# taz.de -- Finanzierung für Werkhof-Rückkauf steht: Im Hinterhof kämpfen di… | |
> Investoren haben einen Werkhofs in der Hamburger Bernstorffstraße 117 | |
> gekauft und die Mieten erhöht. Die Mieter versuchen, den Hof | |
> zurückzukaufen. | |
Bild: Bernie soll leben, fordern die Hofnutzer | |
Hamburg taz | Der Werkhofsprecher Ralf Gauger ist doppelt stolz: einerseits | |
darauf, dass er nach etlichen Wochen harter Arbeit endlich Vollzug melden | |
kann. Andererseits über die Liste prominenter Namen, die Unterstützung für | |
sein Projekt „Viva la Bernie“ zugesagt haben: „130 private Kreditgeber | |
unterstützen uns, darunter so bekannte Leute wie der Maler Daniel Richter, | |
die Musiker Jan Delay und Samy Deluxe, Filmemacher Fatih Akin, | |
Schriftsteller Heinz Strunk, St. Pauli Präsident Oke Göttlich und viele | |
andere“, sagt er und scrollt die Liste an seinem Computer im Werkhof in der | |
Bernstorffstraße herunter. | |
Vor zwei Jahren hatten zwei Investoren den Hinterhof in der | |
Bernstorffstraße 117 dem Vorbesitzer abgekauft. Seitdem fürchteten die | |
Mieter um ihr Zuhause. Seit einem halben Jahr versuchen sie, die Gebäude | |
mit ihrem Verein „Viva la Bernie“ zurückzukaufen. Nun können sie einen | |
Erfolg vermelden: Dank ihren Unterstützern haben sie die Eigenkapitalquote, | |
die die Bank fordert, zusammenbekommen. Finanzierungsplan und Kaufangebot | |
sind damit komplett. | |
„Wir bieten den Investoren sieben Millionen Euro. Damit machen sie eine | |
exzellente Rendite“, erklärt Gauger im Namen des Mietervereins, aus dem | |
bald eine Genossenschaft werden soll. Laut seiner Kalkulation haben | |
Alexander Möll und Christoph Reschke, die sowohl Privatunternehmer als auch | |
Angestellte eines US-amerikanischen Immobilienkonzerns sind, zwischen fünf | |
und sechs Millionen Euro für das Objekt in der Bernstorffstraße bezahlt. | |
Gauger hatte dem Vorbesitzer im Mai letzten Jahres noch im letzten Moment | |
ein Angebot im Namen der Werkhof-Mieter gemacht – ohne Erfolg, der Deal war | |
bereits beschlossen. | |
Ob die Hofgemeinschaft die Gebäude jetzt zurückkaufen kann, ist noch | |
unklar. Der Kommunikationsbeauftragte der neuen Eigentümer, Matthias Onken, | |
bestätigt zwar, dass die Unterlagen der Werkhofler eingegangen sind, weist | |
aber darauf hin, dass die Besitzer keine Verkaufsabsicht haben. Sie hätten | |
lediglich zugesagt, das Finanzierungskonzept zu prüfen. „Sie präfieren ein | |
langfristiges Mietmodell, gern mit einem Hauptmieter. Das könnte eine | |
Genossenschaft sein“, sagt Onken. | |
## Runder Tisch anvisiert | |
Über anvisierte Quadratmeterpreise oder die Kaufsumme sei sowieso nie | |
gesprochen worden, sagt Caro Bessen, die sich um die Kommunikation für | |
„Viva La Bernie“ kümmert. „Das wollen wir ändern.“ Für den Herbst is… | |
runder Tisch mit dem Bezirksamt anvisiert, das sich für den Erhalt der | |
Strukturen auf dem Werkhof ausgesprochen hat. | |
Dass Werkhofgemeinschaften und andere alternative Strukturen für die | |
Wertigkeit von St. Pauli und für die Marke Hamburg relevant sind, ist | |
längst auch bei der Politik angekommen. Dass diejenigen, die solche | |
Prozesse initiiert und gestaltet haben, die Stadt damit bereichern, werde | |
dabei allerdings oft vergessen, sagt Schorsch Kamerun. „Die Leute haben | |
auch einen Anspruch darauf, ihnen gehört das auch“, so der Theatermacher | |
und Sänger der „Goldenen Zitronen“. | |
## Mieterhöhungen ohne Investitionen | |
Gauger sieht das auch so. Im Fall des Werkhofs, wo rund 110 Menschen | |
arbeiten, seien es die Mieter, die den Hof im Laufe der Jahrzehnte zu dem | |
gemacht haben, was er heute ist. „Von Kleinreparaturen bis zur | |
Heizungsinstallation haben wir fast alles in Eigenregie auf die Beine | |
gestellt, das Objekt aufgewertet, wie es so heißt“, sagt Gauger | |
Profitieren werden davon nun andere, denn die ersten Mietverträge, die | |
unter den neuen Besitzern für maximal drei Jahre unterschrieben wurden, | |
beinhalten bereits Mieterhöhungen. Um rund drei Euro pro Quadratmeter auf | |
9,50 Euro gingen die Mieten hoch, ohne dass investiert worden wäre. Ein | |
lukratives Geschäft für die neuen Besitzer, die sich den Mietern gegenüber | |
dialogbereit zeigen, aber sich nicht in die Karten schauen lassen – den | |
Preis, den sie bezahlt haben, wollen sie dem Anwalt der Hofgemeinschaf | |
nicht verraten. | |
Obwohl die Perspektive unklar ist, wollen die Nutzer des Werkhofs am | |
Freitag Abend feiern, dass ihr Angebot nun auf dem Tisch liegt. Ab 19 Uhr | |
treten Jan Delay, Samy Deluxe, Fettes Brot, D-Flame und DJ Dynamite auf. | |
Außerdem wollen sie diskutieren, denn bei ihrem Anliegen gehe es auch um | |
die allgemeinen Fragen, wie in Innenstädten zukünftig gelebt und gearbeitet | |
werden soll. | |
28 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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