| # taz.de -- Geschichte von Fußballplätzen in Berlin: Ein Tor zur Stadt | |
| > Widerstandskämpfer und Arbeitervereine: Fußballplätze bieten einzigartige | |
| > Einblicke in die Geschichte Berlins. Ein Rundgang durch die Bezirke. | |
| Bild: Erstligist Tasmania Berlin Anfang 1966 im heutigen Werner-Seelenbinder-Sp… | |
| Der Schriftsteller Klaus Theweleit sagte einmal, dass Fußball ein „Tor zur | |
| Welt“ biete. Bestimmte politische oder geografische Realitäten nehme man | |
| nur zur Kenntnis, weil sie im Fußball vorkommen. Mönchengladbach oder | |
| Schalke sind solche Beispiele: Ohne Fußball würde die keiner kennen. | |
| Für Berlin mag das anders sein, vielleicht sogar für seine Bezirke, aber | |
| seine Fußballplätze sind eine einzigartige Möglichkeit, sich diese Stadt | |
| anzueignen. Betritt man etwa ein Stadion in Lichtenberg, das „Howoge-Arena | |
| Hans Zoschke“ heißt – der eine Namensgeber ist eine | |
| Wohnungsbaugenossenschaft, der andere ein antifaschistischer | |
| Widerstandskämpfer –, ist man mittendrin in der Geschichte. | |
| Eigentlich sollte zu DDR-Zeiten der Platz für Gebäude des Ministeriums für | |
| Staatssicherheit weichen, aber das Andenken an den 1944 ermordeten | |
| Kommunisten Zoschke bewahrte nicht nur den Platz vor dem Abriss. Sogar der | |
| Verein SV Lichtenberg 47 gehört zu den wenigen Vereinen, die sich dem | |
| besonderen Raster des DDR-Sports entziehen konnten. Das sah vor, auf der | |
| Grundlage von Betriebssportvereinigungen Clubs nach Branchen zu | |
| organisieren: Hansa, Chemie, Motor, Stahl, [1][Dynamo]. | |
| ## Krach und Tarnvereine | |
| Man kann aber auch in Kreuzberg Fußball gucken: In der | |
| Willi-Boos-Sportanlage an der Gneisenaustraße ist ein Platz, der bis 1931 | |
| vom kommunistischen Arbeitersportverein „Fichte“ genutzt wurde. Dann kam es | |
| zum Krach, und des Stalinismus überdrüssige Fußballer gründeten die „Freie | |
| Sport-Vereinigung Fichte“. | |
| [2][1933 wurden sie wie alle Arbeitersportvereine, egal ob kommunistisch, | |
| sozialdemokratisch oder in KP-Opposition stehend, verboten]. Der Klub | |
| gründete sich als Tarnvereinigung „SC Südring“ – und existiert unter dem | |
| Namen „BSC Eintracht/Südring“ bis heute. | |
| Auch Schöneberg hat Fußballplätze, sogar neue. Die „Inter-Arena“ am | |
| Südkreuz, Eingang via Vorarlberger Damm, verweist auf die Größe des | |
| linksalternativen Sports der frühen 1980er Jahre in Westberlin. Damals | |
| weigerte sich der Berliner Fußballverband noch, einen Verein mit dem Namen | |
| „FC Internationale“ aufzunehmen, weil das doch an den Kommunismus erinnere. | |
| Heute macht der Verein mit der Trikotwerbung „No Racism“ die beste und | |
| größte Nachwuchsarbeit im Bezirk. | |
| Fehlt noch Neukölln: Der Werner-Seelenbinder-Sportpark in der Oderstraße, | |
| nahe dem Tempelhofer Feld, ist nicht nur das Heimstadion des früheren | |
| Bundesligisten Tasmania. Hier befindet sich auch das Urnengrab des | |
| Namensgebers. Der war kommunistischer Widerstandskämpfer, 1944 ermordet, | |
| und zwischen 1945 bis 1949 war das Stadion schon einmal nach ihm benannt. | |
| Dann kam der Kalte Krieg, nur kleine linke Gruppen wollten diesen | |
| Stadionnamen, und erst 2004 waren sie erfolgreich. | |
| Fußball ist auch in Berlin ein Tor zur Stadt. Ein Büchlein führt uns zu 100 | |
| solcher Stätten: Peter Czoch, Daniel Küchenmeister, Thomas Schneider: | |
| „[3][Fußballheimat Berlin. 100 Orte der Erinnerung]“. Arete-Verlag, 214 | |
| Seiten, 20 Euro. | |
| 13 Jun 2024 | |
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| [1] /50-Jahre-BFC-Dynamo/!5265730 | |
| [2] /Berliner-Fussball-Clubs-in-der-NS-Zeit/!6011207 | |
| [3] https://www.arete-verlag.de/produkt/fussballheimat-berlin/ | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Krauss | |
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