| # taz.de -- Drohnenangriff auf Polen: Wenn Studierende sich über einen Fluchtr… | |
| > Während in Polen Drohnen einschlagen, rüsten sich manche schon für den | |
| > Ernstfall. Im Gepäck: Campinggeschirr, Wasserfilter und ein Kurbelradio. | |
| Bild: Für den Notfall gerüstet,. Seit dem Drohnenangriff auf Polen ein Thema … | |
| „Meinen Notfallrucksack habe ich immer dabei, auch hier in der Uni“, sagt | |
| der litauische Austauschstudent Linas zu seinen polnischen Kommilitonen. | |
| Die Mensa der Warschauer Wirtschaftshochschule SGH ist ein beliebter | |
| Treffpunkt. Tische und Stühle stehen nicht in Reih und Glied, sondern | |
| durcheinander wie in einem Bistro, zudem gibt es eine Terrasse und einen | |
| gepflegten Garten mit großen alten Bäumen. „[1][Man weiß nie, wann der | |
| Krieg ausbricht]. Das kann in einem Jahr sein, in einem Monat oder schon | |
| morgen“, ist Linas überzeugt. | |
| Die 22-jährige Dorota zieht aus ihrer knallgelben Umhängetasche ein | |
| zerfleddertes DIN-A4-Heft. „Sicherheitsratgeber“ steht darauf und die | |
| Abkürzung MSWiA für das polnische Innenministerium. | |
| „Seit [2][dem russischen Drohnenangriff auf Polen] vor ein paar Tagen denke | |
| ich Tag und Nacht darüber nach, was ich selbst tun kann. Denn selbst wenn | |
| unsere Soldaten oder die der Nato sofort zurückschießen, kann es doch sein, | |
| dass auch wir hier bald einen Krieg haben wie in der Ukraine. Und dann?“ | |
| Sie schlägt den Ratgeber auf: „Ich will auch einen Fluchtrucksack packen, | |
| aber doch nicht so ein großes Ding wie du, Linas. Das kann man ja kaum | |
| schleppen!“ | |
| Linas hievt den großen olivgrünen Rucksack auf einen Stuhl und beginnt ihn | |
| auszupacken. „Das Wichtigste ist“, sagt der gut trainierte 24-Jährige, | |
| „dass man genau weiß, wo was ist. Es macht keinen Sinn, wenn man ewig | |
| suchen muss, wo jetzt das Handtuch ist, das Messer oder die Schokolade.“ | |
| Von den anderen Tischen auf der Terrasse gucken ein paar neugierige | |
| Studierende herüber. „Darf ich mich dazustellen?“, fragt Alexander. „Hast | |
| du auch eine Waffe, also eine Pistole?“ | |
| Linas schüttelt den Kopf: „Ich habe keine Lust auf Probleme mit der | |
| polnischen Polizei“, sagt er. „Aber ich habe tatsächlich einen | |
| Waffenschein. In Litauen machen viele eine Sportschützenausbildung. Direkt | |
| nach dem Angriff Putins auf die Krim habe ich angefangen mit dem | |
| Schießtraining.“ | |
| Filip, der schon vorher mit Dorota und Linas zusammensaß, wird ungeduldig: | |
| „Jetzt pack schon aus!“ Nach und nach landen auf dem Tisch eine Isomatte, | |
| ein Schlafsack, eine wasserdichte Dokumentenmappe, Medikamente, | |
| Verbandszeug, ein leichter Wasserfilter, Campinggeschirr, ein | |
| Spirituskocher, zwei schnell trocknende Handtücher, Hygieneartikel und ein | |
| paar Klamotten. Außerdem Proviant für drei Tage und ein Beutel mit | |
| Elektronik. | |
| ## „Was ist das denn?“ | |
| Filip greift nach dem kleinen Kurbelradio: „Was ist das denn?“ Linas lacht: | |
| „Das ist ein Multifunktionsteil: Radio, Powerbank und Taschenlampe. Man | |
| kann Blinksignale senden und einen SOS-Alarmton auslösen. Sehr praktisch.“ | |
| Dorota ist begeistert: „Toll!“, und zückt ihr Handy: „Darf ich das | |
| fotografieren? Meine Eltern wollen sich auch so einen Rucksack | |
| zusammenstellen.“ | |
| Alexander hingegen nörgelt: „Das dauert ja ewig, bis ich alles gekauft | |
| habe. Die Rucksäcke kann man doch auch schon fertig gepackt kaufen. Ist das | |
| nicht besser und einfacher?“ | |
| Linas nickt: „Ja, klar. In Litauen kann man Fluchtgepäck inzwischen überall | |
| kaufen. Die besten, aber auch schwersten gibt es in Militarialäden, | |
| billigere im Internet oder in Sport- und Campingläden. Es gibt sogar | |
| spezielle Rücksäcke für Kinder.“ | |
| Filip stellt das Kurbelradio zurück auf den Tisch. „Und wenn du einen | |
| Bunker brauchst? Weißt du denn auch in Warschau, wo es sichere Schutzräume | |
| gibt? Vielleicht die Metro, so wie in der Ukraine?“ | |
| ## Die alten Bunker sind Ruinen | |
| Alexander unterbricht ihn: „Polen hat den Zivilschutz jahrzehntelang links | |
| liegen gelassen. Die alten Bunker aus der Zeit des Kalten Kriegs sind heute | |
| nur noch Ruinen. Neue wurden nicht gebaut. Am Anfang sollten die | |
| Metrostationen eine Bunkerfunktion bekommen, aber das war den Politikern | |
| dann doch zu teuer.“ | |
| Dorota steht auf: „Vielen Dank, Linas. Ich packe mir auch so einen | |
| Rucksack. Aber ich hoffe, dass wir noch mal verschont werden. Ich will | |
| keinen Krieg.“ | |
| 5 Oct 2025 | |
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| Gabriele Lesser | |
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