| # taz.de -- Klagen gegen Coronamaßnahmen: Berliner Sperrstunde rechtswidrig | |
| > Elf Wirte haben gegen die Sperrstunde ab 23 Uhr geklagt. Das | |
| > Verwaltungsgericht gibt ihnen recht. Noch ist das Urteil nicht | |
| > rechtskräftig. | |
| Bild: 11 Kneipen werden in Berlin auch nach 23 Uhr öffnen, nur halt ohne Alkoh… | |
| Freiburg taz | Das Verwaltungsgericht Berlin hält die neue Sperrstunde für | |
| Kneipen und Bars für unverhältnismäßig. Diese sei aktuell im Kampf gegen | |
| die Coronapandemie nicht erforderlich. Der Berliner Senat kann dagegen aber | |
| noch Rechtsmittel einlegen. | |
| Als die Zahl der Infizierten auch in Berlin immer stärker anstieg, | |
| beschloss der Senat am 6. Oktober im Rahmen eines Maßnahmenbündels auch | |
| eine [1][Sperrstunde für Restaurants, Kneipen und Bars]. Diese müssen von | |
| 23 Uhr bis 6 Uhr schließen. Die Regelung trat am vergangenen Wochenende in | |
| Kraft. | |
| Dagegen klagten jedoch elf Wirte beim Verwaltungsgericht Berlin und hatten | |
| nun im Eilverfahren Erfolg. Die Sperrstunden-Verordnung darf in ihren | |
| Fällen bis zur Hauptsache-Entscheidung in einigen Monaten nicht mehr | |
| angewandt werden, weil sie voraussichtlich rechtswidrig ist, so die | |
| Berliner RichterInnen. | |
| Die RichterInnen der 14. Kammer des Verwaltungsgerichts, die für alle | |
| Fragen zum Infektionsschutzrecht zuständig sind, halten die Sperrstunde für | |
| unverhältnismäßig, vor allem für nicht erforderlich. | |
| ## Unverhältnismäßig und nicht erforderlich, so das Gericht | |
| Zum einen verweisen die RichterInnen auf die Erkenntnislage des | |
| Robert-Koch-Instituts, wonach die Gastronomie mit Blick auf die Ausbreitung | |
| der Pandemie derzeit nur eine untergeordnete Bedeutung habe. Fallhäufungen | |
| gebe es zurzeit eher in anderen Bereichen, zum Beispiel im Zusammenhang mit | |
| Feiern im Familien- und Freundeskreis. Auch die auffallend hohen Fallzahlen | |
| bei jungen Leuten seien eher auf Treffen im privaten Bereich und bei | |
| „illegalen Partys“ zurückzuführen. | |
| Zum anderen halten die RichterInnen die bereits getroffenen Maßnahmen für | |
| die Gastronomie für ausreichend. Gemeint sind insbesondere die | |
| Schutzkonzepte mit Abstands- und Belüftungspflicht, aber auch das | |
| nächtliche Alkoholverkaufsverbot, das auch für Gaststätten und Kneipen | |
| gelte. Solche Maßnahmen müssten von der Polizei vor allem besser | |
| kontrolliert und durchgesetzt werden. | |
| Der Senat könne den Wirten nicht generell unterstellen, so das | |
| Verwaltungsgericht, dass sie sich nicht an das Alkoholausschankverbot | |
| halten. Immerhin hätten sie dagegen bisher auch nicht geklagt. Deshalb sei | |
| auch die bessere Kontrollierbarkeit einer Sperrstunde kein zulässiges | |
| Argument für ihre Rechtmäßigkeit. | |
| Zunächst gilt dieser Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin [2][nur für | |
| die elf klagenden Wirte]. Anders als in den meisten anderen Bundesländern | |
| gibt es in Berlin keine Normenkontrolle vor den Verwaltungsgerichten. Das | |
| Verwaltungsgericht Berlin konnte also nicht die gesamte Verordnung für | |
| nichtig erklären. | |
| ## Elf Wirte dürfen nach 23 Uhr geöffnet haben | |
| Der Beschluss von diesem Freitag ist auch noch nicht rechtskräftig. Der | |
| Senat kann binnen zwei Wochen Rechtsmittel zum Oberverwaltungsgericht (OVG) | |
| Berlin/Brandenburg einlegen. Vermutlich wird er wegen der großen | |
| Rechtsunsicherheit zwar nicht so lange warten. Allerdings ist auch nicht | |
| damit zu rechnen, dass das OVG noch am heutigen Freitag mit der Sache | |
| befasst wird. | |
| Heute Abend wird es in Berlin also elf Gaststätten und Kneipen geben, die | |
| offiziell länger als 23 Uhr öffnen dürfen, während alle anderen formal | |
| weiter an die Sperrfrist gebunden sind. Möglicherweise wird die Polizei | |
| aber ein Auge zudrücken, wenn sich nun auch andere GastronomInnen auf die | |
| Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichrts berufen. Da es hier um | |
| Ordnungswidrigkeiten geht, gilt für die Polizei das Opportunitätsprinzip, | |
| das ihr flexibles Handeln ermöglicht. | |
| ## Hamburg und NRW führen die Sperrstunde gerade ein | |
| Der Berliner Rechtsstreit wird sicher auch im Rest Deutschlands genau | |
| beobachtet. Am Freitagnachmittag kündigten Hamburg und Nordrhein-Westfalen | |
| eine entsprechende Sperrstunde für Risikogebiete an. Bereits am Mittwoch | |
| empfahlen Kanzlerin Merkel und die MinisterpräsidentInnen, dass bei | |
| erhöhten Infektionszahlen – über 35 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohnern �… | |
| überall Sperrstunden eingeführt werden sollten. Diese Empfehlung erscheint | |
| nun zumindest rechtlich zweifelhaft. | |
| 16 Oct 2020 | |
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| [1] /Sperrstunde-in-Berlin/!5717375/ | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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