| # taz.de -- Fahrrad-Falle in Mitte: Breit ist anders | |
| > Vermeintliche Radstreifen in der Linienstraße sind in Wirklichkeit | |
| > Abstandhalter, um „Dooring“ zu vermeiden. Nicht jeder versteht das. | |
| Bild: Ceci n'est pas un Fahrradstreifen: Radeln in der Dooringzone | |
| Nanu? Dass die herkömmlichen Berliner Radstreifen mit Breite geizen, ist | |
| wahrlich keine Neuigkeit. Aber diese frisch aufgetragene, blendend weiße | |
| gestrichelte Linie in der Linienstraße, was für eine Radspur markiert die | |
| denn? Das sind doch höchstens 70 Zentimeter bis zu den parkenden Autos! | |
| In den sozialen Medien werden Fotos von diesem Verkehrs-Skandal geteilt. | |
| Wobei recht schnell klar wird: Die Striche begrenzen gar keine Radspur, | |
| sondern die Dooring-Zone, also den Bereich, wo öffnende Autotüren jemanden | |
| sehr effektiv aus dem Sattel und schlimmstenfalls ins Jenseits befördern | |
| können. | |
| Nicht alle verstehen das. Ein Ortstermin belegt: Regelmäßig wird der | |
| Gefahrenstreifen für den zu befahrenden Streifen gehalten. „Das ist der | |
| neue Sport ‚Door-Surfen‘“, schreibt ein Facebook-User sarkastisch. „Wer | |
| überlebt, hat gewonnen.“ Möglich, dass es vor allem Touristen sind, die | |
| diesem fatalen Missverständnis unterliegen, aber das macht es nicht besser. | |
| ADFC-Landesverbands-Sprecher Nicolas Linck schlägt ob dieser amtlichen | |
| Gefährdung die Hände über dem Kopf zusammen, zumindest hört es sich am | |
| Telefon so an. „Das muss unbedingt gelöst werden“, sagt er, verweist aber | |
| darauf, dass weitere Markierungen angekündigt waren. „Wir machen uns stark | |
| für große Fahrrad-Piktogramme auf der Straße.“ | |
| Ein weiterer im Netz erhobener Vorwurf lautet: Die markierte Dooring-Zone | |
| sei gewissermaßen ein Freibrief, die Autotür ohne den mittlerweile | |
| empfohlenen „holländischen Griff“ aufzureißen. „Wieder einmal wird das | |
| Recht des Stärkeren – in diesem Fall des Unachtsamen – in Infrastruktur | |
| verewigt“, heißt es. | |
| Linck sieht das anders: Schon jetzt würden Urteile gesprochen, die | |
| gedoorten RadlerInnen wegen zu geringem Sicherheitsabstand eine | |
| Mitverantwortung gäben. „Die Markierung macht da eigentlich keinen | |
| Unterschied mehr, insofern finde ich sie nicht schlecht. Denn Abstand ist | |
| enorm wichtig.“ | |
| Entwarnung kommt dann vom Straßen- und Grünflächenamt Mitte, das der taz | |
| Folgendes mitteilt: Die Fahrrad-Piktogramme kommen – und dazu noch eine | |
| breite grüne Linie in der Fahrbahnmitte. Außerdem werden drei Abschnitte | |
| der Linienstraße bis Ende kommender Woche in – gegenläufige – | |
| Einbahnstraßen umgewandelt. Das soll dem Schleichverkehr besonders durch | |
| Taxen entgegenwirken, wenn auf der Torstraße mal wieder Stau herrscht. | |
| „Der Bezirk Mitte wird auswerten, wie die Praxis sich durch die neuen | |
| Markierungen verändert“, schreibt das Amt in seiner Antwort auf die | |
| taz-Anfrage. „Da es immer noch keinen generellen Leitfaden in Berlin zur | |
| Kennzeichnung von Fahrradstraßen gibt, ist Mitte mit dieser Kennzeichnung | |
| vorangegangen.“ Auf dieses Manko weist auch der ADFC hin: Angekündigt hat | |
| die Verkehrsverwaltung einen solchen Leitfaden schon länger, fertig ist er | |
| offenbar immer noch nicht. | |
| 25 Jul 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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