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# taz.de -- Hamburg und das Holsten-Areal: Raus aus der Spekulationsspirale
> Nach dem Verkauf des Holsten-Areals fordern Inis und Mietervereine die
> Stadt auf, ihr Vorkaufsrecht zu ziehen. Nur so seien niedrige Mieten
> möglich.
Bild: Viel Platz für Städtebau in zentraler Lage: Holsten-Gelände
Es ist das vorläufige Ende einer Spekulationsspirale. Kürzlich hat ein
Investorenkonsortium das Grundstück der ehemaligen Holsten-Brauerei in
Hamburg-Altona gekauft – unter dem Einstandspreis. Die Hamburger
Mietervereine und verschiedene Initiativen fordern jetzt den Senat auf, das
8,6 Hektar große Areal zu kaufen. Damit lasse sich sicherstellen, dass die
städtebaulichen Ziele des Senats tatsächlich erreicht und günstige
Mietwohnungen gebaut werden.
Das Brauereigelände war 2016 an einen Investor veräußert worden. Der Senat
hatte damals auf sein Vorkaufsrecht verzichtet. Ziel war, dass Holsten
einen hohen Preis erzielen können würde – verbunden mit der Zusage, dass
die Brauerei bei einem Umzug auf Hamburger Staatsgebiet bleibe. In der
Folge wurde das Grundstück mehrfach weiterverkauft, wobei sich der Preis
vervielfachte – was eine wirtschaftliche Verwertung immer schwieriger
machte.
Am Ende [1][landete das Grundstück bei dem angeschlagenen Immobilienkonzern
Adler.] Dem hat es ein Konsortium aus den Hamburger Unternehmen Quantum und
HanseMerkur sowie dem kommunalen Wohnungsunternehmen Saga und der Hamburger
Sparkasse (Haspa) jetzt abgekauft.
Nach Angaben der dpa wollen die Konsortialpartner eine Milliarde Euro in
das Holsten-Areal investieren. Dabei soll ein Teil der historischen Bauten
der bis ins Jahr 1879 zurückreichenden Brauerei erhalten werden. Etwa die
Hälfte der neu geplanten Wohnungen sollen Sozialwohnungen werden oder
Appartements für Auszubildende oder Studenten.
## Keine Profite mit Boden und Miete
Der Mieterverein zu Hamburg und der Verein Mieter helfen Mieter verweisen
auf die von ihnen [2][unterstützten Volksinitiativen „Keine Profite mit
Boden und Miete“], mit denen sich der Senat 2022 geeinigt hatte. Demnach
sollen städtische Grundstücke nicht mehr verkauft, sondern nur noch im Wege
eines Erbbaurechts vergeben und jährlich 1.000 geförderte Wohnungen mit
100-jähriger Mietpreisbindung errichtet werden. Bei gefördertem Wohnraum
sind sonst Bindungen von bis zu 30 Jahren üblich.
Das Holsten-Areal eröffne die Chance, solche Wohnungen jetzt zu bauen,
finden die Mietervereine. „Hierfür braucht die Stadt das Erbbaurecht“, sagt
Paul-Hendrik Mann vom Mieterverein. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei die
logische Konsequenz davon.
„Wenn die Stadt wieder darauf verzichtet, verliert sie jede Möglichkeit,
die soziale Mischung im Quartier aktiv zu gestalten“, sagt Rolf Bosse, der
Vorsitzende des Mietervereins. Bei anderen [3][Projekten seien zunächst
vereinbarte Sozialbindungen umgangen] worden. Das dürfe sich beim
Holsten-Areal nicht wiederholen.
## Drohende Vergrämung der Mittelschicht
Marc Meyer von Mieter helfen Mietern findet, die Stadt trage die
Verantwortung dafür, dass in dem neuen Quartier mitten im Szenestadtteil
Altona auch im Jahre 2060 noch Menschen mit kleinen oder mittleren
Einkommen leben könnten. „Ohne die ewig gebundenen Wohnungen wird es in 30
Jahren dort keine Sozialwohnungen, sondern nur noch hochpreisiges Wohnen
geben“, warnt der Rechtsanwalt.
Auch die [4][Bürgerinitiative Holsten knallt am dollsten], die sich für
eine demokratische und gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung auf dem
Gelände einsetzt, unterstützt diese Forderungen. Nur so könne die Stadt
ihrem Anspruch einer gemeinwohlorientierten und sozialen Bodenpolitik
gerecht werden.
Aus Sicht der Finanzbehörde ist das überzogen: „Da die Stadt über die Saga
bereits maßgeblich in die städtebauliche Entwicklung des Holsten-Areals
eingebunden ist, würde die etwaige Ausübung eines Vorkaufsrechtes zum
Zwecke der Wahrung städtischer Interessen wenig sinnvoll erscheinen“, teilt
sie mit. Den Kaufvertrag werde der Landesbetrieb Immobilienmanagement und
Grundvermögen, wie in solchen Fällen üblich, prüfen, sobald er ihm
vorliege.
Die Saga selbst teilte mit, sie werde mit den anderen Projektbeteiligten
nun alles daran setzen, „die brachliegende Fläche nach vielen Jahren
endlich wieder aufleben zu lassen“. Dabei solle sie „einen wesentlichen
Anteil der öffentlich geförderten Wohnungen realisieren“.
Dass es zu einem Vertragsabschluss kam, bewertete Holsten knallt am
dollsten in einem ersten Statement als „Anlass zur Freude und vorsichtiger
Hoffnung“. Damit sei „eine unsägliche Hängepartie zu Ende gegangen“.
Die Bürgerinitiative forderte, die Absichtserklärung öffentlich zu machen,
die der Senat im Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft mit den
Vertragspartnern unterzeichnet hat. Im Zuge des Verkaufs an Adler hatte der
[5][Bezirk Altona mit dem Investor einen städtebaulichen Vertrag
geschlossen].
## Hoffnung aufs soziale Areal
In dem hatte die Stadt einen Anteil an Sozialwohnungen, mietpreisgebundenen
Wohnungen, Baugemeinschaften und öffentlicher Infrastruktur wie einem
Kindergarten festgeschrieben. Der Bürgerinitiative war die Bebauung zu
dicht, das Grün zu wenig und die Mieten insgesamt zu hoch.
Mit dem neuen Verkauf erwartet die Initiative, die Debatte über die
Gestaltung des Viertels neu eröffnen zu können. „Es ist der Beginn einer
neuen Etappe“, so die Hoffnung der Initiative. In der werde darüber
entschieden „ob auf dem Holsten-Areal ein wirklich soziales, inklusives,
diverses, klimaverträgliches und geschichtsbewusstes Quartier entstehen
wird – oder nicht“.
9 Nov 2025
## LINKS
[1] /Immobilienkonzern-droht-Insolvenz/!5927634
[2] /Kampf-gegen-hohe-Mieten/!5888918
[3] /Bauprojekte-in-Hamburg/!6068961
[4] https://www.knallt-am-dollsten.de/2025/11/abgang-von-adler-hoffnung-fuer-ho…
[5] /Grundstueck-Deals-in-Hamburg-Altona/!5817163
## AUTOREN
Gernot Knödler
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