| # taz.de -- Coronahilfe durch die Bundeswehr: Armee gegen Einsatz im Innern | |
| > Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken lehnte die Bundeswehr mehrere | |
| > Corona-Hilfseinsätze ab. Dafür gibt es sogar Lob von der Linken. | |
| Bild: Die Bundeswehr hilft in der Coronakrise – aus verfassungsrechtlicher Gr… | |
| Berlin taz | Dass sich eine Abgeordnete der Linkspartei über Entscheidungen | |
| der Bundeswehr freut, passiert selten. Bei Ulla Jelpke, die für ihre | |
| Fraktion im Innenausschuss des Bundestags sitzt, war es in der vergangenen | |
| Woche aber mal so weit. „Es kommt nicht oft vor, dass ich das | |
| Verteidigungsministerium für seine Verfassungstreue lobe“, sagte Jelpke. | |
| „Ich hoffe nur, es bleibt dabei.“ | |
| Grund war eine Auskunft des Verteidigungsministeriums zu | |
| Bundeswehr-Hilfseinsätzen in der Coronakrise. In Dutzenden Fällen | |
| unterstützt die Armee derzeit andere Behörden, indem sie zum Beispiel | |
| Personal in Krankenhäuser schickt oder den Transport von Schutzausrüstung | |
| übernimmt. Nach Artikel 35 Absatz 1 des Grundgesetzes sind solche | |
| Hilfsleistungen relativ problemlos möglich. | |
| Schwieriger sieht es aus, wenn die Bundeswehr auch „hoheitliche Aufgaben“ | |
| übernehmen soll – also Polizeiaufgaben. Nach Artikel 35 Absatz 2 ist das | |
| bei Naturkatastrophen oder Ähnlichem grundsätzlich möglich, allerdings mit | |
| hohen Hürden. | |
| Die Abgeordnete Jelpke hatte das Verteidigungsministerium gefragt, wie die | |
| Bundeswehr während der Coronakrise mit solchen Anträgen umgeht. Die | |
| Antwort: Bisher habe es sechs davon gegeben, alle wurden abgelehnt. | |
| ## „Politischer Nachhilfeunterricht“ für die Kommunen | |
| Wie [1][die taz schon im März berichtete], hatte das Land Thüringen | |
| beantragt, dass die Bundeswehr den Betrieb von Flüchtlingseinrichtungen | |
| übernimmt und dabei auch das Hausrecht ausübt. Die Bundeswehr lehnte das | |
| nach eigenen Angaben ab, weil der Einsatz „die lagebedingte Möglichkeit | |
| hoheitlicher Zwangs- und Eingriffsmaßnahmen“ geboten hätte. | |
| In den anderen fünf Fällen kamen die Anträge von Landkreisen und Städten. | |
| Der Saarpfalz-Kreis um Homburg bat beispielsweise darum, dass | |
| Soldaten*innen den Zutritt zu einem Krankenhaus kontrollieren. Die | |
| bayerischen Landkreise Miesbach und Weilheim-Schongau wollten Lagerhallen | |
| bewachen lassen. All diese Ersuchen lehnte die Bundeswehr ab, weil anders | |
| als bei der einfachen Amtshilfe nach Artikel 35 Absatz 1 nicht die Kommunen | |
| antragsberechtigt seien, sondern nur die Länder. | |
| Ein Teil der Kommunen hält auf Nachfrage dagegen. Die Stadt Koblenz | |
| beispielsweise, ein früher Corona-Hotspot: Sie wollte im März mithilfe der | |
| Bundeswehr einen medizinischen Stützpunkt aufbauen, um dort Notfalls | |
| Corona-Patient*innen zu „sichten“ und zu „triagieren“ – nach Ansicht … | |
| Stadtverwaltung keine hoheitliche Aufgabe, sondern eine einfache, | |
| verfassungskonforme Amtshilfe. | |
| Das Landratsamt Starnberg, das die Bundeswehr für den Betrieb einer | |
| Drive-in-Teststation samt Zugangskontrollen angefordert hatte, sieht in | |
| dieser Aufgabe ebenfalls nur eine technisch-logistische Unterstützung. | |
| Zudem habe man den Antrag gar nicht direkt, sondern über die | |
| Landesregierung bei der Bundeswehr vorgelegt. | |
| Der Landkreis Weilheim dagegen stimmt der Bundeswehr im Nachhinein zu und | |
| lässt seine Lagerhalle jetzt von einem privaten Sicherheitsdienst bewachen. | |
| Das Landratsamt Miesbach gibt an, zur Frage der Rechtsmäßigkeit seines | |
| eigenen Antrags „nichts beitragen“ zu können. | |
| „Mir ist bewusst, wie angespannt die Lage angesichts der Coronapandemie | |
| bei den zivilen Behörden ist“, sagt die Abgeordnete Jelpke dazu. Aber | |
| das sei noch lange kein Grund dafür, dass Landräte und Bürgermeister die | |
| Bundeswehr für verfassungswidrige Maßnahmen in Anspruch nehmen wollten. | |
| „Hier wäre ein wenig politischer Nachhilfeunterricht nötig.“ | |
| UPDATE: Nach Veröffentlichung des Artikels beantwortete das Landratsamt des | |
| Saarpfalz-Kreises die Anfrage der taz. Demnach bezog sich der Antrag des | |
| Landkreises auf die Verkehrslenkung rund um ein Krankenhausgelände. Ziel | |
| sei es gewesen, dass die Bundeswehr die rechtlichen und personellen | |
| Möglichkeit prüft. Dem Landrat sei „der gesetzliche Rahmen dieser | |
| Antragstellung durchaus bewusst“. | |
| 6 May 2020 | |
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| [1] /Die-Bundeswehr-in-der-Coronakrise/!5673954 | |
| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
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