| # taz.de -- Ethik-Empfehlung der Unesco: Wenn der Chip im Gehirn hilft | |
| > Gehirn-Computer-Schnittstellen können Patienten etwa mit Schlaganfall | |
| > helfen. Für ihren Einsatz hat die Unesco nun eine Empfehlung beschlossen. | |
| Bild: Eine Testperson steuert über das Berliner Brain Computer Interface einen… | |
| Ein Patient mit ALS, einer unheilbaren Erkrankung des motorischen | |
| Nervensystems, die nach und nach den kompletten Körper lähmt, bekommt ein | |
| Implantat in sein Gehirn. Die Krankheit ist bei ihm bereits so weit | |
| fortgeschritten, dass er nicht mehr sprechen kann. Doch mit dem Implantat, | |
| das verbunden ist mit einem Computer, kann er sich wieder mitteilen und via | |
| bewusst gesteuerten Gedanken Buchstaben tippen. | |
| Es ist der jüngste bekannt gewordene Fall, in dem ein schwer kranker Mensch | |
| durch so eine [1][Gehirn-Computer-Schnittstelle] eine Verbesserung seiner | |
| Lebensqualität erzielen konnte. Hinter der Entwicklung steht Elon Musks | |
| Firma Neuralink, was schon vermuten lässt, dass es hier am Ende nicht | |
| primär um Menschlichkeit geht. | |
| Doch Neuralink ist nicht alleine: Wissenschaftler:innen forschen schon | |
| seit Jahren zu Gehirn-Computer-Schnittstellen und sehen [2][viele | |
| Einsatzzwecke]: So können zum Beispiel Patient:innen mit Schlaganfall, | |
| die danach nicht wieder sprechen gelernt haben, mittels der Schnittstelle | |
| mit anderen kommunizieren. Bislang zwar langsamer als im üblichen | |
| Sprechtempo, aber immerhin ist eine Kommunikation möglich. | |
| Um Forschung und kommerzielle Zwecke solcher Entwicklungen auf eine | |
| ethische Basis zu stellen, hat nun die Unesco eine umfassende | |
| [3][Empfehlung] beschlossen. Werte wie Nachhaltigkeit stehen dort etwa | |
| drin, das Vermeiden von Diskriminierung, die Forderung nach Schutz vor | |
| Missbrauch und dem unbefugten Zugriff auf durch Neurotechnologie gewonnene | |
| Daten, und dass Menschen immer frei und informiert darüber entscheiden | |
| können sollen, ob sie sich daran beteiligen. | |
| ## Technologie darf nicht zur Einflussnahme verwendet werden | |
| „Wenn die Technologie richtig eingesetzt wird, bietet sie vielen Patienten | |
| eine echte Verbesserung ihrer Lebensqualität“, sagt Lutz Möller, | |
| stellvertretender Generalsekretär der deutschen Unesco-Kommission. Die am | |
| Mittwoch verabschiedete Ethikempfehlung soll sowohl Öffentlichkeit für das | |
| Thema schaffen als auch den Regierungen als Basis für | |
| Gesetzgebungsverfahren, Förderprojekte oder Forschungsvorhaben dienen. | |
| Manche Textpassagen werfen einen düsteren Blick in die Zukunft: | |
| Neurotechnologie dürfe niemals dazu verwendet werden, „Einfluss oder | |
| Manipulation auszuüben“, heißt es an einer Stelle. „Wir haben die | |
| Empfehlungen mit der Perspektive entworfen, dass sie auch in 5 Jahren noch | |
| Bestand haben“, sagt Möller. | |
| Als Beispiel nennt er [4][Neurogaming]: Computerspiele, bei denen via | |
| Neurotechnologie direkt das Dopaminzentrum des Gehirns aktiviert werden | |
| könnte, sofortiger Suchtfaktor inklusive. Oder EEG-Headsets, die zur | |
| Steigerung von Leistung oder mentalen Wohlbefindens dienen könnten. Doch | |
| dürfe es nicht dahin kommen, dass die Nutzung etwa von einem Arbeitgeber | |
| vorgeschrieben werde. | |
| Möllers nächster Schritt und auch der anderer lokaler | |
| Unesco-Repräsentant:innen wird nun sein, mit den Empfehlungen auf die | |
| jeweiligen Regierungen zuzugehen. | |
| 7 Nov 2025 | |
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| [1] /Neuropsychologin-ueber-Gehirne-und-Computer/!5941275 | |
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| [3] https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000394861 | |
| [4] /Unterhaltungsindustrie/!6110071 | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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