| # taz.de -- Deutsche Bewerbungen für Olympia: Nur einer kann gewinnen | |
| > Berlin, München, Hamburg und Rhein-Ruhr wollen sich für die Olympischen | |
| > Sommerspiele bewerben. Und jetzt? Ein Zehnkampf. | |
| Bild: Die Städte Berlin, München, Hamburg oder die Region Rhein-Ruhr? Das ist… | |
| Man kann es sportlich sehen. Das passt ja zu Olympia. Am Ende kann es nur | |
| einen Sieger geben. [1][Für Deutschland ins Rennen gehen München, Berlin, | |
| Hamburg und die Region Rhein-Ruhr]. Wer gewinnt, hat das Recht, sich beim | |
| IOC für die Austragung Olympischer Sommerspiele zu bewerben. Das | |
| Internationale Olympische Komitee hat die Spiele 2028 nach Los Angeles | |
| vergeben, 2032 wird der Olympiazirkus im australischen Brisbane Station | |
| machen. | |
| Wie es weitergeht, ist noch offen. Deutschland möchte ins Rennen um die | |
| Spiele 2036, 2040 oder 2044 einsteigen. Der unter dem Dach des Deutschen | |
| Olympischen Sportbundes (DOSB) organisierte Sport ist dafür, die | |
| Regierungsparteien im Bund haben in ihrem Koalitionsvertrag die | |
| Unterstützung einer deutschen Bewerbung zugesagt. Auch die in den | |
| Bewerberregionen Regierenden sind im Olympiafieber. | |
| Ob auch die [2][Menschen in den Bewerberstädten vom Olympiavirus infiziert | |
| sind], wird am 26. Oktober in München ausgetestet. Da soll die | |
| wahlberechtigte Bevölkerung in einem Bürgerentscheid diese Frage mit Ja | |
| oder Nein beantworten: „Sind Sie dafür, dass sich die Landeshauptstadt | |
| München um Olympische und Paralympische Sommerspiele bewirbt, die entweder | |
| im Jahr 2036, 2040 oder 2044 stattfinden?“ | |
| Die Wahlunterlagen sind verschickt, und nicht wenige haben sich über das | |
| inhaltsarme Werbeblättchen gewundert, das dem | |
| Wahlbenachrichtigungsschreiben beilag. Darin wird unverhohlen unter dem | |
| München-Befürworterslogan „OlympiJa“ für die Spiele geworben. „Finanzi… | |
| aus dem privaten Sektor“, steht da zum Beispiel, ohne dass das weiter | |
| erläutert wird. Dann wird schon alles gut sein, sollen sich die Wählenden | |
| wohl denken. | |
| Informationen der Olympiagegner liegen dem Wahlbrief nicht bei. So sei das | |
| eben bei einem von der Stadt initiierten Ratsbegehren, heißt es aus dem | |
| Referat für Bildung und Sport der Stadt. Der unterscheide sich von einem | |
| Bürgerbegehren. Eigentlich geht es nur darum, die ausdrückliche Zustimmung | |
| der Bürgerinnen und Bürger für einen bereits erfolgten Beschluss des | |
| Stadtrats zu erhalten. | |
| Ob das klappt? Der bei den Grünen in München für Sport zuständige | |
| [3][Stadtrat Beppo Brem] kann die Stimmung nicht so recht einschätzen. Der | |
| Sportfan und nimmermüde Werber für Olympia in München befürchtet, dass die | |
| Leute in München des stetigen Wachstums in der Stadt müde sein könnten. | |
| Brem gehörte zum Organisationsteam der European Championships, die 2022 in | |
| München stattgefunden haben. Europameisterschaften im Radsport, Turnen, | |
| Triathlon, der Leichtathletik, im Rudern, Beachvolleyball und Sportklettern | |
| waren zu einem Riesenevent zusammengeschraubt worden. In der Stadt ist das | |
| von Konzerten lokaler Bands im Olympiapark begleitete Event wie ein kleines | |
| Sommermärchen gefeiert worden und hat umgehend Olympiafantasien befeuert. | |
| Die mündeten nun in die Olympiapläne, die im Sommer von Oberbürgermeister | |
| Dieter Reiter und dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder | |
| vorgestellt worden sind. | |
| ## Nicht mehr als eine Ideensammlung | |
| Mehr als eine Ideensammlung konnte das schnell zusammengeschusterte Konzept | |
| nicht sein. Ein Olympiastadion gibt es ja seit den Spielen 1972, eine | |
| Olympiahalle auch, im Park gibt es jede Menge Platz für Stahlrohrtribünen, | |
| Schwimmen könnte man in der Multifunktionsarena, die vielleicht bei | |
| Freising entstehen wird, ein neues Tennisstadion wird gerade mit jeder | |
| Menge Steuergeld von Land und Bund gebaut, die Berge sind nicht weit und | |
| bieten sich für Radrennen an, und damit alle den schönen Starnberger See | |
| mal bestaunen können, könnte man da ja die Freiwasserschwimmer zu Wasser | |
| lassen. | |
| Ob das alles beim IOC und den Sportfachverbänden, die ja auch immer ihre | |
| ganz eigenen Wünsche haben, durchgehen würde, ist alles andere als gewiss. | |
| Die Münchner stimmen also über Spiele ab, von denen heute niemand sagen | |
| kann, wie sie genau aussehen würden, was es kosten würde und wie es | |
| finanziert werden könnte. | |
| Auch die Pläne der anderen Bewerber sind erst mal nicht viel mehr als | |
| Ideensammlungen. Das Wort „nachhaltig“ darf darin natürlich nicht fehlen. | |
| Und alle behaupten, dass eigentlich kaum etwas neu gebaut werden muss für | |
| das Event. In Hamburg soll zwar ein neues Stadion gebaut werden, aber das | |
| fließt nicht in die Olympiarechnung mit ein. Es werde eh ein neues Stadion | |
| gebaut, das könne man dann ja zu den Spielen als Leichtathletikarena | |
| nutzen, und damit sich der Hamburger SV, für den das Stadion gedacht ist, | |
| nicht über die stimmungstötende Laufbahn ärgern muss, könnte die dann ja | |
| wieder entfernt werden. In Köln ist gar ein Olympiastadion angedacht, das | |
| später zu städtischem Wohnraum umgebaut wird. Das Spielfeld würde dann zur | |
| Grünanlage. | |
| Das Zauberwort in allen Bewerbungen lautet „temporär“. Arenen werden nicht | |
| für die Zukunft errichtet, sondern nur für die Zeit der Spiele. | |
| BMX-Artisten sollen vor Stahlrohrtribünen fahren. Beachvolleyballer werden | |
| in Einwegstadien vor historischen Kulissen, in München auf der | |
| Theresienwiese und Berlin vor dem Brandenburger Tor, auf den Sand | |
| geschickt. Temporär soll auch auf Schalke die Arena zum Schwimmstadion | |
| werden. Und wenn es sich anbietet, dann weitet sich die Olympiaregion eben. | |
| Berlin hat gleich fünf weitere Bundesländer in seine Bewerbung aufgenommen. | |
| So soll etwa in Leipzig gefochten werden, am Beetzsee in Brandenburg | |
| gerudert und gepaddelt, in Aachen geritten und in Kiel oder Warnemünde | |
| gesegelt werden. | |
| Berlin geht deshalb als „Berlin+“ ins Rennen. Die Bewerbung der Region | |
| Rhein-Ruhr ist eh flächig angelegt. Vom traditionellen Pferdesportmekka | |
| Aachen bis zum Mountainbikerevier in Recklinghausen ist man mit dem Zug | |
| knappe zweieinhalb Stunden unterwegs. | |
| Die meisten Sportstätten sollen sich in der Nähe eines zentralen | |
| Olympischen Dorfs befinden. Dieses One-Village-Konzept sei vom IOC | |
| gewünscht, hat der DOSB den Bewerbern mitgeteilt. Eine ältere Idee des | |
| Verbands, sich mit den besten Sportstätten aus ganz Deutschland zu | |
| bewerben, ist deshalb schon länger vom Tisch. Nun gibt es also das Rennen | |
| der vier Bewerber. Wie es genau entschieden wird, ist ungewiss. Zunächst | |
| hieß es, der DOSB wolle die Bewerbungen bewerten und die beste dann als | |
| Kandidat beim IOC in den Wettbewerb schicken. Bei einer außerordentlichen | |
| Mitgliederversammlung, die im September 2026 geplant ist, hätten die im | |
| DOSB organisierten Fachverbände die ausgewählte Bewerbung dann nur noch | |
| durchwinken können. | |
| ## Ein teurer Wahlkampf droht | |
| Nun heißt es, die besten Konzepte sollen zur Abstimmung gestellt werden. Es | |
| deutet also einiges auf eine Kampfabstimmung hin. Ein teurer Wahlkampf | |
| droht. Aus Senatsunterlagen in Hamburg lässt sich ablesen, dass für das | |
| laufende und das kommende Jahr mit knapp 18 Millionen Euro Ausgaben für das | |
| Bewerberrennen gerechnet wird. Der Bürgerentscheid in München kostet | |
| inklusive Werbemaßnahme allein schon 6 Millionen Euro. | |
| Sollten die Leute in München mit Ja stimmen, geht das Geldausgeben erst | |
| richtig los. In Berlin wird man sich schnell fragen, ob die eingeplanten 6 | |
| Millionen Euro Bewerbungskosten reichen werden. Aus NRW gibt es keine | |
| genauen Zahlen, aber in einem mit 27 Millionen Euro gefüllten Etatposten, | |
| der eigentlich für Sportstättenbau gedacht ist, findet sich auch der Punkt | |
| „Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bewerbung um die Ausrichtung Olympischer | |
| und Paralympischer Spiele in Nordrhein-Westfalen“. Wie heißt es noch mal in | |
| dem Flyer, der den Wahlbriefen in München beiliegt? „Finanzierung aus dem | |
| privaten Sektor.“ | |
| Es wird also jede Menge Steuergeld verbrannt, bis feststeht, wer für | |
| Deutschland beim IOC ins Rennen geht. Wie die Olympier entscheiden, das | |
| weiß auch keiner so ganz genau. Statt Abstimmungen in der Vollversammlung | |
| entscheiden nun Fachgremien. Wirklich transparent ist das nicht. Nicht | |
| einmal Bewerberbürgermeister Dieter Reiter weiß es: „Ich weiß auch gar | |
| nicht, ob es ein Punktesystem gibt oder ob da die Hand gehoben wird. Ich | |
| bin überzeugter Demokrat und hoffe, dass es demokratisch zugeht.“ | |
| Ob Deutschland wirklich eine Chance hat? Indien soll Interesse an den | |
| Spielen haben, auch Katar, Saudi-Arabien sowieso. Es bleibt spannend. Wie | |
| es sich gehört im Sport. | |
| 1. Betonfaktor | |
| Wenn Berlin seinen deutschen Mitbewerbern etwas voraus hat, dann ein | |
| einsatzbereites Olympiastadion. Auch sonst gibt’s für die Baumafia (SPD) | |
| wenig zu lachen: große Arenen für Basketball und Volleyball, die Messe für | |
| Turnen oder Gewichtheben, das Tennisstadion in Grunewald oder die als | |
| Hockeystadion gedachte Alte Försterei – 90 Prozent der Sportstätten stehen | |
| bereits. Hinzu sollen vor allem temporäre Anlagen kommen, etwa für | |
| Beachvolleyball am Brandenburger Tor. | |
| Hamburgs Konzept, die super-nachhaltigsten Spiele aller Zeiten auf die | |
| Beine zu stellen, ist so einfach wie brilliant: Es gibt zwar kein | |
| Olympiastadion und für Olympia wird auch keines gebaut – trotzdem wird es | |
| eines geben. Denn praktischerweise haben die HSV-Fußballer kürzlich | |
| gemerkt, dass ihr gar noch nicht so altes Volksparkstadion sicher bald | |
| einsturzgefährdet sein wird und also ein neues Stadion nebenan unumgänglich | |
| ist. Und das alte Volksparkstadion? Wird für die Schwimmwettbewerbe | |
| genutzt. | |
| München: Ein Olympiastadion steht, eine Olympiahalle auch und die | |
| Regattastrecke von 1972 für die Ruderer kann man noch benutzen. Das | |
| Velodrom von 1972 hat man abgerissen, die Olympiaschwimmhalle ist zu klein | |
| für heutige Ansprüche. Da muss irgendwas Temporäres her. Praktisch ist | |
| auch, dass gerade ein neues Tennisstadion gebaut wird. Und vielleicht wird | |
| endlich das 60ger Stadion modernisiert. Da soll dann Rugby gespielt werden. | |
| Auch nicht viel anders als Drittligafußball. | |
| Rhein-Ruhr: Ein temporäres Olympiastadion, das nach den Wettkämpfen zu | |
| einem Wohngebäude mit Park wird – so etwas hat es noch nie gegeben. Sonst | |
| gibt es genug Sportstätten in NRW. Aber wie soll man bloß mit öffentlichen | |
| Verkehrsmitteln vom Schwimmen in Gelsenkirchen zum Golfkurs nach Pulheim | |
| kommen, ohne sich dabei schwarz zu ärgern? Da muss doch noch einiges gebaut | |
| werden. | |
| 2. Provinzhilfe | |
| Berlin ist selbst eine Aneinanderreihung von Dörfern, sodass es externe | |
| eigentlich gar nicht braucht. Dennoch will man sich mit der | |
| „Berlin+“-Bewerbung die Spiele teilen mit Leipzig, Aachen, Kiel oder | |
| Warnemünde und der vollendeten Provinz Brandenburgs. In Frankfurt (Oder) | |
| soll geschossen werden. Hoffentlich nicht auf Polen. | |
| Es wird das Spiel der kurzen Wege, verspricht Hamburgs Olympia-Bewerbung. | |
| Im Umkreis von nur sieben Kilometern befinden sich die meisten | |
| Wettkampfstätten – den Weg vom olympischen Dorf dorthin können die meisten | |
| Sportler:innen zum lockeren Aufwärmen nutzen. Für die wenigen übrigen | |
| Olympionik:innen gilt: Kiel zum Segeln ist doch auch schön! Und auch | |
| Suhl zum Schießen, hmm, wo ist das eigentlich? | |
| München: Zum Freiwasserschwimmen soll es an den Starnberger See gehen. Zum | |
| Moutainbiken nach Bad Wiessee am Tegernsee. Das ist schön und ermöglicht | |
| auch einen Blick auf den nichtolympischen Motosport. So viele Sportwagen | |
| wie in Starnberg und am Tegernseee sieht man sonst nirgends in Deutschland. | |
| Rhein-Ruhr: Markkleeberg nennt sich selbst zwar Große Kreisstadt, ist aber | |
| mit seinen 25.000 Einwohnern von NRW aus betrachtet nichts weiter als ein | |
| kleines Kaff irgendwo in Sachsen. Dort sollen die Wildwasserkanuten um | |
| Medaillen paddeln. Der ortsnahe Hafen am Cospudener See soll auch ganz | |
| niedlich sein. | |
| 3. Riefenstahl-Faktor | |
| 100 Jahre nach den Berliner Hitler-Spielen die Wiederholung an selber | |
| Stelle – im neuen AfD-Deutschland: Was für eine Geschichte. Könnte man fast | |
| einen Film drüber machen. | |
| Gegen historischen Größenwahn ist das backsteinrote Hamburg selbstredend | |
| immun. | |
| München: In der Hauptstadt der Bewegung schaut man nur auf das Schöne in | |
| der Vergangenheit. Von Olympia 1972 wird besonders gerne geschwärmt. Das | |
| Attentat palästinensischer Terroristen, bei dem elf Mitglieder des | |
| israelischen Olympiateams getötet wurden, wird in den Werbebroschüren für | |
| die Spiele natürlich nicht erwähnt. | |
| Rhein-Ruhr: Carl Diem war nach dem Krieg das wissenschaftliche Gesicht der | |
| Sporthochschule in Köln. Dass er zuvor unter den Nazis eine Art | |
| Multifuktionär des Sports war, hat lange niemanden gestört. Diem gilt als | |
| Mitinitiator des olympischen Fackellaufs, der 1936 seine Premiere hatte. | |
| Die Carl-Diem-Straßen im Land wurden großteils umbenannt. In | |
| Mönchengladbach gibt es noch eine. Da soll das olympische Hockeyturnier | |
| stattfinden. | |
| 4. Olympisches Dorf | |
| Zwischen der Berliner Messe und Olympiagelände soll das olympische Dorf | |
| entstehen, geplant von einer landeseigenen Gesellschaft und nachgenutzt als | |
| bezahlbarer Wohnraum für 2.500 Haushalte. Klingt zu gut, um Berlins | |
| Stadtentwicklungspolitik zu sein. | |
| Was könnte den olympischen Wahlspruch „Schneller, höher, weiter“ besser | |
| untermauern als Hamburgs Idee, das Olympische Dorf auf dem Forschungscampus | |
| des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) mit seinen unterirdischen | |
| Teilchenbeschleuniger unterzubringen? | |
| Im teuren München muss man für jede Wohnung dankbar sein, die gebaut wird. | |
| Auch wenn sie in Daglfing entsteht, wo die Athletenunterkünfte geplant | |
| sind. Aber könnte man nicht auch bauen, ohne sich gleich Olympische Spiele | |
| ans Bein zu binden? Falsche Frage. | |
| Rhein-Ruhr: Das olympische Dorf könnte in Köln stehen oder in Essen. So | |
| genau weiß man das noch nicht. Schon bei der gescheiterten Olympiabewerbung | |
| für die Spiele 2032 hat man sich überlegt, wo man in Essen die Athleten | |
| unterbringen könnte. „Auf einer Deckelung der A40“ war die Idee. Essens | |
| Wahrzeichen einfach verschwinden lassen? Dann vielleicht lieber im | |
| Plattenbauidyll Chorweiler. Da wollen die Kölner die Athletinnenunterkünfte | |
| bauen. | |
| 5. Urlaubsfaktor | |
| Inzwischen war ja schon jeder mal in Berlin, die Touristenzahlen sinken. | |
| Wenn sie denn aber kommen wollen, wird es an Hotels und illegalen Airbnbs | |
| nicht fehlen; selbst einen Flughafen gibt’s. Um innerhalb der Stadt von | |
| Köpenick nach Spandau zu kommen, heißt es im Bewerbungs-Blabla: „Wir | |
| stärken Radwege, ÖPNV und Fußverkehr als Umweltverbund“ (lautes Lachen bei | |
| der Berliner CDU). | |
| Hamburg: Hafenkräne, Alster, Elphi – auch abseits des Sports hat das „Tor | |
| zur Welt“ natürlich feinsten hanseatischen Flair zu bieten. Und dank des | |
| Zugangs zu den Weltmeeren einen unschlagbaren Anreise-, Übernachtungs- und | |
| Abreisevorteil: genügend Anleger für Kreuzfahrtschiffe an der Elbe. | |
| München: Chanel auf der Maximilianstraße, Flaschenbier an der Isar und bei | |
| Föhn kann man die Berge sehen | |
| Nirgendwo gibt es so viele Autobahnen auf engsten Raum wie an Rhein und | |
| Ruhr – und jeden Tag Staus, wie man sie andernorts nur von | |
| Sommerferienanfang kennt. Da müssen einfach Urlaubsgefühle aufkommen. | |
| 6. Gastfreundschaft | |
| Berlin: Mach’n Abjang, Flitzpiepe! | |
| Wie kommt die hanseatische Distanziertheit bei den Gästen an? Man weiß es | |
| nicht – und den stolzen Hamburger:innen ist das im Zweifel auch egal. | |
| München: 3.000 Euro haben zwei Nächte in einem handeslüblichen | |
| Mittelklassehotel an einer hässlichen Ausfallstraße am Wochenende des | |
| Champions-League-Finales in diesem Jahr gekostet. Man war dort sicher | |
| freundlich zu den Gästen. | |
| Im Ruhrgebiet sind die Leute froh, wenn überhaupt mal jemand vorbeikommt. | |
| Im Rheinland herrscht sowieso Frohsinn. Besser geht’s nun wirklich nicht. | |
| 7. Sportsgeist | |
| Berlins Sonderstellung war lange Zeit, die einzige Hauptstadt ohne | |
| Fußball-Erstligist zu sein. Wiederholung nicht ausgeschlossen. Auch sonst | |
| hat die Sportmetropole zu kämpfen: Noch weniger Fans als Zweitligist Hertha | |
| bringt nur die Leichtathletik-Veranstaltung Istaf ins Olympiastadion. Die | |
| letzte Berliner Sportlegende, Franziska van Almsick, ist inzwischen schon | |
| Gegenstand historischer Podcasts. Erfolgreich ist zumindest Ostberlin im | |
| Eishockey – 4 Titel in 5 Jahren. Vielleicht lieber für die Winterspiele | |
| bewerben? | |
| Was ist das Wichtigste, das man im Sport lernen kann? Mit Niederlagen | |
| umgehen zu können, daraus zu lernen – und einen neuen Versuch zu wagen. | |
| Hamburgs olympiabegeisterter rot-grüner Senat ist darin ein Vorbild: 2015 | |
| musste er eine krachende Niederlage beim Referendum für eine | |
| Olympiabewerbung hinnehmen. Doch liegen bleiben ist keine Option, | |
| stattdessen: Wieder aufstehen, aus den Fehlern lernen – und einen neuen | |
| Versuch wagen! | |
| Klar, der FC Bayern kommt aus München. Der spielt weitgehend ohne Münchner | |
| und Münchnerinnen. Die surfen am Eisbach oder stellen sich im Winter in den | |
| Stau, um vielleicht noch vor Schließung der Lifte auf der Piste zu sein. | |
| Wer schon mal gesehen hat, wie schnell die Leute nach Öffnung der Bierzelte | |
| auf dem Oktoberfest an den Tischen sind, muss glauben, Bayern sei eine | |
| Sprinternation. Schon schnell. | |
| Rhein und Ruhr: In Köln gibt es die einzige Universität, die sich | |
| ausschließlich mit den Themen Sport und Bewegung befasst. Und in Aachen | |
| eine Pferdesportveranstaltung, die alle kennen, die schon mal ein Pferd | |
| gestriegelt haben. Die wird von Michael Mronz organisiert. Der ist seit | |
| 2023 Mitglied des IOC. | |
| 8. Public Relations | |
| „Berlin+ A Celebration of Unity“ lautet das Motto der Berliner | |
| Bewerbungskampagne im ödesten Sportchinesisch. Das + steht dabei für | |
| Sachsen und Co (siehe Provinzhilfe). Trostlos. Passt aber zu einem Senat, | |
| der kein einziges politisches Projekt verfolgt, die Stadt in die | |
| Provinzialität spart und die eigene Kleingeistigkeit hinterm Licht von | |
| Großveranstaltungen verbergen will. | |
| „Jeder sagt ‚digga‘ heutzutage; wir packen Hamburg wieder auf die Karte�… | |
| rappten Gzuz und die Beginner – und da sprechen sie einem Teil der | |
| Hamburger:innen aus dem Herzen: Tor zur Welt, hallo! Diese weite Welt | |
| soll sich gefälligst beeindrucken lassen von der Schönheit der Hansestadt. | |
| Das saufende Umland aus Bargteheide, Pinneberg und Winsen kommt ja schon | |
| genug reingefahren. Das wird auf Dauer zu provinziell, wissen auch Hamburgs | |
| Tourismusmanager:innen. | |
| München hat das Hofbräuhaus, den FC Bayern und das Oktoberfest. Es braucht | |
| endlich ein Stadtmarketing ohne Bier und Trachtenverein. Aber ist das | |
| überhaupt möglich? Rodelolympiasieger Felix Loch hat neulich die original | |
| OlympiJa-Tracht eines renommierten Lederhosenschneiders präsentiert. Oh je. | |
| Rhein und Ruhr: Kein Bundesland steht so sehr für Not und Elend wie | |
| Nordrhein-Westfalen. In Duisburg-Marxloh geben sich Elendsreporter die | |
| Klinke in die Hand, nach Recklinghausen-Süd traut sich kaum jemand. Hier | |
| kann PR noch wirklich etwas bewegen. Ob das mit dem Bewerbermotto „The | |
| Powerhouse of True Sports“ wohl klappt? | |
| 9. Protestbereitschaft | |
| Straßenschlachten, Sabotageaktionen und ein Aufklärungsschreiben über die | |
| Militanzbereitschaft an die Mitglieder des IOC – Anfang der 1990er zeigte | |
| sich der aktivistische Teil Berlins von seiner besten Seite, um die Spiele | |
| 2000 zu verhindern. Doch von den Autonomen ist nichts mehr übrig, bislang | |
| bewegt Olympia niemanden, außer den Landessportbund, der eine | |
| Volksinitiative für die Spiele gestartet hat. Sicherheitshalber verzichtet | |
| der Senat darauf, das Volk zu befragen. | |
| Keine Sorge, im Mai 2026 wird es in Hamburg ein Referendum geben, um die | |
| Bewerbung demokratisch zu legitimieren. Außerdem gilt für Olympia, was für | |
| Olaf Scholz auch vor dem G20-Gipfel vor acht Jahren galt: „Wir richten ja | |
| auch jährlich den Hafengeburtstag aus.“ Dank eines durchdachten und Protest | |
| unterdrückenden Sicherheitskonzepts werden sich manche Hamburger:innen | |
| am Tag danach wundern, dass Olympia schon vorbei ist. | |
| Die Münchner haben schon mal eine Olympiabewerbung niedergestimmt. Die | |
| Winterspiele 2018 fanden dann in Pyeongchang statt. Sonst hält sich die | |
| Protestbereitschaft in Grenzen. Nicht mal bei einem Preis von 15 Euro für | |
| die Mass auf dem Oktoberfest bricht eine Revolution aus. | |
| Eigentlich dachte man, mit den Menschen im Ruhrgebiet kann man alles | |
| machen, am Ende wählen sie doch SPD. Jetzt ist Alexander Kalouti von der | |
| CDU zum Oberbürgermeister von Dortmund gewählt worden. Macht sich da gerade | |
| eine revolutionäre Stimmung breit? | |
| 10. Maskottchen | |
| Berlin: Ne Curry uf zwee Beenen. | |
| Hamburg: Ein in die fünf olympischen Ringe eingewickeltes Fischbrötchen. | |
| In München kann man nicht nur Sportstätten von 1972 wiederverwenden, auch | |
| das Maskottchen. Was er nicht süß, der Dackel Waldi? | |
| Die World University Games, die in diesem Sommer an Rhein und Ruhr | |
| stattgefunden haben, hatten einen Falken als Maskottchen. Wanda hieß das | |
| Viech. Schon vergessen? Gar nicht mitgekriegt? Dann kann man ihn doch | |
| einfach für Olympia recyclen. | |
| 15 Oct 2025 | |
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