| # taz.de -- Justizumbau in Italien: Schluss mit lästigen Korruptionsermittlung… | |
| > Ministerpräsidentin Meloni will die Laufbahnen von Richter*innen und | |
| > Staatsanwält*innen trennen. Kritiker warnen vor einer Schwächung der | |
| > Justiz. | |
| Bild: Italiens Premierministerin Giorgia Meloni | |
| Die von Italiens Rechtsregierung unter Giorgia Meloni vorangetriebene | |
| Justizreform steht vor ihrer endgültigen Verabschiedung im Parlament. | |
| Nachdem im September schon das Abgeordnetenhaus die nötigen | |
| Verfassungsänderungen abgesegnet hatte, nimmt am Dienstag der Senat die | |
| Beratungen auf und wird voraussichtlich am Donnerstag seine Zustimmung | |
| erteilen. | |
| Es wäre ein wichtiger [1][Sieg der italienischen Rechten], ein Sieg vor | |
| allem mit einem Inhalt: die Staatsanwaltschaften schwächen, die Politik | |
| gegen die Justiz stärken. | |
| In Wirklichkeit handelt es sich bei den jetzt auf dem Tisch liegenden | |
| Verfassungsänderungen nämlich gar nicht um eine „Reform der Justiz“, | |
| sondern um eine Reform der Magistratur, in der bisher Richter und | |
| Staatsanwälte zusammengefasst sind. Zwischen den beiden Laufbahnen gibt es | |
| in Italien keine Trennung, das Auswahlverfahren absolvieren alle | |
| Kandidat*innen gemeinsam. Und gemeinsam üben Richter*innen und | |
| Staatsanwält*innen in völliger Autonomie von der Exekutive die | |
| Kontrolle über die Justiz aus. | |
| Egal ob Beförderungen, Versetzungen oder auch Disziplinarverfahren: | |
| Entscheidungsbefugt ist allein der Consiglio Superiore della Magistratura | |
| (CSM – Höchster Rat der Magistratur). Zwei Drittel seiner Mitglieder werden | |
| von den „Magistraten“ gewählt, ein Drittel vom Parlament. | |
| Doch die Regierung Meloni will jetzt die Laufbahnen von Richter*innen | |
| und Staatsanwält*innen komplett trennen, und sie sieht auch nicht (die | |
| in Deutschland zum Beispiel gegebene) Möglichkeit eines Wechsels von der | |
| einen in die andere Laufbahn vor. Zwei Bewerbungsprozeduren, zwei | |
| Laufbahnen, deshalb in Zukunft auch zwei Höchste Räte der Magistratur wird | |
| die Verfassungsreform einführen. | |
| ## Eine Forderung Berlusconis | |
| Damit wird eine alte Forderung Silvio Berlusconis Wirklichkeit, der ja über | |
| Jahrzehnte hinweg mit den Staatsanwaltschaften im Dauerclinch lag, weil sie | |
| gegen ihn immer wieder wegen Korruption, Bilanzfälschung oder Steuerbetrugs | |
| ermittelten, weil er deshalb dann im Jahr 2013 zu vier Jahren Haft | |
| verurteilt wurde. Mit solchen Verfahren wäre in Zukunft wohl Schluss. | |
| Denn auch wenn die Rechtsparteien aus dem Meloni-Block immer wieder | |
| treuherzig versichern, ihnen gehe es bloß um die Stärkung der neutralen | |
| Rolle der urteilenden Richter zwischen Anklage und Verteidigung, vermuten | |
| sowohl der italienische Richterbund als auch die Oppositionsparteien ein | |
| ganz anderes Anliegen. Ist die Magistratur nämlich erst einmal | |
| aufgespalten, dann wäre es in einem zweiten Schritt möglich, wie in anderen | |
| Ländern auch die Staatsanwaltschaften der Weisungsbefugnis des | |
| Justizministeriums zu unterwerfen und so ihrer Unabhängigkeit ein Ende zu | |
| setzen. | |
| Auch nach der, angesichts der klaren parlamentarischen Mehrheit der | |
| Rechtsparteien als sicher geltenden, Zustimmung im Senat ist die Reform | |
| jedoch nicht völlig in trockenen Tüchern. Im Parlament braucht es in | |
| Italien zwar – anders als in Deutschland – keine Zweidrittel-Mehrheit, um | |
| die Verfassung zu ändern. Aber wenn nur die absolute Mehrheit erreicht | |
| wird, können [2][die Oppositionsparteien] die Ansetzung einer | |
| Volksabstimmung verlangen. | |
| Sie haben diesen Schritt schon angekündigt, und im Frühjahr 2026 werden die | |
| Italiener*innen zum Referendum über die Justizreform schreiten – und | |
| könnten Giorgia Melonis bisher wichtigstes Reformwerk doch noch zu Fall | |
| bringen. | |
| 28 Oct 2025 | |
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| Michael Braun | |
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