| # taz.de -- DGB-Studie zur Energiewende: Wasserstoff treibt Wirtschaft an | |
| > Sollte Niedersachsen auf grünen Wasserstoff setzen? Eine DGB-Studie geht | |
| > davon aus, dass der Arbeitsmarkt leidet, wenn das nicht passiert. | |
| Bild: H2-Ready, bereit für Wasserstoff-Nutzung: Rohrelement auf dem Baufeld �… | |
| Bremen taz | Niedersachsen – weites Land, ganz viel Wind, und eine Politik, | |
| die den Bau von Windparks an Land und auf See nicht gebremst, sondern | |
| gefördert hat: Eine Zeit lang wurde dem Land dank dieser Zutaten eine | |
| goldene Zukunft gemalt. Dort, wo es viel günstige Energie gibt, so die | |
| Überlegung, könnte sich Industrie ansiedeln, so wie einst im Ruhrgebiet. | |
| Einer der Zweige, auf den dabei viel Hoffnung gesetzt wurde: die Produktion | |
| und die Nutzung von grünem Wasserstoff, der als alternativer Energieträger | |
| helfen könnte, überflüssigen sauberen Strom länger nutzbar zu machen und | |
| als stoffliche Alternative zu Erdgas und Kohle auch der chemischen und der | |
| Stahlindustrie einen Ausweg aus ihrer treibhausgasintensiven Produktion | |
| weisen könnte. | |
| Doch zuletzt hat der Enthusiasmus deutlich abgenommen. Die Transformation | |
| des Bremer Stahlwerks zur Wasserstofftechnologie: abgesagt, trotz | |
| großzügiger staatlicher Förderzusagen. Der Bau eines großen Elektrolyseurs | |
| in Emden durch das norwegische Unternehmen Statkraft: zurück in die | |
| Prüfphase. Selbst für die Transformation des Stahlwerks Salzgitter, an dem | |
| das Land Niedersachsen beteiligt ist, wurden weitere | |
| Investitionsentscheidungen gerade um zwei bis drei Jahre verschoben. Es | |
| gibt zahlreiche weitere gebremste oder gestoppte Wasserstoffprojekte. | |
| Was dabei auf dem Spiel steht, versucht nun eine [1][Studie der | |
| Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung] im Auftrag des DGB | |
| Niedersachsen zu bewerten. Das Ergebnis: Doch, die Wasserstoffwirtschaft | |
| bleibt wichtig – gerade auch für das Nord-Flächenland. „Niedersachsen ste… | |
| mit Wasserstoff besser da“, betitelt der DGB seine Pressemitteilung zur | |
| Studie recht allgemein. Etwas konkreter wird es, wenn man sich die | |
| prognostizierten Arbeitsmarkteffekte anschaut: Rund 60.000 Arbeitsplätze | |
| stehen demnach bis 2040 für Niedersachsen auf dem Spiel. | |
| Insgesamt geht demnach die Zahl der Jobs in Niedersachsen in den nächsten | |
| 15 Jahren zurück, auch im positivsten Szenario um rund 100.000 auf dann | |
| 4.087.000; laut Studienautorin Anke Mönnig eine simple Folge der | |
| Demografie. Ohne Wasserstoff, so die Bilanz, wären es aber noch einmal | |
| 58.000 Arbeitsplätze weniger. | |
| Verglichen werden dabei zwei Extremszenarien. Das „Wasserstoffszenario“ | |
| geht davon aus, dass Deutschland (und mit ihm Niedersachsen) alle seine | |
| Wasserstoffziele erreicht – und sich sogar noch höhere setzt. Sehr | |
| wahrscheinlich ist das nicht, schließlich steht man heute erst bei einem | |
| Prozent des Zehn-Gigawatt-Ziels für 2030 – und während im vergangenen Jahr | |
| einige Projekte endlich final beschlossen wurden, legte man zahlreiche | |
| kleinere Wasserstoffvorhaben auf Eis. | |
| Das Vergleichsszenario der Studie ist eine Art De-Industrialisierung | |
| Niedersachsens: Emissionsreiche Betriebe verringern ihre Produktion oder | |
| wandern komplett ab. | |
| Dass ausgerechnet diese beiden Extreme für den Vergleich gewählt wurden, | |
| lässt sich erklären: Die Studie geht von der Annahme aus, dass Deutschland | |
| seine Klimazielverpflichtung erfüllt und wie im Grundgesetz verankert seine | |
| Emissionen bis 2045 auf null bringt. Und das funktioniert für bestimmte | |
| Industriezweige technisch nur durch die Nutzung von Wasserstoff – oder | |
| übers Abschalten. Eine dritte denkbare Alternative, die Einlagerung von | |
| Kohlenstoffdioxid, wird von der Studie für technisch (noch) nicht machbar | |
| erklärt und daher in der Analyse ausgeklammert. | |
| Ein Vergleich beider Was-wäre-wenn-Szenarien ist damit relevant. Das | |
| Ergebnis selbst aber bleibt in Teilen etwas unkonkret und wirft Fragen auf. | |
| Der grundsätzliche Befund, dass das Wasserstoffszenario für Niedersachsen | |
| attraktiver ist als ein Abwanderungsszenario, ist selbsterklärend. | |
| Angesichts der Radikalität der beiden unterschiedlichen Zukunftsprognosen | |
| verwundert es, dass der Unterschied zwischen beiden Varianten nicht noch | |
| größer ausfällt. | |
| ## Der Preis für die Transformation ist hoch | |
| Zumal klar ist: Der [2][Weg zum Wasserstoffausbau wird teuer.] Die Studie | |
| spricht für 2040 von 61 Milliarden Euro Investitionen „pro Jahr“ (gemeint | |
| ist vermutlich: kumuliert bis 2040); 15 Milliarden Euro davon entfallen auf | |
| Niedersachsen: Mehr als die Hälfte des prognostizierten Wasserstoffausbaus | |
| sollen hier stattfinden. Auch wenn der Ausbau erreicht würde, bliebe für | |
| den Erfolg einiges zu tun. Denn damit der Wasserstoff nicht nur produziert, | |
| sondern auch genützt würde, müsste sich der Preis ändern. | |
| Die Studie selbst stellt fest, dass diese Bedingung „voraussetzungsreich“ | |
| ist: Nach aktuellen Prognosen, auf die die Studie zurückgreift, ist selbst | |
| im Jahr 2040 fossile Energie noch [3][günstiger als das entsprechende | |
| Wasserstoffprodukt] – und das, obwohl die europäischen Emissionszertifikate | |
| fossile Energieträger bis dahin ja immer weiter verteuern. Mehr noch: Auch | |
| ausländischer Wasserstoff ist laut Prognosen, Transportkosten eingerechnet, | |
| dann noch günstiger als im Inland produzierter. | |
| ## Staatlicher Markt für Stahl aus grünem Wasserstoff | |
| Mehrdad Payandeh, Vorsitzender des DGB-Bezirks Niedersachsen-Bremen, | |
| fordert daher einen staatlichen Leitmarkt für Stahl aus grünem Wasserstoff, | |
| um zumindest die Nachfrage staatlich abzusichern. Andere Forderungen des | |
| DGB bleiben eher unspezifisch: Am Strompreis etwa müsse man drehen. | |
| Auch bei den Auswirkungen verspricht die Studie mehr, als sie halten kann. | |
| Ausgehend von der Bundesebene rechnet sie den Nutzen bis auf einzelne | |
| Branchen und Landkreise herunter. Warum ausgerechnet Emden als einer der | |
| wenigen Standorte, für die es konkrete Wasserstoffproduktionspläne im | |
| großen Maßstab gibt, laut Studie wenig Nutzen von der Wasserstoffzukunft zu | |
| erwarten habe, fragt ein Journalist. „Was in den einzelnen Landkreisen die | |
| Planung ist, wissen wir nicht“, so Mönnig. | |
| 23 Sep 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://niedersachsen.dgb.de/themen/++co++ec7ab240-9465-11f0-99f4-d1e065c3c… | |
| [2] /Produktion-von-gruenem-Wasserstoff/!6106477 | |
| [3] /Gruener-Wasserstoff/!6095644 | |
| ## AUTOREN | |
| Lotta Drügemöller | |
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