| # taz.de -- Proteste in Serbien: Generation des Widerstands | |
| > Seit Monaten protestieren in Serbien vor allem Studierende gegen das | |
| > Regime Vučić, das mit Repressionen reagiert. Doch aus der Wut wächst | |
| > Hoffnung. | |
| Bild: Belgrad, 1. September 2025: Protest für die Toten des Dacheinsturzes von… | |
| BELGRAD taz | Blumen am Leben zu halten, ist eine Frage der Fürsorge. Die | |
| einen gießen regelmäßig, die anderen vergessen es. Aber kaum jemand rechnet | |
| damit, dass die eigenen Blumen in Flammen aufgehen. Doch [1][wer sich in | |
| Serbien an den Protesten gegen die zunehmend autoritäre Regierung | |
| beteiligt], wie Jovan Nenadić, dem kann das passieren. | |
| Auslöser für die Proteste war der Einsturz eines Vordachs am Bahnhof in | |
| Novi Sad im November 2024. 16 Menschen starben bei dem Unglück. Seitdem | |
| gehen vor allem Studierende auf die Straße, um ihren Unmut über das Regime | |
| unter Aleksandar Vučić kundzutun. Die Protestbewegung wächst – und die | |
| Regierung reagiert mit Repression. | |
| „Wir haben geschlossen“, antwortet Nenadić knapp zu einer Frau, die vom | |
| Gehsteig aus fragt, ob er hier arbeiten würde. Seit einigen Jahren betreibt | |
| der junge Serbe mit seiner Familie einen Blumenladen in Konjarnik – einem | |
| Wohnviertel im Südosten Belgrads. Vor drei Wochen wurde der Betrieb zum | |
| ersten Mal angezündet. | |
| Die Überwachungskameras zeigen einen maskierten Mann, der gegen drei Uhr | |
| früh ein Fenster einschlägt, Benzin verschüttet und eine Fackel in den | |
| Laden wirft. Das Feuer geht von selbst wieder aus. Die Blumen aber bekamen | |
| den giftigen Rauch ab und gingen wenige Tage später ein. Darauf habe es | |
| einen zweiten, identischen Angriff auf sein Geschäft gegeben, sagt Nenadić. | |
| Die Täter konnten von der Polizei nicht ausfindig gemacht werden, und über | |
| das Motiv lässt sich nur spekulieren, obwohl Nenadić ziemlich sicher zu | |
| sein scheint. „Wir wissen, mit wem wir es die letzten 13 Jahren zu tun | |
| haben“, sagt er. Und zwar [2][mit Aleksandar Vučić.] | |
| Der Präsident Serbiens ist mit seiner Fortschrittspartei (SNS) nun schon | |
| seit 2012 an der Macht und inszeniert sich als Herrscher, der eine Antwort | |
| auf alles hat. Dem Land wurde Vučić schon 1998 als Informationsminister | |
| unter Slobodan Milošević bekannt. In den letzten Jahren hat er daran | |
| gearbeitet Verwaltung, Justiz und Medien regimefreundlich zu stimmen. | |
| Korruption ist keine Seltenheit. Laufend gibt es Berichte von Aufträgen an | |
| regimenahe Unternehmer oder Regierungsmitglieder, die in Verbindung zur | |
| Mafia stehen. Ermittlungen gibt es kaum. Bis auf eine Handvoll unabhängiger | |
| Medien gibt Präsident Vučić das Narrativ vor. | |
| ## Die Regierung wies jede Schuld von sich | |
| Am 1. November 2024 lief das Fass über. Ein Bahnhofsvordach aus Beton in | |
| Novi Sad brach ein und tötete 16 Menschen, obwohl der Bahnhof erst wenige | |
| Monate davor renoviert wurde. Studierende gingen auf die Straße und | |
| protestierten. Ihre Nachricht: „Korupcija ubija“, Korruption tötet. | |
| Ein Bericht von der Fakultät für Bauingenieurwesen der Universität Belgrad | |
| kam zum Schluss, dass Materialversagen der Stahlseile, mangelnde | |
| Instandhaltung des Gebäudes, beschleunigte Bauabläufe während der | |
| Renovierung und unsachgemäßes Projektmanagement für den Einsturz | |
| verantwortlich sind. [3][Die Regierung wies die Schuld von sich,] | |
| scheiterte aber daran, eine plausible Erklärung vorzulegen. Eine Zeit lang | |
| hieß es sogar, der Einsturz soll ein Terrorangriff gewesen sein. Am 16. | |
| September wurde wegen des Einsturzes gegen 13 Personen, darunter gegen den | |
| ehemaligen Minister für Bau und Verkehr Goran Vesić, Anklage erhoben. | |
| Täglich werden im ganzen Land Schweigeminuten für die Opfer abgehalten. | |
| Ende November begannen die Studierenden der Fakultät für Darstellende | |
| Künste in Belgrad ihr Uni-Gebäude zu besetzen und setzten den Ton für den | |
| Rest der Studierenden. Andere Fakultäten im ganzen Land nahmen sich ein | |
| Beispiel. Es folgte das, was heute als die größte Protestbewegung in der | |
| Geschichte Serbiens gilt. | |
| Viele dachten, der Sommer würde ihr Ende einläuten. So verlief es die | |
| letzten Jahre bei einigen Protestbewegungen im Land. [4][Doch diesmal blieb | |
| die Entschlossenheit.] Das Regime von Aleksandar Vučić re[5][agierte mit | |
| noch härterer Repression.] Polizeigewalt und Schlägertrupps, die mit Masken | |
| über dem Kopf und ohne Abzeichen auf Protestierende losgehen, wurden zur | |
| Normalität. Fast jede Woche landeten mehrere Studierende im Gefängnis. Es | |
| geht schon lange nicht mehr nur um die Studierenden und ihre Fakultäten. | |
| Hier geht es um das ganze Land. Und wer die Studierenden unterstützt, | |
| bekommt es mit dem Regime zu tun. Denn es geht darum, Angst zu schüren und | |
| Rache auszuüben. | |
| „Ich beuge mich keinem Druck.“ Für den Blumenladenbesitzer Nenadić war von | |
| Anfang an klar, dass er die Proteste unterstützen will. Er half als Ordner | |
| aus oder beteiligte sich an den kilometerlangen Protestmärschen. „Wohin sie | |
| auch gingen, wir gingen mit“, sagt er. Ihm ging es um Solidarität. Wenn er | |
| über die Studierenden redet, leuchten seine mandelförmigen Augen auf. | |
| ## Hoffnung auf ein besseres Leben | |
| Der 23-Jährige ist auch jemand, der auffällt im konservativen Serbien. Er | |
| hat seine Haare in einen tiefen Dutt gebunden, tritt selbstbewusst auf. | |
| Vielleicht wäre es auch was mit der Modelkarriere geworden, scherzt er. | |
| Seine Bauchtasche ist gespickt mit Protestansteckern der Studierenden. | |
| Sie hätten der Gesellschaft die Hoffnung auf ein besseres Leben | |
| zurückgebracht, sagt Nenadić. Und mittlerweile sei ein Punkt überschritten, | |
| ab dem es kein Zurück mehr gibt. „Was sollen wir, die öffentlich | |
| aufgetreten sind, mit unseren Meinungen tun, wenn sich hier nicht bald | |
| etwas ändert?“, fragt er. „Wir sind nur noch entschlossener.“ | |
| Dass sein Geschäft angezündet wurde, mache ihm keine Angst. Zuvor wurden | |
| mehrmals – angeblich zufällige – staatliche Inspektionen durchgeführt. F�… | |
| Nenadić und seine Familie war damit von Anfang an klar, dass hier Druck vom | |
| Regime ausgeübt wird. „Dort drüben ist übrigens ein lokales SNS-Büro“, … | |
| er beiläufig. „Ein, zwei zerbrochene Fenster hatten wir erwartet. Dass sie | |
| das Geschäft wirklich anzünden werden, konnten wir nicht vorhersehen“, sagt | |
| Nenadić. Seine Geschichte ist kein Einzelfall. Als das Regime im Sommer | |
| begann, härter gegen die Protestierenden vorzugehen, häuften sich Berichte | |
| von Cafés oder Einkaufsläden, die verwüstet wurden. | |
| Jurist und Sicherheitsexperte Igor Bandović sieht darin eine Art „Rache des | |
| Regimes“, die sich gegen alle richtet, die die Proteste in irgendeiner | |
| Weise unterstützen. Ganz egal ob öffentlich oder nicht. Interessant sei | |
| auch, dass sich dieser Druck gegen staatliche Institutionen richte, sagt | |
| Bandović. „Wir sehen auch zunehmenden Druck gegenüber all jenen in | |
| staatlichen Institutionen, die nicht genug für das Regime tun“, sagt er. | |
| Vučić wolle etwa die Polizei vollkommen unter seine Kontrolle bringen und | |
| hat eine „Säuberung“ in der Justiz angekündigt. | |
| Ein Beispiel: Zuletzt ging der Kommandant der Anti-Terror-Einheit (SAJ) | |
| Spasoje Vulević, der 33 Jahre lang in dieser Einheit gearbeitet hat, | |
| frühzeitig in Pension. Das Innenministerium hatte ihn zuerst darüber | |
| informiert, dass er entlassen und ihm ein Beraterposten im Ministerium | |
| angeboten wird. Doch dieses Angebot lehnte er ab und entschied sich für die | |
| Pension. „Sie haben mir gesagt, der Präsident möchte keine bewaffnete | |
| Einheit haben, die nicht unter seiner absoluten Kontrolle steht“, sagte | |
| Vulević zu seinem Fall. Diese Entwicklungen beunruhigen viele Experten. | |
| ## Hohes Eskalationspotenzial | |
| Mittlerweile gibt es fast täglich Proteste in so gut wie jeder größeren | |
| Stadt. [6][Die Demonstrierenden fordern Neuwahlen,] die die Regierung | |
| wiederum ablehnt. Zudem geht die Polizei immer heftiger gegen die Menschen | |
| vor. Regelmäßig werden Studierende verhaftet und verprügelt. | |
| Bandović sieht ein hohes Eskalationspotenzial. „Jeder Protest könnte sich | |
| in einen ernsten Vorfall verwandeln. Das würde wiederum eine Gewaltlawine | |
| auslösen“, sagt er. Auch die Rolle der Polizei sieht er kritisch. „Sie | |
| greift auf der einen Seite aufgebrachte Bürger und Studierende an, | |
| schikaniert und verhaftet sie; auf der anderen Seite lässt sie kriminelle | |
| Schlägertrupps, die mit Knüppeln zu diesen Protesten kommen, in Ruhe.“ | |
| Eine konsolidierte, politische Alternative gibt es bisher noch nicht. Und | |
| daher auch keinen sichtbaren Ausweg aus der politischen Krise, sagt | |
| Bandović. Aber als gutes Zeichen deutet er die deutliche Kritik von Marta | |
| Kos, der EU-Kommissarin für Erweiterung. Oder die Ankündigung von Manfred | |
| Webers, dem Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), der ein Prüfverfahren | |
| für die SNS angehen will. „Vučić hat in Europa zweifellos immer noch | |
| Unterstützung. Mein allgemeiner Eindruck ist aber, dass immer mehr Staaten | |
| seine Herrschaft zunehmend infrage stellen“, sagt Bandović. | |
| Wie sich das brennende Gefühl im Hals und in den Augen anfühlt, wenn man | |
| mit Tränengas beschossen wird, weiß Biljana Stojković sehr genau. Sie ist | |
| Professorin an der Biologischen und Philosophischen Fakultät der | |
| Universität Belgrad. Außerdem ist sie Mitglied der proeuropäischen und | |
| linksliberalen Demokratischen Partei – und Aktivistin. „Als | |
| Universitätsprofessorin habe ich eine zusätzliche gesellschaftliche | |
| Verantwortung. Ich möchte nicht schweigen und in meinen Privilegien | |
| schwelgen, sondern auch etwas zurückgeben“, sagt sie. Auf der Straße fühlt | |
| sie sich eben am wohlsten und kann so am besten etwas zurückgeben. | |
| ## Protestiert, verhaftet – und wieder frei | |
| Von schmutzigen Wahlkämpfen, massenhaften Protesten bis hin zu | |
| nervenaufreibenden Parteisitzungen hat sie so gut wie alles erlebt. Naiv | |
| war sie aber nie, sagt Stojković. So wusste sie als | |
| Präsidentschaftskandidatin 2022, dass sie gegen Aleksandar Vučić nicht | |
| gewinnen könnte. Ihr ging es aber vor allem darum, mit der Partei ins | |
| Parlament einzuziehen. | |
| Besondere Ironie sieht sie darin, dass der Widerstand gegen das Regime von | |
| Universitäten und deren Studierenden ausging. „Was Vučić zuerst getan hat, | |
| war, Leute ohne Ausbildung auf verantwortliche Posten zu setzen. Seit | |
| Beginn sieht man die Degradierung dessen, was Wissen und Fachkompetenz | |
| bedeuten“, sagt sie. „Und jetzt erscheint mir das wie Karma – dass es | |
| zurückkommt.“ | |
| Stojković ist im ganzen Land bei Protesten dabei. An einem der wohl letzten | |
| Sommertage sitzt sie in Novi Beograd (Neu Belgrad), kurz nach einem | |
| Fernsehauftritt beim Fernsehsender N1. Die letzten Monate zehrten an ihren | |
| Kräften. Trotzdem ist sie gut gelaunt, die Proteste hätten ihr wieder | |
| Hoffnung auf eine bessere Zukunft zurückgegeben. | |
| Verhaftet wurde sie schon mehrmals. Aber mit der Zeit hat sie gelernt, sich | |
| nicht mehr einschüchtern zu lassen. Heute empfindet sie vor allem Wut, wenn | |
| sie auf der Polizeiwache landet. „Ich merke oft, dass die Leute dort oft | |
| gar nicht genau wissen, was sie mir eigentlich vorwerfen sollen und wie sie | |
| mit mir umgehen sollen“, sagt Stojković. Sie schlussfolgert daraus, dass | |
| nicht alle Polizisten blind dem Regime folgen. Und was funktioniert am | |
| besten gegen Polizeigewalt? „Die Personen – egal ob Inspektoren, Militär | |
| oder Polizei – namentlich anprangern. Das hat auch eine Wirkung auf | |
| andere“, sagt sie. | |
| ## Demos sind Teil einer langen Entwicklung | |
| Für Stojković sind die aktuellen Demonstrationen kein isoliertes | |
| Aufbegehren, sondern Teil einer langen Entwicklung. Die Proteste gegen | |
| gefälschte Wahlergebnisse, gegen gefälschte Bildungsabschlüsse von | |
| Regierungsmitgliedern oder gegen den Lithium-Abbau – all das sieht | |
| Stojković als „Akkumulation des Horrors dieses Regimes“, und es zeige | |
| zugleich, „dass gesellschaftlicher Widerstand nie völlig verschwindet, | |
| sondern sich in Wellen erneuert“. Proteste müsse man deshalb immer | |
| kontinuierlich denken: Was heute sichtbar wird, ist Ergebnis einer | |
| jahrelangen Sammlung von Frustrationen, Niederlagen und kleinen Siegen. | |
| Wer heute von [7][Belgrad nach Novi Sad fährt], kauft sein Ticket noch | |
| immer bis Petrovaradin – der Endstation vor der Brücke. Seit dem Einsturz | |
| des Vordachs mit 16 Toten ist der Verkehr aus Richtung Belgrad an den | |
| kleinen Vorortbahnhof verlegt worden, und die große Halle bleibt gesperrt. | |
| „[8][Korupcija ubija“, („Korruption tötet“)] steht an fast jeder Wand. | |
| Anders als in vielen Städten der Region, wo ehemalige Kasernen aus der | |
| Tito-Ära (1945–1980) zu Universitätsgebäuden umgewidmet wurden, ist der | |
| Campus in Novi Sad eine bewusste Setzung: ein zusammenhängendes Gelände am | |
| Donauufer, an dem die Fakultäten nebeneinanderstehen. Selbst wenn es gerade | |
| keine Vorlesungen gibt, sitzen Studierende auf den Bänken, schlendern | |
| zwischen Mensa und Bibliothek hin und her, bleiben plaudernd an den | |
| schwarzen Brettern stehen. Was die Situation hier seit September besonders | |
| macht, ist, dass die Polizei auf dem Campus patrouilliert. Man sieht sie in | |
| den Bussen, manchmal tragen sie schwarze Westen, manche sind in Zivil | |
| unterwegs. Bei größeren Versammlungen schwirren häufig auch Drohnen über | |
| dem Campus. | |
| Am 5. September trieben Einsatzkräfte mit Tränengas und Blendgranaten | |
| Tausende auseinander, die vor der Philosophischen Fakultät protestierten. | |
| Eine Eskalation, sogar für serbische Verhältnisse. Zuvor war der Dekan | |
| nachts über ein Fenster in das Gebäude geschlichen, hatte das Schloss | |
| ausgetauscht und die Studierenden, die das Gebäude besetzten, rausgeworfen. | |
| Dann rief er die Polizei. | |
| ## „Ich werde jeden zweiten, dritten Tag angegriffen“ | |
| Auf dem Parkplatz hinter der Fakultät hält an diesem Nachmittag ein gelber | |
| Bus. Am Steuer sitzt Milomir Jaćimović, 48, ein Busfahrer aus Đurđevo bei | |
| Novi Sad. Jaćimović ist weit über die Stadt hinaus bekannt. Als der Mann, | |
| der „seine Kinder“, wie er die Studierenden nennt, kostenlos zu Demos | |
| fährt. Dafür geriet er ins Visier des Regimes. „Wenn ich sterben soll, dann | |
| sterbe ich. Sterben kann man nur einmal“, sagt er und zuckt mit den | |
| Schultern. „Unsinn, verstehst du.“ | |
| Was er in den letzten Monaten erlebt hat, erzählt er nüchtern: | |
| zerschnittene Reifen, zertrümmerte Frontscheiben, abgerissene | |
| Nummernschilder, Kontrollen, Anzeigen. „Ich werde jeden zweiten, dritten | |
| Tag angegriffen – sogar zu Hause“, sagt Jaćimović. „Das Einzige, was | |
| bleibt, ist, dass sie mich umbringen. Aber selbst wenn – mein Leben ist | |
| nichts wert im Vergleich zu den Leben aller Kinder in Serbien.“ Sogar sein | |
| Sohn wurde im Sommer von Polizisten aus dem Auto gezerrt und verhaftet; | |
| kurz danach versuchte Jaćimović sich das Leben zu nehmen. Darauf folgte | |
| eine breite Unterstützungskampagne der Studierenden für ihn. | |
| Seine Version von „Unterstützung“ klingt wie aus einem | |
| Crowdfunding-Handbuch. Als die Busse beschädigt wurden und er in | |
| Untersuchungshaft saß, spendenten ihm etliche Menschen Tausende Euro: | |
| „Davon habe ich die gelben und weißen Busse gekauft. Alles ist | |
| dokumentiert, alles ist transparent. Auf dem Konto bleiben 40.000 Euro für | |
| die Wahlen.“ Er sagt das ohne Triumph in der Stimme, eher trotzig. Es ginge | |
| ihm darum, „auf der richtigen Seite“ zu stehen. | |
| Die regimeloyalen Boulevardblätter bezeichneten ihn daraufhin als Betrüger. | |
| In den lokalen Medien wurde sein Fall als Musterbeispiel bezeichnet, wie | |
| sich politische Rache im Alltag zeigt: wirtschaftlicher Druck, mediale | |
| Hetze, unmittelbare Gewalt. „Die Mehrheit steht hinter den Kindern“, sagt | |
| er. „Nur die, die vom Staat abhängig sind, müssen so tun, als wären sie f�… | |
| die Macht.“ | |
| Am 14. August wurden bei Unruhen in Novi Sad auch Räume der Partei SNS | |
| beschädigt. Dafür sitzt der Student Bogdan Jovičić jetzt in | |
| Untersuchungshaft. Ihm wird „gewalttätiges Verhalten auf einer öffentlichen | |
| Versammlung“ vorgeworfen. Am 11. September wurde sein Haftbefehl um weitere | |
| 30 Tage verlängert; einen Tag später trat er in den Hungerstreik. | |
| Angehörige berichten, er sei zu einer Beerdigung in Handschellen wie ein | |
| Schwerkrimineller gebracht worden. Für viele ist sein Fall zum Symbol | |
| geworden: „ein Student“ wird strenger behandelt als einschlägige | |
| Gewalttäter, sagen Unterstützer. | |
| ## Politischer Widerstand bleibt sichtbar | |
| Für Nataša Milićević, Professorin für Philosophie, bedeutet die | |
| Polizeipräsenz ständige „Arbeit unter Repression“ und die „stärkste | |
| Beschneidung der Universitätsautonomie, die dieses Land je gesehen hat“. | |
| Milićević und ihre Kollegen tun alles, um die Studierenden zu | |
| unterstützen. Dafür haben sie auch Notfallteams eingerichtet. Beim Protest | |
| am 5. September wiesen viele Protestierende Hämatome und Schwellungen auf, | |
| verursacht durch Schlagstöcke. Das Hauptziel sei, für Angst zu sorgen, bei | |
| den Studierenden und auch ihren Eltern. | |
| Auf dem Campus von Novi Sad bleibt der politische Widerstand sichtbar. Und | |
| in ganz Serbien werden die Universitäten zu Orten, an denen die Zukunft des | |
| Landes ausgehandelt wird. Friedlich, entschlossen und hartnäckig. Mit | |
| allen, die mit dem Regime [9][Vučić] nicht einverstanden sind. | |
| 27 Sep 2025 | |
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