| # taz.de -- Berliner Ernst-Thälmann-Denkmal: Die erweiterte Faust der Geschich… | |
| > Das Bezirksamt Pankow schreibt einen Kunstwettbewerb zur Kommentierung | |
| > des Ernst-Thälmann-Denkmals, einem umstrittenen Überbleibsel der DDR, | |
| > aus. | |
| Bild: Umstrittene Bronze: Ernst-Thälmann-Denkmal in Prenzlauer Berg | |
| Die bronzene Faust zum Himmel gereckt: ein kaum übersehbarer | |
| Fünfzig-Tonnen-Koloss auf einem Granitsockel, umgeben von einem Park. Im | |
| Hintergrund ragen braun-beige Plattenbauten in den Himmel und | |
| vervollständigen so den Charakter einer DDR-Vorzeigestadt. | |
| Alt-eingesessenen Berliner*innen dürfte jetzt schon klar sein, wovon die | |
| Rede ist: dem Ernst-Thälmann-Denkmal an der Greifswalder Straße in | |
| Prenzlauer Berg. | |
| Die Skulptur, die noch zu Zeiten der DDR im Gedenken an den | |
| KPD-Vorsitzenden der Weimarer Republik, Ernst Thälmann, entstand, war nach | |
| der Wende umstritten. Kritiker forderten in den 90er Jahren sogar den | |
| Abriss des Denkmals. | |
| Annette Tietz, Leiterin der Galerie Pankow, glaubt, dass es mittlerweile | |
| viele gebe, die die Bedeutung und die Geschichte des Denkmals nicht mehr | |
| kennen. Und es gebe einige „Altstalinisten“, wie sie sie nennt, die zwar | |
| Thälmann glorifizieren, sich aber gar nicht mit seiner eigentlichen | |
| Historie beschäftigen würden. Tietz steuert den [1][Wettbewerb], der vom | |
| Bezirksamt Pankow zur Kommentierung des Denkmals ausgeschrieben wurde. Seit | |
| 2014 stehen die Skulptur und der dazugehörige Ernst-Thälmann-Park unter | |
| Denkmalschutz. Nun soll eine „künstlerische Kommentierung“ erfolgen, die | |
| sich nicht nur mit der Geschichte des Denkmals, sondern auch mit der Person | |
| und dem in der DDR entstandenen Thälmann-Mythos beschäftigt. | |
| „Ich erwarte innovative, zeitgemäße und künstlerische Sprache“, so Tietz. | |
| Sie hofft, dass von den Künstlern alle Mittel genutzt werden, die heute zur | |
| Verfügung stehen. Installationen, partizipative Ansätze und auch virtuelle | |
| Umsetzungen: über solche Ideen würde sich Tietz freuen. | |
| ## „Ein paar Hintergundinformationen wären schön“ | |
| Im Park, auf einem der typische Steinrondelle, die man überall in der | |
| Grünanlage findet, sitzen Patricia Grecksch und Anke Schacht. Die beiden | |
| Berlinerinnen wohnen unweit des Parks im selben Haus. | |
| Bei ihnen sei über Thälmann zu DDR-Zeiten noch in der Schule unterrichtet | |
| worden, so Grecksch, aber auch bei ihr sei das Wissen mittlerweile am | |
| Verblassen. „Ein paar Hintergrundinformationen wären schön“, sagt sie in | |
| Bezug auf die Skulptur, sie „gehört nun mal zur Geschichte dazu“, und man | |
| solle die Gelegenheit nutzen, die Stationen seines Lebens zu erläutern, | |
| und zwar „nicht nur aus der Sicht der DDR oder der SED, sondern ganz | |
| neutral“. | |
| „Man muss den Leuten auch ein bisschen Bildung anbieten“, pflichtet Schacht | |
| ihrer Nachbarin bei. Ständig würde es Sightseeingtouren auf Fahrrädern | |
| durch den Park geben, bei denen Guides die Geschichte erzählen, sagt sie. | |
| Von den anderen Touristen, die häufiger mit Bussen ankommen, würden aber | |
| nur wenige längere Zeit an dem Denkmal stehen bleiben. „Früher wurde es | |
| sogar noch angestrahlt“, erinnert sich Schacht, es ist ja auch ein | |
| „imposantes Denkmal“. Wenn sich mehr Menschen für die Skulptur | |
| interessieren würden, so hofft sie, könnten auch die Graffiti, von denen | |
| die Bronzefigur bedeckt ist, verschwinden. | |
| Der Historiker David Johst, der sich unter anderem in einer Studie mit | |
| Denkmälern befasste, fordert einen sinnvollen Umgang mit politischen | |
| Monumenten wie dem in Prenzlauer Berg. Eine Kommentierung würde dabei neue | |
| Aufmerksamkeit schaffen, „sonst ist so ein Denkmal nur Orientierung in der | |
| Stadt“, so Johst. Er warnt allerdings auch davor, „einfach die DDR-Deutung | |
| zu übernehmen“. Eine angemessene Kommentierung müsse alle drei Aspekte des | |
| Denkmals vereinigen: Sie müsse sowohl die Geschichte Thälmanns und seine | |
| Vereinnahmung durch die DDR als auch die Entstehungsgeschichte des Denkmals | |
| aufgreifen, erklärt Johst. | |
| ## Denkmalschutzauflagen machen es schwierig | |
| Vor Ort versucht Costantino Ciervo, sich nicht nur Gedanken über das | |
| Denkmal zu machen, sondern diese im Zuge des Kunstwettbewerbs dann auch in | |
| die Tat umzusetzen. Mithilfe der Journalistin Manuela Lintl will der in | |
| Berlin lebende Künstler einen Ansatz für einen kreativen Umgang mit Ernst | |
| Thälmann finden. Angesichts der Denkmalschutzauflagen, die nicht nur die | |
| Skulptur selbst, sondern auch den umliegenden Platz betreffen, sei dies | |
| allerdings schwierig, so Ciervo. An der Form könne man nichts mehr ändern: | |
| „Es ist wie Zahnpasta aus der Tube. Jetzt ist sie schon ausgedrückt“, | |
| kommentiert es Ciervo mit einem Blick auf die Bronzeskulptur. | |
| Allein durch das Volumen sei sie schon sehr präsent, so Lintl, und es ist | |
| „auf jeden Fall gut, dass damit gearbeitet wird und sie nicht einfach | |
| verschwindet“, ergänzt sie im Bezug auf den Kunstwettbewerb. Allerdings | |
| müsse man sich auch damit auseinandersetzen und es „für die Leute | |
| nachvollziehbar machen“. | |
| Ciervo sieht das Denkmal dabei nicht nur im Kontext der Geschichte, | |
| sondern auch die Aktualität, die ihm noch innewohne: „Die Faust steht auch | |
| für Protest, und Protest ist heute wieder angesagt.“ | |
| 4 Jul 2019 | |
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| [1] https://www.kunst-im-oeffentlichen-raum-pankow.de/wettbewerb-zur-kuenstleri… | |
| ## AUTOREN | |
| Tobias Kannler | |
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