# taz.de -- Baden in Berlin: Oben ohne für alle | |
> Nach der Diskriminierungsbeschwerde eines weiblichen Badegasts sorgen die | |
> Berliner Bäder für Klarheit: Oben ohne Schwimmen ist in allen Bädern | |
> zulässig. | |
Bild: Wer will, darf sich freimachen | |
BERLIN taz | In Berlins öffentlichen Bädern darf „oben ohne“ geschwommen | |
werden. Für Sommer- wie Hallenbäder gilt das gleichermaßen. Das teilte die | |
Pressestelle der Berliner Bäder-Betriebe (BBB) am Dienstag auf taz-Anfrage | |
mit. Dass die Nachricht gerade jetzt publik wird, darf man als Hommage an | |
den Frauentag am 8. März verstehen, der in der Hauptstadt ein gesetzlicher | |
Feiertag ist. | |
Vorausgegangen war die Diskriminierungsbeschwerde einer Frau bei der | |
[1][Ombudsstelle der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen | |
Diskriminierung]. Die Frau war am 18. Dezember in einem Schwimmbad vom | |
Aufsichtspersonal aufgefordert worden, die Brüste zu bedecken. Als sie dem | |
nicht nachkam, wurde sie des Bades verwiesen. | |
Gegenüber der Ombudsstelle hatte die Frau darauf verwiesen, sie habe nicht, | |
wie Männer, „oben ohne“ schwimmen dürfen, obwohl die Haus- und Badeordnung | |
der Bäder-Betriebe keine geschlechtsspezifischen Festlegungen treffe. | |
Lediglich das Tragen „handelsüblicher Badekleidung“ sei vorgeschrieben. | |
Die Beschwerde hatte Erfolg. Die Ombudsstelle intervenierte bei den | |
Bäder-Betrieben. Nun erfolgte von deren Seite die Klarstellung, dass die | |
Frau die Haus- und Badeordnung richtig ausgelegt hat: Es gebe keine | |
geschlechtsspezifischen Vorschriften in Bezug auf die Badebekleidung. | |
Allerdings sei die Hausordnung je nach Bad zum Teil unterschiedlich | |
gehandhabt worden, räumten die BBB ein. | |
Im Zweifel habe das Personal den Begriff „handelsübliche Badebekleidung“ so | |
ausgelegt, dass Frauen beziehungsweise weiblich gelesene Personen ihre | |
Brust zu bedecken hätten. Handelsübliche Badekleidung sei aber lediglich | |
als Abgrenzung zu normaler Straßen- und Alltagsbekleidung zu verstehen. | |
Dass der Oberkörper bedeckt sein müsse, bedeutet das nicht. | |
Mit einer internen Dienstanweisung habe man das in den Bädern nun für die | |
Zukunft klargestellt, teilte Bädersprecherin Kristina Tschenett der taz | |
mit. „Schwimmen ‚oben ohne‘ ist für alle Personen gleichermaßen erlaubt… | |
Auch Sonnenbaden mit nacktem Oberkörper werde grundsätzlich toleriert. | |
Den BBB sei es ein Anliegen, dass sich alle Menschen in den Bädern wohl- | |
und willkommen fühlen, betonte Tschenett. Dass es manchmal Fragen gebe, | |
auch seitens der Badegäste, gehöre dazu. Auch als erstmals Menschen mit | |
Burkinis – Ganzkörper-Schwimmanzügen – in den Bädern auftauchten, habe es | |
Diskussionen gegeben, erinnert sich Tschenett. Egal ob Burkini oder oben | |
ohne, „wir wollen in den Bädern der Vielfältigkeit von Berlin durch eine | |
weitgehende Toleranz gerecht werden“. | |
Der Vorgang zeige, wie erfolgreich die Einrichtung der Ombudsstelle sei, | |
erklärte deren Leiterin Doris Liebscher. Dass die Bäder-Betriebe ihre Haus- | |
und Badeordnung geschlechtergerecht anwenden wollten, sei zu begrüßen. | |
Damit werde nicht nur gleiches Recht für alle Berliner*innen | |
hergestellt, ob männlich, weiblich oder nicht-binär, sondern auch | |
Rechtssicherheit für das Personal in den Bäder-Betrieben geschaffen. „Jetzt | |
geht es darum, das Badepersonal entsprechend zu briefen, damit die Regelung | |
auch konsequent angewendet wird und keine Platzverweise oder Hausverbote | |
mehr ausgesprochen werden.“ | |
Für bundesweites Aufsehen hatte bereits [2][der sogenannte Berliner | |
„Plansche-Fall“] gesorgt. Eine Frau hatte im Sommer 2021 in einer Grünlage | |
im Bezirk Treptow-Köpenick wie männliche Besucher auch „oben ohne“ auf | |
einer Wiese gelegen. Vom Sicherheitsdienst darauf angesprochen, hatte sie | |
sich geweigert, sich etwas anzuziehen. Polizisten und Sicherheitsleute | |
hatten sie daraufhin des Parks verwiesen. | |
Auch diese Frau hatte sich an die Ombudsstelle gewandt. Wie im aktuellen | |
Fall sah sie Diskriminierung und empfahl dem Bezirksamt, die | |
Bekleidungsregeln in der „Plansche“-Nutzungsverordnung klarzustellen. Nun | |
steht da, dass die Badebekleidung „die primären Geschlechtsorgane | |
vollständig bedecken“ müsse. Die weibliche Brust gilt als sekundäres | |
Geschlechtsorgan. Wer sich mit freiem Oberkörper in der Plansche sonnt, | |
muss also wie in den öffentlichen Bädern keinen Rauswurf mehr befürchten. | |
Gegenüber der Frau, die im Dezember des Schwimmbads verwiesen worden war, | |
habe man sich in einem Schreiben für „die Missverständnisse“ im Übrigen | |
entschuldigt, teilten die Berliner Bäder-Betriebe mit. | |
8 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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