| # taz.de -- Sellner in Marburg: „Klarer antifaschistischer Erfolg“ | |
| > Mehr als 2.000 Menschen demonstrieren in Marburg gegen die geplante | |
| > Lesung von Martin Sellner. Die Lesung wurde offenbar nach Gladenbach | |
| > verlegt. | |
| Bild: Proteste gegen Besuch von Rechtsextremist Sellner in Marburg am 29. Juli … | |
| Marburg taz | Eigentlich hatte der österreichische Rechtsextremist Martin | |
| Sellner angekündigt, am gestrigen Montag in Marburg aus seinem Buch | |
| „Remigration“ lesen zu wollen, Veranstaltungsort und -zeit hatte er aber | |
| geheimgehalten. Nun fand seine Lesung nicht wie geplant in Marburg, sondern | |
| in der hessischen Kleinstadt Gladenbach statt. Das lag offenbar unter | |
| anderem auch an der eindeutigen Haltung: Auf zwei verschiedenen | |
| Demonstrationen haben Tausende gegen Sellners Lesung protestiert. | |
| Mit etwa 1.000 Menschen zog die erste Demonstration vom Marburger | |
| Marktplatz zu den Räumlichkeiten der Marburger Burschenschaften Germania, | |
| Rheinfranken und Normannia, wo die Demo-Veranstalter:innen Sellners Lesung | |
| vermuteten. Aufgerufen zu der Demonstration hatten der Kreisverband der | |
| Linken und das Marburger Bündnis gegen Rechts. | |
| „Unser Ziel ist es, Martin Sellner aktiv den Raum zu nehmen und ihm | |
| möglichst keinen Raum zu lassen, damit er nicht auftreten kann“, sagte Jana | |
| Klein, Sprecherin des Marburger Bündnisses auf der Kundgebung vor den | |
| Räumlichkeiten. Man wolle damit aktiv verhindern, dass die Nazis mitten in | |
| Marburg über ihre „Remigrationsphantasien“ diskutieren und sich vernetzen. | |
| ## Katz-und-Maus-Spiel in der Stadt | |
| Doch Sellner war nicht, wie erwartet, bei seinen Burschenschaftsfreunden zu | |
| Hause, was zu einem Katz-und-Maus-Spiel in der Stadt führte: Einige | |
| Gegendemonstrant:innen begegneten einigen Teilnehmern der | |
| Sellner-Lesung am späten Nachmittag auf dem Marburger Messeplatz, wo es | |
| kurzzeitig zu Blockaden von etwa 150 Personen sowie zu Rauchbomben kam. | |
| Dabei hob die Polizei teilweise Demonstrant:innen von der Straße und | |
| erteilte Platzverweise, „da die Teilnehmenden den Beschränkungen der | |
| Versammlungsbehörde nicht nachkamen“, hieß es vom Polizeipräsidium | |
| Mittelhessen. Vom Messeplatz sollen Sellner und sein Lesekreis den Platz | |
| mit Autos verlassen haben, berichteten Augenzeugen der taz. | |
| Am Montagabend bestätigte das Polizeipräsidium, dass Sellners Lesung am | |
| späteren Abend mit rund 50 Teilnehmern statt in Marburg in Gladenbach | |
| stattfinden konnte. Auch hier kam es zum Protest, doch die „Polizeikräfte | |
| verhinderten eine Konfrontation zwischen den Teilnehmern der Lesung und den | |
| Gegendemonstranten“, so die Polizei. | |
| Nach Ansicht der Gruppe „Communist Action & Theory“ vom Bündnis gegen | |
| Rechts war die Verlegung des Veranstaltungsortes ein Erfolg der | |
| Gegendemonstrierenden: „Der Tag hat gezeigt, dass radikaler Antifaschismus | |
| in Form von Blockaden, Recherchen und Mobilisierungen die Lesung Martin | |
| Sellners in Marburg verhindern konnte“, so die Gruppe zur taz. | |
| Erst sei ihm durch antifaschistischen Druck die Räumlichkeit in Marburg | |
| gekündigt worden, der Versuch des klandestinen Treffens abseits der | |
| Marburger Innenstadt sei durch Blockaden von 150 Antifaschist:innen | |
| hinausgezögert worden, „um dann bei einem bekannten Faschisten in | |
| Gladenbach seine Lesung abhalten zu können. Wir werten die Aktionen als | |
| klaren antifaschistischen Erfolg aus“, so die Gruppe. | |
| ## Weitere Lesungen in Deutschland | |
| Zeitgleich fand in der Marburger Innenstadt vor der Stadthalle eine weitere | |
| Kundgebung mit 2.500 Teilnehmer:innen statt. Aufgerufen dazu hatten die | |
| Stadt Marburg und das Netzwerk für Demokratie und gegen Rechtsextremismus. | |
| „Wir stehen hier, weil wir keine menschenfeindliche Propaganda dulden | |
| wollen und dulden werden“, so Marburgs Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) | |
| auf der Kundgebung. | |
| Viel zu lange habe man verfassungsfeindlichen Aussagen Raum gegeben und | |
| weggeschaut. Jetzt müsse unmissverständlich klargestellt werden, was | |
| Grundkonsens des Gemeinwesens sei und was nicht. „Hass und | |
| Menschenfeindlichkeit sind in unserer Stadt nicht willkommen“, so Spies. | |
| Anfang Juli hatte die Marburger Stadtverordnetenversammlung einen Beschluss | |
| gefasst, dem bis auf den AfD-Vertreter alle Stadtverordneten zustimmten. | |
| „Die Universitätsstadt Marburg missbilligt mit allem Nachdruck, dass Martin | |
| Sellner in Marburg Thesen zur Vertreibung eines Teils unserer | |
| Einwohner*innen propagieren will“, hieß es darin. Die Stadt hatte | |
| bereits im Vorfeld von Sellners Besuch ein Einreiseverbot angestrebt, war | |
| damit aber gescheitert. Zuvor hatte Sellner im April mit einem Eilantrag | |
| ein [1][Einreiseverbot nach Deutschland verhindern können.] | |
| Der ehemalige Anführer der rechtsextremen Identitären Bewegung in | |
| Österreich hatte im November 2023 bei einem Treffen in Potsdam [2][seinen | |
| „Masterplan zur Remigration“] vorgestellt und dabei mit anderen | |
| Rechtsextremen die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland | |
| geplant. Das Recherchezentrum „Correctiv“ hatte im vergangenen Januar das | |
| Treffen öffentlich gemacht, woraufhin Millionen Menschen in ganz | |
| Deutschland demonstrierten. Der 35-jährige Rechtsextremist plant in dieser | |
| Woche weitere Lesungen in Deutschland, unter anderem in Saarbrücken, | |
| Pforzheim und Passau. Auch dort sind Gegendemonstrationen geplant. | |
| 30 Jul 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Yağmur Ekim Çay | |
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