# taz.de -- Kommentar: Das Mindestlohn-Dilemma | |
> Münteferings Mindestlohn hat einen Haken: Er muss deutlich über Hartz | |
> IV-Niveau liegen. Ein Ausweg könnte eine Negativsteuer sein. | |
Nicht genug, dass Oskar Lafontaine und seine Leute den SPD-Genossen täglich | |
vor Augen führen, wer die wahren Linken sind. Nein, jetzt setzt auch noch | |
ein CDU-Ministerpräsident zum Überholmanöver von links an. Da kann man | |
schon ärgerlich werden, wenn man Franz Müntefering heißt, Sozialdemokrat | |
sowie Arbeits- und Sozialminister ist und seit Monaten recht erfolglos für | |
soziale Gerechtigkeit kämpft. | |
Kein Wunder also, dass Müntefering der Forderung von Thüringens Landesvater | |
Dieter Althaus nach höheren Hartz-IV-Sätzen gleich noch eins draufsetzt: | |
mehr Geld für Bedürftige, ja bitte, aber an einen Mindestlohn gekoppelt. | |
Denn, so die Logik des Ministers, die höheren Ausgaben für Hartz IV müssen | |
anderswo eingespart werden. Und Müntefering stört es schon lange, dass | |
Arbeitgeber geringe Löhne zahlen, wohl wissend, dass der Staat den Rest bis | |
zum Existenzminimum drauflegt. | |
So weit, so gut, so sozial gerecht. Aus volkswirtschaftlicher Sicht hat die | |
Koppelung von Hartz IV an einen Mindestlohn jedoch einen Haken: Ein | |
Mindestlohn im Sinne von Müntfering muss deutlich über Hartz-IV-Niveau | |
liegen, da er ein Leben in Würde garantieren und gleichzeitig einen Anreiz | |
zur Aufnahme von Arbeit bieten soll. Je höher also die Hartz-IV-Sätze, | |
desto höher fällt auch der Mindestlohn aus. Wo aber liegt ein Mindestlohn, | |
der einerseits Dumping-Arbeit verhindert, andererseits in strukturschwachen | |
Gegenden im Osten keine Arbeitsplätze kostet? Um das Dilemma zu umgehen, | |
bietet sich eine andere Lösung an: eine Negativsteuer, die geringe | |
Einkommen bis deutlich über Hartz-IV-Niveau aufstockt. Damit bliebe der | |
Anreiz bestehen, Jobs mit niedriger Produktivität zu schaffen. Gleichzeitig | |
müsste ein Arbeitgeber-Mindestlohn eingeführt werden, der verhindert, dass | |
die Unternehmen ihre Löhne zu stark senken. | |
Nun ist es nicht so, dass die Koalition nicht auch schon auf diese Idee | |
gestoßen wäre: Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger schlug ein ähnliches | |
Modell mit 4,50 Euro Mindestlohn vor. Der Vorschlag ist zwar nicht im Sinne | |
der traditionellen Linken, aber er wäre ein Kompromiss: Weder würden | |
Arbeitsplätze vernichtet noch Löhne im freien Fall sinken. Das müsste | |
eigentlich auch für Müntefering attraktiv sein. | |
14 Aug 2007 | |
## AUTOREN | |
Katharina Kouffen | |
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