche am Charsamstage der im heil. Grabe eingeschlossene griechische
und armenische Bischof =das heilige Feuer= den Gläubigen reichen. Die
einen behaupten und die anderen glauben nämlich, der heilige Geist
steige an diesem Tage vom Himmel, und zünde die Kerzen an. Diese Szene
ist die feierlichste des Jahres. Der türkische Gouverneur mit seinem
ganzen Hofstaate wohnet derselben in der Gallerie der Katholiken bei
(wobei die Mönche des heil. Franziskus ihm Erfrischungen reichen
müssen), und auf seinen Wink geschieht das Wunder. Das Volk reißt sich
um das Glück, ein Kerzchen am heiligen Feuer anzuzünden, und jeder
trägt es in seine Herberge, sorgsam bemüht, daß es nicht verlösche.
Es gibt Beispiele, daß Gläubige es von Jerusalem bis Konstantinopel
gebracht haben. Reste uralter, längst verschwundener Religionen leben
als Erbstücke in den heutigen fort. --
Ueber das Allerheiligste wölbt sich die große Kuppel des Domes. Eine
runde Halle umgibt dasselbe, die von achtzehn Pfeilern getragen wird.
Die Pfeiler haben 5' 10" Breite und 4' Abstand unter sich, mit Ausnahme
der beiden Paare in West und Ost, wovon die ersten 4' 6", die anderen
aber, von dreifacher Breite der übrigen, 20' Raum zwischen sich haben.
Auf den Pfeilern ruhen zwei Stockwerke von Bogengängen, worin jeder
Sekte ihr besonderer Gebetplatz angewiesen ist. Im Osten des heiligen
Grabes zwischen den beiden breiten Pfeilern hindurch tritt man in
die =Kirche der Griechen=, die geräumigste und reichste derjenigen,
welche die Mittelhalle umgeben. Sie ist mit Gold, Bildwerken, Marmor
und Lampen geschmückt, und über sie wölbt sich die zweite Kuppel,
zu deren geschlossener Krone von außen eine Stiege hinaufläuft.
Die mittlere allein ist mit Blei gedeckt und oben wie die Rotonda
geöffnet. Den Mittelstein ihrer Kirche sehen die Griechen als den
Mittelpunkt der Erde an. Was Wunder, betrachtet sich doch jeder Mensch
als den Mittelpunkt der Schöpfung; und warum sollte er es nicht? --
Im Norden des heil. Grabes, zwischen dem zweiten und dritten Pfeiler
hindurch, geht man in eine Vorhalle, worin die Orgel der =Katholiken=
aufgerichtet steht, und kommt dann in die Kirche derselben. An diese
ist ein Hospitium angebaut, für die Mönche, welche den Dienst im
heiligen Grabe haben. Aus Mangel an Geld ist dieses sehr verfallen,
und der Regen bricht durch. Das obere Stockwerk gehört den Türken, die
gerade über der katholischen Kirche Pferdeställe haben, denn ob der
Neigung des Berges ist der Eingang in dies Stockwerk von der einen
Seite ebenen Schrittes.
Aus der Vorhalle der Katholiken geht man in ihre Sakristei, und über
Stiegen in den ihnen zugewiesenen Theil der Bogengänge. In dieser
Vorhalle wird die Stelle verehrt, wo =Magdalena= den auferstandenen
Heiland für den Gärtner des Ortes nahm, und er ihr zurief: »Weib, was
weinest du?« (Joh. 20).
An der Nordseite, gleichlaufend mit der Außenwand der griechischen
Kirche, ziehen zwei Gallerien hin; die erste ist diejenige, wo heut
zu Tage Markt gehalten wird für das Volk, so im Tempel nachtet und
wohnet. Getreide, Grünzeug, Speisen aller Art werden da mit dem
üblichen Geschrei verkauft und gekauft. Die andere Gallerie hat an
ihrem östlichen Ende eine Grotte, 7' lang und 6' breit, die man das
=Gefängniß Christi= zu nennen pflegt, als den Ort, wo er vor der
Kreuzigung, bis alles zu dieser Handlung bereit gelegt war, gehalten
und verhöhnt worden seyn soll. Im Osten, hinter der griechischen Kirche
läuft ein Bogengang, an dem mehrere Kapellen zur Linken angebaut
sind, und zwar zuerst ein Altar der Armenier; dann Pforte und Aufgang
ins griechische Kloster, welches an den Tempel gebaut ist; weiter
die Kapelle zur Erinnerung an die Stelle, wo um die Kleider Christi
gewürfelt wurde, »auf daß erfüllet würde die Schrift, die da sagt:
sie haben meine Kleider unter sich getheilet und haben über meinen
Rock das Loos geworfen« (Joh. 19. 24); weiter eine Stiege zu acht und
zwanzig Stufen, welche in eine Grotte hinabführt. Dort ist die jetzt
den Armeniern gehörige =Kapelle der heil. Helena=, von vier Säulen
getragen, und der Sitz, wo sie während der Kreuzauffindung betete.
Dreizehn Stufen tiefer gelangt man in die Grotte der =Kreuzauffindung=.
Am oberen Ende der Stiege steht die =Schimpfsäule=, 2' hoch und 1'
Durchmesser, auf welcher Christus verspottet und gekrönt wurde.
Nachdem man abermals an einer Pforte, die zum griechischen Kloster
führt, vorüber gekommen ist, steigt man über zwanzig Stufen auf die
=Schädelstätte=, welche gerade Raum für eine Kapelle und Vorhalle hat.
Die nördliche Hälfte der Kapelle enthält die Stelle der Kreuzigung.
Da, wo man voraussetzt, daß Christus auf das liegende Kreuz geheftet
wurde, ist eine Marmorplatte ausgebreitet. Die südliche Hälfte zeigt
das Loch, worin das Kreuz aufgerichtet stand. Der Gekreuzigte sah
=abendwärts=, als wenn sein letzter Hauch den Sieg vorzüglich nach
dieser Richtung tragen sollte! -- Das Kreuz des guten Sünders war also
an der Nordseite. Der Vorplatz bezeichnet die Stelle, wo Maria weinte,
und wo neben ihr stand der geliebte Jünger des Herrn. »Weib, siehe, das
ist dein Sohn!« und Du: »Siehe, das ist deine Mutter!« (Joh. 19). Unter
der Kapelle zeigt man eine Grotte und darin die =Spaltung des Felsens=.
»Und siehe, der Vorhang des Tempels zerriß von oben bis unten, und die
Erde erbebte, und die Felsen spalteten sich, und die Gräber thaten
sich auf.« (Matth. 27). In dieser Spalte, so glaubt das Volk, wurde
damals das Haupt Adams gefunden; denn auf dem Golgatha soll er Gott
dem Schöpfer sein letztes Opfer gebracht haben. So knüpft die Sage die
beiden Epochen der Gründung und der Erlösung des Menschengeschlechtes
an eine und dieselbe Stelle der Erde. Dort waren bis zum letzten Brande
auch die Ruhestätten =Gottfrieds von Bouillon= und =Balduins=; diesen
gegenüber aber die vier anderer lateinischer Könige. Die Male bestehen
noch, sind aber in der Mauer verborgen.
Neben dem Golgatha ist der Eingang in den Tempel und der Stein der
Salbung, eine Platte aus dem Marmor des Sion, roth und gelbweiß, 7' 9"
lang und 1' 11" breit. Dort knieen die Gläubigen aller Sekten zuerst
und küssen mit Andacht den Stein. Neben dem Tempeleingang westlich
folgt eine Halle, aus welcher die Stiege nach dem armenischen Theile
der oberen Bogengänge führt. Aus dieser Halle tritt man zur Rechten
zwischen dem zweiten und dritten Pfeiler in die große Mittelhalle,
und hat den Kreisgang um die griechische Kirche vollendet. Alle
Heiligthümer, mit Ausnahme des Grabes, fallen sonach in die =östliche=
Hälfte des Tempels. Zwischen den Pfeilern der Haupt- und Mittelhalle
sind kleine Gemächer angebracht, welche die Priester zu bewohnen
pflegen.
Vormals theilte man die christlichen Besitzer des heil. Grabes in
=acht= Völkerschaften, die Lateiner, die Griechen, die Abyssinier,
die Kopten, die Armenier, die Nestorianer, die Maroniten und die
Gregorianer. Jetzt bestehen dort nur mehr die ersten beiden, dann die
vierte und fünfte. Die Griechen haben die oberste Hand und sind die
Wärter des heiligen Grabes, was bis zum letzten Brande die Lateiner
gewesen sind. Beide theilen unter sich den Golgatha, und die Griechen
überlassen für den Charfreitag Abend ihren Theil (die Stelle der
Kreuzerhöhung) den Lateinern. Diese besitzen allein eine Orgel,
halten Lampen im Allerheiligsten und auf dem Salbungsteine (den sie
an die Griechen verloren) und lesen die Messe, bevor die Griechen sie
lesen dürfen. Dafür halten diese in der lateinischen Kirche Lampen.
Die Gregorianer verloren an die Griechen das Gefängniß Christi
und die Stelle der Kreuzerhöhung; die Abyssinier an die Armenier
die Schimpfsäule; die Nestorianer an die Lateiner die Kapelle der
Magdalena. Die Armenier besitzen die Kapelle der heil. Helena und die
der Vertheilung der Kleider. Die Kopten haben eine kleine Kapelle außen
an die Westseite des Allerheiligsten gelehnt, und sind die ärmsten und
ruhigsten aus allen. Die großen Messen werden auf einem Tragaltare vor
dem Eingange ins Gemach des Engels gelesen. Ist die Reihe hiezu an den
Katholiken, so wird nur die rechte Hälfte der Kerzen auf dem Altare
angezündet; so bei den Griechen nur die linke. -- Der Neid und der Haß
knien, wie Teufel neben der Unschuld, hier neben der Andacht und singen
mit im Chor der Frommen.
* * * * *
Der erste Ritt, den ich außerhalb der Stadt machte, ging durch das
Pilgerthor in das südwestliche Thal. Dieses, einerseits von dem
=Sion=, anderseits von den Höhen eingefangen, worüber der Weg nach
=Bethlehem= führt, ist enge und felsig. Man findet ein Bend darin,
hundert Schritte breit und vierhundert lang;[A] offenbar ein uralter,
neben dieser Königsstadt unerläßlicher und später oft erneuerter Bau,
dessen, wenn ich recht verstehe, das zweite Buch der Chroniken erwähnt
als eines Werkes des Königes =Hiskias=, des Zeitgenossen =Sancheribs=
des Assyrers. (XXXII. 30 und zur Erläuterung =Gihons=, XXXIII. 14.) Die
heute das Bend umgebenden Mauern sind sarazenisches Werk.
Die Thalwand zur Rechten zeigt viele Felsengräber, meist für Familien
eingerichtet und bald aus einem, bald aus mehreren Gemächern bestehend,
an Arbeit roh. Eine dieser Höhlen verehrt man als diejenige, worin die
Jünger nach der Gefangennehmung Christi sich geborgen haben sollen. Sie
ward von den Griechen behauen, bemalt und in ein Kirchlein umwandelt,
auch am Eingange verziert, und ist ein Grab, wie die anderen, mit
mehreren Kammern. Nahe daran ist eine andere Grabhöhle, in die ich
durch ein enges Loch mich einschob. Sie besteht aus einer gewölbt
ausgehauenen Halle zu 14 Fuß ins Gevierte und aus sechs Gemächern, zwei
zu jeder Seite. Jedes Gemach hat zwei oder drei Felsenbänke, worauf die
Leichname in Tücher gehüllt gelegt worden sind. In einem der hinteren
Gemächer ist auch ein Schacht, wie in ägyptischen Gräbern; in anderen
gehen Gebein- und Moderhöhlen in den Fels ein; alle diese Gemächer sind
noch jetzt voll von Gebeinen. Über einer Grabhöhle las ich [Greek:....
TÊS AGIAS.... SIÔN]. Sonst fand ich nirgend Aufschriften. -- Höher
am Abhange ist eine breite, tiefe, in zwei Theile getheilte und mit
einem mächtigen Vorbau aus christlicher Zeit versehene Grotte, worin
bis vor kurzem noch die Armenier zu begraben pflegten. Die Stelle
wird der =Blutacker= genannt, =Hakeldama=, den Judas um das Blutgeld
erwarb (Apostelgesch. I. 19), oder den die Hohenpriester, nachdem der
Verräther ihnen die Silberlinge zurückgeworfen und sich erhenkt hatte,
zum Begräbniß der Pilger um dieses Geld erkauften. »Und wird derselbe
Acker der Blutacker genannt bis auf den heutigen Tag.« (Matth. 27)
Die Schlucht wendet östlich und führt in das Thal =Josaphat=, das hier
nicht über hundert Schritte Breite hat. Auch dieses schließt, gerade
unter der Vereinigung der beiden Thäler, ein Bend, vielleicht das
Becken =Asuja=, dessen Nehemias (III. 16) erwähnt. Man findet eine
tiefe Cisterne dort und eine nun verlassene Moschee. Jene wird der
=Brunnen Marias= genannt. Das Thal läuft nach Süden aus und erweitert
sich dort. Die Meinung, daß im Thale Josaphat das Gericht des Herrn
werde gehalten werden, gründet sich auf die Stelle des Propheten =Joel=:
»Die Heiden werden sich aufmachen und herauf kommen zum Thal Josaphat:
denn daselbst will ich sitzen, zu richten alle Heiden um und um.«..
»Schlaget die Sichel an, denn die Ernte ist reif; kommt herab, denn die
Kelter ist voll, und die Kelter läuft über, denn ihre Bosheit ist groß.«
»Es werden Haufen Volkes seyn im Thale des Urtheils, denn des Herrn Tag
ist nahe im Thale des Urtheils.«
»Sonne und Mond werden verfinstert und die Sterne ihren Schein
versagen;«
»Und der Herr wird aus Sion brüllen und aus Jerusalem seine Stimme
schallen lassen, daß Himmel und Erde beben. Aber der Herr wird seinem
Volke eine Zuflucht seyn, und eine Feste den Kindern Israel.« (III.
17-21).
Die Auslegung, welche diese Stelle und eine andere desselben Propheten
bei den Juden fanden, mußte in den Jahrhunderten, wo die Religion in
voller Frische Herz und Einbildung der Christen beschäftigte, auch bei
diesen Glück machen. Übrigens ist des Thales Josaphat in keinem anderen
Theile der Bibel gedacht.
Steigt man dies Thal von dem Bend aufwärts, so hat man zur Rechten den
=Berg der Verunreinigung= und dann den =Öhlberg=; zur Linken den =Sion=
und den =Morija=. Der erste trägt seinen Nahmen von der Abgötterei,
die darauf getrieben wurde; »da erhöhte Salomo einen Altar Chamos,
dem Gräuel der Moabiter, auf dem Berge, der vor Jerusalem liegt, und
Molech, dem Gräuel der Ammoniter« (Könige, XI. 7.) Aber Josia reinigte
den Gottesdienst; »auch die Tempel, die vor Jerusalem waren, zur
Rechten am Berge Mashith, welche Salomo, der König Israels, gebaut
hatte Asthoreth, dem Gräuel von Sidon, und Chamos, dem Gräuel von Moab,
und Milkon, dem Gräuel der Kinder Ammon, verunreinigte der König; und
zerbrach die Säulen und rottete aus die Haine und füllete ihre Stätte
mit Menschenknochen« (II. Könige, XXIII.)
In der schmalen Schlucht zwischen dem Sion und Morija, zur Linken des
Pfades, wo ein mächtiger Felsblock sich thürmet, findet man die Quelle
=Rogel=. Sie fließt in ein schönes antikes Becken, und wird aus diesem
durch in den Felsen gehauene Kanäle weitet geführt. Unter dem Becken
ist ein nun unbenutztes Bend. Wohlthuendes Grün ziert diese Schlucht
und ihren Ausgang ins Thal Josaphat, dessen Wände kahl und schon
im April ausgebrannt erschienen, und kaum hie und da einen Öhlbaum
nährten. Der Quelle Rogel erwähnt schon das Buch Josua (XVIII. 16) als
eines der Punkte, welche die Gränze des Gebietes Benjamin bestimmten.
Das zweite Buch Samuels zeigt uns =Jonathan= und =Achimaaz= an dieser
Quelle stehend, »und eine Magd ging hin und sagte ihnen, was =Absolom=
zum Angriffe gegen seinen Vater eingeleitet hatte.« (XVII.) Das erste
Buch der Könige nennt auch den Felsen an der Quelle Rogel: »Und da
Adonia Schafe und Rinder und gemästetes Vieh opferte an dem Felsen
=Soheleth=, der neben der Quelle Rogel steht, lud er alle seine Brüder,
des Königes Söhne und alle Männer Juda, des Königes Knechte; aber den
Propheten Nathan und Benaja, und die Helden und Salomo, seinen Bruder,
lud er nicht.« -- (I. 9. 10.)
Wie geklebt an die Wand des Berges zur Rechten, der Quelle gegenüber,
höchst malerisch zwischen Grabeingängen und Todtenmalen, liegt das
Dorf =Silo= oder =Siloa=, das noch an 30 Häuser hat; nicht zu
verwechseln mit =Silo=, der =Wohnung des Herrn=. (Psalm 78. 60.)
Zur Linken, unten am Kedron, fließt die mit dem Orte gleichbenannte
Quelle =Siloa=, wie die frühere so auch diese in ein antikes Becken. Da
eben türkische Frauen darin sich badeten, so stieg ich nicht in dieß
Becken hinab. An der Quelle, die Nehemias das Becken =Seloah= nennt,
war einst ein Garten der Könige. (III. 15.) Jesaias schreibt =Siloha=
(VIII. 6); eben so Johannes, da er die Heilung des Blindgebornen
erzählt, den Christus an dieser Stelle sich waschen hieß (9.)
Hoch schauen die Mauern der Stadt vom Berge Morija ins Thal des
=Kedron=. Dessen Bette ist tief eingeschnitten, enge; dessen Ufer
sind ohne Baum. Ich fand diesen vielbesungenen Gießbach, dessen die
Bücher Samuels, der Könige und der Chroniken oft erwähnen, ohne Wasser.
Er zieht zwischen Gräbern hin, denn der östliche Abfall des Morija
ist mit türkischen, der westliche des Öhlberges und des Berges der
Verunreinigung mit jüdischen Malen bedeckt. Seit ältester Zeit scheint
dieser Raum Grabstätten gewidmet zu seyn. =Drei= Male ziehen vor Allen
den Blick auf sich. Das erste wird das =Grab Josaphats=, das zweite das
des =Zacharias=, das dritte das des =Absolom= genannt. Alle drei sind
antik, gemischten römisch-morgenländischen Geschmacks und mächtiger
Ausführung. Das =Grab Josaphats= ist ein aus dem Leben des Felsens
gehauenes Tempelchen zu 21 Fuß ins Gevierte und etwa 30 Fuß hoch. Zwei
Säulen und zwei Halbsäulen, die sich an Pfeiler schließen, jonischer
Ordnung, schmücken jede Seite. Auf dem Gesimse läuft ringsum ein
Aufsatz aus Akanthusblättern, etwa 3 Fuß hoch, der mich an das Fries
des Portikus von =Esne= in Oberägypten erinnerte. Dann folgt als Schluß
nach oben eine vierseitige Pyramide, etwa 12 Fuß hoch. Der Eingang ist
verschüttet oder unter der dermaligen Oberfläche. Die Arbeit an diesem
Male ist reich, aber nicht rein. Das ganze Tempelchen steht in einer
aus dem Felsen gehauenen Nische, jetzt sorgsam mit Gräbern belegt.
Durch die nördliche Wand dieser Nische ist ein Gang in den Felsen
gebrochen, der in das =Grab des Zacharias= führt. Dieses besteht aus
einer Folge von Gemächern, unverziert und roh. Das Atrium ist von drei
Säulen getragen. Alles aus dem Felsen gehauen.
Das =Grab Absoloms=, des Sohnes Davids, steht etwas höher und gleich
demjenigen Josaphats in einer Felsnische. Es ist ein Tempelchen zu
24 Fuß ins Gevierte, dessen untere Hälfte, die Zelle, außen mit zwei
ganzen und zwei halben Säulen, die sich an Eckpfeiler lehnen, auf jeder
Seite geschmückt und aus dem Felsen gehauen ist. Der Architrav hat
als Zierrath Triglyphen und dorische Rosen und Tropfen. Die Säulen
aber sind jonischer Ordnung. Das Tempelchen ragt etwa 18 Fuß über den
Boden bis zum Aufsatz über dem Architrave. Daraus ruht ein anderer
Aufsatz aus zwei Vierecken, das obere schmäler, beide aus mächtigen
Werkstücken und mit besonderem Fries geziert. Aus dem zweiten steigt
als Zierde ein Spitzdach, das sich nach oben wie eine Blume aufschließt
und wahrscheinlich mit Akanthus endete. Es gleicht dem obern Theile
des Males des Lysikrates zu Athen. Was gebaut an diesem Male Absoloms
ist, mag 20 Fuß Höhe haben. An der Hinterwand der Felsnische sieht man
ein Tympanon, und darunter blickt ein verschütteter Eingang hervor.
Auch das Grab Absoloms ist innen verschüttet, doch kann man zu oberst
hineinkriechen. Was man da von den Wänden sieht, ist unverziert.
Es versteht sich, daß diese Male nicht aus der Zeit ihrer Namen seyn
können. Josaphat ward im Grabe seiner Väter beigesetzt (Könige XXII.
51.); über Zacharias weiß ich nichts zu sagen; für ein besonderes Mal
Absoloms spricht zwar entschieden folgende Stelle:
»Absolom aber hatte sich ein Mal aufgerichtet, da er noch lebte; das
stehet im Königgrunde. Denn er sprach: ich habe keinen Sohn, darum soll
dieß meines Namens Gedächtniß seyn; und hieß das Mal nach seinem Namen
und heißt auch bis auf den heutigen Tag: =Absoloms Stätte=« (II. Sam.
XVIII. 18.)
Diese Stelle erklärt, nach meiner Ansicht, wohl, warum man dem Male,
das heut zu Tage das Grab Absoloms heißt, diesen Namen gab; nicht aber
beweiset sie, daß der Name richtig gegeben wurde. Die Bauart spricht
klar darüber ab.
Höher hinauf am Kedron, am Fuße des Öhlbergs, zeigt man den Garten
=Gethsemane=, ein mit trockener Haltmauer umfangenes Grasplätzchen,
in welchem acht uralte Öhlbaume stehen. Man glaubt, daß sie aus der
Zeit Christi sind, was durch die Versicherung des Josephus, daß Titus
während der Belagerung alle Bäume auf hundert Stadien in die Runde
niederhauen ließ (_Bell. Jud._ VII. 15), zweifelhaft wird. Indessen im
Jahre der Eroberung Jerusalems durch die Muselmänner bestanden diese
Bäume schon, denn sie zahlen nur acht Medinen; zu einer Medine aber
wurde damals jeder Öhlbaum besteuert. Der Nachwuchs seit der Eroberung
zahlt die Hälfte der Ernte. -- Diese Stelle, mit welchem Auge man sie
ansehen mag, ist eine derjenigen, deren Geschichte unwiderstehlich
die Seele mit Rührung durchdringet. Welcher Held auf der Bühne des
öffentlichen Lebens hat nicht eine Stätte Gethsemane, wo unter der
Last des Neides und Hasses der Feinde, unter den Leiden des Undanks,
der Schwäche und des Leichtsinns der Freunde, wo unter den Vorgefühlen
der schweren Opfer und Prüfungen, wozu jedes edle Streben der Menschen
verdammet, seine Seele trauert und zagt, betrübt bis in den Tod, und
sein Herz fleht, daß, so es möglich sey, die Stunde vorübergehe! In
solchen Augenblicken überzählt man die Wenigen, die wahrhaft an Einem
hängen, und spricht im Geiste zu ihnen: »Bleibet hier und wachet mit
mir!« Aber ach, auch von diesen, wie gering ist die Zahl derer, die
eine Stunde mit ihm wachen! »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist
schwach.« (Matth. 26.)
Die Stelle, wo Christus betete: »Vater, überhebe mich dieses Kelches!
aber dein Wille geschehe, nicht der meine,« lag vom Garten auf
Entfernung eines Steinwurfs. (Luk. 22.) Man weiset eine Grotte an
Gethsemane als diese Stelle, und die Katholiken haben dieselbe zum
Gottesdienste eingerichtet. Nahe daran ist auch die schöne, in eine
Felsnische eingesenkte Kirche über dem =Grabe der heil. Jungfrau=, des
=heil. Joseph=, der =heil. Anna= und des =heil. Joachim=. Man steigt
über fünfzig Stufen in diese Kirche hinab, die nun ausschließend den
Griechen gehört. Von allen Sekten hochverehrt, hatten auch alle eine
Betstelle darin, und selbst die Türken ein frommes Plätzchen, an dem
sie gerne der tiefen Andacht sich hingaben, mit welcher sie überhaupt
Jerusalem betrachten. =Ihnen= ist sie die =heilige Stadt=, =uns= ein
Mährchen von ehemals. Was aber bei uns die wirkliche Geschichte des
Tages ist, das sagen die Worte des Evangelisten: »Und alsbald trat er
zu Jesu und sprach: Gegrüßet seyst Du, und küssete ihn ...« (Matth.
26.)
Gethsemane und der Abhang des Morija war von einer unzähligen Menge
türkischer Frauen und Mädchen besetzt. Auf allen Straßen kamen
türkische Pilger unter Gesängen, lautem Gebet und vorgetragenen
Fahnen und wurden von den Frauen mit dem Entgegenwerfen von Rosen und
Palmzweigen empfangen. Gegen uns Christen hob manche schöne Hand einen
Stein auf. Auch die Muselmänner haben zu unserer Osterzeit heilige
Feste zu Jerusalem, und zwar durch acht volle Tage. Aus Ägypten,
Arabien und Damaskus strömen sie nach der heiligen Stadt, wie wir aus
den Ländern im Abend.
Bei Gethsemane führt eine Steinbrücke über den Kedron. Daran steht eine
tiefe Cisterne. Steigt man nach der Stadt hinauf, so kömmt man an der
Stelle vorüber, wo der =heil. Stephan= gesteiniget wurde (Apostelg.
VII.), und dann nach dem Thore, das nach ihm heißt. Darauf sind vier
Löwen eingehauen. Durch dasselbe gelangt, hat man zur Rechten ein
Wasserbecken, 150 Fuß lang und 40 Fuß breit, mit aufgemauerten Wänden,
ein Bau aus Byzantinerzeit, denke ich, nun als Garten benützt. Die
Priester halten es für das _Stagnum Salomonis_, für die _Piscina
probatica_ oder des Becken =Bethesda=, dessen Wasser man zu den Zeiten
Christi eine heilende Kraft zuschrieb. (Joh. V.).
Nicht ferne vom Thore St. Stephans weiset man das =Haus des Pilatus=,
ein großes Gebäude neuerer Zeit über den Ruinen eines älteren. Dort
beginnt die _Via dolorosa_, eine der Hauptstraßen der dermaligen Stadt,
wo die Leidensstationen durch liegende Säulenschäfte, ursprünglich von
der Kaiserin Helena gesetzt, angegeben sind. Dem Hause des Pilatus
gegenüber ist das Gewölbe der Geißelung. Ruinen einer Kirche stehen an
derjenigen Stelle, wo (nach Bonifazius und Anselmus) die heil. Jungfrau
dem Sohne auf seinem letzten Wege begegnete und in Ohnmacht sank,
hundert zwanzig Schritte vom Hause des Pilatus. Fünfzig Schritte weiter
wendet die Straße aus West nach Süd. An dieser Ecke soll =Simon von
Kyrene= das Kreuz übernommen haben. (Luk. XXIII. 26.) Nahe daran ist
die Stelle, wo Christus sich wendete zu den nachfolgenden Frauen und
ihnen zurief: »Weinet nicht über mich, ihr Töchter Jerusalems! weinet
über euch und eure Kinder!« (Luk. XXIII. 28.) Gerade vor sich hat man
das Haus des bösen Reichen, den die Juden =Nabal= nennen, und an dessen
Schwelle =Lazarus= lag. (Luk. XVI.) Nach Kurzem wendet die Straße
wieder nach Westen und hundert zwanzig Schritte von der ersten Wendung
zeigt man das Haus der =Veronika=. Nach anderen hundert Schritten aber
ist der Aufgang zum Golgatha, der jetzt durch eine Mühle führt. Von
dieser Stelle ist diejenige der Kreuzigung noch zweihundert Schritte
entlegen, also beträgt die ganze Länge der _Via dolorosa_ fünfhundert
und neunzig Schritte.
Der höchste Berg in der nächsten Umgebung von Jerusalem ist der
=Öhlberg=. Am Osterdienstage, mit frühem Morgen, bestieg ich denselben
auf dem Wege, der an =Gethsemane= vorüberführt. Die Lage dieses Berges
im Osten der Stadt, durch das Thal des Kedron geschieden von ihr, ist
aus alten und neuen Schriftstellern bekannt; ebenso, daß er schon in
ältester Zeit wie heut zu Tage vorzüglich mit Öhlbäumen bekleidet war.
Auf der halben Höhe des Abhanges wies man mir einen Fels als die
Stelle, wo Christus über den Untergang der Stadt weinte.
»Und als er nahe hinzu kam, sah er die Stadt an und weinte über sie.«
»Und sprach: Wenn du es wüßtest, so würdest du auch bedenken zu dieser
deiner Zeit, was zu deinem Frieden dienet. Aber nun ist es vor deinen
Augen verborgen.«
»Denn es wird die Zeit über dich kommen, daß deine Feinde werden um
dich und deine Kinder eine Wagenburg schlagen, dich belagern und an
allen Orten ängstigen.«
»Und werden dich schleifen und keinen Stein auf dem andern lassen;
darum, daß du nicht erkannt hast die Zeit, da du heimgesucht bist.«
(Luk. XIX.)
Diese Stelle soll auch dieselbe seyn, wo Titus sein Zelt aufschlug.
Und wirklich ist aus diesem Standpunkte der Blick über die Stadt,
die sich sanft geneigt entgegenbreitet, völlig. Von hier aus besah
ich mit meinem Glase die Moschee =el-Sakhra=, die von =Omar= auf dem
Platze des Tempels Salomons erbaut wurde. Die Kreuzfahrer machten eine
Kirche daraus. Saladin stellte die Moschee her. Sie nimmt das ganze
südöstliche Viertel der heutigen Stadt ein und krönet die Flachhöhe
Morija. Auf dem mit Marmor belegten Platze erhebt sich ein Fußgestell,
200 Schritte lang, 150 breit und acht Stufen hoch. Darauf ruht ein
achteckiger Tempel, über den eine Kuppel sich wölbt mit Blei gedeckt.
Diese endet in eine Spitze, die den Halbmond trägt. Die Fenster des
Tempels, acht an der Zahl, sind so hoch als die Wände. Die Hauptfarbe
ist die grüne; der Bau leicht und fein. Um den Platz läuft eine
Rasenstelle, und diese ist von zwölf Portiken zu zwei und drei Bogen
aus weißem Marmor umgeben. Den weiteren Umfang bilden ansehnliche
Gebäude, die zur Moschee gehören. Der Rasenplatz mag 500 Schritte Länge
und 460 Breite haben.
So viel von außen. Kein Ungläubiger darf durch die Portiken treten; er
setzt sich dem Tode aus. Ein Englander wagte kurz vor meiner Ankunft
dreimal in den Tempel zu gehen, und wurde, trotz der Verkleidung, beim
dritten Male erkannt. Halbtodt geschlagen rettete ihn die Wache des
Gouverneurs, und die Mönche zum heil. Erlöser kauften ihn von diesem
für 3000 Piaster los. Das Innere dieser Moschee, wo man den Stein
zeigt, von welchem Mohammed sich auf zum Himmel schwang, ist mit Mosaik
geziert. Sechzehn Marmorsäulen tragen das erste Stockwerk und eben so
viele die Kuppel. Nach jeder Weltgegend sieht eine Pforte, wie dieß
schon im alten Tempel der Fall war. (Hesekiel XL.) Sechs Marmor- oder
Porphyrsäulen stützen dieselbe.
Ich kann hier nicht umhin zu bemerken, daß die Schilderung, welche
die Bücher der Könige und der Chroniken von dem Salomonischen Tempel
machen, auf eine den ägyptischen Tempeln sehr ähnliche Bauart weisen.
Ägypten war auch zu Salomons Zeit das Musterland der Kunst für den
ihm verbündeten Nachbarstaat. Es ist auch wahrscheinlich, daß Salomo,
so wie er tyrischer und sidonischer Werkleute zum Behauen des Holzes
und der Steine und tyrischer Künstler zu den Arbeiten in Erz, Gold
und Elfenbein sich bediente (Könige V. VI.), ägyptische Meister zu
Rathe gezogen habe, da er ja selbst die Tochter eines Pharaonen zur
Gemahlin hatte und ihr das Wohnhaus am Tempel erbaute. (VII. 8. IX.
24.) Die Pracht und der Reichthum dieses Tempels können nur demjenigen
unglaublich scheinen, der die ägyptischen Tempel nicht sah. Diese, in
ihrer Zerstörung, beurkunden genug die ungeheure Kraft der Religion in
jener Zeit, und den Umfang des Aufwandes, der für sie gemacht wurde.
Ließe die Herrlichkeit Ägyptens nicht auf die Entwicklung der Kunst
in dem nächsten Nachbarlande gegen Osten schließen; die Schilderung
selbst, die wir in der Bibel davon lesen, wäre Beweises genug. Daß
diese Kunstbildung nicht erst von den Juden nach Palästina gebracht,
sondern von ihnen dort vorgefunden wurde, geht aus vielen Stellen
hervor. Aus den Städten =Hadad-Esers= und aus denen seiner übrigen
Nachbaren nahm David eine große Menge von silbernen, goldenen und
ehernen Gefäßen (Chron. XIX.) und die reiche Tyrus, deren Schiffe
dem Könige Salomo dienten, war damals bereits auf einer Höhe der
Entwicklung, die Jerusalem ein glänzendes Muster gab. (Könige V.) Wo
aber kamen die ungeheuren Schätze hin, die im Tempel verwendet und
aufgehäuft waren, die hunderttausend Centner Goldes und die tausendmal
tausend Centner Silbers? (Chron. XXIII. 14.) Die Tempel von Ägypten
und die Stellen der Bibel antworten darauf, die von der Eroberung
Jerusalems durch den Pharaonen Schischak (Könige XXIV.), von dem
Heereszuge des Königs von Syrien Hasael (II. Könige XII.), von der
Plünderung durch Joas, König von Israel (II. Könige XIV.), von den
Brandschatzungen Sancheribs, Königs von Assyrien (II. Könige XVIII.)
und des Pharaonen Neko (II. Könige XXIII.), endlich von der Vernichtung
des Reiches durch den Babylonier Nebukadnezar (II. Könige XXIV. XXV.)
sprechen.
»Meister,« sagte einer der Jünger zu dem Herrn, da sie aus dem Tempel
gingen, »welche Steine, welch ein Bau!« -- Und Jesus antwortete: »Ja,
staune an diesem mächtigen Bau, und doch, kein Stein wird da über dem
andern bleiben und keiner seyn, der nicht zerbrochen werde!« -- Und so
ist es auch gegangen.
Aber zurück zu unserer Wanderung auf dem Öhlberge. Von der Stelle der
Beschauung kam ich zu einigen Grotten, welche man die =Gräber der
Propheten= nennt, dann zu einer Cisterne zu zwölf Bogen. An dieser
sollen die Apostel das =Glaubensbekenntniß= verfaßt haben. Nahe daran,
wo die Trümmer einer Kapelle stehen, wird der Platz verehrt, wo
Christus das =Gebet des Herrn= lehrte, und dreißig Schritte weiter,
an einem Öhlbaume, derjenige, wo er das =Weltgericht= verkündete
(Matth. 24. 25. Mark. 13). Aus der Spitze endlich steht die Moschee
(einst Kirche) der =Himmelfahrt=. Ein kleines, achteckiges, nacktes
Gebäude umschließt einen Stein, worin man den Abdruck eines =linken=
Fußes sieht, der im Begriffe des Aufschwunges ist. Das Haupt des
Entschwebenden muß nach Norden sehend gedacht werden.
Auf dieser Höhe war seit ältester Zeit ein Gebetplatz. »David aber
ging den Öhlberg hinan und weinete und sein Haupt war verhüllet und er
ging barfuß ... und da David auf die Höhe kam, =wo man Gott pflegte
anzubeten=« u. s. w. (II. Sam. XV.) Die Stelle, weithin die Gegend
beherrschend, drang sich selbst zum Gottesdienste auf. Darum ist auch
treffend das Bild Hesekiels: »Und die Herrlichkeit des Herrn erhob sich
aus der Stadt und stellete sich auf den Berg, der ihr gegen Morgen
liegt.« (XI. 23.) Eben so schön ist dasjenige in Zacharias. XIV.
Vom Öhlberge den Blick ringsum sendend, ist demselben wüstes, trauriges
Land nach allen Seiten aufgethan. Hügel über Hügel geworfen scheinen
ein Bild der Zerstörung. Im Norden ist Flachhöhe, über die aus 35°
nordwestlich von hoher Felsspitze eine Moschee schaut, einst das
Kirchlein Samuels und in frühester Zeit =Silo=, wo die Gemeinde des
Herrn die Stifthütte aufrichtete und Josua das Loos warf zur Theilung
des Landes. (Jos. XVIII.) Im Süden, nach =Hebron= hin, öffnet sich
das Thal. Im Osten sieht man die breite Ebene von =Jericho=, den
=Jordan=, und eine lange Strecke des =todten Meeres=, jenseits aber
hohes, glattes, gleichförmiges, ausdruckloses Gebirge, =Pisga= in
der Bibel genannt (V. Buch Mos. 34), von welchem herunter Moses das
Land überblickte, das zu betreten ihm nicht gegeben war, und in das
die Kinder Israel unter Josuas Führung zur Eroberung von Kanaan
niederstiegen. Das Land zwischen Jerusalem und dem Jordan ist wie
verbrannter Boden, aschenfarb und braun; nur in den Schluchten sind
Feld, Feigen-, Mandel- und Öhlbäume, diese aber voll Kraft und Farbe.
Die Entfernung vom Öhlberg zur Mündung des Jordans ins todte Meer ist
sechs Stunden, kann aber in gerader Linie deren kaum drei betragen.
Ein Trupp Beduinen lag eben damals, jede Annäherung verbietend, in
der Ebene von =Jericho=; dieß ließ uns einen Ritt an das Gestade des
=todten Meeres= nicht ausführen.
Wir kamen durch das Dorf =Bethphage=, noch heute so genannt, und bis
an den Brunnen, an welchem Christus mit den Aposteln auf dem Rückwege
von =Jericho= auszuruhen pflegte; dann nach =Bethania=, wo man uns
des =Lazarus Grab= zeigte, ein Gemach und eine Grotte, 26 Stufen tief
in den Felsen gehauen, den Katholiken gehörig und zum Gottesdienste
eingerichtet. In =Abutiß=, einem nahen Dorfe, wies man uns das =Haus
Magdalena's=, und weiter östlich die Stelle, wo Christus die Büßerin
traf. Alle Höhen im Osten des Öhlberges sind voll von Steinbrüchen,
Grotten, Gräbern, tiefen und großen Brunnen und in den Felsen gehauenen
Getreidebehältern.
Auf dem Rückwege zeigte man uns an der Südseite des Öhlberges die
Stelle, wo sich Judas erhängt haben soll. --
Die Stellen, welche den christlichen Gläubigen in der Stadt
insbesondere zur Verehrung empfohlen werden, sind außer den schon
erwähnten das =Haus des Zebedäus=, nun eine griechische Kirche; das
Haus =Simon des Pharisäers=, nun eine zerstörte Kirche an der _Via
dolorosa_; nicht ferne davon das Kloster zur heil. Anna mit der
=Grotte der Empfängniß=, nun eine Moschee; der Ort der Erscheinung
des auferstandenen Heilandes den drei Marien; das Haus der =Maria=,
Mutter des Johann Markus, wohin Petrus sich begab, nachdem er von dem
Engel gerettet worden war, nun eine Kirche der Maroniten; der =Kerker
des heil. Petrus=, nun eine verfallene Kirche und, nicht ferne davon,
der Ort wo =Abraham= seinen fünf und zwanzigjährigen Sohn =Isaak=
opfern wollte (Jos. _Ant._ I. 13), nun mitten in einer Wiese zwischen
Ruinen, nicht ferne vom heiligen Grabe. Indische Feigen bewachsen die
eingestürzten Wände, und Palmen wiegen ihre Kronen darüber.
Das =griechische Kloster= und Hospitium am Tempel zum heil. Grabe ist
von Konstantin und Helena gestiftet. Zwei Kapellen sind darin, groß und
reich und mit vielen Gemälden geziert. Von der Terrasse dieses Klosters
gelangt man auf diejenige des Tempels selbst, von welcher ein anderer
herrlicher Ausblick über die Stadt ist. Ich verweilte auf den Zinnen
des Tempels in der Stunde des Sonnenuntergangs. Eine Farbe der Wehmuth
war über das ganze Gemälde ausgegossen, nur in den Klagliedern Jeremias
errathen und ausgesprochen! -- Im fernsten Süd glänzte mir ein Streifen
der arabischen Wüste entgegen, brennend in Gelb. Die Sandfelder
=Nubiens=, schweigend und leblos, mit ihren schwarzen Felsmassen lebten
in meiner Erinnerung auf, und es war mir als habe die Geschichte ein
ähnliches Bahrtuch über den Boden gelegt, worauf ich stand.
In der Nacht kam Regen und Gewitter. Der Donner rollte über der Tochter
Sions. -- Am nächsten Morgen waren die Berge ringsum wie mit frischem
Teppich des heitersten Grüns belegt.
Die =Mauern= der heutigen Stadt sind ein Werk Soleimans, des Sohnes
Selims, aus dem Jahre 1543. Sie sind durchaus gut erhalten, besser
als diejenigen irgend einer türkischen Stadt, Konstantinopel nicht
ausgenommen, stark, aber unbewaffnet. Geht man durch das =Thor der
Pilger=, von den Christen auch das Thor von =Bethlehem=, das Thor von
Jaffa, von den Mohamedanern =Bab-el-Kzalil= (Thor des Erwählten) oder
auch =Bab-el-Khalil= (Thor Abrahams) genannt, so hat man zur Linken die
Schlucht zwischen dem Sion und dem Hügel des Blutackers, gerade vor
sich aber die sanft aufsteigende Flachhöhe. Das Thor sieht nach NNW.
Die Ummauerung nimmt links desselben die Richtung Süd und folgt durch
440 Schritte der Kante des Sion. Die Thürme und Mauern des Schlosses
in der Stadt, die =Burg Davids= genannt, sehen über die erste Hälfte
dieser Strecke, der ein Bollwerk vorgelegt ist, für 36 Geschütze
nach vornen und 7 nach Süd eingerichtet. Die Schießscharten sind
dermalen fast alle vermauert, und ein paar geringe Stücke bilden die
Bewaffnung dieses neuesten Baues. Aus der Richtung von Süd wendet die
Ummauerung nach Ost, zieht quer über die Fläche des Sion und erreicht
nach 240 Schritten das =Thor von Sion=, =Bab-el-Nebi-Dahud= (Thor des
Propheten David). Von dort senkt sich der Boden. Längs dem Abhange des
Sion hinab zieht die Ummauerung noch 364 Schritte nach Ost, dann den
Morija hinauf erst 100 Schritte NO., dann 140 ONO. und wieder 100 NO.;
weiter längs der Kante des Morija abermals 300 Schritte Ost. Durch
die Westseite des zweiten Thurmes dieser Strecke geht das Pförtchen
=Bab-el-Mograbi= (=Barbareskenpforte=) d. i. die _Porta sterquilinia_,
durch welche die Juden Christum nach der Gefangennehmung zu Pilatus
führten. Die Ummauerung bricht rechtwinklich aufwärts, 80 Schritte,
wo eine vermauerte Pforte steht, und der Weg aus dem Thale Josaphat,
Silo gegenüber, heraufkommt. Hoch über die Mauer schauen Gebäude zur
Moschee =el-Sakhra= gehörig. Längs der Kante des Morija, wo diese am
höchsten und steilsten ist, zieht die Ummauerung Ost 200 Schritte;
dann Nord 450 Schritte bis an die goldene Pforte (=Bab-el-Darabie=).
Diese, ein römischer Bau, aus zwei Bogen korinthischer Ordnung
bestehend, führt gerade auf den Platz =el-Sakhra=. Sie wird von den
Türken vermauert gehalten, denn durch diese soll, der Sage zufolge, an
einem Palmsonntage ein christlicher Eroberer einziehen. Von dort bis
zum Thor =des heil. Stephan= (=Bab-el-Sidi-Mariam=, Thor der Jungfrau
Maria) sind 250 Schritte Nord. Nun beginnt die Flachhöhe sanft sich
zu heben. Nach 490 Schritten, abermals Nord, erreicht die Ummauerung
die Nordostecke, der =Thurm Tankreds= genannt. Der Abfall, längs der
Ostseite der Stadt hoch und steil, verschwindet nun, denn nahe an
dieser Ecke nimmt das =Thal Josaphat= seinen Ursprung, dort auch der
=Kedron=. Die Flachhöhe im Norden der Stadt hat da ihre Verbindung mit
dem Öhlberge.
Die Nordseite der Ummauerung ist die eigentliche Angriffsseite.
Sie bildet einen ausspringenden Winkel. Es zieht nämlich ein Theil
derselben West, der andere Südwest 430 Schritte in der ersten Richtung,
wovon zweihundert sanftaufsteigend, führen bis zum =Pförtchen Herodes
oder Ephraim=, das durch den sechsten Thurm geht. Im Graben am dritten
Thurm ist eine gedeckte Cisterne und ein Schöpfbrunnen daneben, dem ein
Marmorsarg als Trog dient. Die Cisterne war, als ich sie sah, gefüllt.
Hinter dem Pförtchen senkt sich die Mauer durch 146 Schritte, und
hebt sich dann wieder durch 170. Dort ruht sie auf Felsen, und
nimmt dann die Richtung Südwest. Nach 180 Schritten trifft sie das
=Thor von Damaskus= (=Bab-el-Cham=), auch das Säulenthor genannt
(=Bab-el-Hamond=), das zierlichste aus allen, in der Einsenkung der
Hügel liegend. Vor demselben an der Straße steht ein Brunnen. Von
dort steigt die Ummauerung durch 500 Schritte wieder auf den Sion,
springt 60 Schritte stumpfwinklich aus und hat in diesem Vorsprunge
ein Wasserbecken vor sich. Dort zeigen sich auch auf wenige Schritte
von den Mauern Reste der älteren oder römischen, Massen von Steinfülle
mit schweren Quadern bekleidet. Nach 320 Schritten quer über die Höhe,
mit vier Vorsprüngen, jeder zu 10 Schritten, erreicht man den anderen
Winkel der Nordseite, der durch einen auf Felsen ruhenden Thurm zu 26
Schritten Breite gebildet wird. Dort endet der Graben, der vom Thore
St. Stephan bis zu dieser Stelle der Ummauerung vorliegt, meist in den
Felsen gehauen ist, bald 6 Fuß, bald 8 Fuß Tiefe und bis 24 Schritt
Breite hat.
Nun geht die Mauer 60 Schritte tief ein, hält aber noch während 158
die Richtung S.N., worauf sie diejenige von S.S.O. nimmt und nach 300
Schritten das Thor von Bethlehem wieder erreicht.
Die Stadt hat demnach =sieben= Thore, und die Ummauerung in ihrer
ganzen Entwicklung 5616 Schritte Länge. =Vierzig Thürme= und =sechs und
zwanzig Halbthürme= oder Flanken brechen dieselbe. Davon fallen auf
die Nordseite 1816 Schritte, 15 Thürme, 17 Flanken
" Westseite 968 " 10 " 5 "
" Südseite 1618 " 9 " 2 "
" Ostseite 1214 " 6 " 2 "
Die Mauern sind von behauenen Steinen, mit Mörtel verbunden,
hinlänglich dick, mit Deckungen, Stiegen und Auftritten versehen, im
Durchschnitt 22 Lagen hoch, die Lage zu 28 Zoll. Die Zinnen halten
zwei andere Lagen. Die ganze Höhe der Mauern beträgt also 56 Fuß. Am
niedrigsten sind sie an der Südseite, wo sie zur _Porta sterquilinia_
aufsteigen; am höchsten von dieser bis zum Südostwinkel. In dieser
Strecke dienen die Reste älterer Mauern; es ruhen nämlich die zwei
und zwanzig neuen Lagen auf fünf Lagen riesiger Werkstücke. Der
Südostwinkel der letzten vierzehn Lagen, und der anderen zwei und
zwanzig, und ist die mächtigste und zugleich, da der Berg ins Thal
Josaphat abstürzt, die am wenigsten nahbare Stelle der Ummauerung. --
=Die Thürme= haben durchaus Vierecke oder Rechtecke zur Grundfläche.
Ihre Abstände unter sich sind ungleich. Die Breite derselben ist es
auch, und wechselt von 6 bis 24 Schritten. Sie greifen von 4 bis 14
Schritte aus der Mauer vor. Die stärksten Thürme sind die beiden
südlichen der Westseite; derjenige zwischen dem Südwestwinkel und
dem Thore von Sion; der erste und dritte östlich von diesem Thore
(jener ist fünf Schritte vorragend und 16 breit; dieser bildet den
Winkel der Wendung aus Ost nach Nordost, hat 18 Schritte Breite und
8 und 9 Schritte Vorsprung); der Thurm Tankreds; der Thurm auf dem
Felsvorsprung in der Nordseite, endlich derjenige welcher das westliche
Ende dieser Seite bildet. Die =Halbthürme= (Flanken) greifen von der
Breite eines Schrittes bis zu der von zehn vor. Die stärksten sind zu
beiden Seiten des Nordwestwinkels.
Obgleich die Nordseite die eigentliche des Angriffes ist, so kann
dieser doch mit Vortheil über die halbe Ost und Westseite ausgedehnt
werden. Die Nordseite, als auf den Ausläufen der Flachhöhe geführt, ist
beherrscht; ihr schwächster Punkt an der Pforte =Ephraim=.
=Die Burg= (auch der Thurm =Pisani= genannt) steht hart innerhalb
dem Pilgerthore, und ist ein mit tiefem Graben umgebenes Rechteck zu
zweihundert Schritt Breite und etwa sechzig Länge. Sie ragt mit zwei
hohen Thürmen über die Stadtmauer zur Linken des Pilgerthores, weiset
gegen Süd andere zwei von bedeutender Stärke, und eben so viele gegen
Ost, zwischen welchen der Eingang ist. Diesem wurde kürzlich eine
Batterie vorgelegt, um die Stadt bequemer im Zaume zu halten. Diese
Burg ruht ohne Zweifel über derjenigen =Davids=, die ihrerseits auf
der Burg der Jebusiter ruhte. »David aber gewann die Burg Sion, das
ist Davids Stadt.« (Chron. III. 5) »David aber wohnte auf der Burg;
darum heißt man sie Davids Stadt« (e. d. 7.). Die Stelle ist die
beherrschende der Stadt. Eine Burg in ihr kann daher nicht anderswo,
als an diese Stelle gesetzt worden seyn. Ein Beleg hiezu sind auch
folgende Worte: »Und der Knabe auf der Warte hob seine Augen auf und
schaute; und sieh, eine Menge Volkes kam auf dem Wege herbei, an der
Seite des Berges« (II. Sam. 13). Von keinem Orte der Stadt überschaut
man besser die Wege, so von der Flachhöhe nach der Stadt führen, als
von derjenigen, wo die Burg noch heut zu Tage errichtet steht. Von
ihren Zinnen liegen vor dem Blicke zwei Wasserbecken auch heute noch
so nahe, daß man sich an dem Anblicke eines darin Badenden hinlänglich
ergötzen kann, das eine in der Schlucht gegen Westen des Pilgerthores,
das andere, innerhalb der Stadt, im Norden der Burg; das eine oder das
andere nimmt man für das Becken, worin David, von den Zinnen der Burg
herab, =Bethseba=, das Weib =Urias= des Hethithers belauschte.
Da zu den Zeiten Christi der Golgatha außerhalb den Mauern der Stadt
lag, aus vielen Stellen der Bibel aber, und so auch aus der Natur des
Bodens klar hervorgeht, daß im Osten, Süden und Westen und an der
Nordostseite die Ummauerung der damaligen Stadt derjenigen der heutigen
gleich kam, so ist nur die Strecke vom Pilgerthore bis zu demjenigen
von Damaskus als vorgeschoben zu betrachten, und es ist wahrscheinlich,
daß damals die Ummauerung von dem auf dem Felsvorsprunge stehenden
Thurme der Nordseite längs dem Abfalle der Höhe Bethseda südlich zog,
die _Via dolorosa_ durchschnitt und den Morija hinaufstieg, dort aber
sich mit einem vom Pilgerthore, östlich den Sion herabziehenden Theile
der Ummauerung traf. Die Bibel deutet häufig auf eine doppelte Mauer;
z. B. »Und er (=Hiskiä=) ward getrost und besserte die Mauern aus, wo
sie lückig waren und machte Thürme darauf, und bauete draussen noch
eine Mauer« -- (II. Chron. XXXII. 5). »Darnach baute er (=Manasse=) die
äußersten Mauern an der Stadt Davids von abendwärts an Gihon im Bach,
und da man zum Fischthor eingeht, und umher am Ophel, und machte sie
sehr hoch« (II. Chron. XXXIII. 14).
Diese Mauern wurden aber durch die Babylonier niedergerissen. Als
=Kyros= den Juden die Rückkehr ins Vaterland gewährte, erlaubte
er ihnen zwar den Tempel wieder aufzubauen; als sie aber, unter
=Artaxerxes= (=Arthasastha=), auch die Mauern wieder herstellen
wollten, verbot dieser König es zunächst (_Esra._ IV.), weßhalb auch
=Nehemia= schreibt: »Und ich ritt zum Thalthor aus bei der Nacht,
vor dem Drachenbrunnen und an das Mistthor; und that mir wehe daß
die Mauern Jerusalems zerrissen waren, und die Thore mit Feuer
verzehrt. Und ging hinüber zu dem Brunnenthor und zu des Königes
Teich; und war da nicht Raum meinem Thier, daß es unter mir hatte
gehen können« (II. 13. 14). Im folgenden Kapitel schildert Nehemia auf
das genaueste den Zug der Ummauerung, wie unter seiner Leitung sie
dennoch erbaut wurde. Der Bau, eigentlich gleichzeitig auf der ganzen
Länge der Entwicklung geführt, fing am =Schafthore= an, ging von da
nach dem =Fischthor=, wieder nach dem =alten Thore=, über die breite
Mauer nach dem =Thalthore=, nach dem tausend Ellen davon entlegenen
=Mistthore=, weiter nach dem =Brunnenthor=, und vorbei an der Quelle
Siloe (=Seloah=) am Garten des Königes und an den Stufen, die von
der Stadt Davids heruntergingen, an den Gräbern Davids, am Teich
=Asuja= und an der Burg der Krieger bis an den Winkel am Rüsthause,
der hinauf die Höhe zog und wovon ein Theil schon auf der Höhe selbst
lag. Weiter machte die Ummauerung ein paar Winkel bis nach einem hohen
Thurme, der vom Königshause heraussah, umschloß den =Ophel= (den ich
für gleichbedeutend mit der Höhe Bethzeda halte), wo das =Wasserthor=
stand, ging nach dem =Roßthore= und weiter nach dem =Rathsthore= bis an
die Nordostecke, worauf sie das Schafthor wieder erreichte.
Aus dieser Folge ergibt sich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit
folgende Bestimmung: das Schafthor ist (Joh. V.) das heute nach dem
heil. Stephan genannte. In den Raum von diesem bis zum Südostwinkel
der heutigen Stadt fielen das Fischerthor und das alte Thor. Der
Südostwinkel selbst ist die breite Mauer. Durch die Südseite gingen das
Thalthor, das Mistthor (_Porta sterquilinia_), das Brunnenthor. Der
Garten des Königs lag zwischen den Quellen Siloe und Rogel; an dieser
letztern, die Schlucht hinauf, führten die Stufen zur Stadt Davids, die
also, im weiteren Sinne des Wortes, den ganzen auf dem Sion gelegenen
Theil von Jerusalem in sich begriff. Die Gräber Davids, worunter nur
dann die eigentlichen Königsgräber zu verstehen sind, wenn man die
Bezeichnung: »die Stadt Davids,« so oft im obigen Sinne versteht, als
die Bücher der Könige sagen, »und wurde begraben in der Stadt Davids,«
waren sonach an der Stelle, die man heute noch dafür bezeichnet. --
Der Teich, oder vielmehr das Becken Asuja ist das in der Schlucht vor
der Westseite, oder das etwas südlicher liegende. Die Burg der Krieger
bezeichnet insbesondere das Schloß oder die Stadt Davids im engeren
Sinne. Das Rüsthaus muß am nordwestlichen Abhange des Morija gelegen
haben. Das Königshaus ist eines der Nebengebäude des Tempels. Das
Wasserthor fällt in die Thalung nach dem heutigen Thore von Damaskus;
das Roß- und Rathsthor in die Nordseite.
Die Bibel nennt aber noch einige andere Thore: nämlich das =Thor
Ephraim= und das =Eckthor=, vierhundert Ellen von einander abstehend
(II. Könige, XIV. 13); das =Kerkerthor= (Nehem. XII. 39); das
=Ziegelthor= (Jerem. XIX.); das =Thor Benjamin= (Jerem. XXXVIII. 7);
das =innere Thor= (Hesek. VIII. 3).
Schon aus dem Umstande, daß Joas, König von Israel, die Stadt zwischen
dem Thore Ephraim und dem Eckthore angriff, beweiset sich, daß
dieselben höchst wahrscheinlich an der Nordseite sich befunden haben.
Das erstgenannte als ein kleineres ist vielleicht erst in späteren
Zeiten wieder erneut worden, und wahrscheinlich ein und dasselbe mit
dem heute sogenannten. Das Eckthor scheint nahe am Thurme Tankreds
gewesen zu seyn, der die Nordostecke der heutigen Stadt bildet und 430
Schritte vom Pförtchen Ephraim absteht. Das Kerkerthor scheint ein
inneres gewesen zu seyn, oder im Winkel nach der Schädelstätte gelegen
zu haben. Das Ziegelthor, als nach dem Thale =Ben Himmon= sehend, fällt
in die Südseite, und ist wahrscheinlich eines und dasselbe mit dem
Brunnenthore. Die beiden anderen scheinen gleichfalls innere Thore, und
deuten auf Mauerabschnitte innerhalb der Stadt, wie man deren heut zu
Tage noch in allen orientalischen ummauerten Städten sieht. --
Außerhalb der Stadt zwischen dem Thore von Damaskus und der Pforte
Ephraim, auf einen Steinwurf vom Graben, hebt sich ein niederer
felsiger Hügel. Darin befindet sich eine Grotte, deren Eingang der
Stadt zugewendet und durch ein schmales Gärtchen und dessen Umfangmauer
geschlossen ist. In dieser Grotte soll =Jeremias= seine herrlichen
Klaglieder verfaßt haben, die, so wahr am heutigen Tage, mit den Worten
beginnen:
»Wie liegt die Stadt so wüste, die voll Volkes war! Sie ist wie eine
Wittwe. Sie, die eine Fürstin war unter den Heiden und eine Königin in
den Ländern, sie muß nun dienen!«
Jetzt wohnt ein muselmännischer Heiliger in dieser Grotte und verkauft
Grabstellen in ihr und im Gärtchen, so davor liegt. Der innere Raum
der Grotte ist fast rund, zu zwei und vierzig Schritte Durchmesser,
von zwei massiven Pfeilern getragen, in der Mitte etwa 30 Fuß hoch.
Der Meißel hat der Natur nachgeholfen. Rundum an der Wand, 1-1/2 Fuß
über dem Boden, laufen einige Zoll hohe Durchzüge im Stein, so daß
man ringsum ein Seil ziehen könnte. An dem rechten Pfeiler haben die
Muselmänner einen Gebetplatz.
Die =Flachhöhe= im Norden der Stadt, die auf eine Stunde Länge fast
eben so viele Breite hat, ist ein Gemenge von Felsspitzen, die von
zwei bis zwanzig Fuß über den Boden ragen, und zwischen denen Saaten
und Öhlbäume stehen. Fast jede dieser Spitzen zeigt den Eingang in eine
Todtenkammer, in die man bald ebenen Fußes geht, bald abwärts steigt.
Die Eingänge sind jederzeit rechtwinkelig, manchmal mit einem Fries
und Tympanen versehen, meist aber unverziert. So viele davon ich auch
besah, ich konnte nirgends eine Inschrift entdecken.
Die Beschreibung zweier genügt, um die übrigen zu kennen. Nicht ferne
von der Grotte =Jeremiä= ist eine Nische, fünfzehn Schritte breit
und vierzig lang in den Felsen gehauen, in deren linker Wand ein nur
wenige Fuß hoher, gewölbter Durchgang sich befindet. Durch diesen
tritt man in einen Hof zu vierzig Fuß ins Gevierte, von geglätteten
Felswänden umfangen. Durch die südliche Wand, siebzehn Schritte breit,
ist der Eingang in ein Vorgemach, das sieben Schritte Tiefe hat. Das
Fries über dem Eingange ist von feiner Meißelarbeit; es besteht zu
oberst aus mehreren Leisten, dann folgt eine Reihe Triglyphen, die mit
Blumenkränzen, Rosen, Trauben, Palmen- und Akanthuszweigen wechseln,
und darunter eine Rinne mit Tropfen unter den Triglyphen und Zweigen;
weiter ein schönes Band aus Weinblättern, Granatäpfeln, Blumengewinden
und Pinienfrüchten, endlich der gewöhnliche Architrav. Diese Zierden
sind hoch und schön ausgehauen; ihre Wahl und Anordnung erinnert an die
Schilderung der Meißelarbeiten im Tempel des Salomon, so wie die Bücher
der Könige sie geben. Das Vorgemach ist unverziert. Durch den Boden
desselben, zur Linken, kriecht man in ein Loch, das bis 8 Fuß Länge und
2 Fuß Höhe haben mag, und kommt in ein Gemach zu 22 Fuß ins Gevierte.
Dieses hat in der Hinterwand zwei Thore. Das linke führt in einen Saal,
in welchem die Eingänge zu sechs Gemächern, jedes für zwei oder drei
Leichenstellen, sich finden; das rechte in einen ähnlichen Saal, das
außer den sechs Seitengemächern noch eines acht Stufen tief unter sich
hat. Durch die rechte Seitenwand des ersten Gemaches kommt man in ein
anderes zu 15 Fuß ins Gevierte und 10 Fuß hoch; aus diesem aber in zehn
Seitenkammern.
Alle diese unterirdischen Gemächer sind in den Felsen gehauen, und
gegen unsere Grüfte gehalten eben so wunderbare Werke, als die
ägyptischen durch Pracht, Ausdehnung und Zierath solche gegen die
jüdischen sind. Die Thore haben nur 2 Fuß 6 Zoll Breite und sind oben
gerundet. Die Thüren liegen häufig darneben. Jede besteht aus einem
einzigen starken, einfach verzierten Steinblocke. Jedes Gemach hat
in der Mitte des Bodens eine Rinne, 8 Zoll breit und eben so tief;
jeder Saal in der Mitte eine Vertiefung, so zwar, daß nur längs
den Wänden der höhere Auftritt besteht. Sehr merkwürdig sind die
Leichendeckel, die in einigen Kammern noch ganz, in andern in Trümmern
zu sehen sind. Sie haben 7 Fuß Länge, aber nur 11 Zoll Breite und
sind innen ausgehöhlt, außen aber mehr oder weniger fein mit Eichen-
und Weinblättern, mit Blumen und Früchten verziert. Sie müssen
unmittelbar auf den Leichen geruhet haben. In der Wand zur Seite der
Schlummerstätte ist nicht selten eine kleine, seichte, dreieckige
Nische, gerade groß genug, um eine Lampe zu fassen. Man sieht den
oberen Winkel nicht selten noch geschwärzt.
Man nennt diese Grabhöhlen die =Gräber der Könige=. Welcher Könige?
Die des Reiches Juda wurden großentheils in der Stadt Davids begraben
(Könige XIV. XV. -- II. Könige VIII. IX. XII. XIV. XV. XVI. XXI.);
Ausnahme machten =Manasse=, =Amon=, =Josias=, die im Garten Usa
begraben wurden. (II. Kön. XXI. II. Chron. XXXV.) Lag dieser auf der
Flachhöhe, so kann die obige Bezeichnung allerdings eine richtige seyn,
und würde sich dann auf die genannten Könige dieses Reiches anwenden
lassen. Schon =Joram= und =Joas= waren nicht in den Gräbern der Könige
beigesetzt worden (II. Chron. XXI. XXIV.), und von =Usias= sagt die
Chronik: »und sie begruben ihn bei seinen Vätern =im Felde bei dem
Begräbnisse der Könige=.« (XXVI. 23.) -- Die Gräber der =Makkabäer=
können diese nicht wohl seyn, da dieselben vom Meere aus sichtbar
gewesen seyn sollen. Nicht unwahrscheinlich sind es die Gräber der
Familie =Herodes=, die =Josephus= als im Norden der Stadt gelegen
schildert. Mir schienen Anlage und Verzierung aus römischer Zeit,
obwohl nicht durch römische Hand bewirkt. -- =Pausanias= (VIII. 16)
und =Josephus= (_Ant._ XX. 2) sprechen auch von bewunderungswürdigen
Gräbern der =Helena=, Gemahlin des =Monobazus=, Königs von Adiabene,
die im ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung lebte, sammt ihrem
Sohne =Itazes= nach Jerusalem zog und dort die jüdische Religion
annahm. Drei Pyramiden sollen über ihrer Grabstätte, drei Stadien
weit von der Stadt, aufgerichtet worden seyn. Die Pyramiden bestehen
nun freilich nicht mehr, was nichts für die Bezeichnung unserer oben
beschriebenen Ruhestätten beweiset. Diese letzteren sind aber für eine
weit größere Zahl von Leichen eingerichtet. =Pausanias= spricht von
einer besondern Schließungsweise der Grabstätte dieser Königin, und
der Mönch =Bernardino von Gallipoli= in seinem sonst verdienstlichen
_Trattato delle piante ed immagini de' sacri Edifizi di terra santa,
Firenze 1620_, erzählt bei Schilderung der _Spelonche Regie_ von etwas
ähnlichem. Ich habe davon nichts gesehen, und finde überhaupt seine
Zeichnung dieser Gräber ganz und gar unpassend auf diejenigen, die man
mir und Andern als die =Gräber der Könige= wies.
Eine Stunde weiter gegen Nord, wo sich die Flachhöhe, der Spitze
des Kirchleins =Samuels= gegenüber, senkt, und ein Thal nach Osten
ausläuft, sind die =Gräber der Richter=. Der Eingang ist mit Akanthus
im Fries und Tympanum verziert; eben so die kleine Pforte, die aus
dem fünf Schritte tiefen Atrium in ein Gemach, zu 29 Fuß 8 Zoll ins
Gevierte, führt. In diesem sind in der linken Seitenwand, in zwei
Reihen über einander, dreizehn Geschiebe, d. i. wagrechte Löcher,
16 Zoll breit, 26 Zoll hoch und 7 Fuß 6 Zoll tief, unten eben, oben
gerundet und jedesmal vorne in ein vertieftes Rechteck eingefangen.
In jedem Geschiebe war nur für eine Leiche Raum, und zwar ohne Sarg;
man wickelte dieselbe wahrscheinlich in Leinen und gab Spezereien
hinzu. (II. Chron. XVI. 14.) Die Eingangswand dieses Gemaches, das eben
hoch genug ist, um darin stehen zu können, hat zur Linken ebenfalls
ein solches Geschiebe, zur Rechten aber ein anderes Gemach und zwar
eingesenkt. Durch die rechte Seitenwand kommt man in ein Gemach, das
unten neun Geschiebe, oben aber eine breite Steinbank ringsum zeigt,
als habe man da die Leichen erst umwickelt und bereitet, bevor man sie
in ihre letzte Wohnung schob. Durch die Hinterwand gelangt man in ein
Gemach mit zwölf Geschieben oben und neun unten, und durch eine Stiege
links zuerst in eines zu drei und dann in ein anderes zu dreizehn
Geschieben.
Ich halte diese Gräber für weit älter als die früher beschriebenen.
Sie sind auf wenig Raum berechnet. Ähnliche gibt es auf der syrischen
Küste, gegenüber der Insel =Ruad= (_Aradus_), bei =Sidon= und in der
Nähe von =Damaskus=. (_Maundrell, Voyage d'Alep à Jérus. 1525_) Ich
erinnere mich in keinem anderen Lande deren gesehen zu haben.
Nicht ferne von den =Gräbern der Richter= (mir unbekannt, warum man
sie so heißt, denn die Bibel gibt nirgends einen Wink hievon) ist eine
in den Felsen gehauene Cisterne. Eine genaue Untersuchung der Höhlen,
Gräber, Nischen, Cisternen und anderen Behälter des weiten Feldes im
Norden Jerusalems müßte eine lehrreiche Ausbeute geben.
Ich brachte den Abend dieses Tages mit einem seltsamen Manne zu, Joseph
=Wolff=, Missionär in Jerusalem, und seiner Gemahlin Lady =Georgiana
Wolff=, der bei einem ungeheuren Wissen und einem Muthe, der des
edelsten Märtyrers würdig wäre, eine Menge von Narrheiten im Kopfe
hatte; eine Vermählung, die man so häufig in ausgezeichneten Köpfen
sieht, und die für die nahe Verwandtschaft des Wahnsinns mit dem
Verstande zeugen. Er und seine Gemahlin weihten sich in Jerusalem der
Judenbekehrung, und er hatte deßhalb eine freie Ausforderung an alle
Schriftgelehrten dieses Volles ergehen lassen und war zu jeder Stunde
bereit, Mann gegen Mann, den Kampf aufzunehmen. Er versicherte mich
mündlich und schriftlich, daß, Daniel zufolge, in siebzehn Jahren alle
Juden Christen seyn würden. Ohne die Bekehrung überhaupt in Zweifel
zu ziehen, rieth ich ihm aus Freundschaft, die Frist der Prophezeiung
wenigstens um hundert Jahre hinaus zu rücken. Ich glaube, daß man mir
auch hierin nicht Unrecht geben, noch meine Absicht verkennen wird.
Der Vorsteher der katholischen Gemeinde in Jerusalem bewahrt als
Bevollmächtigter des Papstes im heiligen Lande das Recht der Ertheilung
des =Ordens vom heiligen Grabe=, der von Gottfried von =Bouillon= im
J. 1099 gestiftet worden ist, und dessen Statuten mehrere Päpste,
namentlich =Benedikt= XIV. erneuerten und festsetzten. Der Vorgang
bei Aufnahme in diesen Orden, die auch mir zu Theil wurde, ist ob
der geschichtlichen Erinnerungen und der Stelle, wo sie geschieht,
ergreifend. Wir versammelten uns hiezu eines Morgens vor Sonnenaufgang
am Allerheiligsten, und zogen sodann in die den Katholiken zugehörige
Kapelle im Tempel. Alle versammelten Mönche und Brüder beteten laut.
Dann setzte sich der Abt des heiligen Landes auf einen Thronsessel.
Kniend vor demselben, spricht der Aufzunehmende den Schwur des Bundes
in seine Hände. Ein Mönch gürtet dem Ritter sodann die Füße in seidene,
goldverbrämte Kamaschen und schnallt die Spornen Gottfrieds von
=Bouillon= demselben an. Diese sind aus Metall, ganz einfach, stark, 8
Zoll lang, wovon 5 auf die Spitze kommen, mit einem scharfen Stern,
dessen Dornen 1 Zoll 4 Linien Länge haben. Das Schwert Gottfrieds,
eine 30 Zoll lange, zweischneidige, flache Klinge mit 5 Zoll langem
einfachen Kreuzgriff, dessen Querarme nach unten etwas eingekrümmt
sind, in einer Lederscheide, Knopf und Beschläge aus Metall, wird
entblößt in die Hand gegeben, darin umgürtet; endlich empfängt man um
die Brust Gottfrieds Kreuz, aus Metall mit Granaten geziert, an langer,
metallener Kette hängend. Zwischen jedem Abschnitte der Ceremonie
finden Gebete Statt, und zwischen den beiden letzten der eigentliche
Ritterschlag mit Gottfrieds Schwert auf Haupt und Achseln, worauf man
von allen Brüdern und Mönchen umarmt wird und sie umarmt. Vormals
geschah die Aufnahme in diesen Orden vor dem heiligen Grabe selbst,
jetzt aber findet sie in der katholischen Kapelle bei verschlossenen
Thüren Statt. -- Während dieser Scene hörten wir Gepolter über uns. Was
war es? -- Pferdegetrappel; denn die Türken haben Stallungen gerade
über dieser Kapelle.
Um der seltsamen, die Zeit der Stiftung malenden Privilegien und
Pflichten willen, gebe ich in Folgendem das Diplom des Ordens, das mir
überreicht wurde.
_Fr. Thomas a Monte Asula,_
_Ordinis Minorum strictioris Observantiae S. P. N. Francisci,
Provinciae Seraphicae Concionator, Sac. Theologiae Lector, Sini.
Dni. Papae in Lateranensi Archi-Basilica jam Poenitentiarius, Sac.
Congregationis de Propaganda fide Responsalis, Missionû. Aegypti,
et Cypri Praefectus, in Partibus Orientis Commissarius Apostolicus,
Sacri montis Syon, et SS. Sepulcri D. N. I. C. Guardianus, ac totius
Terrae Sanctae cum plenitudine potestatis Custos, humilisque in Domino
Servus._
_Universis, et singulis Christi Fidelibus praesentes nostras Litteras
inspecturis, vel legi audituris, salutem ab eo, qui est vera Salus._
_Ex gestorum monumentis tenemus invictissimos Heroes Carolum Magnum
Imperatorem semper Augustum, Ludovicum VI. Philippum sapientem,
Sanctum Ludovicum IX. Philippum Hispaniarum Regem, aliosque multos
reipublicae Christianae magnanimos Reges, et Principes, Dei honoris,
et Catholicae fidei nedum Zelatores, verum etiam strenuissimos
defensores, sese, bonaque sua Deo immortali sponte obligasse, et
noviter emancipasse, fortissimosque diversis temporibus Equites
sub quibusdam regulis creasse; ad hunc finem dumtaxat, ut nefariis
infedelibus devictis, sanctam Jerosolymorum Urbem, ac resurgentis
Domini sepulcrum libere custodire, et pro viribus defendere valerent.
Et tunc, aura secunda Equestris hujusmodi effloruit dignitas, cum
inter Christianorum Principum, contra infedeles multos, demandatas
expeditiones, praeclarus, Dux Godefridus de Bullion memoria dignus,
anno à Partu Virgineo 1099; in sanctae Civitatis expugnatione copioso
trecentorum millium, cruce signatorum militum, ab Urbano II. Pontifice
Maximo comparato exercitu, ultra trecentorum millia hostium, favente
Deo devicit. Capta Jerosolyma, unanimi omnium voto praelaudatus
Godefridus in Jerosolymorum Regem solemniter proclamatus est. Quo in
munere, nulla interposita mora, ardenti (quo flagrabat) animo, Christi
Domini Mausoleum in curam sibi recepit. Utque rite custodiretur,
sacrum Ordinem ejusdem SS. Sepulcri Equitum sub ss[=m]is. legibus
instaurare et instituere, non est sane dedignatus: ac proinde
plurimos illustrissimos, ac nobilissimos viros, resurgentis Domini
sepulcri continuo creavit Equites; cosque rubeis crucibus in scuto
argenteo insculptis armavit, et decoravit: Decernens in posterum,
ut eas vestibus appositas, tum in bello, cum Regum in aulis, nec
non quorumcumque fidelium coetibus pro gentilitio stemmate deferre
tenerentur. Unde, Christianissimi Reges, ut erectores, ita et rectores
hujus sacri Ordinis fuere. Sicque, fulcimento tali munitus, quondam
Equitum Ordo auspicato florescebat. Sed proh dolor! capta iterum ab
infidelibus Jerosolyma anno 1187, habenas Ecclesiasticas Urbano III.
moderante, et cunctis ab Asia pulsis Catholicis, ss. Equestris Ordo
pene sopitus, et extinctus remansit. Unde merito facta est quasi
vidua Domina gentium, et ex omnibus charis ejus, quis amplius non
erat ei solatium praebiturus. In moestitudine tamen positam, ubi
Domino placuit, consolatus est eam, stimulando animum devotissimi
Roberti utriusque Siciliae Regis, ut ab Aegypti Sultano, ss[=m]ae.
Redemptionis Loca pro viribus compararet. Quod quidem Laudatus
Princeps (Clemente V. Piscatoris vices gerente) non sine difficultate,
ac sumptibus, pro nostri seraphici Patriarchae S. Francisci
Assisiatis, humilibus filiis obtinuit; atque eis in persacrato
monte Syon, ubi fuerunt miracula tanta patrata, et in praegrandi,
ac praeomnibus sanctiore, Resurrectionis Domini Basilica commorandi
facultas fuerit dilargita. Quo circa SS. D. Alexander Papa VI. anno
1496. ad innovandam non solum perantiqui Instituti praelaudati Ordinis
Equestris jam fere abolitam memoriam, imo etiam ad augendam erga
Christi sepulerum fidelium pietatem, et religionem, eorumque animos,
pro SS. Locorum recuperatione vehementer excitandos, persacrati montis
Syon, ac SS. sepulcri D. N. I. C. Guardiano, ejusque Vicario generali
(hoc est totius Terrae Sanctae Praesidi) eorumque successoribus pro
tempore existentibus, hujusmodi Equites SS. sepulcri, ut olim, creare,
armare, et instituere misericorditer indulsit. Posthac, Leo X. die 4.
Februarii 1616; Pius IV. die 1. August 1561; Alexander VII. die 3.
Augusti 1565; Benedictus XIII. die 3. Martii 1727. idem concessere,
et laudavere. Ultimo autem Benedictus, eo nomine, Pontifex XIV. dum
pro gubernio Terrae Sanctae, statuta et Constitutiones approbavit,
praefatam gratiam creandi Equites SS. sepulcri, per suos Antecessores
superibus Terrae sanctae respective impertitam, speciali favore
confirmavit per Bullam incipientem: In supremo militantis Ecclesiae:
datam Romae 7. Januarii 1746. Pontificatus vero sui sono sexto. Quod
ita sane a praedecessoribus nostris hucusque exequutum est, ut dehinc
Equites permulti fuerint creati, et in praesentiarum creentur. In
quorum numerum: Illmûs. Dnûs. Antonius Prokesch, ex nobili familia
Austriaca, S. M. I. R. A. in Exercitu Dux, et diversorum Ordinum
Eques. etc. supra dicti Ordinis Equestris SS. sepulcri Laureari, et
splendoribus insigniri maximopere expostulavit. Nos igitur piis ejus
precibus inclinati (solerti indagatione circa ea quae Catholicae fidei
puritatem spectant, prius facta, et diligenti inquisitione super
hisque ex antiquissimis Legibus in vero Christi Equite requirebantur,
jam habita) Praefatum Illmûm. Dmûm. Antonium etc. in omnibus idoneum,
ac tanto honore dignum reperimus. Emisso itaque (ut moris est)
voto perse ipsum, Nos, Apostolica qua in hac parte peculiariter
fungimur, autoritate, Eum SS. sepulcri D. N. S. C. Equitem armavimus,
creavimus, insignivimus, et condecoravimus; nec non torquem auream
de more solemni, cum pendenti cruce ad collum ejusdem, proprio Loco
SS. sepulcri imposuimus die 23. mensis Aprilis anni 1829. Adque per
praesentes à Nobis condecoratum, insignitum, creatum, et armatum,
nominamus, declaramus, et publicamus, cum singulari potestate stemmata
hujusmodi deferendi assiduo, tum publice, cum private, et iisdem pro
Insignibus, utendi; nec non omnibus, privilegiis, indultis, gratiis,
exemptionibus, et praerogativis, quibus caeteri ejusdem Equestris
Ordinis Equites gaudent, vel in posterum gaudebunt, perfruendi.
In quorum omnium et singulorum fidem hoc Diploma, manu nostra
subscriptum, ac pendente sigillo majori Resurrectionis Dominicae
munitum, expedire decrevimus. Vale, Deusque suum, pro defensione et
exaltatione sanctorum Locorum, tibi praestet auxilium._
_Privilegia, Equitibus SS. sepulcri, à Pontificibus, Imperatoribus, et
regibus concessa. 1. Equites SS. sepulcri praecedere debent reliquos
alios cujuscumque Ordinis, seu Militiae: exceptis illis Velleris aurei
vulgo: del Toison d'Oro, nuncupatis. 2. Possunt legitimare eos, qui
ex legitimo Matrimonio non sunt nati; baptismale nomen mutare: arma
seu stemmata concedere, et Notarios creare. 3. Bona Ecclesiastica,
pro tuenda fide Christi, licet sint uxorati, possunt tenere absque
Ecclesiae praejudicio. 4. Ubique locorum sunt exempti ab omnibus
gabellis, et tributis tam vini, quam cerevisiae et aliorum. 5. Tempore
belli sunt exempti â vigiliis, et â militum hospitio. 6. Si corpus
patibulo appensum in via repererint, educto gladio de vagina possunt
praecidere laqueum, et ut sepulturae mandetur imperare._
_Obligationes. Ad quas tenentur Equites SS. sepulcri ex juramento et
voto professionis eorum. 1. Equites SS. sepulcri, data opportunitate,
debent quotidie audire Missam. 2. Cum opus fuerit, bona temporalia,
et vitam exponere tenentur, dum bellum universale contra infideles
paratur, et in propria venire persona, aut mittere idoneam. 3.
Sunt obligati sanctam Dei Ecclesiam, ejusque Ministros ab eorum
persecutoribus defendere, ac pro viribus ab iisdem liberare. 4. Debent
injusta bella, turpia stipendia, et lucra, hastiludia, duellum, et
caetera hujusmodi (nisi causa militaris exercitii) vitare. 5. Debent
inter Christi fedeles pacem, et concordiam procurare, Rempublicam
exornare, cultum Divinum promovere, opera pietatis exercere, verbo et
exemplo monita salutis cunctis praebere, ac sese tanto honore dignos
demonstrare._
_Fr. Thomas a Monte Asula_
_Terrae Sanctae Custos._
_De mandato R[=m]i in Christo Patris._
_F. Coelestinus ab Aunano Terrae_
_Sanctae Secretarius._
(_L. S._)
* * * * *
Der Weg nach =Bethlehem= führt vom Pilgerthor nach der =Höhe des bösen
Rathes=, wo die Hohenpriester die Verdammung Christi beschlossen
haben sollen. Es stehen die Ruinen einer Kirche dort und eine Moschee
daneben. Das Feld ringsum ist baumlos und felsig; es hat eine halbe
Stunde Durchmesser. Auf dem Hügel zur Rechten gewahrt man die Reste
eines Thurmes, fast zum Steinhaufen umwandelt. Man nennt die Stelle den
=Thurm Simeons des Alten=. Schön zeigt sich das griechische Kloster =S.
Elias=, in der Einsattlung zweier sanfter Höhen aus dichtem Öhlwald
mit hohen Mauern ragend, rechts aber das Dorf =Atamon=, auch das Dorf
=Simeons des Alten= genannt, und weiter im Thale =Bethsafafa=. Ein
Paar hundert Schritte vor dem Kloster =S. Elias= (drei Viertelstunden
von Jerusalem) steht ein alter, mit mächtigen Blöcken umgebener
Brunnen; er wird als derjenige verehrt, woraus der Stern den drei
Weisen emporstieg. Am Wege, der Klosterpforte gegenüber, findet man
einen Öhlbaum, um welchen, nach morgenländischer Sitte, eine Betstelle
gebaut ist; daran zeigt man im Felsboden eine Aushöhlung, worin der
Prophet geruht haben soll. =Bethlehem= wird von dort aus sichtbar. Es
ist nicht viel über eine halbe Stunde entlegen und nimmt sich auf dem
kahlen Hintergrunde felsiger Höhen stattlich aus. Alle tiefen und alle
wagrechten Räume zwischen den Felsschichten der Höhen sind trefflich
bebaut; die Erde ist röthlich, das Gestein Marmor. Auf dem Wege dahin,
eine Viertelstunde weiter, sind einige Reste alter Umfangsmauern aus
trocken gefügten Blöcken, die ein Paar Fuß über den Boden ragen.
Dort soll =Rama= gestanden haben, dessen =Jeremias= mit den von dem
Evangelisten =Matthäus= wiederholten Worten erwähnt: »Und horch!
bitteres Schluchzen und Klagegeheul auf Rama. Rachel weinet über ihre
Kinder.« (XXXI. 15.) Auf wenige Schritte zur Rechten von den Ruinen
zeigt man einen Mauersarg, 11 Fuß lang und 4 Fuß breit, unförmliches
und offenbar türkisches Werk; auch von einer kleinen Moschee umfangen.
Juden und Türken wallfahrten fleißig an diese Stelle, die sie das
=Grab Rachels= nennen. Zahlreiche Aufschriften zeugen davon. Darneben
ist eine Cisterne. Gräber der Muselmänner umgeben dieß Heiligthum,
das allerdings die durch Überlieferung bekannt gebliebene Stelle
bezeichnen kann. Das erste Buch =Moses= sagt: »Also starb Rachel und
ward begraben =an dem Wege= gen Ephrath, die nun heißt Bethlehem.«
(XXXV. 19.) Ferner =Samuel=: »Wenn du jetzt von mir gehst, so wirst du
zween Männer finden bei dem Grabe Rachels, in der Gränze Benjamin, zu
Zelzah.« (X. 2.) Diese Angaben beweisen einmal, daß das Grab Rachels
ein in den frühen Jahrhunderten bekannter Gegenstand war, und dann,
daß es in der Gränze des Gebietes von dem Stamme Benjamin und auf dem
Wege von Jerusalem nach Bethlehem lag. Es hieße sonach gewaltsam die
Wahrscheinlichkeit von sich stoßen, wollte man nicht annehmen, daß nach
und nach die Merkzeichen der Stelle zwar wechselten, =diese= aber eine
bekannte blieb, und die heut zu Tage dafür angegebene ist. Eben die
Einerleiheit dieses Punktes mit dem von der Schrift dafür gehaltenen
berechtigt zur Voraussetzung, daß der daran stoßende Ort derjenige ist,
den Jeremias =Rama= nennt, und der vielleicht in früherer Zeit =Zelzah=
hieß. Mehrere Orte tragen den Namen =Rama=, wie wir aus Jos. XVIII.,
Richter XIX., Samuel XIX. XXII. XXVIII., Könige XV. u. s. w. ersehen.
Er wurde von den Griechen auch mit [Greek: hupsêlên], Höhe, Hochfeld,
übersetzt, eine Bezeichnung, die sich trefflich aus die Örtlichkeit der
Ruinen am Grabe Rachels anwenden läßt.
Rechts von diesem Grabe aus dem Berge liegt das Dorf =Bethisallah=,
das von Griechen bewohnt und reich an Wein und Öhl ist. Auch ein
Wasserbecken, länglichrund, zu hundert Schritt größeren Durchmessers,
natürlich gebildet, jetzt ein Garten, findet man zwischen =Rama= und
=Bethlehem=, links aber am Abhange einen Wasserzug, der bis vor Kurzem
noch Jerusalem diente, jetzt aber unterbrochen ist; vielleicht die
Quelle =Gihon=. (II. Chron. 32.)
=Bethlehem=, welches schon das erste Buch Moses nennt (XXXV. 19), und
die auch im alten Testamente mit einem heiligen Glanze umgeben war
durch die Geschichte der Moabitin =Ruth=, so würdig besungen in unseren
Tagen durch eine unserer edelsten Frauen; =Bethlehem=, welche Israel
einen Richter gegeben hatte (Richt. XII. 8) und den königlichen Sänger
=David= (1. Sam. XVI.), und von der ein Prophet weißsagend sang: »du,
die du klein bist unter den Tausenden in Juda, aus dir soll er kommen,
der in Israel Herr sey, und welches Ausgang von Anfang und von Ewigkeit
her gewesen ist« (Mich. V. 1): =Bethlehem= krönet die Einsattlung
zwischen zwei Hügeln und den einen dieser Hügel selbst; während das
Kloster und die Kirche über der Geburtstätte Christi, einer stattlichen
Burg gleich, auf dem anderen liegen. Das Thal, das dort den Ursprung
nimmt, ist reizend durch trefflichen Anbau und durch die Fülle an
Mandel-, Öhl- und Feigenbäumen. Vieles Volk war im Freien und grüßte
uns mit einem _buon giorno_. Da es gut bewaffnet war, kühn auftrat und
reiche Kleider trug, so hielt ich es für muselmännisches. Es bestand
aber aus Christen, denn diese haben in =Bethlehem= das Recht, Waffen zu
tragen. Es wohnen über 1000 Katholiken, an 1000 Griechen, 30 armenische
und 40 türkische Familien in =Bethlehem=. Die ersten spielen den
Meister. Sie tödteten vor Kurzem dem Pascha vier Soldaten von dreißig,
die er dort hielt, und verjagten die übrigen.
Man führte uns am Kloster vorüber und hinter demselben auf die freie
Höhe. Dort verehrt man die Grotte, in welcher die h. Jungfrau, kurz vor
ihrer Flucht nach Ägypten, das Christuskind vor Herodes verborgen haben
soll. Zwölf Stufen führen zu einem Altare hinab, vor dem drei Lampen
brennen. Die Wände sind roh, das Gestein ist Kreide. Die Gläubigen
sagen, einige Tropfen von der Milch der h. Jungfrau habe demselben die
weiße Farbe gegeben. Darum glauben die Frauen auch, es erleichtere, als
Pulver genommen, die Geburtschmerzen. Der Eingang dieser Grotte sieht
nach Nord.
Der Zugang des Klosters ist mit breiten Steinen gepflastert, mit
Brunnen und Aufsätzen begleitet, breit und ansehnlich. Kloster und
Kirche sind es nicht minder, aber in Verfall, und wenn nicht Hülfe
kommt, bald in Ruinen. Die Armenier haben die Oberhand in diesem
Gotteshause, das erst vor wenigen Monaten von der katholischen Gemeinde
verlassen werden mußte, weil dieselbe eine Geldforderung des Pascha
nicht befriedigen konnte oder wollte. Die Kirche hat Kreuzform, ist
aber am Vereinigungsorte des Stieles mit den Armen vermauert. Acht und
vierzig Säulen, zu zwölf in der Reihe, tragen das Schiff; sie sind aus
weißem Marmor, 18 Fuß hoch, haben 2-1/2 Fuß Durchmesser, 9-1/2 Fuß
Abstand unter sich und eine Art korinthischer Knäufe von schlechter
Arbeit. Die Querbalken und das Dach sind aus Cedernholz, sagt man; mir
schien es von Cypressen. Die Wände waren mit Mosaik belegt, von der
man Reste sieht, und auch mit Marmor, wovon der größere Theil von den
Türken genommen und zu der großen Moschee in Jerusalem verwendet wurde.
Der dermalen benützte Theil der Kirche ist der obere des Kreuzes. Über
der Mitte steht ein Altar der drei Könige und der Geburt, und ist der
eigentliche Hauptaltar. Die Griechen haben einen Flügel daran; der
andere Flügel und der Mittelaltar gehören den Armeniern. Die Katholiken
dürfen dort gar nicht Messe lesen. Der vormals für sie bestimmt
gewesene Eingang in die Kirche ist nun vermauert. Über dem Hochaltar
sind die geheimnißvollen Grotten der Geburt und der Krippe. Zwei
Stiegen führen hinab zur Rechten und Linken, jede zu sechzehn Stufen;
die eine gehört den Griechen, die andere den Armeniern. Die Länge
der Grotte der Geburt ist 37 Fuß 6 Zoll von Osten nach Westen; die
Breite 11 Fuß 9 Zoll, die Höhe 9 Fuß. Die Geburtsstelle liegt an der
östlichen Wand und fällt in eine gerundete Nische. Im Boden derselben,
mit feinem Marmor belegt, ist ein flammender Stern aus Silber, der eine
Kreisplatte grünlichen Marmors zu etwa 4 Zoll Durchmesser umgibt. Im
Saum um diese Platte stehen die Worte: _=Hic de virgine Maria Jesus
Christus natus est.=_ Vierzehn Lampen brennen in der Nische, die, so
wie die ganze Grotte, mit Seidenstoffen behängt und reich geziert
ist. Wenige Schritte davon, in der südlichen Eintiefung, zeigt man
auf der einen Seite den Stein der Krippe, auf der andern die Stelle,
wo die drei Weisen ihre Geschenke niederlegten und anbeteten. Jener
steht in ähnlicher Nische; ein Stern aus weißem Marmor umschließt
eine Porphyrplatte; fünf Lampen brennen darüber. Ein Bild der Geburt
Christi, von =Jacopo Palma=, schmückt den Hintergrund. Auf dem Altar
der drei Könige ist ein Bild von demselben Meister, welches die
Anbetung darstellt. Dieser Altar ruht auf dem Steine, wo die Jungfrau
sitzend die drei Könige empfangen haben soll.
Der den Katholiken erlaubte Eingang in das Heiligthum, worin sie
neunzehn, die Griechen siebzehn und die Armenier zehn Lampen halten,
geht westwärts durch einen unterirdischen Gang. In diesem findet man
zuerst den Altar =Josephs=, dann denjenigen der =unschuldigen Kinder=,
unter welchem mit eisernem Gitter verschlossene Grotte die Gebeine
der Gemordeten enthalten soll. Von dort kommt man in die zur Kapelle
umwandelte Grotte des h. =Hieronymus=, worin er gewohnt und die Bibel
übersetzt hat; nahe daran ist sein Grab, und auch dasjenige des h.
=Eusebius= und der hh. =Paula= und =Eustochia=. Über jedem Altar
steht ein Bild. Wirklich rührend im Ausdruck ist dasjenige der beiden
Frauen, dieser Sprossen aus dem Geschlechte der Gracchen und Scipionen.
Beide, Mutter und Tochter, schlummern den Schlaf des Todes; die
Verwandtschaft und eine leise Wehmuth wohnen in ihren Zügen. Sie ruhen
auf goldverbrämten Kissen aus rothem Sammt, die Mutter im schwarzen
Pilgerkleide, die Tochter mit gelösten Haaren von Rosen durchflochten,
den gekreuzigten Heiland in der Rechten gegen die linke Brust gelehnt,
die noch unter der zarten Tunika zu beben scheint. Ein Paar Engelchen
schweben darüber, und einer derselben reicht die Krone.
Von dort sind drei und zwanzig Stufen hinauf in die katholische Kirche,
die klein, aber reich an Schmuck und Bildern ist; besonders ist das
Bild der Geburt Christi in der hinter dem Hochaltare befindlichen
Sakristei sehenswerth. Um der Bevölkerung zu genügen, mußte der Altar
der Thüre gegenüber aufgerichtet werden, damit der Kreuzgang des
Klosters die Frommen fassen könne.
Die Katholiken haben dermalen nur einen Wärter, der zugleich
Schullehrer ist, und der katholischen Bevölkerung die paar
italienischen Worte vorsagt, womit sie die Reisenden zu begrüßen
pflegt. Doch fand ich einige maronitische Priester vom Libanon dort,
welche einstweilen Seelsorge üben, stille Leute, höchst ruhigen
Ausdruckes, ernst und einfach. Mit diesen nahm ich gemeinschaftlich das
Mahl. Es war mir als säße ich mit Abraham zu Tische. --
Kloster und Kirche sind von der h. =Helena= erbaut und von christlichen
Fürsten erneuert worden. Aber schon in der ersten Zeit hatten die
Gläubigen ein Gebethaus über der =Krippe des Heilandes=. =Hadrian=
stellte eine Statue des =Adonis= dort auf. Die heil. =Helena= warf
diese nieder. Von der Terrasse des Klosters blickt man weit über
stilles, felsiges, in Schluchten und auf Abhängen mit lebendigem Grün
bedecktes Land. Wir hatten das Kloster
=St. Elias= in N. 10° O.
=Bethlehem= in W.
Arabisches Gebirge von NO. bis SSO.
den Weg nach dem Kloster =Saba= O. bis N.
die Grotte der Hirten S. 75° O.
die Grotte der heil. Jungfrau S. 32° O.
=Lukas= erwähnt der Grotte der Hirten (II. 8). Ich weiß nicht ob es
eine und dieselbe mit der Höhle =Adullam= ist, die in den Kriegen
=Davids= bekannt wurde. (II. Sam. XXIII.)
Ich kaufte in =Bethlehem= eine Zahl Heiligenbilder, Madonnen und Kreuze
aus Holz oder Perlenmutter geschnitzt, oder mit solchen eingelegt, mit
Mühe und Fleiß, aber ohne alle Kunstübung gemacht von den Bewohnern
der Stadt; auch ein paar schöne Trinkschalen von den Arabern aus =Wadi
Musa=, aus Stein des todten Meeres geschnitzt und mit Sprüchen des
Korans versehen.
Am Engwege im Norden von Bethlehem wies man mir die Stelle, wo das
Haus Davids gestanden haben soll (Sam. XVI. XVII. XX.). Von dort ritt
ich zum Grabe =Rachels= und dann westwärts nach =Bethsafafa= (1/2
St.). Tausend Schritte vor diesem Orte sieht man eine tiefe Cisterne,
zur Linken aber, auf einer Höhe, =Schörafat=. In der Ebene steht eine
riesige Terebynthe, darunter die heil. Jungfrau auf ihrer Flucht
nach Ägypten geruht haben soll. Auf den jenseitigen Höhen reitet man
durch Rosengärten (wozu hier der Grund förmlich bereitet und bebaut
wird, denn Rosenwasser und Rosenöhl sind Erwerbzeuge), durch Wein und
Öhlpflanzungen und über einige Felder hinauf zum Dorfe =Mälha= (1/2
St.), das gleich den beiden erstgenannten nur von Muselmännern bewohnt
ist; dann auf der Höhe fort, drei Tumuli zur Linken lassend, und hinab
durch Terebynthen und Reben ins Dorf =St. Johann= (3/4. St.), das
reizend liegt von wohlbebauten Hügeln umbreitet. Das Kloster daselbst
wird von vierzehn spanischen Mönchen bewohnt, und ist das schönste
katholische im heiligen Lande. Die Kirche, ganz mit Marmor ausgelegt,
hat innen sieben und dreißig Schritte Länge, vier und zwanzig Breite,
vier Pfeiler und Kreuzform. Durch ein vergoldetes Gitter steigt man
zur Linken in die Grotte der Geburt =Johannis= hinab, mit weißem
und schwarzem Marmor ausgetäfelt, mit Seidenstoffen und Goldfransen
behangen. Im Hintergrunde ist die Nische, wo ein Stern aus weißem
Marmor die Stelle umschließt: _hic praecursor Domini natus est_. Fünf
Basreliefs in weißem Marmor decken die Wände dieser Nische. Das erste
stellt die Heimsuchuug, das andere die Niederkunft, das dritte die
Predigt in der Wüste, das vierte die Taufe Christi, das fünfte die
Enthauptung vor. Die Arbeit daran ist mittelmäßig und geziert. In der
schwarzen Marmordecke darüber ist ein Lamm aus weißem Marmor eingefügt,
und darüber lieset man die Worte: _Ecce agnus Dei._ Über der Nische
ist ein reicher Altar mit dem Bilde des Täufers. Die Kirche selbst hat
sieben Altäre, eine Orgel, mehrere Gemälde von Werth, darunter einen
Johannes in der Wüste, von Murillo, und eine schöne Heimsuchung in der
Kapelle zur Rechten. Dort zeigt man auch einen Stein, worauf Johannes
in der Wüste öfters gesessen haben soll.
Von der Höhe des Klosters fand ich
=Cassr= N. 25° W.
=Colonia= N. 10° O.
Johannis Grotte in der Wüste W.
das Haus der Heimsuchung S. 60° W.
den Berg der Makkabäer NO.
die Straße nach Bethlehem OSO.
den Berg Obed-Edoms[B] O.
Das Thal von =St. Johann= nach Colonia ist breit und baumreich. Es wird
für das Terebynthenthal gehalten, worin =David= den =Goliath= erschlug.
-- Der Weg nach der Wüste des heil. =Johannes= führt zunächst am Hause
der Heimsuchung vorüber, d. i. an den Ruinen eines Klosters, auf der
Stelle erbaut, wo die Mutter des Vorläufers Christi gewohnt haben soll.
In einer Grotte daran soll die heil. Jungfrau dieselbe begrüßet und die
schönen Worte gesprochen haben, die Lukas im ersten Kapitel aufführt.
Von dort nach der =Wüste= ist nicht über eine Stunde Weges. Das Wort
=Wüste= ist unrichtig von der =Öde= gebraucht, in welche man tritt, und
wo abermals eine Grotte zwischen Felsen und Bergen, verehrt wird als
der Ort, wo Johannes gewohnt und geprediget hatte.
Wir ritten nach St. Johann zurück und nahmen weiter den Weg nach
Jerusalem. Dieser führt längs dem =Berge der Makkabäer= hinauf, so
genannt, weil dort ihre Gräber seyn sollen, hält sich dann auf der
Flachhöhe, kreuzt ein Wiesthal, welches das Thal der =Beduinen= heißt,
und kommt nach einer Stunde von St. Johann an das hochumthürmte
griechische =Kloster zum heil. Kreuze=, das, ganz einsam, an der Stelle
steht, die man als diejenige, wo der Baum zum Kreuze Christi gehauen
wurde, verehrt.
Nach einer halben Stunde von diesem Kloster erreichten wir die Stadt.
Vor dem Pilgerthore steht eine große Terebynthe, und nicht ferne
davon sieht man ein großes Wasserbecken, offenbar uralten Ursprunges
und höchst wahrscheinlich dasjenige, dessen das zweite Buch der
Könige (XVIII. 17.) und =Jesaias= (VII. 3. -- XXXVI. 2.) erwähnen.
Die Örtlichkeit und die Bezeichnung »der obere Teich« sind hier
entscheidend, und die letztere beweiset für das Alter auch des unteren
Bends, dessen weiter oben erwähnt wurde. -- Dort ist die Flachhöhe mit
den weißen Todtenmalen der Türken besäet. Es war ein rührender Anblick;
eine Menge Frauen beschäftigt zu sehen, an diesen Malen zu beten oder
sie mit Rosen zu bestreuen.
Mir ließ die heilige Stadt, da ich von ihr schied, einen mächtigen,
aber wehmuthvollen Eindruck zurück. Die Vergänglichkeit dessen, was so
bedeutend war, ist eine große Lehre. Mein Leben unter Ruinen und selbst
in Trümmer zerfallen, fühlt die Verwandtschaft im Schicksal mit diesen
Resten.
Du bist nun verlassen, hochgepriesene Tochter =Sions=! Der Sänger
wünschet dir: »Es müsse =Friede= seyn in deinen Mauern und Glück in
deinen Palästen!« (Psalm. 122.) Aber richtig frägt der Prophet: »Wer
will sich denn deiner erbarmen, Jerusalem? Wer wird denn hingehen und
Dir =Frieden= erwerben?« -- (Jerem. XV. 5.)
=Jerusalem=, als Wiege des Christenthums betrachtet, ist zweifelsohne
ein trauriger, christliche Fürsten schmähender Anblick. Falsch ist,
was Chateaubriand und andere Frömmler sagen, daß die =Türken= das
heilige Grab mit Feuer und Schwert zerstören wollen. Wer hätte sie
daran gehindert, würden sie es gewollt haben? -- Im Gegentheile sind
sie es, die =erhalten=. Was =zerstöret=, ist der Teufel des Neides
zwischen den christlichen Sekten und die Versagung der kleinen Almosen,
die zur Erhaltung der Bauten und Menschen unerläßlich sind. Der Tribut
der katholischen Mönche an die Pforte ist nur 7000 Piaster, aber die
Pascha und Statthalter wollen Geschenke, und die arabischen Häuptlinge
der Umgegend, wie z. B. =Bogooz=, verkaufen ihren Schutz und das
freie Geleite theuer. Dermalen hat das Kloster zum heil. Erlöser über
anderthalb Millionen Piaster Schulden; aber es sind auch seit Jahren
keine Zuschüsse aus Europa gekommen. Die Worte der Apostel (Röm. XV. --
Korinth. XVI. -- II. Korinth. IX.) sind längst verschollen.
Die katholische Gemeinde und ein englischer Reisender, =John Porter=,
mit dem ich in freundschaftlicher Verbindung stand, gaben mir das
Geleite bis zur Stelle im Norden des Pilgerthores, wo die Karawane,
mit der ich nach =Ramle= zurückging, zusammen wartete. Eine Stunde,
nachdem wir aufgebrochen waren, ritten wir unter =Colonia= weg. Die
Straße war voll von Weibern und Kindern, die nach der Stadt gemalte
Eier und Esswaaren zu Markte trugen. Wir tränkten unsere Pferde an
einem Brunnen, 1/4 Stunde vor =Errit-el-Enneb=, und hielten unter
den Feigenbäumen dieses Dorfes an. Es gehört so wie die meisten der
Umgegend dem oben genannten Araberhäuptling. Die Bewohner eilten herbei
und setzten sich freundlich zu uns, ein schönes, kräftiges Geschlecht,
gelenkigen schlanken Baues und tiefdunkelen Auges. Sobald wir die Höhe
hinter dem Dorfe erstiegen hatten, wies sich hellglänzend im West das
Sandgestade von =Jaffa=, und hinter demselben die dunkle See. Nach
anderthalb Stunden waren wir, den Felsensteig herunter, im Thal. Die
schroffen Wände dienten großen Ziegenherden zur Weide, feinbehaarte
Thiere, schwarz, mit rothgelber Zeichnung an Füßen, Bauch und Stirne,
mit zurückgekrümmten roth bestrichenen Hörnern. Die Hirten waren mit
Flinten und Keulen bewaffnet.
Im engen Thal, am Fuße der Höhen, stehen die Ruinen einer Kirche, die
seit lange zerstört seyn muß, da aus dem Schutte große Terebinthen sich
heben. Eine halbe Stunde weiter öffnet sich das Thal und beginnt der
Anbau. Bald erreicht man zwei große, tiefe, aufgemauerte Brunnen und
tritt dann in die Ebene, die ein Bild des gesegnetesten Landes der Erde
gibt. Auf den Höhen sind hie und da Ruinen von Kirchen, Moscheen und
Heiligengräber.
=Ramle=, von der Ostseite gesehen, trägt ganz besonders das
morgenländische Kleid. Ruinen, Kuppelgebäude, Minarets, hohe Palmen,
die über die weißen Terrassen der Häuser schauen; ein Vordergrund voll
mächtiger Fülle an Gesträuchen und Bäumen; Grabwälder mit blinkenden
Malen, Brunnen und Wasserbecken zur Seite, und über das Ganze ein
wolkenloser aber blaßblauer Himmel gewölbt!
Wir stiegen im Kloster ab. Von der Terrasse desselben bleibt die
Schlucht des Gebirges von Judäa, durch welche der Weg nach Jerusalem
führt, in Ost. =Strabo= sagt, man behaupte von =Joppe= nach Jerusalem
zu sehen (_p._ 759). =Van Egmont= berichtigt diesen Irrthum (_Travels_
I. 297), =Pockock= bringt denselben wieder auf. (_Descript. of the
East._ II. 3.) Die Wahrheit ist, daß man von Joppe nicht einmal bis
Ramle sieht. Von Jerusalem, das am östlichen Abfall des Gebirges von
Judäa liegt, und westwärts auf mehrere Stunden Breite den Rücken
desselben als Scheidewand hat, ist es geradezu unmöglich die westliche
See zu sehen. Wenn =Josephus= (_de bello Jud._ IV. 3.) erzählt, vom
Thurme Psephina zu Jerusalem reichten die Blicke bis ans Meer, so ist
dieß eine Übertreibung. Übrigens kann man ganz gut das Roth des Brandes
am Himmel gesehen haben, als Judas =Jamnia= verbrannte (II. Makk. XII.
9). Man sieht von Jerusalem auch nicht das todte Meer, denn die Gegend
ist nur nach Süd etwas geöffnet.
Gefoltert durch eine unzählige Menge von Mücken, die mich um die
gehoffte Ruhe gebracht hatten, verließ ich =Ramle=, um nach =Nazareth=
zu reisen. Der Weg führt nördlich durch die herrliche Ebene zwischen
Feldern bis an das Dorf =Hudieh= (2-1/2 St.). Hinter diesem beginnt
Hutweide und dauert durch drei Viertelstunden Weges, dann ist abermals
bebaute Flur, bis zum Dorfe =Mir= (3/4 St.), das auf einem Hügelchen
liegt. An der Straße stehen zwei Kreise von =Sidirbäumen=[C] zum
Behufe der Reisenden. Während wir dort ruhten, kam ein Zug Jauchzender
aus dem Dorfe. Männer eröffneten denselben, spielten auf Cymbeln und
Hirtenflöten, sangen und schossen ihre Gewehre ab. Ihnen folgte ein
schwer beladenes Kameel, worauf zwei Mädchen saßen. Dann kamen Weiber,
die zum Theile weinten und heulten. Es war eine Brautabholung aus
dem nahen Städtchen =Lydda= (Apost. Gesch. IX), welches die Römer
=Diospolis= hießen, und das, wie so manches andere, heut zu Tage wieder
den alten Namen trägt.
Eine Viertelstunde weiter steht ein Beduinendörfchen. Das Volk war um
einen Araber versammelt, der für einige Para einen grauen großen Affen
tanzen ließ. Unsere Ankunft zog die Aufmerksamkeit der Menge auf uns,
und der Affe blieb verlassen, bis wir vorüber waren. An der Nordseite
des Dörfchens fließt ein starker Bach, das größte Wasser zwischen Ramle
und Nazareth, worüber eine Steinbrücke von sechs Bogen führt. Unter
jedem Bogen sind zwei Mühlen angebracht. Diese zwölf Mühlen werden
diejenigen von Jaffa genannt. Rechts auf eine halbe Stunde, in der
Ebene, liegt das Schloß =Raß-el-Eyn=. Der Bach kommt an diesem vorüber
aus dem Gebirge im Osten.
Eine Stunde weiter ritten wir durch den Ort =Dör-Adeß=, und, mit
Abstand von einer halben Stunde von einem Punkte zum andern, über
wellenförmigen bebauten Grund, durch das Dörfchen =Kaffr-Suba=, an
einer einsamen Moschee, an einer zweiten und an =Karentsauüh= vorüber,
das eine zerstörte Feste mit Ruinen einer Kirche ist, und etwas zur
Rechten auf einer schwachen Höhe liegt. Dort ist auch ein Brunnen, der
erste seit den Mühlen. Reisende aus Baalbeck und Damask hatten ihre
Gezelte daran aufgeschlagen.
Anderthalb Stunden weiter ist =Kahun=, ein ummauerter Ort mitten in
der Ebene auf einem Hügel. In solchen Nestern, hinter Mauern von etwa
15 Fuß Höhe, trotzen die arabischen Häuptlinge den Statthaltern des
Sultans. =Kahun=, nebst einigen Orten im Gebirge von Napluß, standen
eben damals im Aufruhr gegen den Pascha von Damask. Ich zählte, von
=Karentsauüh= aus, sechzehn Orte am Gebirge oder auf demselben,
jedes ummauert und einer Feste gleich, meist die Spitzen der Berge,
so wie die Hügel der Ebene suchend, ein Umstand, der hinlänglich
den fortdauernden Kriegzustand dieses Landes beurkundet. Unter dem
Thore von Kahun wurden wir angehalten und mußten den =Aga= der Stadt
abwarten, der seit früh Morgens auswärts war. Große Herden von Rindern
zogen ein, denn die Sonne war im Untergehen; vieles Volt kehrte von
den Feldern heim, wo wir es pflügen und ernten gesehen hatten; Mägde
und Frauen gingen und kamen von dem Brunnen unten am Hügel, den
länglich-runden irdenen Krug auf dem Kopfe. Die Tracht der arabischen
Weiber ist hier dieselbe wie in =Ägypten=, ein blaues Hemde, und um den
Kopf ein rothes Tuch gewunden, das längs dem Rücken hinabhängt.
Endlich kam der =Aga=. Er ritt ein gutes Roß, führte eine lange Lanze
und war von einigen Soldaten begleitet. Er empfing uns sehr freundlich,
ließ in der Burg ein großes Gemach für uns ausräumen, ein Mahl aus
Fleisch und Reis bereiten, und leistete uns, bis dieß gebracht wurde,
Gesellschaft. Er plauderte viel über die Weltangelegenheiten, und
beklagte sich bitter über den Vizekönig =Mohammed-Ali=, den er als
einen heimlichen Christen und Verräther am Sultan schilderte. Auch zwei
Seeleute aus Tanger, Durchreisende wie wir, setzten sich zu uns, und
zechten ganz wacker, sobald sie mit uns allein waren.
Drei Stunden nördlich von Kahun nimmt man die Richtung gegen Nordost
und Ost durch die niederen Waldhügel, welche zwischen dem Karmel
und dem Gebirge von Samaria die Verbindung bilden. Die Thäler sind
bebaut und die sanften Höhen mit Wallnußbäumen bedeckt. Von Stunde zu
Stunde trifft man Ruinen von Kirchlein, aber von Kahun bis auf den
Rücken dieser Höhen keinen Tropfen Wasser. Dort (5-1/2 St.) ist eine
schlechte Tränke, bald darauf ein frisches Bächlein, vielleicht der
Bach =Kedumim= der Schrift (Richter. V. 21.). Im Schatten der Bäume,
die dessen Ufer bekleiden, ließen wir die Gluth des Mittags vorüber
gehen. Ein Türke aus Damaskus schloß sich an uns. Dann stiegen wir
rasch in die Ebene von =Esdrelon= hinab, die acht Stunden lang und halb
so breit, im Süden vom Gebirge von Samaria, im Westen vom Karmel, im
Norden von den Höhen von Nazareth, im Osten von den Bergen Thabor und
Hermon umschlossen ist, zwischen diesen beiden aber eine Verbindung mit
der Ebene des Jordan hat. Sie ist bebaut, wird aber auch von Sümpfen
und dem tief eingeschnittenen =Kischon= durchzogen. Wir irrten, um den
Weg durch die Moräste zu finden, wagend und rathlos umher, bis ein
Beduine uns die richtige Furt zeigte, erreichten nach drei Stunden die
nördlichen Höhen, und nach andern zwei, am Dorfe Jaffa vorüberkommend,
das in einem kahlen Bergkessel hochgelegene Städtchen =Nazareth=.
Da empfing uns in morgenländischer Tracht, aber mit dreieckigem Hute,
dem Zeichen seiner Würde, der Vizekonsul Sr. Majestät zu =Akka=,
=Antonio Catafago=, und führte uns in das Kloster ein, wo Gemächer
für uns bereit waren. Abends aßen wir bei ihm, und fanden uns von
seiner liebenswürdigen Familie umgeben, welche unter den Christen die
reichste der syrischen Küste ist. Er und seine Frau sind italienischen
Ursprunges; aber in Aleppo geboren. Wie ein Patriarch saß er inmitten
von Söhnen, Töchtern, Schwiegersöhnen und Schnüren. Die Frau des
einen Sohnes, auf dem Libanon geboren, war kaum dreizehn Jahre alt,
und doch schon über ein Jahr verheirathet. Diamanten, Perlen und
Goldstücke glänzten an der reichen türkischen Tracht dieser Frauen
und Mädchen; ich glaube, daß jede fünfzigtausend Piaster Werth an
solchen auf sich trug. Sie sprachen nur die Landessprache, d. i. die
arabische, waren heiter und freundlich, von angenehmen Gesichtformen,
mit tiefen schwarzen Augen, sehr weiß und rein an Farbe, und hatten die
Augenlieder schwarz bemalt.
Im Kloster fand ich zwölf Mönche, deren Vorsteher, Pater =Filkuka=,
ein Mährer, war, vormals Pfarrer zu Großmeferich. Seine Freude, einen
halben Landsmann zu finden, war nicht gering, und er bot sein Bestes
auf, um uns freundlich zu bewirthen. Das Kloster ist geräumig, gleicht
einer Festung, hat Mauern und verschiedene Höfe, und eine schöne
Kirche, als deren Heiligthum die unter dem Hochaltare befindliche
=Grotte der unbefleckten Empfängniß= betrachtet wird. Diese ist auf die
Weise der Heiligthümer in Jerusalem und Bethlehem mit Seide und Marmor
reich ausgeziert. Eine Granitsäule hängt ganz seltsam in der Decke der
Grotte, und war lange, und ist noch der Gegenstand der Verehrung der
Wundergläubigen. Hinter dieser Grotte werden andere, als Wohnort der
heil. Jungfrau, gezeigt, wobei man die Plätze angibt wo sie ruhte,
kochte u. s. w. Auch besuchen die Pilger mit Andacht die =Werkstätte
Josephs=, nun eine katholische Kapelle; das Haus des =Heilandes=,
worin durch einen Felsblock ein natürlicher länglich-runder Tisch
gebildet ist, an dem er oft mit seinen Zwölfen gesessen haben soll; die
=Synagoge=, wo er zu lesen und zu lehren pflegte, nun eine griechische
Kirche; endlich den Abhang, eine Viertelstunde vor der Stadt, wo ihn
die Nazarener herabstürzen wollten (Luk. VI.). Alle diese heiligen
Stellen finden wir in den Schriftstellern vom sechsten Jahrhundert bis
zu unseren Tagen häufig geschildert. Die älteren sprechen aber auch von
schönen Kirchen, welche die Kaiserin Helena dort errichtet hatte. Diese
sind in Trümmern, und durch kleinere ersetzt.
=Nazareth= hat dermalen an 5000 Einwohner, darunter 1200 Christen;
gute und bequeme Gebäude längs dem östlichen Abhange hinaufgebaut; vor
sich, im Osten, einige Gärten und Felder; im Süden das Thal, das in
die Ebene von Esdrelon ausläuft. Es behauptet sich in einer Art von
Unabhängigkeit vom Pascha von =Akka=, zu dessen Gebiet es gehört. Die
Christen haben auch da das Recht, Waffen zu tragen. Die arabischen
Häuptlinge der Umgegend wohnen gerne darin, und betrachten es als einen
Ort der Begegnung und Besprechung unter sich. =Catafago= und die
Seinigen besitzen schöne Landhäuser daselbst. Gastfreund der Häuptlinge
aus dem Gebirge von =Napluß=, flüchtete er hieher seine Familie, da
diese von dem genannten Pascha im Sommer 1828 bedroht und aus =Akka=
vertrieben worden war. Die Häuptlinge selbst trugen ihm Geld und
Leute an, und unter ihrem Schutze war er sicher gegen die Gewalt des
Statthalters.
Von Nazareth nach dem =Jordan= ist nicht über fünf Stunden Weges.
Gleich außer dem Städtchen findet man den schönen Brunnen, der nach
der heil. Jungfrau benannt wird. Man reitet längs den östlichen Höhen
fort, auf diesen das Dörfchen =Eyn-Mechel= zur Linken, in der Ebene zur
Rechten aber den Ort =Dabura= lassend, den Einige für das Städtchen
=Debora= des Buches der Richter nehmen. Diese Annahme ist irrig, denn
in diesem Buche heißt es: »Und sie wohnete unter den Palmen =Debora=
zwischen =Rama= und =Bethel=, auf dem Gebirge =Ephraim=« (IV. 6.)
=Dabura= scheint vielmehr das =Dabrath= des =Josua= (XIX. 12. XXI.
28.), welches =Eusebius= als =Dabira= kennt.
Hart an Dabura, das zwei Stunden von Nazareth entlegen ist, steigt
der =Thabor= frei aus der Ebene, wie ein breiter Kegel empor. Dieser
berühmte Berg, eine der Denksäulen im Gebiete der Religionen, ist
eigentlich eine Fortsetzung der Höhen von Nazareth. Er fällt nach allen
Seiten gleich steil ab. Eichen, wilde Pistazienbäume und dichtes
Gesträuch decken dessen Rücken. Man braucht eine starke Stunde, um den
Gipfel zu erreichen, weßhalb auch =Jeremias= in seiner Prophezeiung
gegen =Ägypten= von dem »Schlächter aus Mitternacht,« der es besiegen
wird, sagt: »Er wird daher ziehen, so hoch, wie der Berg =Thabor=
unter den Bergen, und wie der Karmel am Meer!« (XLVI. 18.) Der Gipfel
hat etwa eine halbe Stunde Umfang, ist geebnet und von Resten einer
Umwallung, durch die an der Westseite ein Bogenthor (=Bab-el Hauwa=,
die Windpforte) führt, umschlossen. Grundfesten und Cisternen deuten
auf uralte Benützung dieser unvergleichbaren Stelle, von wo das Auge
alles Land zwischen dem Karmel am Meere, den Schneegipfeln des Libanon
und Antilibanon, den Gebirgen von Damaskus, des Landes Hauran und des
steinigen Arabiens umfaßt. Schon zu den Zeiten der Einwanderung der
Israeliten wird einer Stadt =Thabor= gedacht, die an die Priesterkaste
gegeben wurde (Chron. VII. 77). »Wie waren die Männer,« fragte Gideon,
die gefangenen Midianiter-Fürsten =Sebah= und =Zalmuna=, »die ihr
erwürgtet zu =Thabor=?« -- diese antworteten: »Sie waren wie du, und
ein jeglicher schön, wie eines Königes Kind.« Er aber sprach: »Es sind
meine Brüder, meiner Mutter Söhne gewesen. So wahr der Herr lebt, wo
ihr sie hättet leben lassen, so wollte ich euch nicht tödten.« Und er
tödtete sie. (Richt. VIII.) -- Polyb (_lib._ V.) kennet Thabor unter
dem Namens =Atabyrium=, worin der ursprüngliche Laut nicht verkennbar
ist, und dem selbst derjenige des heutigen Dabura nahe liegt. Man
könnte also auch Dabura und Atabyrium für einen und denselben Ort
halten; aber Polyb sagt ausdrücklich, daß die genannte Stadt auf der
Spitze eines fünfzehn Stadien hohen Berges lag, was wohl auf Thabor,
nicht aber auf das in der Ebene liegende Dabura sich anwenden läßt.
=Josephus= nennt den Berg selbst [Greek: horos Itabyrion] (_Ant._ V.
23.) und die oben liegende und ummauerte Stadt auch [Greek: Atabyrion].
-- =Adamnanus=, ein Schriftsteller des siebenten Jahrhunderts (_lib.
II. de loc. sanct._) spricht von einem geräumigen Kloster auf dem
Gipfel des Thabor und von Grotten, welche die Mönche daselbst
bewohnten. In einer dieser Grotten wird noch von den Katholiken
Gottesdienst gehalten, und zwar am Peterstage; nicht ferne davon auch
von den Griechen, aber am Tage von Maria Geburt; beide betrachten die
Stelle als diejenige der =Verklärung=.
Das mittelländische, oder wie die Israeliten es nannten, das =große
Meer= und der See von =Tiberias= breiten dem Auge des auf dem Gipfel
des Thabor Stehenden ihren glänzenden Spiegel hin. Die Berge von
=Samaria=, diejenigen von =Gilboa= liegen nahe vor dem Blicke; am
nächsten der =Hermon=, an Gestalt und Höhe dem Thabor gleich, aber
auf breiterer Grundlage ruhend und mit einer weit sichtbaren Moschee
gekrönt. »Mitternacht und Mittag hast du geschaffen; =Thabor= und
=Hermon= jauchzen in deinem Namens« (Psalm. 89). -- Am Fuße des
letztern zeigt sich =Naim=, wo Christus den Sohn der Wittwe erweckte
(Luk. VII. 11.), und =Endor=, so bekannt durch das Weib, das dem Könige
Saul, am Vorabende seiner letzten Schlacht gegen die Philistäer, den
Schatten Samuels herauf rief, der ihm die furchtbaren Worte sagte:
»Morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir seyn!« (Sam. XXVIII.)
-- Auch die beiden Dörfchen erblickt man, wo in unseren Tagen die
Franzosen die Schlacht am Thabor schlugen. Weit ausgebreitet aber liegt
in ihrer ganzen Länge die Ebene von Esdrelon vor dem Blicke, wahrlich
vom Himmel zum Schlachtfeld gebildet! -- Vor meinem Geiste stiegen
die alten Bilder empor, die neunhundert eisernen Wagen des Sissera,
sein Kampf, seine Niederlage gegen die Männer der Stämme Naphtali und
Sebulon, von dem begeisterten Weibe =Debora= geführt!
»=Sebulons= Volk wagte seine Seele in den Tod! Naphtali auch, in der
Höhe des Feldes.«
»Die Könige kamen und stritten« ...
»Der Bach =Kischon= wälzte sie, der Bach =Kedumim=. Tritt, meine Seele,
auf die Starken!«
»Da rasselten der Pferde Füße vor dem Zagen ihrer mächtigen Reiter ...«
»Gesegnet sey unter den Weibern Jael, das Weib Hebers des Keniters;
gesegnet sey sie in der Hütte unter den Weibern!«
»Zu ihren Füßen krümmte sich Sissera, fiel nieder und legte sich, und
krümmte sich, und fiel wieder zu ihren Füßen; und wie er sich krümmte,
so lag er verderbet.«
»Die Mutter Sisseras sah zum Fenster hinaus, und heulete durchs Gitter:
Warum verziehet sein Wagen, daß er nicht kommt? -- Wie bleiben die
Räder seiner Wagen so dahinten?...«
»Also müssen umkommen, Herr, alle deine Feinde! die dich aber lieb
haben, müssen seyn, wie die Sonne aufgehet in ihrer Macht!« (Richt. V.)
Eine starke Stunde nordöstlich vom Thabor, am Fuße der Höhen von
Nazareth, stehen zwei verlassene viereckige Kastelle. Die Stelle heißt
=Suchel-khan=, oder auch der =Khan von Dschäbel Tor=. Wir fanden ein
großes Treiben von Menschen dort, weil eben Montag war, und an diesem
Tage dort Markt zwischen den Bewohnern von Nazareth und Tiberias und
den Beduinen zu seyn pflegt. =Diese= bringen Pferde, Rinder, Schafe;
=jene= Kleiderstoffe, Werkzeuge, Eßwaaren und Stuten, um sie bespringen
zu lassen. Reihen gelegter Steine bezeichnen die den verschiedenen
Waaren zugewiesenen Plätze, und Kauf und Verkauf gehen in voller Ruhe
und Sicherheit vor sich. Ich trieb mich, ohne im mindesten belästiget
zu werden, unter diesem Volke herum. Die Beduinen waren aus den
Stämmen =Anasi= (aus der Wüste), =Beni-Sohor= (am Jordan), =Szefech=
(am Thabor) und aus turkomannischen Horden. Diese Beduinen sind
durchaus Hirten, und gehören nicht in die Klasse jener rein-arabischen
Wanderhorden, die man in der Syrte, in Ägypten, in Nubien und im
eigentlichen Arabien findet.
Die beiden Kastelle scheinen byzantischer Anlage und sarazenischen
Zubaues. Sie liegen in Trümmern. -- Von der Höhe des oberen hat man
einen Ausblick in die Ebene des Jordan, wo sich der Ort =Kokeb=, 38°
südöstlich, wie ein Vorgebirge krönend zeigt. Da wir uns östlich
hielten, so hatten wir noch sanfte Höhen zu überschreiten, aus denen
die Dörfchen =Kuffre-Käne= und =Sahruni= (1 Stunde) liegen. Das erste
wird für das Städtchen =Kana= gehalten, wo Christus das Wasser in Wein
verwandelte. Nachdem man eine von allen Seiten umschlossene Ebene,
an deren Nordseite der _Mons Christi_ oder _Mons beatudinis_ (im
Arabischen =Kerun-Hottein=), wo die Fünftausend gespeiset wurden, sich
hebt, durchritten, und den Rücken der nächsten Hügelscheide erreicht
hat, liegt zur Linken der See von =Tiberias=, ein riesiger Spiegel,
der die Schneegipfel des Antilibanon und die finsteren Gebirgswände von
=Bethulia= widerstrahlt, herrlich vor den Blicken; vor sich und zur
Rechten aber zeigt sich, farblos und tief eingesenkt, die breite =Flur
des Jordan=, dessen schimmernder Streif von dort, wo er aus dem See
tritt, bis weit hinab gegen Süden wie das belebte Auge eines erstarrten
Körpers dem Schauenden entgegenblitzt. Etwa tausend Schritte unter dem
Ausflusse stehen eilf Steinbogen im Flusse, Trümmer einer Brücke. Dort
erreichten wir, nach zwei Stunden Weges von =Saruhni=, den heiligen
Fluß, in welchem noch heut zu Tage Christen, Muselmänner und Juden mit
gleicher Andacht sich baden.
Es herrscht ein wunderbarer Geist der Stille und Verlassenheit in
diesen Gefilden. Obwohl am Ufer und in der Ebene lange Strecken mit
Tabak, Dura und Getreide bepflanzt sind; obwohl am südlichen Gestade
des See's das Dörfchen =Schannag= sich zeigt, so ist es doch, als
wohne kein menschliches Wesen auf dieser berühmten Flur. Sie ist eine
abgeräumte Bühne; ihre Könige und Helden, ihre Entzückungen und Gräuel,
ihre Jubelgesänge und ihre Thränen sind nicht mehr; Schweigen sitzt wie
eine Mutter über der Vergangenheit und hüllet die Wundmale ihres Kindes
ein.
Das Thal des Jordans trägt im Arabischen den Namen =El-Ghor=. Es wird
an der Ostseite von steilen, nackten, wenig gezeichneten Gebirgen
begleitet. Der Jordan, in vielen Windungen, hält sich meist an der
Westseite. =Hadrian Relandus= (_Palaestina Illustrata_ I. 4) gibt
demselben 1200 Stadien Länge, was wenigstens um die Hälfte zu viel
ist. Im Norden bildet der =See von Tiberias=, den die Bücher Moses das
Meer von =Kinnereth= nennen, im Süden das =todte Meer= dessen Gränzen.
=Jericho= in der südlichen Hälfte, und =Scythopolis=, die =Betschean=
oder =Betsan= der Schrift, in der nördlichen, waren die vorzüglichsten
Städte derselben. Ich halte die letztere für die heutige =Kokeb=.
Das Wasser des =See's Tiberias= ist klar. Keine einzige Barke belebte
den weiten Spiegel, in den hoch herab, in Nordnordost, der =Dschäbel
El-Hesch=, die Südspitze des Antilibanon, niedersah. Die Breite von
=El-Ghor= mag da zwei Stunden betragen.
Auf dem zweiten Pfeiler der Ruinen der Brücke, bis zu dem ich das
Wasser des Jordan durchwatet hatte, sitzend und das Reisemahl
verzehrend, wurde mir ein malerisches Schauspiel zu Theil. Es zogen
nämlich, aus dem Hauran zurückkehrend, Karawanen von mehreren hundert
Kameelen durch die Ebene einher und über den Jordan nach =Tiberias=
hinauf. Fünf bis sechshundert Reiter und Fußgänger begleiteten
dieselben als Bedeckung. Es war die Sendung, die der Pascha von Akka
jährlich auf die Pilgerstraße machen muß, die von =Damaskus= durch das
=Hauran= nach =Bosra= und weiter über =Wadi-Musa= nach =Mekka= zieht.
Ein beträchtlicher Theil der Truppenkraft des Pascha ist zum sicheren
Geleite der Lebensmittel verwendet, welche zu =Mezarib= (=Astaroth=)
niedergelegt zu werden pflegen. Die Dehlis sahen mich und die Meinigen
nicht ohne Verwunderung auf dem Pfeiler im Jordan thronen; keiner aus
ihnen gab uns aber auch nur ein böses Wörtchen. Sie gingen durch die
Furt nahe unter der Brücke, wo der Fluß an achtzig Schritte Breite
hatte, und in seiner größten Tiefe dem Fußgeher bis an die Brust
reichte.
Das Wasser des Jordans ist leicht und angenehm. Ich sah viele Fische
darin. Die Ufer sind dicht mit Rosenlorbeern und Bäumen besetzt.
Nachdem ich mich gebadet und eine Flasche aus dem Flusse und eine aus
dem See gefüllt hatte, ritt ich nach =Nazareth= zurück.
Der arabische Name des Jordan ist =Scheriet-el-Kebir=; der des Berges
Thabor: =Dschäbel Tor=; der der Ebene Esdrelen: =Merdji Ibn Aamer=.
Am Morgen meiner Rückreise nach =Akka= war ich noch werkthätiger Zeuge
eines christlichen Geschäftes zu Nazareth. Der Pater =Vitus Filkuka=
bat mich, der Bekehrung eines Juden beizuwohnen. Es war ein armer
Schneiderjunge aus Baireuth, weiß Gott wie nach dem Orient gerathen,
und ihm von der Gemeinde zu Kairo zu diesem wohlthätigen Zwecke
zugesendet. Die Abschwörung der Ketzerei und Aufnahme in den Schooß der
christlichen Kirche geschah feierlich vor dem Hochaltare, wobei mein
Landsmann eine deutsche Predigt hielt, die außer dem Aufzunehmenden und
mir Niemand verstand, aber alle mit Erbauung anhörten. Ich hielt dem
Jungen eine andere in derselben Sprache, wobei er in Thränen zerfloß,
und das ganze Auditorium gerührt wurde.
Von =Nazareth= nach =Kaipha= führt der Weg über die Einsattlung im
Norden des Städtchens und jenseits in ein reichbewässertes Thal, durch
das ein Bach fließt, der ein Paar Mühlen treibt (1-1/2 St.). Dann
reitet man über waldige Hügel. Von der Stelle, wo man die Bai von
=S. Jean d'Acre= zuerst erblickt, liegt das Kirchlein auf der Höhe
von =Nazareth= 43° südöstlich; =S. Jean d'Acre= 30° nordwestlich;
das Vorgebirge des =Karmel= 75° nordwestlich; die höchste Spitze der
Gebirge von =Samaria= südlich.
Am Ausgange der Waldhügel findet man das christliche Dorf =Schfamer=
(2 St.), groß und mit einem Schlosse versehen, mit tiefen und guten
Brunnen und vielen in Felsen gehauenen Getreidemagazinen. Durch ein
baumreiches Thal steigt man in die Ebene nieder, erreicht die breiten
Dünen des Gestades (2 St.), geht über den =Kischon= und folgt der
See bis =Kaipha= (1-1/2 St.). Vor unseren Augen schoß ein Soldat des
Pascha in der Ebene eine Gazelle; auch viele Hasen trieben wir auf. In
Kaipha feierten die Bewohner eben die Bestätigung =Abdallah's= in den
Paschaliken von =Akka=, =Seida= und =Tripolis=, eine Förmlichkeit, die
alle Jahre Statt hat. Der Sultan ist nur dem Namen nach Herr in diesem
Lande. Auf der Rhede von =Kaipha= lag mein Schiff; ich betrat es mit
freudigem Gefühle, als wäre es ein Stück meiner Heimath.
Vorbereitet durch diese Reise und Carafago mit mir führend, ruderte ich
am Morgen darauf in einem Boote des =Veloce= nach =S. Jean d'Acre=,
das ich nach anderthalb Stunden erreichte. Man machte an dem Thore
Anstand uns einzulassen, und wir mußten über eine Stunde auf die
Erlaubniß hiezu warten. Man bewirthete uns jedoch einstweilen mit
Kaffeh und Pfeife. Endlich wurde uns zugestanden, in des Konsuls Haus
zu gehen. Von dort aus ließ ich dem Pascha wissen: ich wäre gekommen,
um ihn zu sprechen. Er, auf einem seiner Landhäuser eine halbe Stunde
im Norden der Stadt befindlich, wies mich an seinen Kiaja. Da ich
über diesen Vortheilhaftes hörte, so ging ich zu ihm, und fand einen
jungen schönen Mann, aus dem Kaukasus geboren, und Freund des Pascha.
Es gelang mir, ihn zu bestimmen, an den Pascha zu schreiben, um
diesen über die Besorgnisse der Eitelkeit zu beruhigen, die mir die
Seele seines Widerstandes zu seyn schienen. Dieser Schritt führte zum
Ziele. Während der Nacht, die ich im Konsulate zubrachte, erschien ein
Offizier des Pascha mit der Botschaft: Abdallah sey, um mich zu sehen,
in die Stadt zurückgekehrt und erwarte mich in der ersten Stunde nach
Sonnenaufgang. Viele Offiziere kamen mich abzuholen. Ich fand längs der
Straße des Pallastes die Soldaten in Reihe gestellt, und eben so im
Pallaste selbst den ganzen Schwarm der Hausbedienten bis an die Thüre
des Saales, in welchem der Empfang Statt haben sollte. Ich erwartete
einen finsteren Mann zu sehen, aus dessen Augen die Flecken des Blutes
nicht wegzutilgen wären, die er von Händen und Kleidern waschen konnte.
Ich fand auf dem Divan sitzend in einer der Ecken dieses heiteren,
sonnenhellen Gemaches, durch dessen Fenster See und Land in weiter
Verbreitung sich zeigten, einen freundlichen Mann, nicht über drei
und dreißig Jahr alt, etwas von Blattern bezeichnet, in einfachem,
doch höchst reichem Kleide, einen Barbareskenmantel um sich, vorne
durch diamantene Schließen gehalten, einen herrlichen Handschar im
Gürtel von Diamanten strotzend, Blumen aus Schooß und Divan. So wie
ich mich gesetzt hatte, reichte er mir einen Rosenstrauß. Er sprach
mit Milde, Glanz und Feinheit über die Weltangelegenheiten, über die
europäischen Fürsten, über den Sultan. Nach und nach leitete ich das
Gespräch aus Catafago, und gewann ihn so sehr, daß er das Geschehene
beklagte, die genommene Geldsumme zurückstellte, die Wiedereinsetzung
des Konsulats und die feierliche Erhöhung der Flagge für den nächsten
Morgen versprach und in alle übrigen Forderungen einging, die ich ihm
unter dem Kleide von Wünschen vorbrachte. So sehr hängt im Orient jedes
Geschäft an der Form, und auch das schwierigste gelingt, wenn diese
nicht verletzt wird. Das Mißtrauen in die Europäer ist zu groß, als
daß diese durch schriftliche Unterhandlung leicht zum Ziele kommen;
aber im mündlichen Zusammenseyn, in Beobachtung der landesüblichen
Ruhe, Heiterkeit und Schonung ist mit Niemanden leichter ein Geschäft
glücklich zu Ende zu bringen, als mit dem Morgenländer, da, mit sehr
seltener Ausnahme, die Grundlage seines Charakters die Wahrhaftigkeit
ist.
Kaum waren wir zurück im Konsulate, so kam die Musik des Pascha; dann
zu Besuch und Glückwunsch für Catafago nach und nach die ganze Stadt.
Der Greis weinte vor Freuden, und Boten eilten nach =Nazareth=, um
seine Familie für den nächsten Morgen auf die Spitzen des Gebirges zu
bescheiden, damit sie am Kanonendonner sich ergetzen könnte.
Ich besah die Stadt. Sie ist ein Viereck von nicht viel über 500
Schritte Grundlinie, auf zwei Seiten von der See bespült. Die Mauern
waren zur Zeit Buonapartes einfach; jetzt ist auf den Landseiten eine
zweite Mauer vorgelegt. Das Landthor geht durch die Ostseite nahe am
Gestade. Diese Seite hat drei, die Nordseite vier bastionirte Thürme.
Die Courtinen an jener sind für drei, an dieser für vier Geschütze
eingerichtet. Der Graben ist breit und tief. Die Festung ist mehr
als irgend eine der levantischen Küste in Ordnung. Abdallah baute
hinter der Mitte der Nordseite einen hohen, festen Thurm, welcher die
Citadelle bildet. Fast alle Gebäude im Innern der Stadt sind von hohen
Mauern eingeschlossen, was den Sturm auf dieselbe ungemein schwierig
und gefährlich machen muß.
Außen, nach Nord und Ost, ist Wellengrund und Ebene. Einige Landhäuser
beleben dieselbe, und im Nord gewährt eine Wasserleitung, mit vielen
Bogen von einem Hügel zum andern gezogen, einen malerischen Anblick.
Suterazi, d. i. Wasserhebpfeiler, bringen das Wasser nach der Stadt.
Im Osten sieht man viele Grundfesten und sonstige Spuren des alten
=Ptolemais=; im Inneren viele Granit- und Marmorschäfte, aus =Cäsarea=
und =Askalon= herbeigebracht. Jene dehnen sich auf eine halbe Stunde
längs dem Gestade und bis an die Mündung des =Belus= aus, dieses in der
alten Zeit so geschätzten Flüßchens, wo das erste Glas erzeugt worden
war. -- Die Türken erstürmten Ptolemais, nach langer Belagerung, am
19. Mai 1291, und zerstörten die Stadt vom Grunde aus. Ein mächtiges
Kaufhaus, eine ansehnliche Moschee und viele starke Privatgebäude
scheinen zum Theil noch aus jener Zeit herüber zu leben; so auch
die Ruinen der einstigen Kathedrale zum heil. Andreas, das Kloster
der Hospitaliter, der Pallast des Großmeisters und die Reste eines
Nonnenklosters, von welchem die Sage geht, daß, am Tage der Erstürmung
der Stadt die frommen Frauen durch einmüthigen Entschluß sich die Nase
abschnitten und das Gesicht verwundeten, um durch diese Entstellung die
Gier der Sieger zurückzuschrecken. Dieß war ihnen auch gelungen, und
sie fanden nur den Tod unter den Säbeln der Feinde.
Das Wasserthor geht nach dem Hafen, der klein, eng und ganz offen ist.
Kriegsschiffe können nur auf der Rhede ankern. Auch diese ist sehr
gefährlich wegen der Gewalt der Westwinde, welche die täglichen und das
Heil des Landes sind. Die Hafenmauer ist eingestürzt, so daß das Schloß
an der Spitze derselben nun abgesondert steht.
=Akka= hat dermalen 10,000 Einwohner, darunter 2000 Christen, wovon
fast drei Viertheile Katholiken sind. Der Pascha hat das Monopol des
Handels eingeführt, kauft das Getreide zu geringem Preise und sendet
es nach den europäischen und andern Plätzen. Er war vor wenigen
Jahren in offenem Krieg gegen die Pforte, die ihn vergeblich durch
Derwisch-Pascha belagern ließ. Mehmed-Ali verglich ihn mit der Pforte.
Seit aber dieser starke Nachbar den Besitz von Syrien für sich selbst
angesprochen hat, ist die Eifersucht Abdallah's gegen denselben aufs
Äußerste gebracht. Er war es, der eben als ich dort mich befand, den
Marsch von 12,000 Mann geregelter ägyptischer Truppen, die Mehmed-Ali
zu dem gegen die Russen stehenden Heere des Sultans senden wollte, in
der festen Überzeugung hintertrieb, daß diese Truppen, einmal in Syrien
angelangt, dies Land nicht wieder verlassen würden.
Am 1. Mai mit Sonnenaufgang war ich mit der =Veloce= vor =Akka=. Die
österreichische Flagge, =auf diesen Wällen gegründet=, wurde, wie es
verabredet war, in diesem Augenblicke auf dem Konsulate gehißt. Ich
gab den kaiserlichen Gruß von ein und zwanzig Kanonenschüssen, den
die Festung mit dem Abfeuern alles ihres Geschützes beantwortete. Die
Haustruppen des Pascha, an 2000 Mann, standen dabei auf den Wällen, und
kriegerische Musik tönte bis zu uns herab. Alles Voll der Stadt und der
Umgegend war in Bewegung.
Nachdem die Feierlichkeit vorüber war, dankte ich der Festung mit
der gleichen Zahl Kanonenschüsse, und sie gab mir den Gruß, Schuß
für Schuß, zurück. Dann ließ ich die Segel in den Wind brassen, fuhr
längs der Küste von =Tyrus= und =Sidon= langsam hinauf, und ging nach
=Cypern=.
Wien.
Gedruckt und im Verlage bey Carl Gerold.
1831.
Footnotes:
[Footnote A: =Bend= ist eine Verdämmung des Thales zum Wasserbecken.
Diese vortrefflichen Bauwerke, in ganz Asien bekannt, sind an mehreren
Orten, wie z. B. bei Konstantinopel, mit großer Pracht ausgeführt.]
[Footnote B: So nannten mir die Mönche den Berg. Ich halte dafür, daß
dorthin =Kiriath-Jearim= zu setzen komme. (Sam. VII. -- 2 Sam. VI. --
Chron. III.)]
[Footnote C: Aus der Familie der Lotosbäume. Siehe auch =Koran=, Sure
24 und 53.]
Transcriber's Note:
Gesperrt are indicated by _underscores_.
Antiqua are indicated by =equal signs=.
Footnotes are placed to the end of the text.
A number of minor spelling errors have been corrected without note.
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Anton Prokesch Ritter von Osten
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Section 2. Information about the Mission of Project Gutenberg-tm
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Literary Archive Foundation
The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit
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Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification
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volunteers and employees are scattered throughout numerous
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date contact information can be found at the Foundation's web site and
official page at www.gutenberg.org/contact
For additional contact information:
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Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg
Literary Archive Foundation
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increasing the number of public domain and licensed works that can be
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array of equipment including outdated equipment. Many small donations
($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt
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approach us with offers to donate.
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Professor Michael S. Hart was the originator of the Project
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freely shared with anyone. For forty years, he produced and
distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of
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