| # taz.de -- Betriebsratswahlen bei Lieferdiensten: Arbeiterrechte im Gepäck | |
| > Der Streit um die Betriebsratsgründung beim Lieferdienst Flink landet | |
| > erneut vor Gericht. Bei Lieferando wird derweil gewählt. | |
| Bild: Die Fahrer*innen von Lieferdiensten wie Lieferando und Flink sind im Stad… | |
| Berlin taz | Während in dieser Woche die Betriebsratswahlen bei Lieferando | |
| stattfinden, gibt es beim Konkurrenten Flink erneut juristischen Ärger um | |
| die Arbeiter*innenvertretung. Wie der Rechtsanwalt Martin Bechert am | |
| Mittwoch der taz mitteilte, haben Angestellte des Berliner Lieferdienstes | |
| am Montag vor dem Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung beantragt, um | |
| das Unternehmen dazu zu bewegen, ihnen eine Liste mit seinen Angestellten | |
| zur Verfügung zu stellen. | |
| Hintergrund sind die für den 5. September geplanten Wahlen zu einem | |
| Wahlvorstand, der die Betriebsratswahl bei Flink durchführen soll. „Dafür | |
| müssen die Einladenden einsehen können, wer Arbeitnehmer und wahlberechtigt | |
| ist“, so Bechert. Flink habe diese Informationen jedoch mit dem Verweis auf | |
| datenschutzrechtliche Bedenken verweigert. | |
| Bechert hält das Argument für vorgeschoben. „Datenschutzrechtlich ist das | |
| gar kein Problem und Flink weiß das auch. Es geht nur darum, die | |
| Wahlversammlung zu blockieren“, ist [1][der erfahrene Arbeitsrecht-Anwalt, | |
| der auch den Betriebsrat von Gorillas vertritt], überzeugt. Vor Gericht | |
| rechnet er sich gute Chancen aus. „Ich gehe davon aus, dass wir das | |
| gewinnen werden, sonst könnte man keinen Betriebsrat gründen“, so Bechert. | |
| Laut dem Anwalt brauchen die Einladenden die Informationen, um die | |
| Teilnahmeberechtigung für die Wahlversammlung festzustellen – der | |
| Arbeitgeber, seine Vertreter*innen und leitende Angestellte sind nicht | |
| berechtigt. | |
| Auf taz-Anfrage weist Flink die Vorwürfe des Union Busting von sich: Das | |
| Unternehmen würde alle notwendigen Daten zur Verfügung stellen, so | |
| Unternehmenssprecher Boris Radke zur taz. Eine Liste mit den Namen aller | |
| rund 1.500 Mitarbeiter*innen sei für die Durchführung der | |
| Wahlversammlung allerdings nicht nötig. Stattdessen werde man den | |
| Initiator*innen eine Liste mit Führungskräften geben. „Das ist völlig | |
| ausreichend“, so Radke. Die Anhörung zu dem Fall soll demnach am 26. August | |
| stattfinden. | |
| ## Flink wollte frühere Betriebsratswahl erzwingen | |
| Bereits vor zwei Wochen war es im Zuge der Betriebsratsgründung bei Flink | |
| zu juristischen Auseinandersetzungen gekommen: So hatten die Einladenden | |
| die auf den 22. Juli terminierte Wahl auf Anfang September verschoben – | |
| laut Anwalt Bechert unter anderem aufgrund der fehlenden | |
| Mitarbeiter*innenliste. | |
| Die Geschäftsführung von Flink versuchte daraufhin per einstweiliger | |
| Verfügung, die Wahl am ursprünglich geplanten Datum zu erzwingen – ohne | |
| Erfolg. Das Unternehmen begründete die Klage mit „großer Verwirrung“ unter | |
| den Angestellten durch den plötzlichen Terminwechsel. Zudem hätten | |
| Wahlinitiator*innen mit teils betriebsfremden Personen „aggressiv“ für | |
| die neue Wahl mobilisiert. | |
| Arbeitsrecht-Anwalt Bechert sieht darin einen Versuch von Flink, die | |
| Einladenden zu diskreditieren und die Gründung eines Betriebsrates doch | |
| noch zu verhindern, um seine eigenen Strukturen durchzusetzen. Das | |
| Unternehmen hatte im April sogenannte „Ops Committees“ ins Leben gerufen, | |
| die im Gegensatz zu einem Betriebsrat keine arbeitsrechtliche Grundlage | |
| haben. Die Committees sollen Feedback der Arbeiter*innen an die | |
| Vorgesetzten weitergeben. Laut Bechert handelt es sich dabei um ein nicht | |
| gewähltes Gremium, das von der Unternehmensleitung installiert wurde: „Das | |
| hat mit einer Mitarbeitervertretung nichts zu tun.“ | |
| Laut Flink sind die Ops Committees lediglich ein erster Schritt auf dem Weg | |
| zu einer ordentlichen Vertretung. Bisher sei das Konzept „sehr erfolgreich“ | |
| und habe zu zahlreichen Verbesserungen geführt. So müssten Kurier*innen | |
| keine schweren Rucksäcke mehr tragen, weil die Fahrräder mit speziellen | |
| Gepäckträgern ausgestattet worden seien, auch habe man in diversen Fällen | |
| von Sexismus und Rassismus tätig werden können. „Von Anfang an war aber | |
| klar, dass die Ops Committees nur so lange existieren, wie es keinen | |
| Betriebsrat gibt“, so Radke. | |
| ## Lieferando-Kurier*innen wählen diese Woche | |
| Bei Berliner Lieferdiensten kommt es immer wieder [2][zu Konflikten bei der | |
| Gründung von Arbeitnehmer*innenvertretungen] (siehe Kasten). Bei | |
| Lieferando wählen seit Dienstag rund 1.500 Kurier*innen einen | |
| Betriebsrat. Erst vergangene Woche hatte das Arbeitsgericht die Klage von | |
| 24 Verwaltungsangestellten gegen die Wahl zurückgewiesen. Der Wahlvorstand | |
| vermutet dahinter die Geschäftsführung und will nun seinerseits klagen. | |
| 4 Aug 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Interview-mit-Arbeitsrechtsanwalt/!5865998 | |
| [2] /Unternehmen-scheitert-vor-Arbeitsgericht/!5812458 | |
| ## AUTOREN | |
| Marie Frank | |
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