| # taz.de -- Wahl des Bundesverfassungsgerichts: Rote Fraktion muss nun auch „… | |
| > Im Bundestag müssen drei Verfassungsrichter:innen gewählt werden. | |
| > Für die Zweidrittelmehrheit wird zum ersten Mal die Linke benötigt. | |
| Bild: Drei der roten Roben bekommen neue Besitzer:innen | |
| Freiburg taz | Die Linke will im Bundestag bei der Wahl der | |
| Verfassungsrichter:innen mitbestimmen. In diesem Sommer stehen drei | |
| Wahlen an; erforderlich ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit. „Wir wissen, | |
| dass es auch auf unsere Stimmen ankommt“, sagt Clara Bünger, die amtierende | |
| rechtspolitische [1][Sprecherin der Fraktion.] | |
| [2][Das Bundesverfassungsgericht] besteht aus zwei Senaten à acht | |
| Richter:innen. Diese 16 Richter:innen werden mit Zweidrittelmehrheit je | |
| zur Hälfte im Bundestag und im Bundesrat gewählt. Die Amtszeit beträgt je | |
| 12 Jahre. | |
| Um im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit zu erreichen, waren in den letzten | |
| zwei Wahlperioden die Stimmen von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP | |
| erforderlich. Informell wurden daher die Vorschlagsrechte nach der Formel | |
| 3:3:1:1 verteilt. Das heißt: CDU/CSU und SPD durften pro Senat je drei | |
| Verfassungsrichter:innen vorschlagen, Grüne und FDP je eine | |
| Richter:in. Die vorgeschlagenen Kandidat:innen werden von den anderen | |
| Parteien jeweils mitgewählt, wenn keine unüberwindbaren Bedenken bestehen. | |
| ## Gleich drei Verfassungsrichterwahlen stehen an | |
| Seit der Bundestagswahl funktioniert dieser Proporz nicht mehr. Die FDP ist | |
| nicht mehr im Parlament. CDU/CSU, SPD und Grüne haben allein keine | |
| Zweidrittelmehrheit, ihnen fehlen sieben Stimmen. Die müssen von der Linken | |
| kommen, wenn die Wahl gelingen soll. An eine Einbindung der AfD denkt | |
| derzeit niemand. | |
| Zufälligerweise müssen die nächsten drei Verfassungsrichterwahlen alle im | |
| Bundestag erfolgen: Die Amtszeit von Verfassungsrichter Josef Christ endete | |
| bereits am 30. November. Er ist nur noch geschäftsführend im Amt. Das | |
| Vorschlagsrecht hat die CDU/CSU-Fraktion. Vizepräsidentin Doris König muss | |
| ab dem 30. Juni ersetzt werden. Das Vorschlagsrecht hat die SPD. Diese Wahl | |
| ist besonders wichtig, denn Königs Nachfolger:in wird vermutlich 2030 | |
| Präsident:in des Bundesverfassungsgerichts, wenn der jetzige Amtsinhaber | |
| Stephan Harbarth ausscheidet. Und der Richter Ulrich Maidowski will aus | |
| gesundheitlichen Gründen vorzeitig am 30. September ausscheiden. Das | |
| Vorschlagsrecht hat auch hier die SPD. | |
| In allen drei Fällen wird also erwartet und gehofft, dass die Linke den | |
| Vorschlägen für eine Nachfolge zustimmt. Doch das dürfte einen Preis haben. | |
| „Perspektivisch sollte auch die Linke ein Vorschlagsrecht für neue | |
| Verfassungsrichter und -richterinnen bekommen“, sagte | |
| Linken-Rechtsspolitikerin Clara Bünger zur taz. „Im Vordergrund steht | |
| allerdings eine gute Besetzung der frei werdenden Posten am | |
| Bundesverfassungsgericht“. | |
| ## Die Linke hat nun auch Gesprächsbedarf | |
| Das klingt sachlich-höflich, könnte aber auch eine Warnung sein. Denn für | |
| die Nachfolge von Josef Christ liegt bereits ein Personalvorschlag der | |
| Union auf dem Tisch: Robert Seegmüller vom Bundesverwaltungsgericht, ein | |
| stramm konservativer Asylskeptiker. Die Grünen meldeten Gesprächsbedarf an, | |
| die CDU/CSU ging darauf vor der Bundestagswahl nicht mehr ein. Nun wartet | |
| Seegmüller schon seit Monaten auf seine Wahl. „Beim Vorschlag Robert | |
| Seegmüller haben auch wir noch Gesprächsbedarf“, sagt Clara Bünger. | |
| Falls eine Wahl im Bundestag nicht gelingt, könnte notfalls auch der | |
| Bundesrat einspringen. [3][Das sieht ein Ersatzwahl-Mechanismus] vor, der | |
| erst im Dezember mit Blick auf eine mögliche Blockade durch die AfD | |
| beschlossen wurde. Davon wollen die etablierten Parteien aber nicht | |
| Gebrauch machen, es sähe zu sehr nach Kontrollverlust aus. Die Linke kann | |
| nun also zum ersten Mal bei der Wahl der Verfassungsrichter:innen | |
| mitbestimmen. | |
| 15 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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