| # taz.de -- Oberhauswahl in Japan: Rechter Tiefschlag für Regierungskoalition | |
| > Der konservative Premierminister Shigeru Ishiba will trotz des Verlusts | |
| > der Parlamentsmehrheit im Amt bleiben. Das könnte zunächst funktionieren. | |
| > | |
| Bild: Japans Premierminister Shigeru Ishiba nach der Wahlniederlage am Montag v… | |
| Tokio taz | Aufgrund der hohen Zugewinne rechtspopulistischer Parteien hat | |
| Japans Minderheitsregierung von [1][Premierminister Shigeru Ishiba] bei der | |
| Wahl am Sonntag ihre Mehrheit im Oberhaus verloren. Damit untergraben | |
| Rechtspopulismus und Polarisierung nun auch in Japan die politische | |
| Stabilität. Denn Ishiba kann künftig nur noch mit Unterstützung der | |
| Opposition regieren. | |
| Ungeachtet seines zweiten Wahldebakels in neun Monaten – im Herbst hatte er | |
| schon im Unterhaus die Mehrheit verloren – will er aber im Amt bleiben. Er | |
| werde das Ergebnis „demütig hinnehmen“ und „weiterhin Verantwortung für | |
| nationale Angelegenheiten übernehmen“, erklärte Ishiba unter Verweis auf | |
| [2][die laufenden Verhandlungen mit den USA] über ein Zollabkommen. | |
| [3][Ohne Vertrag tritt zum 1. August ein US-Einfuhrzoll von 25 Prozent auf | |
| alle japanischen Waren in Kraft.] | |
| Bei der Neuwahl von 125 der 248 Sitze des Oberhauses verpasste die | |
| Regierungskoalition aus Liberaldemokratischer Partei (LDP) und | |
| buddhistischer Komei-Partei das selbstgesetzte Ziel nur knapp, ihre | |
| bisherige Mehrheit in der zweiten Parlamentskammer zu behalten- Am Ende | |
| fehlten nur drei Sitze. | |
| Die LDP dürfte nun versuchen, zum Ausgleich einige unabhängige Abgeordnete | |
| auf ihre Seite zu ziehen. Aber selbst falls dies gelingt, steht die | |
| Regierung weiter auf wackeligem Grund. Die erstarkte Opposition könnte | |
| Ishiba jederzeit über ein Misstrauensvotum stürzen. | |
| ## Ishiba auch innerparteilich unter Druck | |
| Auch droht dem 68-Jährigen ein Aufstand innerhalb der eigenen LDP, die seit | |
| 70 Jahren Japan fast ununterbrochen regiert und immer mindestens eine | |
| Parlamentskammer kontrollierte. Das konservative LDP-Schwergewicht Taro Aso | |
| sagte, er könne Ishiba als Premier „nicht akzeptieren“. | |
| Vorerst scheinen mögliche Nachfolger aber erst einmal in Deckung zu | |
| bleiben. „Niemand will Ishiba in dieser für die LDP so schwierigen Zeit | |
| ersetzen“, sagte der Politologe Masahiro Iwasaki von der Nihon-Universität | |
| der Agentur Kyodo. | |
| Japanische Medien führen die Niederlage auf die Unzufriedenheit vieler | |
| Wähler mit [4][den seit drei Jahren sinkenden Reallöhnen durch die hohe | |
| Inflation] und die starke Zunahme an ausländischen Arbeitskräften und | |
| Touristen zurück. Davon profitierten zwei junge, rechtspopulistische | |
| Parteien am meisten. Die erst fünf Jahre alte Sansei-Partei erhöhte die | |
| Zahl ihrer Sitze im Oberhaus von zwei auf 14 und die Demokratische Partei | |
| für das Volk von 9 auf 17. | |
| Zusammen erhielten sie in absoluter Zahl mehr Stimmen als die LDP. Dagegen | |
| konnte sich die größte Oppositionsgruppe, die Konstitutionelle | |
| Demokratische Partei von Ex-Premier Yoshihiko Noda, kaum verbessern. | |
| Die Sansei-Partei zog mit dem offen fremdenfeindlichen Slogan „Japaner | |
| zuerst“ in den Wahlkampf und warf der Regierung eine Politik der | |
| „verdeckten Einwanderung“ vor. Die Zahl der im Land wohnenden Ausländer | |
| wuchs im Vorjahr um 10 Prozent auf knapp 4 Millionen, gerade einmal 3 | |
| Prozent der Bevölkerung. | |
| ## „Wut auf das System der Silberdemokratie“ | |
| Migranten, die wegen der alternden und schrumpfenden Bevölkerung als | |
| Arbeitskräfte angeworben werden, würden die soziale Harmonie im Land | |
| stören, meint die Sansei-Partei. Ihr Gründer Sohei Kamiya nannte die | |
| Alternative für Deutschland und andere rechte Parteien in Europa als seine | |
| Vorbilder. | |
| Die rechtskonservative Demokratische Partei für das Volk mit ihrem | |
| charismatischen Chef Yuichiro Tamaki ist nun die drittstärkste Kraft im | |
| Parteiensystem, was ihrer Forderung nach Steuersenkungen Nachdruck | |
| verleiht. | |
| „Beide rechte Parteien konnten die Wut der jüngeren Generationen auf das | |
| politische System der Silberdemokratie – Silber bezieht sich auf die | |
| Haarfarbe von Senioren – und eine Wirtschaft mit steigenden | |
| Lebenshaltungskosten und stagnierenden Löhnen für sich nutzen“, meinte der | |
| US-Analyst Tobias Harris. | |
| 21 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Fritz | |
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