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# taz.de -- Nordpoleis schmilzt schneller: Arktis lässt EU kalt
> Eine internationale Konferenz auf Grönland fordert, dass die EU die
> Rollläden vor ihrem "arktischen Fenster" hochzieht. Ihre Beobachter-Rolle
> sei ungenügend.
Bild: Das Eis wird immer dünner - und noch immer hat die EU keine Arktispoliti…
STOCKHOLM taz Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident
José Manuel Barroso waren schon da. In dieser Woche bekommt der Eisfjord
von Ilulissat auf Grönland erneut Besuch aus Europa.
Dort am kalbenden Gletscher des Sermeq Kujalleq, wo man die Folgen der
Klimaveränderung besonders eindrucksvoll zu Gesicht bekommen kann, wird ab
Dienstag eine Delegation aus Brüssel mit EU-Parlamentspräsident Georg
Pöttering und Fischereikommissar Joe Borg an der dreitägigen Konferenz
"Common Concern for the Arctic" teilnehmen. Und dort gefragt werden, wie
die EU es denn so hält mit der Arktis.
Das Eis in der Nordpolarregion schmilzt immer schneller, die
geostrategische Bedeutung der Arktis ist in den letzten Jahren sprunghaft
gewachsen, aber die EU hat noch immer keine Arktispolitik. Dies wirft ihr
jedenfalls jetzt eine aktuelle Analyse des Nordischen Rats - ein
Arbeitsorgan der skandinavischen Länder - vor. Sein Rapport, der im Zentrum
der Konferenz stehen wird, kritisiert, dass die Union ihre "nördliche
Dimension" bislang weitgehend vernachlässigt habe.
Es gibt nur wenige Beispiele für EU-Engagement im hohen Norden: der Beitrag
Brüssels zur nordischen Umweltpartnerschaft und der Mitfinanzierung der
Sanierung der atomaren Hinterlassenschaften der Sowjetunion auf der
russischen Kola-Halbinsel.
Nachdem die EU die Klimaveränderung zu einem ihrer wichtigsten politischen
Themen gemacht hat, müsste sie ihr "arktisches Fenster" endlich öffnen, so
der Rapport. Eingefallen seien Brüssel aber bislang nur acht Zeilen in
einem im März veröffentlichten außenpolitischem Papier zum Thema
"Klimaveränderung und internationale Sicherheit". Darin werde die
EU-Arktispolitik auf Russland sowie neue Energieressourcen und
Transportwege reduziert.
Was zu kurz greife, so der Bericht. Fast alle EU-Politikbereiche - von der
Fischereipolitik über den Tourismus und von der Umwelt- bis zur
Forschungspolitik - hätten Auswirkungen auf die Arktisregion - und
umgekehrt.
Die Beobachterrolle, die die EU in dieser Region spiele, sei nicht nur
ungenügend, sondern gefährlich. Beim Wettlauf um Gebietsansprüche und eine
nationale Aufteilung eines der letzten "weißen Flecken" der Erde drohten
sich ausschließlich wirtschaftliche Faktoren durchzusetzen. Die EU könne
aber gestaltend einwirken und Forderungen stellen. Ein Beispiel: die
Unterstützung internationaler Initiativen, die für die Arktis einen
Nichtausbeutungsvertrag ähnlich dem für die Antarktis diskutieren, um
zumindest Teile dieses gemeinsames Erbes der Menschheit zu bewahren und vor
den zerstörerischen Auswirkungen des drohenden Goldgräberbooms zu schützen.
REINHARD WOLFF
9 Sep 2008
## AUTOREN
Reinhard Wolff
Reinhard Wolff
## TAGS
Autonomie
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